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Entdecke die Weisheit der Esel in »Wacher Geist und fester Schritt –The Donkey School for Leadership« einem originellen Ratgeber, der tiefgründige Einblicke in Führung und persönliche Entwicklung durch die Metapher des Esels bietet. Geschrieben von Christoph Quarch, nach Idee von Christine Teufel und den bezaubernden Illustrationen von Martha Quarch, ist dieses Buch ein Schatz an Lektionen, die von den unscheinbarsten, aber weisesten Kreaturen stammen: den Eseln! Zwanzig zeitlose Lektionen: Das Buch ist um zwanzig Schlüsselqualitäten strukturiert, die jeweils von einem berühmten Esel aus Literatur, Mythologie oder Geschichte verkörpert werden. Von der Beharrlichkeit Gribouilles bis zur Demut des Esels von Jesus: Jedes Kapitel beleuchtet eine spezifische Eigenschaft, die deine Führungsfähigkeiten und dein persönliches Wachstum verbessern kann. Reichhaltiges Erzählungen: Jede Lektion wird von einer fesselnden Geschichte begleitet, die die Esel und ihre Eigenschaften lebendig werden lässt. Du begegnest Charakteren wie Sherman, dem rennenden Esel aus Christopher McDougalls Geschichte, und Lucius, dem goldenen Esel aus Apuleius’ klassischem Roman. Praktische Anwendungen: Über die Geschichten hinaus bietet jedes Kapitel praktische Ratschläge, wie du diese eselinspirierten Eigenschaften im Alltag und in deiner Führungsrolle anwenden kannst. Das Buch ermutigt dich dazu, Eigenschaften wie Anpassungsfähigkeit, Widerstandsfähigkeit und Großzügigkeit zu übernehmen und so einen Führungsstil zu entwickeln, der sowohl effektiv als auch mitfühlend ist. Wunderschöne Illustrationen: Die liebevollen Illustrationen von Martha Quarch verleihen dem Buch visuellen Charme und machen die Geschichten und Lektionen noch fesselnder. Die Kunstwerke ergänzen den Text perfekt und bieten eine visuelle Darstellung der einzigartigen Persönlichkeit jedes Esels und der Weisheit, die sie vermitteln. Philosophische Einsichten: Verfasst von dem Business-Philosophen Christoph Quarch, bietet das Buch erfahrungsgesättigte philosophische Reflexionen über Führung und menschliche Natur. Es fordert dich dazu heraus, konventionelle Ansichten zu überdenken und einen achtsameren und menschlicheren Ansatz bei der Führung anderer zu fördern. Inspirierendes Vorwort: Das Vorwort setzt den Ton des Buches und hebt die Intelligenz und Stärke der Esel sowie deren oft missverstandene Natur hervor. Es lädt dich dazu ein, deine Wahrnehmungen zu überdenken und von dem bescheidenen, aber weisen Esel zu lernen. Ideal für: • Führungskräfte und Manager, die nach neuen und bedeutungsvollen Perspektiven auf Führung suchen. • Menschen, die sich für Philosophie, persönliche Entwicklung und die Weisheit der Tiere interessieren. • Alle, die ihr Leben durch die Übernahme wertvoller Eigenschaften wie Geduld, Achtsamkeit und Empathie verbessern möchten. Warum dieses Buch? »Wacher Geist und fester Schritt« ist nicht nur ein Buch über Esel; es ist eine tiefgründige Erkundung dessen, was es bedeutet, mit Weisheit und Mitgefühl zu führen. Es bietet eine einzigartige Mischung aus Erzählkunst, praktischen Ratschlägen und philosophischen Einsichten und macht es zu einer Pflichtlektüre für alle, die ihre Führungsfähigkeiten und ihr persönliches Wachstum verbessern möchten. Nimm die Weisheit der Esel an und führe mit einem »wachen Geist und festen Schritt«.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 139
