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This is the third and final part of the Wallenstein trilogy by German playwright and mastermind Friedrich Schiller. The work as a whole produced a profound impression, and it is certainly Schiller's masterpiece in dramatic literature. He brings out with extraordinary vividness the ascendency of Wallenstein over the wild troops whom he has gathered around him, and at the same time we are made to see how the mighty general's schemes must necessarily end in ruin, not merely because a plot against him is skilfully prepared by vigilant enemies, but because he himself is lulled into a sense of security by superstitious belief in his supposed destiny as revealed to him by the stars. Wallenstein is the most subtle and complex of Schiller's dramatic conceptions, and it taxes the powers of the greatest actors to present an adequate rendering of the motives which explain his strange and dark career. The love-story of Max Piccolomini and Thekla is in its own way not less impressive than the story of Wallenstein with which it is interwoven. This is the bilingual edition of this literary masterpiece including the English and German versions of the play.
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Seitenzahl: 319
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Wallenstein's Tod
Death of Wallenstein
FRIEDRICH SCHILLER
SAMUEL TAYLOR COLERIDGE
Wallenstein's Tod/Death of Wallenstein, Schiller/Coleridge
Jazzybee Verlag Jürgen Beck
86450 Altenmünster, Loschberg 9
Deutschland
ISBN: 9783849652258
www.jazzybee-verlag.de
WALLENSTEINS TOD.. 1
PERSONEN.. 1
1. AKT.. 2
2. AKT.. 23
3. AKT.. 45
4. AKT.. 89
5. AKT.. 117
THE DEATH OF WALLENSTEIN.. 145
DRAMATIS PERSONAE.145
ACT I.146
ACT II.168
ACT III.189
ACT IV.230
ACT V.257
Wallenstein.
Octavio Piccolomini.
Max Piccolomini.
Terzky.
Illo.
Isolani.
Buttler.
Rittmeister Neumann.
Ein Adjutant.
Oberst Wrangel, von den Schweden gesendet.
Gordon, Kommandant von Eger.
Major Geraldin,
Deveroux,
Macdonald, Hauptleute in der Wallensteinischen Armee.
Schwedischer Hauptmann.
Eine Gesandtschaft von Kürassieren.
Bürgermeister von Eger.
Seni.
Herzogin von Friedland.
Gräfin Terzky.
Thekla.
Fräulein Neubrunn, Hofdame der Prinzessin.
Von Rosenberg, Stallmeister der Prinzessin.
Dragoner.
Bediente. Pagen. Volk.
Wallenstein. Seni.
WALLENSTEIN.
Laß es jetzt gut sein, Seni. Komm herab.
Der Tag bricht an, und Mars regiert die Stunde.
Es ist nicht gut mehr operieren. Komm!
Wir wissen gnug.
SENI.
Nur noch die Venus laß mich
Betrachten, Hoheit. Eben geht sie auf.
Wie eine Sonne glänzt sie in dem Osten.
WALLENSTEIN.
Ja, sie ist jetzt in ihrer Erdennäh
Und wirkt herab mit allen ihren Stärken.
Die Figur auf der Tafel betrachtend.
Glückseliger Aspekt! So stellt sich endlich
Die große Drei verhängnisvoll zusammen,
Und beide Segenssterne, Jupiter
Und Venus, nehmen den verderblichen,
Den tückschen Mars in ihre Mitte, zwingen
Den alten Schadenstifter mir zu dienen.
Denn lange war er feindlich mir gesinnt,
Und schoß mit senkrecht- oder schräger Strahlung
Bald im Gevierten, bald im Doppelschein
Die roten Blitze meinen Sternen zu,
Und störte ihre segenvollen Kräfte.
Jetzt haben sie den alten Feind besiegt,
Und bringen ihn am Himmel mir gefangen.
SENI.
Und beide große Lumina von keinem
Malefico beleidigt! der Saturn
Unschädlich, machtlos, in cadente domo.
WALLENSTEIN.
Saturnus' Reich ist aus, der die geheime
Geburt der Dinge in dem Erdenschoß
Und in den Tiefen des Gemüts beherrscht,
Und über allem, was das Licht scheut, waltet.
Nicht Zeit ists mehr zu brüten und zu sinnen,
Denn Jupiter, der glänzende, regiert
Und zieht das dunkel zubereitete Werk
Gewaltig in das Reich des Lichts – Jetzt muß
Gehandelt werden, schleunig, eh die Glücks-
Gestalt mir wieder wegflieht überm Haupt,
Denn stets in Wandlung ist der Himmelsbogen.
Es geschehen Schläge an die Tür.
Man pocht. Sieh, wer es ist.
TERZKY
draußen.
Laß öffnen!
WALLENSTEIN.
Es ist Terzky.
Was gibts so Dringendes? Wir sind beschäftigt.
TERZKY
draußen.
Leg alles jetzt bei Seit. Ich bitte dich.
Es leidet keinen Aufschub.
WALLENSTEIN.
Öffne, Seni.
Indem jener dem Terzky aufmacht, zieht Wallenstein den Vorhang vor die Bilder.
Wallenstein. Graf Terzky.
TERZKY
tritt ein.
Vernahmst dus schon? Er ist gefangen, ist
Vom Gallas schon dem Kaiser ausgeliefert!
WALLENSTEIN
zu Terzky.
Wer ist gefangen? Wer ist ausgeliefert?
TERZKY.
Wer unser ganz Geheimnis weiß, um jede
Verhandlung mit den Schweden weiß und Sachsen,
Durch dessen Hände alles ist gegangen –
WALLENSTEIN
zurückfahrend.
Sesin doch nicht? Sag nein, ich bitte dich.
TERZKY.
Grad auf dem Weg nach Regenspurg zum Schweden
Ergriffen ihn des Gallas Abgeschickte,
Der ihm schon lang die Fährte abgelauert.
Mein ganz Paket an Kinsky, Matthes Thurn,
An Oxenstirn, an Arnheim führt er bei sich,
Das alles ist in ihrer Hand, sie haben
Die Einsicht nun in alles, was geschehn.
Vorige. Illo kommt.
ILLO
zu Terzky.
Weiß ers?
TERZKY.
Er weiß es.
ILLO
zu Wallenstein.
Denkst du deinen Frieden
Nun noch zu machen mit dem Kaiser, sein
Vertraun zurückzurufen? wär es auch,
Du wolltest allen Planen jetzt entsagen,
Man weiß, was du gewollt hast. Vorwärts mußt du,
Denn rückwärts kannst du nun nicht mehr.
TERZKY.
Sie haben Dokumente gegen uns
In Händen, die unwidersprechlich zeugen –
WALLENSTEIN.
Von meiner Handschrift nichts. Dich straf ich Lügen.
ILLO.
So? Glaubst du wohl, was dieser da, dein
Schwager,
In deinem Namen unterhandelt hat,
Das werde man nicht dir auf Rechnung setzen?
Dem Schweden soll sein Wort für deines gelten,
Und deinen Wiener Feinden nicht!
TERZKY.
Du gabst nichts Schriftliches – Besinn dich aber,
Wie weit du mündlich gingst mit dem Sesin.
Und wird er schweigen? Wenn er sich mit deinem
Geheimnis retten kann, wird ers bewahren?
ILLO.
Das fällt dir selbst nicht ein! Und da sie nun
Berichtet sind, wie weit du schon gegangen,
Sprich! was erwartest du? Bewahren kannst du
Nicht länger dein Kommando, ohne Rettung
Bist du verloren, wenn dus niederlegst.
WALLENSTEIN.
