Wallenstein - Friedrich Schiller - E-Book

Wallenstein E-Book

Friedrich Schiller

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Beschreibung

General Wallenstein hat es im Dienst des Kaisers zu höchstem Ruhm gebracht, doch dann wendet sich das Schicksal gegen ihn. Friedrich Schillers wortgewaltige Trilogie vom Aufstieg und Fall des berühmten Feldherrn im Dreißigjährigen Krieg ist das bedeutendste Historiendrama deutscher Sprache.

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Seitenzahl: 315

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Friedrich Schiller Wallenstein

Ein dramatisches Gedicht

Anaconda

Die Uraufführungen der Wallenstein-Trilogie fanden 1798–1799 am Weimarer Hoftheater unter der Theaterleitung von Johann Wolfgang von Goethe statt.

Wallensteins Lager – 12. Oktober 1798

Die Piccolomini – 30. Januar 1799

Wallensteins Tod – 20. April 1799

Der Text folgt hier der Ausgabe Friedrich Schiller: Sämtliche Werke.

Nationalausgabe. Band 8: Wallenstein. Weimar: Böhlau 1949. Orthografie und Interpunktion wurden unter Wahrung von Lautstand und grammatischen Eigenheiten auf neue Rechtschreibung umgestellt.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2019 Anaconda Verlag GmbH, Köln

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München.

Alle Rechte vorbehalten.

Covermotiv: Ludwig Ferdinand Schnorr von Carolsfeld

(1788–1853), »Porträt des Albrecht Wenzel Eusebius von Wallenstein

(1583–1634), Herzog von Friedland und Mecklenburg und Prinz von

Sagan« (1823), nach einem Gemälde von Anton van Dyck (1599–1641),

Bridgeman Images

Umschlaggestaltung: www.katjaholst.de

Satz und Layout: Fotosatz Amann, Memmingen

ISBN 978-3-641-29991-0V002

www.anacondaverlag.de

[email protected]

Inhalt

Wallensteins Lager

Die Piccolomini

Wallensteins Tod

Wallensteins Lager

Prolog

Gesprochen bei Wiedereröffnung der Schaubühne in Weimar im Oktober 1798

Der scherzenden, der ernsten Maske Spiel,

Dem ihr so oft ein willig Ohr und Auge

Geliehn, die weiche Seele hingegeben,

Vereinigt uns aufs neu in diesem Saal –

Und sieh! er hat sich neu verjüngt, ihn hat

Die Kunst zum heitern Tempel ausgeschmückt,

Und ein harmonisch hoher Geist spricht uns

Aus dieser edeln Säulenordnung an,

Und regt den Sinn zu festlichen Gefühlen.

Und doch ist dies der alte Schauplatz noch,

Die Wiege mancher jugendlichen Kräfte,

Die Laufbahn manches wachsenden Talents.

Wir sind die Alten noch, die sich vor euch

Mit warmem Trieb und Eifer ausgebildet.

Ein edler Meister stand auf diesem Platz,

Euch in die heitern Höhen seiner Kunst

Durch seinen Schöpfergenius entzückend.

O! möge dieses Raumes neue Würde

Die Würdigsten in unsre Mitte ziehn,

Und eine Hoffnung, die wir lang gehegt,

Sich uns in glänzender Erfüllung zeigen.

Ein großes Muster weckt Nacheiferung

Und gibt dem Urteil höhere Gesetze.

So stehe dieser Kreis, die neue Bühne

Als Zeugen des vollendeten Talents.

Wo möcht es auch die Kräfte lieber prüfen,

Den alten Ruhm erfrischen und verjüngen,

Als hier vor einem auserlesnen Kreis,

Der rührbar jedem Zauberschlag der Kunst,

Mit leisbeweglichem Gefühl den Geist

In seiner flüchtigsten Erscheinung hascht?

Denn schnell und spurlos geht des Mimen Kunst,

Die wunderbare, an dem Sinn vorüber,

Wenn das Gebild des Meißels, der Gesang

Des Dichters nach Jahrtausenden noch leben.

Hier stirbt der Zauber mit dem Künstler ab,

Und wie der Klang verhallet in dem Ohr,

Verrauscht des Augenblicks geschwinde Schöpfung,

Und ihren Ruhm bewahrt kein daurend Werk.

Schwer ist die Kunst, vergänglich ist ihr Preis,

Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze,

Drum muss er geizen mit der Gegenwart,

Den Augenblick, der sein ist, ganz erfüllen,

Muss seiner Mitwelt mächtig sich versichern,

Und im Gefühl der Würdigsten und Besten

Ein lebend Denkmal sich erbaun – So nimmt er

Sich seines Namens Ewigkeit voraus,

Denn wer den Besten seiner Zeit genug

Getan, der hat gelebt für alle Zeiten.

Die neue Ära, die der Kunst Thaliens

Auf dieser Bühne heut beginnt, macht auch

Den Dichter kühn, die alte Bahn verlassend,

Euch aus des Bürgerlebens engem Kreis

Auf einen höhern Schauplatz zu versetzen,

Nicht unwert des erhabenen Moments

Der Zeit, in dem wir strebend uns bewegen.

Denn nur der große Gegenstand vermag

Den tiefen Grund der Menschheit aufzuregen,

Im engen Kreis verengert sich der Sinn,

Es wächst der Mensch mit seinen größern Zwecken.

Und jetzt an des Jahrhunderts ernstem Ende,

Wo selbst die Wirklichkeit zur Dichtung wird,

Wo wir den Kampf gewaltiger Naturen

Um ein bedeutend Ziel vor Augen sehn,

Und um der Menschheit große Gegenstände,

Um Herrschaft und um Freiheit wird gerungen,

Jetzt darf die Kunst auf ihrer Schattenbühne

Auch höhern Flug versuchen, ja sie muss,

Soll nicht des Lebens Bühne sie beschämen.

Zerfallen sehen wir in diesen Tagen

Die alte feste Form, die einst vor hundert

Und funfzig Jahren ein willkommner Friede

Europens Reichen gab, die teure Frucht

Von dreißig jammervollen Kriegesjahren.

Noch einmal lasst des Dichters Phantasie

Die düstre Zeit an euch vorüberführen,

Und blicket froher in die Gegenwart

Und in der Zukunft hoffnungsreiche Ferne.

In jenes Krieges Mitte stellt euch jetzt

Der Dichter. Sechzehn Jahre der Verwüstung,

Des Raubs, des Elends sind dahingeflohn,

In trüben Massen gäret noch die Welt,

Und keine Friedenshoffnung strahlt von fern.

