Wehrlos vor Verlangen nach dir - Miranda Lee - E-Book

Wehrlos vor Verlangen nach dir E-Book

Miranda Lee

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Beschreibung

Es trifft Cleo wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Tycoon Byron Maddox weckt in ihr die süße Sehnsucht, sich in starken Armen wieder als begehrenswerte Frau zu fühlen. Etwas, das sie seit ihrer unglücklichen Ehe für unmöglich hielt. Dabei weiß sie genau, dass der umschwärmte Millionär die schönsten Frauen haben kann. Sie dagegen ist nun mal eine graue Maus! Da ist es bestimmt nicht klug, ihn anstelle ihres Bosses im Privatjet auf eine Geschäftsreise zu begleiten. Aber zum ersten Mal in ihrem Leben ist Cleo wehrlos vor Verlangen …

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Seitenzahl: 199

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IMPRESSUM

JULIA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2017 by Miranda Lee Originaltitel: „The Tycoon’s Outrageous Proposal“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 2322 - 2018 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: SAS

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 02/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733709945

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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PROLOG

Cleo lief nicht eine Träne über die Wange, als sie den Blumenstrauß auf das Grab ihres Mannes legte. Es war einfach keine mehr übrig. Heute Vormittag hatte sie sich an der Schulter ihres Chefs die Augen aus dem Kopf geweint, als ihr bewusst geworden war, dass sie Martins Todestag vergessen hatte. Nachdem sie Scott erklärt hatte, dass sie eigentlich immer mit ihrer Schwiegermutter zum Friedhof ging, hatte ihr verständnisvoller Chef ihr den Rest des Tages freigegeben, damit sie Doreen abholen und mit ihr zum Friedhof gehen konnte. Und so stand sie nun hier mit trockenen Augen, während Doreen die Tränen über die Wangen strömten.

Vielleicht hatte sie sich ja ausgeweint. Oder endlich die Trauer verarbeitet. Cleo hatte Martin geliebt. Anfangs. Und zum Schluss. Aber dazwischen hatte eine Zeit gelegen, in der sie ihn überhaupt nicht geliebt hatte. Es war schwierig, einen Mann zu lieben, der jeden Aspekt im Leben seiner Frau kontrollieren und bestimmen wollte – den Job, die Kleidung, Freunde, gesellschaftlichen Umgang. Am Tag nach ihrer Hochzeit hatte Martin die Zügel an sich gerissen und eisern festgehalten. Er hatte alle Entscheidungen getroffen.

Im Grunde war es ihre Schuld. Denn anfangs hatte es ihr gefallen, sie hatte es als „so männlich“ angesehen. Seine Entschlossenheit hatte ihren Mangel an Selbstvertrauen und Reife aufgewogen. Mit zwanzig war sie verlobt gewesen, mit einundzwanzig verheiratet. Eigentlich noch ein Kind …

Doch jedes Kind wurde erwachsen. Irgendwann hatte sie sich nur noch erdrückt und gegängelt gefühlt in der Ehe mit einem Mann, der komplette Abhängigkeit von seiner Ehefrau erwartete und keine Kinder in die Welt setzen wollte, bevor die Hypothek nicht abbezahlt war. Dann wäre er schließlich der alleinige Verdiener und sie ausschließlich Hausfrau und Mutter.

Der Tag, an dem Cleo beschlossen hatte, Martin zu verlassen, war auch der Tag gewesen, an dem er seine Diagnose bekommen hatte. Schwarzer Hautkrebs, aggressiv und mit geringen Heilungschancen. Zwei Jahre hatte er sich gequält, und in dieser Zeit hatte Cleo ihren Mann wieder lieben gelernt. Wie tapfer er gewesen war … und wie beschämt darüber, wie er sie behandelt hatte. Martin wusste genau, welche Fehler er gemacht hatte. Er rechtfertigte sein Verhalten damit, dass seine Eltern eine solche Beziehung geführt hätten und er kein anderes Rollenmodel als seinen Vater gehabt hatte. Das war sicher keine Entschuldigung, aber zumindest eine Erklärung. Im vergeblichen Kampf gegen die Krankheit hatte er gelernt, sich an Cleo zu lehnen, die alles für ihn getan hatte. Nicht nur hatte sich das Machtgefüge in ihrer Ehe verschoben, Cleo hatte auch die Erfahrung gemacht, dass sie vieles allein bewältigen konnte. Das hatte ihrem Selbstbewusstsein enormen Auftrieb gegeben. Nach Martins Tod jedoch war sie in ein tiefes Loch gefallen, und sie wusste nicht, was aus ihr geworden wäre, wenn der Eigner von McAllister Mines sie nicht zu seiner Persönlichen Assistentin befördert hätte. Cleo litt mitunter unter Depressionen, seit ihre Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren, als sie dreizehn gewesen war. Ihre Großeltern väterlicherseits hatten sich alle Mühe gegeben, ihr ein Heim zu bieten. Aber die beiden alten Leutchen hatten dem jungen Mädchen nicht geben können, was es brauchte.

