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Welche Möglichkeiten haben Start-ups und KMUs, mit den gegebenen Mitteln und Fähigkeiten ihre Zielmärkte so zu analysieren, dass sich adäquate Entscheidungen treffen lassen? Welche Quellen und Strategien eignen sich für eine sachgemäße Marktrecherche und welche Entscheidungsmethoden sollten zum Einsatz kommen? Einer der häufigsten Gründe, warum Start-ups, Solo-Entrepreneure und Innovationsprojekte von KMUs scheitern, ist der, dass sie ihre Märkte falsch einschätzen. In diesem Buch erfahren Sie, welche Methoden und Prozesse geeignet sind, um ein Scheitern zu vermeiden. Dabei wird die Marktrecherche eng an die Entwicklung des Geschäftsmodells gekoppelt und es werden konkret umsetzbare Handlungsempfehlungen gegeben, welche die besonderen Herausforderungen innerhalb der frühen Gründungsphase und im Innovationsprozess berücksichtigen.
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Seitenzahl: 217
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Sebastian Pioch
Von der Marktrecherche zum innovativen Geschäftsmodell
Erfolgskonzepte für Start-ups und KMUs
Umschlagabbildung: © NicoElNino iStockphoto
DOI: https://doi.org/10.24053/9783381110827
© UVK Verlag 2024— ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KGDischingerweg 5 • D-72070 Tübingen
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ISBN 978-3-381-11081-0 (Print)
ISBN 978-3-381-11083-4 (ePub)
Gründungen von Unternehmen und das Durchführen von Innovationsprojekten etwa im Mittelstand können zweifelsohne als komplexe Vorgänge bezeichnet werden. Viele Menschen arbeiten an unterschiedlichen Zielen und müssen, ausgestattet mit z. T. abweichenden Informationen permanent Entscheidungen treffen. Sollen wir überhaupt gründen? Wenn ja, welche Zielgruppe adressieren wir? Welchen Preis setzen wir an und überhaupt – welches Erlösmodell ist geeignet? Entscheidend dürfte auch die Frage sein, welche Features das Produkt oder die Dienstleistung aufweist, um von entsprechendem Nutzen zu sein. Lösen wir tatsächlich ein Problem, oder sind wir dabei, eine weitere Lösung zu entwickeln, für die es gar kein Problem gibt?
Sie glauben, dass das kaum vorkommt? Nun, dann sollten wir uns doch einmal die Frage stellen, warum Deutschland zwar in Sachen Patentanmeldungen Europameister ist, bzgl. des Innovationsgrads jedoch bestenfalls im Mittelfeld rangiert.1 Woran liegt das denn aber? Eine Erklärung könnte die Definition einer Innovation sein. Dabei handelt es sich nämlich um eine wirtschaftlich erfolgreich am Markt platzierte Erfindung. Es genügt demnach nicht, nur eine Idee zu haben, welche ein Problem löst und diese auch technisch umzusetzen, sondern es muss auch gelingen, dafür ein Geschäftsmodell zu entwickeln.
Sie wären erstaunt, wie viele Patente existieren, die tatsächlich auch ein Problem lösen, es dennoch nicht zur Innovation gebracht haben. Werfen Sie doch einmal einen Blick in DEPATISnet, die Datenbank des Deutschen Patentamtes und suchen Sie nach verschiedenen Ideen, die Ihnen vielleicht selbst schon einmal durch den Kopf gegangen sind. Wer kennt nicht, die Situation beim Essen von Spaghetti frustriert die Gabel in der Pasta herumgeschraubt zu haben, ohne dass auch nur eine Nudel im Mund landet? Ein Erfinder hat tatsächlich eine Gabel erfunden, die mittels einer seitlich angebrachten Kurbel die Gabelspitzen in der Hoffnung rotieren ließ, jenes Problem zu lösen. Ein Problem, über das Italiener vermutlich nur müde lächeln können.
Die Frage ist nun: Haben Sie jemals eine solche Kurbel-Gabel im Handel gesehen? Oder wurde sie Ihnen beim Italiener Ihres Vertrauens neben den Teller gelegt? Wohl eher nicht. Tatsächlich hat es der Erfinder nämlich versäumt, eine sachgemäße Marktrecherche anzustrengen, bei der die Zielgruppe im Mittelpunkt steht und er etwa mittels des Mom-Tests, auf den wir später noch zu sprechen kommen, herausgefunden hätte, dass seine Idee scheitern wird.
