Western Legenden 55: Dunlay, der Menschenjäger - Craig Dawson - E-Book

Western Legenden 55: Dunlay, der Menschenjäger E-Book

Craig Dawson

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Beschreibung

Sie sind hart und rau wie das Land. Doch sie besitzen Ehre, Stolz und Seele. Unerschrocken kämpfen sie für Gerechtigkeit, gegen gierige Mordbanden und skrupellose mexikanische Desperados.Jack Stapp Dunlay, ein eiskalter Kopfgeldjäger, und Kane Bronson, ein knallharter Revolvermann. Jeder Tag kann für sie der letzte sein.

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Seitenzahl: 279

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Western Legenden

In dieser Reihe bisher erschienen

9001 Werner J. Egli Delgado, der Apache

9002 Alfred Wallon Keine Chance für Chato

9003 Mark L. Wood Die Gefangene der Apachen

9004 Werner J. Egli Wie Wölfe aus den Bergen

9005 Dietmar Kuegler Tombstone

9006 Werner J. Egli Der Pfad zum Sonnenaufgang

9007 Werner J. Egli Die Fährte zwischen Leben und Tod

9008 Werner J. Egli La Vengadora, die Rächerin

9009 Dietmar Kuegler Die Vigilanten von Montana

9010 Thomas Ostwald Blutiges Kansas

9011 R. S. Stone Der Marshal von Cow Springs

9012 Dietmar Kuegler Kriegstrommeln am Mohawk

9013 Andreas Zwengel Die spanische Expedition

9014 Andreas Zwengel Pakt der Rivalen

9015 Andreas Zwengel Schlechte Verlierer

9016 R. S. Stone Aufbruch der Verlorenen

9017 Dietmar Kuegler Der letzte Rebell

9018 R. S. Stone Walkers Rückkehr

9019 Leslie West Das Königreich im Michigansee

9020 R. S. Stone Die Hand am Colt

9021 Dietmar Kuegler San Pedro River

9022 Alex Mann Nur der Fluss war zwischen ihnen

9023 Dietmar Kuegler Alamo - Der Kampf um Texas

9024 Alfred Wallon Das Goliad-Massaker

9025 R. S. Stone Blutiger Winter

9026 R. S. Stone Der Damm von Baxter Ridge

9027 Alex Mann Dreitausend Rinder

9028 R. S. Stone Schwarzes Gold

9029 R. S. Stone Schmutziger Job

9030 Peter Dubina Bronco Canyon

9031 Alfred Wallon Butch Cassidy wird gejagt

9032 Alex Mann Die verlorene Patrouille

9033 Anton Serkalow Blaine Williams - Das Gesetz der Rache

9034 Alfred Wallon Kampf am Schienenstrang

9035 Alex Mann Mexico Marshal

9036 Alex Mann Der Rodeochampion

9037 R. S. Stone Vierzig Tage

9038 Alex Mann Die gejagten Zwei

9039 Peter Dubina Teufel der weißen Berge

9040 Peter Dubina Brennende Lager

9041 Peter Dubina Kampf bis zur letzten Patrone

9042 Dietmar Kuegler Der Scout und der General

9043 Alfred Wallon Der El-Paso-Salzkrieg

9044 Dietmar Kuegler Ein freier Mann

9045 Alex Mann Ein aufrechter Mann

9046 Peter Dubina Gefährliche Fracht

9047 Alex Mann Kalte Fährten

9048 Leslie West Ein Eden für Männer

9049 Alfred Wallon Tod in Montana

9050 Alfred Wallon Das Ende der Fährte

9051 Dietmar Kuegler Der sprechende Draht

9052 U. H. Wilken Blutige Rache

9053 Alex Mann Die fünfte Kugel

9054 Peter Dubina Racheschwur

9055 Craig Dawson Dunlay, der Menschenjäger

9056 U. H. Wilken Bete, Amigo!

9057 Alfred Wallon Missouri-Rebellen

9058 Alfred Wallon Terror der Gesetzlosen

9059 Dietmar Kuegler Kiowa Canyon

Craig Dawson

Dunlay, der Menschenjäger

