Was Frauen wollen - Paco Underhill - E-Book

Was Frauen wollen E-Book

Paco Underhill

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Beschreibung

Frauen kaufen anders als Männer. Das kommt Ihnen bekannt vor? Aber warum ist das so? Der weltweit führende Marketingexperte und Bestsellerautor Paco Underhill macht die vier Faktoren aus, die die Kaufentscheidungen weiblicher Konsumenten maßgeblich steuern: Sauberkeit, Kontrolle, Sicherheit und Rücksichtnahme. Diese vier Faktoren machen eine Marke oder eine Dienstleistung für Frauen attraktiv und sind für Männer bei der Kaufentscheidung in der Regel unbedeutend. Mit Charme und Humor nimmt uns Underhill mit auf eine Reise durch den globalen Markt, der immer mehr von Frauen eingenommen wird, und zeigt uns, warum sie kaufen, was sie kaufen.

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Paco Underhill

Was Frauen wollen

Warum sie kaufen, was sie kaufen

Aus dem Englischen von Birgit Schöbitz und Dzifa Vode

www.campus.de

Information zum Buch

Frauen kaufen anders als Männer. Das kommt Ihnen bekannt vor? Aber warum ist das so? Der weltweit führende Marketingexperte und Bestsellerautor Paco Underhill macht die vier Faktoren aus, die die Kaufentscheidungen weiblicher Konsumenten maßgeblich steuern: Sauberkeit, Kontrolle, Sicherheit und Rücksichtnahme. Diese vier Faktoren machen eine Marke oder eine Dienstleistung für Frauen attraktiv und sind für Männer bei der Kaufentscheidung in der Regel unbedeutend. Mit Charme und Humor nimmt uns Underhill mit auf eine Reise durch den globalen Markt, der immer mehr von Frauen eingenommen wird, und zeigt uns, warum sie kaufen, was sie kaufen.

Informationen zum Autor

Paco Underhill ist Gründer und CEO der Firma Envirosell Inc., ein Forschungs- und Beratungsunternehmen,das heute mit großem Erfolg Unternehmen wie Starbucks, McDonald’s, Adidas und Nokia bei der Konsumforschungberät. Underhill schreibt regelmäßig Beiträge für The Wall Street Journal und The New York Times. Sein Buch »Warum kaufen wir?« wurde zum internationalen Bestseller

Impressum

Die Originalausgabe erschien 2010 unter dem Titel What Women Want. The Global Market Turns Female Friendly bei Simon & Schuster. Copyright © 2010 by Peckshee, LLP. All rights reserved.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.Copyright © 2011. Alle deutschsprachigen Rechte bei Campus Verlag GmbH, Frankfurt am MainUmschlaggestaltung: Hißmann, Heilmann, HamburgUmschlagmotiv: getty images / Tooga

ISBN der Printausgabe: 978-3-593-39127-4E-Book ISBN: 978-3-593-41099-9

Besuchen Sie uns im Internet: www.campus.de

|5|Für Onkel Toby

und Tante Aubrey,

in Liebe

und Dankbarkeit

|9|Einleitung

Auf meinen Reisen um die Welt stelle ich überall fest: Frauen gewinnen an kultureller, sozialer und wirtschaftlicher Macht.

Für einen kahlen, älteren Herrn, der als »Papst der Kundenkunde« gilt, der sein Leben lang gegen das Stottern angekämpft hat und den Malcolm Gladwell im New Yorker als »leicht vertrottelt aussehend« beschrieben hat, bin ich ganz schön oft unterwegs und halte Vorträge – auf Kongressen, in Unternehmen, auf Fortbildungen und Galadinners. Üblich sind für mich so an die 40 mehr oder weniger gut bezahlte Vorträge im Jahr. Diese Auftritte sind eine gute Gelegenheit, die Werbetrommel in eigener Sache zu rühren und mal wieder in die Medien zu kommen. Es gelingt mir, in jeder meiner Reden diesen Satz unterzubringen:

»Wir leben in einer Welt, die Männern gehört, die von Männern gestaltet und von Männern gemanagt wird – und trotzdem erwarten wir, dass sich Frauen aktiv für diese Welt engagieren.«

Gelächter im Publikum. Kopfnicken. Sowohl Männer als auch Frauen können sich mit dieser Aussage identifizieren. Eine der wichtigsten Fragen, die ich überall – ob in Singapur, Texas, Dubai, Mexico City, Dublin oder São Paulo – stelle, lautet: Was macht diese Verpackung, dieses Produkt, dieses Design, diesen Raum oder diesen Service »frauenfreundlich«?

|10|Dabei will ich weder provokant noch herablassend klingen. Und ich möchte auch keine moralischen oder feministischen Überzeugungen infrage stellen.

Was mir jedoch auffällt, ist die zunehmende Dominanz von Frauen in der Gesellschaft und im Berufsleben – und zwar weltweit. Diese Evolution findet in einem atemberaubenden Tempo statt, und ich befinde mich in einer herausragenden Ausgangsposition, um sie zu beobachten und zu beschreiben, wie sie die physische Welt und den globalen Markt einnimmt – egal, ob sie sich bemerkbar macht wie in Verpackungen, Autos, Geräten oder Kleidungsstücken oder an Orten wie zu Hause, in Hotels, Büros, Läden, Restaurants und Sehenswürdigkeiten oder einfach nur im guten alten Kundendienst, im Internethandel, bei der Zimmerreinigung, bei Banken oder dem Mietwagenverleih.

Mag gut sein, dass Sie sich durchaus darüber im Klaren sind, inwieweit Frauen unsere Kultur beeinflusst haben. Vielleicht haben Sie Ihre eigenen Vermutungen darüber angestellt. Die geballte Kraft dieser Entwicklung ist ganz erstaunlich und in vielen Fällen dramatisch.

Wussten Sie zum Beispiel Folgendes?

Rund 70 Prozent aller Amerikanerinnen sind berufstätig.

Frauen verfügen nicht nur über einen bestimmten Teil des aktiven Einkommens weltweit – das heißt über Geld, das sie selbst erwirtschaftet haben –, sondern auch über einen großen Teil des passiven Einkommens, worunter das Haushaltsgeld, aber auch Erbschaften fallen.

Immer mehr Frauen beherrschen die Welt der höheren Bildung. In den meisten Universitäten und Colleges in den USA und Kanada liegt der Frauenanteil bei 60 Prozent.

Heutzutage studieren so viele Frauen wie nie zuvor Ingenieurwesen, Physik, Informatik, Biologie und klinische Psychologie.

Frauen sind auch in der Geschäftswelt auf dem Vormarsch – und erobern Fachbereiche wie Medizin, Recht und die Naturwissenschaften. Diese Entwicklung nahm bereits in den 1970er Jahren |11|ihren Anfang, als Frauen massenweise an Bildungsprogrammen teilnahmen und ihre Ausbildung als Anwältin, Physikerin oder Architektin in Angriff nahmen – allesamt einst Männerdomänen.

Mit Ausnahme der Kleinlaster macht sich der weibliche Einfluss bei allen erfolgreichen Automodellen bemerkbar, die in Detroit hergestellt werden, ganz gleich ob es sich nun um den Minivan oder um diese unter dem Namen SUV bekannt gewordene Kreuzung aus Panzer und Überwachungsfahrzeug handelt (die nie als Machofahrzeug geplant war).

