Wallenstein - Friedrich Schiller - E-Book

Wallenstein E-Book

Friedrich Schiller

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Beschreibung

Wallenstein ist die gängige Bezeichnung für eine Dramen-Trilogie von Friedrich Schiller. Sie besteht aus den Werken Wallensteins Lager mit einem längeren Prolog, Die Piccolomini und Wallensteins Tod, wobei Schiller die Trilogie auch in Wallenstein I mit Wallensteins Lager und Die Piccolomini und Wallenstein II, bestehend aus Wallensteins Tod unterteilt hat. Schiller behandelt darin den Niedergang des berühmten Feldherrn Wallenstein, wobei er sich frei an den realen historischen Ereignissen orientiert.

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Wallenstein

Friedrich Schiller

Inhalt:

Friedrich von Schiller – Biografie und Bibliografie

Wallenstein

Prolog

Wallensteins Lager

Personen

Erster Auftritt

Zweiter Auftritt

Dritter Auftritt

Vierter Auftritt

Fünfter Auftritt

Sechster Auftritt

Siebenter Auftritt

Achter Auftritt

Neunter Auftritt

Zehnter Auftritt

Elfter Auftritt

Die Piccolomini

Personen

Erster Aufzug

Erster Auftritt

Zweiter Auftritt

Dritter Auftritt

Vierter Auftritt

Fünfter Auftritt

Zweiter Aufzug

Erster Auftritt

Zweiter Auftritt

Dritter Auftritt

Vierter Auftritt

Fünfter Auftritt

Sechster Auftritt

Siebenter Auftritt

Dritter Aufzug

Erster Auftritt

Zweiter Auftritt

Dritter Auftritt

Vierter Auftritt

Fünfter Auftritt

Sechster Auftritt

Siebenter Auftritt

Achter Auftritt

Neunter Auftritt

Vierter Aufzug

Erster Auftritt

Zweiter Auftritt

Dritter Auftritt

Vierter Auftritt

Fünfter Auftritt

Sechster Auftritt

Siebenter Auftritt

Fünfter Aufzug

Erster Auftritt

Zweiter Auftritt

Dritter Auftritt

Wallensteins Tod

Personen

Erster Aufzug

Erster Auftritt

Zweiter Auftritt

Dritter Auftritt

Vierter Auftritt

Fünfter Auftritt

Sechster Auftritt

Siebenter Auftritt

Zweiter Aufzug

Erster Auftritt

Zweiter Auftritt

Dritter Auftritt

Vierter Auftritt

Fünfter Auftritt

Sechster Auftritt

Siebenter Auftritt

Dritter Aufzug

Erster Auftritt

Zweiter Auftritt

Dritter Auftritt

Vierter Auftritt

Fünfter Auftritt

Sechster Auftritt

Siebenter Auftritt

Achter Auftritt

Neunter Auftritt

Zehnter Auftritt

Elfter Auftritt

Zwölfter Auftritt

Dreizehnter Auftritt

Vierzehnter Auftritt

Fünfzehnter Auftritt

Sechzehnter Auftritt

Siebzehnter Auftritt

Achtzehnter Auftritt

Neunzehnter Auftritt

Zwanzigster Auftritt

Einundzwanzigster Auftritt

Zweiundzwanzigster Auftritt

Dreiundzwanzigster Auftritt

Vierter Aufzug

Erster Auftritt

Zweiter Auftritt

Dritter Auftritt

Vierter Auftritt

Fünfter Auftritt

Sechster Auftritt

Siebenter Auftritt

Achter Auftritt

Neunter Auftritt

Zehnter Auftritt

Elfter Auftritt

Zwölfter Auftritt

Dreizehnter Auftritt

Vierzehnter Auftritt

Fünfter Aufzug

Erster Auftritt

Zweiter Auftritt

Dritter Auftritt

Vierter Auftritt

Fünfter Auftritt

Sechster Auftritt

Siebenter Auftritt

Achter Auftritt

Neunter Auftritt

Zehnter Auftritt

Elfter Auftritt

Zwölfter Auftritt

Wallenstein, F. Schiller

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849635046

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Friedrich von Schiller – Biografie und Bibliografie

