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"Von den stillen Dingen" ist eine Sammlung von ausgewählten Gedichten und Liedtexten aus über 30 Jahren. Stilistisch und inhaltlich facettenreich bewegt sich das Werk im Spannungsfeld vom romantisch-dramatischen Erleben des jungen Autors, über in späteren Jahren zunehmend unternommene Ausflüge mit Lust am Unsinnigen, Komischen bis hin zu immer wieder philosophischen, gesellschaftskritischen Gedanken. Dem Reim fühlt sich Ansgar Wallstein mal mehr mal weniger verpflichtet, folgt mit den Worten aber immer seinem musikalischen Gespür für Klang, Rhythmus und Melodie der Sprache. Als Ganzes erzählt das Buch die Geschichte einer Befreiung aus emotionaler Isolation und einer erfolgreichen Beheimatung in sich selbst.
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Seitenzahl: 66
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„You've been making the wrong mistakes.“
Thelonious Monk
Gedichte
(1990-2023)
Herbst
Winter meines Lebens
Geliebtes Leben
Hommage an Trakel
Noch blüht der Traum in mir
Letzter Herbst
In mir
Hingebung
Wandlung
Es war ein jedes Wort zuviel
Mir vertraut
Traumgesichte
Lichte Wasser
Leere
weit näher
Zwei Gedichte
Zwei Gedichte an den Mond
Abendsegen
Nacht im Tage
Nachttrunken
Duft der Stille
Brunnen der Nacht
Blutmond
Nachklang
Gut gewesen
Mir fremd
Gedanken der Seele
Der Grund
In mir
Zitterschrift versuchten Lebens
Vollkommenes Spiel
Liebe Schwester
Farblos
Kennst Du das nicht?
Dank trotz allem
Nachgesang
Mengenleere
Retroretroflektion
Deine Stimme
Himmel Deiner Augen
Mehr nicht
Konjunktiv realis
Resonanzen
Lied am Rande der Nacht
Am Schönsten
Liebe à la Gernhardt
Bird Day
Ein paar gewünschte Zeilen
Ideell nicht so schnell
Mikroben
Quer zur Zeit
Maskenball
Höhere Mathematik
Kunst
Frage Antwort
Fernsehen
Schamlos
Metamorphosen I
(Im Kreis)
Metamorphose II
(Flavor „Berlin“)
Das Geheimnis
Michfahrenlassen
Malmö 1990
Schweden 1990
Ich spüre
Relativ
Plastik
Hommage an Kafka
Metamorphosen III
(Covid-Improvisationen)
Es ist Krieg
Gedanken zu den Bedingungen der Möglichkeit einer Welt in Vollendung
Futur 3
6 Haiku
R(h)einer Wein
Mein kleiner grüner Kaktus
Tief im Osten
Das falsche Spiel
Das ist Glück
Loblied auf's Nichtwissen
Amrum
Heimspiel
Kein Grund zur Sorge
Friedhof Gronau
Sloterdjike lesen
Stell mir die Frage
Samstag
Hommage an Thomas Bernhard
(Komik für Fortgeschrittene)
Lieder
(
2009-2022)
Du bist meine Lieblingstorte (Rock'n Roll)
Von den stillen Dingen (Ballade)
Apokalyptischer Reiter
(Rap-Parodie)
Oberflächlichkeiten
(Four-on-the-floor/Alternative-Rock)
Komklex, Komplex
(Swing/Blues)
Arche Noah
(Indie-Rock)
Hundebesitzer*innenhassersong
(Ska)
Mein Lied für Köln
(Reggae/Swing/HipHop)
Blues in E
Der militate Musikant - Dialektik der Gewalt
(Litanei)
Scheitern
(Teil 1)
Scheitern
(Teil 2)
Frohes neues Jahr!
(Bollywood-Style)
Danksagung
Geneigte Leserinnen und Leser,
vielleicht stellen Sie sich die Frage, wie ein Mensch überhaupt dazu kommt, noch Gedichte zu schreiben. Um für mich zu sprechen, kann ich sagen, dass es mir immer wieder ein Bedürfnis ist, etwas aus meinem Inneren zur Sprache zu bringen, was sich dort zuerst nur schemenhaft, vage, mir selbst unklar zeigt. Ein Gefühl, ein Impuls, etwas Drängendes. Und mit dem ersten Wort, der ersten Zeile ist es, als sei ein magischer Prozess in Gang gesetzt worden, unaufhaltsam. Das Begonnene will sich vollenden, sucht seine Gestalt zu finden. Bis ich schließlich nach dem letzten Wort wieder still werde, lausche. Was klingt da?
Der Titel des Buches, entschlüpft aus einem meiner Lieder, verweist auf die besondere Bedeutung der Stille beim Dichten. Sie steht als notwendige Bedingung an seinem Anfang, kehrt am Ende vertieft zurück und ist verborgen die Begleitmelodie, mitgelesen zwischen den Worten. Sprache vermag die stillen Dinge zur Welt zu bringen, ihnen Gehör zu verschaffen. Im Gewand der Lyrik will sie unser Staunen wiedererwecken, das uns als Kindern so selbstverständlich war. Aus der Stille kommt das Zauberwort und die taube, taubmachende Welt spricht wieder zu unseren Herzen und fängt an zu singen.
Die hier versammelten Gedichte und Liedtexte stammen aus dem Verlauf der letzten 33 Jahre. Stilistisch sind sie keinesfalls einheitlich, was einer Langeweile beim Lesen vorbeugen möge. Zuweilen, insbesondere zu Beginn sind sie oft ernst, gar tragisch im Ton, heitern sich jedoch, gottlob, mit den Jahren mehr und mehr auf. Insbesondere der humoreske Einfluss der Dichtung Robert Gernhardts hat zu dieser Entwicklung in nicht unbeträchtlichem Maße beigetragen, ebenso wie das Erlernen der Improvisationskunst am Klavier im Fahrwasser der Musik von Keith Jarrett und Helge Schneider. Als Ganzes betrachtet, erzählt das Buch die Geschichte einer Befreiung aus emotionaler Isolation und einer erfolgreichen Beheimatung in sich selbst.
