Von dem Leben ins nächste und zurück - Enderli Markus - E-Book

Von dem Leben ins nächste und zurück E-Book

Enderli Markus

0,0

Beschreibung

- Das Sterben des Körpers als natürliches Ereignis sehen lernen - Wohin die Seele nach dem Tod des Körpers geht - Unter welchen Umständen wir wiederkommen Die Angst vor dem Sterben ist eine der großen Ängste von uns Menschen. Viele sind von dieser Angst beinahe terrorisiert und durchleben deswegen schwere Zeiten. Eine solche Angst kann entstehen, weil wir uns auf den Tod und alles, was damit zusammenhängt, nicht vorbereiten. Das Verlassen unseres Körpers am Ende seines Lebenszyklus, ist ein sehr spezieller Moment in unserem Leben. Ebenso das, was gleich danach auf uns zukommt. Schritt für Schritt geht der Autor allen Stationen nach, die wir beim Tod unseres Körpers durchlaufen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 313

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Ebook-Ausgabe 2016Titelgestaltung: Silke Bunda Watermeier, www.watermeier.netCoverfoto: Fotalia, MitKisAlle Rechte vorbehalten.Copyright: Innenwelt Verlag GmbHNachdruck und fotomechanische Wiedergabe, auch auszugsweise,nur mit Genehmigung des Verlagswww.innenwelt-verlag.de

ISBN 978-3-942502-81-8

MARKUS ENDERLI

VON DEM LEBEN INS NÄCHSTE UND ZURÜCK

KEINE ANGST VORM STERBEN

Inhalt

Einleitung

Eine Geschichte

1. Kapitel

Wie bewege ich mich auf dieses Ereignis zu?

Der Tod des Körpers muss nicht als Überraschung kommen

Was das Sterben des Körpers schwerer machen kann

Angst vor Strafe, Hölle, Fegefeuer • Angst vor dem Alleinsein, wenn der Körper stirbt • Die Angst seine Masken zu verlieren • Angst vor dem Grab • Angst vor dem, was mit mir passiert, wenn mein Körper stirbt • Die Angst vor dem Verlust von Angehörigen und Freunden • Unerledigtes und ungelöste Probleme • Dinge, die wir nicht erledigen konnten, weil unser Körper geht • Wie kann man der Angst begegnen • Bindung an Werte, die einem das Loslassen schwer machen • Unzufriedenheit mit sich selbst

Was macht das Sterben des Körpers zu einer leichteren Erfahrung?

Sich bewusst darauf vorbereiten

Einen Menschen begleiten, der dieses Leben verlässt

Haben unsere Haltungen, Gedanken und Gefühle Einfluss darauf, wie wir unseren Körper verlassen, wenn er stirbt?

2. Kapitel

Lange bevor der Moment kommt, wo wir gehen

Kurz vor dem Tod des Körpers

Die Öffnung zur anderen Seite

Was passiert beim Tod – wie stirbt unser Körper?

Das Verlassen des Körpers

An welcher Stelle verlasse ich meinen Körper?

Was erleben wir in dem Moment, wenn wir unseren Körper verlassen haben?

Gibt es eine Figur des Todes, die uns abholt, wenn wir am Ende unseren Körper verlassen und in die anderen Welten gehen?

Die Figur des Todes

3. Kapitel

Der Tunnel

Licht und Musik

Das Schönste, das ich noch vorhabe, ist das Sterben

Auf der anderen Seite werden wir abgeholt

Dem gerade gelebten Leben wiederbegegnen

4. Kapitel

Wie sieht es auf der anderen Seite aus?

Was passiert nach der Begrüßung

Wo gehen wir nachher hin?

Die jenseitigen Welten

Wie sehen wir in den anderen Welten aus, was für einen Körper werden wir dort haben?

Was trennt unsere physische Welt von der nächsten, der Astralwelt?

Sterben vor dem Sterben

5. Kapitel

Hölle

Die erste Art der Hölle • Die zweite Art der Hölle • Traum II, Der Schatten • Die Bedeutung dieses Traumes • Die Hintergrundgeschichte zu diesem Traum

Die großen Vier

Die ersten Zwei der großen Vier • Das Dritte der Vier • Zwei Arten, wie sich unbewusste, emotionale Energien ausdrücken können • Was muss man tun, um keinen Schatten zu kreieren? • Das Vierte der Vier • Was für eine Rolle spielen die großen Vier, wenn wir unseren Körper verlassen und in die anderen Welten gehen? • Wie schafft man es, aus dem Hamsterrad der großen Vier hinauszugelangen?

Fegefeuer

Himmel

Der Teufel • Die Hierarchie

Der Teufel • Wie frei sind wir?

Gott

6. Kapitel

Unter verschiedenen Umständen hinübergehen

Barbara

Alex

Hanna

Die Begegnung im Hotelzimmer

Selbstmord

Sterbehilfe

Wie geht man am einfachsten und leichtesten in die nächste Welt?

Wie kann ich Ed und den Judge treffen?

7. Kapitel

Reinkarnation

Unter verschiedenen Umständen wiederkommen

Baby I • Baby II

Abtreibung

Geburt

Nach der Geburt

Zum Schluss

Über den Autor

Literaturnachweis

Einleitung

DER TOD IST ETWAS, DAS BEREITS FESTGELEGT IST, WENN WIR geboren werden. Denn alles, was physisch ist, wird geboren, wächst, gedeiht und vergeht wieder. Unserer Geburt geht eine Entwicklung voran. Wir sind nicht zufällig zu einem bestimmten Zeitpunkt, an einem ganz bestimmten Ort, in diese Welt und in dieses Leben hineinkommen. Und auch nicht zufällig verlassen wir dann diese Welt wieder zu einem bestimmten Zeitpunkt, nämlich dann, wenn der Lebenszyklus unseres Körpers zu Ende ist. Wir selbst, d. h. ich als Seele, unterliege solchen Zyklen von Geburt und Tod nicht, denn ich gehöre dem an, was unvergänglich ist.