Das Heer ist meine Sicherheit. Das Heer
Verläßt mich nicht. Was sie auch wissen mögen,
Die Macht ist mein, sie müssens niederschlucken,
– Und stell ich Kaution für meine Treu,
So müssen sie sich ganz zufriedengeben.
ILLO.
Das Heer ist dein; jetzt für den Augenblick
Ists dein; doch zittre vor der langsamen,
Der stillen Macht der Zeit. Vor offenbarer
Gewalt beschützt dich heute noch und morgen
Der Truppen Gunst; doch gönnst du ihnen Frist,
Sie werden unvermerkt die gute Meinung,
Worauf du jetzo fußest, untergraben,
Dir einen um den andern listig stehlen –
Bis, wenn der große Erdstoß nun geschieht,
Der treulos mürbe Bau zusammenbricht.
WALLENSTEIN.
Es ist ein böser Zufall!
ILLO.
O! einen glücklichen will ich ihn nennen,
Hat er auf dich die Wirkung, die er soll,
Treibt dich zu schneller Tat – Der schwedsche Oberst –
WALLENSTEIN.
Er ist gekommen? Weißt du, was er bringt?
ILLO.
Er will nur dir allein sich anvertraun.
WALLENSTEIN.
Ein böser, böser Zufall – Freilich! Freilich!
Sesina weiß zu viel und wird nicht schweigen.
TERZKY.
Er ist ein böhmischer Rebell und Flüchtling,
Sein Hals ist ihm verwirkt; kann er sich retten
Auf deine Kosten, wird er Anstand nehmen?
Und wenn sie auf der Folter ihn befragen,
Wird er, der Weichling, Stärke gnug besitzen? –
WALLENSTEIN
in Nachsinnen verloren.
Nicht herzustellen mehr ist das Vertraun.
Und mag ich handeln, wie ich will, ich werde
Ein Landsverräter ihnen sein und bleiben.
Und kehr ich noch so ehrlich auch zurück
Zu meiner Pflicht, es wird mir nichts mehr helfen –
ILLO.
Verderben wird es dich. Nicht deiner Treu,
Der Ohnmacht nur wirds zugeschrieben werden.
WALLENSTEIN
in heftiger Bewegung auf und ab gehend.
Wie? Sollt ichs nun in Ernst erfüllen müssen,
Weil ich zu frei gescherzt mit dem Gedanken?
Verflucht, wer mit dem Teufel spielt! –
ILLO.
Wenns nur dein Spiel gewesen, glaube mir,
Du wirsts in schwerem Ernste büßen müssen.
WALLENSTEIN.
Und müßt ichs in Erfüllung bringen, jetzt,
Jetzt, da die Macht noch mein ist, müßts geschehn –
ILLO.
Wo möglich, eh sie von dem Schlage sich
In Wien besinnen und zuvor dir kommen –
WALLENSTEIN
die Unterschriften betrachtend.
Das Wort der Generale hab ich schriftlich –
Max Piccolomini steht nicht hier. Warum nicht?
TERZKY.
Es war – er meinte –
ILLO.
Bloßer Eigendünkel!
Es brauche das nicht zwischen dir und ihm.
WALLENSTEIN.
Es braucht das nicht, er hat ganz recht –
Die Regimenter wollen nicht nach Flandern,
Sie haben eine Schrift mir übersandt,
Und widersetzen laut sich dem Befehl.
Der erste Schritt zum Aufruhr ist geschehn.
ILLO.
Glaub mir, du wirst sie leichter zu dem Feind,
Als zu dem Spanier hinüberführen.
WALLENSTEIN.
Ich will doch hören, was der Schwede mir
Zu sagen hat.
ILLO
pressiert.
Wollt Ihr ihn rufen, Terzky?
Er steht schon draußen.
WALLENSTEIN.
Warte noch ein wenig.
Er hat mich überrascht – Es kam zu schnell
– Ich bin es nicht gewohnt, daß mich der Zufall
Blind waltend, finster herrschend mit sich führe.
ILLO.
Hör ihn fürs erste nur. Erwägs nachher.
Sie gehen.
WALLENSTEIN
mit sich selbst redend.
Wärs möglich? Könnt ich nicht mehr, wie ich wollte?
Nicht mehr zurück, wie mirs beliebt? Ich müßte
Die Tat vollbringen, weil ich sie gedacht,
Nicht die Versuchung von mir wies – das Herz
Genährt mit diesem Traum, auf ungewisse
Erfüllung hin die Mittel mir gespart,
Die Wege bloß mir offen hab gehalten? –
Beim großen Gott des Himmels! Es war nicht
Mein Ernst, beschloßne Sache war es nie.
In dem Gedanken bloß gefiel ich mir;
Die Freiheit reizte mich und das Vermögen.
Wars unrecht, an dem Gaukelbilde mich
Der königlichen Hoffnung zu ergötzen?
Blieb in der Brust mir nicht der Wille frei,
Und sah ich nicht den guten Weg zur Seite,
Der mir die Rückkehr offen stets bewahrte?
Wohin denn seh ich plötzlich mich geführt?
Bahnlos liegts hinter mir, und eine Mauer
Aus meinen eignen Werten baut sich auf,
Die mir die Umkehr türmend hemmt! –
Er bleibt tiefsinnig stehen.
Strafbar erschein ich, und ich kann die Schuld,
Wie ichs versuchen mag! nicht von mir wälzen;
Denn mich verklagt der Doppelsinn des Lebens,
Und – selbst der frommen Quelle reine Tat
Wird der Verdacht, schlimmdeutend, mir vergiften.
War ich, wofür ich gelte, der Verräter,
Ich hätte mir den guten Schein gespart,
Die Hülle hätt ich dicht um mich gezogen,
Dem Unmut Stimme nie geliehn. Der Unschuld,
Des unverführten Willens mir bewußt,
Gab ich der Laune Raum, der Leidenschaft –
Kühn war das Wort, weil es die Tat nicht war.
Jetzt werden sie, was planlos ist geschehn,
Weitsehend, planvoll mir zusammenknüpfen,
Und was der Zorn, und was der frohe Mut
Mich sprechen ließ im Überfluß des Herzens,
Zu künstlichem Gewebe mir vereinen,
Und eine Klage furchtbar draus bereiten,
Dagegen ich verstummen muß. So hab ich
Mit eignem Netz verderblich mich umstrickt,
Und nur Gewalttat kann es reißend lösen.
Wiederum still stehend.
Wie anders! da des Mutes freier Trieb
Zur kühnen Tat mich zog, die rauh gebietend
Die Not jetzt, die Erhaltung von mir heischt.
Ernst ist der Anblick der Notwendigkeit.
Nicht ohne Schauder greift des Menschen Hand
In des Geschicks geheimnisvolle Urne.
In meiner Brust war meine Tat noch mein:
Einmal entlassen aus dem sichern Winkel
Des Herzens, ihrem mütterlichen Boden,
Hinausgegeben in des Lebens Fremde,
Gehört sie jenen tückschen Mächten an,
Die keines Menschen Kunst vertraulich macht.
Er macht heftige Schritte durchs Zimmer, dann bleibt er wieder sinnend stehen.
Und was ist dein Beginnen? Hast du dirs
Auch redlich selbst bekannt? Du willst die Macht,
Die ruhig, sicher thronende erschüttern,
Die in verjährt geheiligtem Besitz,
In der Gewohnheit festgegründet ruht,
Die an der Völker frommem Kinderglauben
Mit tausend zähen Wurzeln sich befestigt.
Das wird kein Kampf der Kraft sein mit der Kraft,
Den fürcht ich nicht. Mit jedem Gegner wag ichs,
Den ich kann sehen und ins Auge fassen,
Der, selbst voll Mut, auch mir den Mut entflammt.