Als Cleo jetzt an all das dachte, stiegen ihr doch die Tränen in die Augen. Was Doreen natürlich bemerkte.

„Aber, aber …“ Martins Mutter hakte sich bei ihr unter. „Wir sollten nicht so traurig sein, Liebes. Sein Leiden ist vorbei, und es ist schon drei Jahre her. Es ist nicht gut, immer nur an die Vergangenheit zu denken. Du bist noch so jung, du solltest nach vorn schauen. Ausgehen, dich verabreden …“

„Ausgehen?“ Cleo hätte nicht erstaunter sein können, wenn Doreen „angeln gehen“ gesagt hätte. „Und mit wem genau sollte ich ausgehen?“

„An deinem Arbeitsplatz triffst du doch bestimmt jede Menge attraktiver Männer.“ Doreen zuckte mit den Schultern.

„Die Männer, die ich dort treffe, sind keineswegs attraktiv, dafür aber verheiratet. Außerdem habe ich kein Interesse, mich zu verabreden.“

„Warum nicht?“

Cleo konnte ihrer Schwiegermutter kaum eröffnen, dass Martin jegliches Interesse am anderen Geschlecht und Sex in ihr erstickt hatte. Anfangs hatte es ihr gefallen, aber nach der Heirat war ihre Libido in einen tiefen Winterschlaf gefallen, weil Martin damit begonnen hatte, ihr vorzuschreiben, was und wie sie es zu tun hätte. Außerdem hatte er ihr die alleinige Verantwortung zugeschoben, wenn sie nicht zum Höhepunkt kam. Also hatte sie ihre Orgasmen vorgetäuscht, einfach nur, um Ruhe zu haben. Es hatte sie regelrecht erleichtert, dass die Chemotherapie auch seine Lust gedämpft hatte. Ohne den Störfaktor Sex hatte Cleo ihrem Mann echte Zuneigung entgegenbringen können, und in seinen letzten Stunden hatte sie seine Hand gehalten und ihm gesagt, wie sehr sie ihn liebe – und hatte es ernst gemeint.

Doch der Schaden war angerichtet. Heute interessierte sie kein Mann, geschweige denn, dass sie auch nur einen Gedanken an Sex verschwendete. Oder gar an eine zweite Heirat. Ehe bedeutete Sex, bedeutete, sich nach den Wünschen eines Mannes richten zu müssen.

„Ich will nicht ausgehen und mich verabreden“, sagte sie leise. „Und ganz bestimmt werde ich kein zweites Mal heiraten.“

Doreen nickte. Sie verstand Cleo nur zu gut. Martin war ganz nach seinem Vater geschlagen. Dass Cleo in ihrer Ehe unterdrückt und kleingehalten worden war, bekümmerte Doreen sehr. Schließlich kannte sie das Gefühl zur Genüge. Beide Frauen hatten das gleiche Martyrium erlebt.

Cleo sah ihre Schwiegermutter an. Doreen war diejenige, die ausgehen sollte. Sie war noch jung, gerade mal zweiundfünfzig. Irgendwo da draußen musste es doch nette Männer geben. Männer wie ihren Chef. Scott war ein großartiger Mann. Aufmerksam, mitfühlend, ehrenhaft. Und ein wundervoller Ehemann – wenn er sich nicht gerade albern anstellte. Cleo hatte noch immer nicht ganz verarbeitet, wie knapp seine Ehe mit Sarah vor dem Scheitern gestanden hatte. Nur gut, dass die beiden sich wieder zusammengerauft und versöhnt hatten. Die letzte Woche war der reinste Albtraum gewesen! Sie seufzte leise.