In der Literatur wird mehrfach festgestellt, dass das Durchführen einer Marktrecherche essentiell erforderlich sei, um ein Unternehmen erfolgreich am Markt zu positionieren bzw. um z. T. Innovationen überhaupt erst zu ermöglichen.2 So zitieren sowohl Kollmann als auch Müller et al. eine Studie der Deutschen Ausgleichsbank, wonach Informationsdefizite auf Rang zwei der Gründe für das Scheitern von Unternehmungen rangieren.3 Feinleib ergänzt, dass es freilich viele weitere Gründe für das Scheitern geben könnte, welche einem Mangel an Marktrecherche zuzuordnen wären. Etwa wenn Produkte angeboten würden, die einfach nicht funktionierten – sprich nicht an Kundenwünschen orientiert seien.4
Petkova indes führt aus, dass Fehler innerhalb von Gründungen erhebliche Potenziale böten – wenn denn daraus gelernt würde.5 Es ließen sich ggf. sogar auch Beispiele finden, in denen Unternehmen nachhaltige Erfolge erzielen konnten, ohne je eine Marktrecherche durchgeführt zu haben. Derartige statistische Ausreißer sind wohl in vielen Erhebungen zu finden. Eine entsprechende Wahrscheinlichkeit vorausgesetzt, soll hier jedoch davon ausgegangen werden, dass eine Marktrecherche sehr wohl von belegbarer Relevanz ist.
In diesem Buch wird der Frage nachgegangen, wo eigentlich eine Marktrecherche beginnt, wie sie umzusetzen ist und welche Konsequenzen sie für die involvierten Akteure bzw. Organisationen hat. Allein über den Beginn der Marktrecherche ließe sich durchaus diskutieren. Beginnt sie bereits mit der Ideenfindung? Dafür lassen sich gute Argumente finden, denn, wenn die Bedarfsermittlung im Zuge der Ideenfindung sachgemäß umgesetzt wird, ist hier ein entsprechend methodisches Vorgehen vonnöten. Mit Sicherheit sollte eine Marktrecherche nie als abgeschlossen betrachtet werden. Auch wenn der größte Aufwand sicher der initialen Phase zuzuordnen ist, so sind Gründer und Mittelständler gut beraten, die Marktrecherche als einen ergebnisoffenen Prozess anzusehen.
Das Buch ist so aufgebaut, dass zunächst dargelegt wird, wo im Gründungs- bzw. Innovationsprozess eine Marktrecherche verankert ist und welche Fragen sie beantworten soll. Anschließend erfolgt eine detaillierte Klärung der wichtigsten Begriffe, Methoden und Instrumente. Einen wesentlichen Teil nimmt sodann das Thema Entscheidungsfindung ein, da diese erst dann sachgemäß getroffen werden können, wenn relevante Informationen beschafft wurden. Es werden ferner diverse Methoden und Instrumente zur Ideenfindung und Infomationsbeschaffung vorgestellt. Der gegebene Rahmen des Buches erlaubt es jedoch, die Methoden lediglich einführend zu skizzieren weshalb empfohlen wird, die angegebenen Quellen entsprechend vertiefend zu sichten.
Schließlich stellt der Autor mit dem Start-up-Intelligence-Modell ein Konzept vor, welches er im Rahmen seiner Dissertation entwickelt und fortan auch in diversen Innovationsprojekten bei Mittelständlern zum Einsatz gebracht hat. Das Buch eignet sich sowohl für Studierende der Wirtschaftswissenschaften, für an Gründungen Interessierte, potenzielle und tatsächliche Entrepreneure, aber auch für Mitarbeitende von mittelständischen Unternehmen, welche etwa im Zuge von Innovationsprojekten eingesetzt sind – so genannte Intrapreneure.