Frauen führen Haushalte, aber auch Unternehmen. Eine rekordverdächtige Zahl von ihnen besucht anspruchsvolle Wirtschaftsschulen, und der Anteil der Frauen auf Geschäftsreisen nimmt stetig zu.

Die Mehrheit der Buchkäufer in Amerika sind Frauen.

Frauen erledigen den Großeinkauf für ihre gesamte Familie. Der Trend, auf Bauernmärkten einzukaufen, aber auch die gesamte Bio-Welle ist auf Frauen zurückzuführen.

Frauen gestalten das gesellschaftliche Leben ihrer Familien und treffen letztendlich die Entscheidung, ob die Familie die Schulferien in den Bergen oder am Meer verbringt oder doch lieber zu Hause bleibt.

Frauen produzieren nach wie vor ihre eigenen Filme und TV-Shows, haben ihren eigenen Humor und schätzen ihre Art von Kunst und Musik.

Keine Frage, manche dieser Beispiele sind weniger auffallend, während andere enorm viel Aufmerksamkeit erregen – denken Sie bloß mal an die Anfänge der Bio-Bewegung. Oder lassen Sie es sich auf der Zunge zergehen, dass es trotz der unausgewogenen Bezahlung von Männern und Frauen in der Unterhaltungsindustrie eine für ihre Schlagfertigkeit und ihren schwarzen Humor bekannte Autorin und Komödiantin namens Tina Fey war, die 2008 durch ihre Parodie von Sarah Palin die Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten auf den Kopf gestellt hat.

Vermutlich wird die absolute Gleichbehandlung von Männern |12|und Frauen ein Traum bleiben, aber eines steht immerhin fest: Frauen holen auf! Und das Ganze auch noch lautstark, sodass es wirklich jeder merken muss!

Nehmen wir einmal an, Sie sind männlich und Firmenchef. Wenn Ihnen nicht aufgegangen ist, welche Macht und welchen Einfluss Frauen heutzutage haben, haben Sie ein ernsthaftes Kommunikationsproblem. Wenn in Ihrem Laden, Restaurant, Ihrer Bank, Hotellobby, Ihrem Einkaufszentrum oder dem Empfangsbereich Ihres Unternehmens der weibliche Faktor keine Rolle spielt, wenn sich Frauen dort nicht willkommen fühlen oder wenn es für sie keine sichere und saubere Oase der Erholung und Entspannung ist, in der man ihnen mit Respekt begegnet und auf ihre Bedürfnisse eingeht, wenn man dort nicht berücksichtigt, was Frauen wollen oder erwarten (was sich meist völlig von dem unterscheidet, was Männer wollen und erwarten), dann werden Sie alles andere als gute Geschäfte mit ihnen machen. Außerdem riskieren Sie, die zahlungskräftige Mehrheit der Verbraucher – Verbraucherinnen! – für immer zu verlieren. Diese Frauen werden sich mit Vergnügen (und einem hämischen Grinsen im Gesicht) flugs daran machen, ihrem gesamten Freundes- und Bekanntenkreis zu berichten, wie dreckig Ihre Umkleidekabinen, wie schummrig die Beleuchtung, wie unheimlich die Hotellobby, wie unhöflich das Personal und wie schäbig die Spiegel waren (oder, im schlimmsten Fall, dass es überhaupt keine Spiegel gab). Sie werden überall herumerzählen, dass sie sich wie Menschen zweiter Klasse behandelt gefühlt haben.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es für Frauen ein Leichtes ist, dafür zu sorgen, dass sich solche Schreckensmeldungen wie ein Lauffeuer verbreiten.

2005 tauchte in den Statistiken eine magische Zahl auf: Zum ersten Mal in der Geschichte Amerikas verdienten junge Amerikanerinnen unter 30 in den größten Metropolen Amerikas mehr als Männer derselben Altersgruppe. Dieser Wandel nahm bereits Ende |13|der 1990er Jahre in städtischen Ballungszentren wie Los Angeles und Dallas seinen Anfang. Im Jahr 2000 war dieser Trend auch in New York angekommen, sodass die Einkommen von Männern und Frauen mehr oder weniger gleichauf lagen. Fünf Jahre später erwirtschafteten vollzeitbeschäftigte Frauen im Alter zwischen 21 und 30 Jahren, die in einem der fünf Bezirke von New York lebten, 117 Prozent der Gehälter ihrer männlichen Kollegen in vergleichbaren Jobs. Anders ausgedrückt, für jeden Mann, der einen Durchschnittsverdienst von 30560 US-Dollar nach Hause brachte, gab es eine Frau, die in einer ähnlichen Position 35653 US-Dollar verdiente. Obwohl in Texas das Geld gewiss nicht auf der Straße herumliegt, sodass man sich nur danach zu bücken bräuchte, verdienten Frauen in Dallas 120 Prozent von dem, was Männer nach Hause trugen – bislang einmalig in der Geschichte Amerikas.

Unterschiedliche Bezahlung von Männern und Frauen in vergleichbaren oder identischen Jobs? Wir alle wissen, dass es das noch immer gibt. Doch Anfang 2009 unterzeichnete der US-amerikanische Präsident Obama ein Lohngleichheitsgesetz, um damit der Benachteiligung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts in diesem Kontext ein – längst überfälliges – Ende zu setzen.

Überall auf der Welt findet parallel zu dieser Entwicklung der weiblichen Verdiensthöhe ein interessanter Trend statt, was die Arbeitslosenzahlen anbelangt. Zunächst zu den Vereinigten Staaten: Im Jahr 2009 lag die Arbeitslosenquote dort bei 8,5 Prozent, doch im Alter von 25 Jahren findet man als Frau eher einen Job. Diese Wahrscheinlichkeit erhöht sich sogar noch, wenn man Einwanderer, Afro-Amerikaner und Lateinamerikaner bei dieser Rechnung ausklammert. In Zeiten der Wirtschaftskrise werden weibliche Arbeitskräfte stärker nachgefragt. In der jüngsten Rezession waren in 82 Prozent der Kündigungen Männer betroffen, die normalerweise in Sparten wie der Baubranche oder Fertigung überproportional vertreten sind.

Die Geschichte hat uns gelehrt, dass Frauen dagegen überwiegend im Bildungswesen oder dem Gesundheitssektor arbeiten – |14|Branchen, die weniger anfällig für wirtschaftliche Schwankungen sind.

Eines der Dinge, die mich an Reisen ins Ausland faszinieren, ist meine Beobachtung, dass sich die Geschlechtsunterschiede in unterschiedlichen Ländern auch unterschiedlich bemerkbar machen. In Brasilien gibt es ebenso wie in Amerika viel mehr arbeitslose Männer als arbeitslose Frauen. Philippinische Frauen der Unterschicht finden weltweit Jobs als Hausangestellte oder in der Kinderbetreuung, während der schlecht ausgebildete philippinische Mann nahezu vollständig aus dem Arbeitsmarkt verdrängt wurde.

Und hier noch eine Binsenweisheit: Je besser die Ausbildung, umso höher die Wahrscheinlichkeit, einen gut bezahlten Job zu ergattern. Wenn Sie als Amerikaner nicht einmal die High School erfolgreich hinter sich gebracht haben, spielt es im Grunde keine Rolle, ob Sie männlich oder weiblich sind, denn dann liegt Ihre persönliche Arbeitslosenquote bei etwa 73 Prozent. Mit einem High-School-Diplom in der Tasche verbessern sich Ihre Chancen auf einen Arbeitsplatz immerhin um 5 Prozent. Doch erst mit einem College- oder Universitätsabschluss steigt die Wahrscheinlichkeit, Karriere zu machen, sprunghaft an.