Ein unsichtbarer Feind ists, den ich fürchte,
Der in der Menschen Brust mir widersteht,
Durch feige Furcht allein mir fürchterlich –
Nicht was lebendig, kraftvoll sich verkündigt,
Ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz
Gemeine ists, das ewig Gestrige,
Was immer war und immer wiederkehrt,
Und morgen gilt, weils heute hat gegolten!
Denn aus Gemeinem ist der Mensch gemacht,
Und die Gewohnheit nennt er seine Amme.
Weh dem, der an den würdig alten Hausrat
Ihm rührt, das teure Erbstück seiner Ahnen!
Das Jahr übt eine heiligende Kraft,
Was grau für Alter ist, das ist ihm göttlich.
Sei im Besitze und du wohnst im Recht,
Und heilig wirds die Menge dir bewahren.
Zu dem Pagen, der hereintritt.
Der schwedsche Oberst? Ist ers? Nun, er komme.
Page geht. Wallenstein hat den Blick nachdenkend auf die Türe geheftet.
Noch ist sie rein – noch! Das Verbrechen kam
Nicht über diese Schwelle noch – So schmal ist
Die Grenze, die zwei Lebenspfade scheidet!
Wallenstein und Wrangel.
WALLENSTEIN
nachdem er einen forschenden Blick auf ihn geheftet.
Ihr nennt Euch Wrangel?
WRANGEL.
Gustav Wrangel, Oberst
Vom blauen Regimente Südermannland.
WALLENSTEIN.
Ein Wrangel wars, der vor Stralsund viel Böses
Mir zugefügt, durch tapfre Gegenwehr
Schuld war, daß mir die Seestadt widerstanden.
WRANGEL.
Das Werk des Elements, mit dem Sie kämpften,
Nicht mein Verdienst, Herr Herzog! Seine Freiheit
Verteidigte mit Sturmes Macht der Belt,
Es sollte Meer und Land nicht einem dienen.
WALLENSTEIN.
Den Admiralshut rißt Ihr mir vom Haupt.
WRANGEL.
Ich komme, eine Krone draufzusetzen.
WALLENSTEIN
winkt ihm, Platz zu nehmen, setzt sich.
Euer Kreditiv. Kommt Ihr mit ganzer Vollmacht?
WRANGEL
bedenklich.
Es sind so manche Zweifel noch zu lösen –
WALLENSTEIN
nachdem er gelesen.
Der Brief hat Händ und Füß. Es ist ein klug,
Verständig Haupt, Herr Wrangel, dem Ihr dienet.
Es schreibt der Kanzler: er vollziehe nur
Den eignen Einfall des verstorbnen Königs,
Indem er mir zur böhmschen Kron verhelfe.
WRANGEL.
Er sagt, was wahr ist. Der Hochselige
Hat immer groß gedacht von Euer Gnaden
Fürtrefflichem Verstand und Feldherrngaben,
Und stets der Herrschverständigste, beliebt' ihm
Zu sagen, sollte Herrscher sein und König.
WALLENSTEIN.
Er durft es sagen.
Seine Hand vertraulich fassend.
Aufrichtig, Oberst Wrangel – Ich war stets
Im Herzen auch gut schwedisch – Ei, das habt ihr
In Schlesien erfahren und bei Nürnberg.
Ich hatt euch oft in meiner Macht und ließ
Durch eine Hintertür euch stets entwischen.
Das ists, was sie in Wien mir nicht verzeihn,
Was jetzt zu diesem Schritt mich treibt – Und weil
Nun unser Vorteil so zusammengeht,
So laßt uns zueinander auch ein recht
Vertrauen fassen.
WRANGEL.
Das Vertraun wird kommen,
Hat jeder nur erst seine Sicherheit.
WALLENSTEIN.
Der Kanzler, merk ich, traut mir noch nicht recht.
Ja, ich gestehs – Es liegt das Spiel nicht ganz
Zu meinem Vorteil – Seine Würden meint,
Wenn ich dem Kaiser, der mein Herr ist, so
Mitspielen kann, ich könn das gleiche tun
Am Feinde, und das eine wäre mir
Noch eher zu verzeihen, als das andre.
Ist das nicht Eure Meinung auch, Herr Wrangel?
WRANGEL.
Ich hab hier bloß ein Amt und keine Meinung.
WALLENSTEIN.
Der Kaiser hat mich bis zum Äußersten
Gebracht. Ich kann ihm nicht mehr ehrlich dienen.
Zu meiner Sicherheit, aus Notwehr tu ich
Den harten Schritt, den mein Bewußtsein tadelt.
WRANGEL.
Ich glaubs. So weit geht niemand, der nicht muß.
Nach einer Pause.
Was Eure Fürstlichkeit bewegen mag,
Also zu tun an Ihrem Herrn und Kaiser,
Gebührt nicht uns, zu richten und zu deuten.
Der Schwede ficht für seine gute Sach
Mit seinem guten Degen und Gewissen.
Die Konkurrenz ist, die Gelegenheit
Zu unsrer Gunst, im Krieg gilt jeder Vorteil,
Wir nehmen unbedenklich, was sich bietet;
Und wenn sich alles richtig so verhält –
WALLENSTEIN.
Woran denn zweifelt man? An meinem Willen?
An meinen Kräften? Ich versprach dem Kanzler,
Wenn er mir sechzehntausend Mann vertraut,
Mit achtzehntausend von des Kaisers Heer
Dazuzustoßen –
WRANGEL.
Euer Gnaden sind
Bekannt für einen hohen Kriegesfürsten,
Für einen zweiten Attila und Pyrrhus.
Noch mit Erstaunen redet man davon,
Wie Sie vor Jahren, gegen Menschendenken,
Ein Heer wie aus dem Nichts hervorgerufen.
Jedennoch –
WALLENSTEIN.
Dennoch?
WRANGEL.
Seine Würden meint,
Ein leichter Ding doch möcht es sein, mit nichts
Ins Feld zu stellen sechzigtausend Krieger,
Als nur ein Sechzigteil davon –
Er hält inne.
WALLENSTEIN.
Nun, was?
Nur frei heraus!
WRANGEL.
Zum Treubruch zu verleiten.
WALLENSTEIN.
Meint er? Er urteilt wie ein Schwed und wie
Ein Protestant. Ihr Lutherischen fechtet
Für eure Bibel, euch ists um die Sach;
Mit eurem Herzen folgt ihr eurer Fahne. –
Wer zu dem Feinde läuft von euch, der hat
Mit zweien Herrn zugleich den Bund gebrochen.
Von all dem ist die Rede nicht bei uns –
WRANGEL.
Herr Gott im Himmel! Hat man hierzulande
Denn keine Heimat, keinen Herd und Kirche?
WALLENSTEIN.
Ich will Euch sagen, wie das zugeht – Ja,
Der Österreicher hat ein Vaterland,
Und liebts, und hat auch Ursach, es zu lieben.
Doch dieses Heer, das kaiserlich sich nennt,
Das hier in Böheim hauset, das hat keins;
Das ist der Auswurf fremder Länder, ist
Der aufgegebne Teil des Volks, dem nichts
Gehöret, als die allgemeine Sonne.
Und dieses böhmsche Land, um das wir fechten,
Das hat kein Herz für seinen Herrn, den ihm
Der Waffen Glück, nicht eigne Wahl gegeben.
Mit Murren trägts des Glaubens Tyrannei,
Die Macht hats eingeschreckt, beruhigt nicht.
Ein glühend, rachvoll Angedenken lebt
Der Greuel, die geschahn auf diesem Boden.
Und kanns der Sohn vergessen, daß der Vater
Mit Hunden in die Messe ward gehetzt?