Als Taschenbuch gehört dieser Roman zu unseren exklusiven Sammler-Editionen und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.Bei einer automatischen Belieferung gewähren wir Serien-Subskriptionsrabatt.Alle E-Books und Hörbücher sind zudem über alle bekannten Portale zu beziehen.© 2023 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Jörg KaegelmannTitelbild: Rudolf Sieber-LonatiUmschlaggestaltung: Mario HeyerLogo: Mario HeyerSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-676-7

Historische Anmerkung des Autors:

Jack Stapp J. S. Dunlay (nicht zu verwechseln mit dem Outlaw Three Fingered Jack Dunlay) war einer der berüchtigtsten Kopfgeldjäger des Westens. Allerdings brachte ihm das blutige Handwerk der privaten Menschen­jagd, ebenso wie den anderen seiner Zunft, nicht nur viele Feinde ein, sondern auch gesellschaftliche Ächtung. J. S. Dunlays Leben, Motivation und Vorgeschichte sind historisch belegt. Das Duell mit Ransom Currey hat sich ebenfalls so zugetragen. Dessen Brüder jedoch sind genauso frei erfunden wie die sonstige nachfolgende Handlung.

März 1888, Deanville, Texas.

Dead or Alive. Tot oder lebendig. Nach diesem Motto arbeitete er seit vielen Jahren schon. Vor allem das Töten von Männern, von Banditen, Geächteten und sonstigem Gesindel war seine Spezialität. All jener also, die von Gesetz wegen per Steckbrief gesucht wurden, weil sie Mörder, Vergewaltiger, Deserteure, Mordbrenner, Viehdiebe oder was auch immer waren. Menschliches Strandgut, Abschaum, der aus der Kloake der Gesellschaft gespült worden war, der sich genauso wenig an Recht und Ordnung hielt wie an Moral oder Vernunft. Genau dieser Mann verharrte jetzt reglos versteckt hinter leeren Frachtkisten, die sich auf der gegenüberliegenden Seite des Saloons aufstapelten.

Komm endlich raus, Ransom Currey, damit ich dich gefangen nehmen kann! Und wenn du dich dagegen wehrst, dann werde ich dich in die Hölle schicken!

So dachte der mittelgroße, schlanke Mann, mit den beiden 45er Remington-Government-Revolvern, die er tief an seinen Schenkeln in einem gekreuzten Holster trug. Sein scharf geschnittenes Gesicht wurde von einem sichelförmigen Schnauzbart vereinnahmt, genauso pechschwarz wie sein Haupthaar, dessen Spitzen weit über die dünnen Lippen herabhingen. Die hageren Wangen schimmerten nach einer frischen Rasur noch bläulich. In seinen dunklen, stechenden Augen, die starr auf die Schwingtür des Saloons gerichtet waren, glitzerte eine unbändige Härte, sodass sein Blick zu klirren schien.

Der Name des Mannes war legendär: Jack Stapp ­Dunlay. Oder einfach nur J. S.

Ein erfolgreicher und gefürchteter Menschenjäger, der vom Kopfgeld lebte, von den einen bewundert und von den anderen verachtet. Doch das interessierte ihn nicht. Für ihn war es ein Geschäft wie jedes andere auch.

J. S. Dunlay zog seinen breitkrempigen Stetson tiefer in die Stirn, um nicht von den letzten Strahlen der untergehenden Sonne geblendet zu werden, die über den Hügelrücken westlich der Stadt fielen. Seine Nasenflügel bebten, als hätte er eine Witterung aufgenommen. Und in der Tat – es war so! Er witterte geradezu seine Beute, die schon vor einiger Zeit die Trinkhalle aufgesucht hatte und bald wieder herauskommen musste. Dann würde er zuschlagen, gnadenlos und schnell wie eine ­Klapperschlange. Nur nicht so heimtückisch. Denn noch nie hatte er einen seiner Gegner hinterrücks erschossen. Er hatte sich ihnen immer in einem fairen Duell gestellt. Davon zeugten die vielen Narben unter seinem weißen Reithemd und der schwarzen Hose, die er trug.