Mag gut sein, dass dies der Grund dafür ist, dass Frauen im College und an den Universitäten Amerikas die Nase vorn haben. Derzeit kommen auf 100 Bachelor-Absolventen 140 Bachelor-Absolventinnen. Dieser Unterschied zwischen den Geschlechtern wird sich noch steigern. Zwischen 1969 und 2000 ist die Anzahl der Studenten um lediglich 39 Prozent angestiegen, die der Studentinnen jedoch um beeindruckende 157 Prozent. Mittlerweile studieren an nahezu allen Universitäten des Landes mehr Frauen als Männer, was auch für die Afro-Amerikaner gilt – in dieser Bevölkerungsgruppe kommen gemäß einer Studie auf jeden Mann mit Universitätsabschluss zwei ebenso gut ausgebildete Frauen.

Als eine der möglichen Ursachen dieser Entwicklung mögen die Lernstörungen gelten, die wesentlich häufiger bei männlichen Jugendlichen diagnostiziert werden als bei Mädchen. Anfang des |15|21. Jahrhunderts ist das Risiko für einen Jungen, eine Leseschwäche zu entwickeln, 2,5-mal so hoch wie für ein Mädchen. Dyslexie und Autismus in all seinen Ausprägungen? Die Wahrscheinlichkeit, davon betroffen zu sein, liegt bei einem Jungen bei 10 Prozent, bei einem Mädchen bei 6 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Junge Sonderförderprogramme durchlaufen muss, ist dreimal so hoch wie bei einem Mädchen. Dass ein Junge sitzenbleibt, ist immerhin noch doppelt so wahrscheinlich wie bei einem Mädchen (natürlich haben soziodemografische Faktoren wie das Alter und das Bildungsniveau der Eltern einen großen Einfluss auf diese Zahlen).

Und dann wäre da noch ADHS, kurz für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitäts-Syndrom. Dieses Krankheitsbild umfasst eine Reihe von Symptomen – von Unkonzentriertheit über mangelhafte Impulskontrolle zu Unruhe und zwanghafter Zerstreutheit. Und wer leidet daran? In den meisten Fällen Jungs. Das ist eine Tatsache. Anscheinend sind die Ursachen dafür noch unklar, obwohl es jede Menge Theorien darüber gibt. Manche Pädagogen vertreten die Ansicht, dass die für das Verhalten von Erst- bis Viertklässlern im Klassenraum geltenden Normen – Pssssst … Seid doch mal ruhig! … Konzentriert euch gefälligst! – eher auf das Temperament eines durchschnittlichen Mädchens zugeschnitten sind. Die meisten kleinen Mädchen haben kein Problem damit, sich hinzusetzen und aufzupassen, während kleine Jungen in dieser Situation unruhig werden, herumzappeln oder ihren Tagträumen nachhängen. Ganz gleich, ob wir von Legasthenie oder Hyperaktivität sprechen, für kleine Jungen scheinen Klassenzimmer nicht ihre natürliche Umgebung zu sein, während kleine Mädchen darin aufblühen. Das hilft bei der Erklärung, weshalb Frauen Männern in Sachen Schulbildung Riesenschritte voraus sind.

Doch es gibt noch einen Grund, weshalb immer mehr Frauen Karriere machen – und ich kann es gar nicht oft genug sagen: Es sind die Babys. Oder vielmehr der Mangel an selbigen. Oder noch besser die Möglichkeit der Frau, selbst zu bestimmen, ob, wann |16|und mit wem sie ein Kind haben möchte. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit haben wir diese magische Grenze überschritten. Dank der Verhütung entkoppelten wir Sex von Fortpflanzung. Mach’s gut, liebe Biologie. Die weibliche Sexualität, vielmehr die weibliche Fruchtbarkeit, wandelt sich, und die Frauen scheinen es zu genießen. Das glauben Sie nicht? Dann sollten Sie sich schleunigst ein paar Folgen von Sex and the City oder den gleichnamigen Kinofilm ansehen. Nach dem College oder der Universität haben es viele Frauen ganz und gar nicht eilig, sich einen Partner fürs Leben zu suchen und eine Familie zu gründen, sondern wollen sich lieber erst ihrer beruflichen Karriere widmen und viel Geld verdienen. Diesen Luxus kannten die Frauengenerationen vor ihnen nicht. Zumindest in den US-amerikanischen Großstädten läuft es so ab. Auf dem Land oder in Kleinstädten ist der Druck auf Frauen zu heiraten und Kinder zu bekommen, häufig weitaus stärker.

Die Möglichkeit der Selbstbestimmung in Sachen Fortpflanzung hat so manche Prämisse, die ganz tief in unserem Denken verwurzelt ist, ja mitunter aus der Zeit stammt, als wir noch in Höhlen Ostafrikas unser Dasein fristeten, auf den Kopf gestellt. In meinen Augen ist das weder gut noch schlecht – es ist eben so. Nichtsdestotrotz hat dies unsere Welt, so wie wir sie kennen, drastisch verändert.

Gut möglich, dass nun der eine oder andere Mann denkt: Ja, aber an Kraft sind wir den Frauen noch immer haushoch überlegen. Doch mit Ausnahme der in Schottland verbreiteten Sitte des Baumstammwerfens ist Muskelkraft selbst in Branchen, bei denen traditionellerweise körperliche Kraft verlangt war – beim Militär oder auch in der Landwirtschaft –, keine Voraussetzung mehr, dort eine Anstellung zu finden. In einer zunehmend digitalisierten Arbeitswelt sinkt die Nachfrage nach Männern mit trainierten Bizepsen und Trizepsen rapide. So manch schmächtiger Jüngling, der verzweifelt versucht, sein Mädchen am Strand vor Konkurrenz zu schützen, |17|wird angesichts dieser guten Nachricht einen Seufzer der Erleichterung von sich geben, ebenso wie Frauen, die nun sehr kompetent ihren Aufgaben in Bereichen nachgehen können, für die ehedem nur wandelnde Muskelpakete (Männer natürlich!) infrage kamen.

Sehen wir uns doch mal das Militär an. Wie steht es mit dem modernen Kampfflieger? Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es sich bei dem Piloten der neuen Drohne der US-Luftwaffe – dem Predator – um eine Frau handelt. Dieses auf Langstrecken und in mittlerer Flughöhe eingesetzte und ferngesteuerte Flugzeug dient der Überwachung und Aufklärung des Luftraums und wichtigen Missionen. Die Satellitenbilder können in Echtzeit an die Fronttruppen übertragen werden. Zur Crew gehören der Pilot und ein paar Leute, die die Sensoren bedienen. Mithilfe einer raffinierten Datenübertragung lässt sich das Flugzeug von einer Bodenstation steuern. Der Predator ist mit Radar, Infrarotkameras und zwei lasergesteuerten Panzerabwehrraketen vom Typ AGM-114 Hellfire ausgestattet. Zur Bedienung ist wahrlich kein trainierter Bizeps erforderlich – sondern Intelligenz, Konzentration, Sorgfalt, Reaktionsvermögen und höchste Genauigkeit. Höre ich da »weibliche Fähigkeiten«?