Zunächst soll dargestellt werden, in welcher Phase des Unternehmensaufbaus gemäß der einschlägigen Entrepreneurship-Literatur die Marktrecherche erfolgen sollte bzw. wie dort deren konkrete Umsetzung diskutiert wird. Jene Erkenntnisse sollen als Ausgangsbasis für die weiteren Untersuchungen dienen. Auf eine detaillierte Begriffsklärung zur Marktrecherche soll an dieser Stelle verzichtet werden, sie erfolgt später. Grundsätzlich kann die Marktrecherche innerhalb einer Unternehmensgründung mit der Marktforschung verglichen werden, wie sie in bestehenden Unternehmen durchgeführt wird.1 Sieht sich etwa ein Unternehmen mit der Fragestellung konfrontiert, ob es ein bestimmtes Produkt in einen entsprechenden Markt einführen soll, wird es zunächst untersuchen (lassen), ob das betreffende Produkt (noch) auf dem Markt positioniert werden kann. Das Unternehmen ist also unsicher, ob es die Kosten für die Produkteinführung bzw. für eine etwaige Ausgründung im Zuge von Innovationsprojekten investieren soll. Marktforschung kann helfen, jenes Risiko zu minimieren. Ähnlich verhält es sich bei der Unternehmensgründung. Auch hier bestehen seitens der Gründer etwaige Unsicherheiten. So spricht man etwa von strategischer Unsicherheit, wenn Informationsdefizite bzgl. der tatsächlichen Branchenverhältnisse bestehen.
Belastbare Informationen zu Umsätzen, Marktanteilen der verschiedenen Wettbewerber sind z. T. kaum verfügbar und müssen demnach erst erhoben werden.2 Zu Beginn der Unternehmensgründung liegt der Gründerin zumeist eine Idee vor, woraus sich dann i. d. R. eine ideeninduzierte Unternehmensgründung vollzieht, oder aber sie hat schlicht den Wunsch nach beruflicher Selbstständigkeit, was dann zumeist in einer konzeptinduzierten Unternehmensgründung mündet.3 In beiden Fällen wird jedoch die Idee in der so genannten Vorgründungsphase geplant. Vergleichbar ist die Phase der Ideenfindung und Prototypentwicklung im Kontext von Corporate Entrepreneurship, wenn etwa bestehende Unternehmen, z. B. basierend auf F & E-Erkenntnissen, eine Ausgründung planen. In jener Vorgründungsphase sollte demnach auch die Marktrecherche stattfinden.
Marktrecherche innerhalb der Phasen in der Gründungsplanung (In Anlehnung an Hering/Vincenti 2011, S. 14)
Auf die grundsätzliche Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit einer Planung vor bzw. zu Beginn einer Gründung weder als Startup bzw. Existenzgründer noch als KMU soll hier nicht eingehender hingewiesen werden. In der einschlägigen Planungsliteratur wird dies entsprechend diskutiert.1 So kommen etwa Raith et al. und bereits auch Castrogiovanni zu dem Schluss, dass sich eine entsprechende Planung positiv auf das Verhalten der Entrepreneure auswirkt.2 Ergänzend zu den bereits vorab genannten Argumenten soll hier auf Peters und Brush verwiesen werden, die feststellten, dass „research in entrepreneurship has found that lack of marketing information is one of the biggest barriers in venture creation“.3 Die Frage ist demnach nicht, ob, sondern wann und wie eine Marktrecherche durchzuführen ist. Da die Marktrecherche insbesondere, wie später eingehender diskutiert werden wird, vornehmlich zur Reduktion der Entscheidungsunsicherheit genutzt wird, sollte sie, wie angedeutet, in der Vorgründungsphase stattfinden.4
Hier stellt sich naturgemäß die Frage, ob die Marktrecherche erfolgen sollte, bevor die Gründungsidee formuliert wurde oder danach. So sind etwa Ansätze bekannt, wonach der Rechercheprozess als solcher zur Ideenfindung genutzt werden kann.5 Hier wird etwa empfohlen, durch Kundenbefragungen und Beschwerdeanalysen auf entsprechende Problemfelder zu stoßen, für die dann mittels eines Geschäftsmodells eine Lösung angeboten wird. Üblicher ist es jedoch, dass die Gründer bzw. Intrapreneure zunächst eine Idee formulieren und hier u. a. folgende Fragestellungen entscheiden müssen:
Existiert ein Markt, ein Bedarf für meine Idee, sodass sich die Gründung lohnt, oder entwickele ich eine weitere Lösung, für die gar kein echtes Problem existiert?
Ist mein Angebot an den Kundenbedürfnissen ausgerichtet, sodass hier eine entsprechende Akzeptanz zu erwarten ist?
Kann ich mein Angebot so positionieren, dass entsprechende Alleinstellungsmerkmale gegenüber meinem Wettbewerb erkennbar sind?
