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Zwischen Prosa und Lyrik - Sprachliche Tastversuche ins Unfassbare . In einer Pandemiezeit mit ihren todbringenden Erfahrungen, bedrohlichen Nachrichten und beängstigenden Schlagzeilen prägt eine Todesmelodie wie »Spiel mir das Lied vom Tod« plötzlich den Alltag. Die Texte dieses Buches möchten behutsam mit einer prosaisch - lyrischen Mischung von Denkanstößen die Grenzerfahrungen: Endlichkeit, Leben, Tod, Sterblichkeit oder Unsterblichkeit ansprechen.
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Seitenzahl: 53
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JOSEF ISING
WENN DICH IM DUNKELN LICHT BERÜHRT
© 2021 Josef Ising
Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
978-3-347-32967-6 (Paperback)
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
für Irmgard
„Lieben
heißt sagen:
Du
sollst
nicht
untergehen.”
Gabriel Marcel
Inhalt
Inhalt
Vorbemerkung - Zwischen Prosa und Lyrik - Sprachliche Tastversuche ins Unfassbare
tastversuche
Ins Abgründige denken
zeitwinzlinge
saatmenschen
gezeichnet
entzogen
faltung
rückblicksendung
Sprachversuche über Unaussprechliches
grenzbereich
gewiss
gänsefüßchen
rücktritte
letztmalig
trockenfließen
lebenszyklen
Sterben gehört dazu
verspätungen
tagesklänge
erledigung
todapplaus
aus
umbringen
tränenlos
Leben als »Gastspiel«
anblick
bedeutungen
nachlässe
bewölkung
bauerei
ent - fernen
Ignorieren, Akzeptieren, Protestieren
zeitzone
ungelebt
jenseitskonkurrenten
kein entrinnen
selbstabschied
bungee
jens
Deutungen und Wertungen
ohnmachtslitaneien
spurlos
lichtzeiten
anpfiff
verlebt
blickpunkt
auferstehungsbrief
Unsterblichkeit - Versuch, im Drüben zu fischen
saatsegen
zeitpunkt
abschiedsvorbereitung
auslese
fehlsuche
vergehensgenuss
später
Beurteilter Tod
endfragen
im blick
programmänderung
grabsteinfrei
schweigeb otschaft
heimkehr
Sag mir, wo die Gräber sind
trend
hoffnungen
urnenpark
antigesang
zielsicher
coronakreuzfahrt
Tote zählen - zählen Tote
erschöpfung
lebenslauf
verraucht
verwehungen
zeitgestrahlt
abhebungen
Den Tod »überlieben«
ostereier
veraschen
zeitgenuss
abschiede
lebenslänglich
Leben als »Endlosschleife«
vorenden
entzug
selbstankunft
abschnitte
in pace
textverlust
ausstiege
Alles oder Nichts
vergeher
bildweisheiten
alltagsriss
erinnern
jetzt
mitwirkung
dimensionen
Ich bin so frei - darf ich es auch sein ?
passivfrage
mitleiden
eigene schritte
evolutierend
lebenskampf
entschieden
Autor
Weitere Veröffentlichungen des Autors bei tredition
Vorbemerkung- Zwischen Prosa und Lyrik – Sprachliche Tastversuche ins Unfassbare
Wer das Märchen »Der kleine Prinz« von Antoine de Saint Exupéry jemals gelesen oder gehört hat, dem wird neben bekannten Aussagen wie „Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar, ” oder „Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast,” vielleicht auch die Lehre des Fuchses über das Zähmen in Erinnerung geblieben sein. Da spricht der Fuchs zum kleinen Prinzen: „Wenn Du einen Freund willst, so zähme mich.” „Was muß ich da tun?” sagte der kleine Prinz. „Du mußt sehr geduldig sein”, antwortete der Fuchs. „Du setzt dich zuerst ein wenig abseits von mir ins Gras. Ich werde dich so verstohlen, so aus dem Augenwinkel anschauen, und du wirst nichts sagen. Die Sprache ist eine Quelle der Mißverständnisse. Aber jeden Tag wirst du dich ein bißchen näher setzen können …” 1 Auf diese Weise also kann Freundschaft entstehen. Ich möchte dieses Kontakt-Modell gerne auf eine andere Situation übertragen. Ob auf diese Weise sich Menschen unter Umständen sogar mit dem Tod gewissermaßen »anfreunden« können? Dass er in jedem Leben einmal eintritt, ist ja unbestritten.