Die Illusion von Werden und Vergehen von uns selbst kann aber dadurch entstehen, dass wir uns verändern. Wir sind ein Baby, dann ein Kind, danach ein Erwachsener, heiraten vielleicht, haben selber Kinder, üben im Laufe der Zeit einen, zwei oder sogar mehrere Berufe aus, und sind am Schluss nicht mehr berufstätig. Das kann uns die Illusion kreieren, dass auch wir uns am Schluss so verändern, dass es uns nach dem Tod nicht mehr gibt und der Tod das Ende ist.

Das ist eine Täuschung, denn wir selbst verändern uns nicht zu nichts. Wir sind von einer jenseitigen Welt hierher gekommen und gehen nach dem Tod wieder in eine solche Welt zurück. Was sich dazwischen verändert ist unser Bewusstsein. Durch unsere Lebenserfahrungen sind wir vielleicht jemand anders geworden. Wir haben dazugelernt und wir werden uns weiterentwickeln, wenn wir von hier weggegangen sind. Die Möglichkeiten unsere Erfahrungen und unser Bewusstsein zu erweitern sind viel größer als wir glauben. Wir können nur nicht alles auf einmal machen. Wenn wir wiederkommen, gibt es neue Gelegenheiten.

Das Verlassen unseres Körpers, am Ende seines Lebenszyklus’, ist ein sehr spezieller Moment in unserem Leben. Ebenso das, was gleich danach auf uns zukommt. Diesem Erlebnis widmet sich dieses Buch. Es geht Schritt für Schritt allen Stationen nach, die wir beim Tod unseres Körpers durchlaufen – davor, während und danach. Es geht auf die verschiedenen Arten ein, wie wir unseren Körper verlassen können, und was wir danach in den anderen Welten tun, bis wir in einem neuen Körper wieder in diese Welt zurückkommen.

Was geht unserer Geburt voraus?

Warum kommen wir wieder?

Was werden wir im neuen Leben tun?

Was für Schritte durchlaufen wir als Vorbereitung auf unsere nächste Geburt – das sind die Themen, die behandelt werden.

Der ursprüngliche Titel des Buches lautete: „Das Schönste, das ich noch vorhabe, ist das Sterben“. Es ist der Satz, den eine Großmutter, die ich sehr gut kannte, zum Ende ihres Lebens hier immer wieder mal sagte. Sehr zum Missfallen ihrer Umgebung, die sie wegen dieser Aussage jedes Mal tadelte. Sie ließ sich aber nicht davon abhalten. Er lautet aber nicht: „Das Schönste, das ich noch vorhabe, ist zu sterben“. So war es nicht gemeint. Wäre es so gemeint, könnte man es in einer Weise interpretieren, dass es das Beste wäre, gleich zu sterben.

Gemeint ist aber das Sterben als natürliches Ereignis, das dann eintritt, wenn der Körper zu seinem natürlichen Ende gekommen ist. Die Angst vor dem Sterben ist eine der großen Ängste von uns Menschen. Viele sind von dieser Angst beinahe terrorisiert und durchleben deswegen schreckliche Zeiten. Eine solche Angst entsteht, weil wir uns auf den Tod und alles was damit zusammenhängt nicht vorbereiten. Dieses Buch hilft dabei, uns auf dieses Erlebnis einzustellen und für uns selbst festzulegen, ob es sich lohnt, vor dem Sterben Angst zu haben oder ob es am Ende ein schönes Ereignis ist.

Eine Geschichte

VOR VIELEN JAHREN WAR ICH ZU BESUCH IN BASEL. MIT MEINEN Freunden spazierte ich so gegen halb zwölf Uhr nachts durch die Innenstadt, als wir die Klänge verschiedener, dumpfer Trommeln hörten. Anfangs waren sie noch nicht so laut, aber je näher sie uns kamen, umso lauter wurden sie. Die kurze, rhythmische Melodie, die da jemand mit großer Spannung trommelte, war sehr suggestiv, atemlos, pausenlos und hypnotisch. Die Klänge kamen näher und näher. Meine Freunde und ich warteten. Um eine Kurve herum tauchten langsam tanzende, große, schwarz gekleidete Figuren auf. Sie trugen weite Umhänge, die, wenn die Tänzer ihre Arme ausbreiteten, wie Flügel wirkten, denn zwischen Schultern, Händen und Füßen hing ebenfalls Stoff, dazu schwarze Kapuzen, die den Trägern in ihre schwarz gefärbten Gesichter hingen. Die Innenseiten dieser riesigen Umhänge waren pinkfarben, was jedes Mal, wenn die Tänzer ihre Arme öffneten, diese intensive Farbe aufleuchten ließ.

Es waren etwa zehn solcher großen, schwarzen Figuren, die tanzend und Arme schwingend einem kleinen Wagen vorangingen. Dieser wurde von ein paar ebenfalls schwarz gekleideten Figuren mit ebensolchen Gesichtern gezogen. Auf dem Wagen war ein Schlagzeug montiert, hinter dem ein schwarzer Kerl saß, der wie in Trance diesen unheimlichen, unter die Haut gehenden Rhythmus in die Straßen hinaustrommelte. Hinter dem Wagen folgte eine Gruppe von Männern und Frauen, die in verschiedene Kostüme gekleidet waren. Das Ganze wirkte geheimnisvoll, und durch den Rhythmus und die Melodie, die der Trommler anschlug und die sich ständig wiederholte, beunruhigend. Nicht wissend, um was es sich hier handelte, folgten meine Freunde und ich, zusammen mit vielen anderen Neugierigen, ganz fasziniert diesem geheimnisvollen Zug.

