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Im Wald zu sein, tut Körper und Geist gut. Das spüren wir – und das ist auch wissenschaftlich belegt. Japanische Ärzte nennen es "Shinrin Yoku": Baden im Wald. Doch was genau ist so heilsam daran? Die zertifizierte Entspannungs- und Stressmanagement-Therapeutin Esther Winter verrät, warum uns der Wald so gut tut, wie wir dort am besten entspannen, achtsam auf unsere fünf Sinne hören – und uns den Wald auch mal nach Hause holen können.
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Seitenzahl: 104
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Esther Winter
Entspannung lernen – Achtsamkeit üben
Fotografie: Ingold Hatz & Julia Hildebrand
Vorwort
Waldbaden – eine Einführung
Wie funktioniert „Waldbaden”?
Die Heilkraft des Waldes
Die Heilkräfte einzelner Baumarten
Birke
Buche
Eibe
Eiche
Fichte
Kiefer
Lärche
Linde
Pappel
Tanne
Waldbaden in der Praxis: die Übungen
Der Einstieg in ein entspanntes Leben
Übungen zur Achtsamkeit
Die Fünf-Sinne-Übung: Riechen / Atmen
Die Fünf-Sinne-Übung: Sehen
Die Fünf-Sinne-Übung: Fühlen
Die Fünf-Sinne-Übung: Hören
Die Fünf-Sinne-Übung: Schmecken
Die Fünf-Sinne-Übung: Alle Sinne zusammen
Mit Kindern im Wald
Nachts im Wald
Körper und Seele
Körper und Seele – eine Einführung
Körperwahrnehmungsübung
Atemübung
Farbmeditation
Übungen aus dem Tai Chi / Qui Gong
Die Übungen im Alltag nutzen
Ätherische Öle und Düfte
Ätherische Öle und Düfte – Eine Einführung
Verschiedene „Walddüfte” und ihre Wirkung
Douglasfichte
Latschenkiefer
Weißtanne
Zeder
Zirbelkiefer
Zypresse
Praktische Tipps & weitere Rezepte
Mischungen mit Walddüften
Duftmeditation
Mein Waldtag zu Hause
Den Wald nach Hause holen
Ausblick und Fazit
Schlussbemerkung
Mein Waldtagebuch zum Eintragen
Vita und Dank der Autorin
Impressum und Bildnachweis
„In der lebendigen Natur geschieht nichts, was nicht in der Verbindung mit dem Ganzen steht.“
(J. W. von Goethe)
Die Sehnsucht des Menschen nach der Natur ist so alt wie der Mensch selbst. „Shinrin Yoku“, auf Deutsch „Waldbaden“, hat eine jahrzehntelange Tradition in Japan. Im Grunde bedeutet es schlicht, sich geraume Zeit achtsam und mit allen Sinnen der Natur zugewandt im Wald aufzuhalten und dabei die Heilkraft und die Energie des Waldes zu nutzen. Vor nicht allzu langer Zeit in der westlichen Welt noch als esoterische Eigenheit belächelt, findet die „Waldmedizin“ nun zunehmend Anklang und wird aktuell immer beliebter bei gestressten und burn-out-gefährdeten Menschen.
Für „Waldbaden“ gibt es keine starren Regeln – einfach einige Zeit im Wald verbringen, achtsam und entspannt, nicht mehr. Aber geht das so einfach? Überlegen Sie, wann Sie das letzte Mal im Wald waren. Nicht, um zu joggen, zu wandern oder ein anderes messbares Ziel zu verfolgen, sondern lediglich, um die Natur zu genießen. Schon länger her? Damit sind Sie nicht allein.
Wir gebrauchen den Wald als „Spielplatz“ unserer modernen Bewegungskultur und übersehen die Segnungen, die er uns schenkt. Der Aufenthalt im Wald ist kostenlos und für jedermann nutzbar. Aber Entspannung und Achtsamkeit gibt es nicht „frei Haus“, man muss üben und trainieren, wie wenn man ein neues Musikinstrument oder eine neue Sportart erlernt. Die Heilkräfte des Waldes, die wissenschaftlich hinreichend bewiesen sind, sind hierzu ein gutes Hilfsmittel und verstärken die Wirkung der Übungen. Nur durch Training kann man die wertvollen „Anti-Stress-Werkzeuge“ auch in hektischen Alltagssituationen jederzeit abrufen und nutzen.