Vorwort
Achtsamkeit
Beharrlichkeit
Beweglichkeit
Bodenständigkeit
Demut
Empfänglichkeit
Geborgenheit
Gelassenheit
Grosszügigkeit
Humanität
Intuition
Lust
Neugier
Natürlichkeit
Poesie
Schönheit
Vertrauen
Wertschätzung
Zuhören
Zusammenarbeit
Quellen
Die Illustratorin
Der Autor
„Verflucht ist jedes Reich, unglücklich jedes Land, verlassen die Stadt und das Haus, woraus der Esel verbannt, entfernt, vertrieben ist! Wehe jedem Sinn, jedem Gewissen, jeder Seele, wo kein Anteil vom Eseltum vorhanden!“
(Giordano Bruno)
Esel sind kluge Tiere. Sie wissen, was sie können, und sie vertrauen ihrer Kraft. Sie sind enorm belastbar. Sie meistern auch die schwierigsten und steilsten Wege – sofern ihnen der Grund, auf dem sie gehen, geheuer ist. Wenn sie auch nur den Anflug eines Zweifels an der Sicherheit des Weges haben, rühren sie sich nicht mehr von der Stelle. Dann sind sie stur. Dann kann der Eselstreiber fluchen, wie er will: Der Esel geht nicht weiter. Er scheut, und er tut gut daran, denn auf diese Weise hat er schon so manchen Leichtsinnigen vor Unheil bewahrt; auch wenn er sich dadurch das falsche Image eines dummen Sturkopfs eingehandelt hat, der sich nur mit großer Mühe führen lässt.
Dass Esel renitente Wesen sind, die sich nur ungern führen lassen und an denen menschliche Eselstreiber deshalb ihr ganzes Können aufbieten müssen — ist ein grobes Missverständnis: eine Verwechslung von Führer und Geführtem. In Wahrheit ist es so: Esel müssen nicht geführt werden. Esel brauchen keine Treiber. Sie brauchen niemanden, der sie führt oder treibt, denn sie selbst sind die geborenen Führungskräfte. Beduinen wissen das: keine Kamel-Karawane, an deren Spitze nicht ein Esel gehen würde. Auch der Mensch ist gut beraten, sich der Führung eines Esels anzuvertrauen, anstatt dem Irrtum zu erliegen, dass er selbst als Führer oder Treiber einem Esel sagen könnte, wo es langgeht. In Wahrheit führt ein Esel unbemerkt selbst jene noch, die sich einbilden, mit ihrer überlegenen Kraft und Klugheit einen Esel führen zu können. Vielleicht gehörst auch du zu diesen Führungsverantwortlichen, denen Coaches und Ausbilder einbläut haben, ein echter Leader müsse einem Löwen gleichen: stark, zielstrebig, laut … und gefährlich. Vielleicht erscheint es dir deshalb absurd, dass du ausgerechnet von Eseln etwas über Führungskompetenzen lernen kannst.
Es mag wohl sein, dass es einmal eine Zeit gab, zu der es sinnvoll war, sich als Führungskraft wie ein Löwe zu gebärden. „Gut gebrüllt, Löwe“ war dann ein Lob, über das man sich freuen konnte. Aber ob es dir nun passt oder nicht: Diese Zeit ist vorbei. Im Zeitalter von New Work und Fachkräftemangel brauchst du als Entscheider und Verantwortlicher keine Raubtierqualitäten, sondern genau die sozialen Kompetenzen, von denen wir in diesem Buch erzählen werden. Sie sind unscheinbar und stehen in der Welt der Löwen nicht sehr hoch im Kurs. Aber wenn du sie einübst, wirst du es früher oder später zu der eigentlichen Meisterschaft der Führungskunst bringen, die du dir nirgendwo sonst so gut abgucken kannst wie bei einem Esel: die Kunst, den Menschen das Gefühl zu geben, selbst die Führung innezuhaben, während sie doch in Wahrheit die Geführten sind.