Von Osten kommend bewegten wir uns auf das Münster zu. Als wir an dem aus roten Steinen gebauten Münster vorbei waren, bog der geheimnisvolle Zug nach rechts ab, und so kamen wir auf einen kleinen Platz mit Bäumen hinter dem Münster. An der Ecke bei den Bäumen stand eine hohe Straßenlampe, und hier stoppte der Zug. Der Trommler verstummte und kletterte von seinem Wagen herunter und alle Beteiligten dieses seltsamen Zuges versammelten sich.

Wir waren gespannt, ob und was da noch kommen würde, und stellten uns mit dem Rücken zur halbhohen Mauer, die diesen Platz, hoch über dem Rhein, umgab. Es vergingen ein paar Minuten und dann schlug es vom Münster zwölf Uhr. Alles ringsherum war dunkel, nur von der einen Straßenlampe gab es Licht.

Als vom Kirchenturm der zwölfte Schlag verhallt war, begannen die verschieden gekleideten Figuren im Licht der Straßenlaterne einen großen Kreis zu bilden. All die schwarzen Tänzer blieben etwas im Hintergrund. Es war still, als eine der Figuren in die Mitte des Kreises trat. Es war ein Bauer. Mit seinem Rechen, den er hinter sich herzog, ging er auf und ab, als würde er Heu zusammenrechen. Mitten in die Arbeit des Bauern trat eine schwarze Figur in den Kreis und tanzte dem Bauern in seine Arbeit hinein: Der Tod. Es dauerte eine Weile bis ihn der Bauer bemerkte. Er erschrak, als er ihn sah, und wich zurück, versuchte sich nicht ablenken zu lassen und arbeitete einfach weiter. Aber nach kurzer Zeit sah er ein, dass es keinen Sinn machte, was er da tat, und der Tod, der in seiner Nähe stand, nahm ihn in die Arme und trug ihn hinaus. Der Rechen blieb im Kreis liegen.

Nun betrat ein Schuhmacher den Kreis, setzte sich in der Mitte auf einen Stuhl und flickte ein Paar Schuhe. Wieder kam der Tod in den Kreis getanzt. Aber der Schuhmacher bemerkte ihn nicht, er war ganz konzentriert bei seiner Arbeit. Der Tod kam in seinem Tanz dem Schuhmacher immer näher, aber noch immer bemerkte der Schuhmacher nichts und der Tanz des Todes war umsonst. Von hinten näherte sich nun die tanzende schwarze Figur und berührte den Arbeitenden leicht an der Schulter. Das spürte der Schumacher und eine Ahnung gab ihm zu verstehen, um was es sich handelte. Als sich dann der Tod direkt vor ihm aufstellte, sah er ihm ins Gesicht – sofort begann er mehr und schneller zu arbeiten, und so schaffte es der Tod nicht mehr, in die Nähe des Schuhmachers zu gelangen. Je mehr und je schneller er arbeitete, umso weiter trieb es den Tod in seinem Tanz von ihm weg. Aber er blieb im großen Kreis drin. Der Tod versuchte immer wieder an den Schumacher heranzukommen, aber der begann jedes Mal, noch intensiver und schneller auf seinen Schuh einzuhämmern. Bald aber war der Schumacher so erschöpft von seinen Anstrengungen, dass er innehalten musste. Da stand der Tod neben ihm, nahm ihn in seine Arme und trug ihn aus dem Kreis hinaus.

Die nächste Figur kam in den Kreis und begann mit ihrer Arbeit. Als sie bemerkte, dass der Tod in ihrer Nähe stand, wurde sie wütend, erhob sich, rannte auf den Tod zu und begann mit ihm zu kämpfen. Beide kämpften eine Weile, bis der Tod die Frau aus dem Kreis hinaustrug.

Nun saß jemand an einem Tisch und las Zeitung, als der Tod in den Kreis tanzte. Der Zeitungsleser bemerkte den Tod sofort, ließ die Zeitung fallen und rannte weg so schnell er konnte. Aber der Kreis war geschlossen und nach kurzer Zeit holte ihn der Tod ein und der Zeitungsleser fiel erschöpft in die Arme des Todes.

Ein anderer lag auf seinem Sofa und träumte vor sich hin, als ihn der Tod sanft berührte. Erschrocken erhebt sich der Träumer und als der Tod vor ihm steht, greift er in seine Tasche, nimmt ein Kartenspiel heraus und lädt den Tod zu einem Spiel ein. Der Tod spielt mit und zusammen spielen sie um das Leben des Träumers. Der Spieler verliert sein Spiel und der Tod trägt ihn hinaus.

Tief im Gebet versunken kniete ein Mönch in der Mitte des Kreises. Leise und langsam tanzt der Tod heran. Als der Mönch den Tod so nahe vor sich stehen sieht, hält er einen Moment inne, weicht etwas zurück, und ergibt sich dann friedlich.

Ein Kranker lag auf seinem Bett und wandte sich in Schmerzen. Der Tod geht direkt auf ihn zu. Der Kranke umarmt ihn und lässt sich hinaustragen.

Ein König ist mitten in seinen täglichen Geschäften, als unvermittelt der Tod um ihn herumtanzt. Der König wehrt sich, schiebt den Tod von sich weg, weil er weiß, dass er alle Macht, die er jetzt besitzt, nun verlieren wird. Aber er ist weise und weiß auch, dass sein Widerstand keinen Sinn macht, und ergibt sich nach einigem Zögern dem Tod.

Dann betritt ein Clown den Kreis. Er tanzt herum, macht seine Späße, bringt die Zuschauer zum Lachen. Unbemerkt betritt der Tod die Arena. Als der Clown ihn erkennt, bleibt er stehen, verneigt sich und die zwei beginnen zusammen zu tanzen, und im Tanz trägt der Tod den Clown hinaus.

