Wahnsinn Wohnen - Thomas Hellweger - E-Book

Wahnsinn Wohnen E-Book

Thomas Hellweger

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Beschreibung

Wie wir morgen wohnen werden Die Karten auf dem Immobilienmarkt werden neu gemischt. Die Zeit historisch niedriger Bauzinsen und günstiger Baumaterialien ist vorbei und der Fachkräftemangel trägt zur Verschärfung der Lage auf dem Bausektor bei. Viele sind verunsichert: Wie kommt man da noch an eine Immobilie? Soll man das geerbte Häuschen behalten oder zu Geld machen? Schließlich werden selbst bezahlbare Mietwohnungen immer rarer. Thomas Hellweger erklärt, was uns auf dem Immobilienmarkt erwartet:Er stellt aktuelle Wohntrends wie Co-Living oder Wohnnomadismus vor und zeigt, wie sich der demografische Wandel, der Zuzug und klimatechnische Sanierungsbestrebungen auswirken werden. Er verweist aber auch darauf, welche enormen Chancen die Entwicklung auf dem Immobilienmarkt trotz aller Schwierigkeiten immer noch mit sich bringt, wann man etwa kaufen oder eine Bestandsimmobilie verkaufen sollte. Das Buch für alle, die über die eigenen vier Wände nachdenken!

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Thomas Hellweger

Wahnsinn Wohnen

Der Immobilienmarkt im Umbruch – und was das für uns bedeutet

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

Wichtiger Hinweis

Ausschließlich zum Zweck der besseren Lesbarkeit wurde auf eine genderspezifische Schreibweise sowie eine Mehrfachbezeichnung verzichtet. Alle personenbezogenen Bezeichnungen sind somit geschlechtsneutral zu verstehen.

Originalausgabe

1. Auflage 2024

© 2024 by Redline Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.

Redaktion: Matthias Höhne

Umschlaggestaltung: Sabrina Pronold

Umschlagabbildung: Shutterstock/pnDl

Satz: ZeroSoft, Timisoara

eBook: ePUBoo.com

ISBN Print 978-3-86881-957-1

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96267-568-4

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96267-569-1

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.redline-verlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

Inhalt

Einleitung

Kapitel I: Blick zurück: wie die Immobilienblase entstand

I.1. Durch billiges Geld vergoldete Sachwerte

I.2. Hohe Nachfrage und zu wenig Neubau

I.3. Ende der Himmelfahrt auf dem Immo-Markt

Kapitel II: Der Gesetzgeber als Spielverderber

II.1. Öko-Auflagen, höhere Grundsteuer, Barrierefreiheit

II.2. Droht eine Vermögensabgabe?

II.3. Mietpreisbremse drückt Rendite

Kapitel III: Herausforderungen für (potenzielle) Immobilienbesitzer

III.1. Omas kleines Häuschen oder: das geerbte Eigenheim

III.2. Heizkosten fressen Einkommen oder: vom Umgang mit Energieschleudern

III.3. Billigkredit ade oder: 3 Prozent, 5 Prozent, 10 Prozent Zinsen?

III.4. Fast 70 und überall Stufen oder: der Traum von der Barrierefreiheit

III.5. Ökologischer Lifestyle auch beim Wohnen

III.6. Gretchenfrage: neu oder alt?

III.7. Anlagedruck oder: wohin mit all dem Geld?

III.8. Vermieten hat goldenen Boden?

Kapitel IV: Betongold heute und morgen

IV.1. Baufirmen gehen neue Wege

IV.2. Was nachhaltiges Bauen und Sanieren bedeutet

IV.3. Das Eigenheim als Kraftwerk

IV.4. Vom Co-Working zum Co-Living

IV.5. Tiny, mobile, modular …

IV.6. Wie Silver Ager wohnen wollen

IV.7. Teilverkauf im Alter

IV.8. Boden bleibt knapp

IV.9. Was Experten sagen

Kapitel V: Wie Sie vom Immo-Markt profitieren

V.1. Immobilien sind alternativlos

V.2. Wann und was verkaufen?

V.3. Welche Immobilien halten?

V.4. Welche Immobilien wo kaufen?

V.5. Neue Chancen durch Tokenisierung

V.6. Strategien für Ihr Vermögen

Ultimativer Ausblick: Immobilien im Jahre 2050

7 Tipps für (künftige) Immobilieneigentümer

Anhang

Rückblick: Bauzinsen fast bei null

Exkurs: Basel III und Basel IV – Eigenkapital ist King

Über den Autor

Grafiken und Bilder

Anmerkungen

Einleitung

Wie wollen und wie werden wir künftig wohnen? Das Wachstum der Bevölkerung in den Ballungsräumen und die gleichzeitige Abnahme der durchschnittlichen Haushaltsgröße führt vielerorts zu Wohnungsnot. Doch nicht nur die Frage, wie sich eine Wohnung finden lässt, beschäftigt die Menschen. Trends wie Sharing Economy und New Work wirken sich auch aufs Wohnen aus. Dazu kommen die Klimakrise und die Digitalisierung, der demografische Wandel und vieles mehr. Die Menschen wollen heute mehr Flexibilität, sie wollen nachhaltiger leben und viele wünschen sich auch eine Vernetzung in den eigenen vier Wänden – all das sind Faktoren, welche die Immobilienmärkte drastisch verändern. Die Transformation ist so tiefgreifend und die Geschwindigkeit, mit der sie abläuft, so hoch, dass man durchaus vom »Wahnsinn Wohnen« sprechen kann.

Und dann sind da die Immobilieneigentümer oder die, die es gern wären. Sie stehen vor diesen Veränderungen und stellen sich Fragen wie: Soll ich jetzt sofort verkaufen? Was kann ich noch kaufen? Werden die Preise weiter fallen oder werden sie wieder steigen? Will der Staat an mein Häuschen? Was ist zukunftsträchtig in Sachen Wohnen? – Als Immobilienmakler werde ich immer öfter mit solchen Überlegungen konfrontiert. Früher haben mich Leute angerufen, weil sie eine Wohnung suchten, um selbst darin zu leben. Oder sie wollten ihr Erspartes sicher und gewinnbringend in sogenanntes Betongold anlegen. Oder sie hatten ein Haus, das ihnen zu groß geworden war. Dann folgte die Phase, in der so gut wie alles gekauft wurde, was aus Steinen besteht. Die Preise für Immobilien schossen in die Höhe.