Jack Stapp Dunlay wartete schon seit Stunden. Das gehörte zu seinem Job, bei dem letztlich nur das Ergebnis zählte. Dabei war er ein erfahrener Jäger, der seine Position mit Bedacht wählte. So konnte er hinter den Frachtkisten von der anderen Straßenseite aus nicht gesehen werden, hatte selbst aber gute Sicht auf den Saloon.

Bei dem Mann, an dessen Fersen er sich bislang durch drei Staaten geheftet hatte, handelte es sich um Ransom Currey. Ein gesuchter Totschläger, auf den die Bundesbehörden eine Belohnung von 300 Dollar ausgesetzt hatten.

Inzwischen stand die Abendsonne tiefer, die Schatten wurden länger und der Wind merklich kühler. Die Stadt war mit einem flammenden Rot überzogen, das bald in die Schwärze der Nacht übergehen würde.

Plötzlich straffte sich Dunlays Gestalt. Das Knarren und Quietschen der pendelnden Schwingtür drang bis zu ihm, denn drüben trat endlich der Mann aus dem Saloon, auf den er die ganze Zeit schon wartete.

Ransom Currey war ungewöhnlich groß. Größer noch als Dunlay. Ein irischer Typ mit dunklem, ­zurück­gescheiteltem Haar und kantigem, wettergegerbtem Gesicht. Sein hagerer Körper steckte in einem Anzug aus allerbestem Shetland-Cord, einem weißen Hemd mit einer dunklen Samtschleife und blank ­geputzten ­Texasstiefeln. Auf seinem langen Schädel saß ein schwarzer, flachkroniger Stetson. Er bewegte sich keineswegs wie ein Betrunkener, sondern wie ein Mann, der auf der Hut ist. Als er die staubige Straße zum Mietstall hinunterschritt, in dem er sein Pferd untergestellt hatte, war sein Gang aufrecht und geradlinig.

Der Menschenjäger folgte ihm in gebührendem Abstand. Als Currey eine Gasse erreichte, blieb er plötzlich stehen und wandte sich um. Er schien die Schritte seines Verfolgers vernommen zu haben.

Argwöhnisch starrte der Totschläger ihn an. „Was willst du?‟ Er stieß die Frage aus wie einen Fluch, knapp, hart und mit Abscheu.

„Seit Wochen bin ich dir auf den Fersen, Ransom ­Currey‟, antwortete J. S. unbeeindruckt. „Und nun habe ich dich in diesem Drecknest aufgespürt.‟ Er zog einen zusammengefalteten Steckbrief aus der Brusttasche seines Reithemdes und warf ihn dem anderen zu. „Da steht es schwarz auf weiß: Auf deinen Kopf sind 300 Dollar Belohnung ausgesetzt, wenn ich dich den Behörden ausliefere. Es liegt an dir, ob dies tot oder lebendig sein wird!‟

Verwundert starrte Currey auf das Papier zu seinen Füßen, auf dem sein Gesicht prangte. Hinter seiner Stirn arbeitete es. Er hob seinen Blick, atmete tief durch, als ahnte er, dass die Zeit der Abrechnung gekommen war. „Willst du dich mit mir schießen?‟ Seine Stimme war rau und angespannt.

„Wenn es sein muss!‟ Dunlay war die Ausbeulung unter der Anzugjacke seines Gegenübers nicht entgangen. Längst schon hatte er einen festen Stand gesucht, seinen Oberkörper etwas verlagert. Seine sehnigen, geschmeidigen Hände hielt er griffbereit hinter den Kolben seiner beiden Remington Revolver. Damit signalisierte er, dass er bereit war.