1. Kapitel

Wie bewege ich mich auf dieses Ereignis zu?

VERDRÄNGE ICH DIESES THEMA? HABE ICH ANGST DAVOR? Kämpfe ich dagegen? Versuche ich zu verhandeln? Oder macht mich das Ganze einfach nur traurig und depressiv? Ignoriere ich es? Macht es mich wütend oder ergebe ich mich einer Ohnmacht und Hilflosigkeit? Bin ich wie ein König oder wie ein Clown oder wie eine der anderen Figuren? Was für Gefühle habe ich dazu im Vordergrund und im Hintergrund?

Etwas, das unseren Ausblick auf den Tod unseres Körpers grundlegend verändern kann, ist die Aufklärung eines Missverständnisses, das man haben kann. Es ist das Missverständnis von dem, was ich bin. Es gibt die Redensart, die sagt: „Ich habe eine Seele“. Das ist das Missverständnis.

Wer wäre denn dann dieses Ich, das diese Seele hat? Der Körper? Es ist umgekehrt: Ich bin Seele und habe einen Körper. Und es ist dieser Körper, der vergeht, nicht ich Seele. Seele vergeht nicht. Ich vergehe nicht.

Ich als Seele benutze hier, in unserer Welt, einen Körper, um hier mein Leben leben zu können und um Erfahrungen zu machen. Und wenn sich hier der Kreis schließt, lasse ich meinen Körper zurück und gehe in eine andere Welt.

Der Tod des Körpers muss nicht als Überraschung kommen

Das Sterben muss keine Überraschung sein, weder für die Betroffenen noch für die Angehörigen. Mein Vater wurde 91 Jahre alt. Ein halbes Jahr bevor er in die anderen Welten ging, deutete nichts darauf hin, dass er bald gehen würde. Er war völlig selbstständig, vital und gesund. Es waren etwa sechs Monate bevor seine Zeit kam, als ich ihm in einem Traum begegnete. Er stand vor mir und sagte nichts.

Als er nichts sagte, fragte ich: „Was gibt’s?“, und er antwortete: „Hilfst du mir?“

Überrascht über diese Frage überlegte ich einen Moment, was er meinen könnte, und erwiderte: „Meinst du, zu sterben?“

Er sagte: „Ja“.

Ich antwortete ihm: „Ja, ist gut, ich werde da sein.“ Darauf nickte er und ging.

Monate vergingen. Äußerlich hatte sich bei ihm nichts geändert. Alles war, wie es immer war. Bis etwa zwei Wochen bevor er sich gesundheitlich auf einmal nicht mehr so wohlfühlte und der Arzt ihn im Krankenhaus anmeldete.

In einem Traum stand er danach wieder vor mir. Und ich fragte ihn wieder, was er möchte. Und wieder fragte er: „Hilfst du mir?“ Ich antwortete ihm: „Abgemacht ist abgemacht.“

Worauf er meinte, er wollte nur sicher sein, und ging wieder. Das zeigt mir zwei Dinge: Er wusste innerlich, dass er bald gehen würde. Inwieweit er das zu diesem Zeitpunkt auch äußerlich wusste, weiß ich nicht.

Sicher hängt es davon ab, wie ich zum Thema Sterben stehe. Wie gut kann ich damit umgehen, was für ein Bild habe ich von diesem Erlebnis, was weiß ich darüber, wie gut habe ich mich darauf eingestellt und kann ich loslassen und weitergehen.

Wer in seinem Leben schon viele große Veränderungen erlebt hat, hat vielleicht einen Vorteil. Das Sterben ist ein großes und einschneidendes Ereignis und es ist gut, sich mit diesem Thema zu beschäftigen, sich damit auseinanderzusetzen.

Kurz nach dem zweiten Traum ging mein Vater für ein paar Tage ins Krankenhaus. Er wurde aber wieder entlassen. Es ging ihm nicht so gut. Ich war zu diesem Zeitpunkt für mehrere Tage unterwegs, und als ich zurückkam, war er bei meiner Schwester. Ich traf ihn dort und es war klar, dass etwas nicht so war, wie er es gewohnt war. Als ich einen Moment mit ihm allein war, sagte er: „Ja, einmal ist es auch fertig.“ Er wusste also, was auf ihn zukam, es war ihm klar und er hatte es angenommen. Er konnte das ganz ruhig sagen. Es war ihm bewusst, dass er keine Ausnahme war. Viele seiner Kollegen hatte er schon gehen sehen. Und er nahm es einfach, wie es war. Was für eine Vorstellung er davon hatte, weiß ich nicht, denn er war nicht ein Mensch, der über seine eigenen Gefühle und Gedanken sprach. Er hatte sich trainiert, allein mit solchen und ähnlichen Situationen fertigzuwerden. Von da an, bis er seinen Körper verließ, vergingen noch etwa eineinhalb Monate.

Die letzten zwei Wochen war er in einem Pflegeheim. Hier hatte er immer viel Besuch. In den letzten Tagen konnten alle sehen, dass seine Kräfte stark nachgelassen hatten. Am Nachmittag des vorletzten Tages, wir waren etwa vier bis fünf Leute um sein Bett herum, erzählte er Witze, damit wir etwas zu lachen hatten. Er unterhielt uns. Mir blieb nur ein Schmunzeln. Er hatte seine Hausaufgaben gemacht. Er blickte dem bevorstehenden Ereignis mit Ruhe und Gelassenheit entgegen.

