Was wäre, wenn ... - Birgit Klemm - E-Book

Was wäre, wenn ... E-Book

Birgit Klemm

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Beschreibung

Wie ist das mit dem verflixten Besitzdenken mancher Mitmenschen? Kann das gut gehen, gemeinsam Lotto zu spielen? Oft begegnen uns Dinge im Alltag, die Fragen aufwerfen. Die Autorin hat einiges weiter gedacht nach dem Motto »Was wäre, wenn ...« und möchte zum Schmunzeln oder zum Nachdenken anregen..

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Der Moralist beklagt, dass die Menschen nicht so sind, wie sie sein sollten, der Humorist freut sich, dass die Menschen nicht so sind, wie sie von sich behaupten.

(Unbekannt)

INHALTSVERZEICHNIS

Alltägliches

Mitunter möchte man

Herzlich willkommen!

Es könnte alles so schön sein!

Geburtstagsüberraschungen

Abendessen mit Hindernissen

Große Scheine - kleine Probleme

Auf ein Neues!

Höhenflüge

Das Problem mit dem Vornamen

Makabres

Frauentausch

Ausnahmen bestätigen die Regel

Gelungene Maskerade?

Die Mutprobe

Zur Erziehung

Das missglückte Mittagessen

Darf ich wieder kommen?

Das alternative Fernsehprogramm

Jetzt reicht´s aber!

Träum weiter, Mama!

Cybermobbing

Über Vergangenheit und Gegenwart

Für immer verschwunden?

Westpakete

Unsere erste Westreise

Lebendige Geschichte

Nachdenkliches

Das Experiment

Willkommen im Kreis der Bestseller!?

Weniger ist mehr

Alltägliches zum Nachdenken oder zum Schmunzeln

Mitunter möchte man …

»Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber beim Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.«

(Albert Einstein)

Die Sonne schien herab von einem tiefblauen Himmel. Es war angenehm warm. Deswegen zog es viele Urlauber zum Baden und Abkühlen ins Wasser. Und so kamen sie die lange, hohe Steintreppe herab: die Familie mit den zwei kleinen Kindern, das ältere Ehepaar, die zwei jungen Frauen und viele andere. Alle hatten sie Badesachen dabei und außerdem Decke, Badetuch oder Matte.

Am Strand befanden sich bereits einige Leute. Auch im Wasser tummelte man sich. Es herrschte reges Urlaubstreiben in der kleinen Bucht, eigentlich wie an jedem solchen Tag.

Weiter draußen entdeckte man Motorboote verschiedener Größen, bereit, von ihren Besitzern durch das klare, blau schimmernde Wasser der Adria gesteuert zu werden.

Das alles hatte Alois im Blick. Er saß vor seinem Wohnmobil, in zentraler Lage, mit bester Sicht auf die gesamte Umgebung. Sein Wagen stand gleich in erster Reihe einer Kolonne von Wohnmobilen, viele mit Kennzeichen großer deutscher Städte, wie seines auch.

Die meisten hatten diesen Platz für längere Zeit im Sommer gemietet und sahen sich jedes Jahr wieder. Man merkte es schon an der Art der Begrüßung: Hier trafen sich gute Bekannte.

In diesem Kreise - da war er wer. Und er beaufsichtigte das Geschehen am Strand. Zu diesem Zweck hatte er sogar einen Feldstecher neben sich auf dem Tisch bereit liegen.

Ein weiteres Zeichen dafür, dass er sich hier zu Hause fühlte, waren die beiden Kästen mit Balkonblumen auf dem einen Tisch vorm Wohnmobil. Sein Radio beschallte die nähere Umgebung mit Musik und Werbung eines bayrischen Senders, was manchmal durch die neuesten Verkehrsmeldungen unterbrochen wurde. Meist saß er auf einem seiner Campingstühle und beobachtete, was rings um ihn vorging. Mitunter blieb jemand stehen und unterhielt sich lange mit ihm. Oder er ging zu einem Nachbarn hin.

