Vor ihren Augen - Mary Louise Kelly - E-Book

Vor ihren Augen E-Book

Mary Louise Kelly

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Beschreibung

Das Leben meint es gut mit Caroline Cashion. Die 34-jährige Dozentin für französische Literatur ist hübsch, intelligent und beliebt. Doch dann wird bei einer Routineuntersuchung in ihrem Nacken eine Kugel entdeckt. Caroline ist fassungslos. Als sie ihre Eltern darauf anspricht, eröffnen diese ihr die ungeheuerliche Wahrheit: Caroline ist adoptiert. Ihre leiblichen Eltern wurden ermordet, Caroline selbst überlebte die Tat schwer verletzt. Den Mörder hat man nie gefasst – und die Kugel nie aus Carolines Körper entfernt. Nun ist sie das wichtigste Indiz, um den Täter zu überführen. Womit Caroline in tödlicher Gefahr schwebt ...

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Seitenzahl: 464

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Buch

Es sollte nur eine Routineuntersuchung sein, doch dann kommt der unglaubliche medizinische Befund: Im Hals von Caroline Cashion steckt eine Revolverkugel. Die 37-jährige Dozentin für französische Literatur ist völlig verwirrt: Das ergibt keinen Sinn, denn noch nie wurde auf sie geschossen. Außerdem hat sie keine Eintrittswunde, keine Narbe – nichts. Doch als sie am Abend ihre Eltern auf die Kugel anspricht, erfährt sie die schreckliche Wahrheit: Sie ist ein Adoptivkind, ihre leiblichen Eltern wurden ermordet, als sie drei Jahre alt war. Und sie war bei der Bluttat anwesend, wurde auch getroffen und schwer verletzt. Die Chirurgen konnten die Kugel damals nicht entfernen, ohne das Leben des kleinen Mädchens zu gefährden. Deshalb haben sie die Wunde versorgt – und die Kugel blieb im Hals, was ihre Adoptiveltern nicht wussten.

Als Caroline den Polizisten ausfindig macht, der damals ermittelt hat, wird ihr erst die volle Tragweite bewusst: Der Mörder wurde nie gefasst. Aber nun gibt es ein wichtiges Indiz: Die Kugel, die in Carolines Hals steckt, ist dieselbe, die ihre Mutter mit einem Durchschuss tötete. Ein Vollmantelgeschoss, Kaliber .38, an einem Ende sorgfältig abgeschrägt. Und anhand der Kugel könnte problemlos die Tatwaffe identifiziert werden – und damit der Täter. Caroline ist sofort bewusst, dass sie den Mörder finden muss, bevor er sie findet, und eine hektische, verzweifelte Jagd beginnt …

Informationen zu Mary Louise Kelly

finden Sie am Ende des Buches.

MARY LOUISE KELLY

Vor

ihren Augen

Thriller

Deutsch

von Eva Bonné

Die Originalausgabe erschien 2015

unter dem Titel »The Bullet« bei Gallery Books,

a Division of Simon & Schuster, Inc., New York.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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1. Auflage

Taschenbuchausgabe Februar 2016

Copyright © der Originalausgabe 2015

by Mary Louise Kelly.

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2016

by Goldmann Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Gestaltung des Umschlags: UNO Werbeagentur München

Umschlagfoto: Arcangel Images/Benjamin Harte

Redaktion: Friederike Arnold

BH · Herstellung: Str.

Satz: omnisatz GmbH, Berlin

ISBN: 978-3-641-17777-5V001

www.goldmann-verlag.de

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Für meine Mutter,

die immer geglaubt hat, dass ich alles schaffen kann.

Und für meinen Vater,

der sein ganzes Leben lang hart gearbeitet hat,

damit ich die Möglichkeit bekomme zu beweisen,

dass sie recht hatte.

Und wir Geschichtsstudenten lernen vor allem das eine, dass die Menschen sehr kompliziert sind und dass sie nicht gut oder schlecht sind, sondern gut und schlecht, und das Gute erwächst aus dem Schlechten und Schlechtes aus dem Guten, und den Rest holt der Teufel.

Robert Penn Warren,Das Spiel der Macht

Du glaubst, die Menschen zu kennen, bei denen du aufgewachsen bist, die dir das ganze Leben lang zur Seite standen. Du kennst ihre Stimmen, ihre Hände, du weißt, was sie zum Lachen bringt. Du kennst sie, weißt, was sie tief im Herzen bewegt.

Doch wie sich herausstellt, kanntest du ihre Gedanken nicht. Nicht wirklich, nicht alle. Jeder Mensch hat Geheimnisse – nicht nur Dinge, die er dir nicht verrät, sondern er hütet auch Geheimnisse über dich. Und alle hoffen, dass du sie nie erfährst. Obwohl du mit jemandem dein Leben teilst, den banalen Alltag, die Seife, die Zuckerdose, die Schuhe – bist du ahnungslos.