Als sein Körper starb, war ich mit ihm allein, wie abgemacht. Etwa eine halbe Stunde davor versagte seine Stimme, aber er war trotzdem bei vollem Bewusstsein und antwortete auf meine Fragen mit Körperzeichen. Er nahm alles um sich herum bis zur letzten Sekunde wahr und ich entdeckte nie irgendein Anzeichen von Angst oder Unsicherheit. Zwei Minuten bevor sein Körper aufgab, antwortete er noch auf eine Bemerkung von mir. Er erlebte alles in vollem Bewusstsein, das heißt, er stellte sich dem, wich nicht aus.

Am nächsten Morgen ging ich in sein Haus, um Dokumente zu suchen. Als er ins Krankenhaus gehen musste, war es ihm offensichtlich bewusst, dass er nicht mehr zurückkehren würde, denn er hatte sein ganzes Haus aufgeräumt. Auf dem Stubentisch lag nichts herum, auch seine Küche war sauber und sein Bürotisch leer, außer einem Blatt, das mitten darauf lag. Es war ein Text, den er aus einer Zeitung ausgeschnitten hatte und der die Überschrift trug: Was ist im Todesfall zu tun. Es war eine Liste mit all den Dingen, die Angehörige in einem solchen Fall tun müssen, all die Dinge bei den Behörden, beim Pfarramt usw. Man kann sagen, dass er der Clown war, der seine Witze bis zuletzt machte. Aber das ist man nicht einfach so. Er hatte sich offensichtlich mit dem Thema auseinandergesetzt und ihm in die Augen geschaut. Das ist nur möglich, wenn man sich nicht von der Angst und all den anderen Emotionen und Gedanken und Themen, die auftauchen können, paralysieren lässt.

Ich glaube nicht, dass das mit Gleichgültigkeit zu tun hat, eher mit Realitätssinn, denn als ich einen Tag später wieder in sein Haus ging, verschlug es mir buchstäblich die Sprache, als ich zur Türe hereinkam: Es war vom Erdgeschoss bis in den zweiten Stock mit tiefer Traurigkeit gefüllt. Ich konnte fast nicht atmen, als ich durch die Räume ging. Es fühlte sich an wie ein See von Traurigkeit. Ich machte, was ich im Haus zu tun hatte, und verließ es fluchtartig wieder. Diese Traurigkeit kam nicht von mir. Ich hatte sie nicht, bevor ich das Haus betrat, und sie war augenblicklich weg, als ich das Haus wieder verlassen hatte. Vielleicht war er nochmals in sein Haus zurückgekommen, um von ihm Abschied zu nehmen. Offensichtlich hatte er es mehr geliebt, als mir bewusst war. Am folgenden Tag war im ganzen Haus von Traurigkeit nichts mehr zu spüren.

Wovon hängt es ab, wie ich meinen Körper und mein Leben hier loslasse und in die anderen Welten gehe?

Jeder Mensch ist anders. Jeder findet seinen eigenen Weg, um mit Angst, Trauer, Verlust, Abschied und alle den anderen Dingen, die diesem Ereignis voraus gehen können, fertigzuwerden. Am schwierigsten ist es wohl, wenn man das Thema ignoriert. Es holt einen wahrscheinlich ein und dann fehlt möglicherweise die nötige Zeit, um sich anzuschauen und zu verarbeiten, was es anzuschauen und zu verarbeiten gibt. Und wenn ich es ignoriere, verpasse ich ziemlich sicher all die Hinweise und Hilfen, die in diesem Zusammenhang kommen können.

Die Mutter eines Freundes war sehr alt und schwer krank. Ein paar Wochen bevor sie loslassen musste, verlangte sie, dass ein paar Schuhe und ein Mantel für sie bereitstehen sollten. „Sie will komisches Zeug“, meinte mein Freund. Ich erklärte ihm, was das für mich bedeuten würde: Sie war bereit zu gehen.

Die Informationen sind da. Wenn ich offen bin und die Dinge akzeptieren kann, wie sie sind, erhalte ich viel hilfreiches Wissen lange vor der tatsächlichen Realisation.

Was das Sterben des Körpers schwerer machen kann

Es hängt davon ab, wer wir sind und wo wir im Leben stehen. Alle durchlaufen wir diesen Prozess auf unsere persönliche Weise, entsprechend unseren Lebenserfahrungen, unserem Charakter und unserem Glauben oder Nicht-Glauben.

Angst ist wohl das dominierende Thema und die Fragen: Was passiert mit mir? Bleibt etwas übrig, wenn mein Körper stirbt? Wie wird das alles aussehen oder löst es mich mit dem Körper einfach auf? Das hängt auch damit zusammen, ob ich mir vorstellen kann, dass es außer physischen Dingen, die ich anfassen und mit physischen Augen sehen kann, auch noch Realitäten gibt, die mit unseren Augen nicht wahrgenommen werden können. Wenn man sich gar nichts vorstellen kann, ist es wohl schwieriger.

Ich glaube, es ist wichtig, dass ich mich der Angst stelle, wenn ich erkenne, dass eine da ist. Nur dann kann ich sie überwinden. Das heißt, es ist gut, genau zu wissen, was für eine Angst oder Ängste in Bezug auf den Tod da sind. Angst oder Unsicherheit vor etwas Unbekanntem ist normal. Sie hilft, sich mit dem auseinanderzusetzen, was vor uns liegt, und sich Klarheit zu verschaffen. Eine gewisse Angst oder Unsicherheit vor etwas Neuem ist also eine gute Sache, denn sie macht mich wacher und bewusster und erlaubt mir lehrreichere Erfahrungen.

Angst vor Strafe, Hölle, Fegefeuer

Mit der Angst vor Strafe, vor der Hölle und vor dem Fegefeuer arbeiten viele Religionen. Aber das ist im besten Fall ein Missverständnis. Das spirituelle Gesetz, das dieses Thema regelt, ist das Gesetz von Ursache und Wirkung (Karma-Gesetz). Das heißt, wir sind alle für das eigene Tun verantwortlich und haben die Konsequenzen davon zu tragen. Mit anderen Worten, wenn ich etwas gut habe, werde ich es zurückerhalten, und wenn ich etwas schuldig bin, muss ich es zurückzahlen. Das ist alles.