Der populärste und gefeiertste deutsche Dichter, geb. 10. Nov. 1759 in Marbach am Neckar, gest. 9. Mai 1805 in Weimar. Sein Großvater Johannes S. lebte in dem bei Waiblingen gelegenen Dorfe Bittenfeld als Bäcker und Schultheiß, sein Vater, Johann Kaspar (1723–1796), nahm, noch Jüngling, als Feldscher in bayrischen Diensten am Österreichischen Erbfolgekrieg teil und ließ sich dann 1749, nach dem Frieden heimgekehrt, in Marbach als Wundarzt nieder. Hier heiratete er im Juli d. J. die Tochter des Bäckers und Löwenwirts Kodweis, Elisabeth Dorothea (1732–1802; vgl. E. Müller, Schillers Mutter, Leipz. 1894). Schillers Vater (vgl. Brosin, Schillers Vater, Leipz. 1879) war eine aufstrebende Willensnatur, tief religiös, von unantastbarem Charakter, rastlos tätig. Die Dürftigkeit seines Einkommens ließ den Chirurgus S. 1757 wieder Kriegsdienste nehmen und als württembergischer Fähnrich gegen den großen Preußenkönig nach Schlesien mitziehen. Während er, nach der Heimkehr 1759 zum Leutnant befördert, nahe bei Kannstatt im Übungslager stand, schenkte ihm seine Gattin im Hause ihrer Eltern zu Marbach den ersten und einzigen Sohn, unsern Dichter. Der Militärdienst des Vaters führte die Familie während der nächsten Jahre an verschiedene Orte, endlich 1763 nach Lorch. Hier erhielt der Knabe bei dem Ortspfarrer Moser (dem ein Erinnerungszeichen in den »Räubern« gilt) den ersten regelmäßigen Unterricht. Ende 1766 wurde der Vater zur Garnison nach Ludwigsburg berufen, wo unser Dichter die Lateinschule besuchte, bis ihn der Herzog zu Anfang 1773 als Zögling in seine mit einer Abteilung für künftige Zivildiener verbundene militärische Pflanzschule auf der Solitüde kommandierte, die, noch 1773 zu einer herzoglichen Militärakademie erweitert, 1775 nach Stuttgart verlegt und Ende 1781, nach Schillers Austritt, als »Hohe Karlsschule« (s. Karlsschule) zu einer Art Universität erhoben wurde. S. hegte ursprünglich den Plan, Theologie zu studieren, mußte ihn aber nach seinem Eintritt in die Akademie aufgeben und entschied sich für die Rechtswissenschaft, später für die Medizin. Daß der in beschränkten Verhältnissen geborne Knabe eine freie Weltbildung erwarb, war wesentlich der halb militärischen, halb wissenschaftlichen Lieblingsanstalt des Herzogs zu danken. Unter den Lehrern befanden sich mehrere begabte und anregende, in die Gedankenwelt der Jugend liebevoll eingehende Männer, wie z. B. der von S. hochverehrte J. F. v. Abel (vgl. Aders, J. F. Abel als Philosoph, Berl. 1893); daß an der Anstalt die philosophischen Disziplinen gegenüber den klassisch-philologischen entschieden bevorzugt wurden, war ein Umstand, dessen Folgen in der weitern Entwickelung Schillers noch lange nachwirkten. Die kasernenartige Disziplin mit allen ihren Kleinlichkeiten konnte freilich bei Naturen wie S. nur den ungestümen Freiheitsdrang fördern. Schillers Neigung zur Poesie war zunächst durch Klopstocks »Messias« genährt worden. Tiefer und unmittelbarer wirkten die dramatischen Produkte der Sturm- und Drangperiode auf ihn ein; Leisewitz' »Julius von Tarent«, Klingers Erstlingsdramen und Goethes »Götz« regten ihn zur Nacheiferung an. Den stärksten Einfluß auf Schillers Richtung und Bildung gewannen aber Plutarch und J. J. Rousseau: ob er schon damals Schriften Rousseaus gelesen hat, ist ungewiß; aber mit dessen Grundanschauungen wurde er vertraut, und sie erweckten seinen ungestümen Freiheitsdrang (vgl. Johannes Schmidt, S. und Rousseau, Berl. 1876). Seit 1776 erschienen im »Schwäbischen Magazin« einzelne Proben seiner Lyrik. 1777–78 begann die Ausarbeitung seines Trauerspiels: » Die Räuber«. Um den literarischen Bestrebungen freier huldigen zu können, ersehnte S. seine alsbaldige Entlassung aus der Militärakademie. Aber die 1779 eingereichte Abhandlung »Philosophie der Physiologie« wurde um ihres »zu vielen Feuers« willen vom Herzog abgelehnt; erst im Dezember 1780 erreichte S. auf Grund seiner Abhandlung »Versuch über den Zusammenhang der tierischen Natur des Menschen mit seiner geistigen« (Stuttg. 1780) das ersehnte Ziel. Er wurde zum Medikus ohne Portepee beim Grenadierregiment des Generals Auge mit 18 Gulden Monatsgage ernannt und erfuhr damit, da Herzog Karl eine gute Versorgung in Aussicht gestellt hatte, eine neue Enttäuschung. Von Dichtungen entstanden in dieser Zeit hauptsächlich noch die überschwenglichen Oden »An Laura«, zu denen eine Stuttgarter Hauptmannswitwe, Frau Vischer, den ersten Anlaß gegeben haben mag. Es herrscht in ihnen wie in fast allen Jugenddichtungen Schillers jene ungeläuterte Kraftgenialität, die am gewaltigsten in den »Räubern« zum Ausbruch kam. Seit Goethes »Götz« und »Werther« hatte kein dichterisches Erzeugnis solchen Eindruck auf die Zeitgenossen gemacht. Ganz von Rousseauschen Ideen erfüllt, hinreißend durch die Wucht dramatischen Lebens, erzielte das Werk bei der ersten Aufführung, die im Januar 1782 auf der Mannheimer Hof- und Nationalbühne mit Iffland in der Rolle des Franz Moor stattfand, auch in der von dem Intendanten H. v. Dalberg beeinflußten, manche Verschlechterung aufweisenden Bühnenbearbeitung Schillers einen großartigen Erfolg. Beglückt hierdurch, widmete sich der Dichter bald der Vollendung seiner zweiten Tragödie: »Die Verschwörung des Fiesco zu Genua«. Gleichzeitig gab er aus Opposition gegen F. G. Stäudlins »Schwäbischen Musenalmanach« eine »Anthologie auf das Jahr 1782« heraus, die zum größten Teil Dichtungen von ihm selbst darbot.