Die Frau als Lohnempfängerin ist ein ebenfalls relativ junges Konzept. Zwar haben Frauen schon immer gearbeitet, doch die Evolution der weiblichen Wirtschaftskraft – soll heißen, sie verdient ihr eigenes Geld und kann sich dafür kaufen, was immer sie will – ist revolutionär und nimmt mit rasanter Geschwindigkeit zu. Wenn sich Frauen gegen Kinder entscheiden, steht es ihnen frei, ihren Verdienst ganz nach Belieben auszugeben.

Bei der weiblichen Wirtschaftskraft spielt aber nicht nur aktives, sondern auch passives Einkommen eine wesentliche Rolle. Aktives Einkommen ist das Gehalt oder der Lohn einer berufstätigen Frau. Passives Einkommen dagegen bezieht sich auf eine Erbschaft, also das Vermögen, was der Börsenmakler seiner Witwe hinterlassen hat, nachdem er im Alter von 64 Jahren und einer jahrzehntelangen 70-Stunden-Arbeitswoche an einem im Squash-Court erlittenen |18|Herzinfarkt verstorben ist. Sowohl in den USA als auch in Japan verfügen Frauen über einen Großteil des passiven Vermögens. Und sie geben es nach Herzenslust aus, unternehmen Reisen in ferne Länder, gönnen sich Wellness-Urlaube in den besten Spas, bedenken ihre Colleges, High Schools oder Universitäten mit großzügigen Spenden, verwöhnen ihre Enkelkinder oder übernehmen deren Ausbildungskosten.

Sicherlich würden sie auch in Hotels, Restaurants, Tankstellen, Museen, Einkaufszentren, Banken, Autohäusern und Boutiquen nicht jeden Cent umdrehen, vorausgesetzt, die dafür verantwortlichen Herren der Schöpfung haben auf frauenfreundliche Einrichtung und Umgebung geachtet.

Ehrlich gesagt bin ich der Überzeugung, dass sich Frauen keine allzu komplizierten Dinge wünschen. Sind Sie bereit für eine kurze Aufzählung?

Sauberkeit

Die weibliche Spezies mag und schätzt – um nicht zu sagen fordert – Sauberkeit. Vermutlich ist das genetisch bedingt. Im Bruchteil einer Sekunde stellen Frauen fest, ob etwas »sauber« oder »dreckig« ist. Die Mehrheit der Frauen beantwortet sich die Frage Ist es um mich herum sauber? intuitiv, unbewusst, mit einer Art sechstem Sinn, einem untrüglichen Gespür, mit dem sie jeden Raum im Haus abscannen, jeden Laden, den sie aufsuchen, jede Umkleidekabine, in der sie neue Kleidungsstücke anprobieren, jedes Restaurant und jedes Hotelzimmer, in das sie einen Fuß setzen, jedes Fitnesscenter und jedes Schwimmbad und natürlich jede Toilette.

Weshalb das so ist? Denken wir doch mal kurz nach: Mutter Natur hat es so eingerichtet, dass Sauberkeit für die weibliche Hygiene, die Kinderaufzucht sowie die Beschaffung und Zubereitung von Nahrung – seit unseren frühesten Tagen als Sammler und Jäger die Aufgabe der Frauen – eine bedeutsame Rolle spielt. Auch in Pflegeberufen, |19|eine klassische Frauendomäne, in der die Pflegekräfte keine Scheu vor menschlichen Körperausscheidungen und sonstigen Abfallprodukten haben dürfen, ist Sauberkeit entscheidend.

Vor zwei Jahren arbeitete ich ehrenamtlich zwei Nächte die Woche in einem geriatrischen Krankenhaus und hatte es überwiegend mit älteren Patienten zu tun, die schwer krank waren. Nach meiner »normalen« Arbeit machte ich mich also auf den Weg ins Krankenhaus, eine Erfahrung, die mir viel gegeben hat. Während unserer Einweisung wurde uns Ehrenamtlichen gezeigt, wie man sich die Hände waschen muss, nachdem man körperlichen Kontakt zu einem Patienten hatte. Als Mann ging ich davon aus, dass ich meine Hände unter fließendes Wasser halten, sie einseifen, abspülen und an meinen Jeans abwischen sollte. Weit gefehlt, die richtige Vorgehensweise ist: 1. Drehen Sie den Wasserhahn mit einem trockenen Papiertuch in der Hand auf, 2. Seifen Sie die Hände gründlich ein und singen Sie dabei »Happy Birthday« (alle Strophen), 3. Spülen Sie Ihre Hände ab und drehen Sie den Wasserhahn mit demselben Papiertuch zu, 4. Trocknen Sie sich die Hände mit diesem Papiertuch ab.

Wenn Männer diese Vorgehensweise erst einmal verinnerlicht haben und sie bis zu zwölfmal am Tag anwenden, wird ihnen klar, was Frauen unter Sauberkeit verstehen und welchen Grad an Sauberkeit sie im Alltag sehen wollen. Sauberkeit ist Frauen wichtig – deutlicher kann ich es nicht ausdrücken. Im Laufe unseres Lebens haben die meisten Männer, ich eingeschlossen, diese Lektion mit der Unterstützung ihrer Mütter, Freundinnen und Ehefrauen auf die harte Tour gelernt.

Kontrolle

Als Mann sind Sie möglicherweise mit einer Frau zusammen, die niemanden – auch nicht Sie – ans Steuer lässt. Sollte sie doch irgendwann einmal eine Ausnahme machen und auf dem Beifahrersitz |20|Platz nehmen, wird sie vermutlich die ganze Fahrt über an den Bedienelementen für die Klimaanlage herumspielen. Irgendwie ist die Temperatur nie richtig eingestellt. Oder aber sie fragt sich laut, wo man den Bass herunterdreht, damit das Lied, das gerade im Radio läuft, nicht zu sehr in den Ohren dröhnt. Eines der Dinge, die mir an Orten wie Flughafenterminals, Einkaufszentren, Kinos oder Läden auffallen, ist die Tatsache, dass sich Frauen nur selten mit den Standardeinstellungen, die zweifelsohne von einem männlichen Serviceteam vorgenommen wurden, zufrieden geben.

Das muss nicht heißen, dass Frauen ständig etwas ändern möchten. Alles was sie wollen, ist die Möglichkeit, es zu ändern. Nicht zu viel verlangt, oder?

Dies gilt übrigens auch für das Verstellen von Sitzmöglichkeiten. Verstellbare Stühle und dergleichen sind im Allgemeinen sehr beliebt bei Frauen und Männern. Und auch hier geht es mehr um die theoretische Möglichkeit als um das tatsächliche Verstellen. Ein großer Teil des Times Square in New York wurde für den Autoverkehr gesperrt. Im Fußgängerbereich wurden rote, höhenverstellbare Stühle angebracht. Passanten können sie an ihre Körpergröße anpassen. An vielen anderen öffentlichen Plätzen oder Wartebereichen sind die Stühle dagegen mit dem Boden verschraubt und lassen sich nur mit schwerem Gerät lösen. Doch so viel Platz ist in keiner Handtasche.