Manchmal begab er sich auch ins Wasser - nachdem er mit seinem Stock dorthin gehinkt war.

Gerade wieder fiel ihm ein Ehepaar auf, das verzweifelt Ausschau nach einem schönen Plätzchen am Strand hielt. Aber es wurde allmählich eng hier, denn an vielen Stellen befanden sich leere Badetücher und Liegen. Erstere waren oft mit Steinen beschwert, damit sie nicht wegfliegen konnten. Zwei der Liegen hatten die Eigentümer sogar festgekettet an einer der Stangen, die sich in Ufernähe befanden. Auch hier sonnte sich im Moment wieder einmal niemand.

Alois sah: die Badetücher waren die meiste Zeit über herrenlos. Deren Besitzer erschienen nur irgendwann am Tag für ein oder zwei Stunden an ihrem reservierten Platz.

Kein Wunder, dass die neu Hinzugekommenen mit nicht gerade zufriedenen Gesichtern suchten, wo sie sich denn niederlassen könnten. Endlich fanden sie in der Reihe direkt vor dem Wasser noch ein Fleckchen.

Bald würden sie es auch begriffen haben: Man lege seine Handtücher früh am Morgen hin, egal, wann man beabsichtigen würde, an den Strand zu gehen. Noch ein paar Steine drauf wegen des Windes - und schon hatte man einen sicheren Platz erlangt!

***

Als Alois am folgenden Morgen wie immer aus seinem Wohnwagen kam und um sich schaute, konnte er zunächst nicht fassen, was er da entdeckte:

NICHTS befand sich am Strand!

Oder ...

Ach, da war doch etwas.

Am Rand der Bucht lag ein Haufen Steine. Offenbar handelte es sich um die, welche die Badetücher festgehalten hatten. Jetzt waren sie schön säuberlich als Kegel aufgeschichtet.

Und da - noch etwas!

Badetücher, Liegen und Matten waren ebenfalls schön ordentlich zu einem zweiten Haufen aufgebaut.

Die zwei angeketteten Liegen befanden sich natürlich an ihrem Platz. Doch auf jeder war eine hübsche Steinpyramide errichtet worden.

Ziemlich erstaunt, aber auch neugierig geworden, setzte sich Alois auf seinen Stuhl. - Was war denn hier los?

Ein Kind kam die Treppe herunter, schaute hin und her und rief dann: »Vati, wir haben heute überall viel Platz! Wo wollen wir uns denn hinsetzen?«

Es kam keine Antwort. Vati konnte nichts sagen. Er blickte krampfhaft um sich und fragte ratlos:

»Gabi, wo sind denn unsere Badetücher hingekommen? Die hatten wir doch gestern Abend hier hingelegt! Alles ist weg!«

Er rannte zu dem Handtuchstapel. »Hier müssen sie irgendwo sein! Los, komm und such doch mal mit!«

Mit der Zeit hörte Alois immer mehr ähnliche Rufe. Es entstand ein heilloses Durcheinander. Leute schnappten sich Badetücher, warfen sie zur Seite und ergriffen das nächste, wenn sie feststellten, dass es nicht ihres war. Der Haufen sah mit der Zeit ziemlich wirr aus.

Manche Leute schauten sich das Geschehen aus gepflegter Entfernung einfach nur an.

»Warte ab, bis du rankommst. Wenn die wildesten ihr Badetuch haben, wird es ruhiger.«

»Eigentlich sieht es ja ganz lustig aus: die vielen Menschen, die sich streiten und ...« - Weiter kam der Junge nicht, der das geäußert hatte. - Eine Ohrfeige klatschte. Das Kind warf sich in den Sand und weinte laut.

Alois vernahm auch ihm nicht verständliche Sätze in Kroatisch oder vielleicht Italienisch. Doch es klang auf alle Fälle wütend.

