Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Die bevorstehende Geburt des Christkinds bereitete den Engeln ziemliches Kopfzerbrechen. Sie mussten nämlich bei ihren Planungen sehr vorsichtig sein, damit die Menschen auf Erden nichts davon bemerkten. Denn schließlich sollte das Kind in aller Stille geboren werden und nicht einen Betrieb um sich haben, wie er in Nazareth auf dem Wochenmarkt herrschte. Probleme gab es auch bei der Innenausstattung des Stalles von Bethlehem ...
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 52
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
SIEHST DU DEN STERN
CHRISTKINDS WIEGENLIED
ALS DER STEIN ERWEICHTE
OCHS UND ESEL
VOM WEIHNACHTSSTERN
UND DIE WINDE VERSTUMMTEN
WARUM DER ENGEL LACHEN MUSSTE
DER ÜBERMÜTIGE KOMET
DER SCHWERMÜTIGE KAKTUS
DER BLINDE HIRTENKNABE
DAS KLEINE LICHT
DIE VERGESSENE TROMPETE
GLORIA IN EXCELSIS DEO
DIE NACHT DER TIERE
Siehst du den Stern,
das Licht dort im Dunkel?
Auch wenn er fern -
schau, sein Gefunkel!
Er zeigt dir den Weg,
du brauchst nur zu gehen.
Über Flüsse ein Steg
und ein Schiff auf den Seen.
Auf Bergen ein Pfad,
durch Schluchten Geleite.
Der Engel schon naht,
verkündet groß` Freude.
Licht überall,
die Nacht ist so helle.
Stern über dem Stall,
all` Hoffnungen Quelle.
Schau nur das Kind,
leis weint es im Schlafe.
Längst ruht der Wind.
Es blöken die Schafe.
Hirte von fern
hat das Kind schon gesehen.
Den Weg zeigt der Stern.
Komm, lass uns gehen.
In jener Zeit, als von Kaiser Augustus der Befehl ausging, alle Menschen im ganzen Reich zu erfassen und aufzuschreiben, machten sich auch Maria und Josef auf den Weg nach Bethlehem, wo das Christkind geboren werden sollte.
Damals herrschte im Himmel einige Aufregung; so viele Dinge mussten bedacht werden. Es war zwar schon alles vorausgesagt und der Stall von Bethlehem längst gebaut. Aber die Engel sollten sich genau an den Plan halten, und es fiel ihnen durchaus nicht leicht, himmlische Verhältnisse mit den Gegebenheiten auf der Erde in Einklang zu bringen, denn im Himmel hatte man es ja nur mit geistigen Dingen zu tun. Außerdem gab es Unstimmigkeiten darüber, welches Schlaflied die Engel dem Christkind nach der Geburt singen sollten. Die einen meinten, eine lustige Weise würde das Kind erfreuen, die anderen beharrten auf einem mehrstimmigen Choral. Schließlich entschieden sie sich für ein leises Wiegenlied, und es wurde allerhöchste Zeit, dieses einzustudieren. Ein paar Engel wurden aber schon vorausgeschickt, um den Stall von Bethlehem etwas wohnlicher zu gestalten.
In einer Ligusterhecke neben dem Stall wohnte ein schwarzer Vogel. Er war nicht mit seinen Kameraden in den Süden gezogen, denn sie, die alle gut singen konnten, hatten ihn dauernd gehänselt, weil er nichts anderes hervorbrachte, als ein armseliges Piepsen. Nun musste er zusehen, wie er über den Winter kam. Manchmal, wenn das Tor offenstand, flog er in den Stall, um ein paar Körner aufzupicken, die beim Füttern von Ochs und Esel abfielen.
Eines Abends beobachtete der Vogel im Stall einige Engel, die frisches Heu in der Futterkrippe verteilten und den Staub vom Dachgebälk fegten. Natürlich wusste der Vogel nicht, dass es Engel waren, aber diese Wesen gefielen ihm sehr gut, da sie auch Flügel hatten – nur goldene natürlich. Weil er ein wenig neugierig war, wollte er wissen, was diese ungewöhnliche Betriebsamkeit bedeutete, - und blieb im Stall.