Sicherheit

Und jetzt komme ich auf eine Binsenwahrheit zu sprechen, die die meisten Männer zwar kennen, aber nicht wirklich verstehen: Die meisten Kerle sind stärker und auch größer als die Durchschnittsfrau. Aus diesem Grund machen sich Frauen mehr Gedanken um ihre eigene Sicherheit, als es Männer ahnen können, wie zum Beispiel um die Lichtverhältnisse in der Hotellobby, die kaputte Deckenbeleuchtung in der Tiefgarage, das sperrangelweit geöffnete |21|Fenster in der eigenen Wohnung oder im Hotelzimmer, auch wenn es sich im zweiten Stock befindet. Frauen fühlen sich oft verletzlich. Sicherheit mag bei der Planung des Gebäudes eine Rolle gespielt haben – oder auch nicht –, doch das weibliche Bedürfnis zu wissen, dass ihr nichts passieren kann, passt perfekt in die Maslowsche Bedürfnishierarchie. Auf deren unterster Ebene stehen grundlegende körperliche Bedürfnisse wie Atmen, Hunger, Durst, Schlaf und Sex, auf der nächsten Ebene kommen das Bedürfnis nach körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit und Geld, während es auf der obersten Stufe um Dinge wie Kreativität und Problemlösungen geht.

Die meisten von uns werden wohl schon mal in der Schlange an der Kasse hinter einer Frau gestanden haben, die gerade eben ihren Einkauf bezahlt hat. Die Kassiererin reicht ihr den Kassenbon – weshalb also bleibt sie noch stehen? Anstatt den Laden mehr oder weniger eilig zu verlassen – und glauben Sie mir, das habe ich schon Hunderte von Malen beobachten können –, beginnt sie mit einer ausgeklügelten Überprüfung und Ordnung ihrer Habseligkeiten, was etwas Zen-haftes an sich hat. Zunächst gibt sie das Kleingeld in ihren Geldbeutel. Dann steckt sie ihre EC- oder Kreditkarte in das dafür vorgesehene Fach ihrer Brieftasche. Dann überfliegt sie den Kassenbon, bevor sie ihn zu den Geldscheinen stopft oder in das dafür vorgesehene Fach. Dann steckt sie Geldbeutel und Brieftasche (manchmal ist es ein und derselbe Gegenstand) in ihre Handtasche und schließt diese. Noch ein letzter Blick auf den Boden. Nein, ihr ist nichts heruntergefallen.

Jetzt ist sie so weit und kann gehen.

Würde sich ein Mann jemals so verhalten? In vergleichbaren Situationen, sprich in der Schlange vor der Kasse im Supermarkt, habe ich schon des Öfteren beobachtet, dass ein Mann seine bereits bezahlten Einkäufe zur Seite schiebt, sodass die Person hinter ihm zahlen und gehen kann. Das könnte eine Art Solidarität unter männlichen Tieren sein, aber ich vermute mal, dass es auch damit zusammenhängt, dass sich ein Mann kaum Gedanken um seine eigene Sicherheit macht. Diese ausgeklügelte Choreografie, die |22|das weibliche Tier zeigt, bevor es einen Laden verlässt, ist sicherlich mehr als nur ein Schlussstrich unter das Vergnügen, Einkaufen zu gehen, sondern ein unterbewusstes Abschiednehmen, ein Schlusspunkt unter die soeben abgeschlossene Transaktion. Das hat weniger mit einem passiv-aggressiven Verhalten zu tun, sondern ist vielmehr eine Frage der Sicherheit.

Rücksichtnahme

Nein, ich rede nicht von Höflichkeit, sondern von allem, wobei Gewicht und Muskeln eine Rolle spielen. Könnte es denkbar sein, dass eine Kundin Ihres Elektronikladens nichts sehnlicher kaufen will als ein komplettes Home-Entertainment-System, sie aber nicht weiß, wie sie dieses Riesenteil in ihr Auto bekommt, obwohl sie schon vor dem Losfahren die Rücksitze ausgebaut hat? Die meisten Männer würden wohl nie zugeben, dass auch sie es allein nicht schafften, doch Frauen ist es sehr wohl bewusst, wenn ihnen etwas zu schwer oder umständlich ist. Wo bleibt das Schild im Laden, das Frauen diese Angst nimmt und auf dem steht, dass ein kostenloser Beladungs- oder Lieferservice angeboten wird und bereits unterwegs ist – und dass Trinkgeld nicht gestattet ist? Wo bleibt dieses Schild auf den Parkplätzen der Supermärkte?

Wie bereits erwähnt, bin ich der Überzeugung, dass Frauen keine allzu komplizierten Dinge für sich beanspruchen.

Da ich einer der ersten männlichen Studenten war, die 1970 das Vassar College besuchten, war ich sozusagen mein Leben lang von interessierten und fähigen Frauen umgeben. In meinem Leben spielten Frauen als Freunde, aber auch als Kollegen eine Rolle. Als ich noch ein junger Mann war, habe ich zwei Frauen einen Heiratsantrag gemacht. Beide haben abgelehnt. Man könnte also sagen, dass ich mein Herz in meinen Zwanzigern verloren und es nie wieder gefunden habe, was mich in der Hinsicht befreite, dass ich meine mir wichtigen Beziehungen auf die Basis intellektueller Bewunderung |23|stellen konnte. Ich fühle mich zu klugen, unabhängigen und fähigen Frauen hingezogen. Ich verbrachte jeweils Abschnitte meines Lebens mit einer Politikerin, einer Kunstkritikerin, einer Tänzerin und einer Musikerin. Mit den meisten von ihnen bin ich noch heute befreundet. Aus meinen Ex-Freundinnen ist im Laufe der Jahre ein wunderbares Netzwerk geworden – gute Kontakte, die sich für das Wohl meines Unternehmens einsetzen, mir einen Verlag oder Literaturagenten empfehlen und so weiter.

Ich habe nie geheiratet, teile aber mein Leben und meine Wohnung mit einer Frau, die ich liebe und bewundere. Ihr Name ist Sheryl, aber ich nenne sie »Dreamboat« (Traumschiff). Weshalb ich das tue? Ganz einfach, weil sie mein Traumschiff ist. Einer der Gründe, weshalb unsere Beziehung so gut funktioniert, ist, dass wir die Leine ganz lang lassen. Es kommt ganz oft vor, dass unsere geschäftlichen Termine kollidieren. Ich bin fast sechs Monate im Jahr auf Achse, während Sheryl, eine klassische Flötistin, abends in einem Broadway-Musical spielt. Ihre freie Zeit verbringt sie auf Musikfestivals im ganzen Land. Wir sehen uns nicht oft, aber wenn, dann habe ich das Gefühl, als sei ich zu Hause angekommen.

Aufgrund meines großen Freundeskreises (fast ausschließlich Frauen) ist mir in den letzten Jahrzehnten bewusst geworden, dass mit dem Statuswandel von Frauen auch ein Wandel unserer Gesellschaft einhergegangen ist. Ein Ende dieser Veränderungen ist noch lange nicht in Sicht. Frauen machen eine ganz neue Erfahrung, wer und was sie sind, und das bleibt natürlich nicht ohne Konsequenzen für den Rest der Menschheit. Den meisten Menschen ist das Ausmaß dieser Änderungen jedoch nicht klar.