Im Jahr 2021 begann die Inflation zu klettern. Auch das Bauen wurde teurer und ist es immer noch – und zwar aus mehreren Gründen: Für ein Haus braucht man Beton, Stein, Stahl, Holz, Glas und, und, und. All das kostet erheblich mehr als noch vor ein paar Jahren. Dazu kommt der Fachkräftemangel, Handwerker sind rar. Und die Bauzinsen sind massiv angestiegen. Die monatliche Belastung bei einem Baudarlehen ist höher und für viele nicht mehr tragbar. So verbreitete sich mehr und mehr Unsicherheit. Und die Leute überlegen mittlerweile: Lohnt es sich wirklich noch? Sollte man weiter auf Immobilien setzen?

Die klare Antwort lautet: jein. Oder anders ausgedrückt: Es kommt darauf an. Die Karten werden derzeit neu gemischt auf dem Immobilienmarkt. Sich genau zu informieren, ist das Gebot der Stunde. Auf denjenigen, der das tut, warten weiterhin oder vielleicht mehr denn je enorme Chancen. Wer aber ohne Nachdenken behält, was er hat, oder blindlings irgendein Objekt irgendwo kauft, wird verlieren. Im Grunde ist das ja nichts Ungewöhnliches: Auch bei einzelnen Aktien beispielsweise muss man genau hinschauen oder einem Experten vertrauen. Man muss sich für den Weizen entscheiden und nicht für die Spreu – und zum richtigen Zeitpunkt das eine oder andere aus dem Depot werfen. Auf dem Immobilienmarkt gab es schon immer lukrative und weniger lukrative Investments. Jetzt aber werden die Unterschiede eklatanter. Klar ist jedoch auch: Wohnen bleibt ein Grundbedürfnis, Bauland ein endliches Gut.

Zudem sind neue Wohntrends zu konstatieren. Mobile und Remote Working werden nicht mehr verschwinden, sondern mehr und mehr zur Normalität. Unternehmen leiden bereits stark unter den Folgen des demografischen Wandels und die Überalterung wirkt sich auch auf den Wohnungsmarkt aus. Die Silver Generation ist eine stark wachsende Gruppe mit ganz speziellen Bedürfnissen – auch beim Wohnen. Sie ist aktiver, als ihre Eltern und Großeltern es im gleichen Alter waren. Häufig möchten Silver Ager, also Menschen ab 50, zwar in ihrem Haus bleiben, aber möglichst auch Geld daraus ziehen, das sie für ihren Lebensstil brauchen. Sie setzen daher auf Optionen wie etwa Teilverkauf oder Leibrente, mit denen wir uns in diesem Buch näher beschäftigen.

Gleichzeitig steigt die Zahl der vererbten Immobilien und die Ansprüche der sogenannten Generation Z ans Wohnen sind wiederum andere als etwa die der Babyboomer. Heute 25- oder 30-Jährige werden häufiger umziehen, als das die mittlerweile 60- oder 70-Jährigen getan haben, und vielleicht gar nicht mehr an einem festen Ort wohnen wollen. Kriegs- und Klimaflüchtlinge kommen in deutsche Städte und die Frage nach deren Unterbringung verschärft die Wohnungsnot. Ist unter diesen Bedingungen das klassische Eigenheim überhaupt noch zeitgemäß? Welche Rolle spielen Co-Living und Wohnnomadismus und setzen sich Mobile sowie Tiny Houses durch? Wird die Immobilie der Zukunft gleichzeitig ein Mini-Kraftwerk sein, um der Energiekrise zu begegnen?

Wie drastisch sich alle Aspekte rund ums Wohnen wandeln werden, davon haben immer mehr Menschen mehr als nur eine Ahnung. Das beweisen mir die sehr präzisen Fragen, die mir häufig gestellt werden: etwa, ob ein Lastenausgleich zu erwarten sei, also Immobilieneigentümer zur Kasse gebeten werden – gerade nach der Pandemie. Ob es ein elektronisches Grundbuch geben werde, auf das der Staat Zugriff hat. Oder ob es passieren könne, dass Bankenkredite einer laufenden Finanzierung fällig stellen trotz Zinsfestschreibung. Und auch wie sich die Grundsteuer entwickeln werde, wollen potenzielle Immobilienkäufer wissen. All diese Dinge sind ungeheuer wichtig, will man das eigene Vermögen sichern beziehungsweise weiter aufbauen.

Natürlich bin ich weder Gesetzgeber noch Banker, aber ich kenne die wohlbegründeten Prognosen der Experten und verfüge über ein großes Netzwerk auf den Immobilienmärkten sowie in allen damit verbundenen Bereichen. Mit diesem Buch werfe ich einen Blick in die Zukunft, und zwar in die ziemlich nahe. Sie werden dabei vielleicht manchmal erschrecken oder den Kopf schütteln, aber lesen Sie bitte weiter. In Sachen Immobilien hat eine Zeitenwende begonnen – und das gilt auch für andere Anlageformen. Es gab bereits in manchen Details vergleichbare Situationen, wir haben jedoch keine Blaupause für die Gesamtlage. Es wird kein Stein auf dem anderen bleiben. Sehen Sie das positiv, denn es ist auch eine Riesenchance für alle, die überlegt handeln. Damit möglichst viele zu den Gewinnern gehören, habe ich dieses Buch geschrieben. Und es geht nicht nur um den Kauf von Immobilien, sondern auch um das Mieten. Das wird weiterhin teurer und auch für Mieter zählt mittlerweile der energetische Zustand »ihrer« Immobilie.

Sie werden in den folgenden Kapiteln vielen Menschen und Familien begegnen, die sich alle ihre eigenen Gedanken rund um Immobilien machen, die sich alle mit individuellen Herausforderungen konfrontiert sehen. Zwar sind diese Beispiele fiktiv, doch Ähnliches erlebe ich in meinem Beruf Tag für Tag. Da ist der Erbe, dem plötzlich das Haus der Oma gehört. Da ist die junge Familie, die eine Altbauwohnung gekauft hat und der nun die Heizkosten über den Kopf wachsen. Ein anderer Hauseigentümer muss umschulden und ächzt unter den steigenden Bauzinsen. Ein älteres Ehepaar wohnt in einem alles andere als barrierefreien Eigenheim. Manche trauen den Aktienmärkten nicht mehr und sitzen auf enormen Summen Geld. Und immer mehr Menschen probieren neue Wohnformen aus, wenden sich ab vom freistehenden Eigenheim im Grünen.