Das hat nichts mit Strafe zu tun, aber mit Reinkarnation. Ich komme wieder, um zu lernen, dass ich Schulden zurückzahlen und Guthaben zurückerhalten werde. Und Menschen, deren Leben eine einzige Misere ist, die nie auf einen grünen Zweig kommen, lernen Lektionen. Der Sinn des Ganzen: Bewusst nach dem zu leben, was vorgegeben ist. Und was vorgegeben ist, sind spirituelle Gesetze. Ich kann sie erkennen und danach handeln oder sie ignorieren und den Preis dafür bezahlen. Nicht alle lieben das, das ist klar. Mit Strafe aber hat das nichts zu tun. Wenn ich das weiß, dann kann ich die Angst vor Strafe und Hölle vielleicht loslassen.

Angst vor dem Alleinsein, wenn der Körper stirbt

Das ist natürlich ein wichtiger Punkt. Ich gehe allein oder muss mich dem alleine stellen. Das kann Angst machen. Es stellt sich wieder die Frage, was passiert jetzt mit mir? Wie wir aber weiter hinten sehen werden, sind wir nie allein. Und man darf in dieser Frage einfach ein wenig Vertrauen haben. Weil Geburt und Tod keine Zufälle sind, die einfach irgendwie geschehen. Es sind gut organisierte Vorgänge.

Die Angst seine Masken zu verlieren

Viele von uns zeigen sich ihrer Umgebung nicht ganz so, wie sie in Wirklichkeit sind, sondern zeigen nur ihre vorteilhafte Seite. Wer möchte nicht, dass er als cool, als intelligent, als gut, als mutig, als fleißig usw. wahrgenommen wird. Also benehmen wir uns so und verstecken die gegenteiligen Seiten.

Instinktiv wissen wir aber, dass dieses Spiel wegfällt, wenn wir von hier weggehen. Und plötzlich so gesehen zu werden, wie wir wirklich sind, kann unter Umständen ernüchternd sein und Angst machen: Angst, nicht gut oder nicht gut genug zu sein. Es kann daher heilsam sein, sich jetzt ehrlich so wahrzunehmen, wie man heute ist. Dazu ist vielleicht einiger Mut notwendig.

Bei dieser Betrachtung ist aber auch davon auszugehen, dass man weder „schlecht“ noch „nicht gut genug“ ist, denn es wird immer etwas zu verbessern und zu lernen geben.

Ein Bekannter erzählte mir, dass sein Psychologieprofessor ihm einmal gesagt habe: There is gold in shit (im Mist steckt Gold). Das heißt, wir können auf wertvolle Dinge und Zusammenhänge stoßen, wenn wir uns die Mühe machen, uns selbst genauer zu betrachten. Sorgen braucht man sich dabei nicht machen, denn niemand wird je an den Punkt gelangen, an dem er alles weiß und alles kann, sozusagen perfekt ist und nichts mehr lernen muss. Wenn ich erkenne, dass ich in meinem Leben eine oder mehrere Masken getragen habe, dann nehme ich das offen an und gehe von da weiter. Wenn ich das in dem Moment sehe, in dem ich von hier weggehe – gut. Ich habe es gesehen: Es war so. Und das nächste Mal, wenn ich wiederkomme, gibt es neue Gelegenheiten, aus diesem Erkennen zu lernen.

Angst vor dem Grab

Es sind fast vierzig Jahre her, seit eine Bekannte von mir ihren Körper verließ und in die anderen Welten ging. Etwa vier Wochen nach der Beerdigung traf ich ihren Mann und er sagte mit einem Seufzer: „Jetzt ist sie schon einen Monat dort unten.“

Dieses Bild haben Religionen kreiert. Sie sagen, dass man bis zum jüngsten Tag im Grab bleibt und danach auferstehen werde. Als jemand, der vor vielen Jahren in Kirchen barocke Deckenfresken restauriert hat, kenne ich diese Bilder, diese negativen Visionen aus nächster Nähe sehr gut. Sie zeigen Menschen, wie sie aus ihren Gräbern wieder herauskommen. Für mich ist das eine kranke Phantasie. Niemand ist jemals in einem Grab und niemand wird jemals aus einem Grab wieder aufsteigen. Friedhöfe sind Orte für die Lebenden, nicht für jene, die gegangen sind. Wenn wir unseren Körper bei seinem Tod verlassen, gehen wir in eine andere Welt, wo wir Leute treffen, die wir kennen. Aber niemals in ein Grab hinunter.

Angst vor dem, was mit mir passiert, wenn mein Körper stirbt

Das ist vielleicht die tiefste Angst, weil wir so wenig bewusste Erfahrung mit diesem Erlebnis haben. Ich bin Seele und habe einen Körper. Seele ist das, was den Körper bewegt. Es ist so einfach wie Autofahren. Bei der Geburt steige ich ein, fahre mit meinem Auto durchs Leben und am Schluss, wenn das Auto seinen Dienst getan hat, steige ich wieder aus.

Es gibt Menschen, die können auch zwischendurch aus- und dann wieder einsteigen. Das sind jene, die wissen – aus Erfahrung wissen. Sie reden meist nicht darüber, denn sie brauchen die Kommentare der Unerfahrenen nicht. Wenn wir unseren Körper verlassen, dann ist das nichts Schmerzhaftes, nichts Unangenehmes, nichts Unschönes. Höchstens unsere Gedanken und Gefühle sind es. Sie können es so lange sein, bis sie in unserer Vorstellung eine Realität werden. Wenn man nichts weiß, kann Angst entstehen. Aber wer sich um Wissen bemüht, wird es finden, denn wir wissen heute sehr viel darüber, was genau passiert, wenn der Körper stirbt.