Esel wissen, was sie können – und wenn sie sich nicht ganz sicher sind, dann scheuen sie. Esel meiden deshalb seichtes Wasser. Können sie den Grund nicht sehen, bleiben sie beharrlich vor dem kleinsten Bachlauf stehen. Dann hilft kein Wettern und Zerren – dann bleibt nur der Bau einer Brücke: einer Eselsbrücke, selbst wenn das den Eselstreiber Zeit und Mühe kostet. Eine Eselsbrücke führt am schnellsten zum gewünschten Ziel: Ist sie auch noch so leicht gebaut, der Esel wird sie überschreiten und seine Last hinübertragen.
Unter Eselsbrücke versteht man in der deutschen Sprache einen Merksatz, der es erlaubt, sich leichter etwas einzuprägen. Doch ist die Eselsbrücke nicht nur das, sie dient auch dem Verstehen. Sie schlägt die Brücke zwischen einem Satz und dem, was er bedeutet. Sie überbrückt die Kluft des Nichtverstehens, indem sie kurz und bündig zu verstehen gibt, was etwas sagen will.
In diesem Büchlein findest du eine Reihe solcher Eselsbrücken, die dir auf deinem beruflichen Weg als Führungsverantwortlicher oder -verantwortliche behilflich sein können – wenn du denn den Mut aufbringst, diesen Weg mit den Qualitäten eines Esels zu gehen. Was sind diese Qualitäten? Sie reichen von Achtsamkeit bis Zusammenarbeit. Sie erlauben dir, wie ein Esel an dein Ziel zu kommen: mit wachem Geist und festem Schritt.
Wir stellen dir diese Qualitäten vor, indem wir dir von prominenten und weniger prominenten Eseln und Eselinnen erzählen. Teils entstammen sie der Literatur, teils sind sie der Kinoleinwand entsprungen. Stets aber werden an ihnen Führungsqualitäten sichtbar, die du für deinen Arbeitsalltag als innovative und zukunftsfähige Führungskraft nutzen kannst. Mögen sie dir als Eselsbrücken hilfreich sein.
Nun wünschen wir viel Freude mit unseren „Eseleien“!
Herzlich
Christoph Quarch und Christine Teufel
Ein Esel hört und sieht gut hin,
aufs Tunliche lenkt er den Sinn.
Sie ist die Meisterin der Achtsamkeit – sieht, was ihr Herr nicht sieht, bewahrt ihn so vor Schaden. Und das, obwohl er dreimal auf sie einschlägt – obwohl er droht und flucht und seine Gerte schwingt. Die Eselin weicht dennoch vor dem Engel aus, der mit gezücktem Schwert den Weg verstellt: den Bileam, ihr Herr, nicht sieht; weil er nicht achtsam ist und nicht erkennt, was vor ihm ist.
Beim ersten Mal wich sie dem Engel aus aufs Feld, beim zweiten Mal drängte sie sich an die Mauer eines Weinbergs, sodass sie Bileam den Fuß einquetschte. Der schlug das kluge Tier darauf noch heftiger, und dann, als sie beim dritten Mal vorm Engel in die Knie ging, schlug er die Eselin mit seinem Stecken. Erst dann geschieht das Wunder:
„Da tat der Herr der Eselin den Mund auf und sie sprach zu Bileam: Was hab ich dir getan, dass du mich nun dreimal geschlagen hast? Bileam sprach zur Eselin: Weil du Mutwillen mit mir treibst! Ach, dass ich jetzt ein Schwert in der Hand hätte, ich wollte dich töten! Die Eselin sprach zu Bileam: Bin ich nicht deine Eselin, auf der du geritten bist von jeher bis auf diesen Tag? War es je meine Art, es so mit dir zu treiben? Er sprach: Nein. Da öffnete der Herr dem Bileam die Augen, dass er den Engel des Herrn auf dem Wege stehen sah mit einem bloßen Schwert in seiner Hand, und er neigte sich und fiel nieder auf sein Angesicht. Und der Engel des Herrn sprach zu ihm: Warum hast du deine Eselin nun dreimal geschlagen? Siehe, ich habe mich aufgemacht, um dir zu widerstehen; denn dein Weg ist verkehrt in meinen Augen. Und die Eselin hat mich gesehen und ist mir dreimal ausgewichen. Sonst, wenn sie mir nicht ausgewichen wäre, so hätte ich dich jetzt getötet, aber die Eselin am Leben gelassen.“ (Num 4.22)
Welch hohes Lob ergeht hier von Engels Zunge an die Eselin! Es ist ein Lob der Achtsamkeit, mit der sie sah, was vor ihr ist; mit der sie ihren Herrn bewahrte; mit der sie dafür Sorge trug, dass er nicht unbedacht zu Schaden kommt. Wer wünschte sich nicht eine solche acht- und wachsame Gefährtin?