Ein Tummelplatz von Waffen ist das Reich,

Verödet sind die Städte, Magdeburg

Ist Schutt, Gewerb und Kunstfleiß liegen nieder,

Der Bürger gilt nichts mehr, der Krieger alles,

Straflose Frechheit spricht den Sitten Hohn,

Und rohe Horden lagern sich, verwildert

Im langen Krieg, auf dem verheerten Boden.

Auf diesem finstern Zeitgrund malet sich

Ein Unternehmen kühnen Übermuts

Und ein verwegener Charakter ab.

Ihr kennet ihn – den Schöpfer kühner Heere,

Des Lagers Abgott und der Länder Geißel,

Die Stütze und den Schrecken seines Kaisers,

Des Glückes abenteuerlichen Sohn,

Der von der Zeiten Gunst emporgetragen,

Der Ehre höchste Staffeln rasch erstieg,

Und ungesättigt immer weiter strebend,

Der unbezähmten Ehrsucht Opfer fiel.

Von der Parteien Gunst und Hass verwirrt

Schwankt sein Charakterbild in der Geschichte,

Doch euren Augen soll ihn jetzt die Kunst,

Auch eurem Herzen, menschlich näherbringen.

Denn jedes Äußerste führt sie, die alles

Begrenzt und bindet, zur Natur zurück,

Sie sieht den Menschen in des Lebens Drang

Und wälzt die größre Hälfte seiner Schuld

Den unglückseligen Gestirnen zu.

Nicht er ists, der auf dieser Bühne heut

Erscheinen wird. Doch in den kühnen Scharen,

Die sein Befehl gewaltig lenkt, sein Geist

Beseelt, wird euch sein Schattenbild begegnen,

Bis ihn die scheue Muse selbst vor euch

Zu stellen wagt in lebender Gestalt,

Denn seine Macht ists, die sein Herz verführt,

Sein Lager nur erkläret sein Verbrechen.

Darum verzeiht dem Dichter, wenn er euch

Nicht raschen Schritts mit einem Mal ans Ziel

Der Handlung reißt, den großen Gegenstand

In einer Reihe von Gemälden nur

Vor euren Augen abzurollen wagt.

Das heutge Spiel gewinne euer Ohr

Und euer Herz den ungewohnten Tönen,

In jenen Zeitraum führ es euch zurück,

Auf jene fremde kriegerische Bühne,

Die unser Held mit seinen Taten bald

Erfüllen wird.

Und wenn die Muse heut,

Des Tanzes freie Göttin und Gesangs,

Ihr altes deutsches Recht, des Reimes Spiel,

Bescheiden wieder fordert – tadelts nicht!

Ja danket ihrs, dass sie das düstre Bild

Der Wahrheit in das heitre Reich der Kunst

Hinüberspielt, die Täuschung, die sie schafft,

Aufrichtig selbst zerstört und ihren Schein

Der Wahrheit nicht betrüglich unterschiebt,

Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst.

Personen

KONSTABLER

SCHARFSCHÜTZEN

ZWEI HOLKISCHE REITENDE JÄGER

BUTTLERISCHE DRAGONER

ARKEBUSIERE vom Regiment Tiefenbach

KÜRASSIER von einem lombardischen

KROATEN

ULANEN

REKRUT

BÜRGER

BAUER

BAUERKNABE

KAPUZINER

SOLDATENSCHULMEISTER

MARKETENDERIN

EINE AUFWÄRTERIN

SOLDATENJUNGEN

HOBOISTEN

Vor der Stadt Pilsen in Böhmen.

Erster Auftritt

Marketenderzelte, davor eine Kram- und Trödelbude. Soldaten von allen Farben und Feldzeichen drängen sich durcheinander, alle Tische sind besetzt. Kroaten und Ulanen an einem Kohlenfeuer kochen, Marketenderin schenkt Wein, Soldatenjungen würfeln auf einer

Trommel, im Zelt wird gesungen.

Ein Bauer und sein Sohn.

BAUERKNABE. Vater, es wird nicht gut ablaufen,

Bleiben wir von dem Soldatenhaufen.

Sind Euch gar trotzige Kameraden;

Wenn sie uns nur nichts am Leibe schaden.

BAUER. Ei was! Sie werden uns ja nicht fressen,

Treiben sies auch ein wenig vermessen.

Siehst du? sind neue Völker herein,

Kommen frisch von der Saal und dem Main,

Bringen Beut mit, die rarsten Sachen!

Unser ists, wenn wirs nur listig machen.

Ein Hauptmann, den ein andrer erstach,

Ließ mir ein Paar glückliche Würfel nach.

Die will ich heut einmal probieren,

Ob sie die alte Kraft noch führen.

Musst dich nur recht erbärmlich stellen,

Sind dir gar lockere, leichte Gesellen,

Lassen sich gerne schöntun und loben,

So wie gewonnen, so ists zerstoben.

Nehmen sie uns das Unsre in Scheffeln,

Müssen wirs wieder bekommen in Löffeln;

Schlagen sie grob mit dem Schwerte drein,

So sind wir pfiffig und treibens fein.

(Im Zelt wird gesungen und gejubelt.)

Wie sie juchzen – dass Gott erbarm!

Alles das geht von des Bauern Felle.

Schon acht Monate legt sich der Schwarm

Uns in die Betten und in die Ställe,

Weit herum ist in der ganzen Aue

Keine Feder mehr, keine Klaue,

Dass wir für Hunger und Elend schier

Nagen müssen die eignen Knochen.

Wars doch nicht ärger und krauser hier,

Als der Sachs noch im Lande tät pochen.

Und die nennen sich Kaiserliche!

BAUERKNABE. Vater, da kommen ein paar aus der Küche,

Sehen nicht aus, als wär viel zu nehmen.

BAUER. Sind Einheimische, geborene Böhmen,

Von des Terschkas Karabinieren,

Liegen schon lang in diesen Quartieren.

Unter allen die Schlimmsten just,

Spreizen sich, werfen sich in die Brust,

Tun, als wenn sie zu fürnehm wären,

Mit dem Bauer ein Glas zu leeren.

Aber dort seh ich die drei scharfe Schützen

Linker Hand um ein Feuer sitzen,

Sehen mir aus wie Tiroler schier.

Emmerich, komm! An die wollen wir,

Lustige Vögel, die gerne schwatzen,

Tragen sich sauber und führen Batzen.

(Gehen nach den Zelten.)

Zweiter Auftritt

Vorige. Wachtmeister. Trompeter. Ulan.

TROMPETER. Was will der Bauer da? Fort, Halunk!

BAUER. Gnädige Herren, einen Bissen und Trunk,

Haben heut noch nichts Warmes gegessen.