Aber während seine literarische Tätigkeit in diesem Aufschwung begriffen war, zogen schwere Wetter über S. heraus. Im Mai hatte er einer Wiederholung der »Räuber« mit Frau v. Wolzogen, der Mutter zweier ihm befreundeten Karlsschüler, beigewohnt und war deshalb heimlich nach Mannheim gereist. Diese Reise und der Umstand, daß eine Stelle in den »Räubern« in Graubünden Anstoß erregt hatte, zogen ihm außer einer Arreststrafe (während deren Abbüßung er »Kabale und Liebe« konzipierte) das Verbot des Herzogs zu, fernerhin »Komödien« oder sonst dergleichen zu schreiben. Das gab den Anstoß zu dem Plan Schillers, sich durch die Flucht dem Druck des heimischen Despotismus zu entziehen. In der Nacht vom 22. zum 23. Sept. 1782, während die ganze Bevölkerung durch ein glänzendes Hoffest in Anspruch genommen war, verließ der Dichter in Begleitung seines treuen Freundes, des Musikers Andreas Streicher, Stuttgart, am 24. traf er in Mannheim ein (vgl. A. Streicher), Schillers Flucht von Stuttgart und Aufenthalt in Mannheim von 1782–1785, Stuttg. 1836; Neudrucke von Hans Hofmann, Berl. 1905, in Landsbergs »Museum«, das. 1905, und in Reclams Universal-Bibliothek). Er brachte den »Fiesco« fast vollendet mit, der aber bei den Mannheimer Theaterleitern zunächst wenig Beifall fand. Auch fühlte sich S. in Mannheim nicht sicher genug; Ende September wanderte er daher mit Streicher weiter nach Frankfurt, dann nahmen die Freunde im Dorf Oggersheim bei Mannheim in armseliger Wirtsstube Wohnung und hausten dort sieben entbehrungsreiche Wochen hindurch, während deren größere Bruchstücke des bürgerlichen Trauerspiels »Luise Millerin« (später »Kabale und Liebe« betitelt) ausgeführt und der »Fiesco« umgearbeitet wurde, ohne aber auch jetzt zur Ausführung angenommen zu werden. Anfang Dezember öffnete sich dem Dichter ein besserer Zufluchtsort. Einer schon in Stuttgart an ihn ergangenen Einladung der Frau v. Wolzogen folgend, begab er sich auf deren Gut Bauerbach bei Meiningen. »Fiesco« war inzwischen von dem Mannheimer Buchhändler Schwan in Verlag genommen worden und erschien alsbald (1783). Der Plan dieses Werkes, dessen Stoff dem Dichter durch eine Empfehlung Rousseaus anziehend geworden war, hatte während der Ausarbeitung erhebliche Veränderungen erfahren: aus einem republikanischen Freiheitsdrama war ein »Gemälde des wirkenden und gestürzten Ehrgeizes« geworden, eine Schöpfung ungleichen Wertes, in der Charakterzeichnung teils sehr gelungen (Fiesco, Mohr), teils verfehlt, im Aufbau anfechtbar, in der Sprache oft kraftvoll, oft bombastisch. In der winterlichen Stille des Bauerbacher Aufenthalts, wo S. von Liebe zu Charlotte v. Wolzogen, der Tochter seiner Gönnerin, ergriffen wurde, gelang ihm die Vollendung der »Luise Millerin«, und im März 1783 entwarf er den »Don Carlos«. Der freundschaftliche Verkehr mit dem Meininger Bibliothekar Reinwald, der später Schillers Schwester Christophine heiratete, brachte dem Dichter Unterhaltung und Förderung in seine oft beklemmende Einsamkeit. Im Juli 1783 kehrte er nach Mannheim zurück, wo er im August von dem Intendanten Dalberg, der sich jetzt wieder entgegenkommend zeigte, zum Theaterdichter für die dortige Bühne engagiert wurde. Im April 1784 ging »Kabale und Liebe« zuerst über die Mannheimer Bretter und fand begeisterten Beifall. In diesem Stück hatte S. die vollendetste seiner Jugendtragödien, das höchste Meisterwerk in der neuen Gattung des bürgerlichen Trauerspiels geschaffen. Es stellte Zustände der traurigsten damaligen Wirklichkeit dar mit gelegentlich greller Zeichnung, aber doch mit echt poetischer Leidenschaft und Kraft der Charakteristik. Der Erfolg hob Schillers Lebensmut, ohne den materiellen Bedrängnissen des auch von Krankheit oft heimgesuchten Dichters ein Ende zu bereiten. Erfreulich war ihm die Aufnahme in die vom Kurfürsten protegierte Kurpfälzische Deutsche Gesellschaft (Februar 1784), in der er sich (26. Juni) durch den Vortrag seiner noch ganz in moralisierenden Anschauungen befangenen Abhandlung: »Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet«, einführte. Inzwischen war S. an die Ausarbeitung des »Don Carlos« gegangen, wobei er sich zum erstenmal im Drama des fünffüßigen Jambus bediente (vgl. Zarncke, Über den fünffüßigen Jambus etc., in den »Goethe-Schriften«, Leipz. 1897). Den ersten Akt des Werkes, von dem S. größere Bruchstücke in seiner Zeitschrift »Rheinische Thalia« (später einfach »Thalia«, zuletzt »Neue Thalia«) veröffentlichte, las er Weihnachten 1784 am Darmstädter Hof in Gegenwart des Herzogs Karl August von Weimar vor, der ihm darauf den Titel eines herzoglichen Rates verlieh. Nur langsam gedieh die Fortsetzung des Dramas, besonders auch infolge der leidenschaftlichen Wirren, in die S. durch die Liebe zu Charlotte v. Kalb geriet; hiervon legen die Gedichte »Freigeisterei der Leidenschaft« und »Resignation« interessantes Zeugnis ab. Dazu kam drückende Geldnot. Aber auch Unannehmlichkeiten mit den Schauspielern und dem Intendanten verleideten ihm den Aufenthalt in Mannheim, so daß S. gern der Einladung mehrerer Verehrer (die ihm schon im Juni 1784 Beweise ihrer hingebenden Bewunderung gegeben hatten), nach Leipzig zu kommen, folgte. Ende April traf S. dort ein, wo die Schwestern Minna und Dora Stock sowie deren Verlobte Ferd. Huber und später Gottfried Körner, die Seele dieses ideal gesinnten Kreises, ihm mit feinsinnigem Verständnis entgegenkamen und Körner ihm Befreiung von seiner materiellen Not bereitete. Nach Monaten voll enthusiastischen Glückes, während deren S. in dem nahe bei Leipzig gelegenen Dorfe Gohlis wohnte, folgte er dem neuvermählten Freunde Körner im September nach Dresden, wo er das Lied »An die Freude« schrieb und den »Don Carlos« langsam zum Abschluß brachte. Diese Dichtung, deren Plan während der Ausarbeitung wesentliche Veränderungen erfahren hatte (vgl. Elster, Zur Entstehungsgeschichte des »Don Carlos«, Halle 1889), offenbarte des Dichters pathetisches Freiheitsgefühl in hinreißender Vollendung und enthielt in der Schilderung von Liebe und Freundschaft eine Reihe ergreifender Szenen, die das früher von S. Geleistete wesentlich übertrafen; doch die Einheit der Handlung war während der langen Entstehung verloren gegangen. In den Erzählungen »Der Verbrecher aus Infamie« (später »Der Verbrecher aus verlorner Ehre«) und »Der Geisterseher« (gedruckt 1789; vgl. A. v. Hanstein, Wie entstand Schillers »Geisterseher«?, Berl. 1903) bewies S., daß ihm auch die Gabe des Erzählers keineswegs abging, und in den durch die Gespräche mit Körner angeregten »Briefen des Julius an Raphael« setzte er die philosophischen Erörterungen seiner akademischen Jahre mit größerm Erfolg fort. Während des Dresdener Aufenthalts wurde der Dichter abermals in ein leidenschaftliches Herzensverhältnis gezogen, aus dem er sich nur unter schweren Kämpfen befreite. Ein Fräulein Henriette v. Arnim hatte ihn in ihre Fesseln geschlagen. Im Juli 1787 riß S. sich von Dresden los. Eine Aufforderung Schröders, sein Talent für dessen Bühne zu verwerten und nach Hamburg zu kommen, lehnte er ab; Frau v. Kalb wünschte ihn in Weimar zu sehen, wohin ihn noch andre Interessen zogen.

So langte S. im Juli 1787 in der Musenstadt an, wo er achtungsvolle Aufnahme fand und die herzlichen Beziehungen zu Charlotte v. Kalb erneuerte. Ende 1787 besuchte er in Rudolstadt die Witwe des Oberjägermeisters v. Lengefeld, die er nebst ihren geistvollen und liebenswürdigen Töchtern Karoline und Lotte bereits 1784 in Mannheim flüchtig gesprochen hatte. Im Mai 1788 siedelte er in das nahe bei Rudolstadt gelegene Dorf Volkstedt über; am 9. Sept. lernte er im Lengefeldschen Hause Goethe kennen, zu dem sich aber einstweilen noch kein näheres Verhältnis herausbildete. Inzwischen hatte S. die »Geschichte des Abfalls der Niederlande« auszuarbeiten begonnen, deren erster und einziger Teil 1788 erschien, eine Schrift, die bei unzulänglicher Quellenkritik doch überall die geistvolle Auffassung und Darstellung des Dichters verrät. Daneben entstanden mehrere Gedichte, so im März 1788 »Die Götter Griechenlands«, jene berühmte Klage um die heimgegangene »Religion der Schönheit«, deren elegische Wahrheit die Polemik F. Leop. v. Stolbergs nicht aufzuheben vermochte; und durch die Lektüre Homers und die Übertragung Euripideischer Stücke versuchte S., das Griechentum sich trotz mangelnder Sprachkenntnis näherzubringen. Im November kehrte er nach Weimar zurück. Sein Herz jedoch blieb in Rudolstadt, wo er den Schwestern Karoline v. Beulwitz (die in ihrer Ehe nicht glücklich war) und Lotte v. Lengefeld gleich lebhafte Neigung widmete.