* * *
Achtsamkeit ist aller guten Führung Anfang; denn durch Achtsamkeit wird dir bewusst, was ist. Achtsamkeit erschließt die Wirklichkeit. Sie ist dein Realitätssinn. Ohne sie kannst du nicht wissen, wen du wann in welcher Situation zu welchem Ziel hinführen kannst und sollst und manchmal musst. Sie öffnet dir die Augen und die Ohren. Sie befreit dich aus der Trance der täglichen Routinen oder Konventionen. Sie befreit dich ebenso aus dem Gefängnis deiner Selbstbezüglichkeit; denn sie richtet deinen Blick aufs Wesentliche: weg von dir und deinen eigenen Bedürfnissen, Interessen und Befindlichkeiten – hin zu dem, was jetzt und hier zu tun ist; konkret, in diesem Augenblick; für andere, fürs Unternehmen, die Gesellschaft – für die Menschen.
Meisterhafte Führungskunst bedeutet hinzusehen – auch das zu sehen, was an der Oberfläche kaum erkennbar ist; auch wenn es nicht gleich – wie bei Bileams Eselin – ein Engel sein muss. Meisterhafte Führungskunst bedeutet auch, gut hinzuhören – auch das zu hören, was zwischen den Worten gesagt ist. In der Achtsamkeit des Sehens und des Hörens erschließt sich dir nicht nur, was ist, sondern auch das Tunliche. Beides erschließt sich so, dass es zur Weisung wird. Wer achtsam an die Arbeit geht, erhält kostbarste Winke, die seiner Führung die Richtung geben. Achtsamkeit ist die Essenz aller guten Entscheidungen.
Achtsamkeit ist in unserer Welt nicht selbstverständlich. Ihr Gegenteil ist die Zerstreuung, die uns durch eine allgegenwärtige und mächtige Zerstreuungsindustrie fortwährend angedient wird. Wer sich zerstreut, wird aber niemals achtsam sein. Achtsamkeit bedeutet vollständige Präsenz – physisch, emotional und mental: ganz gegenwärtig sein beim Gegenüber, ganz gleich, ob es sich um einen Menschen, ein Dokument oder eine Situation handelt. Wer achtsam ist, lässt sich nicht ablenken und schweift nicht ab. Wer achtsam ist, gibt acht auf alles, was sich Jetzt und Hier ereignet: im Unternehmen, auf dem Markt, in der Gesellschaft. Wer achtsam ist, ist auch bei Sinnen und kann deshalb sinnvoll handeln und entscheiden. Das verleiht dem Achtsamen Respekt und Achtung. Achtsamkeit ist ein zuverlässiger Weg zu echter und bleibender Autorität, die nicht daraus erwächst, dass du deinen Willen durchsetzt, sondern genau das tust, was hier und jetzt zu tun ist.
Der Esel gibt so schnell nicht auf,
beharrlich folgt er seinem Lauf.