TROMPETER. Ei, das muss immer saufen und fressen.

ULAN(mit einem Glase).

Nichts gefrühstückt? Da trink, du Hund!

(Führt den Bauer nach dem Zelte; jene kommen vorwärts.)

WACHTMEISTER(zum Trompeter).

Meinst du, man hab uns ohne Grund

Heute die doppelte Löhnung gegeben,

Nur dass wir flott und lustig leben?

TROMPETER. Die Herzogin kommt ja heute herein

Mit dem fürstlichen Fräulein –

WACHTMEISTER.Das ist nur der Schein.

Die Truppen, die aus fremden Landen

Sich hier vor Pilsen zusammenfanden,

Die sollen wir gleich an uns locken

Mit gutem Schluck und guten Brocken,

Damit sie sich gleich zufrieden finden,

Und fester sich mit uns verbinden.

TROMPETER. Ja, es ist wieder was im Werke!

WACHTMEISTER. Die Herrn Generäle und Kommendanten –

TROMPETER. Es ist gar nicht geheuer, wie ich merke.

WACHTMEISTER. Die sich so dick hier zusammenfanden –

TROMPETER. Sind nicht für die Langweil herbemüht.

WACHTMEISTER. Und das Gemunkel, und das Geschicke –

TROMPETER. Ja! Ja!

WACHTMEISTER. Und von Wien die alte Perücke,

Die man seit gestern herumgehn sieht,

Mit der guldenen Gnadenkette,

Das hat was zu bedeuten, ich wette.

TROMPETER. Wieder so ein Spürhund, gebt nur acht,

Der die Jagd auf den Herzog macht.

WACHTMEISTER. Merkst du wohl? sie trauen uns nicht,

Fürchten des Friedländers heimlich Gesicht.

Er ist ihnen zu hoch gestiegen,

Möchten ihn gern herunter kriegen.

TROMPETER. Aber wir halten ihn aufrecht, wir.

Dächten doch alle wie ich und Ihr!

WACHTMEISTER. Unser Regiment und die andern vier,

Die der Terschka anführt, des Herzogs Schwager,

Das resoluteste Korps im Lager,

Sind ihm ergeben und gewogen,

Hat er uns selbst doch herangezogen.

Alle Hauptleute setzt’ er ein,

Sind alle mit Leib und Leben sein.

Dritter Auftritt

Kroat mit einem Halsschmuck. Scharfschütze folgt. Vorige.

SCHARFSCHÜTZ.

Kroat, wo hast du das Halsband gestohlen?

Handle dirs ab! dir ists doch nichts nütz.

Geb dir dafür das Paar Terzerolen.

KROAT. Nix, nix! du willst mich betrügen, Schütz.

SCHARFSCHÜTZ. Nun! geb dir auch noch die blaue Mütz,

Hab sie soeben im Glücksrad gewonnen.

Siehst du? Sie ist zum höchsten Staat.

KROAT(lässt das Halsband in der Sonne spielen).

’s ist aber von Perlen und edelm Granat.

Schau, wie das flinkert in der Sonnen!

SCHARFSCHÜTZ(nimmt das Halsband).

Die Feldflasche noch geb ich drein,

(besieht es)

Es ist mir nur um den schönen Schein.

TROMPETER. Seht nur, wie der den Kroaten prellt!

Halbpart, Schütze, so will ich schweigen.

KROAT(hat die Mütze aufgesetzt).

Deine Mütze mir wohlgefällt.

SCHARFSCHÜTZ(winkt dem Trompeter).

Wir tauschen hier! Die Herrn sind Zeugen!

Vierter Auftritt

Vorige. Konstabler.

KONSTABLER(tritt zum Wachtmeister).

Wie ists, Bruder Karabinier?

Werden wir uns lang noch die Hände wärmen,

Da die Feinde schon frisch im Feld herum schwärmen?

WACHTMEISTER. Tuts Ihm so eilig, Herr Konstabel?

Die Wege sind noch nicht praktikabel.

KONSTABLER. Mir nicht. Ich sitze gemächlich hier;

Aber ein Eilbot ist angekommen,

Meldet, Regenspurg sei genommen.

TROMPETER. Ei, da werden wir bald aufsitzen.

WACHTMEISTER.

Wohl gar! Um dem Bayer sein Land zu schützen?

Der dem Fürsten so unfreund ist?

Werden uns eben nicht sehr erhitzen.

KONSTABLER. Meint Ihr? – Was Ihr nicht alles wisst!

Fünfter Auftritt

Vorige. Zwei Jäger. Dann Marketenderin. Soldatenjungen.

Schulmeister. Aufwärterin.

ERSTER JÄGER. Sieh! sieh!

Da treffen wir lustige Kompanie.

TROMPETER. Was für Grünröck mögen das sein?

Treten ganz schmuck und stattlich ein.

WACHTMEISTER. Sind Holkische Jäger, die silbernen Tressen

Holten sie sich nicht auf der Leipziger Messen.

MARKETENDERIN(kommt und bringt Wein).

Glück zur Ankunft, ihr Herrn!

ERSTER JÄGER. Was? der Blitz!

Das ist ja die Gustel aus Blasewitz.

MARKETENDERIN. I freilich! Und Er ist wohl gar, Mußjö,

Der lange Peter aus Itzehö?

Der seines Vaters goldene Füchse

Mit unserm Regiment hat durchgebracht

Zu Glücksstadt in einer lustigen Nacht. –

ERSTER JÄGER.

Und die Feder vertauscht mit der Kugelbüchse.

MARKETENDERIN. Ei! da sind wir alte Bekannte!

ERSTER JÄGER. Und treffen uns hier im böhmischen Lande.

MARKETENDERIN.

Heute da, Herr Vetter, und morgen dort –

Wie einen der raue Kriegesbesen

Fegt und schüttelt von Ort zu Ort,

Bin indes weit herum gewesen.

ERSTER JÄGER. Wills Ihr glauben! Das stellt sich dar.

MARKETENDERIN. Bin hinauf bis nach Temeswar

Gekommen, mit den Bagagewagen,

Als wir den Mansfelder täten jagen.

Lag mit dem Friedländer vor Stralsund,

Ging mir dorten die Wirtschaft zu Grund.

Zog mit dem Sukkurs vor Mantua,

Kam wieder heraus mit dem Feria,

Und mit einem spanischen Regiment

Hab ich einen Abstecher gemacht nach Gent.

Jetzt will ichs im böhmischen Land probieren,

Alte Schulden einkassieren –

Ob mir der Fürst hilft zu meinem Geld.

Und das dort ist mein Marketenderzelt.