»Wer das war, der kann sich frisch machen!«, hörte man eine hohe Stimme.

»Nein! Gut gemacht!«, erklang es aus einer anderen Ecke. Erstaunt und auch verärgert schauten viele automatisch in die Richtung, aus der dieser letzte Ruf gekommen war.

Dort stand eine Menge Leute. Wer von denen war es gewesen??

»Thomas, ich habe unser Badetuch gefunden!«, hörte man aus einer anderen Richtung plötzlich eine glückliche Stimme. Wieder hatte jemand sein Eigentum erhaschen können.

Einer nach dem anderen fand etwas Bekanntes von sich. Manche gingen damit an den Strand, um baden zu gehen, andere zurück in ihr Zelt.

Schließlich blieb der Steinhaufen zurück und ein paar Badetücher, deren Eigentümer die Entdeckung noch vor sich hatten, sowie die zwei festgeketteten Liegen mit Steinpyramide.

***

Am nächsten Morgen spähte Alois neugierig aus seinem Wohnwagen. Er dachte ein wenig an den vorherigen Tag.

Was würde wohl heute los sein?

Der Strand - fast leer. An der Seite lag noch der Steinhaufen von gestern. Den hatte keiner angerührt. Handtücher konnte er keine mehr entdecken.

Gerade betrat eine Familie mit ihren Badetüchern den Strand und ließ sich an einem der vielen freien Plätze nieder. Nicht lange dauerte es, da rannten die Kinder ins Wasser, und die Eltern folgen ihnen.

Ein Pärchen kam die Treppe herab. Sie blieben verwundert stehen, schauten auf den Strand und schauten noch einmal hin, als ob sie das alles nicht glauben könnten.

»Das ist wirklich der erste Strand, wo die Leute nicht so unvernünftig sind und mit ihren Handtüchern die Plätze besetzen!«

Herzlich willkommen!

»Die Neugier steht immer an erster Stelle des Problems, das gelöst werden will.«

(Galileo Galilei)

»Dong!« - Zum wiederholten Male summte die Fliege gegen das Fenster. Dieses ständige Brummen, was ab und zu unterbrochen wurde durch ein »Dong!«, war das einzige Geräusch im Zimmer.

Manfred hatte sich gerade wieder in sein Computerbuch vertieft. Das dauerte jedoch wiederum nicht lange, denn er fand keine Ruhe. In der letzten Stunde war er bestimmt alle fünf Minuten zum Fenster gegangen, um hinaus zu schauen. Ein ungeduldiger Blick, und er kehrte wieder zurück zur Couch. Dort ergriff er erneut sein Buch, schlug hastig eine Seite auf und las weiter. Besser: Er tat so, als ob er lesen würde. Den Inhalt dessen, was da auf der Seite stand, erfasste er überhaupt nicht. Deswegen musste er auch immer wieder an der gleichen Stelle beginnen zu lesen.

Jede Viertelstunde öffnete sich die Wohnzimmertür, und seine Mutter schaute herein und stellte wiederholt fest, dass ihr Sohn sich geistig ganz woanders befand als hier im Zimmer.

Erneut kontrollierte sie das Aussehen des Wohnzimmertisches. Dieser war gedeckt zum Kaffeetrinken: die Sammeltassen, auf jedem Kuchenteller eine schöne Serviette mit Rosenmuster. Auf einem Glasteller in der Mitte des Tisches befanden sich die Kaffeesahne und der Würfelzucker und außerdem ein großer Teller mit verschiedenen kleinen Kuchenstückchen.

Überall spürte man die Erwartung des Gastes.

Weil sie nur wieder feststellen konnte, dass alles in Ordnung war, verließ die Mutter nach kurzem Zögern das Zimmer.

Manfred hörte, wie sie Vaters Werkstatt öffnete und hineinrief: »Jetzt komm aber mal, der Besuch wird gleich da sein!« Als Antwort ertönte ein kurzes Brummen.

