Wer schnappt Ronaldo? - Benjamin Tienti - E-Book

Wer schnappt Ronaldo? E-Book

Benjamin Tienti

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Beschreibung

Ronaldo, wo bist du? Die spannende Suche nach einem entlaufenen Chamäleon – und dem ganz großen Finderlohn. Nivin und Linus träumen beide vom großen Geld – allerdings aus sehr unterschiedlichen Gründen. Nivin lebt mit ihrer Familie in einer viel zu kleinen Wohnung und sie braucht das Geld für ein eigenes Zimmer. Der wohlhabende Linus hingegen möchte sich seinen Wunsch nach einem Pony erfüllen. Als die beiden Kinder Suchplakate für ein entlaufenes Chamäleon mit einem hohen Finderlohn entdecken, ist ihnen klar: Sie müssen das Tier finden. Auch wenn sie erst Konkurrenten sind, Nivin und Linus merken schnell, dass sie kooperieren müssen, um das kleine Tier im Berliner Großstadtdschungel aufzuspüren. Die Suche entwickelt sich zu einem spannenden Sommer-Abenteuer, bei dem die zwei nicht nur spannende Orte entdecken und auf schräge Charaktere treffen, sondern bei dem sich – trotz unterschiedlicher sozialer Herkünfte – eine wahre Freundschaft entwickelt. Wer schnappt Ronaldo? Ein lustig-leichter Kinderkrimi über ein verlorenes Chamäleon mitten in Berlin. - Unterhaltsame Suche: Der lustig-leichte Kinderkrimi verspricht eine aufregende Jagd durch den sommerlichen Großstadtdschungel. - Von der Hochhaussiedlung bis zum Schrebergarten: Begleite Nivin und Linus auf ihrer Abenteuerreise durch Berlin, triff schräge Charaktere und entdecke spannende Orte. - Besonders gut geeignet für Lesemuffel: Der Kinderroman ist leicht zu lesen und mit anschaulichen Comics illustriert. Es ist der perfekte Lesestoff für Jungs und Mädchen zwischen 9 und 11 Jahren. - Unterhaltung mit ernstem Hintergrund: Buchautor Benjamin Tienti schafft es, durch eine humorvolle und leicht verständliche Sprache Themen wie finanzielle und soziale Ungleichheit auf kindgerechte Weise zu transportieren, ohne dass dabei der Spaß verloren geht."Wer schnappt Ronaldo?" ist nicht nur ein unterhaltsamer Kinderkrimi über die abenteuerliche Suche nach einem verschwundenen Chamäleon, es ist gleichzeitig ein Kinderbuch über die Großstadt Berlin, über Unterschiede und Gemeinsamkeiten und vor allem über das Thema Freundschaft. Das leicht lesbare Kinderbuch mit Comic-Illustrationen eignet sich besonders für Kinder ab 9 Jahren.  

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Über dieses Buch

Bei mir zu Hause bist du allerhöchstens zum Kacken allein.

Und das passt mir gar nicht. Am liebsten hätte ich einfach meine Ruhe. In mein Zimmer gehen und die Tür hinter mir zumachen.Fast hätte ich ein eigenes Zimmer bekommen. Doch dann ist mein großer Bruder Rabi mit seiner Familie wieder eingezogen. Ich brauche viertausend Euro, dann kann Rabi ausziehen, und ich habe mein eigenes Zimmer.

 

Als Nivin erfährt, dass es eine Belohnung von 5000 Euro für das gestohlene Chamäleon Ronaldo gibt, ist ihr sofort klar: Dieser Ronaldo, der ist fällig.

Für Oskar

Kapitel 1

Bei mir zu Hause bist du allerhöchstens zum Kacken allein.

Und das passt mir gar nicht.

Am liebsten hätte ich einfach meine Ruhe. Nach Hause kommen, in mein Zimmer gehen und die Tür hinter mir zumachen.

Abschließen.

Nur eine Matratze, ganz hinten an der Wand, einfach auf dem Boden. Der Rest wäre komplett leer. Nicht mal meine Schuhe würde ich reinlassen.

Ich würde mich jeden Tag mitten in mein Zimmer stellen, die Arme ausbreiten und mich um mich selbst drehen wie ein Derwisch. Irgendwann falle ich um und liege einfach auf dem nackten Boden und sehe mir die Zimmerdecke an. Meine eigene Zimmerdecke.