Ein Volk, dem das geboten wird, ist schrecklich,
Es räche oder dulde die Behandlung.
WRANGEL.
Der Adel aber und die Offiziere?
Solch eine Flucht und Felonie, Herr Fürst,
Ist ohne Beispiel in der Welt Geschichten.
WALLENSTEIN.
Sie sind auf jegliche Bedingung mein.
Nicht mir, den eignen Augen mögt Ihr glauben.
Er gibt ihm die Eidesformel. Wrangel durchliest sie, und legt sie, nachdem er gelesen, schweigend auf den Tisch.
Wie ists? Begreift Ihr nun?
WRANGEL.
Begreifs, wers kann!
Herr Fürst! Ich laß die Maske fallen – Ja!
Ich habe Vollmacht, alles abzuschließen.
Es steht der Rheingraf nur vier Tagesmärsche
Von hier, mit funfzehntausend Mann, er wartet
Auf Ordre nur, zu Ihrem Heer zu stoßen.
Die Ordre stell ich aus, sobald wir einig.
WALLENSTEIN.
Was ist des Kanzlers Foderung?
WRANGEL
bedenklich.
Zwölf Regimenter gilt es, schwedisch Volk.
Mein Kopf muß dafür haften. Alles könnte
Zuletzt nur falsches Spiel –
WALLENSTEIN
fährt auf.
Herr Schwede!
WRANGEL
ruhig fortfahrend.
Muß demnach
Darauf bestehn, daß Herzog Friedland förmlich,
Unwiderruflich breche mit dem Kaiser,
Sonst ihm kein schwedisch Volk vertrauet wird.
WALLENSTEIN.
Was ist die Foderung? Sagts kurz und gut.
WRANGEL.
Die spanschen Regimenter, die dem Kaiser
Ergeben, zu entwaffnen, Prag zu nehmen,
Und diese Stadt, wie auch das Grenzschloß Eger,
Den Schweden einzuräumen.
WALLENSTEIN.
Viel gefodert!
Prag! Seis um Eger! Aber Prag? Geht nicht.
Ich leist euch jede Sicherheit, die ihr
Vernünftgerweise von mir fodern möget.
Prag aber – Böhmen – kann ich selbst beschützen.
WRANGEL.
Man zweifelt nicht daran. Es ist uns auch
Nicht ums Beschützen bloß. Wir wollen Menschen
Und Geld umsonst nicht aufgewendet haben.
WALLENSTEIN.
Wie billig.
WRANGEL.
Und so lang, bis wir entschädigt,
Bleibt Prag verpfändet.
WALLENSTEIN.
Traut ihr uns so wenig?
WRANGEL
steht auf.
Der Schwede muß sich vorsehn mit dem Deutschen.
Man hat uns übers Ostmeer hergerufen;
Gerettet haben wir vom Untergang
Das Reich – mit unserm Blut des Glaubens Freiheit,
Die heilge Lehr des Evangeliums
Versiegelt – Aber jetzt schon fühlet man
Nicht mehr die Wohltat, nur die Last, erblickt
Mit scheelem Aug die Fremdlinge im Reiche,
Und schickte gern mit einer Handvoll Geld
Uns heim in unsre Wälder. Nein! wir haben
Um Judas' Lohn, um klingend Gold und Silber,
Den König auf der Walstatt nicht gelassen,
So vieler Schweden adeliges Blut,
Es ist um Gold und Silber nicht geflossen!
Und nicht mit magerm Lorbeer wollen wir
Zum Vaterland die Wimpel wieder lüften,
Wir wollen Bürger bleiben auf dem Boden,
Den unser König fallend sich erobert.
WALLENSTEIN.
Helft den gemeinen Feind mir niederhalten,
Das schöne Grenzland kann euch nicht entgehn.
WRANGEL.
Und liegt zu Boden der gemeine Feind,
Wer knüpft die neue Freundschaft dann zusammen?
Uns ist bekannt, Herr Fürst – wenngleich der Schwede
Nichts davon merken soll – daß Ihr mit Sachsen
Geheime Unterhandlung pflegt. Wer bürgt uns
Dafür, daß wir nicht Opfer der Beschlüsse sind,
Die man vor uns zu hehlen nötig achtet?
WALLENSTEIN.
Wohl wählte sich der Kanzler seinen Mann,
Er hätt mir keinen zähern schicken können.
Aufstehend.
Besinnt Euch eines Bessern, Gustav Wrangel.
Von Prag nichts mehr.
WRANGEL.
Hier endigt meine Vollmacht.
WALLENSTEIN.
Euch meine Hauptstadt räumen! Lieber tret ich
Zurück – zu meinem Kaiser.
WRANGEL.
Wenns noch Zeit ist.
WALLENSTEIN.
Das steht bei mir, noch jetzt, zu jeder Stunde.
WRANGEL.
Vielleicht vor wenig Tagen noch. Heut nicht mehr.
– Seit der Sesin gefangen sitzt, nicht mehr.
Wie Wallenstein betroffen schweigt.
Herr Fürst! Wir glauben, daß Sies ehrlich meinen;
Seit gestern – sind wir des gewiß – Und nun
Dies Blatt uns für die Truppen bürgt, ist nichts,
Was dem Vertrauen noch im Wege stünde.
Prag soll uns nicht entzweien. Mein Herr Kanzler
Begnügt sich mit der Altstadt, Euer Gnaden
Läßt er den Ratschin und die kleine Seite.
Doch Eger muß vor allem sich uns öffnen,
Eh an Konjunktion zu denken ist.
WALLENSTEIN.
Euch also soll ich trauen, ihr nicht mir?
Ich will den Vorschlag in Erwägung ziehn.
WRANGEL.
In keine gar zu lange, muß ich bitten.
Ins zweite Jahr schon schleicht die Unterhandlung,
Erfolgt auch diesmal nichts, so will der Kanzler
Auf immer sie für abgebrochen halten.
WALLENSTEIN.
Ihr drängt mich sehr. Ein solcher Schritt will wohl
Bedacht sein.
WRANGEL.
Eh man überhaupt dran denkt,
Herr Fürst! Durch rasche Tat nur kann er glücken.
Er geht ab.
Wallenstein. Terzky und Illo kommen zurück.
ILLO.
Ists richtig?
TERZKY.
Seid ihr einig?
ILLO.
Dieser Schwede
Ging ganz zufrieden fort. Ja, ihr seid einig.
WALLENSTEIN.
Hört! Noch ist nichts geschehn, und – wohl erwogen,
Ich will es lieber doch nicht tun.
TERZKY.
Wie? Was ist das?
WALLENSTEIN.
Von dieser Schweden Gnade leben!
Der Übermütigen? Ich trüg es nicht.
ILLO.
Kommst du als Flüchtling, ihre Hülf erbettelnd?
Du bringest ihnen mehr, als du empfängst.
WALLENSTEIN.
Wie wars mit jenem königlichen Bourbon,
Der seines Volkes Feinde sich verkaufte,
Und Wunden schlug dem eignen Vaterland?
Fluch war sein Lohn, der Menschen Abscheu rächte
Die unnatürlich frevelhafte Tat.
ILLO.
Ist das dein Fall?
WALLENSTEIN.
Die Treue, sag ich euch,
Ist jedem Menschen wie der nächste Blutsfreund,
Als ihren Rächer fühlt er sich geboren.
Der Sekten Feindschaft, der Parteien Wut,
Der alte Neid, die Eifersucht macht Friede,
Was noch so wütend ringt, sich zu zerstören,
Verträgt, vergleicht sich, den gemeinen Feind
Der Menschlichkeit, das wilde Tier zu jagen,
Das mordend einbricht in die sichre Hürde,
Worin der Mensch geborgen wohnt – denn ganz
Kann ihn die eigne Klugheit nicht beschirmen.