Bereit zum Revolverkampf, bereit zum Töten.

Ransom Currey saß wie eine Ratte in der Falle. Ein Entkommen gab es nicht mehr. Außer er legte den Mann vor sich um.

Mit flinken Fingern griff er zu seinem Schulterhalfter, brachte blitzschnell eine Waffe mit kurzem Lauf hervor.

Doch er war zu langsam. Viel zu langsam für einen so erfahrenen Shooter, wie J. S. es war. Wie durch Zauberei glitten die beiden Remingtons in seine Fäuste, spien ihr Feuer mit der Melodie des Todes. Die Kugeln bohrten sich in Ransom Curreys linke Brustseite. Die Wucht der Einschläge schleuderte ihn gegen einen Holzschuppen. Sein Kopf fiel zur Seite. Mit gebrochenem Blick starrte er in die Unendlichkeit.

Hoch aufgerichtet verharrte Jack Stapp Dunlay im Pulver­rauch vor seinem Opfer. Seelenruhig, aber mit einem Ausdruck von Bitterkeit in den dunklen Augen, lud er die abgeschossenen Kammern seiner Revolver nach und steckte sie wieder in die Holster zurück. Er schnaufte, hob die Hand und wischte sich über das glatt rasierte Gesicht. Dann bückte er sich und nahm den Steckbrief wieder an sich.

Neugierige, die die Schüsse gehört hatten, schauten aus den Fenstern der umliegenden Häuser zu ihm hinüber oder eilten von der Main Street herbei.

J. S. ignorierte sie und wartete auf den Town Marshal, um ihm die Leiche des gesuchten Ransom Currey zu übergeben und seine Belohnung zu kassieren.

*

Einen Tag später ...

In den Blicken der beiden Männer war nicht die geringste Spur von Trauer. Nur von Hass. Von unbändigem Hass, der in ihnen flammte, wie ihn nur Menschen empfinden konnten, denen etwas Geliebtes und Vertrautes gewaltsam genommen worden war.

Sie standen mit versteinerten Mienen und frostigen Augen vor der Lattenkiste aus grob gezimmertem Kiefern­holz, in der der Tote lag.

Ransom.

Ihr Bruder.

Der Leichenbestatter und Sargmacher der Stadt hatte ihn in seiner Tischlerwerkstatt aufgebahrt. Das eingefallene Antlitz zwischen den Leichentuchfalten mutete seltsam fremd und unwirklich an.

Nein, sie waren nicht gekommen, um zu trauern. Sondern um ihn noch einmal zu sehen, um ihm die letzte Bruderehre zu erweisen und den unvergesslichen Anblick mitzunehmen, wenn sie Rache an seinem Mörder nahmen.

Jesse Currey war ein sehniger, muskulöser Mann mit kantigem, stoppelbärtigem Gesicht, hohlen Wangen, kräftiger Nase, schmalen Lippen und festem Kinn. Alles an ihm strahlte eine grimmige Härte und Bösartigkeit aus. Mit dem pechschwarzen gescheitelten Haar war ihm genauso die irische Abstammung anzusehen, wie seinem Bruder Bill.

William Currey überragte ihn um eine Haupteslänge. Er war so massig wie ein Stier. Das Antlitz ebenfalls eckig, mit energischem Kinn und einem dünnen, blassroten Mund, der an die Narbe eines Peitschen­hiebes erinnerte. Seine platt geschlagene Nase und die Blumenkohl­ohren zeugten davon, dass er keinem Faustkampf aus dem Wege ging. Die fast schwarzen Augen strömten eine wilde Bosheit aus. Er war ein roher und primitiver Bursche, aufbrausend, ungerecht und egoistisch, der alles kurz und klein schlug, was ihm nicht in den Kram passte.