Vielleicht würde ich mir da oben so ein Sternenhimmeltuch hinhängen, das im Dunkeln leuchtet. Aber das wäre mein einziger Schmuck in diesem Raum.

Wenn ich mein eigenes Zimmer hätte, würde ich auch die ganze Zeit immer lachen, von morgens bis abends, ich schwöre es. Nicht so wie eine Verrückte auf der Straße. Sondern vornehm. Wie eine Dame im Café, wenn der Kuchen kommt. Sie lacht für sich ganz alleine. Keinen juckt es, keinen interessiert es, niemand sieht auch nur hin, nur sie mit ihrem Teller. Weil es nämlich ihr Kuchen ist, für sie und für sie nur ganz alleine.

 

Mein Bruder Abudi lacht gerade nicht. Er hat überhaupt keinen Grund dazu. Er schreit gerade. Er schreit zwar eigentlich immer, das ist so sein normales Reden, aber jetzt schreit er richtig. Würde ich wahrscheinlich auch machen, in seiner Situation.

»LASSMICHRUNTER!«, schreit er. Er wiegt so ungefähr ein Kilo, mehr nicht. Er ist so dünn wie ein Strohhalm und auch so kurz. Aber seine Stimme muss irgendwo außerhalb von ihm produziert werden, sie lässt alle Wände zittern.

»Wenn du noch mal an meine Sachen gehst«, sage ich. Leise. »Dann bist du tot.« Ich schüttle ihn ein bisschen, und seine Füße schlackern in der Luft hin und her. Er schlägt nach mir, aber seine Arme sind nicht lang genug, er kommt nicht an mich ran.

»DUBISTEINESCHEISS-SCHWESTER!«, schreit er.

»Ach ja? Und was bist du? Ein Dieb. Du bist ein Dieb.«

»Lass ihn runter«, sagt Mama von hinten. Wie ich gesagt habe. Hier hast du nie deine Ruhe. Es ist immer irgendwer in der Nähe und mischt sich in deine Angelegenheiten ein.

»Er hat schon wieder meine Sachen genommen«, sage ich nach hinten.

»Runter!«

Ich lasse Abudi runter. Er rennt sofort schreiend aus dem Raum, seine Füße berühren gerade so den Boden, da ist er schon praktisch weg. Der komplette Mund vollgeschmiert mit meiner Schokolade.

Ich drehe mich um, Mama zieht die Augenbrauen hoch.

»Er war an meinen Sachen. Das ist meine Privatschublade, mein einziger eigener Ort auf der Welt!«

»Er ist drei«, sagt Mama.

»Na und?«

Mama nimmt mein Kinn in die Hand, damit ich zu ihr hochsehe. »Er kapiert das noch nicht. Nimm dir doch Schokolade aus dem Schrank in der Küche, so wie alle anderen auch. Es ist doch genug für alle da.«

»Nein! Es ist meine Schublade und meine Schokolade! Er soll sich gefälligst beeilen mit dem Kapieren, sonst bringe ich es ihm nämlich bei!«

Mama seufzt. Sie nimmt die Hand von meinem Kinn und zupft mir das T-Shirt an den Schultern glatt. »Komm essen«, sagt sie.

Aber ich habe keinen Hunger mehr. Ich habe überhaupt gar keinen Bock mehr auf das alles hier. Das kannst du mir wirklich glauben.

Kapitel 2

Mama und Papa waren heute nicht im Laden, darum gibt es früh Essen. Alle haben schon angefangen. Abudi lutscht an einer Olive und spuckt sie immer wieder auf seinen Teller. Amal zerkrümelt Käse zu kleinen Haufen auf dem Tisch.

Mama und Papa diskutieren irgendwas, und Mama zupft dabei Fleisch von einem Hühnerbein. Sie steckt es Papa in den Mund, immer, wenn er etwas sagen will. Das finden sie lustig.

Neben Mama sitzt Romeysa und wackelt an ihrem Baby herum, Shadia. Ja, ich bin tatsächlich neulich Tante geworden.