Im Dezember erhielt er durch Goethes Vermittelung einen Ruf als außerordentlicher (zunächst unbesoldeter) Professor der Geschichte nach Jena, dem er trotz einiger Bedenken gern folgte. Nachdem er im Winter sein inhaltreiches Gedicht »Die Künstler« unter Wielands Anteil und nach mannigfaltigen Änderungsvorschlägen Wielands langsam abgeschlossen hatte, trat er sein Lehramt im Mai mit der Vorlesung »Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte?« an und wurde von der Studentenschaft mit Jubel begrüßt. S., der im ganzen nur fünf Semester Vorlesungen gehalten hat, übte auch als Dozent auf einen engern Kreis von Zuhörern, unter denen Friedrich v. Hardenberg (Novalis) besonders genannt sei, einen starken Eindruck aus. Seit 1790 gab er eine Sammlung historischer Memoiren heraus und bald, 1791–93, trat er in Göschens »Historischem Damenkalender« mit einer neuen, umfangreichen Arbeit, der »Geschichte des Dreißigjährigen Krieges«, hervor, in der namentlich die ausgezeichneten Charakterbilder Wallensteins und Gustav Adolfs neben der durchweg fesselnden Darstellung zu rühmen sind. Im Juli 1789 hatte sich das Verhältnis des Dichters zu Lotte v. Lengefeld zum völligen Herzensbund gestaltet, und nachdem der Herzog Karl August zu Ende des Jahres einen kleinen Jahresgehalt (von 200 Tlr.) bewilligt hatte, schritten die beiden 22. Febr. 1790 in dem Dorfe Wenigenjena bei Jena vor den Altar. Das reiche, wenn auch durch fast erdrückende Arbeitslasten etwas beeinträchtigte Glück, das S. an Lottens Seite fand, erfuhr aber schon nach wenigen Monaten durch die schwere Erkrankung Schillers eine tiefgreifende Störung. Ein Brustleiden, von dem sich S. niemals wieder ganz erholen sollte, kam Anfang Januar im Hause des Koadjutors Karl v. Dalberg in Erfurt in einem Besorgnis erregenden Anfall zum Ausbruch, ein Rückfall im Mai ließ das Schlimmste befürchten, auch eine Erholungsreise nach Karlsbad, die S. im Sommer antrat, brachte keine Genesung; und besonders bedrückend für den leidenden Dichter war es, daß er, aller Erwerbsmittel beraubt, dem grauen Gespenst der Not entgegensah. In dieser Lage kam unerwartete Hilfe aus weiter Ferne. Ein eifriger Verehrer Schillers, der dänische Dichter Jens Baggesen, hatte auf die falsche Nachricht von Schillers Tod in Hellebeck auf Seeland eine empfindsame Gedächtnisfeier veranstaltet; als er erfuhr, daß S. noch lebe, aber unter materieller Bedrängnis schwer leide, veranlaßte er zwei hochgestellte Teilnehmer jener Feier, den Grafen Ernst Heinrich v. Schimmelmann (geb. 1747, seit 1784 dänischer Finanzminister) und den Prinzen Friedrich Christian von Schleswig-Holstein-Augustenburg (geb. 1765, Schwiegersohn des Königs, seit 1790 Leiter des Unterrichtswesens in Dänemark), den gefühlvollen Worten die edle Tat folgen zu lassen und dem großen Dichter über seine Not hinwegzuhelfen. Sie taten es, indem sie S. in der denkbar zartesten Form, ohne irgendeine Gegenforderung und allein von reinster Menschenliebe getrieben, für drei Jahre eine jährliche Unterstützung von 1000 Tlr. (3600 Mk.) anzunehmen baten. S. griff bewegten Herzens zu, und unabsehbar reich war der Segen jener Gabe. Denn sie setzte den Dichter instand, seinem Genius in stiller Sammlung die Klärung und Bereicherung zuteil werden zu lassen, an der ihn die Hast des Gelderwerbes behindert hätte: er vertiefte sich in die Kantsche Philosophie, durch die seine Weltanschauung und seine Kunstübung eine wesentliche Umgestaltung erfuhr und erst zu jener Höhe emporstieg, die wir in den nun bald folgenden Meisterwerken Schillers bewundern. Vor allem den ästhetischen Problemen zugewandt, legte er die Ergebnisse seines Nachdenkens in einer Reihe gehaltvoller Abhandlungen nieder, die einen dauernden Gewinn der Kunstlehre bedeuten. Auf die noch sehr anfechtbaren Aufsätze »Über den Grund des Vergnügens an tragischen Gegenständen« und »Über die tragische Kunst«, die er 1792 in der »Thalia« veröffentlichte, folgten interessante, aber in der Hauptsache gleichfalls noch mißlungene Versuche, die von Kant gegebene subjektive Grundlegung des Schönen durch eine Charakteristik des ästhetischen Objekts zu ergänzen; sie sollten in einer unvollendet gebliebenen Schrift »Kallias« genauere Erörterung finden, für die uns die ausführlichen Briefe an Körner vom Februar 1793 Ersatz bieten dürften. Schön sind nach S. die Objekte des Lebens dann, wenn sie, in Analogie zu dem transzendentalen Freiheitsbegriff der Kantschen Lehre, auf freier Selbstbestimmung zu beruhen scheinen, wenn sie also, obwohl der Erscheinungswelt angehörend, an jener transzendentalen Freiheit teilnehmen, kurz: schön ist nach S. die Freiheit in der Erscheinung. Über diese keineswegs einwandfreie Formel hinaus gelangte S. in der Abhandlung »Über Anmut und Würde« (1793), in der er eine wertvolle Kennzeichnung zweier ästhetischer Lebensbegriffe gibt: er erblickt die Anmut dort, wo sich Neigung und Pflichtgebot in der Seele zu vollkommener Harmonie zusammengefunden haben, Würde dagegen in dem Sieg der Vernunft über die sinnliche Regung. Sein Bestes bot er aber in der Schrift »Über die ästhetische Erziehung des Menschen«, die aus Briefen, die S. an den Herzog von Augustenburg richtete, hervorgegangen sind (die Originale sind durch eine Feuersbrunst verloren gegangen, eine Abschrift wurde von Michelsen, Berl. 1876, veröffentlicht; vgl. Breul, Die ursprüngliche und die umgearbeitete Fassung der Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen, in der »Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur«, Bd. 28, das. 1884). Eine vollständige Wiedergeburt der in politischen Wirrnissen verkommenen Menschheit (S., anfangs ein Freund der französischen Revolution, hatte sich seit der Hinrichtung Ludwigs XVI. mit Abscheu von ihr abgewandt) erwartet er hier allein durch eine ästhetische Veredelung der Gefühle und Triebe; er findet, zu Kants subjektivistischer Auffassung zurückkehrend, den ästhetischen Zustand dort, wo der Mensch die Eindrücke der den Lebensstoff uns darbietenden Sinnlichkeit frei auf sich wirken läßt, ohne ihn durch die Eingriffe seines Begehrens und seiner Vernunft zu verändern, wo er sich an ihnen wie an einem freien Spiel ergötzt; S. erblickt in dem von ihm genauer charakterisierten Spieltrieb das Bezeichnende des ästhetischen Verhaltens. Von gleichgroßer Bedeutung wie diese Schrift ist die Abhandlung »Über naive und sentimentalische Dichtung«, die er in den »Horen« 1795 und 1796 veröffentlichte: in ihr sucht er namentlich in der Beschreibung der subjektiven (sentimentalischen) Auffassungsweise eine Reihe charakteristischer Grundstimmungen (das Pathetische, Satirische, Elegische und Idyllische) in sehr fruchtbringender Weise zu unterscheiden.