Nur an die Stirne setzt' ihm die Natur
Das Licht der Augen, fromme Treue soll
Den bloßgegebnen Rücken ihm beschützen.
TERZKY.
Denk von dir selbst nicht schlimmer als der Feind,
Der zu der Tat die Hände freudig bietet.
So zärtlich dachte jener Karl auch nicht,
Der Öhm und Ahnherr dieses Kaiserhauses,
Der nahm den Bourbon auf mit offnen Armen,
Denn nur vom Nutzen wird die Welt regiert.
Gräfin Terzky zu den Vorigen.
WALLENSTEIN.
Wer ruft Euch? Hier ist kein Geschäft für Weiber.
GRÄFIN.
Ich komme, meinen Glückwunsch abzulegen.
– Komm ich zu früh etwa? Ich will nicht hoffen.
WALLENSTEIN.
Gebrauch dein Ansehn, Terzky. Heiß sie gehn.
GRÄFIN.
Ich gab den Böhmen einen König schon.
WALLENSTEIN.
Er war darnach.
GRÄFIN
zu den andern.
Nun, woran liegt es? Sprecht!
TERZKY.
Der Herzog will nicht.
GRÄFIN.
Will nicht, was er muß?
ILLO.
An Euch ists jetzt. Versuchts, denn ich bin fertig,
Spricht man von Treue mir und von Gewissen.
GRÄFIN.
Wie? da noch alles lag in weiter Ferne,
Der Weg sich noch unendlich vor dir dehnte,
Da hattest du Entschluß und Mut – und jetzt,
Da aus dem Traume Wahrheit werden will,
Da die Vollbringung nahe, der Erfolg
Versichert ist, da fängst du an zu zagen?
Nur in Entwürfen bist du tapfer, feig
In Taten? Gut! Gib deinen Feinden recht,
Da eben ist es, wo sie dich erwarten.
Den Vorsatz glauben sie dir gern, sei sicher,
Daß sies mit Brief und Siegel dir belegen!
Doch an die Möglichkeit der Tat glaubt keiner,
Da müßten sie dich fürchten und dich achten.
Ists möglich? Da du so weit bist gegangen,
Da man das Schlimmste weiß, da dir die Tat
Schon als begangen zugerechnet wird,
Willst du zurückziehn und die Frucht verlieren?
Entworfen bloß, ists ein gemeiner Frevel,
Vollführt, ists ein unsterblich Unternehmen;
Und wenn es glückt, so ist es auch verziehn,
Denn aller Ausgang ist ein Gottes Urtel.
KAMMERDIENER
tritt herein.
Der Oberst Piccolomini.
GRÄFIN
schnell.
Soll warten.
WALLENSTEIN.
Ich kann ihn jetzt nicht sehn. Ein andermal.
KAMMERDIENER.
Nur um zwei Augenblicke bittet er,
Er hab ein dringendes Geschäft –
WALLENSTEIN.
Wer weiß, was er uns bringt. Ich will doch hören.
GRÄFIN
lacht.
Wohl mags ihm dringend sein. Du kannsts erwarten.
WALLENSTEIN.
Was ists?
GRÄFIN.
Du sollst es nachher wissen.
Jetzt denke dran, den Wrangel abzufertgen.
Kammerdiener geht.
WALLENSTEIN.
Wenn eine Wahl noch wäre – noch ein milderer
Ausweg sich fände – jetzt noch will ich ihn
Erwählen, und das Äußerste vermeiden.
GRÄFIN.
Verlangst du weiter nichts, ein solcher Weg
Liegt nah vor dir. Schick diesen Wrangel fort.
Vergiß die alten Hoffnungen, wirf dein
Vergangnes Leben weg, entschließe dich
Ein neues anzufangen. Auch die Tugend
Hat ihre Helden, wie der Ruhm, das Glück.
Reis hin nach Wien zum Kaiser stehndes Fußes,
Nimm eine volle Kasse mit, erklär,
Du habst der Diener Treue nur erproben,
Den Schweden bloß zum besten haben wollen.
ILLO.
Auch damit ists zu spät. Man weiß zu viel.
Er würde nur das Haupt zum Todesblocke tragen.
GRÄFIN.
Das fürcht ich nicht. Gesetzlich ihn zu richten,
Fehlts an Beweisen, Willkür meiden sie.
Man wird den Herzog ruhig lassen ziehn.
Ich seh, wie alles kommen wird. Der König
Von Ungarn wird erscheinen, und es wird sich
Von selbst verstehen, daß der Herzog geht,
Nicht der Erklärung wird das erst bedürfen.
Der König wird die Truppen lassen schwören,
Und alles wird in seiner Ordnung bleiben.
An einem Morgen ist der Herzog fort.
Auf seinen Schlössern wird es nun lebendig,
Dort wird er jagen, baun, Gestüte halten,
Sich eine Hofstatt gründen, goldne Schlüssel
Austeilen, gastfrei große Tafel geben,
Und kurz ein großer König sein – im Kleinen!
Und weil er klug sich zu bescheiden weiß,
Nichts wirklich mehr zu gelten, zu bedeuten,
Läßt man ihn scheinen, was er mag, er wird
Ein großer Prinz bis an sein Ende scheinen.
Ei nun! der Herzog ist dann eben auch
Der neuen Menschen einer, die der Krieg
Emporgebracht; ein übernächtiges
Geschöpf der Hofgunst, die mit gleichem Aufwand
Freiherrn und Fürsten macht.
WALLENSTEIN
steht auf, heftig bewegt.
Zeigt einen Weg mir an, aus diesem Drang,
Hilfreiche Mächte! einen solchen zeigt mir,
Den ich vermag zu gehn – Ich kann mich nicht,
Wie so ein Wortheld, so ein Tugendschwätzer,
An meinem Willen wärmen und Gedanken –
Nicht zu dem Glück, das mir den Rücken kehrt,
Großtuend sagen: Geh! Ich brauch dich nicht.
Wenn ich nicht wirke mehr, bin ich vernichtet;
Nicht Opfer, nicht Gefahren will ich scheun,
Den letzten Schritt, den äußersten, zu meiden;
Doch eh ich sinke in die Nichtigkeit,
So klein aufhöre, der so groß begonnen,
Eh mich die Welt mit jenen Elenden
Verwechselt, die der Tag erschafft und stürzt,
Eh spreche Welt und Nachwelt meinen Namen
Mit Abscheu aus, und Friedland sei die Losung
Für jede fluchenswerte Tat.
GRÄFIN.
Was ist denn hier so wider die Natur?
Ich kanns nicht finden, sage mirs – O! laß
Des Aberglaubens nächtliche Gespenster
Nicht deines hellen Geistes Meister werden!
Du bist des Hochverrats verklagt; ob mit
– Ob ohne Recht, ist jetzo nicht die Frage –
Du bist verloren, wenn du dich nicht schnell der Macht
Bedienst, die du besitzest – Ei! wo lebt denn
Das friedsame Geschöpf, das seines Lebens
Sich nicht mit allen Lebenskräften wehrt?
Was ist so kühn, das Notwehr nicht entschuldigt?
WALLENSTEIN.
Einst war mir dieser Ferdinand so huldreich;
Er liebte mich, er hielt mich wert, ich stand
Der Nächste seinem Herzen. Welchen Fürsten
Hat er geehrt wie mich? – Und so zu enden!
GRÄFIN.
So treu bewahrst du jede kleine Gunst,
Und für die Kränkung hast du kein Gedächtnis?
Muß ich dich dran erinnern, wie man dir
Zu Regenspurg die treuen Dienste lohnte?