Doreen missverstand den Seufzer. „Wir sollten uns auf den Heimweg machen.“

Cleo nickte der Frau lächelnd zu, die mehr war als nur ihre Schwiegermutter. Doreen, selbst verwitwet, war zu ihrer besten Freundin geworden. Sie war zu ihnen ins Haus gezogen, um mit Martin zu helfen. Nach seinem Tod hatte Cleo sie gebeten zu bleiben. Beide bereuten das bis heute nicht. Martins Lebensversicherung hatte die Hypothek gedeckt. Daher gehörte das Haus in Leichardt am westlichen Stadtrand von Sydney jetzt Cleo. Groß war es nicht, und es musste auch noch viel getan werden, aber es bedeutete Unabhängigkeit und Sicherheit. „Wir könnten uns heute Abend etwas Schönes kochen und uns einen netten Film ansehen“, schlug sie auf dem Weg zum Parkplatz vor.

Bevor Doreen darauf antworten konnte, klingelte Cleos Handy. Mit der einen Hand holte sie das Telefon hervor, mit der anderen reichte sie Doreen den Autoschlüssel. „Mein Chef, das muss ich annehmen. Geh schon vor, ich komme gleich nach. Scott, was gibt’s?“

„’tschuldigung, dass ich dich an deinem freien Nachmittag störe. Ich wollte dir nur Bescheid geben, dass ich spontan beschlossen habe, mit Sarah in die zweiten Flitterwochen zu fahren. Nach Phuket. Wir fliegen morgen los und bleiben zwei Wochen weg.“

„Morgen? Aber du hast ein Lunchmeeting mit Byron Maddox am Mittwoch“, erinnerte sie ihn. Die Rohstoffförderung steckte weltweit in der Krise … und McAllister Mines finanziell in der Klemme. Scott hatte sie damit beauftragt, einen liquiden Partner zu finden, der dem Unternehmen eine großzügige Finanzspritze zukommen lassen konnte. Byron Maddox war der passende Mann – und der einzige Mann, den sie auf die Schnelle hatte finden können.

„Ich weiß.“ Scott klang kein bisschen beunruhigt. „Das kannst du doch übernehmen.“

„Der Mann wird nicht glücklich damit sein. Er will mit dir reden, nicht mit mir.“

„Nicht unbedingt. Vorerst wird er Informationen einholen, und du kennst dich in der Branche genauso gut aus wie ich.“

„Das ist sicher schmeichelhaft, Scott, entspricht aber nicht der Wahrheit.“

„Stell dein Licht nicht unter den Scheffel, Cleo. Ich habe vollstes Vertrauen in dich.“

Gott, er wird mich wirklich ins kalte Wasser stoßen! Cleo wusste genau, dass sie mit einem Mann wie Byron Maddox niemals allein verhandeln konnte. Mit Scott zusammen kam sie in solchen Meetings zurecht, aber ihr Schliff verließ sie komplett in der Gegenwart von Männern, die daran gewöhnt waren, dass die Frauen ihnen zu Füßen sanken.

Weder flirtete noch schmeichelte Cleo. Sie war weder raffiniert noch taktierte sie. Stattdessen war sie immer geradeheraus und direkt, manchmal sogar brutal direkt. Sie hielt überhaupt nichts von weiblichen Schlichen, schon gar nicht, wenn es ums Geschäft ging. So waren ihr die Sympathien der Ehefrauen immer sicher – wenn es denn Ehefrauen gab –, die der ledigen Herren dafür weniger.

Bei dem Gedanken an ein Treffen mit Byron Maddox krümmte Cleo sich innerlich. Doch sie versicherte ihrem Chef: „Ich werde mein Bestes tun. Aber erwarte keine Wunder.“

„Wie schon gesagt, ich habe vollstes Vertrauen in dich. Ich werde noch Harvey und die Abteilungsleiter informieren, dass du für die nächsten zwei Wochen das Sagen hast, und dann mache ich mich davon, Wir sehen uns wahrscheinlich nicht mehr, sondern erst in zwei Wochen. Darum wollte ich mich auch noch von dir verabschieden.“

„Soll ich dich nach dem Meeting mit Maddox anrufen und dir einen Lagebericht durchgeben?“

„Auf jeden Fall. Also bis dann, Cleo, und viel Glück.“ Damit unterbrach Scott die Verbindung.

Cleo stieß geräuschvoll die Luft aus, bevor sie zum Auto ging. Sie neidete Scott seine zwei Wochen Glück nicht, aber vor Mittwoch grauste ihr.