Schillers Gesundheit besserte sich langsam; eine mit der Gattin unternommene Reise in die schwäbische Heimat (vom August 1793 bis Mai 1794) tat ihm wohl, erfreute ihn durch das Wiedersehen mit den geliebten Eltern und brachte ihm die für die Folge wertvolle geschäftliche Verbindung mit dem Buchhändler Cotta. Mit ihm einigte er sich über die Herausgabe der Monatsschrift »Die Horen« (1795–97) und des »Musenalmanachs« (1795–1800), und die Sorge für jene Zeitschrift veranlaßte ihn, auch Goethe als Mitarbeiter zu werben und damit eine Verbindung anzuknüpfen, die für seine geistige Entwickelung noch bedeutsamer wurde als das Studium der Kantschen Philosophie. Goethe sagte seine Beteiligung zu, und S. gewann den größten Mann der Zeit durch den an ihn gerichteten, von tiefstem Verständnis zeugenden Brief vom 23. Aug. 1794 sowie durch die bei einem längern Besuch in Goethes Haus im September ausgetauschten Gespräche zum innigst teilnehmenden Freunde. Es stellte sich bei der jetzigen Entwickelung von Schillers Geistesleben eine weitgehende Übereinstimmung der Grundanschauungen der beiden Dichter heraus. Der Segen dieses Bundes war unermeßbar: Goethes stockende Produktion wurde durch Schillers anfeuernde Teilnahme zu reichster Betätigung angeregt, S. fand in dem anschaulichen Denken und der rastlosen Vielseitigkeit des neuen Freundes ein immer aufs neue tief von ihm bewundertes Vorbild. So erblühte denn beiden ein neuer Lenz des Lebens und der Dichtung. Bald sich abwendend von den abstrakten Begriffsgespinsten der Philosophie, eröffnete S. gemeinschaftlich mit Goethe in den scharfgeschliffenen Epigrammen der »Xenien«, die im »Musenalmanach« für 1797 erschienen (beste Ausg. von Erich Schmidt und Suphan, Weim. 1893), ein glänzendes Strafgericht gegen die charakterlose Minderjährigkeit der meisten Führer der zeitgenössischen Poesie und Wissenschaft, und im nächsten Bande des Almanachs bot S. (ebenso wie Goethe) einen großen Teil jener eindrucksvollen Balladen dar, die seine Beliebtheit beim Publikum steigerten und befestigten (vgl. Elster im »Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts«, 1904): durch geistvolle Behandlung des Schicksalsproblems, sittliche Hoheit, bewegt dramatisches Leben und eine weitgehende Deutlichkeit der Darstellung schuf S. hier einen ganz neuen Typus dieser poetischen Gattung. Vor allem aber betrat er nach jahrelangem Zögern jetzt als ein völlig Veränderter wiederum das Gebiet der dramatischen Dichtung: nachdem er den schon 1791 entworfenen Plan des »Wallenstein« 1796 gänzlich umgearbeitet hatte, führte er das Werk 1799 zu glorreichem Abschluß. Bereichert durch die Ideen von Realismus und Idealismus, die er in der Abhandlung »Über naive und sentimentalische Dichtung« ausgeführt hatte, seine geistvollen Gedanken über das Problem des Schicksals mannigfach verwertend und allein mit der reinen Liebe des Künstlers, ohne einseitige Parteinahme für die Gestalten seiner Dichtung schaffend, entwarf er ein dramatisches Charaktergemälde von tiefgreifender tragischer Gewalt, das alle seine bisherigen Leistungen in den Schatten stellte (vgl. Kühnemann, Die Kantischen Studien Schillers und die Komposition des »Wallenstein«, Marb. 1889). In dem nächsten Drama, »Maria Stuart« (1800), erweiterte er die historische Überlieferung durch glückliche Erfindungen, wählte unter Anlehnung an den »König Ödipus« des Sophokles einen eigenartigen, an die analytische Technik sich anlehnenden Bau und zeichnete namentlich in dem packenden dritten und dem hoheitsvollen fünften Akte das zu Herzen greifende Bild einer durch die Schläge des Schicksals geläuterten liebenswerten Sünderin. Auch in dem nächsten Werke, der »Jungfrau von Orleans« (1801), wich er in der Gestaltung der von vielen Dichtern behandelten Geschichte der Jeanne d'Arc in wesentlichen Zügen von der Überlieferung ab, hob aber den Kern der romantisch wunderreichen Vorgänge in stimmungsvollster Poesie eindrucksvoll heraus, wenn auch die Fülle der an sich sehr gelungenen lyrischen Einlagen, die Kampfszenen und der große Aufzug etwas opernhaft erscheinen und die tragische Schuld der plötzlich von Liebe zum Feinde des Vaterlandes ergriffenen Heldin nicht überzeugend herausgearbeitet ist. Vollends in der an Leisewitz' »Julius von Tarent« und an einzelne antike Motive (Herodot, Hygin) angelehnten »Braut von Messina« (1803) geht S. in kühner Neubelebung der antiken Schicksalsauffassung und des Chors der griechischen Tragödie in der Nichtachtung der Norm des zeitgemäßen Lebensgehaltes recht weit und verstößt auch öfters gegen die Gesetze der Wahrscheinlichkeit; aber die Tragik dieses Werkes ist erschütternd, und die Sprache, namentlich in den Chorgesängen, von hinreißendem Zauber. Von allen ästhetischen Experimenten frei hielt er sich bei der Behandlung des von Goethe ihm überlassenen Stoffes des »Wilhelm Tell« (1804). Unter engem Anschluß an die poetisch brauchbare Überlieferung (namentlich Tschudi), erschloß er in dem durch köstliche Milieuschilderung ausgezeichneten Werke die gewaltige Freiheitsbewegung des nationalen Gesamtbewußtseins, machte, pedantischen Regeln zum Trotz, das ganze Volk der Eidgenossen zum Helden des Dramas, isolierte (Goethes Winken folgend) die Person des Tell in einer bedeutsamen Parallelhandlung und erfüllte das durch glänzende Einzelheiten hervorragende Drama mit dem hinreißenden Pathos seiner großen und liebenswerten Seele. Auch in den Fragmenten seines »Demetrius« (beste Ausg. von Kettner, Weim. 1894), in denen er einen dem lange gehegten Plan des »Warbeck« nahe verwandten Gegenstand behandelte, bewährte er in der psychologischen Vertiefung des Hauptproblems (Demetrius erfährt erst im Verlauf der Handlung, daß er nicht der berechtigte Erbe des Thrones ist, und spielt gleichwohl seine Rolle weiter), in der glänzenden Bühnenszene des polnischen Reichstags, dem Monolog der Marfa etc. die höchste Vollendung seiner Kunst.