Die Sache ist die, dass ich mich in meiner Männlichkeit in keiner Weise bedroht fühle, wenn ich mich für Frauen einsetze. Schließlich ist es ja nicht so, dass eine frauenfreundliche Umgebung beim Einkaufen zwangsläufig bedeutet, dass sie nun weniger männerfreundlich ist. Irgendwie ist es schon fast ironisch, dass sich die Dinge letzten Endes als besser für Frauen und Männer entpuppen, wenn man sie frauenfreundlich macht.

|24|Wenn ich durch meine Kontaktkartei blättere, stoße ich auf die Namen von Frauen, die ich für anbetungswürdig halte – Frauen, die eine Pionierrolle in ihrer Branche eingenommen haben oder die ein untrügliches Gespür dafür haben, inwiefern sich die weibliche Rolle in der Gesellschaft verändert hat. Ich werde in diesem Buch sicherlich noch auf so manche von ihnen zu sprechen kommen. Wenn es sich anbietet, verwende ich Fakten und Zahlen aus der Marktforschung sowie Sekundärdaten, die unter anderem von meiner eigenen Firma Envirosell erhoben wurden. Tun Sie sich keinen Zwang an, wenn Sie mein Buch lesen. Entweder ich bringe Sie zum Lachen oder zum Nachdenken.

Abgesehen davon bin ich wahrlich kein Experte für Geschlechterfragen. Ich bin einfach nur ein Junge, der über Mädchen schreibt. Jeder weiß, dass nicht alle Frauen gleich sind. Es gibt Frauen, die es lieben, Einkaufen zu gehen, während anderen schon beim Gedanken daran übel wird. Es gibt Frauen, die zum Autohändler gehen, ein Schwätzchen mit dem Verkäufer halten und den Laden mit dem Schlüssel ihres Neuwagens in der Hand verlassen, während es andere dem Mann in ihrem Leben überlassen, solche Geschäfte zu tätigen. Was ich aber sagen will, ist, dass es bestimmte Gemeinsamkeiten unter Frauen gibt, nicht anders als bei zwei Männern, die sich zwar nichts zu sagen, aber dennoch jede Menge gemeinsam haben.

Der Punkt ist doch der: Während Männer mit ganz anderen Dingen beschäftigt waren, haben sich Frauen zu einer enormen sozialen, kulturellen und ökonomischen Macht entwickelt.

Lesen Sie selbst, was sich durch sie in unserem Alltag schon alles verändert hat.

|25|Hausbeben

Mein Auto parkt vor einer hohen, teuren Steinmauer, gleich gegenüber eines McMansion, rund 50 Meilen nördlich von Manhattan. Du gehst hinein – ich bleibe lieber im Wagen sitzen, vielen Dank.

Haben Sie ein McMansion schon mal genauer unter die Lupe genommen? Es waren die hehren Absicht des Bauherren, dass das Gebäude irgendwie an Versailles oder ein britisches Landhaus erinnern soll, das sich im Eigentum eines alternden britischen Rockstars befindet. Trotzdem lässt sich die Tatsache nicht verleugnen, dass die McMansions, die in den Vereinigten Staaten wie Pilze aus dem Boden geschossen sind, erst in den letzten 20 Jahren errichtet wurden. Auch wenn ihre Bauweise den Eindruck vermitteln soll, dass sie schon seit Menschengedenken da gewesen wären.

Eine treffende, wenn auch abfällige Beschreibung prägte der New Yorker Umweltschützer Jay Westervelt Anfang der 1990er Jahre: McMansion steht für einen Bautrend, der seinen Anfang in den 1980er Jahren nahm, als die steigenden Börsenkurse der Wall Street haufenweise Neureiche produzierten. Ein McMansion ist eine protzige, übergroße, nigelnagelneue Behausung, die auf einem Grundstück steht, das in etwa so groß ist wie das Gebäude selbst, was |26|leider dazu führt, dass die meisten McMansions Außenwand an Außenwand aneinander lehnen. Häufig wurden diese Baumonster auf bereits bebauten Grundstücken hochgezogen, der Bestand fiel der Abrissbirne zum Opfer – eine weit verbreitete Unsitte, die auch vor hübsch anzusehenden, teils sogar historischen Häusern samt Pflanzbewuchs, Garten und Baumbestand nicht Halt machte. Neu gebaut wurden dann diese völlig unproportionierten Monstrositäten, die eine ebensolche Beleidigung für das menschliche Auge sind wie … keine Ahnung was. Mir fehlen die Worte.

Als Haustypus entspricht ein McMansion einer 08/15-Bauweise vom Fließband, gepaart mit ästhetischem Bankrott. Sie beherbergen grundsätzlich Neureiche. Als die ersten dieser Whopper-Villen, wie sie auch genannt werden, in den Vereinigten Staaten und anderswo erbaut wurden, dauerte es nicht lange, bis sie zum naheliegenden Symbol des Wirtschaftsbooms, aber auch des Amok laufenden männlichen Egos wurden.

Als wahr gewordener Männertraum zeichnet sich das McMansion vor allem dadurch aus:

Eine schizophren anmutende Mischung aus Stilelementen des Klassizismus und Neoklassizismus, die ebenso an ein französisches Château wie auch an ein britisches oder jakobinisches Landhaus oder an ein modernes Wohnhaus erinnern (neo-eklektisch ist wohl die höfliche Umschreibung dieser »Villa Kunterbunt«).

Eine bizarre Ansammlung von Dachlinien und Fassaden. Im Zweifel nehme man Gauben, einen Säulenvorbau, Säulen im Stile von Vom Winde verweht, venezianische Fenster, unechten Stuck, Erkerfenster mit Zierwerk sowie eine Garage, die so geräumig ist, dass dort mühelos ein halbes Dutzend Oldtimer, Schneemobile, Geländewagen und eine Werkstatt für den versierten Hobbyhandwerker samt Drehmaschine, die wohl niemand jemals benutzen wird, bequem Platz finden.

|27|Keine Bäume. Keine Büsche. Keine Sträucher. Lassen Sie Mutter Natur außen vor, mit Ausnahme einiger weniger kümmerlicher Pflänzchen, die inmitten dieser schalen Neuheit den Anschein strotzender Vitalität vermitteln sollen. Aus Sicht des Bauherren war es kostengünstiger, vor Beginn der Erdarbeiten das gesamte Grundstück abzuholzen, weshalb auch Bäume gefällt wurden, die schon seit Jahrhunderten dort standen und den Anwohnern Schatten spendeten und Wohlbehagen verbreiteten. Das Fehlen von altem Baum- und Buschbestand rund um die meisten amerikanischen McMansions vermittelt einen fast gruseligen Eindruck, der einem die Seele raubt – das Gegenteil von majestätisch. Unwillkürlich beschleicht einen die dumpfe Vorahnung all der Gräueltaten, die sich da wohl hinter verschlossenen Türen abspielen mögen.

Wo ist die Veranda? Es gibt keine. Eine Veranda ist viel zu teuer. Eine der Funktionen einer Veranda ist, dass sie gewissermaßen eine Brücke zwischen der Privatsphäre einer Familie und der Außenwelt darstellt. Doch in dieser Nachbarschaft würde dieses Ansinnen als plump vertraulich und keineswegs aristokratisch daherkommen.