In diesem Buch werde ich Ihnen Übungen und Anleitungen geben, wie Sie Schritt für Schritt zu mehr Entspannung und Wohlbefinden gelangen können. Also begleiten Sie mich auf meinem Weg durch den Wald, auf einem Weg zu sich selbst …
Das japanische Land- und Forstwirtschaftsministerium hat den Begriff „Shinrin Yoku“, was so viel bedeutet wie „ein Bad in der Atmosphäre des Waldes nehmen“, 1982 etabliert. Mittlerweile in Japan und auch in Südkorea als fester Bestandteil der Gesundheitsvorsorge angesehen, wird „Waldbaden“ von den Gesundheitsministerien als anerkannte Anti-Stress-Management-Methode gefördert. Und bereits seit 2012 existiert an japanischen Universitäten der Forschungszweig „Forest Medicine“, der die Wirkung des Waldes auf die menschliche Gesundheit untersucht. Die Wissenschaftler haben in verschiedenen Experimenten den gesundheitsfördernden Effekt des Aufenthaltes im Wald nachgewiesen. Beispielsweise wurde bei einer Studie mit 280 Teilnehmern die Hälfte der Gruppe für einige Stunden in den Wald geschickt, die andere Hälfte in die Stadt. In der anschließenden Untersuchung der Gruppen wurde festgestellt, dass die Waldgänger deutlich niedrigere Blutdruckwerte, einen niedrigeren Puls und einen auffallend niedrigen Stresshormonspiegel im Vergleich zu den Stadtbesuchern vorwiesen. „Waldbaden“ ist in Japan heute überaus populär und bereits ein einfacher Waldspaziergang wird als „Shinrin Yoku“ bezeichnet.
Die wichtigste Regel ist, dass es keine festen Regeln gibt. Es gibt kein Ankommen an einem definierten Ziel, es zählt einzig der jeweilige Augenblick. Es bedeutet nicht, viele Kilometer zu absolvieren oder ein hohes Gehtempo einzuhalten. Es bedeutet auch nicht, einen Waldlehrpfad zu absolvieren und die einzelnen Bäume und Pflanzen richtig benennen zu können. Im Vordergrund steht die bewusste und intensive Wahrnehmung der Natur, der Atmosphäre sowie die Wahrnehmung seiner selbst. Alle Sinne sollen sowohl im Einzelnen als auch zusammen aktiviert werden. Das einzige Ziel ist Entspannung und Achtsamkeit! Klingt eigentlich ganz einfach, oder? In meiner Praxis bei der Arbeit mit unterschiedlichen Klienten, ungeachtet des Geschlechts oder Alters, musste ich aber sehr oft feststellen, dass die wenigsten von sich aus achtsam und entspannt sein können. Zwar gehen nicht wenige regelmäßig zu Kursen in Yoga, Autogenem Training oder Progressiver Muskelentspannung, kaufen sich Ratgeber zu den Themen oder hören abends im Bett noch eine Meditations-CD, dennoch können die wenigsten diese Entspannungstechniken in stressigen Alltagssituationen einsetzen und nutzen. Die meisten meiner Klienten erleben eine richtige Tiefenentspannung das erste Mal bei einer geführten Entspannung wie beispielsweise einer Hypnose.
Aus diesem Grund habe ich eine Methode entwickelt, die aus vielen verschiedenen Entspannungstechniken das Beste und Wirkungsvollste herausfiltert und Ihnen einen „Anti-Stress-Werkzeugkoffer“ an die Hand gibt. Wenn Sie die einzelnen Komponenten trainieren und üben, können Sie diese in jeder Situation abrufen. Ob bei Schlafstörungen, im Berufsalltag, beim Umgang mit schwierigen Mitmenschen oder anderen Momenten, in denen Sie eine Form von „Entstressung“ benötigen. Trainieren bedeutet in der Tat echtes Training: Es reicht nicht, alle paar Wochen mal wieder eine Übung zu absolvieren. Wie beim Erlernen einer neuen Sportart sollten Sie konsequent die Übungen aus diesem Buch täglich wiederholen, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen. Sie müssen nicht immer das volle Programm bewerkstelligen. Aber jeden Morgen eine Atemübung oder am Abend eine Körperübung sind zehn Minuten gut investierte Zeit in Ihre Entspannung und Gesundheit.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass bereits die Teilnahme an fest gebuchten Entspannungskursen Stress bedeuten kann. Wie im Job muss man zu einer festen Zeit an einem bestimmten Ort sein, um dort angekommen auf Kommando zu entspannen. Im Wald gibt es keine Öffnungszeiten, Sie müssen sich nicht anmelden und benötigen keinen Termin, um in den Wald zu gehen. Zudem verursacht der Waldbesuch keinerlei Kosten. Sie gehen eine bestimmte Zeit in Ihrem eigenen Rhythmus achtsam und entspannt durch den Wald, genießen die Eindrücke der Natur und lassen den Alltag hinter sich. Besonders spannend ist es, den Wald in den unterschiedlichen Jahreszeiten zu erleben. Jede Jahreszeit erzeugt eine andere Stimmung und eine gänzlich eigene Atmosphäre: Im Frühling erspürt man die bezaubernde, fröhlich stimmende Pracht der blühenden Laubbäume und das erwachende neue Leben. Im Sommer kann man sich der schwülen Hitze entziehen und in die angenehme Kühle des Waldes flüchten. Im Herbst wiederum hinterlassen fallende, bunte Blätter einen Hauch von Vergehen und Sterblichkeit. Im Winter verkörpert und unterstreicht der weiche Schnee die Stille, die durch das Fehlen von Zugvögeln und Insekten entsteht.