Ist noch Platz in dem Markt, sodass entsprechendes Wachstum möglich ist, oder ist der Markt bereits saturiert (gesättigt)?
Verwende ich angemessene Preise?
Eignet sich mein Standort?
u.a.m.
Allen genannten Entscheidungsfeldern ist gleichsam inhärent, dass sie zu Beginn der Unternehmung auftauchen. Die Marktrecherche findet demnach, wie in Abb. 1 dargestellt, insbesondere in der Vorgründungs- und in der frühen Gründungsphase statt.
Um eine Idee sachgemäß zu beschreiben, hat sich die Entwicklung eines Geschäftsmodells bewährt. Auf die dezidierte Entwicklung eines Geschäftsmodells gehen wir in Kapitel 4.2 ein. Als Geschäftsmodell wird eine vereinfachte Abbildung wirtschaftlich relevanter Austauschbeziehungen und deren logischer Zusammenhänge zwischen mindestens zwei Wirtschaftssubjekten bezeichnet, die Leistung und Gegenleistung transferieren.1 Für gewöhnlich kommt hier ein Businessplan zum Einsatz. Da sich jedoch viele neue Geschäftsmodelle zu Beginn der Gründung ändern, es ist dann von einem Pivot die Rede, ist es bisweilen sinnvoll, einen niederschwelligeren Ansatz zu nutzen, um das Geschäftsmodell zu beschreiben. Einen alternativen Ansatz haben hier Osterwalder und Pigneur entwickelt, der dem Gründer bzw. dem Intrapreneur empfiehlt, sein Geschäftsmodell nach folgenden neun Parametern zu beschreiben:2
KundensegmentKundensegment: Für wen erfolgt die Wertschöpfung? Richtet sich das Angebot an einen Massen- oder einen Nischenmarkt?
WertangeboteWertangebote: Welches Produkt, welche Dienstleistung wird mit welchem Nutzen angeboten?
Kommunikations- und VertriebskanäleKommunikations- und Vertriebskanäle: Über welche Kanäle können potenzielle Kunden am geeignetsten angesprochen werden und über welchen Weg bekommen sie ihr Produkt geliefert?
KundenbeziehungenKundenbeziehungen: Welche Akquisemethoden sollen angewandt werden und wie lassen sich Kunden an das Unternehmen binden, um belastbare Beziehungen zu erzeugen?
EinnahmequellenEinnahmequellen: Wofür sind Kunden bereit, wie viel zu bezahlen und an welcher Stelle der Wertschöpfungskette wird in welcher Form Geld verdient?
RessourcenRessourcen: Welche menschlichen (z. B. Anzahl der Gründungsmitglieder), physischen (z. B. Möbel/Hardware), geistigen (Forschungsergebnisse oder Patente) und finanziellen Ressourcen stehen zur Verfügung?
AktivitätenAktivitäten: Welche Aktivitäten sind unmittelbar erforderlich, um das Gründungsvorhaben konkret umzusetzen (z. B. Marktrecherche/Vertrieb/Finanzierung/Prototyp), oder den nächsten Entwicklungsschritt zu gehen?
PartnerPartner: Welche Partnerschaften (z. B. zu Hochschulen, Zulieferern oder Investoren) bestehen bereits bzw. sollen aufgebaut werden?
KostenstrukturKostenstruktur: Welche Ausgabenposten bestehen bereits (z. B. Büromiete) und welche werden durch das Geschäftsmodell verursacht (z. B. Personalkosten)?
Es wird abermals deutlich, dass die Marktrecherche zu einem entsprechend frühen Zeitpunkt durchgeführt werden sollte, da viele der zuvor genannten Fragen u. a. durch Instrumente der Marktrecherche beantwortet werden können. Wie im weiteren Verlauf aufgezeigt wird, sind die Prozesse der Marktrecherche anhaltend und werden idealerweise stets fortgeführt bzw. in Teilen wiederholt. Der größte Aufwand indes ist hier zu Beginn einer Gründung zu leisten, um die angesprochenen Fragen beantworten zu können.
Es kann im späteren Verlauf der Geschäftsmodellentwicklung und der Marktrecherche sinnvoll sein, ergänzend zur groben Benennung der Zielgruppe, detailliertere Personas zu entwickeln.