Die Angst vor dem Verlust von Angehörigen und Freunden

Dass wir alle hierher gekommen sind und auch wieder gehen, wissen wir. Trotzdem ist es schwierig, Familienangehörige und Freunde zu verlassen. Der Schmerz darüber kann unser Weggehen erschweren oder zu einem Drama werden lassen. Darum ist es wichtig, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, auch mit dem Schmerz, den es bereiten kann. Wir sollten versuchen uns davon nicht überwältigen und gefangen nehmen zu lassen.

Angehörige zu verlassen kann auch mit Sorgen verbunden sein. Nicht lange bevor eine alte Mutter ihren Körper verließ, sagte sie zu mir: „Ich mache mir Sorgen um meine Tochter.“ Ich kannte die Tochter ein wenig, aber mehr aus den Erzählungen der Mutter. Die Tochter war um die 40 Jahre alt und hatte eigene Kinder. Ich sagte zur Mutter: „Deine Tochter ist alt genug, um ihr Leben selbst zu bestimmen. Sie braucht dich dazu nicht mehr. Schon lange nicht mehr. Und sie wird sowieso so leben, wie es ihr gefällt, mit allen Konsequenzen, und nicht wie es dir gefällt. Und so wie du selbst dein Leben jetzt lebst, kannst du ihr gar nicht helfen, nur emotional oder mit Ratschlägen. Ihr Leben wird sich nicht ändern, auch wenn du hier bleibst. Sie darf und muss ihr Leben selbst und selbstverantwortlich leben, so wie du deines gelebt hast.“

Ein weiterer Punkt bei diesem Thema ist der, dass wir, die wir uns kennen, wohl schon oft begegnet sind. Es ist meist nicht das erste Leben, das wir beenden. Es gibt viele, denen ich in diesem Leben nicht zum ersten Mal begegnet bin. Ich glaube, wir treffen uns immer wieder. Das heißt, ein Abschied am Ende eines Lebens ist oft nur ein Abschied auf Zeit. Wir kannten uns früher, sind uns hier wiederbegegnet und wir treffen uns später erneut.

Unerledigtes und ungelöste Probleme

Sie können unser Weggehen von hier sehr schwer machen und unbewusst Probleme schaffen. Man kann sich fragen: „Was belastet mich?“ Und: „Warum belastet es mich?“ Habe ich zum Beispiel das Problem, dass ich von mir selber denke, dass ich nicht gut genug war, dass ich dieses oder jenes hätte besser machen können oder anders machen sollen? Hier kann ich mir bewusst machen, dass ich immer an diesen Punkt gelangen werde. Ich kann immer noch einen Schritt machen, von da wo ich bin, egal wie gut ich irgendetwas kann. Und im Nachhinein etwas zu verurteilen macht wenig Sinn. Sinnvoll scheint mir, wenn mir etwas bewusst geworden ist, es etwas besser zu machen. Die Chance dazu bekomme ich wieder, auch nach diesem Leben. Für mich ist die Haltung wichtig, die ich in allen Situationen hatte und habe. Es gelingt nicht immer so, wie wir es wollten oder wollen. Niemand wird je perfekt sein.

Es kann auch sein, dass ich mich an fremden Maßstäben messe und dabei zu keinem guten Resultat komme. Ängste, die ich aufgrund von Regeln habe, die jemand aufgestellt hat und die lauten „Du sollst – oder – du sollst nicht“, würde ich hinterfragen.

Dinge, die wir nicht erledigen konnten, weil unser Körper geht

Vor vielen Jahren habe ich für jemanden auf seinen alten Rolls-Royce Zierlinien aufgemalt. Dieser Mann hat sein ganzes Herz in die Restaurierung seines Oldtimers gesteckt und dazu eine Unsumme Geld. Es musste perfekt sein, nur das Beste war gut genug. Die Arbeit dauerte extrem lang, allein die Lackierung hatte ca. 16 verschiedene Schichten, bevor dann der letzte Lack aufgespritzt wurde. Mitten in diesen Arbeiten wurde der Mann krank und kurz vor Beendigung aller Arbeiten an seinem Rolls-Royce starb sein Körper. Wie kann man mit so etwas umgehen?

Das Einzige, was mir dazu einfällt ist: Das Wichtigste – wir selbst – sind auch nie fertig. Wir sind immer eine Baustelle. Der Horizont weicht immer zurück, wenn ich vorwärts gehe, und eröffnet mir immer neue Perspektiven der Erkenntnis und des Lernens, und zwar über den Tod des Körpers hinaus. Niemand kann in einem Leben alles lernen. Da Vinci oder Mozart sind nicht in einem Leben zu dem geworden, wie wir sie kennen. Ob das in einer solchen Situation ein Trost ist, weiß ich nicht, denn es ist frustrierend, etwas kurz vor dem Ziel nicht zu erreichen. Hier stellt sich vielleicht auch die Frage, wie wichtig ich mich selbst nehme. Unerledigte Projekte sind einfacher zu handhaben als unerledigte Probleme mit anderen Menschen. Vieles kann mir die innere Ruhe, den inneren Frieden rauben. Vielleicht ist es möglich, darüber zu reden. Nicht alle Menschen können aber über Probleme reden. Vielleicht kann ich in einem solchen Moment das, was zu sagen wäre, aufschreiben und der betreffenden Person später zukommen lassen oder ich sage, was zu sagen wäre, jemand anderem, der es der betroffenen Person weitergeben kann. Man sollte auf keinen Fall Hass mitnehmen, wenn man geht. Weder Hass auf etwas, noch Hass auf jemanden.