Was in keinem Fall hilft, ist, den Kopf in den Sand zu stecken. Wie in allen Lebensbereichen sind stattdessen Informieren und Handeln angesagt. Im ersten Kapitel rekapitulieren wir zunächst, wie es zur aktuellen Lage gekommen ist. Wieso sind die Immobilienpreise über lange Zeit so stark gestiegen und warum nahm diese Entwicklung 2022 ein jähes Ende? Das zweite Kapitel befasst sich mit der Rolle des Gesetzgebers. Nach der Lektüre verfügen Sie über ein breiteres Hintergrundwissen, das in Ihre Entscheidungen einfließen kann. Wenn Sie allerdings sagen: »Es ist, wie es ist«, und nur nach vorn schauen wollen, dann steigen Sie direkt bei Kapitel drei ein.

Meine Überzeugung: Jetzt ist die beste Zeit, eine Immobilie zu kaufen! Oder genauer: Es ist immer richtig, eine Immobilie zu erwerben. Deshalb hätte ich diesem Buch auch den Titel »IMMERbilie« geben können. Häuser und Wohnungen werden nie out sein, sie sind und bleiben ein Kernbaustein für Ihre Vermögensbildung und Ihre Altersvorsorge. Zudem sind sie etwas, das man anfassen kann, etwas, zu dem viele auch eine emotionale Beziehung aufbauen. Gerade deshalb müssen Sie unbedingt wissen, welche Immobilie zu kaufen sich wirklich lohnt. Dieses Buch vermittelt Ihnen das nötige Wissen – und hoffentlich jede Menge Inspiration.

Thomas Hellweger

Starnberg, im März 2024

Kapitel I:

Blick zurück: wie die Immobilienblase entstand

Jedes Jahr neue Höchststände bei den Preisen für Häuser und Wohnungen: Wir hatten uns schon daran gewöhnt, dass es auf dem Immobilienmarkt immer nur bergauf zu gehen schien. Wer eine Eigentumswohnung besaß und diese einmal zur Vermietung inseriert hatte, der wurde nicht selten von Unternehmen angerufen, die den Eigentümer mit einem Makler zusammenbringen wollten. Datenschutz? Offenbar Fehlanzeige. Gerne würden Experten vor Ort den Preis der Immobilie schätzen. Die Erwiderung, man wolle gar nicht verkaufen, wurde oft kaum gehört. Es gebe eine große Nachfrage, es würde sicher sehr schnell eine Käuferin oder ein Käufer gefunden und der Erlös über den Erwartungen liegen. Die Suche nach Objekten war ganz klar, was den Umsatz für Maklerinnen und Makler begrenzte. In so mancher Stadt gab es schlicht fast keine verkaufswilligen Eigentümer.

Zu den Gründen für diese Entwicklung und den genauen Zahlen des Booms kommen wir gleich. Vorab: Es ist wichtig, sich klarzumachen, dass es eben Gründe dafür gibt. Die Preise sind nicht aufgrund irgendeines Naturgesetzes geklettert und geklettert. Ein solches existiert nämlich nicht – ebenso wenig wie für den Wert eines börsennotierten Unternehmens. Das ist die erste wichtige Erkenntnis, sollten Sie wie so manch einer glauben, in Immobilien gebunkertes Geld sei quasi hundertprozentig sicher. Absolute Sicherheit ist reines Wunschdenken. Auch wenn wir das Risiko für geringhalten: Bei Häusern und Wohnungen sind Fehlkäufe möglich – und ich kann Ihnen versichern, sie passieren allerorten.

Die Gretchenfrage auf dem Immobilienmarkt

Ob Sie nun bereits eine Immobilie haben oder eine kaufen möchten, sicher stellen Sie sich eine Frage, die sozusagen zur Gretchenfrage geworden ist: Hatten oder haben wir gar immer noch eine Immobilienblase? Nun, mit einem einfachen Ja oder Nein lässt sich das nicht beantworten. Wir werden genauer hinschauen müssen – und das in diesem Buch auch tun. Sie werden dabei merken, dass sich nicht nur eine, sondern ein ganzes Bündel an Fragen ergibt: In welchen Regionen gibt es eine solche Blase? Welche Immobilien genau sind davon betroffen? Welche Rolle spielt es, ob Sie vermieten oder selbst in Ihrer Immobilie wohnen? Und so weiter und so weiter. Sie dürfen gespannt sein auf die Analysen. Sie sind wichtig, denn eines ist sicher: In sehr vielen Fällen sollten Sie handeln, um Ihr hart erarbeitetes Vermögen zu sichern. Und das sofort oder zumindest sehr bald.

Bevor wir uns also an die erwähnten Fragen machen, wollen wir zunächst in diesem Kapitel die Gründe für die Preisexplosion anschauen und diese mit Zahlen untermauern. Letztere werden Ihnen ganz klar zeigen, dass wir es mit einer beispiellosen Situation zu tun haben. Betrachtet man die inflationsbereinigte Entwicklung, also die der realen Preise von Immobilien, sind diese über zehn Jahre lang steil angestiegen. Das heißt im Klartext nichts anderes als: Zwar wird auch alles andere – bis auf wenige Ausnahmen – immer teurer, doch Häuser und Wohnungen hatten sozusagen ihre eigene, viel höhere Inflation. Wohl noch nie war es für so viele Menschen ein Problem, eine bezahlbare Immobilie zu finden.