ERSTER JÄGER. Nun, da trifft Sie alles beisammen an!

Doch wo hat Sie den Schottländer hingetan,

Mit dem Sie damals herumgezogen?

MARKETENDERIN.

Der Spitzbub! der hat mich schön betrogen.

Fort ist er! Mit allem davongefahren,

Was ich mir tät am Leibe ersparen.

Ließ mir nichts als den Schlingel da!

SOLDATENJUNGE(kommt gesprungen).

Mutter! sprichst du von meinem Papa?

ERSTER JÄGER. Nun, nun! das muss der Kaiser ernähren,

Die Armee sich immer muss neu gebären.

SOLDATENSCHULMEISTER(kommt).

Fort in die Feldschule! Marsch, ihr Buben!

ERSTER JÄGER. Das fürcht sich auch vor der engen Stuben!

AUFWÄRTERIN(kommt). Base, sie wollen fort.

MARKETENDERIN. Gleich! gleich!

ERSTER JÄGER.

Ei, wer ist denn das kleine Schelmengesichte?

MARKETENDERIN.

’s ist meiner Schwester Kind – aus dem Reich.

ERSTER JÄGER. Ei, also eine liebe Nichte?

(Marketenderin geht.)

ZWEITER JÄGER(das Mädchen haltend).

Bleib Sie bei uns doch, artiges Kind.

AUFWÄRTERIN. Gäste dort zu bedienen sind.

(Macht sich los und geht.)

ERSTER JÄGER. Das Mädchen ist kein übler Bissen! –

Und die Muhme! beim Element!

Was haben die Herrn vom Regiment

Sich um das niedliche Lärvchen gerissen! –

Was man nicht alles für Leute kennt!

Und wie die Zeit von dannen rennt. –

Was werd ich noch alles erleben müssen!

(Zum Wachtmeister und Trompeter.)

Euch zur Gesundheit, meine Herrn! –

Lasst uns hier auch ein Plätzchen nehmen.

Sechster Auftritt

Jäger. Wachtmeister. Trompeter.

WACHTMEISTER. Wir danken schön. Von Herzen gern.

Wir rücken zu. Willkommen in Böhmen!

ERSTER JÄGER.

Ihr sitzt hier warm. Wir, in Feindes Land,

Mussten derweil uns schlecht bequemen.

TROMPETER. Man sollts euch nicht ansehn, ihr seid galant.

WACHTMEISTER. Ja, ja, im Saalkreis und auch in Meißen

Hört man euch Herrn nicht besonders preisen.

ZWEITER JÄGER. Seid mir doch still. Was will das heißen?

Der Kroat es ganz anders trieb,

Uns nur die Nachles übrig blieb.

TROMPETER. Ihr habt da einen saubern Spitzen

Am Kragen, und wie euch die Hosen sitzen!

Die feine Wäsche, der Federhut!

Was das alles für Wirkung tut!

Dass doch den Burschen das Glück soll scheinen,

Und so was kommt nie an unser einen!

WACHTMEISTER.

Dafür sind wir des Friedländers Regiment,

Man muss uns ehren und respektieren.

ERSTER JÄGER. Das ist für uns andre kein Kompliment,

Wir ebenso gut seinen Namen führen.

WACHTMEISTER. Ja, ihr gehört auch so zur ganzen Masse.

ERSTER JÄGER. Ihr seid wohl von einer besondern Rasse?

Der ganze Unterschied ist in den Röcken,

Und ich ganz gern mag in meinem stecken.

WACHTMEISTER.

Herr Jäger, ich muss Euch nur bedauern,

Ihr lebt so draußen bei den Bauern;

Der feine Griff und der rechte Ton,

Das lernt sich nur um des Feldherrn Person.

ERSTER JÄGER. Sie bekam Euch übel, die Lektion.

Wie er räuspert und wie er spuckt,

Das habt Ihr ihm glücklich abgeguckt;

Aber sein Schenie, ich meine sein Geist,

Sich nicht auf der Wachparade weist.

ZWEITER JÄGER. Wetter auch! wo Ihr nach uns fragt,

Wir heißen des Friedländers wilde Jagd,

Und machen dem Namen keine Schande –

Ziehen frech durch Feindes und Freundes Lande,

Querfeldein durch die Saat, durch das gelbe Korn –

Sie kennen das Holkische Jägerhorn! –

In einem Augenblick fern und nah,

Schnell wie die Sündflut, so sind wir da –

Wie die Feuerflamme bei dunkler Nacht

In die Häuser fähret, wenn niemand wacht –

Da hilft keine Gegenwehr, keine Flucht,

Keine Ordnung gilt mehr und keine Zucht, –

Es sträubt sich – der Krieg hat kein Erbarmen –

Das Mägdlein in unsern sennigten Armen –

Fragt nach, ich sags nicht um zu prahlen;

In Bayreuth, im Voigtland, in Westfalen,

Wo wir nur durchgekommen sind –

Erzählen Kinder und Kindeskind

Nach hundert und aber hundert Jahren

Von dem Holk noch und seinen Scharen.

WACHTMEISTER. Nun da sieht mans! Der Saus und Braus

Macht denn der den Soldaten aus?

Das Tempo macht ihn, der Sinn und Schick,

Der Begriff, die Bedeutung, der feine Blick.

ERSTER JÄGER.

Die Freiheit macht ihn! Mit Euren Fratzen!

Dass ich mit Euch soll darüber schwatzen. –

Lief ich darum aus der Schul und der Lehre,

Dass ich die Fron und die Galeere,

Die Schreibstub und ihre engen Wände

In dem Feldlager wiederfände? –

Flott will ich leben und müßig gehn,

Alle Tage was Neues sehn,

Mich dem Augenblick frisch vertrauen,

Nicht zurück, auch nicht vorwärts schauen –

Drum hab ich meine Haut dem Kaiser verhandelt,

Dass keine Sorg mich mehr anwandelt.

Führt mich ins Feuer frisch hinein,

Über den reißenden, tiefen Rhein,

Der dritte Mann soll verloren sein;

Werde mich nicht lang sperren und zieren. –

Sonst muss man mich aber, ich bitte sehr,

Mit nichts weiter inkommodieren.

WACHTMEISTER. Nu, nu, verlangt Ihr sonst nichts mehr?

Das ließ sich unter dem Wams da finden.

ERSTER JÄGER.

Was war das nicht für ein Placken und Schinden

Bei Gustav dem Schweden, dem Leuteplager!

Der machte eine Kirch aus seinem Lager,

Ließ Betstunde halten, des Morgens, gleich

Bei der Reveille, und beim Zapfenstreich.