Du glaubst, den anderen zu kennen.

Und dann, eines Tages, du kannst es kaum fassen, fliehst du. Du rennst, so schnell du kannst, deine Lunge brennt, die Füße berühren kaum den Boden. Du wagst es nicht, stehen zu bleiben und dich umzudrehen.

Wie sich herausstellt, war ich mein ganzes Leben gerannt, ich hatte es bloß nie gemerkt.

Lassen Sie mich erzählen, wie es sich anfühlt.

Lassen Sie mich Ihnen etwas über Angst erzählen.

Erster Teil

Washington

Eins

Mein Name ist Caroline Cashion, und obwohl es schwer zu glauben ist, bin ich die Heldin dieser Geschichte. In Anbetracht der Gewalt, die hier geschildert wird, hätten Sie bestimmt mit einer anderen Frau gerechnet. Mit einer Lara Croft, jung und atemberaubend schön, mit straffen Muskeln und einem Pistolenhalfter am Oberschenkel. Richtig? Geben Sie es ruhig zu.

Ja, mag sein, ich sehe ganz gut aus. Ich habe langes dunkles Haar, große schokoladenbraune Augen und eine Sanduhrfigur. Ich merke, wie die Männer mir nachglotzen, aber an meinen Schenkeln sitzen keine Pistolenhalfter, außerdem bin ich schon siebenunddreißig. Das ist nicht alt, noch nicht, aber zu alt für so einen Unsinn.

Und dann wäre da noch die Frage, wie ich meine Zeit verbringe. Nämlich in der Bibliothek, wo ich die Texte längst verstorbener Männer studiere. Ich bin Akademikerin und unterrichte an der Georgetown University im Fachbereich Literatur und Linguistik. Mein Spezialgebiet ist die französische Literatur des neunzehnten Jahrhunderts: Balzac, Flaubert, Stendhal, Zola. Die Universität ist so großzügig, mir etwa einmal im Jahr einen Flug nach Paris zu bezahlen, doch die meiste Zeit verbringe ich in der Hauptbibliothek auf dem Campus, eine Brille auf der Nase und den Kopf über alte Bücher gebeugt. Alle paar Stunden verlasse ich meinen Arbeitsplatz, halte eine Vorlesung am anderen Ende des Campus oder schimpfe mit einem Studenten, weil er den Abgabetermin für eine Hausarbeit nicht einhalten kann. Dann kehre ich zu meinen Büchern zurück. Beim Lesen mache ich es mir auf dem weichen blauen Polstersessel in meinem sonnigen Büro im dritten Stock bequem. Auch die Abende verbringe ich meistens dort. Ich schreibe, nippe an meinem Tee, benote Hausarbeiten. Bekommen Sie langsam eine Vorstellung von meinem Alltag? Mein Leben könnte öder nicht sein.

Und dann, eines Tages vereinbarte ich einen Arzttermin, der alles verändern sollte.

Mein Handgelenk schmerzte, seit Monaten schon. Am Anfang hatte es nur gekribbelt. Aus dem Kribbeln wurde ein stechender Schmerz, der mir bis in die Fingerspitzen schoss. Der Schmerz wurde schlimmer und schlimmer, bis meine Finger so steif und mein Griff so kraftlos waren, dass ich kaum noch meine Taschen tragen konnte. Die Diagnose meines Arztes lautete: zu viel Arbeit am Computer. Schlechte Sitzhaltung. Um genau zu sein – und ich bin gern genau –, diagnostizierte er KTS. Karpaltunnelsyndrom. Er empfahl mir, die Tastatur zu erhöhen und nachts eine Schiene zu tragen. Das half, aber es half nicht viel.

Und so fand ich mich eines Morgens im Wartezimmer einer Radiologiepraxis wieder. Ich wartete auf das MRT, um »eine Arthritis auszuschließen und der Sache auf den Grund zu gehen«, wie mein Arzt es formulierte.

Es war Mittwoch, der 9. Oktober. Der Tag, an dem alles begann.

Zwei

Mittwoch, 9. Oktober 2013

Das Wartezimmer der Washington Radiology war ein merkwürdiger Ort. Dort fanden sich der obligatorische Zeitschriftenständer voll zerfledderter Magazine, die übliche Box mit Papiertaschentüchern, daneben ein Spender mit Desinfektionsmittel. Wegen der vielen Röntgenapparate war das Wartezimmer durch eine massive Stahltür von den Behandlungsräumen abgetrennt. Ein riesiges Schild warnte die Patienten: ACHTUNG! KEINZUTRITT – STARKESMAGNETFELD – GESUNDHEITSGEFAHR! Damit die Botschaft auch wirklich ankam, wurde der Warnhinweis durch das Piktogramm eines riesigen Magneten ergänzt, von dem zuckende Blitze ausgingen. Während ich dort saß, beschlich mich das Gefühl, auf einen Termin im Kernkraftwerk zu warten.