Personas sind fiktive, aber realitätsnahe Darstellungen von Zielgruppen oder Kunden.3 Sie werden verwendet, um ein besseres Verständnis für die Bedürfnisse, Ziele, Motivationen und Verhaltensweisen der potenziellen Nutzer eines Produkts oder einer Dienstleistung zu entwickeln.
Im Rahmen einer Unternehmensgründung oder eines Innovationsprojekts können Personas eine wertvolle Rolle spielen. Sie helfen dabei, das Produkt oder die Dienstleistung gezielt auf die Bedürfnisse der Zielgruppe zuzuschneiden. Durch die Erstellung von Personas können Unternehmen eine klare Vorstellung davon gewinnen, wer ihre potenziellen Kunden sind und was diese von ihrem Produkt erwarten.
Personas werden durch umfangreiche Recherche, Interviews und Datenanalyse erstellt. Dabei werden demografische Informationen, Verhaltensweisen, Vorlieben und Bedürfnisse der Zielgruppe berücksichtigt. Die Personas werden mit Namen, Fotos und einer detaillierten Beschreibung versehen, um sie greifbarer zu machen. Im weiteren Verlauf eines Innovationsprojekts können Personas als Orientierungshilfe dienen, um Entscheidungen zu treffen und Prioritäten zu setzen. Sie können auch genutzt werden, um Ideen zu generieren, indem man sich in die Rolle der Persona versetzt und deren Perspektive einnimmt.
Durch die Verwendung von Personas können Unternehmen ihre Produkte oder Dienstleistungen besser auf die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe ausrichten und somit erfolgreichere Innovationen entwickeln. Es ermöglicht ihnen, ihre Kunden besser zu verstehen und ihre Marketing- und Vertriebsstrategien gezielt anzupassen.
Das Geschäftsmodell wird, wie bereits erwähnt, durch einen Businessplan beschrieben. Der Sinn bzw. Unsinn eines derartigen Plans wird umfassend diskutiert, worauf hier jedoch nicht näher eingegangen werden soll. Wie zutreffend die Planungsergebnisse auch sein mögen, um etwa eine Finanzierung durch eine Bank oder die Zustimmung des Managements zu erhalten, wird ein Businessplan angefordert – was jene Diskussion bisweilen erübrigt. Ferner, auch da scheint Einigkeit zu herrschen, erreicht ein Businessplan fast immer das Minimalziel, dass der Autor ein klareres Bild bzgl. seines Gründungsvorhabens besitzt als vor Anfertigung des Businessplans. Nagl empfiehlt, folgende Struktur einzuhalten:1
Executive Summary
Geschäftsmodell/Unternehmenskonzept
Zielmarkt
Ziele und Strategie
Leistungs- und Produktportfolio
Marketing und Vertrieb
Management, Personal und Organisation
Chancen und Risiken
Finanzplanung
Anhang
Die skizzierte Struktur wird so bzw. in minimal angepasster Form von den meisten Institutionen akzeptiert. Sie macht deutlich, dass der Markt direkt nach dem eigentlichen Modell beschrieben werden soll, um dem Leser eine entsprechende Einordnung zu ermöglichen. Nagl führt aus, dass es zunächst gilt, die aktuelle Marktsituation darzustellen.2 Der Leser müsse einen Eindruck davon bekommen, in welchem Zielmarkt das beschriebene Angebot platziert werden soll, welches Marktvolumen vorhanden ist und welchen Marktanteil das Unternehmen erschließen will (was eine Betrachtung des bestehenden Wettbewerbs impliziert).
Die Diskussion der Frage, wie zielführend Marktrecherchen sein können, wird vermutlich nie enden. Gründer und Intrapreneure stellen jenes Instrument in Teilen ebenso infrage, wie auch die Gruppe der Banken, Investoren und Berater, wobei Vertreter beider Gruppen ebenfalls gegenteilig argumentieren. Der Grund hingegen, warum Marktrecherchen durchgeführt werden, scheint u. a. jener zu sein, dass sich dadurch die Qualität von Entscheidungen verbessern lässt. Entscheidungen von Fragen etwa, wie sie u. a. in Abschnitt 3.1 aufgeführt wurden. Nachfolgende Ausführungen wollen daher zum einen verschiedene Arten von Entscheidungen skizzieren und zum anderen Möglichkeiten aufzeigen, sachgemäße Entscheidungen zu treffen.