Und Rabi sitzt auf meinem Platz. Er weiß wahrscheinlich nicht, dass ich inzwischen immer dort sitze. Rabi und Romeysa sind ja erst vor ein paar Tagen wieder eingezogen. Aber es ist mein Platz, und ich muss mich die ganze Zeit zusammenreißen, damit ich das nicht laut herausschreie. Ihn stört das nicht, er kaut und lacht und unterhält unsere kleinen Brüder.

»Warum isst du nichts?«, fragt er mich irgendwann.

Ich mache Tz.

Er lacht.

»Was bist du für eine Miesmuschel geworden. Jetzt iss.« Er legt mir ein paar Zufallsdinge vom Tisch auf den Teller, ein Brot, zwei gekochte Eier, ein Glas Honig. Ich ignoriere es.

Abudi und Amal finden das natürlich lustig und fangen jetzt auch an, Essen auf meinen Teller zu legen.

»Hört auf«, sage ich. Aber sie lachen nur. Abudi wirft eine Olive rüber, und sie landet genau in meinem Wasserglas.

»Süüüü!« Sie lachen so laut, dass Papa und Mama aufhören, zu diskutieren.

»Was soll das?«, fragt Papa.

»NIVINWILLNICHTESSEN«, schreit Abudi.

»Warte, ich mach dir was«, sagt Papa.

Rabi lacht ewig lange, und Papa legt ein gerolltes Sandwich vor den Essensberg auf meinem Teller. Ich versuche, auch das zu ignorieren, aber ich kann nicht, Papas Sandwiches sind einfach zu gut, und ich habe Hunger.

Ich beiße ab.

Amal wirft auch eine Olive, er kann noch schlechter zielen als Abudi, und sie landet an meiner Stirn. Er sagt: »Ups, sorry.« Aber zu spät, mir brennt die Sicherung durch.

»ICHHABEGESAGT, HÖRAUF!«, schreie ich.

Alle hören auf, zu reden.

Ich beuge mich über den Tisch zu Amal und drücke ihm Papas Sandwich ins Gesicht. Es fällt in seinen Einzelteilen runter auf Amals Schoß. Er schaut an sich herunter, Mayo tropft von seiner Backe. Dann fängt er an, zu brüllen, und von allen Seiten kriege ich Vorwürfe.

»ICHBINHIERFERTIG!«, schreie ich und drehe mich zu Rabi, Romeysa und dem Baby. »Und außerdem ist das MEINPLATZ! Ich wünschte, ihr wärt wieder weg, dann hätte ich nämlich ENDLICHMEINERUHE!«

Rabis Mund klappt nach unten, aber das interessiert mich nicht. Ich rausche ab. Zur Wohnungstür, raus, die Treppen runter und stehe auf der Sonnenallee. Es ist Abend, aber es sind sicher immer noch über dreißig Grad. Direkt vor der Tür sitzt Mahmut in einer Winterjacke, er ist von oben bis unten vollgekleckert mit Ketchup und hält mir seinen Coffee-to-go-Becher hin.

»NEIN!«, schreie ich ihn an.

Er schaut völlig verwirrt in meine Richtung.

»Nur zahwei Euro …«, sagt er.

»SEISTILL!«

»Nur zahwei, mein Mädchen!«

»AAAAAH!«

Wie sie mir alle auf die Nerven gehen.

Kapitel 3

Wenn ich mal wirklich meine Ruhe haben will, setze ich mich in den Ring. 42 oder 43, ist egal, Hauptsache, S-Bahn. Ich steige immer ganz hinten ein, der letzte Wagen ist oft leer, jetzt in den Sommerferien sowieso.

Wenn andere Leute einsteigen, gehe ich manchmal sogar extra in ein anderes Abteil, aber ein leerer Zweiersitz reicht mir meistens auch schon. Ich sitze am Fenster, die Stadt rauscht vorbei, und ich fahre einmal im Kreis. S-Bahnhof Sonnenallee bis S-Bahnhof Sonnenallee. Solltest du mal ausprobieren.

Ich weiß nicht, ob du Berlin kennst, aber hier gibt es schon lange viel zu wenige Wohnungen zu mieten. Alle reißen sich um die paar, die noch übrig sind. Und wer eine hat, bleibt für immer dort und gibt sie niemals auf. Egal, wie klein, egal, wie hässlich die Wohnung ist. Alle bleiben, wo sie gerade sind, ganz egal, was passiert.