Du hattest jeden Stand im Reich beleidigt;
Ihn groß zu machen, hattest du den Haß,
Den Fluch der ganzen Welt auf dich geladen,
Im ganzen Deutschland lebte dir kein Freund,
Weil du allein gelebt für deinen Kaiser.
An ihn bloß hieltest du bei jenem Sturme
Dich fest, der auf dem Regenspurger Tag
Sich gegen dich zusammenzog – da ließ er
Dich fallen! Ließ dich fallen! Dich dem Bayern,
Dem Übermütigen, zum Opfer, fallen!
Sag nicht, daß die zurückgegebne Würde
Das erste, schwere Unrecht ausgesöhnt.
Nicht wahrlich guter Wille stellte dich,
Dich stellte das Gesetz der herben Not
An diesen Platz, den man dir gern verweigert.
WALLENSTEIN.
Nicht ihrem guten Willen, das ist wahr!
Noch seiner Neigung dank ich dieses Amt.
Mißbrauch ichs, so mißbrauch ich kein Vertrauen.
GRÄFIN.
Vertrauen? Neigung? – Man bedurfte deiner!
Die ungestüme Presserin, die Not,
Der nicht mit hohlen Namen, Figuranten
Gedient ist, die die Tat will, nicht das Zeichen,
Den Größten immer aufsucht und den Besten,
Ihn an das Ruder stellt, und müßte sie ihn
Aufgreifen aus dem Pöbel selbst – die setzte dich
In dieses Amt, und schrieb dir die Bestallung.
Denn lange, bis es nicht mehr kann, behilft
Sich dies Geschlecht mit feilen Sklavenseelen
Und mit den Drahtmaschinen seiner Kunst –
Doch wenn das Äußerste ihm nahetritt,
Der hohle Schein es nicht mehr tut, da fällt
Es in die starken Hände der Natur,
Des Riesengeistes, der nur sich gehorcht,
Nichts von Verträgen weiß, und nur auf ihre
Bedingung, nicht auf seine, mit ihm handelt.
WALLENSTEIN.
Wahr ists! Sie sahn mich immer wie ich bin,
Ich hab sie in dem Kaufe nicht betrogen,
Denn nie hielt ichs der Mühe wert, die kühn
Umgreifende Gemütsart zu verbergen.
GRÄFIN.
Vielmehr – du hast dich furchtbar stets gezeigt.
Nicht du, der stets sich selber treu geblieben,
Die haben Unrecht, die dich fürchteten,
Und doch die Macht dir in die Hände gaben.
Denn Recht hat jeder eigene Charakter,
Der übereinstimmt mit sich selbst, es gibt
Kein andres Unrecht, als den Widerspruch.
Warst du ein andrer, als du vor acht Jahren
Mit Feuer und Schwert durch Deutschlands Kreise zogst,
Die Geißel schwangest über alle Länder,
Hohn sprachest allen Ordnungen des Reichs,
Der Stärke fürchterliches Recht nur übtest,
Und jede Landeshoheit niedertratst,
Um deines Sultans Herrschaft auszubreiten?
Da war es Zeit, den stolzen Willen dir
Zu brechen, dich zur Ordnung zu verweisen!
Doch wohl gefiel dem Kaiser, was ihm nützte,
Und schweigend drückt' er diesen Freveltaten
Sein kaiserliches Siegel auf. Was damals
Gerecht war, weil dus für ihn tatst, ists heute
Auf einmal schändlich, weil es gegen ihn
Gerichtet wird?
WALLENSTEIN
aufstehend.
Von dieser Seite sah ichs nie – Ja! dem
Ist wirklich so. Es übte dieser Kaiser
Durch meinen Arm im Reiche Taten aus,
Die nach der Ordnung nie geschehen sollten.
Und selbst den Fürstenmantel, den ich trage,
Verdank ich Diensten, die Verbrechen sind.
GRÄFIN.
Gestehe denn, daß zwischen dir und ihm
Die Rede nicht kann sein von Pflicht und Recht,
Nur von der Macht und der Gelegenheit!
Der Augenblick ist da, wo du die Summe
Der großen Lebensrechnung ziehen sollst,
Die Zeichen stehen sieghaft über dir,
Glück winken die Planeten dir herunter
Und rufen: es ist an der Zeit! Hast du
Dein Leben lang umsonst der Sterne Lauf
Gemessen? – den Quadranten und den Zirkel
Geführt? – den Zodiak, die Himmelskugel
Auf diesen Wänden nachgeahmt, um dich herum
Gestellt in stummen, ahnungsvollen Zeichen
Die sieben Herrscher des Geschicks,
Nur um ein eitles Spiel damit zu treiben?
Führt alle diese Zurüstung zu nichts,
Und ist kein Mark in dieser hohlen Kunst,
Daß sie dir selbst nichts gilt, nichts über dich
Vermag im Augenblicke der Entscheidung?
WALLENSTEIN
ist während dieser letzten Rede mit heftig arbeitendem Gemüt auf und ab gegangen, und steht jetzt plötzlich still, die Gräfin unterbrechend.
Ruft mir den Wrangel, und es sollen gleich.
Drei Boten satteln.
ILLO.
Nun gelobt sei Gott!
Eilt hinaus.
WALLENSTEIN.
Es ist sein böser Geist und meiner. Ihn
Straft er durch mich, das Werkzeug seiner Herrschsucht,
Und ich erwart es, daß der Rache Stahl
Auch schon für meine Brust geschliffen ist.
Nicht hoffe, wer des Drachen Zähne sät,
Erfreuliches zu ernten. Jede Untat
Trägt ihren eignen Rache-Engel schon,
Die böse Hoffnung, unter ihrem Herzen.
Er kann mir nicht mehr traun – so kann ich auch
Nicht mehr zurück. Geschehe denn, was muß.
Recht stets behält das Schicksal, denn das Herz
In uns ist sein gebietrischer Vollzieher.
Zu Terzky.
Bring mir den Wrangel in mein Kabinett,
Die Boten will ich selber sprechen, schickt
Nach dem Octavio!
Zur Gräfin, welche eine triumphierende Miene macht.
Frohlocke nicht!
Denn eifersüchtig sind des Schicksals Mächte.
Voreilig Jauchzen greift in ihre Rechte.
Den Samen legen wir in ihre Hände,
Ob Glück, ob Unglück aufgeht, lehrt das Ende.
Indem er abgeht, fällt der Vorhang.
Wallenstein. Octavio Piccolomini.
Bald darauf Max Piccolomini.
WALLENSTEIN.
Mir meldet er aus Linz, er läge krank,
Doch hab ich sichre Nachricht, daß er sich
Zu Frauenberg versteckt beim Grafen Gallas.
Nimm beide fest, und schick sie mir hieher.
Du übernimmst die spanischen Regimenter,
Machst immer Anstalt, und bist niemals fertig,
Und treiben sie dich, gegen mich zu ziehn,
So sagst du Ja, und bleibst gefesselt stehn.
Ich weiß, daß dir ein Dienst damit geschieht,
In diesem Spiel dich müßig zu verhalten.
Du rettest gern, solang du kannst, den Schein;
Extreme Schritte sind nicht deine Sache,
Drum hab ich diese Rolle für dich ausgesucht,
Du wirst mir durch dein Nichtstun diesesmal
Am nützlichsten – Erklärt sich unterdessen
Das Glück für mich, so weißt du, was zu tun.
Max Piccolomini tritt ein.
Jetzt, Alter, geh. Du mußt heut Nacht noch fort.
Nimm meine eignen Pferde. – Diesen da
Behalt ich hier – Machts mit dem Abschied kurz!