Einer meiner Kunden kam vor einigen Jahren zu mir, etwa 2016. Er hatte eine schöne Summe Geld angespart und wollte die nun endlich in eine Immobilie stecken. Schließlich war er in Eigentum aufgewachsen, seine Eltern wohnten immer noch in dem Haus, in dem er seine Kindheit verbracht hatte. Es dauerte nicht lang und wir hatten ein geeignetes Objekt entdeckt. 120 Quadratmeter, im Umland einer Großstadt. Billig war das nicht, aber mein Kunde verdiente gut, hatte Eigenkapital, bekam ein Darlehen mit einem extrem niedrigen Zinssatz. Heute freut er sich über 40 Prozent Wertzuwachs. – Ja, solche Geschichten könnte ich viele erzählen. Es sind allerdings Geschichten, die sich so heute nicht mehr schreiben lassen.

I.1. Durch billiges Geld vergoldete Sachwerte

Von 2016 bis 2022 gab die Europäische Zentralbank (EZB) einen Zinssatz von 0 Prozent als Leitzins vor. Man spricht auch vom Nullzinsschock und tatsächlich waren diese Jahre für viele Sparerinnen und Sparer eine Katastrophe. Wer ein traditionelles Sparbuch oder ein Tagesgeldkonto besitzt, bekam darauf so gut wie keine Zinsen mehr. Hatten Sie relativ viel Geld auf dem Konto, etwa über 50.000 Euro, mussten Sie bei vielen Banken sogar draufzahlen. Heißt: Sie mussten dafür, dass Sie der Bank Ihr Geld anvertraut hatten, ein sogenanntes Verwahrentgelt hinblättern.

Der Nullzins hatte aber auch eine andere Seite: Kredite wurden billiger, denn auch die hängen letztendlich vom Leitzins ab. So sanken die Bauzinsen über zehn Jahre kontinuierlich und erreichten 2020 mit durchschnittlich 0,62 Prozent ihren Tiefpunkt, erst seitdem steigen sie wieder und liegen inzwischen bei fast 4 Prozent bei zehn Jahren Zinsbindung.1 Nun könnten Sie fragen: 0,62 Prozent, 1 Prozent oder 4 Prozent, das ist doch ziemlich egal? Nein, das sind riesige Unterschiede, wenn Sie bedenken, dass Sie einen solchen Kredit über zehn, 20 oder 30 oder noch mehr Jahre abzahlen. Je nach der Summe, die Sie sich leihen, können da recht hohe Beträge zustande kommen. Geld, das zusätzlich zu den Kosten für die Immobilie selbst, die Grundbucheintragung, die Grunderwerbssteuer, den Notar, den Makler gezahlt werden muss.

Wertvolles wurde scheinbar erschwinglicher

Bis 2020 wurde daher das Bauen oder Kaufen von Immobilien scheinbar immer erschwinglicher. Wer jung genug war und genügend verdiente, konnte Kredite zu supergünstigen Konditionen aufnehmen. Mehr und mehr Menschen entschieden sich genau dazu und heizten so den Immobilienmarkt an. Denn anders als bei vielen anderen Dingen lassen sich nicht einfach beliebig viel mehr Häuser bauen. Wir leben nun einmal auf einem Planeten mit begrenzter Fläche, unser Nachbar Mars wurde noch nicht besiedelt. Während etwa Geld in unserem Finanzsystem, in dem es keine Golddeckung mehr gibt, letzten Endes in rauen Mengen gedruckt werden kann, ist der bebaubare Grund und Boden rar.

Nicht zu vergessen sind die psychologischen Aspekte. In unübersichtlichen Zeiten sehnt sich der Mensch nach Sicherheit – und eine Immobilie wird damit assoziiert. So zitierte Focus Online 2014 eine Studie, nach der zwei Drittel der Deutschen Immobilien als sichere Geldanlage betrachteten. Bei denjenigen, die bereits Haus oder Wohnung besaßen, teilten sogar fast 75 Prozent diese Einschätzung. Derselbe Anteil der Bevölkerung hielt Immobilien für die beste Art der Altersvorsorge. Bei denen, die angaben, in den nächsten zwei Jahren bauen zu wollen, meinten das sogar 90 Prozent!2 2014 waren die Preise für Immobilien bereits stark gestiegen, doch das hatte offenbar keinen Einfluss auf ihr Image als Vermögensschutz.

Eigentümerquote gestiegen, aber dennoch gering

Der Run auf Immobilien zur Eigennutzung nahm auch ohne Eigenheimzulage, die es bis Ende 2005 gab, ab Mitte der 00er-Jahre richtig Fahrt auf. Nach Angaben von Statista bewohnen besonders viele Saarländer vier Wände, die ihnen selbst gehören. Lag die Quote 2006 bei 54,9 Prozent, stieg sie bis zum Jahr 2018 auf 64,7 Prozent. Einen ähnlichen Anstieg gab es auch in den anderen Flächenstaaten, in den Stadtstaaten fiel er geringer aus. Auf ganz Deutschland bezogen wuchs der Anteil derer, die in der eigenen Wohnung oder im eigenen Haus leben, von 41,6 Prozent im Jahr 2006 auf 46,5 Prozent im Jahr 2018.3 Bis zum Jahr 2019 gab es einen weiteren Anstieg auf 50,4 Prozent.

Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern rangiert Deutschland dabei ziemlich weit unten. Lediglich in der Schweiz waren mit 41,6 Prozent im Jahr 2021 noch weniger Menschen Eigentümer ihres Zuhauses. Ganz oben in der Liste rangieren Albanien mit 96,5 Prozent, Rumänien mit 96,1 Prozent und die Slowakei mit 92,3 Prozent. Auch in Italien (72,4 Prozent) oder Frankreich (64 Prozent) liegt die Eigentümerquote viel höher.4 Woran das liegt? In erster Linie ist dafür die Politik verantwortlich, die das Mieten attraktiv und das Kaufen für die Eigennutzung eher unattraktiv macht. Bevor wir uns das näher anschauen, ein Wort zu den Konsequenzen: Letzten Endes sorgt eine niedrige Eigentümerquote eher für eine Vermögensungleichheit. Gerade in den letzten Jahren, in denen Immobilien stark im Wert gestiegen sind, dürfte sich das ausgewirkt haben. Während Eigentümer von Häusern und Wohnungen sich über ein sattes Plus freuen durften, mussten alle anderen mit den ebenfalls steigenden Mieten kämpfen.