Ich blätterte in einer Broschüre. Die Praxis bot Mammografien, Ultraschalluntersuchungen, Biopsien und so etwas Ominöses wie »Nuklearmedizin« an. Zudem wurden Kernspintomografien durchgeführt. Deswegen war ich gekommen.

»Mrs Cashion?«

Ich stand auf.

Eine junge Frau in einem Schwesternkittel brachte mich durch die Stahltür in die Umkleidekabine. »Ziehen Sie sich bitte aus«, sagte sie. »Die hier lässt sich auf der Vorderseite zubinden.« Sie reichte mir eine zusammengefaltete Papiertunika und ein Paar Einweg-Überschuhe und verschwand.

Ich legte meine Kleidungsschichten aus Kaschmir und Wildleder ab. Ein Exfreund hat einmal zu mir gesagt, ich sei wie geschaffen für den Winter; selbst im nackten Zustand bewege ich mich wie in Samt gehüllt. Er hatte nicht unrecht. Das ganze Jahr hindurch trage ich nur Pflaumen-, Tabak- und Rotweintöne. Von Pastellfarben lasse ich die Finger.

Die Röntgenassistentin kam zurück und erklärte mir, wie die Untersuchung ablaufen würde. Ich würde auf einer schmalen Bahre in eine riesige Röhre hineingeschoben werden, wo ich vierzig Minuten lang still liegen musste. Weder durfte ich mich bewegen noch die Augen schließen. Nicht einmal tief atmen durfte ich. Sie gab mir Ohrstöpsel und einen Panikknopf, falls ich einen klaustrophobischen Anfall bekam.

Ihre Sorge war unbegründet. Ich fand das MRT himmlisch. Was gibt es Schöneres, als an einem gewöhnlichen Arbeitstag reglos in einer warmen, kleinen Kapsel zu liegen? Der Apparat summte und klopfte laut und rhythmisch. Fast wäre ich eingeschlafen.

Nach der Untersuchung begleitete die Assistentin mich zurück zur Umkleidekabine. Sie räusperte sich, beäugte mich neugierig. »Dann schicken wir die Bilder also an Dr. Zartman? Er ist Ihr Hausarzt, richtig?«

Ich nickte. Immer noch betrachtete sie mich unverhohlen fasziniert. »Ist noch etwas?«

»Nein, nein.« Sie kicherte verlegen. »Ich habe nur … ich meine, wo haben Sie die her?« Sie berührte sich leicht im Nacken.

»Was soll ich woher haben?«

»Die … Sie wissen schon, die hier.« Wieder die Handbewegung.

»Tut mir leid, ich weiß nicht, wovon Sie sprechen.«

»Die Kugel«, sagte sie. »Wie ist die Kugel in Ihren Hals gekommen?«

Erstaunlich, nicht wahr? Wie schnell sich das ganze Leben ändern kann, einfach so, auf die Worte einer Fremden hin. Später denkt man an den Augenblick zurück und sagt sich: Das war der Moment, in dem das Leben in zwei Teile zerfiel, in ein Bevor und ein Danach.

Doch ich war noch nicht so weit. Ich glaubte immer noch fest ans Bevor.

Ich ging über die K Street zum Campus zurück, ein schöner Spaziergang an einem frischen Oktobertag. Bis zur Bibliothek war es keine halbe Stunde zu Fuß. Ich war nicht in Eile. Das nächste Seminar würde ich erst nach der Mittagspause geben. Die Unterhaltung mit der Röntgenassistentin hatte mich eher belustigt als beunruhigt. Denn selbstverständlich steckte keine Kugel in meinem Nacken. Dazu hätte jemand auf mich schießen müssen. Was ganz offensichtlich nie passiert war. So etwas hätte ich nicht vergessen. Sicher hatte die Assistentin nur wenig Berufserfahrung. Wahrscheinlich hatte sie einen Schatten auf der Aufnahme falsch interpretiert. Eines stand fest, bei der nächsten Dinnerparty hatte ich eine lustige Anekdote zu erzählen.

Ich nahm mein Handy heraus, um meinem Arzt die Neuigkeit mitzuteilen. Ich mochte Will Zartman. Ärzte wie er waren selten: Er nahm jeden meiner Anrufe entgegen, hörte immer aufmerksam zu, und die meisten Rezepte konnte ich mir einfach abholen. Wahrscheinlich lag das nicht zuletzt daran, dass ich fast nie krank war und ihn nur selten belästigte. Bevor mein Handgelenk zu schmerzen begann, hatte ich ihn monatelang nicht gesprochen.