Neben diesen Meisterdramen verfaßte S. eine Reihe tiefsinniger Reflexionsgedichte (»Das Ideal und das Leben«, »Das Glück«, »Der Tanz«, »Nänie« etc.), großartige lyrische Kulturgemälde von zum Teil welthistorischen Perspektiven (»Das Eleusische Fest«, »Der Spaziergang«, »Das Lied von der Glocke« etc.), übersetzte und bearbeitete mehrere Dramen, wie Picards »Der Neffe als Onkel« und »Der Parasit«, Gozzis »Turandot«, Racines »Phädra«, Shakespeares »Macbeth« u.a., und schrieb das zierliche höfische Gelegenheitsstück »Die Huldigung der Künste«. Er war, nachdem er 1798 zum ordentlichen Honorarprofessor ernannt worden war, 1799 nach Weimar übergesiedelt, wo er an der idealistischen Bühnenreform Goethes tätigen Anteil nahm und die letzten Jahre seines Lebens sorgenfrei ganz ausschließlich seinen poetischen Arbeiten sich zuwenden konnte. 1802 wurde er auf Veranlassung des Herzogs Karl August vom Kaiser geadelt; der Jahresgehalt, den der Herzog 1799 auf 400 Tlr. erhöht hatte, wurde dem Dichter, als er 1804 eine Aufforderung, nach Berlin überzusiedeln, abgelehnt hatte, auf das Doppelte bemessen; von Jahr zu Jahr steigerte sich die Liebe und Verehrung, die S., soweit die deutsche Zunge klang, entgegengebracht wurde. Aber seine von früher Jugend an zarte Gesundheit erholte sich nicht wieder von den schweren Erschütterungen der 1790er Jahre; am 9. Mai 1805, zwischen 5 und 6 Uhr abends, endete ein sanfter Tod das Leben des Dichters, ehe er noch das 46. Jahr vollendet hatte. Der Trauer, die ganz Deutschland ergriff, wollte Goethe in einem Entwurf gebliebenen dramatischen Spiel Ausdruck geben; ausgeführt wurde von ihm der Epilog zu einer am 10. Aug. 1805 in Lauchstädt veranstalteten dramatischen Ausführung der »Glocke«; nach vielen Jahren, 1826, schrieb er noch das Terzinengedicht »Im ernsten Beinhaus war's, wo ich erschaute«, das der Erinnerung an den edlen Freund tiefsinnigen Ausdruck verleiht.

Neben der Wucht der Affekte und der unbeirrbaren Klarheit des sittlichen Willens zeichnet sich S. von Jugend an durch die Kraft des abstrakt begrifflichen Denkens aus; der deduktive, nicht der induktive Verstand war bei ihm stark entwickelt; in seiner Phantasietätigkeit überwiegt die Kombinationsgabe: die Fülle neuer Einfälle zerstört ihm gelegentlich, namentlich in den Werken der Jugend, die Einheit der Komposition; die Anschaulichkeit seiner Phantasie ist geringer bei ihm entwickelt, nimmt aber in den Jahren seiner Reise unter bewußter Beherzigung von Goethes Vorbild bedeutend zu. Der am meisten hervorragende Zug seines Wesens ist aber der unvergleichliche Idealismus seiner Weltanschauung, durch den er als die hehrste Lichtgestalt der deutschen Literatur der edelste Erzieher und der von hoch und niedrig gleich innig verehrte Liebling der Nation geworden ist.

Denkmäler in Erz und Stein erinnern an ihn an zahlreichen Orten. Am 8. Mai 1839 wurde die erste Schillerstatue (von Thorwaldsen) in Stuttgart, 4. Sept. 1857 das Doppelstandbild Schillers und Goethes (von Rietschel) in Weimar enthüllt. Andre Statuen von ihm sind in Mannheim (von K. Cauer, 1862), Mainz (von Scholl, 1862), München (von Widnmann, 1863), Frankfurt a. M. (von Dielmann, 1864), Hannover (von Engelhard), Hamburg (von Lippelt, 1864), Berlin (von Reinh. Begas, 1871), Wien (von Schilling, 1876, s. Tafel »Wiener Denkmäler I«), Marbach (von Rau, 1876), Ludwigsburg (von v. Hofer, 1883) u.a. errichtet. Während Schillers Aufenthalt in Stuttgart 1794 modellierte sein Jugendfreund Dannecker (s. d.) seinen Kopf und führte danach später mehrere vortreffliche Büsten aus. Die besten Porträte Schillers sind die von Graff (1786) und von Ludovika Simanowitz (1793); s. beifolgende Tafel. Auch hat das dankbare Andenken an den Lieblingsdichter der Nation an mehreren Orten Schillervereine hervorgerufen, und der 1859 in Dresden entstandene Verein zur Unterstützung verdienter und hilfsbedürftiger deutscher Schriftsteller trägt seinen Namen (s. Schillerstiftung).

Wallenstein

Prolog

Gesprochen bei Wiedereröffnung der Schaubühne in Weimar im Oktober 1798

Der scherzenden, der ernsten Maske Spiel, Dem ihr so oft ein willig Ohr und Auge Geliehn, die weiche Seele hingegeben, Vereinigt uns aufs neu in diesem Saal – Und sieh! er hat sich neu verjüngt, ihn hat Die Kunst zum heitern Tempel ausgeschmückt, Und ein harmonisch hoher Geist spricht uns Aus dieser edeln Säulenordnung an Und regt den Sinn zu festlichen Gefühlen.