Und wurden wir manchmal ein wenig munter,

Er kanzelt’ uns selbst wohl vom Gaul herunter,

WACHTMEISTER.

Ja, es war ein gottesfürchtiger Herr.

ERSTER JÄGER. Dirnen, die ließ er gar nicht passieren,

Mussten sie gleich zur Kirche führen.

Da lief ich, konnts nicht ertragen mehr.

WACHTMEISTER. Jetzt gehts dort auch wohl anders her.

ERSTER JÄGER. So ritt ich hinüber zu den Ligisten,

Sie täten sich just gegen Magdeburg rüsten.

Ja, das war schon ein ander Ding!

Alles da lustiger, loser ging,

Soff und Spiel und Mädels die Menge!

Wahrhaftig, der Spaß war nicht gering,

Denn der Tilly verstand sich aufs Kommandieren.

Dem eigenen Körper war er strenge;

Dem Soldaten ließ er vieles passieren,

Und gings nur nicht aus seiner Kassen,

Sein Spruch war: leben und leben lassen.

Aber das Glück blieb ihm nicht stet, –

Seit der Leipziger Fatalität

Wollt es eben nirgends mehr flecken,

Alles bei uns geriet ins Stecken;

Wo wir erschienen und pochten an,

Ward nicht gegrüßt noch aufgetan.

Wir mussten uns drücken von Ort zu Ort,

Der alte Respekt war eben fort. –

Da nahm ich Handgeld von den Sachsen,

Meinte, da müsste mein Glück recht wachsen.

WACHTMEISTER. Nun! da kamt Ihr ja eben recht

Zur böhmischen Beute.

ERSTER JÄGER. Es ging mir schlecht

Sollten da strenge Mannszucht halten,

Durften nicht recht als Feinde walten,

Mussten des Kaisers Schlösser bewachen,

Viel Umstand und Komplimente machen,

Führten den Krieg, als wärs nur Scherz,

Hatten für die Sach nur ein halbes Herz,

Wolltens mit niemand ganz verderben,

Kurz, da war wenig Ehr zu erwerben,

Und ich wär bald für Ungeduld

Wieder heim gelaufen zum Schreibepult,

Wenn nicht eben auf allen Straßen

Der Friedländer hätte werben lassen.

WACHTMEISTER. Und wie lang denkt Ihrs hier auszuhalten?

ERSTER JÄGER. Spaßt nur! so lange der tut walten,

Denk ich Euch, meine Seel! an kein Entlaufen.

Kanns der Soldat wo besser kaufen? –

Da geht alles nach Kriegessitt,

Hat alles ’nen großen Schnitt.

Und der Geist, der im ganzen Korps tut leben,

Reißet gewaltig, wie Windesweben,

Auch den untersten Reiter mit.

Da tret ich auf mit beherztem Schritt,

Darf über den Bürger kühn wegschreiten,

Wie der Feldherr über der Fürsten Haupt.

Es ist hier wie in den alten Zeiten,

Wo die Klinge noch alles tät bedeuten,

Da gibts nur ein Vergehn und Verbrechen:

Der Ordre fürwitzig widersprechen!

Was nicht verboten ist, ist erlaubt;

Da fragt niemand, was einer glaubt.

Es gibt nur zwei Ding überhaupt,

Was zur Armee gehört und nicht,

Und nur der Fahne bin ich verpflicht.

WACHTMEISTER. Jetzt gefallt Ihr mir, Jäger! Ihr sprecht

Wie ein Friedländischer Reitersknecht.

ERSTER JÄGER Der führt’s Kommando nicht wie ein Amt,

Wie eine Gewalt, die vom Kaiser stammt!

Es ist ihm nicht um des Kaisers Dienst,

Was bracht er dem Kaiser für Gewinst?

Was hat er mit seiner großen Macht

Zu des Landes Schirm und Schutz vollbracht?

Ein Reich von Soldaten wollt er gründen,

Die Welt anstecken und entzünden,

Sich alles vermessen und unterwinden –

TROMPETER. Still! Wer wird solche Worte wagen!

ERSTER JÄGER. Was ich denke, das darf ich sagen.

Das Wort ist frei, sagt der General.

WACHTMEISTER. So sagt er, ich hörts wohl einige Mal,

Ich stand dabei. »Das Wort ist frei,

Die Tat ist stumm, der Gehorsam blind«,

Dies urkundlich seine Worte sind.

ERSTER JÄGER. Obs just seine Wort sind, weiß ich nicht;

Aber die Sach ist so, wie er spricht.

ZWEITER JÄGER. Ihm schlägt das Kriegsglück nimmer um,

Wie’s wohl bei andern pflegt zu geschehen.

Der Tilly überlebte seinen Ruhm.

Doch unter des Friedländers Kriegspanieren

Da bin ich gewiss zu viktorisieren.

Er bannet das Glück, es muss ihm stehen.

Wer unter seinem Zeichen tut fechten,

Der steht unter besondern Mächten.

Denn das weiß ja die ganze Welt,

Dass der Friedländer einen Teufel

Aus der Hölle im Solde hält.

WACHTMEISTER. Ja, dass er fest ist, das ist kein Zweifel.

Denn in der blutgen Affär bei Lützen

Ritt er euch unter des Feuers Blitzen

Auf und nieder mit kühlem Blut.

Durchlöchert von Kugeln war sein Hut,

Durch den Stiefel und Koller fuhren

Die Ballen, man sah die deutlichen Spuren,

Konnt ihm keine die Haut nur ritzen,

Weil ihn die höllische Salbe tät schützen.

ERSTER JÄGER. Was wollt Ihr da für Wunder bringen!

Er trägt ein Koller von Elendshaut,

Das keine Kugel kann durchdringen.

WACHTMEISTER. Nein, es ist die Salbe von Hexenkraut,

Unter Zaubersprüchen gekocht und gebraut.

TROMPETER. Es geht nicht zu mit rechten Dingen!

WACHTMEISTER. Sie sagen, er les auch in den Sternen

Die künftigen Dinge, die nahen und fernen;

Ich weiß aber besser, wie’s damit ist.

Ein graues Männlein pflegt bei nächtlicher Frist

Durch verschlossene Türen zu ihm einzugehen,

Die Schildwachen habens oft angeschrien,

Und immer was Großes ist drauf geschehen,

Wenn je das graue Röcklein kam und erschien.

ZWEITER JÄGER. Ja, er hat sich dem Teufel übergeben,

Drum führen wir auch das lustige Leben.

Siebenter Auftritt

Vorige. Ein Rekrut. Ein Bürger. Dragoner.

REKRUT(tritt aus dem Zelt, eine Blechhaube auf dem Kopfe, eine Weinflasche in der Hand).