Für Andy Merrifield ist Gribouille nicht nur ein Wanderfreund und Lasttier. Vor allem wird ihm der Esel zu einem Lehrer: zu einem Weisheitslehrer, um genau zu sein. Denn bei der Reise, die der britische Wissenschaftler und Autor mit Gribouille durch die Auvergne unternimmt, erweist sich sein Begleiter wieder und wieder als Meister echter Lebenskunst, namentlich als Meister der Entschleunigung, Beharrlichkeit und Ausdauer. Bei der ersten Begegnung des Autors mit seinem Gribouille erscheint er ihm als „der friedfertigste Esel, den man sich nur vorstellen kann, mit dem seelenvollen Blick eines Jagdhundes, voller steiler Melancholie. Er war so unvorstellbar sanft bei unserer ersten Begegnung, er schien mir wie das Heilmittel, da Gegengift zu einer aus dem Ruder gelaufenen Welt, einer Welt, die zu meiden ich beschlossen hatte. Er war genau der Gefährte, mit dem ich ihr entfliehen wollte.“
Gemeinhin wird dem Esel Sturheit nachgesagt. Und eben das hat ihn in schlechten Ruf gebracht. Er gilt als dumm und störrisch, eigensinnig oder faul. Doch nichts von alledem ist wahr. Ein Esel denkt nur gründlich nach, bevor er etwas angeht. Er lässt dabei so lange nicht locker, bis er eine Lösung findet. Und wenn er keine findet, bleibt er einfach stehen. Nicht weil er dumm ist, sondern weil es keine Lösung gibt. Gäbe es eine, würde er sie finden – oder wird er sie finden, wenn man ihm die Zeit lässt, die er dafür braucht.
Einmal, erzählt uns Andy Merrifield in seinem Buch Die Weisheit der Esel, blieb Gribouille vor einem umgestürzten Baumstamm stehen. Das Gelände ist steil und abschüssig. Zu allem Überfluss taucht auch noch eine Wandergruppe auf: „Mein Freund hat nun ein Publikum, während er mit seinem Maul den Baumstamm erkundet, ihn beschnuppert und dann ein schlankes Bein hebt, probehalber. Er befindet sich zu nahe am Abgrund und weicht zurück, wohl wissend, dass sich diese Stelle nicht zum Überqueren des Hindernisses eignet. Der Baumstamm ist an diesem Ende zwar dünner, aber vom Steilhang droht Gefahr. Deshalb steckt er die Nase ein Stück weiter oben ins Geäst, weg vom Abgrund, und hebt das Bein abermals, dieses Mal höher. Er fühlt sich offenbar immer noch nicht sicher, weicht abermals zurück. Alle schauen zu, fasziniert, gebannt von einem Esel, der beharrlich nach einer Problemlösung sucht. Nachdem er ein paar Minuten nachgedacht zu haben scheint, fasst er sich ein Herz und setzt mit einem eleganten, präzisen hohen Schritt ein Vorderbein auf die andere Seite … es folgt das andere … und dann zieht er seine Hinterbeine nach, eins nach dem anderen. Er hat es geschafft, hat das Hindernis überwunden.“
Die Anekdote ist deshalb so schön, weil sie erkennen lässt, dass Esel ihren eigenen Rhythmus haben. Es wäre sinnlos, ihnen unser eigenes Tempo aufzuschwingen. Man muss dem Esel folgen, wenn man ans Ziel gelangen will. Von Gribouille lernt sein Führer: „Wenn es ein Problem gibt und ein Esel sich weigert weiterzugehen, hat das immer einen Grund. Oft ist es der Esel, der die Lösung findet. Er wird sich nicht vom Fleck rühren, bis es so weit ist. Er muss von allein darauf kommen.“
Und wenn er darauf kommt, dann ist der Esel unbeirrbar. Plinius der Ältere behauptete sogar, dass eine Eselin durchs Feuer gehe, um ihre Lieblinge zu schützen. So weit reichen eines Esels Treue und Beharrlichkeit. Und Conrad Gessner, der im 16. Jahrhundert ein Geschichtsbuch über Tiere schrieb, lobte die Zähigkeit des Esels über alle Maßen: „Die Arbeit richtet ihn nicht bald hin.“
* * *
Beharrlichkeit ist eine Tugend, die dich durch die Zeiten trägt: durch gute Zeiten und durch schlechte Zeiten, durch Zeiten strahlenden Erfolgs genauso wie durch Zeiten bitterer Niederlagen. Sie hat viel mit Ausdauer zu tun: mit der Fähigkeit, an etwas dranzubleiben, nicht zu schnell zu resignieren oder aufzugeben. Wenn du beharrlich bist, dann machst du weiter, selbst – oder gerade – wenn dir Hindernisse in den Weg gelegt werden. Du bist zäh und konsequent. Und den Menschen, die dir anbefohlen sind, begegnest du mit Treue und Loyalität.