„Was wollte dein Chef denn von dir?“, erkundigte sich Doreen, als Cleo zu ihr stieß. „Du wirkst ja richtig besorgt.“

Mit einem Seufzer ließ Cleo den Motor an und gab Doreen eine Kurzfassung des Gesprächs.

Ich wirke besorgt? Das bin ich auch. Zutiefst besorgt.

1. KAPITEL

Wer hätte gedacht, dass es so schwer ist, eine Braut zu finden? Sollte die Damenwelt sich nicht überschlagen, um einem vermögenden, relativ gut aussehenden Mann wie mir den Ring an den Finger zu stecken? Nun, offensichtlich nicht.

Als Byron vor fünf Jahren die Verbindung mit seinem Medien-Mogul-Vater gelöst hatte, hatte er sich zwei Ziele gesteckt. Zum einen wollte er seinen eigenen erfolgreichen Konzern aufbauen, und zum anderen wollte er ein glückliches Familienleben führen, so wie sein Vater es endlich führte. Ersteres war ihm gelungen, beim zweiten Ziel hatte er bisher überhaupt nichts erreicht.

Nicht, dass er es nicht versucht hätte. Er war sogar schon zweimal verlobt gewesen, jeweils mit einer wunderschönen jungen Frau, die sich laut eigener Aussage nichts sehnlicher wünschte, als den einzigen Sohn und Erben des Maddox-Medienimperiums zu ehelichen. Nur hatte leider keine der beiden Beziehungen bis zum Altar gehalten. Die Tatsache, dass es beide Male seine Entscheidung gewesen war, sich zu trennen, schmälerte seine Enttäuschung nicht. Außerdem war es ein kostspieliges Unterfangen, eine Verlobte loszuwerden, wenn man so reich war wie er. Aber das war nun einmal der Preis, den er zahlen musste, wenn er nicht den Rest seines Lebens mit einer Frau verbringen wollte, die er nicht mehr liebte. Oder vielleicht nie geliebt hatte. Denn jedes Mal war Byron bald die rosarote Brille von der Nase gerutscht, und er hatte erkannt, was diese Frauen in Wirklichkeit waren: ehrgeizige, eitle Streberinnen, deren Begehrlichkeiten ausschließlich auf den Status gerichtet waren, den sein Name mit sich brachte. Und nicht auf ihn.

Wahre Liebe scheint schwer zu finden zu sein, dachte er, während er den Golfschläger ansetzte. Aber zumindest sein Vater hatte beim zweiten Anlauf Glück gehabt. Als Byron vor Kurzem in New York zur Taufe seiner neugeborenen Halbschwester gewesen war, hatte ihn Alexandras Hingabe für ihren Ehemann wirklich beeindruckt. Aber vielleicht bildete er sich das auch nur ein. Lloyd Maddox gehörte zu den reichsten Männern der Welt. Wie konnte man da überhaupt sicher sein, dass die Frau den Mann liebte und nicht doch nur sein Bankkonto?

Byron fluchte leise, als sein nächster Schlag ebenso erfolglos blieb wie alle anderen zuvor und der Golfball gegen die Bande der kleinen Übungsbahn schlug. Frustriert marschierte er zur Tür und riss sie auf. „Grace“, rief er nach seiner PA, „könnten Sie eine Minute erübrigen?“ Grace und ihr Mann waren aktive Golfspieler. Vielleicht konnte sie ihm einen Tipp geben.

„Sie haben hoffentlich nicht vergessen, dass Sie in einer Viertelstunde zum Lunch mit Cleo Shelton von McAllister Mines verabredet sind, oder?“ Mit vorwurfvollem Blick musterte Grace den Golfschläger in seiner Hand und die aufgerollten Hemdsärmel.

Ein Blick auf seine goldene Rolex verriet Byron, dass es bereits viertel nach zwölf war. „Verdammt, wo ist nur die Zeit geblieben?“, murmelte er.

„Es heißt ja, dem Glücklichen schlägt keine Stunde.“

„Golf und Glück haben nichts miteinander zu tun!“, widersprach er mürrisch. „Das ist die reinste Tortur! Am Freitag muss ich mit dem Eigner von Fantasy Productions achtzehn Löcher durchstehen. Wenn es bis dahin nicht besser klappt, wird das ein Gemetzel!“ Es ärgerte ihn, dass er das mit dem Golfen nicht hinbekam. In der Schule war er in sämtlichen Sportarten immer der Beste gewesen.