Grüß den Vater und Vaters Brüder!

Bin Soldat, komme nimmer wieder.

ERSTER JÄGER. Sieh, da bringen sie einen Neuen!

BÜRGER. O! gib acht, Franz! Es wird dich reuen.

REKRUT(singt).

Trommeln und Pfeifen,

Kriegrischer Klang!

Wandern und streifen

Die Welt entlang,

Rosse gelenkt,

Mutig geschwenkt,

Schwert an der Seite,

Frisch in die Weite,

Flüchtig und flink,

Frei, wie der Fink

Auf Sträuchern und Bäumen,

In Himmels Räumen,

Heisa! ich folge des Friedländers Fahn!

ZWEITER JÄGER. Seht mir! das ist ein wackrer Kumpan!

(Sie begrüßen ihn.)

BÜRGER. O! lasst ihn! Er ist guter Leute Kind.

ERSTER JÄGER. Wir auch nicht auf der Straße gefunden sind.

BÜRGER. Ich sag euch, er hat Vermögen und Mittel.

Fühlt her, das feine Tüchlein am Kittel!

TROMPETER. Des Kaisers Rock ist der höchste Titel.

BÜRGER. Er erbt eine kleine Mützenfabrik.

ZWEITER jäger. Des Menschen Wille, das ist sein Glück.

BÜRGER. Von der Großmutter einen Kram und Laden.

ERSTER JÄGER. Pfui! wer handelt mit Schwefelfaden!

BÜRGER. Einen Weinschank dazu von seiner Paten,

Ein Gewölbe mit zwanzig Stückfass Wein.

TROMPETER. Den teilt er mit seinen Kameraden.

ZWEITER jäger. Hör du! Wir müssen Zeltbrüder sein.

BÜRGER. Eine Braut lässt er sitzen in Tränen und Schmerz.

ERSTER jäger. Recht so, da zeigt er ein eisernes Herz.

BÜRGER. Die Großmutter wird für Kummer sterben.

ZWEITER JÄGER.

Desto besser, so kann er sie gleich beerben.

WACHTMEISTER (tritt gravitätisch herzu, dem Rekruten die Hand auf die Blechhaube legend).

Sieht Er! das hat Er wohl erwogen.

Einen neuen Menschen hat Er angezogen,

Mit dem Helm da und Wehrgehäng

Schließt Er sich an eine würdige Meng.

Muss ein fürnehmer Geist jetzt in Ihn fahren –

ERSTER JÄGER. Muss besonders das Geld nicht sparen.

WACHTMEISTER. Auf der Fortuna ihrem Schiff

Ist Er zu segeln im Begriff,

Die Weltkugel liegt vor Ihm offen,

Wer nichts waget, der darf nichts hoffen.

Es treibt sich der Bürgersmann, träg und dumm,

Wie des Färbers Gaul, nur im Ring herum.

Aus dem Soldaten kann alles werden,

Denn Krieg ist jetzt die Losung auf Erden.

Seh Er mal mich an! In diesem Rock

Führ ich, sieht Er, des Kaisers Stock.

Alles Weltregiment, muss Er wissen,

Von dem Stock hat ausgehen müssen;

Und das Zepter in Königs Hand

Ist ein Stock nur, das ist bekannt.

Und wers zum Korporal erst hat gebracht,

Der steht auf der Leiter zur höchsten Macht,

Und so weit kann Ers auch noch treiben.

ERSTER JÄGER. Wenn Er nur lesen kann und schreiben.

WACHTMEISTER. Da will ich Ihm gleich ein Exempel geben,

Ich täts vor kurzem selbst erleben.

Da ist der Schef vom Dragonerkorps,

Heißt Buttler, wir standen als Gemeine

Noch vor dreißig Jahren bei Köln am Rheine,

Jetzt nennt man ihn Generalmajor.

Das macht, er tät sich bass hervor,

Tät die Welt mit seinem Kriegsruhm füllen,

Doch meine Verdienste, die blieben im Stillen.

Ja, und der Friedländer selbst, sieht Er,

Unser Hauptmann und hochgebietender Herr,

Der jetzt alles vermag und kann,

War erst nur ein schlichter Edelmann,

Und weil er der Kriegsgöttin sich vertraut,

Hat er sich diese Größ erbaut,

Ist nach dem Kaiser der nächste Mann,

Und wer weiß, was er noch erreicht und ermisst,

(pfiffig)

Denn noch nicht aller Tage Abend ist.

ERSTER JÄGER. Ja, er fings klein an und ist jetzt so groß,

Denn zu Altdorf, im Studentenkragen,

Trieb ers, mit Permiss zu sagen,

Ein wenig locker und purschikos,

Hätte seinen Famulus bald erschlagen.

Wollten ihn drauf die Nürnberger Herren

Mir nichts, dir nichts ins Karzer sperren,

’s war just ein neugebautes Nest,

Der erste Bewohner sollt es taufen.

Aber wie fängt ers an? Er lässt

Weislich den Pudel voran erst laufen.

Nach dem Hunde nennt sichs bis diesen Tag;

Ein rechter Kerl sich dran spiegeln mag.

Unter des Herrn großen Taten allen

Hat mir das Stückchen besonders gefallen.

(Das Mädchen hat unterdessen aufgewartet; der zweite Jäger schäkert mit ihr.)

DRAGONER(tritt dazwischen).

Kamerad! lass Er das unterwegen.

ZWEITER JÄGER. Wer, Henker! hat sich da drein zu legen!

DRAGONER. Ich wills Ihm nur sagen, die Dim ist mein.

ERSTER JÄGER. Der will ein Schätzchen für sich allein!

Dragoner, ist Er bei Troste! Sag Er!

ZWEITER JÄGER. Will was Apartes haben im Lager.

Einer Dirne schön Gesicht

Muss allgemein sein, wie’s Sonnenlicht! (Küsst sie.)

DRAGONER(reißt sie weg).

Ich sags noch einmal, das leid ich nicht.

ERSTER JÄGER. Lustig! lustig! da kommen die Prager!

ZWEITER JÄGER. Sucht Er Händel? Ich bin dabei.

WACHTMEISTER. Fried, ihr Herren! Ein Kuss ist frei!

Achter Auftritt

Bergknappen treten auf und spielen einen Walzer, erst langsam und dann immer geschwinder. Der erste Jäger tanzt mit der Aufwärterin, die Marketenderin mit dem Rekruten; das Mädchen entspringt, der Jäger hinter ihr her und bekommt den Kapuziner zufassen, der eben hereintritt.

KAPUZINER. Heisa, juchheia! Dudeldumdei!