Herumstehen und warten, das war nicht sein Ding, das musste sie nach zwanzig Jahren Ehe eigentlich allmählich wissen. Er würde kommen, wenn die Zeit heran war.

Nun erschien Mutter schon wieder im Wohnzimmer, schaute an die Uhr und sagte: »Also: um vier war ausgemacht! Nun ist es inzwischen zwei Minuten vor. Wenn ich von mir ausgehe: Pünktlichkeit ist eine Zier, und gerade heute würde es sich gehören, pünktlich zu erscheinen!« Manfred fühlte ihren Blick und antwortete unwillig: »Sie wird schon gleich kommen!«

Diese eisernen Regeln! Wer sie verletzte, hatte schlechte Karten bei Mutter, das war nun mal so.

Er saß ja selbst wie auf glühenden Kohlen. Einem Löwe im Käfig musste es ähnlich zumute sein.

Zum x-ten Male ging er die gleichen Schritte bis zum Fenster. Und wieder kehrte er deprimiert zurück und knallte sich aufs Sofa.

Mutter trat jetzt auch ans Fenster und schaute hinaus. »So allmählich müsste sie auftauchen. Wo bleibt sie denn nur? Wie sieht sie eigentlich aus? Ich weiß sowieso nicht, wonach ich schaue sollte.«

Sie erhielt keine Antwort.

Vom Wohnzimmerfenster aus im fünften Stock konnte man - genauso wie in den Neubauten ringsum - den großen Hof beobachten und was sich dort abspielte.

Zum Beispiel begab sich gerade eine Mutter mit ihrem Kind zum Spielplatz. Am gegenüberliegenden Fußweg schlenderten bzw. eilten verschiedene Leute entlang. Eine Truppe Halbwüchsiger tollte auf der Straße, und auf dem Parkplatz fuhr ein schnittiges Motorrad ein.

Mutter fragte: »Wo bleibt sie denn?«

Und Manfred antwortete endlich mit einer Menge Unwillen in der Stimme: »Ja, ja, sie wird schon gleich kommen!«

Fünf Minuten später klingelte es an der Tür.

»Na los doch, mach auf! Das ist sie bestimmt!« Mutter stand mitten im Raum und musterte wieder die Kaffeetafel.

›Endlich!‹, dachte Manfred und eilte zur Wohnungstür. Tatsächlich! Seine Maren stand vor der Tür. Genauso, wie er sie kannte: Neugierig und lebhaft schaute sie ihn an.

Sie trug ihren schwarzen Lederanzug, und in der einen Hand entdeckte Manfred den Sturzhelm. Also war sie mit ihrem Motorrad gekommen! Eigentlich logisch!.

Doch ausgerechnet heute, hätte sie da nicht ihr Sommerkleid anziehen können? Das wirkte doch viel besser!

»Manni, es hat etwas länger gedauert, als ich dachte. Du weißt ja, dass ich nicht nur an mich allein denken muss ... Aber ich hab alles geschafft und bin nun endlich hier! Gehen wir jetzt rein und bringen das endlich hinter uns?«

›Hoffentlich hat sie das nicht zu laut gesagt!‹, durchfuhr es ihn.

Er zeigte ihr nun zunächst die Garderobe, gab ihr passende Hausschuhe und wartete, bis sie bereit war.

Als Geschenk für die Eltern hatte sie Lindt-Pralinen und einen kleinen Blumenstrauß mitgebracht.

›Gut!‹, dachte er, als er das entdeckte.

Manfred ergriff Marens Hand, und gemeinsam betraten sie das Wohnzimmer. Mutter hatte unterdessen ihren Mann aus seinem Hobbyraum geholt.