Grace lächelte milde. „Sehen Sie es von der positiven Seite. Wenn Blake Randall Sie haushoch schlägt, ist er vielleicht geneigter, Sie eine größere Summe in den Film investieren zu lassen. Fantasy Productions ist groß im Kommen, vor allem, nachdem sie diesen hübschen jungen Kerl direkt von der Filmakademie unter Vertrag genommen haben und ihn zum neuen Star aufbauen.“

Grace hatte recht. Grace hatte eigentlich immer recht. Die Endvierzigerin hatte jahrelang für den CEO einer großen Handelsbank gearbeitet, bevor Byron sie abgeworben hatte. „Tun Sie mir den Gefallen und sagen Sie mir trotzdem noch schnell, was ich hier falsch mache.“ Byron schlug den nächsten Ball, und wieder ging es daneben.

Sein unflätiger Fluch berührte Grace nicht im Mindesten. „Erstens, Ihre Füße sind nicht richtig positioniert. Zweitens, Sie drehen sich beim Schlag in der Hüfte. Sie müssen stillhalten und dem Ball nur einen leichten Schubs versetzen, nicht ausholen, als wollten Sie den Lukas auf dem Volksfest hauen.“

Mit konzentriert gerunzelter Stirn befolgte Byron Graces Anweisungen, und siehe da, der Golfball rollte über die Übungsbahn und trudelte zielgenau in das kleine Plastikloch.

„Sehen Sie?“, meinte Grace zufrieden, während Byron verdutzt dem Ball nachsah. „Aber Vorsicht, wenn Sie am Freitag auch so spielen, gewinnen Sie noch.“

Er grinste breit. „Der Himmel möge das verhüten!“

„Doch jetzt sollten Sie die Golfausrüstung besser wegräumen. Ihre Besucherin wird gleich hier sein, Cleo schien mir nicht die Frau, die zu spät kommt. Die Ärmel sollten Sie vielleicht auch wieder herunterrollen. Und das Jackett überziehen. Das sieht seriöser aus. Sie wissen schon … der erste Eindruck, und so.“

Byron schnaubte. „Ich bin nicht derjenige, der Eindruck schinden muss. Ehrlich gesagt ärgert es mich, dass McAllister seine Sekretärin schickt, während er sich in Urlaub absetzt.“

„Cleo Shelton ist wesentlich mehr als eine Sekretärin“, protestierte Grace. „Sie ist praktisch sein Vize. Ich an Ihrer Stelle würde sie nicht unterschätzen. Und mit Kritik würde ich vorsichtig sein, wenn Sie beabsichtigen, bei McAllister Mines einzusteigen.“

Das tat er nicht. Nicht wirklich. McAllister hatte ihn kontaktiert, nicht umgekehrt. Es war nicht der richtige Zeitpunkt, um auf Rohstoffe zu setzen. Byron hatte dem Meeting mehr aus Höflichkeit denn echtem Interesse zugestimmt.

„Und McAllister hat sich auch nicht in den Urlaub abgesetzt, sondern ist mit seiner Frau in die zweiten Flitterwochen gefahren, nachdem die Ehe wohl eine ziemlich raue Phase durchgemacht hat.“

Es erstaunte Byron immer wieder, wie viel Grace über die privaten Verhältnisse der Leute wusste, mit denen er geschäftlich zu tun hatte. Nicht, dass er sich darüber beschwerte, im Gegenteil, so etwas war durchaus nützlich. Er erinnerte sich daran, dass er McAllister einmal kurz mit seiner Frau auf der Pferderennbahn getroffen hatte. Die Frau sah fantastisch aus. Genau wie die beiden Frauen, mit denen er sich an einer festen Beziehung versucht hatte. Vielleicht sollte er sich beim nächsten Mal eine aussuchen, die mit ihrem Aussehen keine Massenkarambolage verursachte. Jemanden mit mehr Verstand als Eitelkeit. Die beiden letzten hatten ihn irgendwann nur noch gelangweilt.

Langeweile war für ihn die ultimative Todsünde.