Und doch ist dies der alte Schauplatz noch, Die Wiege mancher jugendlichen Kräfte, Die Laufbahn manches wachsenden Talents. Wir sind die alten noch, die sich vor euch Mit warmem Trieb und Eifer ausgebildet. Ein edler Meister stand auf diesem Platz, Euch in die heitern Höhen seiner Kunst Durch seinen Schöpfergenius entzückend. Oh! möge dieses Raumes neue Würde Die Würdigsten in unsre Mitte ziehn, Und eine Hoffnung, die wir lang gehegt, Sich uns in glänzender Erfüllung zeigen. Ein großes Muster weckt Nacheiferung Und gibt dem Urteil höhere Gesetze. So stehe dieser Kreis, die neue Bühne Als Zeugen des vollendeten Talents. Wo möcht' es auch die Kräfte lieber prüfen, Den alten Ruhm erfrischen und verjüngen, Als hier vor einem auserlesnen Kreis, Der, rührbar jedem Zauberschlag der Kunst, Mit leisbeweglichem Gefühl den Geist In seiner flüchtigsten Erscheinung hascht?

Denn schnell und spurlos geht des Mimen Kunst, Die wunderbare, an dem Sinn vorüber, Wenn das Gebild des Meißels, der Gesang Des Dichters nach Jahrtausenden noch leben. Hier stirbt der Zauber mit dem Künstler ab, Und wie der Klang verhallet in dem Ohr, Verrauscht des Augenblicks geschwinde Schöpfung, Und ihren Ruhm bewahrt kein dauernd Werk. Schwer ist die Kunst, vergänglich ist ihr Preis, Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze; Drum muß er geizen mit der Gegenwart, Den Augenblick, der sein ist, ganz erfüllen, Muß seiner Mitwelt mächtig sich versichern Und im Gefühl der Würdigsten und Besten Ein lebend Denkmal sich erbaun – So nimmt er Sich seines Namens Ewigkeit voraus. Denn wer den Besten seiner Zeit genug Getan, der hat gelebt für alle Zeiten.

Die neue Ära, die der Kunst Thaliens Auf dieser Bühne heut beginnt, macht auch Den Dichter kühn, die alte Bahn verlassend, Euch aus des Bürgerlebens engem Kreis Auf einen höhern Schauplatz zu versetzen, Nicht unwert des erhabenen Moments Der Zeit, in dem wir strebend uns bewegen. Denn nur der große Gegenstand vermag Den tiefen Grund der Menschheit aufzuregen; Im engen Kreis verengert sich der Sinn, Es wächst der Mensch mit seinen größern Zwecken.

Und jetzt an des Jahrhunderts ernstem Ende, Wo selbst die Wirklichkeit zur Dichtung wird, Wo wir den Kampf gewaltiger Naturen Um ein bedeutend Ziel vor Augen sehn Und um der Menschheit große Gegenstände, Um Herrschaft und um Freiheit wird gerungen – Jetzt darf die Kunst auf ihrer Schattenbühne Auch höhern Flug versuchen, ja sie muß, Soll nicht des Lebens Bühne sie beschämen.

Zerfallen sehen wir in diesen Tagen Die alte feste Form, die einst vor hundert Und fünfzig Jahren ein willkommner Friede Europens Reichen gab, die teure Frucht Von dreißig jammervollen Kriegesjahren. Noch einmal laßt des Dichters Phantasie Die düstre Zeit an euch vorüberführen, Und blicket froher in die Gegenwart Und in der Zukunft hoffnungsreiche Ferne.

In jenes Krieges Mitte stellt euch jetzt Der Dichter. Sechzehn Jahre der Verwüstung, Des Raubs, des Elends sind dahingeflohn, In trüben Massen gäret noch die Welt, Und keine Friedenshoffnung strahlt von fern. Ein Tummelplatz von Waffen ist das Reich, Verödet sind die Städte, Magdeburg Ist Schutt, Gewerb und Kunstfleiß liegen nieder, Der Bürger gilt nichts mehr, der Krieger alles, Straflose Frechheit spricht den Sitten Hohn, Und rohe Horden lagern sich, verwildert Im langen Krieg, auf dem verheerten Boden.

Auf diesem finstern Zeitgrund malet sich Ein Unternehmen kühnen Übermuts Und ein verwegener Charakter ab. Ihr kennet ihn – den Schöpfer kühner Heere, Des Lagers Abgott und der Länder Geißel, Die Stütze und den Schrecken seines Kaisers, Des Glückes abenteuerlichen Sohn, Der, von der Zeiten Gunst emporgetragen, Der Ehre höchste Staffeln rasch erstieg Und, ungesättigt immer weiter strebend, Der unbezähmten Ehrsucht Opfer fiel. Von der Parteien Gunst und Haß verwirrt Schwankt sein Charakterbild in der Geschichte; Doch euren Augen soll ihn jetzt die Kunst, Auch eurem Herzen menschlich näher bringen. Denn jedes Äußerste führt sie, die alles Begrenzt und bindet, zur Natur zurück, Sie sieht den Menschen in des Lebens Drang Und wälzt die größre Hälfte seiner Schuld Den unglückseligen Gestirnen zu.

Nicht er ist's, der auf dieser Bühne heut Erscheinen wird. Doch in den kühnen Scharen, Die sein Befehl gewaltig lenkt, sein Geist Beseelt, wird euch sein Schattenbild begegnen, Bis ihn die scheue Muse selbst vor euch Zu stellen wagt in lebender Gestalt; Denn seine Macht ist's, die sein Herz verführt, Sein Lager nur erkläret sein Verbrechen.

Darum verzeiht dem Dichter, wenn er euch Nicht raschen Schritts mit einem Mal ans Ziel Der Handlung reißt, den großen Gegenstand In einer Reihe von Gemälden nur Vor euren Augen abzurollen wagt. Das heut'ge Spiel gewinne euer Ohr Und euer Herz den ungewohnten Tönen; In jenen Zeitraum führ' es euch zurück, Auf jene fremde kriegerische Bühne, Die unser Held mit seinen Taten bald Erfüllen wird. Und wenn die Muse heut, Des Tanzes freie Göttin und Gesangs, Ihr altes deutsches Recht, des Reimes Spiel, Bescheiden wieder fordert – tadelt's nicht! Ja danket ihr's, daß sie das düstre Bild Der Wahrheit in das heitre Reich der Kunst Hinüberspielt, die Täuschung, die sie schafft, Aufrichtig selbst zerstört und ihren Schein Der Wahrheit nicht betrüglich unterschiebt; Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst.

Wallensteins Lager

Personen

Wachtmeister; Trompeter, von einem Terzkyschen Karabinier-Regiment

Konstabler

Scharfschützen

Zwei Holkische reitende Jäger

Buttlerische Dragoner

Arkebusiere vom Regiment Tiefenbach

Kürassier von einem wallonischen Regiment

Kürassier von einem lombardischen Regiment

Kroaten

Ulanen

Rekrut

Bürger

Bauer

Bauerknabe

Kapuziner

Soldatenschulmeister

Marketenderin

Eine Aufwärterin

Soldatenjungen

Hoboisten

Vor der Stadt Pilsen in Böhmen

Erster Auftritt

Marketenderzelte, davor eine Kram- und Trödelbude. Soldaten von allen Farben und Feldzeichen drängen sich durcheinander, alle Tische sind besetzt. Kroaten und Ulanen an einem Kohlfeuer kochen, Marketenderin schenkt Wein, Soldatenjungen würfeln auf einer Trommel, im Zelt wird gesungen.