Die Curreys standen vor dem offenen Sarg mit ihrem toten Bruder. Niemals hätten sie damit gerechnet, ihn so wiederzusehen. Während Jesse und Bill auf ihrer Ranch in der Nähe von San Antonio lebten, streifte Ransom im ganzen Land herum. Eigentlich wollten sie sich an diesem Tag in Deanville treffen, um die Postkutsche von Austin abzupassen, die Lohngelder mitführte. Eine Menge Zaster, den sie kassieren wollten.

Doch das war nun nebensächlich geworden. Sie würden die verfluchte Kutsche im nächsten Monat auch noch ausrauben können. Jetzt ging es darum, Blutrache zu nehmen.

Dass der berüchtigte Menschenjäger Jack Stapp ­Dunlay ihren Bruder aus den Stiefeln geschossen hatte, war ­natürlich Stadtgespräch. Eine Neuigkeit, die schnell bis zu ihnen nach San Antonio gedrungen war.

Jesse und Bill traten einen Schritt näher an die Totenkiste heran, legten die schwieligen Rechten jeweils auf eine Brustseite des Erschossenen. Die Haut unter ihren Fingern war eiskalt.

Wie auf ein Kommando, fast so, als hätten sie es einstudiert, gelobten sie laut und von tiefem Zorn und Hass erfüllt: „Wir werden dich rächen, Bruder!‟

Sekundenlang standen diese Worte in der Luft, schienen greifbar zu sein.

„Wir werden Dunlay bis ans Ende der Welt folgen!‟, ergänzte Bill. In seinem linken Augenwinkel funkelte eine Träne, die er jedoch mit dem behaarten Handrücken schnell wegwischte.

„Gar nichts werdet ihr!‟ Die Stimme war so jäh im Rücken der Curreys erklungen, dass sie unwillkürlich zusammenzuckten. Sie wirbelten herum. Ihre Hände schwebten über den Kolben ihrer Colts, bereit, sofort loszulegen, wenn es sein musste. Doch sie ließen sie wieder sinken, als sie erkannten, wer so unvermittelt durch die offene Schuppentür gekommen war.

Es war Town Marshal Leroy Parker.

Ein breiter, kräftiger und stiernackiger Mann in mittleren Jahren, mit borstigem blondem Haar auf dem klobigen Quadratschädel. Die grünen, frostigen Augen in dem unregelmäßigen Gesicht musterten die Brüder vor sich. In seiner Armbeuge lag eine Schrotflinte mit abgesägtem Lauf. Die beiden schwarzen Mündungslöcher zeigten auf die Curreys. Unter der rechten Hüfte steckte ein großer Colt im Holster.

„Ich will keinen Ärger in meiner Stadt‟, sagte er. Es klang wie das Knurren eines Wolfs. „Was geschehen ist, ist geschehen. Ihr könnt es nicht mehr rückgängig machen!‟

„Erzähl uns keinen Mist, Marshal!‟ Bills Stimme überschlug sich fast vor Geifer. „Dieser verdammte Menschenjäger hat hinterrücks einen unschuldigen Mann abgeknallt! Dafür wird er in der Hölle schmoren!‟

„Es war ein faires Duell, bei dem euer Bruder als Erster nach seinem Eisen griff, nachdem er von J. S. gestellt wurde. Aber er war zu langsam. Das haben Zeugen ausgesagt‟, erwiderte der Sternträger unbeeindruckt. „­Ransom Currey war alles andere als ein Unschuldslamm. Er wurde im ganzen Land wegen Totschlags gesucht. Sogar ein Kopfgeld war auf ihn ausgesetzt. Das wisst ihr doch sicher oder etwa nicht?‟

„Das ist uns egal, Marshal!‟ Jesse Currey war rot angelaufen. „Ganz gleich, was er getan hat und gegen welche verfluchten Gesetze er verstieß – er war unser Fleisch und Blut! Wir werden uns Dunlay vorknöpfen ...‟

Leroy Parker hielt die Schrotflinte plötzlich fest in den Fäusten, den Zeigefinger am Abzug. „Ich sagte schon: Gar nichts werdet ihr! Und nun verschwindet und lasst euch in Deanville nicht mehr blicken, sonst buchte ich euch wegen Stadtfriedensbruch ein!‟

Für einen Moment sah es so aus, als würde der hitzige Bill die Gewehrmündung ignorieren, die auf ihn ­gerichtet war, und zu seinem Schießeisen greifen. Doch dann besann er sich eines Besseren, denn dieses Duell konnte er nicht gewinnen.