Wie im weiteren Verlauf des Buches gezeigt wird, sind verschiedene Begriffe nur sehr unscharf zu definieren. So auch der Begriff Entscheidung, für den mehrere Modelle bekannt sind.1 Rosenzweig empfiehlt etwa, Entscheidungen in vier Felder zu unterteilen.2 Dabei unterscheidet er wie folgt:
Erstes Feld – RoutineaufgabenRoutineaufgaben: Menschen müssen sich etwa entscheiden, welches Produkt sie im Supermarkt wählen, welche Aktie sie ihrem Portfolio hinzufügen oder welchen Film sie sich ansehen.
Zweites Feld – Beeinflussen von Ergebnissen: Werden Entscheidungen komplexer wie etwa im Zuge von Projekten, beim Sport oder beim Führen von Verkaufsgesprächen, sind entsprechend andere Entscheidungen zu treffen.
Drittes Feld – Wetten im Wettbewerb: Diese Entscheidungen berück-sichtigen auch das Verhalten Dritter, etwa in einem Wettbewerb, z. B. bei Pferderennen-Wetten. Hier sind ggf., anders als im ersten Feld, nicht alle Optionen verfügbar.
Viertes Feld – strategische Erfolge: Diese Entscheidungen betreffen Sachverhalte hoher Komplexität, wie etwa die Frage, wie sich ein Politiker in Bezug auf einen internationalen Vorgang verhält, oder ein Unternehmer, der ein neues Produkt auf den Markt bringt. Entscheidungen innerhalb der Marktrecherchen von Gründern und Intrapreneuren sind demnach dieser Kategorie zuzuordnen.
Vier Arten von Entscheidungen (Quelle: nach Rosenzweig 2014, S. 28.)
Rosenzweig weist darauf hin, dass Entscheidungen der vierten Kategorie zwar die höchste Wichtigkeit aufweisen, in der Wissenschaft jedoch am wenigsten untersucht werden würden.3 Vielmehr wären Phänomene u. a. durch Kahneman untersucht worden, die Entscheidungen aus den anderen Kategorien betrachten. Dessen bekannter Ansatz beschreibt, dass Menschen zwei Systeme verwenden würden, um zu entscheiden. So würde System 1 automatisch und schnell, weitgehend ohne willentliche Steuerung arbeiten. System 2 hingegen würde die Aufmerksamkeit auf mentale Aktivitäten lenken, wozu auch komplexe Berechnungen gehören.4
Zur Erklärung liefert er das ebenfalls bekannte Schläger-Ball-Beispiel, welches folgende Frage aufwirft: Wenn ein Schläger und ein Ball zusammen 1,10 $ kosten und der Schläger einen Dollar mehr kostet als der Ball – wie teuer ist dann der Ball? Intuitiv (System 1) wird hier häufig „10 Cent“ genannt. Erst ein näheres Nachdenken (System 2) führt dazu, dass den Probanden die richtige Lösung einfällt, nämlich 5 Cent.5 Meixner und Haas beschreiben die vier bekanntesten Ansätze, um den zuvor benannten Entscheidungssituationen zu begegnen:6
Analytische Methoden: Hier eignen sich etwa Kosten-Nutzen-Analysen bzw. mathematische Modelle, mit deren Hilfe Informationen (u. a. Wahrscheinlichkeiten) gewonnen und/oder Rückschlüsse auf Zusammenhänge gezogen werden.
Subjektive Methoden: Werden dann angewendet, wenn Meinungen Dritter bzw. externe Daten interpretiert werden. Der Unterschied zur analytischen Methode bestehe hier darin, dass quantitative Daten zur Unterstützung von Werturteilen herangezogen werden.
Intuitives Urteilen: Hiermit ist das Entscheiden ohne Erhebung bzw. Interpretation zusätzlicher Daten gemeint, wenn sich etwa lediglich auf die eigene Erfahrung verlassen wird.
VerhandlungenVerhandlungen: Bieten sich dann an, wenn zuvor beschriebene Ansätze kein Bild hervorbringen, welches einen Konsens, z. B. bei Partnern oder Vorgesetzten, erzeugt.