Die natürlichen Heilkräfte des Waldes wirken sich umfassend positiv auf unsere Gesundheit aus und verstärken die Wirkung der Übungen. Nehmen Sie sich die Zeit, um Ihre Entspannung und Achtsamkeit zu trainieren. Ihr erster Schritt in den Wald wird ein Schritt in ein entspannteres, stressfreieres und gesünderes Leben sein. Sie werden sich selbst dabei besser kennenlernen.
Unter Wissenschaftlern gilt es als erwiesen, dass der Aufenthalt im Wald eine heilende und gesunde Wirkung hat. Zahlreiche Studien belegen, dass bereits bei einer Aufenthaltsdauer von nur fünf Minuten eindeutig positive Effekte auf die Gesundheit messbar sind. Inzwischen gibt es Studiengänge zu „Waldmedizin“, Kurzentren bieten spezielle „Waldtherapien“ an und selbst Hotels haben das „Waldbaden“ in ihr Veranstaltungsportfolio übernommen. Die Erkenntnisse über die wirkungsvollen Heilkräfte des Waldes und der Natur sind jedoch keine Erfindung der heutigen Zeit.
Bereits Hildegard von Bingen (1098–1179) riet „Geh einfach ins Grün des Waldes und du wirst Heilung erfahren, allein indem du dort bist und atmest.“ Sie empfahl zur Stärkung der Augen eine Zeit lang auf einen naturgrünen Wald zu schauen. Auch der Psychiater Carl Gustav Jung (1875–1961) hat Naturerfahrungen in seinen therapeutischen Ansatz integriert und seinen Patienten empfohlen, sich regelmäßig vom „Alltagsschlamm der Zivilisation zu reinigen“, denn „nur in der Natur werden wir sauber“. Japans führender Wissenschaftler im Bereich der „Waldmedizin“, Yoshifumi Miyazaki (*1954), hat in Studien herausgefunden, dass sich Patienten im Krankenhaus schneller von einer Operation erholen, wenn sie von ihrem Krankenhausfenster aus auf Bäume statt auf Gebäude blicken. Ebenfalls hat er in Studien nachgewiesen, dass bereits das Betrachten von Baumbildern den Stresshormonspiegel im Blut um 13 Prozent senkt!
Bäume und Waldpflanzen verströmen heilende Duftstoffe.
Sie produzieren tausende chemischer Substanzen. Diese strömen aus den Poren der Blätter und Nadeln und haben die Aufgabe, Schädlinge abzuwehren sowie den Bäumen bei großer Hitze Abkühlung zu verschaffen. Eine Gruppe dieser Substanzen, die Terpene, riechen besonders intensiv. Sie sind ein Teil im Komplex der ätherischen Pflanzenöle. Insbesondere Nadelbäume verströmen diese Duftstoffe über ihre Nadeln. Bei Laubbäumen werden sie über die Blätter abgegeben. Die Terpene wirken kräftigend auf unser Immunsystem und erhöhen die Zahl und die Aktivität von körpereigenen Killerzellen, die der Mensch benötigt, um beispielsweise virusbefallene Zellen sowie Krebszellen zu bekämpfen. Nur durch den Aufenthalt im Wald können wir, ganz vereinfacht gesprochen, über unsere Hautporen und unsere Atmung diese heilkräftigen Killerzellen tanken. Zusätzliche senken die Terpene unseren Adrenalin- und Noradrenalingehalt im Blut und wirken somit stressabbauend.