Wortlos gingen die Curreys am Town Marshal vorbei, der jede ihrer Bewegungen argwöhnisch beobachtete. Er würde nicht zögern, ihnen ein Fegefeuer aus seiner Kanone entgegenzuschicken, davon waren sie überzeugt. Es war bekannt, dass er ein unbeugsamer Mann war.

An der windschiefen Schuppentür drehte sich Jesse Currey jedoch noch einmal um. „Du kannst nicht verhindern, dass wir nach Dunlay suchen und uns rächen, wenn wir ihn finden!‟ Er fletschte die Zähne. „Das verspreche ich dir im Angesicht meines toten Bruders!‟

*

Der Schuss peitschte wie ein Donnerschlag durch die Stille, schien die Luft für einen Moment zum Zittern zu bringen.

Die Kugel fetzte der Klapperschlange, die sich in Angriffsstellung aufgerichtet hatte, den Kopf vom schuppigen Leib, der noch einige Augenblicke im niedrigen Gras zuckte.

Der Mann mit dem harten, stoppelbärtigen Gesicht, das im Schatten eines flachkronigen Stetsons lag, wandte den Blick von dem Reptil ab, das so jäh vor ihm und seinem Pferd aufgetaucht war. Mit seinen Augen suchte er die nähere Umgebung ab. Schließlich war er nicht weit weg vom berüchtigten Rattlesnake Belt, in dem es von diesen hochgiftigen Kriechtieren nur so wimmelte. Doch er konnte keines mehr entdecken. Auch sein prächtiger schwarzer Hengst, der vor wenigen Sekunden noch vor Schreck auf die Hinterhand gestiegen war, hatte sich beruhigt.

Kane Bronson steckte seinen Peacemaker ins Holster zurück, wischte sich eine Strähne seines dunklen Haares, die unter der Hutkrempe hervorlugte, aus der Stirn. Deutlich war die blassrot schimmernde Messernarbe in seinem Gesicht zu erkennen.

„Siehst du, mein Junge, alles ist in Ordnung!‟ Der Abenteurer tätschelte den schweißnassen Hals seines Rappen.

Kane holte sein Rauchzeug aus der Satteltasche, riss ein Streichholz am Sattelhorn an und hielt es an die Zigarette, bis sie brannte. Als er sich entspannte, spürte er auf einen Schlag die Müdigkeit, die seinen Körper hochkroch. Er entschied sich, in der nächsten Stadt haltzumachen, die auf seinem Weg lag. Das war Deanville im Osten des Burleson County in Texas.

Nach seinem Stopp trieb er seinen Schwarzen an, der gleich darauf in einen scharfen Galopp verfiel. Als ein Flusslauf neben ihm auftauchte, fiel ihm die kürzliche Begegnung mit einer schönen Unbekannten ein. Das war in der Nähe von Sweetwater gewesen, westlich von Abilene, das vor wenigen Jahren als Verpflegungsstation für Büffeljäger gegründet worden war. Genau da, wo es nur karges Land, Felsspalten, Steine, Schlangen und Skorpione gab. Vielleicht noch ein paar Flöhe, die man sich einfangen konnte, aber sonst nichts.

Im Schatten eines Mesquite-Strauches hatte er Rast gemacht. Etwas weiter entfernt von ihm schlängelte sich ein in der Sonne gleißender Flusslauf durch den ausgetrockneten Boden eines malerischen Tals. Und da sah er sie: eine Frau, so schön, dass ihm im wahrsten Sinne des Wortes der Atem stockte!