Es lassen sich romantische, musikalische, philosophische Anklänge finden, Gesellschaftskritisches, Ausflüge mit Lust am Unsinn, Komischen und manches Liebesgedicht. Mal mit Reim mal ohne ziehen sie ihre Bahn durch die Jahrzehnte.
Am Beginn kam, wie Sie finden werden, mein Impuls Gedichte zu schreiben aus einem stark empfundenen Unglück, einer tiefen existenziellen Unbehaglichkeit heraus. Auf langen Spaziergängen durch das Bergische Land, vorzugsweise in Dämmerung und Nacht, fand die Natur in Ihren Erscheinungsformen Ausdruck in Wortgebilden, die ich in meinem Geiste hin und her bewegte, bis ihr Klang, ihr Rhythmus, ihre Bedeutung mir gefielen. Zuhause schrieb ich sie dann nieder, vervollständigte sie, wenn nötig, im Nachklang des Erlebten. Das tat mir gut, spendete Trost. In gewisser Weise retteten mir Gedichte das Leben.
An ganz unterschiedlichen Orten nahmen meine Wortkompositionen in all den Jahren Gestalt an, bis heute. Sie wurden am Schreibtisch des Katasteramts mit dem Kugelschreiber auf die Rückseite von Liegenschaftsauszügen gekritzelt. Oder in den verschiedenen Küchen, in denen ich mich im Verlaufe meines Lebens heimisch fühlte, bei Filterkaffee mit reichlich Zucker am Küchentisch in meine Kladde notiert. Oder auf Schulpulten in meiner Zeit als Schulbegleiter, mit Fineliner während des Unterrichts in Collegeblöcken festgehalten. Zuletzt auf Laptop, Smartphone, Ipad, bei Web.de, WhatsApp, manchmal als Antwort auf Nachrichten von guten Freunden. Und zuweilen immer noch, deutlich seltener als in den Anfängen auf Spaziergängen, in einem Notizbüchlein dem Vergessen entrissen.
Meine Gedichte zu veröffentlichen kam mir im Verlauf der Pandemie in den Sinn. Eine schwer greifbare, weil unsichtbare Gefahr ging jetzt von einem Virus für jede menschliche Existenz aus. Auf mich wirkte das seltsamerweise nicht allein belastend, sondern auch motivierend. Sollte es mich erwischen, dann wollte ich wenigstens noch etwas von Bedeutung hinterlassen haben.
Wie Sie einwenden mögen, habe ich den Zeitpunkt irgendwie verpasst. Covid hat mich überraschenderweise nicht dahingerafft. Und dennoch ist mir etwas von jener existenziellen Atmosphäre erhalten geblieben. Dies mag nicht nur an weiter bestehenden Bedrohungen wie selbstgemachten Klimakatastrophen, vernichtenden Kometeneinschlägen aus dem All oder einem wieder wahrscheinlicher gewordenen Atomkrieg, sondern einfach auch an meinem Alter liegen. Jenseits der 50 erscheint mir immer weniger selbstverständlich. Schon gar nicht der nächste Tag. Wer täglich wie ich in einer Großstadt Fahrrad fährt, versteht wahrscheinlich noch besser, was ich meine.
Was ich aus den vergangenen drei Jahren gelernt habe? Dankbarkeit üben, jeden Tag, mehr Konzentration auf die Gegenwart und noch mehr Humor wagen.
Ich wünsche Ihnen nun beim Lesen viel Freude, Muße, und Stille, auf dass die Worte ihren Klang entfalten mögen, in Ihnen in Schwingung geraten und Ihnen eine Geschichte erzählen.
Ansgar Wallstein
Köln, 26. Januar 2023
Oktober 1990, Odenthal-Voiswinkel/ Köln
Die Schatten werden langsam länger,
und manchmal wird das Herz mir eng
und bald darauf entsetzlich weit;
darin sich weitend
endlos weite Wälder –
von grauem Wind verwehte, sterbende Blätter
in der Farbe getrockneten Blutes
lasten schwer auf dunkler Erde
voll vollendeten Lebens –
müde …… -
endlich …… -
gefallen ……. –
von Einsamkeit zu Einsamkeit …
Wie aus fremder Ferne, - unerreichbar –
klarverklärten Lichtes
reine weiße Stille
auf Allem - ….
Starrender Himmel
voll schrecklichen Blaus … -
schweigend – darüber –
reißt meine Augen ins Nichts
Dezember 1990, Odenthal-Voiswinkel
Im Dunkel weißer Schatten Nacht
harre ich und zage
Und jedes Tun und Toben meiner Kraft
scheint mir vergebens,
kalt erfüllt sich sehnend weite Räume
meines Lebens
mein schreiender, kalter Mut, den kein Wozu
vermag mir zu verbrennen.
So daß ich einzig nur zu Sterben wage
und manchmal scheint es mir als rage
mein Herz schon weit in entsetzlich blaue Himmel
die ich nicht ertrage dir zu nennen
und die mit seinem Namen keinen von uns kennen.
Sie lassen mich Hier in zehrender Kälte Einsamkeit
Wo bleibt das Feuer DES Wahnsinns
mein Herz mir zu verbrennen?
Ach, wärest Du doch schon hier,
so wäre ich bereit!
Februar 1991, Odenthal-Voiswinkel/ Köln