Wenn Sie eine Frau sind und die leidige Aufgabe haben, ein Haus dieser Größenordnung sauber zu halten, sind Kopfschmerzen garantiert. Allein immer zu wissen, wo sich der Rest Ihrer Familie gerade aufhält, ist nahezu unmöglich, außer sie alle tragen elektronische Fußfesseln zur Ortung. Stellen wir uns nun einmal eine Frau in der traditionellen Rolle als Nestbauerin vor. Ein Nest impliziert jedoch eine Art von räumlicher Konzentration. In einem McMansion-Haus hätte sie als Mutter eine gänzlich andere Aufgabe: aufzupassen, dass sich in diesem Riesenhaus keiner einsam fühlt und auszieht. Doch was ist aus der Frau geworden, die nicht nur einer Vollzeitbeschäftigung nachgeht, sondern auch einen mehr oder weniger gleich großen Anteil der Hausarbeiten |28|übernimmt? Stößt sie beim Sauberhalten dieses Palastes und dem Einkauf sämtlicher Vorräte nicht an die Grenzen ihrer Belastbarkeit? Besser, Sie lassen sich nur im Geiste auf diesen Alptraum ein!

Der letzte Punkt ist kein Kennzeichen, sondern vielmehr eine allgemeine Feststellung: Ich will nach Hause. Und dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen: Du meine Güte, ich parke ja vor dem Zuhause von jemanden! Doch wieso sollte irgendjemand in so einer Villa Kunterbunt wohnen wollen, die im Gegensatz zur Heimat der Romanheldin Pippi Langstrumpf so gar nicht positiv besetzt ist?

Ein Mann. Der nichts kapiert hat.

Macht’s gut, ihr McMansions und hallo, ihr Wohnhäuser der neuen Generation, die eindeutig auf den weiblichen Teil der Bevölkerung zugeschnitten sind. 

Passiert es Ihnen auch hin und wieder, dass Sie aus einem Traum erwachen, in dem es um Ihr Elternhaus ging? Da liegt doch dieser Fußabstreifer vor der Haustür, der nach all den Jahren, denen er Wind und Wetter ausgesetzt war, ziemlich verschlissen daherkommt. Sie erinnern sich an die gemütliche Diele mit der typischen Blümchenmustertapete? An das braune Treppengelände, die Treppe mit ihrem ramponierten Teppich, das Esszimmer, das nur zu festlichen Anlässen wie Thanksgiving, Weihnachten und wann immer Großmutter zu Besuch da war, benutzt werden durfte; an das Wohnzimmer mit dem besonders bequemen Sessel von Dad?

Die Küche befand sich im rückwärtigen Teil des Hauses. Vom Kühlschrank bis zum Herd mit seinen grauen Kochfeldern hatten alle technischen Geräte diese leicht bauchige Form, die an ein Marshmallow erinnert. Man konnte nicht so recht erkennen, wo oder wie sich der Kühlschrank öffnen ließ, da er vollständig mit Familienschnappschüssen und sonstigem Krimskrams zugepflastert war – Dad beim Golfen an Abschlag 14, das Familientreffen in Colonial Williamsburg, der Kalender des örtlichen Elektronikladens, |29|Magneten in Form von Marienkäfern und natürlich zahlreiche mit Wasserfarben, Fingerfarben oder Buntstiften von den Mini-Picassos der Familie angefertigte Kunstwerke.

Natürlich war das Haus bis unter die Decke vollgestopft, aber es war mehr als ein Haus, es war unser Zuhause. Einen Stock höher gab es dann ein großes Elternschlafzimmer mit eigenem Bad und zwei kleinere Kinderzimmer.

Auf dem heutigen Wohnmarkt ließe sich ein Haus wie dieses wohl nicht verkaufen.

Als meine Eltern ihr Haus in Chevy Chase, Maryland, 1964 erwarben, summierte sich der Kaufpreis in etwa auf das Jahresgehalt meines Vaters. Bei meinen Vorträgen erwähne ich gerne, dass ich in dem Fall, dass jemand in einem Haus wohnt, das 2010 so viel wert ist, wie er das ganze Jahr über verdient, nicht genau sagen kann, ob ich nun Mitleid empfinde oder neidisch bin. Die Sache ist nämlich die: Der Lebensstil der Mittelschicht verschlingt heutzutage zwei Einkommen. Im Zweiten Weltkrieg krempelte Rosie the Riveter (»Rosie, die Nieterin«), die zum Sinnbild für die Frauen wurde, die zu dieser Zeit in den US-amerikanischen Fabriken arbeiteten, aus gutem Grund die Ärmel hoch, während die Männer in Europa ihr Leben an der Front riskierten. Doch in den vergangenen Jahrzehnten sind die Frauen zur Arbeit gegangen, weil die Familie ein Dach über dem Kopf und so vieles andere mehr brauchte. Die traditionelle Hausfrauenrolle verwandelte sich in neue Rollen als Wohnungsausstatterin, Bauherrin, Handwerkerin und häufig auch als Hypothekennehmerin.

Wie also sieht nun ein im 21. Jahrhundert entworfenes Wohnhaus typischerweise aus – viel mehr, wie sieht eines aus, bei dem die potenziellen Käufer in Jubelschreie ausbrechen?

So viel kann ich Ihnen verraten: Es hat nicht mehr viel mit dem Haus gemeinsam, in dem Sie groß geworden sind.

|30|Am grundlegenden Design eines typisch US-amerikanischen Hauses hat sich seit den 1950er Jahren so gut wie nichts geändert. Die Änderungen, die wir derzeit – lassen Sie mich noch ergänzen: nach Jahren des Protests – miterleben, sind auf bestimmte kulturelle und demografische Gegebenheiten zurückzuführen. Höchstpreise erzielen momentan Häuser, die auf eine nichttraditionelle Familie und deren Ansprüche zugeschnitten sind. Dabei denke ich zum Beispiel an Häuser mit zwei geräumigen Schlafzimmern für die beiden Schwestern, die im Alter zusammengezogen sind, an Häuser mit ausreichend Platz für erwachsene Kinder, an Mehrgenerationenhäuser, Häuser mit einer Einliegerwohnung für die Großmutter oder den Studenten, der im Gegenzug für die Unterkunft beim Kochen und Putzen mithilft und den Hund Gassi führt.

Knapp ein Drittel aller Hauseigentümer wollen in ein kleineres Haus oder eine Wohnung umziehen oder sich mit einem einfacheren Lebensstil begnügen, sobald ihre Kinder ausgezogen sind. Immer mehr Hauseigentümer tauschen ihre riesigen Eigenheime dann gegen ein kleineres ein, das Platz für alle Dinge hat, die sie auch tatsächlich nutzen, und das auf ihre neuen Anforderungen besser zugeschnitten ist. Auch die Wohnlage spielt dabei eine Rolle: Praktisch ist es, in der Nähe einer Universitätsstadt zu leben, wo es keine Umstände macht, ein paar Kurse an der Universität zu belegen, ins Kino, Theater oder Café zu gehen und in den Buchläden zu stöbern. Auf Wiedersehen, altes, an Männern und ihren Bedürfnissen orientiertes Haus, hallo neuartiges Wohnhaus, das auf die speziellen Anforderungen der weiblichen Spezies zugeschnitten ist, die ja bekanntlich den ganzen Laden schmeißt.