Nackt, wie Gott sie erschaffen hatte, stand sie im flachen Wasser, um ihre schwarze Haarmähne, die bis zu ihren strammen Pobacken fiel, zu waschen. Ihre makellose Haut schimmerte in einem Bronzeton, der die Sonnenstrahlen reflektierte. Ihre Brüste, rund und fest, wippten bei jeder ihrer Bewegungen.

Die Badenixe, die vielleicht fünfundzwanzig Lenze zählte, war eine Tex-Mex, das erkannte er unschwer an ihrem Teint, ihren tiefdunklen Augen und ihrem rabenschwarzen Haar. In ihr floss das heiße Blut der Mexikaner und das draufgängerische der Texaner. Eine Frau ganz nach seinem Geschmack!

Ab und an warf sie einen kecken Blick über ihre schmale Schulter, sich absolut darüber bewusst, dass sie beobachtet wurde.

Kane hatte dies als stille Aufforderung aufgefasst, und sich leicht aus dem Sattel erhoben, um ihr zu winken. Doch anstatt dies zu erwidern, verließ die Schöne das Wasser und steuerte das nahe Unterholz an, wo ein attraktiver Bursche auf sie wartete, den er bislang nicht gesehen hatte. Mit aller Wahrscheinlichkeit ihr Ehegatte oder ihre Liebschaft, wer wusste das schon zu sagen.

Mit einem tiefen Seufzer verdrängte Kane die Erinnerung, denn nun tauchten die ersten Häuser von Deanville vor ihm auf. Er wusste, dass hier vor wenigen Jahren das Nachschubdepot der Missouri-Kansas-Texas Railroad für ihre Strecke zwischen Fort Worth und Hillsboro errichtet worden war. Trotzdem zählte das Kaff nicht mehr als 200 lausige Köpfe.

Was für ein gottverdammtes Nest!, dachte Kane ­Bronson, als er seinen Rappen in die Main Street lenkte, die von einigen Quergassen unterbrochen wurde. Für die Fußgänger gab es zum Teil überdachte Plankenwege. Die Gebäude waren aus Holz gebaut, meist nur einstöckig und ohne Anstrich.

Alles schien staubig, verwahrlost und trostlos, als wäre hier im sprichwörtlichen Sinne nicht nur ein einzelner Hund, sondern gleich ein ganzes Rudel begraben. Ein Ort für Verlierer, Lebensmüde und Ausgestoßene. Das zumindest war Kanes erster Eindruck.

Letztlich war es ihm aber auch egal. Schließlich legte er in dem Nest nur einen Zwischenstopp auf dem Weg nach San Antonio ein. Dort fand in zwei Tagen ein Rodeo statt. Er wusste um seine Stärken und nahm gern und oft an solchen Veranstaltungen teil. Dort winkte ein Preisgeld von 500 Dollar, das er sich verdienen wollte.

Die Main Street führte zum nördlichen Rand der Stadt, die er nun in entgegengegengesetzter Richtung hinunterritt. Vorbei an einem Barbier, einer Sattlerei, einem kleinen Store für Gemischtwaren, einem Hotel und einem Saloon.

Vor dem Mietstall brachte er den Schwarzen mit einem Zügelruck zum Stehen und glitt aus dem Sattel.

Ein alter knorriger Stallmann mit faltenzerfurchtem und wettergegerbtem Gesicht tauchte auf und nickte ihm zu.

„Prächtiges Tier, das sie da reiten, Mister‟, bemerkte er, nachdem er einen fachmännischen Blick auf den Hengst geworfen hatte. „Dürfte ein paar Hundert Dollar wert sein. Und das ist noch zu wenig!‟ Der Greis kicherte, verstummte aber gleich, als Kane Bronson nichts darauf entgegnete.