Hass, den man mitnimmt, bringt man irgendwann später wieder mit zurück. Der Tod des Körpers löst Hass und anderes nicht einfach auf. Ich kenne jemanden schon seit einigen Leben. Es gab eine Zeit, da entwickelte diese Person einen erstaunlichen Hass auf mich, den er heute noch hat, nur ist es ihm nicht bewusst. Aber er verhält sich entsprechend, und das hat schon unmögliche Situationen kreiert.

Auch Schuldgefühle können einen verfolgen. Vielleicht umso mehr, je näher man dem Zeitpunkt kommt, an dem man von hier weggeht. Ich glaube, es ist sehr hilfreich, wenn ich meinen Mut zusammennehme und alles ehrlich anschaue. Manchmal reicht das, um etwas aufzulösen.

Ich kenne einen älteren Menschen, der in eine Situation kam, wo er viel mehr allein mit sich war, als er es aus früheren Zeiten gewohnt war. Er hielt es fast nicht aus, abends allein in seiner Wohnung zu sein, denn es begannen ihn ständig Erlebnisse von früher aus seinem Leben zu bedrängen. Er wurde unruhig, verließ die Wohnung, ging irgendwohin, einfach weg, um abgelenkt zu sein. Aber er erkannte, dass sein Verhalten keine Lösung war. So begann er zu Hause zu bleiben und sich dem, was da kommen wollte, zu stellen. Er erzählte mir, dass das schrecklich gewesen sei. Aber er war mutig und nahm es, und schaute es an. Er erzählte mir nicht viel davon, nur eine Geschichte: Er sah plötzlich sein kleines weißes Schaf wieder, das er als Kind gehabt und so geliebt hatte und das die Eltern dann töteten, um daraus einen Weihnachtsbraten zu machen. Der ganze, unverarbeitete Schmerz und alles was damit zusammenhing waren wieder da. Nachdem er sich diese Bilder, die wieder zurückgekommen waren, angeschaut hatte, verschwanden sie und mit ihnen all die Emotionen, die damit verbunden waren. Er bekam seinen inneren Frieden zurück.

Wie kann man der Angst begegnen?

Einer meiner Feldenkrais-Trainer hat uns während der Ausbildung einmal folgendes Erlebnis mit einer Klientin erzählt. Er wartete in seiner Praxis, die sich im 4. Stock des Gebäudes befand, auf diese Klientin, die zu ihrem ersten Termin kam. Als es klingelte, öffnete er die Türe und vor ihm stand eine Frau mittleren Alters, schweißgebadet. Er fragte sie, warum sie so schwitze und sie antwortete, dass es ziemlich anstrengend gewesen sei, die acht Treppen zu seiner Praxis hochzusteigen. Worauf er meinte, dass es doch im Haus einen Aufzug gebe. „Nein, nein, ich kann nicht mit dem Aufzug fahren“, erwiderte sie. „Warum ist das ein Problem für sie“, wollte der Feldenkrais-Trainer wissen. „Ich habe Angst“, lautete die Antwort.

Darauf fragte er die Frau, ob sie ein Experiment machen möchte, und sie war einverstanden. Der Aufzug war mehrere Meter vom Eingang der Praxis entfernt. Der Feldenkrais-Trainer sagte nun zur Frau, sie solle ganz langsam in Richtung des Aufzugs gehen, und an der Stelle, wo Angst aufkommen würde, stehen bleiben und wieder zurück zum Eingang seiner Praxis kommen. Die Frau machte das. Es gab auf ihrem Weg Richtung Aufzug einen Punkt, wo in ihr die Angst aufstieg. Da blieb sie stehen und kehrte zum Eingang der Praxis zurück. Nachdem sie das einige Male ganz langsam gemacht hatte (es ist wichtig, dass man bei solchen Übungen sehr langsam vorgeht), blieb sie an der gleichen Grenze wieder stehen und begann ein Erlebnis zu erzählen, das ihr plötzlich in den Sinn gekommen war. Sie erzählte, dass ihre zwei Brüder sie manchmal in den Wohnzimmerteppich eingerollt hätten und sie so liegen ließen.

Nachdem sie die Geschichte erzählt hatte, bat der Feldenkrais-Trainer sie wieder zum Eingang seiner Praxis zurückzukommen und noch einmal Richtung Aufzug zu gehen. Sie tat es und es kam keine Angst mehr hoch. Sie ging bis zur Aufzugtür, wo sie stehen blieb. Der Feldenkrais-Trainer bat sie, die Aufzugtür zu öffnen. Sie tat es, ging in den Aufzug hinein, die Türe ging wieder zu, sie drückte einen Knopf und fuhr ein paar Mal rauf und runter. Das Thema hatte sich erledigt.

Da, wo Angst entsteht, können sich Dinge öffnen. Das Entscheidende ist, dass man langsam auf die Sache zugeht und es respektiert, wenn die Angst aufsteigt und wieder zurückgeht. Selbst wenn man das nur innerlich macht. Kein Drängen, kein Wollen, kein schnell, schnell. Langsam auf die Sache zugehen und respektieren, was dabei entsteht, und durch Wiederholen Zeit lassen, damit die Bilder hervorkommen können oder die Geschichten.

Bindung an Werte, die einem das Loslassen schwer machen

Ich kann mich an vieles binden, da gibt es kaum Grenzen. Dabei darf man nicht vergessen, dass man sich nicht nur durch Liebe oder Emotionen an etwas binden kann, sondern auch durch Hass. Es kann vorkommen, dass wir, wenn eine nahestehende Person in die anderen Welten gegangen ist, danach von ihr oder mit ihr träumen. Es kann sein, dass die Person kommt, um uns zu sagen, dass es ihr gutgeht oder wo sie sich jetzt befindet und was sie macht.