Wie immer hörte er aufmerksam zu, dann bat er mich zu warten. Als er wenige Minuten später wieder in der Leitung war, klang er nachdenklich. »Ich habe gerade Ihr MRT vor mir. Die Praxis hat es gemailt. Da ist … die Frau hatte recht, da ist irgendetwas.«

»Sie meinen einen Schatten?«

»Nein … sieht eher nach einem Stück Metall aus.«

»Das ist unmöglich.«

»Es sitzt direkt an Ihrer Halswirbelsäule. Kaum zu erkennen. Wurden Sie jemals an Hals oder Schultern operiert?«

»Was? Nein!«

»Manchmal gehen bei Operationen kleinere Gegenstände verloren, wissen Sie. Instrumente, Klammern, solche Sachen. Der Chirurg bemerkt es nicht und näht den Patienten einfach wieder zu. Jedenfalls brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Die Röntgenaufnahme wird Klarheit bringen.«

»Jetzt soll ich auch noch zum Röntgen?« Ich seufzte.

»Ja, besser wäre es. Ich werde einen Termin für Sie vereinbaren.«

Ich bedankte und verabschiedete mich. Mein Handgelenk schmerzte. Wie ärgerlich, dass ich nun zu einer weiteren Untersuchung musste. Aus einem auf eine Stunde angesetzten Termin konnte schnell ein halber Tag werden. Dann wiederum war meine Arbeitsbelastung in diesem Semester überschaubar. Ich würde die Zeit finden. Außerdem konnte ich mir nicht helfen – ich war neugierig geworden.

An dem Abend war ich bei meinen Eltern zum Essen eingeladen.

Das kommt öfter vor als bei anderen Leuten, immerhin bin ich eine gestandene Frau von siebenunddreißig Jahren. Doch meine Eltern und ich stehen uns sehr nah. Wir telefonieren einmal täglich, manchmal noch häufiger. Wenn ich morgens nach dem Aufstehen in der Küche herumkrame und darauf warte, dass das Teewasser kocht, rufe ich meistens meine Mutter an. Wir tauschen uns über die neuesten Schlagzeilen aus oder über das Buch, über dem wir am Vorabend eingeschlafen sind.

Sie müssen wissen, ich lebe allein. Ich bin eine alte Jungfer. Die Bezeichnung ist aus der Mode gekommen, aber auf mich trifft sie zu. Ich bin weder verheiratet noch geschieden. Mir ist nie ein Mann begegnet, den ich unwiderstehlich gefunden hätte. Für mich ist das in Ordnung so; ich bin mir selbst die beste Freundin. Nicht dass ich schüchtern wäre, ganz im Gegenteil. Ich bin einfach nur introvertiert. Die wenigsten Menschen verstehen den Unterschied.

Statt eines Ehemannes habe ich mir einen engen Kreis aus guten Freundinnen zugelegt. Wenn mir danach ist, suche ich mir einen Liebhaber. Wieder so ein altmodisches Wort, und wieder passt es genau. Meine Eltern besuche ich häufig. Sie leben nicht weit entfernt in Cleveland Park, einer Gegend mit breiten Bürgersteigen und alten Villen, in denen überwiegend Journalisten, Anwälte und andere Vertreter der geschwätzigen Berufsgruppen wohnen. Das Haus meiner Eltern ist mit gelben Holzschindeln verkleidet, hat eine schattige Veranda und einen unverbauten Blick auf die Türme der Washington National Cathedral. In diesem Haus sind meine Brüder und ich aufgewachsen, eine Straße weiter steht die Schule, in der wir lesen und schreiben gelernt haben. Meine Brüder sind inzwischen über vierzig, meine Eltern über siebzig. Sie scheinen allerdings nicht vorzuhaben, sich zu verkleinern. Ich glaube, sie mögen es, wenn ihre Enkel durchs Haus toben und ihre Lacrosse- und Baseballschläger gegen dieselben ramponierten Türrahmen knallen, die schon unter meinen Brüdern zu leiden hatten. Das Holz neben dem Waschbecken im Dachgeschoss hat einen Brandfleck, weil ich als verträumter Teenager ein heißes Bügeleisen dort abgestellt habe und zu einer Übernachtungsparty entschwunden bin. Um es kurz zu machen: Das Haus meiner Eltern fühlt sich immer noch wie ein Zuhause an.

Es gefällt mir dort, und ich genieße ihre Gesellschaft und esse mehrmals pro Woche bei ihnen, wobei die Kochkünste meiner Mutter eine nicht unerhebliche Rolle spielen. Sie kocht ohne jede Rücksicht auf Cholesterinwarnungen und Kalorientabellen und hat sich auf Aufläufe und Schmorgerichte aus Kochbüchern spezialisiert, die seit 1970 nicht mehr im Druck sind. An diesem Abend zog sie eine Hühnchenpastete aus dem Ofen. Ich wusste aus Erfahrung, dass die Pastete unter anderem eine Tüte tiefgefrorene Erbsen und Karotten sowie kiloweise Butterschmalz enthielt und köstlich schmecken würde.