Der Staat macht den Immobilienkauf teuer

Was also tut der Staat beziehungsweise was unterlässt er? In einer Studie der Deutschen Bundesbank werden unter anderem die hohen Grunderwerbssteuern, die aktuell je nach Bundesland zwischen 3,5 und 6,5 Prozent liegen, als Grund für die in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern geringe Wohneigentumsquote angegeben. Wenn Sie einen Kredit brauchen, um einen Immobilienkauf zu finanzieren, können Sie zudem die Zinsen als Eigennutzer nicht steuerlich absetzen. Lange Zeit gab es außerdem einen starken sozialen Wohnungsbau, also mit staatlichen Mitteln geförderten Neubau für ökonomisch Schwächere. Das Mieten solcher Wohnungen war häufig die bessere Alternative im Vergleich zum Kaufen. Seit einiger Zeit aber haben viele Menschen mit geringen Einkommen vor allem in den Ballungsräumen große Probleme, bezahlbare Mietwohnungen zu finden.5 So wurde es dank billigen Geldes häufig günstiger zu kaufen, als zu mieten.

Die Eigentümerquote wird aber auch von Erwartungen an die Zukunft beeinflusst – insbesondere von denen, die sich um die Preisentwicklung auf dem Immobilienmarkt drehen. Wenn ich daran glaube, dass die Preise steigen werden, habe ich gleich zwei gute Gründe, mir Haus oder Wohnung zu kaufen. Erstens halte ich es dann für wahrscheinlich, mich damit für ein cleveres Investment zu entscheiden. Zweitens muss ich zu dem Schluss kommen, dass es alles andere als clever wäre, mit dem Kauf zu warten, weil ich dann später nur noch mehr ausgeben müsste. Wer eine hohe Inflation kommen sieht, der zieht häufig Käufe vor, sofern es sich dabei um ihm wichtige Dinge handelt. Die Preisexplosion bei Immobilien bis 2022 mag daher den Anstieg der Eigentümerquote erklären – und das billige Geld, also die extrem niedrigen Zinsen erlaubten es vielen, sich ihren Traum vom Eigenheim zu erfüllen.

Flucht ins Betongold als Krisenschutz

Finanzmarktkrise 2008, Eurokrise ab 2010, Flüchtlingskrise 2015, Coronapandemie ab 2020, der im Februar 2022 ausgebrochene Krieg in der Ukraine, der Konflikt im Nahen Osten. Dazu der Klimawandel, Lieferengpässe, immer dramatischeres Artensterben, Hungersnöte in Afrika und anderswo. Mittlerweile scheint Krise die neue Normalität zu sein und viele Experten meinen, dass sich daran so schnell nichts ändern werde. Wir leben in einer multiplen Krise. Verständlich, dass da viele Immobilien kaufen wollten und wollen. Die gelten schließlich als sicherer Hafen, was auch eine starke emotionale Komponente hat. In einem Haus aus Stein, Beton oder auch Holz kann man zum einen so manche Krise aussitzen, hier ist man nicht von einem Vermieter abhängig und niemand kann einem wegen Eigenbedarf kündigen.

Bei vielen meiner Kunden zeichnet sich dieses Bild ab. Astrid, 55 Jahre, hat als selbstständige Web-Designerin erfahren, wie schwierig die Wohnungssuche in Deutschland sein kann. Als sie einmal wegen einer Krankheit weniger verdiente, wollte sie ihr Loft gegen ein Zwei-Zimmer-Apartment eintauschen. Sollte kein Problem sein, oder? War es in München aber absolut. Die potenziellen Vermieter fragten nach fixen Aufträgen, nach ihren Steuerbescheiden. Das eine hatte Astrid nicht zu bieten und die Bilanzen der letzten drei Jahre waren eher wenig prickelnd. Ergebnis: Sie hätte weit weg von der Stadt aufs Land ziehen müssen, für sie als Kulturmensch undenkbar. Ihre Lösung sah deshalb so aus: Astrid kratzte ihre Rücklagen zusammen und kaufte sich kurzerhand eine Wohnung. Für mehr als ein Zimmer reichte das Geld zwar nicht, doch nun hatte sie eine Bleibe, die ihr niemand nehmen konnte. Astrid hat das Gefühl, dass die eigenen vier Wände sie beschützen.

Das Gefühl der Unabhängigkeit kann trügerisch sein

Ähnlich wie Goldbarren im Safe zu Hause oder im Tresor der Bank beruhigen eigene Immobilien offenbar viele Menschen. Sie brauchen sich damit nicht mehr um die steigenden Mieten zu kümmern – um den Anstieg der Wohnnebenkosten allerdings schon. Und sie fühlen sich damit ein Stück weit unabhängig von den Turbulenzen auf den Finanzmärkten. Das sind sie auch insofern, als hinter ihrem Häuschen oder ihrer Penthouse-Wohnung keine Unternehmen stehen, bei denen vielleicht schon im nächsten Monat der Umsatz einbricht oder die sogar bankrott gehen können. Mit einer Aktie als Investment haben Sie zudem immer nur einen verschwindend kleinen Anteil an einem Unternehmen gekauft, eine Immobilie gehört Ihnen – und nur Ihnen. Wollen Sie sie verkaufen, müssen Sie das nicht zu einem Preis tun, der Ihnen wie bei einer Aktie vorgegeben wird, sondern Sie verhandeln mit den potenziellen Käufern. Auch das gibt Ihnen ein Gefühl von Freiheit.

All das sollte jedoch niemanden davon abhalten, das Thema auch rational zu betrachten. Ein Immobilienkauf bedeutet immer ein großes Risiko. Zum einen können Sie als Laie niemals den Zustand bis ins kleinste Detail beurteilen und auch Sachverständige haben sich schon geirrt. Jeder kennt jemanden, der jemanden kennt, der ein Haus gekauft hat, welches sich im Nachhinein als viel renovierungsbedürftiger herausstellte als angenommen. Feuchte Keller, nicht sofort erkennbarer Schimmel im Bad, undichte Leitungen und so weiter sind Dinge, die man oft erst bemerkt, wenn der Vertrag bereits unterschrieben ist.