Wie er es gelernt hatte, stellte Manfred alle einander vor: »Das ist Maren - und das sind meine Eltern!«

Man reichte sich wechselseitig die Hand, und Maren übergab ihre Mitbringsel. Mutter bedankte sich mit den Worten: »Das wäre doch gar nicht nötig gewesen! Ich hole schnell eine schöne Vase!«

›Oh doch‹, dachte Manfred, ›oh doch, das war nötig! Wie gut, dass du daran gedacht hast!‹

In der so entstandenen Kunstpause musterten sich alle - direkt oder indirekt.

Mutter kehrte mit einer Vase zurück, stellte die Blumen auf den Tisch, und alle setzten sich.

Wie nicht anders zu erwarten: Mutters Blick blieb natürlich an den Tattoos hängen, welche Marens Arme übersäten. Das passte nicht in ihr Bild einer Freundin für Manfred. Und ihre Haare hatte sie zu allem Überfluss in viele kleine Zöpfe geflochten, die lustig um ihren Kopf herum standen. Die schwarze lederne Motorradhose war genauso ungewöhnlich.

Manfred gefiel das alles, wie es ihm immer an Maren gefiel: dass sie so anders, so ungezwungen war. Doch hier, zu Hause, musste er sich erst zu solchen Gedankengängen durchringen. Und doch war es nun endlich an der Zeit, diese zwei Welten ohne größere Schäden zusammenzubringen.

»Entschuldigen Sie bitte meine Verspätung. Ich habe heute extra um drei Schluss gemacht auf Arbeit. Dann musste ich noch meine kleine Tochter vom Kindergarten abholen. Die ist jetzt bei meiner Schwester.«

»Ach - Sie haben schon ein Kind?« - »Ja, Lucy ist inzwischen dreieinhalb Jahre, und sie verlangt ihren Tribut. Aber schön ist es mit ihr! Übrigens hat sie Manfred inzwischen voll akzeptiert. Sie freut sich immer, wenn sie mit ihm spielen darf. Bei Gelegenheit kann ich sie ja auch mal mitbringen.«

Und schon stand eine Frage im Raum: Woher mit siebzehn Jahren schon ein Kind, und was war mit dem Vater? Maren spürte die Fragen ganz sicher, antwortete jedoch nicht.

Und beiden Eltern wussten nicht so recht, wie sie fragen sollten, und so herrschte eine Weile Schweigen.

»Was ... was ... was arbeiten Sie denn eigentlich?«

»Ich bin das dritte Jahr als Lehrling in einer Kfz-Werkstatt. Die wollen mich dann sogar übernehmen nach meiner Prüfung.«

»Aha ...«, kam es aus Mutters Ecke. »Und das können Sie so - Autos auseinander nehmen und reparieren?«

»Warum denn nicht? Das hat mich schon immer interessiert. Meine Arbeit macht mir sehr viel Spaß!«

»Ach, deswegen auch das Motorrad. Aber ist denn so ein Fahrzeug nicht viel zu schwer für Sie?«

Das passte überhaupt nicht in Mutters Vorstellungswelt, wie sich Maren mit ihrem Outfit und ihrer Art präsentierte. Und so selbstbewusst auch noch!

Plötzlich ritt Manfred der Teufel. Er sagte in die Stille hinein: »Maren hat übrigens eine ziemlich große Wohnung, und sie wohnt nur eine Viertelstunde von hier. Dort wäre auch Platz für mich. - Was würdet ihr denn sagen, wenn ich in nächster Zeit zu Maren ziehe? Ihr habt ja gehört, dass Lucy sehr einverstanden ist mit mir und sich freuen würde. Maren sowieso. Und aus der Welt bin ich auch nicht.«

Es war heraus.

Ruhiger hätte es gar nicht mehr werden können.

Manfreds Eltern starrten ihren achtzehnjährigen Sohn an. Sie hatten sich den ersten Besuch seiner Freundin so nicht ausgemalt. Da war sie gekommen und wollte ihnen gleich mal den Sohn wegnehmen.