Ich wartete, bis wir alle am Esstisch Platz genommen hatten und der Wein eingeschenkt war, bevor ich begann: »Ihr werdet nicht glauben, was mir heute Morgen beim Arzt passiert ist. Es war zu seltsam!«

»Oh nein, schon wieder dein Handgelenk?«, fragte meine Mom. »Geht es dir immer noch nicht besser?«

»Nein. Aber sie finden gerade heraus, was los ist und warum die Schiene nicht hilft. Heute Morgen musste ich also zum MRT …«

»Welches Handgelenk war es gleich?«, unterbrach mich mein Vater.

»Das rechte.« Ich hob die Hand. »Das MRT wurde allerdings vom ganzen Oberkörper gemacht, nur so kann man sehen, ob etwas geschwollen oder ausgerenkt ist. Ich war schon fertig und wollte gerade gehen, als die Assistentin mir ganz aufgeregt nachlief. Und dann fragte sie mich – echt verrückt! –, sie fragte: ›Wie kommt die Kugel in Ihren Hals?‹« Ich hielt dramatisch inne. »Eine Kugel in meinem Hals. Könnt ihr euch das vorstellen?«

Man musste meinen Dad schon sehr gut kennen, um zu bemerken, dass er zusammenzuckte. Sein Kiefer verspannte sich, und seine Augen flackerten. Ich warf meiner Mom einen verstohlenen Blick zu. Sie hatte die Augen niedergeschlagen, war auf ihre Pastete konzentriert und jagte mit der Gabel eine Erbse über den Teller.

Beide schwiegen. Das war nicht die Reaktion, mit der ich gerechnet hatte.

»Du liebe Güte«, brachte mein Dad schließlich heraus. »Was hast du zu ihr gesagt?«

Ich sah ihn fragend an. »Ich habe natürlich gesagt, dass sie sich irren muss. Während des Scans darf man sich nicht bewegen. Wahrscheinlich habe ich gezuckt. Vielleicht kann man es auf dem Bild erkennen, als unscharfe Stelle oder dunklen Fleck.«

Er nickte. »Ja. Nun, klingt nach einem aufregenden Tag.« Er wandte sich an meine Mom. »Das Hühnchen ist ganz ausgezeichnet. Könnte ich bitte noch mehr haben?«

Beide aßen weiter.

»Das war’s?«, fragte ich. »Mehr habt ihr nicht zu sagen? Ich dachte, ihr fallt vor Lachen vom Stuhl.«

»Nun, du hast es bereits erklärt. Wahrscheinlich hat sich die Arzthelferin bloß geirrt«, sagte mein Vater.

»Mein Schatz, wir machen uns einfach nur Sorgen um dich«, fügte meine Mom hinzu. »Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass du Schmerzen leidest. Ich hoffe, dass dein Handgelenk bald wieder in Ordnung kommt.«

Ich seufzte. »Ich auch. Und jetzt muss ich noch einmal hin und mich röntgen lassen. Wenn die mit mir fertig sind, trage ich einen Ganzkörpergips.«

Meine Eltern tauschten einen Blick aus.

»Das war nur ein Witz. Mir geht es prima!«

Meine Mom öffnete den Mund, wie um etwas zu sagen, doch dann überlegte sie es sich anders. Wir aßen weiter und kamen auf einen alten Film mit Marlon Brando zu sprechen, den die beiden kürzlich gesehen hatten. Doch als mein Dad uns Wein nachschenkte, sah ich seine Hand zittern. Er bemerkte meinen Blick und beugte sich hinunter, um den Hund zu streicheln. »Das Alter«, sagte er, richtete sich wieder auf und schnitt eine Grimasse. »Bald kommt die Demenz hinzu.«

Als wir vom Tisch aufstanden, schauten sich die beiden abermals an. Lange verheiratete Ehepaare entwickeln eine Art Geheimsprache, die ohne Worte auskommt. Ich konnte nicht ganz entziffern, was sie zueinander sagten, doch etwas verstand ich: Sie hatten beschlossen, mir etwas zu verschweigen.

Drei

Donnerstag, 10. Oktober 2013

Die Röntgenuntersuchung war unglaublich.

Im Gegensatz zu meinen großen Brüdern war ich ein ruhiges Kind, das nicht zu Knochenbrüchen oder spätabendlichen Besuchen in der Notfallaufnahme neigte. Ich fahre weder Ski noch Mountainbike, ich reite nicht und halte mich auch sonst von potentiell gefährlichen Freizeitaktivitäten fern. Wie ich schon sagte, ich bin keine Lara Croft. Aus diesem Grund wurde ich, abgesehen von Kontrolluntersuchungen beim Zahnarzt, die verschwommene Bilder meiner Backenzähne erbrachten, noch nie geröntgt. Noch nie hatte ich einen Blick hinter die Kulissen meines Körpers geworfen.