Er knöpfte sich die Hemdsärmel zu und zog das Jackett über. „Wann ist McAllister zurück?“

„In zwei Wochen, das genaue Datum kennt Cleo nicht. Das hat sich wohl spontan ergeben. Ach, und Byron … seien Sie mit Cleo nicht zu gönnerhaft.“

Er runzelte die Stirn. „Ich bin nie gönnerhaft.“

„Doch, sind Sie. Wenn Sie sich für cleverer als Ihr Gegenüber halten.“

„Das kommt nur vor, wenn sie wirklich dumm sind. Dummheit kann ich schwer ertragen.“

Grace lächelte. „Ist mir aufgefallen, Aber Cleo macht keineswegs einen dummen Eindruck.“

„Lassen Sie mich das beurteilen. Wie alt ist sie ungefähr?“

„Ich würde annehmen, irgendwo zwischen dreißig und vierzig, schon wegen ihrer Position in der Firma. Hoffentlich ist sie keine falsche Blondine mit künstlichen Wimpern und Silikon-Brüsten.“

Byron entging der kleine Seitenhieb nicht. Diese Beschreibung passte haargenau auf seine beiden Verlobten. Sein Seufzer ließ durchklingen, dass er genau wusste, wie idiotisch es gewesen war, sich von ihnen einfangen zu lassen. „Hoffen wir also das Beste. Und ich werde mich bemühen, nicht gönnerhaft zu sein. Führen Sie sie herein, sobald sie ankommt. Für wann, sagten Sie, ist der Tisch reserviert?“

„Eins.“

„Perfekt.“

Der Regen setzte völlig unerwartet ein. Und es war nicht nur ein kleiner Schauer, sondern eine wahre Sturzflut, die Cleo von Kopf bis Fuß durchnässte.

„Verdammt“, fluchte sie laut. „Ich hätte mir ein Taxi nehmen sollen!“

Stattdessen war sie frühzeitig losgegangen und hatte sich sogar auf die vier Blocks Fußmarsch zu dem Wolkenkratzer gefreut, in dem BM Enterprises zu Hause war. Dort würde sie Byron Maddox in seinem Büro treffen, um mit ihm einen langen Lunch einzunehmen.

Zumindest nahm Cleo an, dass es lange dauern würde. In der Zeit, die sie jetzt für Scott arbeitete, war ihr aufgefallen, dass erfolgreiche Geschäftsmänner sich gern Zeit für den Lunch ließen und ihre Gäste bei Dinnerpartys gern mit dem besten Wein abfüllten, während sie selbst kaum etwas tranken. So lockerten sie den Konkurrenten die Zunge und entlockten ihnen oftmals wertvolle Informationen.

Auf solche Tricks fiel ihr Chef nicht herein, dazu war er zu clever. Und er nutzte solche Taktiken auch nicht, er war ein integrer Mann. Allerdings machte Cleo sich auch keine Illusionen über Byron Maddox. Der Mann war listig und skrupellos, genau wie sein Vater. Sie hatte nicht vor, in eine seiner Fallen zu tappen, von denen es sicherlich mehrere geben würde. Cleo war gewappnet, sie hatte eine Mission zu erfüllen.

Eine nahezu unmögliche Aufgabe, gestand sie sich ein, als sie die Straße hinuntereilte. Sie musste den Besitzer von BM Enterprises überzeugen, dass es genau der richtige Zeitpunkt war, um auf den Zug von McAllister Mines aufzuspringen, ganz gleich, wie miserabel es global im Moment um die gesamte Rohstoff-Industrie stehen mochte. Denn wenn ihr das nicht gelang, könnte McAllister Mines in echte finanzielle Bedrängnis geraten. Scott hatte das Geschäft in letzter Zeit geradezu sträflich vernachlässigt, er war mit anderen Dingen beschäftigt gewesen.

Dementsprechend hatte Cleo sich heute Morgen sehr sorgfältig zurechtgemacht. Nüchtern und sachlich, professionell eben. Schwarzer Hosenanzug, dazu eine blütenweiße Bluse und schwarze Pumps mit relativ flachen Absätzen. Ihr widerspenstiges Haar hatte sie zu einem Knoten im Nacken gedreht … eine gute Entscheidung, sonst würde es sich jetzt, wo es nass war, wild kräuseln und in alle Richtungen abstehen.

Dennoch war sie alles andere als begeistert, als sie ihr Spiegelbild in den Waschräumen begutachtete. Das hatte nichts mit Eitelkeit zu tun, aber sie wollte einen professionellen Eindruck auf Mr. Maddox machen. „Nun, das wird reichen müssen“, munterte sie sich auf, nachdem sie den Schaden so weit wie möglich repariert hatte. Zumindest würde sie pünktlich kommen. Pünktlichkeit war wichtig, zusammen mit Ordnung, Loyalität, Ehrlichkeit und Bescheidenheit.