Und der sollte Vater eines Kindes spielen, das gar nicht von ihm war.

Die Stimmung war gefroren. Alle saßen da und schwiegen.

Manfred ahnte schon den Moment, wo Maren aufstehen und sich schnell verabschieden würde. Und dann hätte sie keinen Grund, so bald hier wieder aufzutauchen.

Plötzlich klopfte es an die Wohnzimmertür. Auf Vaters »Herein!« steckte Onkel Richard, Vaters Bruder, der in der Nähe wohnte, seinen Kopf durch die Tür. Als er Maren entdeckte, betrat er das Zimmer.

»Nun kommt alle mal mit und schaut euch euer Auto an. Es wollte und wollte nicht mehr richtig anspringen und lief immer nur mit halber Kraft. Aber das wisst ihr ja. - Jetzt könnt ihr eine wunderschöne Proberunde drehen, denn es muckert nicht mehr. Dank meines einzigen weiblichen Kfz-Lehrlings, welcher mir vorhin mal schnell geholfen hat!«

Bei diesen Worten wies er mit einer anerkennenden Geste auf Maren, die siegesgewiss lächelte.

Es könnte alles so schön sein!

»Freundschaft zieht die Menschen zueinander, das Eigeninteresse trennt sie.«

(Hebräisches Sprichwort)

Tanja sinnierte: »Man müsste mal einen Sechser gewinnen! Stell dir das vor: Auf einmal keine Gedanken mehr ans Geld! Dem Chef würde ich ganz cool antworten: Bei dir brauche ich nicht mehr zu kuschen. Du kannst mich ganz nett bitten, damit ich morgen überhaupt auf Arbeit komme. Und ob ich dann ja sage, das werde ich mir gut überlegen.

Wäre so was nicht schön?«

Tanja war ihre gute Laune anzumerken.

»Aber Freunde hat man dann wahrscheinlich auch nicht mehr. Denn was würden die sagen? Wie würde man sich ihnen gegenüber nun verhalten?? - Also gibt es dann andere Freunde. Wer weiß, was für welche«, meinte Marion. Sie war die Nachdenklichere von den beiden.

Tanja dagegen bezeichnete so etwas oft als Pessimismus. Sie fuhr mit ihren Gedankenspielen fort: »Man müsste eine Riesenparty machen. Wer da wohl alles käme! Manche würden sich bis zum Zubinden vollstopfen, bloß um uns zu schädigen. Und der Neid unter den Menschen, der kommt dann erst so richtig raus ...

Wenn ich allerdings an Elke denke - der kann ich dann nicht mehr unter die Augen treten, glaube ich. Verdient gerade mal etwas mehr als ein Hartz-IV-Empfänger und muss rotieren wie sonstwas. Aber ja nicht meckern, sonst gibt es den Rauswurf! - Das will ich mir gar nicht vorstellen!«, überlegte Tanja weiter.

Bei den folgenden Worten durchbohrte sie Marion mit ihren Blick: »Diese Woche haben sie einen Jackpot von sechzehn Millionen. Da müssen wir einfach mitspielen, denn so viel Geld, das darf nicht liegen bleiben. - Los, wir füllen gemeinsam einen Tippschein aus!«

»Na gut.« Marions Meinung war aus dem Tonfall der Antwort zu erkennen.

Beide begaben sich umgehend zum Lottoladen, weil Tanja immer wieder drängte. Und als sie nach fünf Minuten die erforderlichen Zahlen angekreuzt hatten, machten sie sich mit dem wertvollen Papier auf den Nachhauseweg.

Zu Hause angekommen und wieder allein in ihrer Wohnung, fing Marion plötzlich an nachzudenken. ›Ja, los, einen Extratipp, das erhöht die Chancen!‹

Sie eilte noch einmal zum Lottoladen. Die Verkäuferin erkannte sie: »Na, Sie haben wohl was vergessen?«