Ich war fasziniert vom Spiel aus Licht und Dunkelheit, von den Schattierungen in Silber und Kohlenschwarz und Kalkweiß. Ich sah die langen, verzweigten Wurzeln meiner Zähne, die viel besser zu erkennen waren als auf den Zahnarztbildern; der Röntgenapparat musste von überragender Qualität sein. Unterhalb des Kiefers war meine leicht gekrümmte Halswirbelsäule zu erkennen, Wirbel für Wirbel ordentlich aneinandergereiht. Haut und Muskeln erschienen als gespenstische Schemen. An und für sich betrachtet war die Röntgenaufnahme wunderschön.

Und völlig unzweideutig. Das MRT vom Vortag hatte ich nicht gesehen, deswegen konnte ich keinen Vergleich anstellen, doch die Röntgenassistentin hatte vollkommen recht gehabt.

Die Kugel leuchtete. Strahlend weiß, heller noch als die Metallfüllungen in meinen Zähnen. Je kompakter ein Objekt ist, desto heller erscheint es auf der Röntgenaufnahme. Und dieses Ding bestand offensichtlich aus Blei. Es war einen guten Zentimeter lang und lief an einer Seite spitz zu. Die Spitze zeigte abwärts, Richtung Schultern. Das abgeflachte Ende saß dicht an meiner Schädelbasis.

Ungläubig studierte ich die Aufnahme. Es war einfach unmöglich. Ich blinzelte, schaute beiseite, schaute noch einmal hin – doch sie war immer noch da, strahlte mir grell entgegen. Mein Verstand ruderte mit den Armen und rang um kartesianische Logik; die Akademikerin in mir konnte nicht anders. Je pense, donc je suis. Ich denke, also bin ich. Ich bezweifele die Existenz der Kugel, also existiert sie. Nein, das war falsch. Ich war zu verwirrt, um zu begreifen. Dann wiederum hatte René Descartes beim Philosophieren keine Kugel im Hinterkopf gehabt.

Eine Kugel. Großer Gott. Ich saß auf dem Untersuchungstisch im ersten Stock eines Ärztehauses an der M Street. Auch die Praxis von Dr. Zartman war hier untergebracht; er hatte einen befreundeten Radiologen angerufen und einen Termin in der Mittagspause für mich vereinbart. Nun blickte der Radiologe zwischen mir und dem Röntgenbild auf dem Flatscreen hin und her. Er hatte die Augen weit aufgerissen, sein Gesicht glühte vor Aufregung und Entsetzen.

»Und Sie hatten wirklich keine Ahnung?«

»Nein.«

»Sie sagten, Sie wären beim MRT gewesen … haben Sie die Aufnahmen dabei?«

»Nein.« Ich runzelte die Stirn. »Die sind bei Dr. Zartman. Sie könnten ihn bitten …«

»Ehrlich gesagt sollten Sie das in Zukunft vermeiden.«

»Wie bitte?«

»Gehen Sie nie wieder zum MRT. Der Apparat ist im Grunde genommen ein riesiger Magnet. Dafür steht das M. Und Sie tragen ein Stück Metall mit sich herum … dann wiederum ist Blei nicht magnetisch.« Er legte den Kopf schief und dachte nach. »Dennoch, das Projektil könnte eine Legierung haben … oder andere metallische Anteile …«

Er betrachtete wieder das Röntgenbild. »Nein, das Risiko ist zu groß. Die Kugel sitzt dicht am Rückenmark und ist von Blutgefäßen umgeben. Sie darf nicht bewegt werden.«

Ich musste schlucken. Ich hatte das Gefühl, als rückten die Wände näher.

»Darf ich?« Er legte seine Hand an meinen Nacken und tastete mich vorsichtig ab. »Keine Erhebung. Keine subkutanen Narben, jedenfalls keine fühlbaren. Wo befindet sich die Eintrittsstelle?«

»Das weiß ich nicht.«

»Hier vielleicht?« Seine Finger wanderten aufwärts, massierten meinen Hinterkopf.

»Ich weiß es nicht, das sagte ich doch. Ich wusste ja nicht einmal von der Kugel.«

»Dann haben Sie also keine Ahnung, seit wann sie dort steckt?«

»Nein. Ich habe keine Ahnung. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«

Er kniff die Augen zusammen. »Das ist wirklich … ungewöhnlich. Angeschossen zu werden ist doch ein denkwürdiges Ereignis. Und dann noch in den Kopf.«

»Ich bin ganz Ihrer Meinung. Was wollen Sie mir sagen?«

»Ich möchte sagen, dass ich … Verzeihung, wie drücke ich mich am besten aus … ich finde es schwer zu glauben, dass Sie eine Kugel mit sich herumtragen und behaupten, nichts davon zu wissen.«

Wütend sah ich ihn an. »Nun, dann sind wir schon zwei. Zwei, die finden, dass das hier« – energisch klopfte ich gegen den Flatscreen – »absolut keinen Sinn ergibt.«

»Tja, von Schusswaffen habe ich verdammt noch mal keine Ahnung. Und von Munition auch nicht. Aber das da ist garantiert keine OP-Klammer.«

Will Zartman und ich saßen nebeneinander vor dem Monitor, unsere Blicke klebten am Abbild meines Halses. Für einen Arzt war Will noch ziemlich jung, kaum älter als ich. Ich kannte ihn nicht besonders gut, doch seine Reaktion tröstete mich. Er war ebenso bestürzt wie ich und wusste nicht, was jetzt zu tun war. Sollte er mich in die nächste Klinik bringen oder in Anbetracht dieser absurden Lage zu kichern anfangen?