In modernen Eigenheimen gibt es vermutlich ein Büro oder einen Fitnessraum. Auch eine Einliegerwohnung mit eigenem Kühl- und Gefrierschrank sowie Spülmaschine ist nichts Außergewöhnliches mehr. Ist auf dem Grundstück ein Swimmingpool vorhanden, gehört wohl auch eine kleine Bar dazu und ein Rollschrank für Teller und Tassen. Mein Neffe Gabriel und meine Nichte Miranda, beide im Teenageralter, haben aus ihren Zimmern eine Miniaturwohnung |31|gemacht, natürlich mit einem Mini-Kühlschrank für Getränke und Snacks. Nicht dass sie beide verzogene und verwöhnte Bälger wären, nein, meine Schwester kauft ihnen einfach ein paar Dinge nicht, die bei ihnen hoch im Kurs stehen (Red Bull zum Beispiel). Deshalb müssen sie sich solche Sachen selbst besorgen und in ihren Zimmern lagern.

Da die Kernfamilie immer kleiner wird, geht der Trend der USamerikanischen Wohnlandschaft in Richtung Mehrgenerationenheim, bei dem Eltern, Kinder und Großeltern unter einem Dach leben. Da immer mehr erwachsene Kinder sich weigern, das Hotel Mama zu verlassen oder reumütig ins sichere Nest zurückkehren, nachdem sie ihre ersten Flugversuche in der Welt da draußen gemacht haben, finde ich die Vorstellung eines Schlafzimmers mit eigener Außentür faszinierend. Ein konventionelles Haus hat in der Regel eine Vordertür, eine Hintertür und vielleicht noch eine seitlich am Haus, die in einen Waschraum oder direkt in die Garage führt. Aber wer weiß schon, wohin der neue Trend im Wohnungsbau noch weist? Gut möglich, dass unsere Häuser irgendwann einmal mit noch mehr Türen nach draußen ausgestattet sind.

(Stellen Sie sich mal vor, Sie wären 26 Jahre alt, männlich oder weiblich – das ist in diesem Fall egal – und lebten wieder bei Ihren Eltern. Sicherlich wäre es Ihnen mehr als recht, wenn Sie auf direktestem Weg in Ihr Schlafzimmer kämen, ohne dass Sie durch gemeinschaftlich genutzte Räume gehen und sich unter Umständen bohrende Blicke gefallen lassen müssten. Mal abgesehen davon, dass Sie auch über die Feuerleiter in Ihr Zimmer kraxeln könnten, bin ich mir ziemlich sicher, dass Sie einen separaten Eingang zu schätzen wüssten.)

Diese neue Raumanordnung trifft insbesondere auf hispanische und lateinamerikanische Großfamilien zu, bei denen die Eltern strikt dagegen sind, dass ihre Kinder ausziehen. Lateinamerikanische Großeltern haben wie keine andere Nationalität ein besonders enges Verhältnis zu ihren Enkelkindern und Kindern. Darum ist es zum Beispiel so sicher wie das Amen in der Kirche, dass in der Ferienzeit |32|alle Familienmitglieder gemeinsam Urlaub machen. Einige clevere Schifffahrtsgesellschaften wie die Princess Cruise haben ihre Kabinen bereits dem Bedarf dieser Mehrgenerationenurlauber entsprechend umgebaut.

Andererseits haben mehr als nur ein paar Vorstädter genug vom Landleben und sehnen sich zurück in die Stadt, die ihnen mehr an Freizeitvergnügungen bietet. Sicherlich sprechen einige Argumente dagegen, seinen Lebensabend in Großstädten wie New York oder Chicago zu verbringen, aber es spricht auch so manches dafür. Ich persönlich genieße es, zu Fuß zum Lincoln Center zu kommen oder dass ich nicht den Gehweg vor meinem Haus reinigen oder Schnee schippen muss und mir viele leckere Käsesorten aus Murrays Käseladen mit nach Hause nehmen kann.

Die US-amerikanische Gesellschaft ist für ihre Mobilität bekannt, die unter anderem auch dazu geführt hat, dass es nahezu alles auch im Wegwerfformat zu kaufen gibt. Ikea und H&M haben uns die Erlaubnis, oder zumindest die Berechtigung, gewährt, unser Mobiliar und unsere Kleidung zu entsorgen und gegen Neuware auszutauschen. Beide Einzelhandelsketten vertreiben Waren, die gut, preiswert und nicht für die Ewigkeit gedacht sind.

Da wir gerade von »nicht für die Ewigkeit gedacht« sprechen, vielleicht sollten sich auch frischgebackene Hauseigentümer mit dem Gedanken anfreunden, dass ihr neuer Wohnraum seine Gestalt ändern kann. Wie lange wollen sie dort leben? Lautet die Antwort »für immer«, wäre es – wie bereits erwähnt – eine kluge Entscheidung, wenn sie schon bei der Hausplanung berücksichtigen würden, dass sich am Status ihrer Kinder, Eltern oder Enkelkinder jederzeit etwas ändern kann. So etwas wird schlicht und einfach als Lebensplanung bezeichnet. Ich führe an dieser Stelle immer das Beispiel meiner bedauernswerten Freunde aus New York an, die seit Jahren in einer mietpreisgebundenen Wohnung leben und denen es unter diesen Umständen versagt ist, jemals umzuziehen. Wie sollten sie das auch bewältigen? Ihre Monatsmiete würde sich quasi über Nacht vervierfachen. Man könnte auch sagen, dass sie |33|mit ihren Wohnungen verheiratet sind: Die Wahl ihres Zuhauses bindet sie für den Rest ihres Lebens.

Ein weiterer Grund, der in diesem Kontext für Verkleinern spricht, ist dieser hier: Unsere krisengeschüttelte Wirtschaft, aber auch das Freistrampeln von der Großfamilie, wie es viele der nach dem Zweiten Weltkrieg Geborene nun tun oder zumindest vorhaben, haben dazu geführt, dass wir uns verstärkt materiellem Besitz zuwenden und nach dem Motto »Je mehr, desto besser« leben. Kann es wirklich Zufall sein, dass sich in den vergangenen 30 Jahren, in denen wir unsere Kreditkarten nur allzu bereitwillig gezückt haben, um uns gleich drei der Großbildfernsehgeräte anzuschaffen (wo doch eines durchaus gereicht hätte), die Einlagerung zu dem Geschäft der Gewerbeimmobilienbranche mit den am rasantesten steigenden Wachstumszahlen entwickelt hat? In den Vereinigten Staaten gibt es grob geschätzt 53000 Firmen, die mit der Einlagerung von Hausrat den größten Teil ihres Umsatzes erwirtschaften. 2007 lag der Bruttoumsatz dieser Branche bei rund 22,1 Milliarden US-Dollar. Derzeit hat einer von zehn US-amerikanischen Haushalten einen Lagerraum angemietet, was für einen Zuwachs von rund 65 Prozent in den vergangenen zwölf Jahren steht. Insgesamt wird dafür in den Vereinigten Staaten eine Gesamtfläche von gut 205 Millionen Quadratmetern oder 205 Quadratkilometern genutzt. Sicher, ein nicht unerheblicher Teil dieser Lagerräume wird von Militärangehörigen gemietet, doch den weitaus größten Anteil nutzen Zivilisten und Zivilistinnen, die schon mehr als einmal umgezogen sind oder Möbel und Bilder von ihren Eltern und Großeltern geerbt haben und nicht wissen, wohin damit.

Es wundert mich überhaupt nicht, dass diese Einlagerungsfirmen so viel Umsatz generieren. Selbst in einer Wirtschaftskrise scheint das weibliche Urbedürfnis, die Dinge sauber und ordentlich zu halten, nichts von seiner Kraft einzubüßen.

|34|2007 haben die Städteplaner Kennecott Land