Das geht ja hoch her. Bin auch dabei!

Ist das eine Armee von Christen?

Sind wir Türken? sind wir Antibaptisten?

Treibt man so mit dem Sonntag Spott,

Als hätte der allmächtige Gott

Das Chiragra, könnte nicht dreinschlagen?

Ists jetzt Zeit zu Saufgelagen?

Zu Banketten und Feiertagen?

Quid hic statis otiosi?

Was steht ihr und legt die Hände in Schoß?

Die Kriegsfuri ist an der Donau los,

Das Bollwerk des Bayerlands ist gefallen,

Regenspurg ist in des Feindes Krallen,

Und die Armee liegt hier in Böhmen,

Pflegt den Bauch, lässt sichs wenig grämen,

Kümmert sich mehr um den Krug als den Krieg,

Wetzt lieber den Schnabel als den Sabel,

Hetzt sich lieber herum mit der Dirn,

Frisst den Ochsen lieber als den Oxenstirn.

Die Christenheit trauert in Sack und Asche,

Der Soldat füllt sich nur die Tasche.

Es ist eine Zeit der Tränen und Not,

Am Himmel geschehen Zeichen und Wunder,

Und aus den Wolken, blutigrot,

Hängt der Herrgott den Kriegsmantel runter.

Den Kometen steckt er wie eine Rute

Drohend am Himmelsfenster aus,

Die ganze Welt ist ein Klagehaus,

Die Arche der Kirche schwimmt in Blute,

Und das römische Reich – dass Gott erbarm!

Sollte jetzt heißen römisch Arm,

Der Rheinstrom ist worden zu einem Peinstrom,

Die Klöster sind ausgenommene Nester,

Die Bistümer sind verwandelt in Wüsttümer,

Die Abteien und die Stifter

Sind nun Raubteien und Diebesklüfter,

Und alle die gesegneten deutschen Länder

Sind verkehrt worden in Elender –

Woher kommt das? das will ich euch verkünden,

Das schreibt sich her von euern Lastern und Sünden,

Von dem Gräuel und Heidenleben,

Dem sich Offizier und Soldaten ergeben.

Denn die Sünd ist der Magnetenstein,

Der das Eisen ziehet ins Land herein.

Auf das Unrecht, da folgt das Übel,

Wie die Trän auf den herben Zwiebel,

Hinter dem U kommt gleich das Weh,

Das ist die Ordnung im ABC.

Ubi erit victoriae spes,

Si offenditur Deus? Wie soll man siegen,

Wenn man die Predigt schwänzt und die Mess,

Nichts tut als in den Weinhäusern liegen?

Die Frau in dem Evangelium

Fand den verlornen Groschen wieder,

Der Saul seines Vaters Esel wieder,

Der Joseph seine saubern Brüder;

Aber wer bei den Soldaten sucht

Die Furcht Gottes und die gute Zucht

Und die Scham, der wird nicht viel finden,

Tät er auch hundert Laternen anzünden.

Zu dem Prediger in der Wüsten,

Wie wir lesen im Evangelisten,

Kamen auch die Soldaten gelaufen,

Taten Buß und ließen sich taufen,

Fragten ihn: Quid faciemus nos?

Wie machen wirs, dass wir kommen in

Abrahams Schoß?

Et ait illis. Und er sagt:

Neminem concutiatis,

Wenn ihr niemanden schindet und plackt.

Neque calumniam faciatis,

Niemand verlästert, auf niemand lügt.

Contenti estote, euch begnügt,

Stipendiis vestris, mit eurer Löhnung

Und verflucht jede böse Angewöhnung.

Es ist ein Gebot: Du sollst den Namen

Deines Herrgotts nicht eitel auskramen,

Und wo hört man mehr blasphemieren

Als hier in den Friedländischen Kriegsquartieren?

Wenn man für jeden Donner und Blitz,

Den ihr losbrennt mit eurer Zungenspitz,

Die Glocken müsst läuten im Land umher,

Es wär bald kein Messner zu finden mehr.

Und wenn euch für jedes böse Gebet,

Das aus eurem ungewaschnen Munde geht,

Ein Härlein ausging aus eurem Schopf,

Über Nacht wär er geschoren glatt,

Und wär er so dick wie Absalons Zopf.

Der Josua war doch auch ein Soldat,

König David erschlug den Goliath,

Und wo steht denn geschrieben zu lesen,

Dass sie solche Fluchmäuler sind gewesen?

Muss man den Mund doch, ich sollte meinen,

Nicht weiter aufmachen zu einem Helf Gott!

Als zu einem Kreuz Sackerlot!

Aber wessen das Gefäß ist gefüllt,

Davon es sprudelt und überquillt.

Wieder ein Gebot ist: Du sollst nicht stehlen.

Ja, das befolgt ihr nach dem Wort,

Denn ihr tragt alles offen fort,

Vor euren Klauen und Geiersgriffen,

Vor euren Praktiken und bösen Kniffen

Ist das Geld nicht geborgen in der Truh,

Das Kalb nicht sicher in der Kuh,

Ihr nehmt das Ei und das Huhn dazu.

Was sagt der Prediger? Contenti estote,

Begnügt euch mit eurem Kommissbrote.

Aber wie soll man die Knechte loben,

Kommt doch das Ärgernis von oben!

Wie die Glieder, so auch das Haupt!

Weiß doch niemand, an wen der glaubt!

ERSTER JÄGER.

Herr Pfaff! Uns Soldaten mag Er schimpfen,

Den Feldherrn soll Er uns nicht verunglimpfen.

KAPUZINER. Ne custodias gregem meam!

Das ist so ein Ahab und Jerobeam,

Der die Völker von der wahren Lehren

Zu falschen Götzen tut verkehren.

TROMPETERundREKRUT.

Lass Er uns das nicht zweimal hören!

KAPUZINER. So ein Bramarbas und Eisenfresser,

Will einnehmen alle festen Schlösser.

Rühmte sich mit seinem gottlosen Mund,

Er müsse haben die Stadt Stralsund,

Und wär sie mit Ketten an den Himmel geschlossen.

Hat aber sein Pulver umsonst verschossen.

TROMPETER. Stopft ihm keiner sein Lästermaul?

KAPUZINER.

So ein Teufelsbeschwörer und König Saul,

So ein Jehu und Holofern,

Verleugnet wie Petrus seinen Meister und Herrn,

Drum kann er den Hahn nicht hören krähn –

BEIDE JÄGER. Pfaffe, jetzt ists um dich geschehn!

KAPUZINER. So ein listiger Fuchs Herodes –

TROMPETERundBEIDE JÄGER(auf ihn eindringend).