Erläuternd merken Eisenführ et al. bzgl. der analytischen Methode an, dass etwa die präskriptive Entscheidungstheorie dabei helfen will, möglichst rationale Entscheidungen zu treffen.7 Die Herausforderungen würden dabei aus folgenden Punkten bestehen:8
Unsicherheit: Hiermit ist gemeint, dass etwaige Handlungen Konsequenzen implizieren, die in ihrer Wirkung nicht in Gänze absehbar sind (z. B. Produkteinführung oder Ausgründung).
Mehrere Ziele: Mit Verweis etwa auf Personalentscheidungen ergibt sich hier das Problem, dass Personen eingestellt werden sollen, die z. B. kompetent, erfahren, integer und (fremd-)sprachlich begabt sein sollen.
Alternativen: Diese können in zu großer oder zu geringer Anzahl vorliegen, woraus Entscheidungsdepressionen entstehen.
KomplexitätKomplexität: Hier steigt die Herausforderung hinsichtlich der Entscheidungssituation in dem Maße, wie auch die Faktoren zunehmen, welche zu beachten sind.9 Hier sei abermals auf politische Entscheidungen verwiesen, welche ggf. die Interessen einer Vielzahl von Menschen berücksichtigen sollten. Meixner und Haas ergänzen, dass man dann von komplizierten Entscheidungen spricht, wenn die Zahl der Alternativen und der Kriterien so groß ist, dass mit reinen Routine-Entscheidungen das Problem nicht bzw. nicht zufriedenstellend zu lösen sei.
Als Befürworter des intuitiven Entscheidens gilt u. a. Gigerenzer. Er führt aus, dass etwa Führungskräfte sich nicht nur mathematischer Methoden bedienen würden, sondern häufig (auch) Bauchentscheidungen treffen – sprich intuitiv entscheiden würden.10 Zu vergleichbaren Ergebnissen kommen auch Sultanow und Sonnenborn.11 Gigerenzer bildet u. a. an dem Beispiel der Portfolioperformance im Vergleich von Laien (die Aktiennamen wiedererkennen und danach ihr Portfolio zusammenstellen) vs. Fondsmanagern ab, dass intuitive Entscheidungen denen der rationalen Methoden bzgl. der Erfolgsquoten überlegen seien.12 Dabei führt er ferner aus, dass Intuition nicht etwa das Gegenteil von Rationalität sei, sondern diese (Intuition) vielmehr auf persönlicher Erfahrung und intelligenten Faustregeln beruhen würde. Auch sei bewusstes Denken und Logik nicht besser als die Intuition, sie (Logik bzw. Statistik) sei besser für den Umgang mit bekannten Risiken geeignet, wohingegen die Intuition in einer ungewissen Situation den Vorzug bekommen sollte.13
Ein weiterer Ansatz, der hier genannt werden soll, ist der von Keeney. Er formuliert unter der Bezeichnung Value-focused Thinking eine Methode, welche sich an den eigenen Werten und Vorlieben orientiert, anstatt ausschließlich die bereits vorhandenen Alternativen zur Entscheidungsfindung zu nutzen.14 Er sagt:
„Values are fundamental to all that we do; and thus, values should be the driving force for our decisionmaking. They should be the basis for the time and effort we spend thinking about decisions. […] Instead, decisionmaking usually focuses on the choice among alternatives.“15
Value-focused ThinkingValue-focused Thinking würde darauf basieren, zusätzliche Entscheidungsoptionen zu finden. Vereinfacht gesagt ließe sich Keeneys Ansatz an folgendem Beispiel skizzieren: Würde eine Person den Wunsch empfinden, einen Film zu sehen, gehen die meisten Methoden davon aus, dass diese Person sich für einen Film aus dem Angebot eines Streaming-Anbieters wie etwa Netflix entscheidet. Keeneys Ansatz indes sieht vor, sich zunächst zu überlegen, welchen Film man sehen möchte. Befindet sich dieser dann im Portfolio von Netflix, kann er selbstverständlich gewählt werden. Falls nicht, empfiehlt Keeney jedoch, nach Alternativen, wie etwa einen anderen Streaming-Anbieter oder ein Kino zu suchen. So könnten Entscheidungen verbessert werden.
Eisenführ et al. empfehlen unter Verwendung von Grundprinzipien der präskriptiven Entscheidungstheorie folgende Prozedur, um Rationalität zu erreichen:1
Das richtige Problem lösen: Es solle geprüft werden, ob man das Problem, welches zu lösen ist, nicht ggf. erweitern sollte, um ggf. Flickwerk zu vermeiden, bzw. dieses einzugrenzen und Teilprobleme später zu lösen, um eine adäquate Umsetzbarkeit sicherzustellen.