Die im Wald lebenden Mikroorganismen regen das Immunsystem an.
Das Immunsystem profitiert davon, wenn es mit einer Vielzahl von Mikroben und Bakterien in Kontakt kommt, denn nur so kann es wirksame Abwehrkräfte gegen verschiedene Krankheitserreger aufbauen. Beschwerden wie Allergien oder eiternde Hautabschürfungen, aber auch schwere Erkrankungen wie chronische Darmentzündungen und Depressionen können nur durch einen funktionstüchtigen körpereigenen Abwehrmechanismus eingegrenzt und erfolgreich behandelt werden. Studien belegen deutlich, dass Stadtbewohner eine geringere Vielfalt an Mikroben aufweisen als Menschen, die auf dem Land oder zumindest in der Nähe einer Grünfläche wohnen. Das Immunsystem profitiert davon, wenn es mit unterschiedlichen Keimen konfrontiert wird.
Die Luft des Waldes enthält eine hohe Anzahl negativer Ionen.
Die Baumkronen werfen tiefe Schatten und über die Poren der Blätter und der Nadeln verdunstet fast unentwegt Wasser. Dadurch entsteht im Wald eine Art eigenes Klima. Es ist um einige Grad kühler als im urbanen Raum. Bedingt durch verschiedene chemische Prozesse, befinden sich in der Waldluft eine ausgesprochen hohe Anzahl negativer Ionen. Man vermutet, dass dies am hohen Grundwasserbedarf der Bäume liegt. Bei einem Spaziergang durch den Wald atmen wir diese negativen Ionen permanent ein. Viele Mediziner halten diese negativen Ionen für sehr gesundheitsfördernd. Sie sollen Kopfschmerzen lindern, den Blutdruck senken oder sich generell positiv auf das Wohlbefinden auswirken. Selbst Entzündungsprozesse vermag die spezielle Zusammensetzung der Luft abzumildern.
Zusammenfassend kann man sagen, dass ein Aufenthalt im Wald förderlich ist:
• zur Senkung des Blutdrucks,
• zum Abbau von Stresshormonen,
• zur Vermehrung der körpereigenen Killerzellen,
• zur Linderung von Kopfschmerzen,
• zum Eindämmen von Entzündungsprozessen im Körper
• und ganz generell zur Steigerung des Wohlbefindens.
Bei einer ernsthaften Erkrankung kann der Waldspaziergang selbstverständlich nicht den Gang zum Arzt oder eine medizinische Behandlung ersetzen. Als begleitende oder vorbeugende Maßnahme wird er jedoch von immer mehr Medizinern empfohlen.
„Bäume sind Gedichte, die die Erde in den Himmel schreibt.“
(Khalil Gibran)
Bäume haben seit jeher ganz besondere Bedeutung für uns Menschen und nehmen in der gesamten Menschheitsgeschichte eine besondere Rolle ein. Die aufrechte Gestalt der Bäume symbolisierte den Menschen mit aufrechtem Gang, sie galten als Verbindung zwischen Himmel (Baumkrone) und Erde (Wurzeln), Adam und Eva naschten die Früchte vom verbotenen Baum, bei den Kelten und Germanen wurden viele Bäume als heilig verehrt und im Mittelalter wurden erstmals Aufzeichnungen über die Heilkraft der Bäume und Sträucher verfasst, so maß Hildegard von Bingen der Baumheilkunde besondere Bedeutung bei.
Auf den nächsten Seiten erfahren Sie wissenswerte Details über die Beschaffenheit und besondere Eigenheiten einzelner Bäume. Natürlich können hier nicht alle in Deutschland und Nordeuropa vorkommenden Baumarten behandelt werden, aber eine Auswahl der am meisten verbreiteten Arten stelle ich Ihnen vor. Das Wissen um die Heilkräfte der zur Veranschaulichung ausgewählten Baumarten wurde zum großen Teil bereits über Jahrhunderte hinweg überliefert.
Um Verwechslungen vorzubeugen: Das „Waldbaden“ ist kein Waldlehrpfad. Sie müssen die Bäume nicht im Einzelnen benennen können, wenn Sie aber „Ihren“ ganz besonderen Baum bei den Übungen gefunden haben, können Sie diesen recht leicht identifizieren. Die folgenden Informationen sollen Ihnen die Eigenheiten und Vorzüge der einzelnen Baumarten nahebringen.
Botanischer Name:
Betula alba
Pflanzenfamilie:
Birkengewächse