»Und Sie sagen, Sie haben wirklich nichts geahnt?«

So langsam dämmerte mir, dass ich diese Frage noch öfter hören würde. »Nein, ehrlich nicht.«

»Und Sie haben keine Schmerzen? Keinen steifen Nacken, kein Kribbeln?«

»Na ja …« Ich hob die rechte Hand, drehte sie vorsichtig hin und her. »Das Problem ist Ihnen ja bekannt. Keine Ahnung, ob da ein Zusammenhang besteht.«

»Nun, das weiß ich auch nicht.« Er wandte sich wieder dem Bildschirm zu. »Die Frage ist jetzt wohl, ob man versuchen sollte, die Kugel zu entfernen. Mir fallen sofort viele Argumente ein, die dagegen sprechen. Dann wiederum erscheint es mir ebenso riskant, sie zu lassen, wo sie ist. Bleivergiftung, zum Beispiel.« Er machte sich eine Notiz. »Ich glaube, als Nächstes müssen Sie zum Neurochirurgen. Darf ich?«

Er scheitelte mein Haar am Hinterkopf und beugte sich vor. »Ich sehe keine Narbe.«

»Ich weiß.«

»Wissen Sie, ich habe Sie das schon einmal gefragt … aber Sie wurden wirklich noch nie operiert? Oberhalb der Taille?«

»Nein. Ich wurde noch nie operiert. Und die nächste Frage kann ich Ihnen auch gleich beantworten: Nein, ich wurde nie angeschossen. Ihr Radiologe hat mich bereits darauf hingewiesen, dass man so etwas eigentlich nicht vergisst.«

Dr. Zartman holte tief Luft und lehnte sich zurück. »So etwas habe ich noch nie gesehen. Eine Kugel materialisiert sich doch nicht aus dem Nichts. Und auch diese hier muss irgendwann in Ihren Hals eingedrungen sein. Sie haben wirklich keine Erklärung?«

»Sie können gern immer weiter fragen. Meine Antwort bleibt nein.«

»Was sagen Ihre Eltern?«

»Sie …« Ich zögerte. »Sie scheinen nichts zu wissen.«

Ich klang wenig überzeugend, und er sah mich schief an. »Wie meinen Sie das, sie scheinen nichts zu wissen?«

»Nun, gestern Abend habe ich ihnen davon erzählt. Dass auf der MRT-Aufnahme so etwas wie eine Kugel zu sehen ist. Es kam mir so aberwitzig vor. Ihre Reaktion war … ich weiß auch nicht, irgendwie seltsam.«

»Wie denn?«

Ich suchte nach den richtigen Worten. »Betreten. Sie wirkten betreten. Aber das ist doch normal, oder?« Auf einmal hatte ich das Gefühl, sie verteidigen zu müssen. »Es ist doch normal für Eltern, sich Sorgen zu machen, wenn ihre Tochter Schmerzen hat und Untersuchungen über sich ergehen lassen muss, die zu merkwürdigen Ergebnissen führen. Ich meine, wie würden Ihre Eltern denn reagieren, wenn sie erfahren würden, dass Sie eine Kugel im Kopf haben?«

Er nickte. »Ja, das sehe ich ein. Dennoch, irgendjemand kennt die Wahrheit. Sie sollten noch einmal mit ihnen sprechen.«

Beklommen fuhr ich zu meinen Eltern.

Die Unterhaltung konnte zwei Richtungen einschlagen. Möglicherweise – höchstwahrscheinlich – wussten sie nichts. Was nur ein kleiner Trost wäre. Immerhin steckte in meinem Nacken tatsächlich eine Kugel. Und wer außer meinen Eltern könnte mir sagen, wie sie dort hingekommen ist?

Viel verstörender war die Möglichkeit, dass sie doch etwas wussten. Ich erinnerte mich an die zitternde Hand meines Dads. Und wie meine Mom die Erbse über den Teller geschoben und jeden Blickkontakt vermieden hatte. Ich würde keine fröhliche Schilderung einer Begebenheit zu hören bekommen, in deren Verlauf sich ein Projektil in meinen Kopf gebohrt hatte. Dann wiederum – wie schlimm konnte es schon sein? Was immer auch passiert war, ich hatte offensichtlich keine bleibenden Schäden davongetragen. Warum hätten sie mir etwas verschweigen sollen?