Beharrlichkeit ist etwas anderes als Starrsinn. Es ist wichtig, sich das klarzumachen, denn die beiden sehen sich von außen zum Verwechseln ähnlich. Dabei sind sie grundverschieden. Wer beharrlich ist, verhält sich ganz so wie der Esel Gribouille: Da ist ein Hindernis vor dir. Du kannst es nicht umgehen. Nein, du musst es überwinden. Aber wie? Wärest du starrsinnig, würdest du dagegen anlaufen, bis es dir weicht – oder bis du aufgibst und umkehrst. Unser Esel aber ist beharrlich. Er hat sein Ziel im Auge; oder will zumindest den begonnenen Weg fortsetzen. Und nun erprobt er unterschiedliche Optionen. Er versucht dies und das. Er lässt nicht locker, bis er die Lösung des Problems gefunden hat. Dieses Verhalten ist nicht starrsinnig. Im Gegenteil: Es zeugt von einem hohen Maß an geistiger Beweglichkeit und Flexibilität.
Wer beharrlich ist, verschließt sich deshalb nie den Ratschlägen, die andere ihm erteilen. Beharrliche Menschen hören zu, sie sind empfänglich, denn sie wollen nichts unversucht lassen. Am Ende aber treffen sie ihre Entscheidung, sie allein vor dem Horizont dessen, was sie an Information und Empfehlung gesammelt haben. Sie entscheiden nach Maßgabe dessen, was die Situation gebietet und was sie selber leisten können – wie Gribouille, der erst den Baumstamm prüft und dann sich selbst. Achtsamkeit und Selbsterkenntnis sind die Eltern der Beharrlichkeit. Fehlen diese beiden, dann besetzt der Starrsinn ihren Platz.
Beharrlichkeit ist so gesehen das eigentliche Geheimnis dessen, was man heute Resilienz nennt. Sie erlaubt es dir, zwei scheinbar gegensätzliche Qualitäten zu verbinden: Zähigkeit und Flexibilität. Wenn du beharrlich bist, treffen sie sich in deinem Herzen – dort, wo deine Liebe wohnt, deine Begeisterung zu Hause ist. Diese beiden weisen dir den Weg. Diese beiden nähren die Beharrlichkeit in dir. Diese beiden lassen dich dranbleiben – und zwar ohne dass du dich dabei verbiegen oder gar verleugnen müsstest. Diese beiden sind die Quelle jeder guten Führung. Und sie zeigen sich in ihrer ganzen Kraft und Schönheit, wo du mit Beharrlichkeit und Konsequenz, ausdauernd und doch flexibel, auf dem Weg vorangehst – und dich dabei durch die Hindernisse oder Stolpersteine, denen du unweigerlich begegnen wirst, nicht beirren lässt.
Der Esel will sich regen.
Du solltest ihn bewegen.
Als Christopher McDougall seinen Esel zum ersten Mal sieht, gibt dieser ein Bild des Jammers ab: ein völlig verwahrlostes Geschöpf, abgemagert, krank, mit verfaulten Zähnen und verwachsenen Hufen. „Das Barmherzigste wäre es, ihn sofort einzuschläfern“, meint denn auch Christophers eselkundiger Nachbar Scott, nachdem er das geschundene Tier einer ersten Untersuchung unterzogen hat. Aber das würde Christopher dann doch zu weit gehen. Er hatte eingewilligt, den Esel in die Pflege zu nehmen, nachdem herausgekommen war, dass ein Mann aus der Nachbarschaft das Tier seit Monaten nicht mehr versorgt, geschweige denn gepflegt hatte. Und so beschließen beide Männer, den Esel wieder aufzupäppeln, und eine wunderbare Freundschaft zwischen Mensch und Tier beginnt: zwischen Christopher und Sherman, wie er seinen neuen Haus- und Hofgenossen bald schon nennen wird.