Wir werden uns ja, denk ich, alle froh
Und glücklich wiedersehn.
OCTAVIO
zu seinem Sohn.
Wir sprechen uns noch.
Geht ab.
Wallenstein. Max Piccolomini.
MAX
nähert sich ihm.
Mein General –
WALLENSTEIN.
Der bin ich nicht mehr,
Wenn du des Kaisers Offizier dich nennst.
MAX.
So bleibts dabei, du willst das Heer verlassen?
WALLENSTEIN.
Ich hab des Kaisers Dienst entsagt.
MAX.
Und willst das Heer verlassen?
WALLENSTEIN.
Vielmehr hoff ich,
Mirs enger noch und fester zu verbinden.
Er setzt sich.
Ja, Max. Nicht eher wollt ich dirs eröffnen,
Als bis des Handelns Stunde würde schlagen.
Der Jugend glückliches Gefühl ergreift
Das Rechte leicht, und eine Freude ists,
Das eigne Urteil prüfend auszuüben,
Wo das Exempel rein zu lösen ist.
Doch, wo von zwei gewissen Übeln eins
Ergriffen werden muß, wo sich das Herz
Nicht ganz zurückbringt aus dem Streit der Pflichten,
Da ist es Wohltat, keine Wahl zu haben,
Und eine Gunst ist die Notwendigkeit.
– Die ist vorhanden. Blicke nicht zurück.
Es kann dir nichts mehr helfen. Blicke vorwärts!
Urteile nicht! Bereite dich, zu handeln.
– Der Hof hat meinen Untergang beschlossen,
Drum bin ich willens, ihm zuvorzukommen.
– Wir werden mit den Schweden uns verbinden.
Sehr wackre Leute sinds und gute Freunde.
Hält ein, Piccolominis Antwort erwartend.
– Ich hab dich überrascht. Antwort mir nicht.
Ich will dir Zeit vergönnen, dich zu fassen.
Er steht auf, und geht nach hinten. Max steht lange unbeweglich, in den heftigsten Schmerz versetzt, wie er eine Bewegung macht, kömmt Wallenstein zurück und stellt sich vor ihn.
MAX.
Mein General! – Du machst mich heute mündig.
Denn bis auf diesen Tag war mirs erspart,
Den Weg mir selbst zu finden und die Richtung.
Dir folgt ich unbedingt. Auf dich nur braucht ich
Zu sehn und war des rechten Pfads gewiß.
Zum ersten Male heut verweisest du
Mich an mich selbst und zwingst mich, eine Wahl
Zu treffen zwischen dir und meinem Herzen.
WALLENSTEIN.
Sanft wiegte dich bis heute dein Geschick,
Du konntest spielend deine Pflichten üben,
Jedwedem schönen Trieb Genüge tun,
Mit ungeteiltem Herzen immer handeln.
So kanns nicht ferner bleiben. Feindlich scheiden
Die Wege sich. Mit Pflichten streiten Pflichten.
Du mußt Partei ergreifen in dem Krieg,
Der zwischen deinem Freund und deinem Kaiser
Sich jetzt entzündet.
MAX.
Krieg! Ist das der Name?
Der Krieg ist schrecklich, wie des Himmels Plagen,
Doch er ist gut, ist ein Geschick, wie sie.
Ist das ein guter Krieg, den du dem Kaiser
Bereitest mit des Kaisers eignem Heer?
O Gott des Himmels! was ist das für eine
Veränderung! Ziemt solche Sprache mir
Mit dir, der wie der feste Stern des Pols
Mir als die Lebensregel vorgeschienen!
O! welchen Riß erregst du mir im Herzen!
Der alten Ehrfurcht eingewachsnen Trieb
Und des Gehorsams heilige Gewohnheit
Soll ich versagen lernen deinem Namen?
Nein! wende nicht dein Angesicht zu mir,
Es war mir immer eines Gottes Antlitz,
Kann über mich nicht gleich die Macht verlieren;
Die Sinne sind in deinen Banden noch,
Hat gleich die Seele blutend sich befreit!
WALLENSTEIN.
Max, hör mich an.
MAX.
O! tu es nicht! Tus nicht!
Sieh! deine reinen, edeln Züge wissen
Noch nichts von dieser unglückselgen Tat.
Bloß deine Einbildung befleckte sie,
Die Unschuld will sich nicht vertreiben lassen
Aus deiner hoheitblickenden Gestalt.
Wirf ihn heraus, den schwarzen Fleck, den Feind.
Ein böser Traum bloß ist es dann gewesen,
Der jede sichre Tugend warnt. Es mag
Die Menschheit solche Augenblicke haben,
Doch siegen muß das glückliche Gefühl.
Nein, du wirst so nicht endigen. Das würde
Verrufen bei den Menschen jede große
Natur und jedes mächtige Vermögen,
Recht geben würd es dem gemeinen Wahn,
Der nicht an Edles in der Freiheit glaubt,
Und nur der Ohnmacht sich vertrauen mag.
WALLENSTEIN.
Streng wird die Welt mich tadeln, ich erwart es.
Mir selbst schon sagt ich, was du sagen kannst.
Wer miede nicht, wenn ers umgehen kann,
Das Äußerste! Doch hier ist keine Wahl,
Ich muß Gewalt ausüben oder leiden –
So steht der Fall. Nichts anders bleibt mir übrig.
MAX.
Seis denn! Behaupte dich in deinem Posten
Gewaltsam, widersetze dich dem Kaiser,
Wenns sein muß, treibs zur offenen Empörung,
Nicht loben werd ichs, doch ich kanns verzeihn,
Will, was ich nicht gutheiße, mit dir teilen.
Nur – zum Verräter werde nicht! Das Wort
Ist ausgesprochen. Zum Verräter nicht!
Das ist kein überschrittnes Maß! Kein Fehler,
Wohin der Mut verirrt in seiner Kraft.
O! das ist ganz was anders – das ist schwarz,
Schwarz, wie die Hölle!
WALLENSTEIN
mit finsterm Stirnfalten, doch gemäßigt.
Schnell fertig ist die Jugend mit dem Wort,
Das schwer sich handhabt, wie des Messers Schneide,
Aus ihrem heißen Kopfe nimmt sie keck
Der Dinge Maß, die nur sich selber richten.
Gleich heißt ihr alles schändlich oder würdig,
Bös oder gut – und was die Einbildung
Phantastisch schleppt in diesen dunkeln Namen,
Das bürdet sie den Sachen auf und Wesen.
Eng ist die Welt, und das Gehirn ist weit,
Leicht beieinander wohnen die Gedanken,
Doch hart im Raume stoßen sich die Sachen,
Wo eines Platz nimmt, muß das andre rücken,
Wer nicht vertrieben sein will, muß vertreiben,
Da herrscht der Streit, und nur die Stärke siegt.
– Ja, wer durchs Leben gehet ohne Wunsch,
Sich jeden Zweck versagen kann, der wohnt
Im leichten Feuer mit dem Salamander,
Und hält sich rein im reinen Element.
Mich schuf aus gröberm Stoffe die Natur,
Und zu der Erde zieht mich die Begierde.
Dem bösen Geist gehört die Erde, nicht
Dem guten. Was die Göttlichen uns senden
Von oben, sind nur allgemeine Güter,
Ihr Licht erfreut, doch macht es keinen reich,
In ihrem Staat erringt sich kein Besitz.
Den Edelstein, das allgeschätzte Gold
Muß man den falschen Mächten abgewinnen,
Die unterm Tage schlimmgeartet hausen.
Nicht ohne Opfer macht man sie geneigt,
Und keiner lebet, der aus ihrem Dienst
Die Seele hätte rein zurückgezogen.