Mit dem Lift fuhr Cleo in den neununddreißigsten Stock. Es war schwer, nicht die Augen aufzureißen und einfach zu gaffen, so glamourös wie das Foyer von BM Enterprises ausgestattet war. Alles aus Marmor und Glas – und die Empfangsdame … eine wahre Filmdiva. Cleo fühlte sich wie ein Fisch auf dem Trockenen, klein und unscheinbar. Unauffällig sah sie an sich herab. So langweilig. Vermutlich hatte sie mit der Auswahl ihrer Garderobe einen Irrtum begangen. Sie hätte wissen müssen, dass ein verboten reicher Playboy Frauen vorzog, die aussahen, als wären sie dem Titelbild eines Hochglanz-Modemagazins entstiegen. Aber selbst wenn sie gewollt hätte … eine solche Garderobe besaß sie gar nicht.

„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte die Empfangsdame in einem leicht mitleidigen Ton. Das war diese typische Überheblichkeit, die gut aussehende Frauen ihren weniger schillernden Geschlechtsgenossinnen oft entgegenbrachten.

Cleo nahm sich zusammen. „Ja, ich habe eine Verabredung zum Lunch mit Mr. Maddox.“

Das änderte die Haltung der Empfangssekretärin sofort. Sie verzog keine Miene, was man ihr sicher zugutehalten sollte. Schließlich musste sie sich fragen, warum eine so langweilige graue Maus mit einem der begehrtesten Junggesellen des Landes zum Lunch ging. „Hier entlang, bitte.“

Es war eine Erfahrung, sich von der Frau den Korridor entlangführen zu lassen. Mit jedem Schritt in den lebensgefährlichen High Heels wiegte sie sich in den Hüften. Cleo bezweifelte, dass sie auf solchen Absätzen überhaupt laufen könnte. Sie hatte nie Stilettos getragen. Martin war relativ klein gewesen, und er hatte es nicht gemocht, wenn sie ihn überragte. Also hatte sie sich an flache Absätze gewöhnt, die waren sowieso viel bequemer und praktischer. Doch irgendwie schien ihr bequem und praktisch heute nicht das Richtige, und für einen deprimierenden Moment wünschte sie, sie wäre hinreißend elegant und glamourös. Das hielt jedoch nicht lange an. Byron Maddox war völlig gleich, wie sie aussah, solange sie firm in der Thematik war.

Der Gedanke beruhigte sie so weit, dass sie gefasst und selbstsicher Byron Maddox’ Vorzimmer betrat. Grace, Maddox’ PA, war erheblich älter als die Empfangsdame, aber nicht weniger elegant zurechtgemacht. Und ebenfalls blond. Genau wie Maddox’ Verlobte blond gewesen waren – das wusste Cleo aus dem Internet. Der Mann schien eine Vorliebe für Blondinen zu haben.

Grace begrüßte sie allerdings ganz anders, als die Rezeptionistin es getan hatte. Sie war warm und freundlich und bedachte Cleos Erscheinungsbild mit einem wohlwollenden Blick.

„Ich wusste, Sie würden pünktlich auf die Minute sein“, sagte sie lächelnd.

„Hätte fast nicht geklappt“, gab Cleo zurück. „Auf dem Weg hierher hat mich ein Sommerschauer erwischt. Ich musste erst im Waschraum den Schaden reparieren, und ich fürchte, mein Haar ist noch immer nass.“ Sie befühlte den Knoten.

„Sie sind zu Fuß gekommen?“, fragte Grace erstaunt.

Cleo nickte. „Bei den ganzen Baustellen in der Stadt geht das schneller als mit einem Taxi.“

Grace sah auf Cleos Schuhe, dann auf ihre eigenen. „Das würde ich mit meinen Absätzen nie schaffen. Ihre Schuhe sind da viel vernünftiger. Doch genug geplaudert, Byron erwartet Sie bereits.“

Seltsam, aber Cleos Magen zog sich vor Aufregung zusammen, als sie zu Byron Maddox’ innerstem Heiligtum geführt wurde. Seit Martins Tod machte sie eigentlich nur wenig nervös. Wenn man seinem Ehemann dabei zusehen musste, wie er an Krebs starb, betäubte das die Emotionen. Viele würden sie vermutlich als kühl und distanziert bezeichnen.