Dazu kommen weitere finanzielle Risiken: Zwar gibt es jede Menge Statistiken zu den Quadratmeterpreisen – vielleicht differenziert nach Neubau und Altbau oder auch nach Stadtteilen. Doch das sind eben nur Durchschnittswerte und niemand weiß, wie viel Sie bei einem Verkauf wirklich bekommen. Was Liebhaber von Immobilien begeistert, kann auch als Nachteil betrachtet werden: Jedes Haus, jede Wohnung ist ein Unikat. Obwohl sie das Image haben, den Eigentümer quasi gegen die Geldentwertung zu versichern, lautet die Wahrheit: Mit dem Wertzuwachs einer Immobilie gleicht man keinesfalls immer die Inflation aus!

Heißt es nicht »My home is my castle«? Wir werden noch darauf eingehen, dass dies so nicht unbedingt und für alle Zeiten gilt. Ihre »Burg« steht eben nicht auf dem Mond oder dem Mars. Sie müssen die gesetzlichen Vorgaben befolgen und da dürfte einiges auf Sie zukommen, wenn Sie ein Haus oder eine Wohnung besitzen. Es wäre nicht das erste Mal in der Geschichte, dass Immobilieneigentümer zur Kasse gebeten werden, um die Folgen diverser Krisen mitzutragen. Dazu kommen wahrscheinlich eine Reihe von Vorschriften zur Sanierung, weil sich anders die Klimaschutzziele nicht erreichen lassen. Das Gebäudeenergiegesetz werden wir noch ausführlich behandeln.

I.2. Hohe Nachfrage und zu wenig Neubau

Wie bei allen Produkten und Dienstleistungen gilt auch bei Immobilien das Gesetz von Angebot und Nachfrage. Wir haben uns schon damit beschäftigt, warum die Nachfrage stark gestiegen ist: Haupttreiber waren das billige Geld, also die supergünstigen Kredite, sowie der Wunsch, sein Vermögen in – wenn auch nur scheinbare – Sicherheit zu bringen. Wäre allerdings das Angebot groß genug, hätten wir dennoch stabile Preise. Das allerdings ist es nicht. Seit langer Zeit beobachten wir einen Mangel an Wohnraum und zu wenig Neubau. Zwar hat die Politik das Problem erkannt und steuert gegen, doch bisher konnte die Wohnungsnot vor allem in den Ballungszentren kaum gelindert werden.

Woran liegt das? Die Zahl der Genehmigungen für neue Wohnungen war 2021 mit 380.700 so hoch wie niemals sonst in den letzten zwei Jahrzehnten. Im Jahr 2022 allerdings wurden in Deutschland lediglich 354.400 Wohnungen genehmigt und damit 6,9 Prozent weniger als im Vorjahr. Weniger waren es mit 346.800 zuletzt 2018 gewesen. Einen besonders starken Einbruch hat es bei Ein- und Zweifamilienhäusern gegeben.6 Die Lage verschärft sich noch deutlich, wenn wir auf 2023 schauen: Im ersten Halbjahr wurden mit 135.200 Wohnungen sage und schreibe 27,2 Prozent weniger genehmigt als im selben Zeitraum des Jahres 2022.7

Okay, zwar ein Rückgang, aber das ist doch trotzdem ziemlich viel neuer Wohnraum? Nun, die aktuellen Zahlen sind weit vom Ziel der Bundesregierung entfernt, die 400.000 neue Wohnungen pro Jahr bauen lassen wollte. Vor allem aber: Eine genehmigte Wohnung existiert nur auf dem Papier beziehungsweise als digital gespeichertes Dokument. Man kann nicht in sie einziehen, sie nicht mieten, sie nicht kaufen. Den Markt entlastet daher nur, was tatsächlich gebaut wird – und hier kommt die Baubranche nicht hinterher, die Genehmigungen »abzuarbeiten«. Der sogenannte Bauüberhang, das ist die Differenz zwischen der Zahl der genehmigten und der fertiggestellten Wohnungen, wächst seit 2015 deutlich an. Ende 2021 waren es über 800.000 Einheiten.8 Im Jahr 2022 stieg diese Zahl sogar auf 884.800 an.9

So sind die Ergebnisse der Analysen des ifo Instituts (Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V.) nicht überraschend: Danach dürften in ganz Deutschland bis Ende 2023 lediglich 245.000 neue Wohnungen in neuen Wohngebäuden fertiggestellt werden. 2024 sollen es sogar nur 210.000 und im Jahr 2025 lediglich 175.000 sein. Addiert man hierzu die übrigen Fertigstellungen in alten Wohngebäuden kommt man auf 200.000 neue Wohneinheiten im Jahr 2025.10 200.000! Das ist exakt die Hälfte der avisierten 400.000. Sie können sich ausmalen, was das für den Wohnungsmarkt bedeutet – und wie es insbesondere Mieter mit wenig Einkommen treffen wird, die jetzt schon in Ballungsräumen nahezu chancenlos sind.

Grafik 1: Fertiggestellte Wohnungen von 2001 bis 2022 (Quelle: Statistisches Bundesamt)

Mangel wird zur Wachstumsbremse

Warum aber ist das so? Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Unternehmen, das Hundefutter produziert. Wenn immer mehr Menschen Ihr Produkt nachfragen, was würden Sie dann tun? Klar, Sie würden mehr und mehr von ihrer offenbar sehr beliebten Kreation herstellen, die bei Hunden und ihren Besitzern so gut ankommt. Vielleicht werden Sie dann bald merken, dass Ihre Produktionskapazitäten nicht ausreichen. Sie haben zu wenig Maschinen und zu wenig Mitarbeiter, die sie bedienen können. Auch kommen Ihre Zulieferer nicht hinterher, sie können nicht genügend der nötigen Zutaten anbieten. Okay, sagen Sie sich, Sie haben schon bisher schwarze Zahlen geschrieben, mit noch mehr Umsatz wird der Gewinn sicher steigen. Also investieren Sie, bauen eine neue Halle auf dem Unternehmensgelände, stellen eine Reihe von Fachkräften ein, schließen Verträge mit weiteren Zulieferern ab.