Schweig stille! Du bist des Todes.

KROATEN(legen sich drein).

Bleib da, Pfäfflein, fürcht dich nit,

Sag dein Sprüchel und teils uns mit.

KAPUZINER(schreit lauter).

So ein hochmütiger Nebukadnezer,

So ein Sündenvater und muffiger Ketzer,

Lässt sich nennen den Wallenstein,

Ja freilich ist er uns allen ein Stein

Des Anstoßes und Ärgernisses,

Und so lang der Kaiser diesen Friedeland

Lässt walten, so wird nicht Fried im Land.

(Er hat nach und nach bei den letzten Worten, die er mit erhobener Stimme spricht, seinen Rückzug genommen, indem die Kroaten die übrigen Soldaten von ihm abwehren.)

Neunter Auftritt

Vorige ohne den Kapuziner.

ERSTER JÄGER(zum Wachtmeister).

Sagt mir! Was meint’ er mit dem Göckelhahn,

Den der Feldherr nicht krähen hören kann?

Es war wohl nur so gesagt ihm zum Schimpf und Hohne?

WACHTMEISTER.

Da will ich Euch dienen! Es ist nicht ganz ohne!

Der Feldherr ist wundersam geboren,

Besonders hat er gar kitzligte Ohren.

Kann die Katze nicht hören mauen,

Und wenn der Hahn kräht, so machts ihm Grauen.

ERSTER JÄGER. Das hat er mit dem Löwen gemein.

WACHTMEISTER. Muss alles mausstill um ihn sein.

Den Befehl haben alle Wachen,

Denn er denkt gar zu tiefe Sachen.

STIMMEN(im Zelt. Auflauf).

Greift ihn, den Schelm! Schlagt zu! Schlagt zu.

DES BAUERN STIMME. Hilfe! Barmherzigkeit!

ANDRE STIMMEN. Friede! Ruh!

ERSTER JÄGER. Hol mich der Teufel! Da setzts Hiebe.

ZWEITER JÄGER. Da muss ich dabei sein!

(Laufen ins Zelt.)

MARKETENDERIN(kommt heraus). Schelmen und Diebe!

TROMPETER. Frau Wirtin, was setzt Euch so in Eifer?

MARKETENDERIN.

Der Lump! der Spitzbub! der Straßenläufer!

Das muss mir in meinem Zelt passieren!

Es beschimpft mich bei allen Herrn Offizieren.

WACHTMEISTER. Bäschen, was gibts denn?

MARKETENDERIN.Was wirds geben?

Da erwischten sie einen Bauer eben,

Der falsche Würfel tät bei sich haben.

TROMPETER. Sie bringen ihn hier mit seinem Knaben.

Zehnter Auftritt

Soldaten (bringen den Bauer geschleppt).

ERSTER JÄGER. Der muss baumeln!

SCHARFSCHÜTZENund dragoner.

Zum Profoss! zum Profoss!

WACHTMEISTER.

Das Mandat ist noch kürzlich ausgegangen.

MARKETENDERIN. In einer Stunde seh ich ihn hangen!

WACHTMEISTER. Böses Gewerbe bringt bösen Lohn.

ERSTER ARKEBUSIER(zum andern).

Das kommt von der Desperation.

Denn seht! erst tut man sie ruinieren,

Das heißt sie zum Stehlen selbst verführen.

TROMPETER. Was? was? Ihr redt ihm das Wort noch gar?

Dem Hunde! tut Euch der Teufel plagen?

ERSTER ARKEBUSIER.

Der Bauer ist auch ein Mensch – so zu sagen.

ERSTER JÄGER(zum Trompeter).

Lass sie gehen! sind Tiefenbacher,

Gevatter Schneider und Handschuhmacher!

Lagen in Garnison zu Brieg,

Wissen viel, was der Brauch ist im Krieg.

Elfter Auftritt

Vorige. Kürassiere.

ERSTER KÜRASSIER. Friede! Was gibts mit dem Bauer da?

ERSTER SCHARFSCHÜTZ.

’s ist ein Schelm, hat im Spiel betrogen!

ERSTER KÜRASSIER. Hat er dich betrogen etwa?

ERSTER SCHARFSCHÜTZ.

Ja, und hat mich rein ausgezogen.

ERSTER KÜRASSIER.

Wie? du bist ein Friedländischer Mann,

Kannst dich so wegwerfen und blamieren,

Mit einem Bauer dein Glück probieren?

Der laufe, was er laufen kann.

(Bauer entwischt, die andern treten zusammen.)

ERSTER ARKEBUSIER. Der macht kurze Arbeit, ist resolut,

Das ist mit solchem Volke gut.

Was ists für einer? Es ist kein Böhm.

MARKETENDERIN. ’s ist ein Wallon! Respekt vor dem!

Von des Pappenheims Kürassieren.

ERSTER DRAGONER(tritt dazu).

Der Piccolomini, der junge, tut sie jetzt führen,

Den haben sie sich aus eigner Macht

Zum Oberst gesetzt in der Lützner Schlacht,

Als der Pappenheim umgekommen.

ERSTER ARKEBUSIER.

Haben sie sich so was rausgenommen?

ERSTER DRAGONER. Dies Regiment hat was voraus,

Es war immer voran bei jedem Strauß.

Darf auch seine eigene Justiz ausüben,

Und der Friedländer tuts besonders lieben.

ERSTER KÜRASSIER(zum andern).

Ists auch gewiss? Wer bracht es aus?

ZWEITER KÜRASSIER.

Ich habs aus des Obersts eigenem Munde.

ERSTER KÜRASSIER.

Was Teufel! Wir sind nicht ihre Hunde.

ERSTER JÄGER. Was haben die da? sind voller Gift.

ZWEITER JÄGER. Ists was, ihr Herrn, das uns mit betrifft?

ERSTER KÜRASSIER. Es hat sich keiner drüber zu freuen.

(Soldaten treten herzu.)

Sie wollen uns in die Niederland leihen;

Kürassiere, Jäger, reitende Schützen,

Sollen achttausend Mann aufsitzen.

MARKETENDERIN. Was? was? da sollen wir wieder wandern?

Bin erst seit gestern zurück aus Flandern.

ZWEITER KÜRASSier (zu den Dragonern).

Ihr Buttlerischen sollt auch mitreiten.

ERSTER KÜRASSIER. Und absonderlich wir Wallonen.

MARKETENDERIN.

Ei, das sind ja die allerbesten Schwadronen!

ERSTER KÜRASSIER. Den aus Mailand sollen wir hinbegleiten.

ERSTER JÄGER. Den Infanten! Das ist ja kurios!

ZWEITER JÄGER.