MAX
mit Bedeutung.
O! fürchte, fürchte diese falschen Mächte!
Sie halten nicht Wort! Es sind Lügengeister,
Die dich berückend in den Abgrund ziehn.
Trau ihnen nicht! Ich warne dich – O! kehre
Zurück zu deiner Pflicht. Gewiß! du kannsts!
Schick mich nach Wien. Ja, tue das. Laß mich,
Mich deinen Frieden machen mit dem Kaiser.
Er kennt dich nicht, ich aber kenne dich,
Er soll dich sehn mit meinem reinen Auge,
Und sein Vertrauen bring ich dir zurück.
WALLENSTEIN.
Es ist zu spät. Du weißt nicht, was geschehn.
MAX.
Und wärs zu spät – und wär es auch so weit,
Daß ein Verbrechen nur vom Fall dich rettet,
So falle! Falle würdig, wie du standst.
Verliere das Kommando. Geh vom Schauplatz.
Du kannsts mit Glanze, tus mit Unschuld auch.
– Du hast für andre viel gelebt, leb endlich
Einmal dir selber, ich begleite dich,
Mein Schicksal trenn ich nimmer von dem deinen –
WALLENSTEIN.
Es ist zu spät. Indem du deine Worte
Verlierst, ist schon ein Meilenzeiger nach dem andern
Zurückgelegt von meinen Eilenden,
Die mein Gebot nach Prag und Eger tragen.
– Ergib dich drein. Wir handeln, wie wir müssen.
So laß uns das Notwendige mit Würde,
Mit festem Schritte tun – Was tu ich Schlimmres,
Als jener Cäsar tat, des Name noch
Bis heut das Höchste in der Welt benennet?
Er führte wider Rom die Legionen,
Die Rom ihm zur Beschützung anvertraut.
Warf er das Schwert von sich, er war verloren,
Wie ich es wär, wenn ich entwaffnete.
Ich spüre was in mir von seinem Geist,
Gib mir sein Glück, das andre will ich tragen.
Max, der bisher in einem schmerzvollen Kampfe gestanden, geht schnell ab. Wallenstein sieht ihm verwundert und betroffen nach, und steht in tiefe Gedanken verloren.
Wallenstein. Terzky. Gleich darauf Illo.
TERZKY.
Max Piccolomini verließ dich eben?
WALLENSTEIN.
Wo ist der Wrangel?
TERZKY.
Fort ist er.
WALLENSTEIN.
So eilig?
TERZKY.
Es war, als ob die Erd ihn eingeschluckt.
Er war kaum von dir weg, als ich ihm nachging,
Ich hatt ihn noch zu sprechen, doch – weg war er,
Und niemand wußte mir von ihm zu sagen.
Ich glaub, es ist der Schwarze selbst gewesen,
Ein Mensch kann nicht auf einmal so verschwinden.
ILLO
kommt.
Ists wahr, daß du den Alten willst verschicken?
TERZKY.
Wie? Den Octavio! Wo denkst du hin?
WALLENSTEIN.
Er geht nach Frauenberg, die spanischen
Und welschen Regimenter anzuführen.
TERZKY.
Das wolle Gott nicht, daß du das vollbringst!
ILLO.
Dem Falschen willst du Kriegsvolk anvertrauen?
Ihn aus den Augen lassen, grade jetzt,
In diesem Augenblicke der Entscheidung?
TERZKY.
Das wirst du nicht tun. Nein, um alles nicht!
WALLENSTEIN.
Seltsame Menschen seid ihr.
ILLO.
O! nur diesmal
Gib unsrer Warnung nach. Laß ihn nicht fort.
WALLENSTEIN.
Und warum soll ich ihm dies eine Mal
Nicht trauen, da ichs stets getan? Was ist geschehn,
Das ihn um meine gute Meinung brächte?
Aus eurer Grille, nicht der meinen, soll ich
Mein alt erprobtes Urteil von ihm ändern?
Denkt nicht, daß ich ein Weib sei. Weil ich ihm
Getraut bis heut, will ich auch heut ihm trauen.
TERZKY.
Muß es denn der just sein? Schick einen andern.
WALLENSTEIN.
Der muß es sein, den hab ich mir erlesen.
Er taugt zu dem Geschäft, drum gab ichs ihm.
ILLO.
Weil er ein Welscher ist, drum taugt er dir.
WALLENSTEIN.
Weiß wohl, ihr wart den beiden nie gewogen,
Weil ich sie achte, liebe, euch und andern
Vorziehe, sichtbarlich, wie sies verdienen,
Drum sind sie euch ein Dorn im Auge! Was
Geht euer Neid mich an und mein Geschäft?
Daß ihr sie haßt, das macht sie mir nicht schlechter.
Liebt oder haßt einander, wie ihr wollt,
Ich lasse jedem seinen Sinn und Neigung,
Weiß doch, was mir ein jeder von euch gilt.
ILLO.
Er geht nicht ab – müßt ich die Räder ihm am Wagen
Zerschmettern lassen.
WALLENSTEIN.
Mäßige dich, Illo!
TERZKY.
Der Questenberger, als er hier gewesen,
Hat stets zusammen auch gesteckt mit ihm.
WALLENSTEIN.
Geschah mit meinem Wissen und Erlaubnis.
TERZKY.
Und daß geheime Boten an ihn kommen
Vom Gallas, weiß ich auch.
WALLENSTEIN.
Das ist nicht wahr.
ILLO.
O! du bist blind mit deinen sehenden Augen!
WALLENSTEIN.
Du wirst mir meinen Glauben nicht erschüttern,
Der auf die tiefste Wissenschaft sich baut.
Lügt er, dann ist die ganze Sternkunst Lüge.
Denn wißt, ich hab ein Pfand vom Schicksal selbst,
Daß er der treuste ist von meinen Freunden.
ILLO.
Hast du auch eins, daß jenes Pfand nicht lüge?
WALLENSTEIN.
Es gibt im Menschenleben Augenblicke,
Wo er dem Weltgeist näher ist, als sonst,
Und eine Frage frei hat an das Schicksal.
Solch ein Moment wars, als ich in der Nacht,
Die vor der Lützner Aktion vorherging,
Gedankenvoll an einen Baum gelehnt,
Hinaussah in die Ebene. Die Feuer
Des Lagers brannten düster durch den Nebel,
Der Waffen dumpfes Rauschen unterbrach,
Der Runden Ruf einförmig nur die Stille.
Mein ganzes Leben ging, vergangenes
Und künftiges, in diesem Augenblick
An meinem inneren Gesicht vorüber,
Und an des nächsten Morgens Schicksal knüpfte
Der ahnungsvolle Geist die fernste Zukunft.
Da sagt ich also zu mir selbst: »So vielen
Gebietest du! Sie folgen deinen Sternen,
Und setzen, wie auf eine große Nummer,
Ihr Alles auf dein einzig Haupt, und sind
In deines Glückes Schiff mit dir gestiegen.
Doch kommen wird der Tag, wo diese alle
Das Schicksal wieder auseinanderstreut,
Nur wenge werden treu bei dir verharren.
Den möcht ich wissen, der der Treuste mir
Von allen ist, die dieses Lager einschließt.
Gib mir ein Zeichen, Schicksal! Der solls sein,
Der an dem nächsten Morgen mir zuerst
Entgegenkommt mit einem Liebeszeichen.«
Und dieses bei mir denkend, schlief ich ein.
Und mitten in die Schlacht ward ich geführt
Im Geist. Groß war der Drang. Mir tötete
Ein Schuß das Pferd, ich sank, und über mir
Hinweg, gleichgültig, setzten Roß und Reiter,
Und keuchend lag ich, wie ein Sterbender,