Die einzig denkbare Erklärung war, dass meine Brüder etwas damit zu tun hatten. Heute sind beide verheiratet und angesehene, engagierte Mitglieder des Country Clubs. Zusammen haben sie sechs Kinder, sie zahlen Eigenheime ab, besitzen Aktien und gehen regelmäßig zum Golf, kurz gesagt, es ist nicht von der Hand zu weisen, dass sie Männer mittleren Alters sind und der oberen Mittelschicht angehören. Doch als Kinder waren sie wild. Bis zum heutigen Tag spricht die Nachbarin von gegenüber kein Wort mit ihnen. Seit fünfunddreißig Jahren hegt sie einen Groll gegen sie. So lange ist es her, dass meine Brüder ihr Schlafzimmerfenster zerschossen haben. Ich war damals noch ein Kleinkind und kann mich deswegen nicht an den Vorfall erinnern. Aber meine Brüder haben mir erzählt, dass ihnen ein Onkel zu Weihnachten fahrlässigerweise zwei Luftgewehre geschenkt hatte. Beide waren miserable Schützen und übten, indem sie das Eichhörnchen, das in dem Magnolienbaum vor unserem Haus wohnte, ins Visier nahmen. (Die Familienlegende besagt, dass sie immer besser wurden, das Eichhörnchen schließlich erlegten und der Nachbarin, vermutlich zur Wiedergutmachung, auf die Fußmatte legten. Vielleicht war sie einfach nur klug genug gewesen, meinen Brüdern jahrelang aus dem Weg zu gehen.) Aber um auf die ursprüngliche Frage zurückzukommen: Wäre es denkbar, dass sie auch auf mich geschossen hatten? Damals, als ich klein war, zu klein, um mich zu erinnern?

Unwahrscheinlich. Wenn man ihnen den Schuss auf ein Nachbarfenster nicht verziehen hatte, hätte man ihnen einen Schuss auf die kleine Schwester erst recht nicht verziehen. Auch das wäre zu einem Familienmythos geworden, solch eine Geschichte hätte man sich immerzu wieder erzählt, hätte sie ausgeschmückt und bei Hochzeitsansprachen und runden Geburtstagen herausgekramt. Nie im Leben wäre mir so etwas verborgen geblieben. Außerdem war da noch das Projektil; über Waffen und Munition wusste ich noch weniger als Dr. Zartman, aber die Kugel in meinem Hals sah größer und gefährlicher aus, als dass man damit eine Spielzeugpistole hätte bestücken können.

Auf dem Weg nach Cleveland Park hielt ich immer wieder an, um einen Blick auf das Röntgenbild zu werfen. Der Radiologe hatte mir eine Bilddatei geschickt. An jeder roten Ampel starrte ich auf mein Smartphone. Die Kugel ließ sich heranzoomen, bis sie den ganzen Bildschirm ausfüllte. Verkleinerte man sie wieder, war sie nichts weiter als ein winziger weißer Fleck zwischen grauen Halswirbeln.

Am späten Nachmittag bog ich in die Einfahrt meines Elternhauses ein. Das Tageslicht schwand. Ich verriegelte das Auto und betrat das Haus, wie ich es immer tat: Ich klopfte flüchtig an, schon während ich den Schlüssel im Schloss umdrehte.

Mein Dad saß am Küchentisch über ein Kreuzworträtsel gebeugt. Sein Beagle, er hieß Hunt, ignorierte mich wie immer. Dads Gesicht hellte sich auf. »Caroline! Ich hatte gehofft, dass du vorbeikommst. Weißt du ein Wort mit sieben Buchstaben für …«

»Dad.« Meine Stimme zitterte. Ich wusste nicht, wie ich beginnen sollte, also zog ich mein Handy heraus und hielt ihm die Röntgenaufnahme vors Gesicht.

Seine Augen verrieten mir alles, was ich wissen musste. »O du lieber Gott. Mein kleiner Liebling. Wir wussten nicht, dass sie immer noch da ist.«

Vier

Sie finden, ich reagiere zu gefasst? Sie finden, eine Frau, die erfährt, dass sie mit einer Kugel im Körper herumläuft, dass sie angeschossen wurde, sollte sich ein bisschen hysterischer aufführen?

Nun, es war so weit.

Als ich dastand und mein Vater anfing, in der Küche herumzuwirbeln (»Liebes, setz dich doch, ich werde dir einen Tee kochen…«), verlor ich die Nerven.

»Was soll das heißen, ihr wusstet nicht, dass sie noch da ist?«, kreischte ich. »Was wusstet ihr denn? Warum habt ihr mir nichts erzählt?«

»Wir hatten nicht… wir dachten… wir sind einfach davon ausgegangen, dass sie entfernt wurde. Wir haben nie nachgefragt.«

»Wen habt ihr nie gefragt? Wovon redest du?« Ich klammerte mich an der Stuhllehne fest, schlug sie ein paarmal laut gegen die Tischkante. »Dad? Wovon redest du da?«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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