So oder so ähnlich hat es bisher in so gut wie allen Branchen funktioniert. Von dem, was vermehrt gebraucht wird, ist einfach mehr produziert worden. Dienstleister, die stärker nachgefragt werden, haben ihr Angebot ebenfalls ausgeweitet. Mittlerweile allerdings kommt diese Entwicklung an ihre Grenzen und das hat zwei wesentliche Gründe. Zum einen ist da der Fachkräftemangel, von dem schon viele Jahre geredet wird, der jedoch erst jetzt so richtig sichtbar und fühlbar wird. Im Handwerk, in der IT, in der Gastronomie und in zahlreichen anderen Branchen suchen Arbeitgeber händeringend nach Azubis und fertig ausgebildeten Kräften, sie werben sich die wenigen Interessenten gegenseitig ab und gehen immer häufiger leer aus. Waren einst fehlende Aufträge die Wachstumsbremse, ist es nun oft das Fehlen geeigneter Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Langsamer und komplexer: Genehmigungen

Und auf dem Bau? Da ist es genauso. Häufig wurden die Bürokraten dafür gescholten, dass es zu wenig Wohnraum in Deutschland gibt. Und ja, eine Baugenehmigung ist immer noch etwas, wofür man starke Nerven braucht. Monate können ins Land gehen, bis sie erteilt wird. Allein all die Gutachten, die für den Bau eines keineswegs extravaganten, sondern ganz normalen Hauses erstellt werden müssen, ergeben seitenlange Abhandlungen – über Lärmschutz, Klimaschutz, Brandschutz, Naturschutz et cetera. Nach und nach sind immer weitere Anforderungen hinzugekommen, die Materie ist komplexer geworden. Das alles sind notwendige Untersuchungen, ob allerdings die Analyse dieser Dinge wirklich derart lange dauern muss, ist eine viel diskutierte und meist mit einem Nein beantwortete Frage.

Mittlerweile lässt sich der Schwarze Peter allerdings nicht mehr allein den Baubehörden zuschieben. Wenn viele Hunderttausend genehmigte Wohnungen nicht realisiert worden sind, liegt anderswo etwas im Argen. Warum also stürzen sich die Bauträger nicht auf den Berg genehmigter Wohnungen, die sie bauen könnten? Fehlende Nachfrage kann es nicht sein, denn vor allem in den großen, wirtschaftlich prosperierenden Städten ist die Nachfrage nach Wohnraum hoch. Wir sind also nicht nur weit entfernt vom Ziel, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu schaffen: Das wirklich verfügbare Angebot wächst noch viel langsamer, als es die Zahl der Genehmigungen suggeriert.

Teures Baumaterial, keine Bauarbeiter

Wenn es um die Suche nach den Gründen geht, wird immer wieder darauf verwiesen, dass die Braubranche kaum noch Bauplaner und Facharbeiter findet. Der demografische Wandel, also die Überalterung unserer Gesellschaft lässt grüßen, aber körperlich anstrengende Jobs sind auch nicht mehr die, in welche junge Menschen drängen. Zudem verschärfen sich die seit Beginn der Coronapandemie aufgetretenen Engpässe bei vielen Materialien durch den Krieg in der Ukraine weiter. Anfang 2022 schien sich die Lage zu entspannen, dann führten die Sanktionen gegenüber Russland zu explodierenden Preisen – zum Beispiel bei Beton, Metallen und Holz oder auch Farben.

Laut Statistischem Bundesamt hatten sich Baustoffe schon 2021 so stark verteuert wie seit 1949 nicht mehr.11 Im Jahr 2022 setzte sich der Trend fort: Flachglas, wichtig für Fenster und Glastüren, plus 49,3 Prozent gegenüber 2021, Stahl je nach Art plus 32,2 bis 40,4 Prozent.12 Und das Jahr 2023 setzte teilweise noch mal eins obendrauf: Für Zement etwa musste man im ersten Halbjahr 41,7 Prozent mehr hinlegen als im ersten Halbjahr 2022. Bei anderen Baustoffen kam es in diesem Zeitraum zu einem Rückgang, bei Bauholz etwa um 18,6 Prozent. Das Niveau blieb allerdings größtenteils hoch.13

Interessant ist dabei, was allein negative Erwartungen anrichten. Auch wenn ein Baustoff noch in ausreichender Menge verfügbar ist, treibt die Angst vor einem künftigen Mangel die Preise. Auf jeden Fall ist Bauen drastisch teurer geworden. Schon 2021 kostete ein Neubau im Schnitt 9,1 Prozent mehr als im Jahr davor – etwa das Doppelte der damaligen allgemeinen Inflationsrate.14 Im November 2022 war der Neubau von Wohngebäuden laut Statistischem Bundesamt gar 16,9 Prozent teurer als im selben Monat des Vorjahres,15 im Februar 2023 betrug der Anstieg 15,1 Prozent gegenüber Februar 2022.16

Diese Zahlen sprechen für sich und die Preisexplosion hat sicher dazu beigetragen, dass sich die Immobilienblase weiterhin aufbläht. Vor allem seit Februar 2022 wirken zudem die enorm gestiegenen Energiekosten in der Baubranche. Schließlich steckt Energie in allen Materialien, die auf dem Bau verwendet werden, und in manchen sehr viel davon. Dazu kommen teils lange Transportwege, die aufgrund der hohen Spritpreise ebenfalls die Kosten hochtreiben. 2023 kam es zwar zu einer Entspannung bei den Energiekosten, doch sie bewegten sich nach wie vor deutlich über dem Niveau vor der Energiekrise.

Inzwischen eher Auftragsflaute

Ob es die Preise für die Baumaterialien sind oder die inzwischen hohen Bauzinsen: Im Jahr 2022 verzeichnete das Baugewerbe beim Neugeschäft für Wohnungsbau ein preisbereinigtes Minus von 15,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr.17 Im Juli 2023 klagten 40,3 Prozent der Unternehmen über Auftragsmangel im Wohnungsbau.18 Und die Branche rechnet mit einer weiteren Verschlechterung und stagnierenden Beschäftigtenzahlen. Viele Menschen spüren das bereits dadurch, dass sie nicht mehr so lange auf eine Baufirma warten müssen, wenn sie denn einen Auftrag vergeben wollen. Zwar fehlen weiterhin Fachkräfte – etwa für den Einbau von Wärmepumpen –, doch es wird auch schon der sogenannte Gastro-Effekt befürchtet: Während der Coronakrise in der Gastronomie entlassenes Personal war oft für immer weg!