Angemessener Aufwand: Etwa zur Informationsbeschaffung solle ein verhältnismäßiger Aufwand betrieben werden, nicht jedoch ein Maximum. Vereinfachung sei unverzichtbar, um wiederum eine Lösbarkeit der Probleme zu gewährleisten. Jener Aufwand lässt sich ggf. durch die Anwendungen von KI-Tools wie etwa ChatGPT oder Julius AI reduzieren.
Bildung von Erwartungen: Hier sollen relevante und objektive Daten in Betracht gezogen werden, es soll sich der Gefahr von Wahrnehmungsverzerrungen (Bias) bewusst gemacht und jene Effekte sollen möglichst vermieden werden.
Formulierung von Zielen und Präferenzen: Diese sollten möglichst klar und eindeutig definiert werden, um Gefahren der Selbsttäuschung zu minimieren. Hier ist es angezeigt, möglichst alle verfügbaren Attribute, welche ein Ziel beschreiben, zu verwenden.
Meixner und Haas ergänzen jenen Prozess um die Schritte Entscheiden, Umsetzen der Entscheidung, Kontrolle und Feedback.2 Sie empfehlen ferner, bei der Suche nach Alternativen einen analytischen Hierarchieprozess anzuwenden. Dieser unterteilt in Alternativen, welche den größten Nutzen vermuten lassen, jene die die geringsten Kosten verursachen würden, welche dem geringsten Risiko entsprächen, welche am wahrscheinlichsten eintreten, welche zum einen das beste Nutzen-Kosten-Verhältnis bzw. zum anderen das beste Nutzen-Kosten-Risiko-Verhältnis aufweisen und jene, welche den größten Beitrag ergänzender Zielsetzungen leisten.3
Um herauszufinden, welche Methode für die jeweilige Entscheidungssituation am geeignetsten scheint, haben Courtney et al. ein Modell entwickelt, welches insbesondere von folgenden Fragen ausgeht:4
Sind die maßgeblichen Erfolgsfaktoren bekannt? Dies würde in Bezug auf Gründer und Intrapreneure bedeuten, nach Geschäftsmodellen zu suchen, die dem eigenen sehr nahekommen, um entsprechende Erfolgsfaktoren abzuleiten.
Ist es möglich, die Spanne der zu erwartenden Ergebnisse zu produzieren?
Ist es notwendig, zusätzliche Informationen einzuholen?
Das Interessante an dem Ansatz ist, dass jenes Vorgehen ein standardisiertes Vorgehen bei komplexen Entscheidungen fördert. So scheint denkbar, Entscheidungen, welche im Zuge einer Marktrecherche zu treffen sind, in Unterrubriken aufzuteilen und ihr somit die Komplexität zu nehmen. Courtney et al. verweisen darauf, bei Entscheidungen, welche sich dazu eignen, etwa durch Einbeziehen von Netzwerken bzw. durch quantitative Methoden die sog. Weisheit der Vielen zu nutzen, worauf später genauer eingegangen wird.
Um etwa zu entscheiden, welcher Film in Hollywood produziert wird, haben sie via Online-Befragung von Kinobesuchern herausgefunden, welche der gezeigten Filme (über deren Promotion entschieden werden sollte) Ähnlichkeiten mit älteren Produktionen aufweisen. Im Anschluss wurden, so möglich, entsprechende Verbindungen hergestellt und eine Prognose unter Anwendung der Einspielergebnisse der älteren Filme abgegeben. Die Treffgenauigkeit jener Prognosen sei im Schnitt doppelt so hoch gewesen wie die von Vorhersagen, welche aufgrund von Expertenmeinungen und Regressionsanalysen getroffen wurden.5 Ähnlich könnten Unternehmen ihre Kunden einbinden und/oder vorhandene Daten analysieren.
Ein weiterer Ansatz, auf den hier etwas intensiver eingegangen wird, weil er Vielen noch nicht so bekannt ist, wird als Effectuation benannt und ist sozusagen das Gegenteil vom linearen Kausalitätsprinzip. Er wurde insbesondere von der indischen Kognitionswissenschaftlerin Saras Sarasvathy beschrieben.1