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Auch die lustvolle Wanderung in das Reich der Phantasie und der Träume endet, wenn der Alltag immer schwerer zu ertragen wird und die Bilder poetischer Landschaften jenen der täglichen Banalität weichen. Aber hat diese Banalität nicht auch einen gewissen Reiz und bietet sie nicht Trost für den unweigerlichen Verlust jugendlicher Verspieltheit?
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Seitenzahl: 35
Rudolf Pernusch Weiter! Gerne, aber wohin?
Rudolf Pernusch
Lyrik
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
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© 2024 by R. G. Fischer Verlag
Orber Str. 30, D-60386 Frankfurt/Main
Alle Rechte vorbehalten
Schriftart: Palatino
Herstellung: rgf/bf/1A
ISBN 978-3-8301-1954-8 EPUB
Dir, Claudie, in Liebe und Dankbarkeit
Bin ich es, jener dunkle Schatten,der in die weiße Landschaft eingefügtden Rücken dreht mir zu und einsamsich auszuruhen scheint auf einer Bank?
Still ist das Bildund ohne Atem schweigt der Schnee,als wäre er erstarrt.Bewegungslos verharrt der Tagund wartet auf den Weckrufder vor dem Frost entflohenen Vögel.
Wenn die hockende Gestaltsich nun erheben wollte,um mit frohen Schrittenin das Schweigen zu schreiten,ob dies den so ersehnten Vogelsangerwecken könnte?Es könnte sein.
Du dort, hörst Du mich?Du brauchst Dich nicht vor mir zu verstecken,denn Du bist da und dort und überall,nur dass wir Dich nicht sehen,ist nicht Deine Schuld,weil wir nur sehen, was wir wollen,und was sich zeigt, soll sein wie wir.
Wenn Du mich hörst,ist alles gut für mich:Ich rufe und Du hörst,ich winke und Du siehst,und Du und ich,das fügt sich so zusammen,dass ich mich mit geschlossenen Augensinken lassen kannin die Unendlichkeit, die mich so birgt,dass meine Träume niemals enden müssen.
Die hellen Zeichenauf dem dunkelroten Hintergrund,sie freuen sich, gesehen zu werden.Oder auch bin ich es, der sich freut,
wenn ich die Zeichen sehe und vermeine,sie könnten mir etwas erzählen,was ich vielleicht einmal gewusst,doch lange schon vergessen.
Warum ist schwarz auf weißfür mich nicht mehr genug,als müsste ich nach Neuem suchen,hoffen, dass im Neuensich das Alte listig so verbirgt,dass man mit Glück nures entziffern kann.
Dabei hilft auchdas schwache Licht am späten Abend,das meine Phantasie erregtund mich in jene Phase drängt,in der die Phantasie die Wirklichkeitverfälscht und dann ersetzt.
Weiße Zeichen weisen michin einen leicht betäubenden Versuch,der mir ein kurzes Wohlgefühl bereitetund mich den müden Abendfriedlich enden lässt.
Was man besaß, benutzt, verbraucht,ist im Notizbuch eines Lebensnur ein Blatt.Viel aber hat man sich gewünschtund nie erhalten.Was man erhalten aber,hat man schon lang vergessen,und so geht man reduziert und freivon dem, was man behalten wollte,und stark verdünnt in eine trockne Welt.
Trocken und ausgetrocknet unsre Welt,weil man sie nicht pflegte.Unsre Schritte knirschen auf dem Sand,der keine Blumen trägtund salzig schmeckt,wenn eine Windbö ihn emporgewirbelt.
Weiß ich, was ich tun darf,weiß ich, was ich soll?Wonach habe ich Bedarf,ist das Maß schon voll?
Was ich wünsche, was ich suche,scheint ein Labyrinth,ob ich bete, ob ich fluche,bettle wie ein Kind.
Echolos ist es verloren,von der Dunkelheit verschluckt,jede Regung ist erfroren,farb- und tonlos abgedruckt.
Kann ich mich noch wiederfindenund erkennen, wer ich bin,der Verstrickung mich entwindenhin zu neuem Anbeginn?
Soll ich in einem Spiegel mich besehen,und Aug in Auge, wie man sagt, erkennen,ob ich ein guter Mensch bin, Mitleid habed. h. mit anderen zu leiden, oderderen Leid verstehend zu bedauern?
Wie viel wird von den sogenannten Gutengeheuchelt, um ihr Bild zu schmückenund mit des Krokodiles Träneklopft sich der Heuchler auf die Schulter.Sein »Seht her!« fordert Anerkennung.
»Und Du?« fragt man mit schrägen Blicken,Du scheinst vom Schicksal anderer unberührt,scheinst nicht zu kennen Mitgefühl,verfangen in der Selbstsucht, die das Fremdenur darnach einschätzt, was es für Dich bringt.
So rede ich zu mir ein wenig traurig,denn etwas Wahres scheint darin versteckt,vielleicht weil ich so sehen mich willals guter Mensch, der von der Welt bedrängt,seine Gefühle stets zu meistern sucht.
Wenn ich dann aber nicht mehr aufstehen will,einfach ausgestreckt auf der Ottomane liege,in den leichten Nebel, der meine Sicht beschränkt,