Der alteingesessene Dachdecker-Betrieb Müller im Hamburger Umland steht vor genau diesem Problem: Jahrelang lief es super, man dachte sich kreative Werbung für Social Media aus, um neue Mitarbeiter zu gewinnen. Jetzt aber stellen viele Bauherren ihre Vorhaben zurück, weil sie schlicht nicht mehr das Geld dafür haben. Bevor am Essengehen oder am Urlaub gespart wird, wartet man lieber mit dem Hausbau, wenn man dafür überhaupt noch ein Grundstück bekommt – zu dem Thema kommen wir gleich noch. Und auch Investoren sagen viele Projekte wegen der hohen Zinsen und Baukosten ab. Geschäftsführer Müller denkt an Kurzarbeit. Entlassen möchte er die mit so viel Aufwand gewonnenen Mitarbeiter nämlich nicht.

Bauland als knappes Gut

Hohe Zinsen, teure Materialien: Das ist leider noch nicht alles. Ein weiterer Kostentreiber ist die Verknappung von Bauland. Schließlich sind Immobilienpreise immer eine Kombination aus dem, was Sie für den Hausbau selbst zahlen müssen, sowie dem, was der Grund und Boden kostet. Vor allem deshalb ist es erheblich teurer, etwa im Münchner Umland zu kaufen als auf dem platten Land in Mecklenburg-Vorpommern. Dort, wo sich viele Menschen drängen, dort, wo es eine hervorragende Infrastruktur gibt, wo zahlreiche Arbeitsplätze vorhanden sind, dort wollen die Menschen hin. Grund und Boden aber lässt sich nicht vermehren. Man kann ihn nicht produzieren, also auch keine Produktion ausweiten, um die Nachfrage zu decken.

Im Gegenteil: In den letzten Jahren stieg sozusagen die Konkurrenz in Sachen Boden. Stärker ökologisch ausgerichtete Landwirtschaft braucht mehr Fläche, um dieselben Erträge zu erzielen wie ihre konventionell wirtschaftenden Kollegen. Die Herstellung von Biosprit frisst ebenso Fläche wie Windenergieparks oder auch Freiflächen-Solaranlagen, die stark ausgebaut werden sollen. Für Wind will die aktuelle Bundesregierung 2 Prozent der gesamten Fläche Deutschlands ausweisen! Gleichzeitig ist der Artenschutz mehr und mehr Thema und auch der braucht vor allem eines: viele Quadratmeter!

Im Jahr 2000 zahlte man für baureifes Land in Deutschland durchschnittlich 76 Euro pro Quadratmeter, im Jahr 2010 waren es 130 Euro, 2020 bereits 199 Euro und im Jahr 2021 satte 225 Euro.19 Baureif ist ein Grundstück, für das es einen Bebauungsplan gibt und auf dem Baurecht besteht. Natürlich sind die regionalen Unterschiede sehr groß. Im ländlichen Raum ist es billiger, im urbanen wegen des dortigen Platzmangels teurer: Am tiefsten in die Tasche greifen musste man für baureifes Land im Jahr 2021 mit 1.077 Euro pro Quadratmeter im Stadtstaat Hamburg, am günstigsten war es in den ostdeutschen Flächenländern Thüringen und Sachsen-Anhalt sowie in Bremen. Die Flächenknappheit wird zumindest in den Ballungsräumen bleiben, was für langfristig steigende Preise spricht (siehe Kapitel IV.7.).20

Wohnen auf immer größerem Fuß

Wenn wir dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt nachgehen, dann müssen wir auch einen Blick auf unsere Ansprüche in Sachen Wohnen, sprich auf die Zahl der Quadratmeter werfen, die der Einzelne bewohnt. Gab es früher Großfamilien, die in drei Zimmern lebten, tut das heute so gut wie niemand mehr, der es nicht aus finanziellen Gründen muss. Die Zahl der Single-Haushalte ist über die Jahre angestiegen und Singles brauchen genauso eine Küche, ein Bad, ein Schlaf- und ein Wohnzimmer wie ein Paar. Zudem bleiben heute mehr Ältere länger als früher in ihrer eigenen Wohnung, statt zum Beispiel zu den Kindern oder in nur ein Zimmer in einer Pflegeeinrichtung zu ziehen.

Das sind Entwicklungen, die wir alle kennen und die sich ganz deutlich in Zahlen widerspiegeln: 1991 beanspruchte von den in Wohnungen lebenden Einwohnern Deutschlands der Einzelne laut Statista durchschnittlich 34,9 Quadratmeter Wohnfläche. Bis zur Jahrtausendwende war dieser Wert auf 39,5 Quadratmeter gestiegen. 2010 waren es schon 45 und 2021 gar 47,7 Quadratmeter. Klingt vielleicht nach gar nicht so viel, aber es ist eine Zunahme um knapp 37 Prozent in 30 Jahren.21 Schon ohne dies genau auszurechnen, können wir uns ausmalen, was das für die Anzahl der benötigten Wohnungen in Deutschland bedeutet. Natürlich gibt es auch dazu Statistiken: Ende 1991 hatte das Land laut Statistischem Bundesamt 426 Wohnungen pro 1.000 Einwohner zu bieten, Ende 2021 waren es 518.22 Ein starker Anstieg? Nun, immerhin einer von circa 22 Prozent in 30 Jahren, doch das ist zu wenig, da der Bedarf an Wohnraum im selben Zeitraum um mehr als das Eineinhalbfache gewachsen ist.

Wachsende Bevölkerung

Dass die meisten Menschen immer mehr Wohnraum brauchen, beziehungsweise wollen, wäre kein Problem, wenn die Einwohnerzahl insgesamt niedriger wäre. Doch obwohl es schon vor vielen Jahren Prognosen gegeben hat, nach denen die deutsche Bevölkerung schrumpfen, gar aussterben würde, ist die Einwohnerzahl nicht gesunken. Nehmen wir wieder den Zeitraum von 1991 bis 2021, so haben wir einen Anstieg von 80,27 Millionen auf 83,24 Millionen – immerhin um 3,7 Prozent.23 Ende 2022 lebten 84,5 Millionen Menschen in Deutschland24 und die Nettozuwanderung war 2022 viermal so hoch wie 2021.