In meiner Klasse gibt es das zum Beispiel gleich dreimal: bei Saskia, Melek und Adrian. Bei allen dreien haben sich neulich die Eltern getrennt, aber keiner ist ausgezogen. Es geht einfach nicht anders. Kein freier Platz weit und breit.

Rabi und Romeysa haben die neue Wohnung nur gekriegt, weil Romeysas Vater jemanden bei der Verwaltungsfirma kennt. Aber viertausend Euro Kaution. Viertausend Euro. Und bis sie die nicht haben, können sie nicht einziehen.

Mama und Papa hatten mir mein eigenes Zimmer versprochen. Dabei haben wir nur zwei und die Küche. Mit Abudi und Amal ein Zimmer zu teilen, das geht aber einfach nicht, das kannst du keinem Menschen, den du liebst, antun. Das haben Mama und Papa dann auch eingesehen. Darum haben sie neulich beschlossen, selbst in die Küche zu ziehen. Da ist doch eigentlich genügend Platz, sagten sie. Ein Sofa passt da noch in die Ecke. Und ich hätte das Schlafzimmer bekommen.

Wenn nicht Rabi mit seiner neuen Familie zurückgekommen wäre.

Ich brauche viertausend Euro, dann kann Rabi ausziehen, und ich habe mein eigenes Zimmer. Das ist machbar. Ich könnte eine Bank überfallen, hat Hani ja schließlich auch neulich gemacht.[1]

»Die Fahrscheine bitte!«

Ach du Scheiße.

»Na, die Dame?«

»Ich … ich hab meine Monatskarte in der Schultasche.«

»Ach ja?«

»Ja, und, äh … es sind Ferien.«

»Weiß ich, Mademoiselle.«

»Ich, äh, ich … meine Schultasche ist zu Hause.«

»Also wir können ja jetzt auch den ganzen lieben langen Tag hier rumeiern, aber für mich sieht das einfach nach Schwarzfahren aus, Frollein. Wir beide steigen hier mal aus, ja?«

Die Kontrolleurin weicht mir nicht von der Seite, bis wir am Treptower Park anhalten. Als ob ich gleich als kleine Überraschung meine Flügel ausbreiten und aus dem Fenster fliegen könnte.

Wenn Papa wieder die Strafe zahlt, muss ich dafür tagelang im Laden arbeiten.

Ich muss handeln.

Sie tippt auf ihrem Gerät herum.

»Ausweis haste auch nicht dabei, nee, Mädchen?«

»Äh, nein. Ich …« Ich schiebe mich ein paar Millimeter in Position. Sie tippt weiter, bewegt ihre Lippen.

»Ich muss weg!«, sage ich und renne los.

»HE, STOPPMAL, JUNGEDAME!«, schreit sie hinter mir, aber ich bin schon am Ausgang. Irgend so ein Idiot grapscht dort tatsächlich nach mir, als ich vorbeirenne, aber Alter, ich bin so schnell.

Außerdem ist da gleich der Park, und ich renne und renne, bis mir der Atem ausgeht.

Niemand ist mehr hinter mir. Überhaupt ist plötzlich alles ganz ruhig. Ich bin mitten in den Kleingärten gelandet, wo die ganzen Kartoffelrentner immer alle das Wochenende verbringen.

Schön hier, irgendwie.

Wie auf dem Land.

Vögel zwitschern, die Sonne geht gerade unter.

Es wird auch endlich mal kühler.

Der Zufall wollte es so. Ich bin im Paradies gelandet.

Kapitel 4

Den ersten Steckbrief finde ich an einem Gartenzaun. Festgemacht mit einer Wäscheklammer.

 

Drunter ist ein Foto von einem grünen Chamäleon, das voll dämlich in die Kamera sieht, oder eigentlich eher so links und rechts dran vorbei.

Und eine Telefonnummer. Ich reiße den Zettel ab und falte ihn zusammen.

»Was machst du denn da? Hallo?!«

Ein Opa mit einem Strohhut und einer Schürze, sonst hat er gar nichts an, nur eine Unterhose. Aber er schämt sich überhaupt nicht. Er steht in seinem Garten und lehnt sich über den Gartenzaun. Wedelt mit seiner winzigen Gartenschaufel Richtung Zettel in meiner Hand.

»Ich nehm den mit. Das siehst du doch.«