Die Pandemiezeit allerdings mit ihren todbringenden Erfahrungen, den bedrohlichen Nachrichten und beängstigenden Schlagzeilen ist dazu jedenfalls kaum tauglich. »Plötzlich und unerwartet«, wie manche Todesanzeigen formulieren, bricht da tödliche Bedrohung herein. Der gewohnte Alltag wird unvermittelt getaktet durch ein Bedrohungsvokabular wie Inzidenz-Werte, expotentielles Infektionsgeschehen, Virusmutation, Impfresistenz, Lockdown, Intensivstation, Triage, Übersterblichkeit .
Da ist keine Gelegenheit für ein behutsames Heranrücken an den Tod. Unvermittelt, überfallartig und oft ohne eine Möglichkeit des Ausweichens betrifft der Tod Millionen von Menschen.
Dabei gehörte und gehört sicher weiterhin ein »Sich-vertraut-machen« mit dem Tod zu einer sinnvollen und bewussten Lebensgestaltung hinzu, auch wenn nicht in jedem Fall eine Art »Freundschaft« daraus entstehen wird, was aber durchaus auch der Fall sein kann. Schließlich handelt es sich um die einzige Begegnung, die für jeden Menschen einmal mit absoluter Sicherheit zustande kommen wird.
Nicht lebensmüde aber lebenssatt sei er, hat sich der verstorbene Theologe Hans Küng einmal geäußert. Hat sich da vielleicht eine Art »Todesvertrautheit« angebahnt? Wenn Menschen ihr Enden spüren, ist das manchmal durchaus möglich. In alten Trostbüchern wurde diese Lebenseinstellung als »ars moriendi« , »Kunst des Sterbens« bezeichnet.
Mit einer solchen Einstellung kann es gelingen, an die unbekannte Todesgrenze, der man nicht ausweichen kann, ein wenig heranzurücken. Das muss nicht mit Gefühlen der Ohnmacht, Resignation oder Angst verknüpft sein. Vielmehr kann diese Haltung zu einer Gelassenheit und Ergebenheit führen, die die eigene Lebensmelodie einmal zu einem harmonischen Lebensausklang vertonen kann.
Beim Sprechen über diese Grenze zum Erfassbaren kann es hilfreich sein, an die oben angesprochene Weisheit des Fuchses zu erinnern, dass die Sprache eine Quelle der Missverständnisse darstellen kann. Oder um es mit den Worten Hans Küngs zu sagen: „Jedes Wort zum Tod über das Schweigen hinaus will verantwortet sein.”2
Deshalb bemühen sich die Texte dieses Buchen darum, sehr behutsam und mit einer prosaisch - lyrischen Mischung von
Denkanstößen die Grenzerfahrungen: Endlichkeit, Leben, Tod, Sterblichkeit oder Unsterblichkeit anzusprechen.
Die Gedichte sind eine thematisch passende Auswahl aus meinen Lyrik-Bänden »Zeitlingstupfer auf dunkler Materie«, »traumnähe und atemtanz« und »Von Auslese bis Zeitsprung«. Auf diese Weise möchte ich dazu einladen, einen ganz persönlichen Weg zum »Vertrauter-werden« mit dem bleibenden »Geheimnis des Todes« zu beschreiten.
Josef Ising
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unbegriffenen
und
begrifflosen
Ins Abgründige denken
Viele werden solche Gefühle kennen, die auf einem hohen Gebäude, einem Berg, einem Aussichtspunkt aufkommen können, wenn der Blick nicht nur in die Weite schweift, sondern auch in die Tiefe, vielleicht in einen Abgrund gewagt wird. Manchmal sind diese Gefühle zwiespältig. Angst kann aufkommen, vielleicht sucht man unwillkürlich nach einem Halt. Aber es kann von dem Abgründigen auch eine merkwürdige Anziehungskraft ausgehen.
Ähnliche Gefühle können auch von gedanklichen Abgründen ausgelöst werden. Die Begriffe „Tod, SterblichkeitUnsterblichkeit" sind dazu geeignet. Sie führen an Grenzen des Denkbaren und Verstehbaren. Unzähliges ist schon formuliert, phantasiert, gehofft und gefürchtet worden angesichts der abgründigen Bedeutsamkeit, die mit diesen Begriffen für Menschen verbunden ist. Der bekannten Forderung des Philosophen Ludwig Wittgenstein „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen”, wurde und wird dabei in keiner Weise entsprochen. Aber das ist in diesem Fall vielleicht auch ganz gut so. Hier nur wenige Beispiele:
• Der Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt. Bertolt Brecht
• Was die Raupe Ende der Welt nennt, nennt der Rest der Welt Schmetterling. Laotse
• Der Tod ist der Preis, ohne den es höheres Leben nicht geben kann. Hoimar von Ditfurth
• Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das weiß, dass es sterben wird. Die Verdrängung dieses Wissens ist das einzige Drama des Menschen. Friedrich Dürrenmatt
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