Ein Bauer und sein Sohn.

Bauerknabe. Vater, es wird nicht gut ablaufen, Bleiben wir von dem Soldatenhaufen. Sind Euch gar trotzige Kameraden; Wenn sie uns nur nichts am Leibe schaden.

Bauer. Ei was! Sie werden uns ja nicht fressen, Treiben sie's auch ein wenig vermessen. Siehst du? sind neue Völker herein, Kommen frisch von der Saal' und dem Main, Bringen Beut' mit, die rarsten Sachen! Unser ist's, wenn wir's nur listig machen. Ein Hauptmann, den ein andrer erstach, Ließ mir ein paar glückliche Würfel nach. Die will ich heut einmal probieren, Ob sie die alte Kraft noch führen. Mußt dich nur recht erbärmlich stellen, Sind dir gar lockere, leichte Gesellen. Lassen sich gerne schöntun und loben, So wie gewonnen, so ist's zerstoben. Nehmen sie uns das Unsre in Scheffeln, Müssen wir's wiederbekommen in Löffeln; Schlagen sie grob mit dem Schwerte drein, So sind wir pfiffig und treiben's fein.

(Im Zelt wird gesungen und gejubelt.)

Wie sie juchzen – daß Gott erbarm! Alles das geht von des Bauern Felle. Schon acht Monate legt sich der Schwarm Uns in die Betten und in die Ställe, Weit herum ist in der ganzen Aue Keine Feder mehr, keine Klaue, Daß wir für Hunger und Elend schier Nagen müssen die eignen Knochen. War's doch nicht ärger und krauser hier, Als der Sachs noch im Lande tät pochen. Und die nennen sich Kaiserliche!

Bauerknabe. Vater, da kommen ein paar aus der Küche, Sehen nicht aus, als wär' viel zu nehmen.

Bauer. Sind Einheimische, geborne Böhmen, Von des Terschkas Karabinieren, Liegen schon lang in diesen Quartieren. Unter allen die Schlimmsten just, Spreizen sich, werfen sich in die Brust, Tun, als wenn sie zu fürnehm wären, Mit dem Bauer ein Glas zu leeren. Aber dort seh ich die drei scharfe Schützen Linker Hand um ein Feuer sitzen, Sehen mir aus wie Tiroler schier. Emmerich, komm! An die wollen wir, Lustige Vögel, die gerne schwatzen, Tragen sich sauber und führen Batzen.

(Gehen nach den Zelten.)

Zweiter Auftritt

Vorige. Wachtmeister. Trompeter. Ulan.

Trompeter. Was will der Bauer da? Fort, Halunk!

Bauer. Gnädige Herren, einen Bissen und Trunk! Haben heut noch nichts Warmes gegessen.

Trompeter. Ei, das muß immer saufen und fressen.

Ulan (mit einem Glase). Nichts gefrühstückt? Da trink, du Hund!

(Führt den Bauer nach dem Zelte; jene kommen vorwärts.)

Wachtmeister (zum Trompeter). Meinst du, man hab' uns ohne Grund Heute die doppelte Löhnung gegeben, Nur daß wir flott und lustig leben?

Trompeter. Die Herzogin kommt ja heute herein Mit dem fürstlichen Fräulein –

Wachtmeister. Das ist nur der Schein. Die Truppen, die aus fremden Landen Sich hier vor Pilsen zusammenfanden, Die sollen wir gleich an uns locken Mit gutem Schluck und guten Brocken, Damit sie sich gleich zufrieden finden Und fester sich mit uns verbinden.

Trompeter. Ja, es ist wieder was im Werke!

Wachtmeister. Die Herrn Generäle und Kommendanten –

Trompeter. Es ist gar nicht geheuer, wie ich merke.

Wachtmeister. Die sich so dick hier zusammenfanden –

Trompeter. Sind nicht für die Langweil herbemüht.

Wachtmeister. Und das Gemunkel und das Geschicke –

Trompeter. Ja! Ja!

Wachtmeister. Und von Wien die alte Perücke, Die man seit gestern herumgehn sieht, Mit der güldenen Gnadenkette, Das hat was zu bedeuten, ich wette.

Trompeter. Wieder so ein Spürhund, gebt nur acht, Der die Jagd auf den Herzog macht.

Wachtmeister. Merkst du wohl? sie trauen uns nicht, Fürchten des Friedländers heimlich Gesicht. Er ist ihnen zu hoch gestiegen, Möchten ihn gern herunter kriegen.

Trompeter. Aber wir halten ihn aufrecht, wir. Dächten doch alle wie ich und Ihr!

Wachtmeister. Unser Regiment und die andern vier, Die der Terschka anführt, des Herzogs Schwager, Das resoluteste Korps im Lager, Sind ihm ergeben und gewogen, Hat er uns selbst doch herangezogen. Alle Hauptleute setzt' er ein, Sind alle mit Leib und Leben sein.

Dritter Auftritt

Kroat mit einem Halsschmuck. Scharfschütze folgt. Vorige.

Scharfschütz. Kroat, wo hast du das Halsband gestohlen? Handle dir's ab! dir ist's doch nichts nütz. Geb dir dafür das Paar Terzerolen.

Kroat. Nix, nix! du willst mich betrügen, Schütz.

Scharfschütz. Nun! geb dir auch noch die blaue Mütz, Hab sie soeben im Glücksrad gewonnen. Siehst du? Sie ist zum höchsten Staat.

Kroat (läßt das Halsband in der Sonne spielen). 's ist aber von Perlen und edelm Granat. Schau, wie das flinkert in der Sonnen!

Scharfschütz (nimmt das Halsband). Die Feldflasche noch geb ich drein, (besieht es) Es ist mir nur um den schönen Schein.

Trompeter. Seht nur, wie der den Kroaten prellt! Halbpart, Schütze, so will ich schweigen.

Kroat (hat die Mütze aufgesetzt). Deine Mütze mir wohlgefällt.

Scharfschütz (winkt dem Trompeter). Wir tauschen hier! Die Herrn sind Zeugen!

Vierter Auftritt

Vorige. Konstabler.

Konstabler (tritt zum Wachtmeister). Wie ist's, Bruder Karabinier? Werden wir uns lang noch die Hände wärmen, Da die Feinde schon frisch im Feld herum schwärmen?

Wachtmeister. Tut's Ihm so eilig, Herr Konstabel? Die Wege sind noch nicht praktikabel.

Konstabler. Mir nicht. Ich sitze gemächlich hier;