Die Dunkelheit brach herein und die Engel entzündeten eine Laterne. Beim Schein des Lichts bürsteten sie das Fell des Ochsen und des Esels, bis es herrlich glänzte. Später betraten ein Mann und eine Frau den Stall. Sie froren und sahen müde aus. Der Vogel bedauerte sehr, dass die Engel plötzlich verschwunden waren, und versuchte immer wieder, sie irgendwo zu entdecken.
Plötzlich wurde es strahlend hell im Stall. Das strahlende Licht ging von dem neugeborenen Kind aus, das die Frau in die Futterkrippe gelegt hatte. Darüber vergaß der Vogel sogar, weiter nach den Engeln zu suchen.
Das Christkind lag ganz still in seinem Strohbett, aber es konnte nicht schlafen ohne Wiegenlied. Seine Mutter Maria war zu erschöpft, und der heilige Josef konnte nicht singen. Eigentlich hätte nun das Schlaflied der Engel erklingen sollen, doch diese hatten sich verspätet – im Himmel gibt es ja die Ewigkeit, dort ticken keine Uhren.
Weil das Christkind nicht einschlafen konnte, fing es zu weinen an. Dies tat auch dem schwarzen Vogel, der noch immer alles interessiert beobachtete, sehr leid. Er wollte gerne dem Kind, das alle im Stall so glücklich machte, eine Freude bereiten. In diesem Moment – er wusste später selbst nicht, woher er den Mut dazu nahm – sang der Vogel. Er sang mit Inbrunst und Hingabe, und was da erklang, war beileibe kein armseliges Piepsen, sondern eine zauberhafte Melodie, so schön, wie sie vorher noch keiner gehört hatte.
Als der Gesang des Vogels verklungen war, herrschte im Stall andächtige Stille, so aufmerksam hatten alle gelauscht, sogar der Ochse und der Esel. Das Christkind lächelte schon zufrieden im Schlaf. Der Vogel fühlte sich sehr glücklich. Gott, der Herr, der immer einen Ausweg weiß, hatte ihm diese schöne Stimme gegeben.
So singt auch heute noch, oft tief im Winter, die Amsel ihr Lied voller Lust und Freude, wie es erstmals für das Christkind erklang.
Höre nur – es klingt wunderschön.
Der Stall zu Bethlehem, wo das Christkind geboren werden sollte, war nicht gerade komfortabel eingerichtet. Schließlich hausten ja auch Tiere darin. Zum Inventar gehörte ein alter, grauer Stein, den der Bauer benützte, um seine Sense zu wetzen. Der Stein war hart und gefühllos, und das musste er auch sein, wenn dauernd auf ihm herumgeschlagen wurde. Ob er vielleicht auch so etwas wie eine Seele besaß, konnte niemand sagen, das heißt, vielmehr hat sich keiner darüber Gedanken gemacht. Unbeweglich ließ der Stein alles mit sich geschehen, so auch die Vorbereitungen für die Geburt des Christkinds.
Als das heilige Kind dann in der Nacht geboren war, hatte es zwar eine Krippe, etwas Stroh und ein paar Windeln, aber das zarte Köpfchen lag auf dem groben, harten Stroh, und es war auch nicht ein kleines, noch so winziges Kissen vorhanden, das hätte darunter geschoben werden können. Die Engel aber durften nicht eingreifen, denn schließlich stand es so geschrieben, dass das Kindlein arm und bloß da liegen müsse.
Der Stein hatte das ganze Geschehen bewegungslos verfolgt; denn was ging es ihn schon an, um ihn kümmerte sich doch auch keiner. Die Mutter Maria aber in ihrer Hilflosigkeit ob des Kindleins Armut schlug die Hände vors Gesicht und fing leise, aber schmerzlich an zu weinen.
Da erweichte der Stein, denn er hatte noch nie einen Menschen weinen sehen. und in dem Moment, wo alles Harte, Beengende von ihm abfiel, erwachte ein Glücksgefühl in ihm, das er bis dahin nicht gekannt