„Nun gut, Mister‟, sagte er verunsichert. „Wie viele Nächte?‟

„Eine.‟

„Das kostet Sie ’nen Dollar, Mister. Und zwar im Voraus. Das ist bei Fremden so.‟

Der Mann mit der Messernarbe schnippte dem Stallmann die geforderte Münze zu, die dieser instinktiv auffing.

„Ja, ja, der alte Josh ist zwar halb blind, doch wenn’s um Bucks geht, sieht er wie ein Puma!‟ Wieder fing er an zu kichern und nahm den Schwarzen beim Zügel, um ihn in einer Pferdebox unterzustellen.

„Ist das Lafayette das einzige Hotel in diesem Kaff?‟, fragte Kane.

Josh war von dieser Frage überrascht. „Gütiger Himmel, dachte schon, Sie hab’n ’nen Sprachfehler oder keine Lust zu quatschen, Mister!‟, meinte er. „Yeah, es gibt nur ein Hotel in Deanville. Damit müssen Sie leider vorliebnehmen. Auch wenn der Service und das Essen manchmal besser sein könnten, werden Sie’s mögen, weil Ihnen einfach nichts anderes übrig bleibt!‟ Erneut kicherte der Stallmann. „Und jetzt, da dort auch noch so ein prominenter Gast ist ...‟

„Was redest du da für einen Unsinn?‟

„Nein, nein, ich mein ja auch nicht Sie, sondern den berühmten Jack Stapp Dunlay. Er logiert gerade dort.‟

Kane Bronson zog die Stirn in Falten. Natürlich wusste er von dem berüchtigten Kopfgeldjäger, dessen Ruf ihm durch den Lone Star State und weit darüber hinaus vorauseilte. „Was will Dunlay denn in diesem trostlosen Nest?‟, fragte er neugierig geworden.

„Vor zwei Tagen hat er Ransom Currey fair gestellt, dem er seit Langem auf der Spur war, und hat ihn über den Haufen geschossen! Das war das Aufregendste seit fünf Jahren!‟ Josh kicherte, wandte sich ab und führte den Rappen in den Stallschuppen.

Kane ging zum Hotel hinüber, nahm sich ein Zimmer und wollte sich ein Essen bestellen. Doch leider war die Küche erst in drei Stunden geöffnet. Deshalb schlenderte er zum Saloon mit dem wenig einladenden Namen Fat Ray. Als er die Schwingtür aufstieß und den Gastraum betrat, sah er, dass nur ein einzelner Mann an einem der Dutzend Tische saß. Kurz blickte er mit stechenden Blicken zu ihm auf.

Sägemehl knirschte unter Kanes Stiefelsohlen, als er an ihm vorbei auf die lange Theke zuschritt, hinter der ein Bartender Flaschen in ein Regal einräumte.

„Gibt es hier um diese Zeit etwas zu essen?‟, fragte er ihn.

Der Dicke, der die besten Jahre seines Lebens bereits weit hinter sich gelassen hatte, war auch der Besitzer, wie Kane später erfuhr. Er hieß eigentlich Ray Silver, aber alle hier nannten ihn nur Fat Ray.

„Was solls denn sein, Mister?‟ Seine Stimme war seltsam hoch und passte so gar nicht zu seinem Äußeren.

Kane Bronson blickte von der Theke auf, musterte das dreckige Shirt des Barmanns und sah dann in sein feistes Gesicht. „Zum Teufel, wenn du kochst, dann verzichte ich!‟

Der einzige Gast, der Kane durch den großen Brauerei-Spiegel, der über der Bar hing, beobachtete, fing laut zu lachen an. „Das war gut, Mister!‟, sagte er gleich darauf. „Ich will für den Fettsack hinter dem Tresen zwar keine Werbung machen, aber das Steak, das er mir vorhin servierte, war köstlich!‟

Kane Bronson sah den Barkeeper fest an. Dieser grinste breit. „Nein, Mister. Meine Frau steht in der Küche.‟

„Gut! Dann bring mir ein kühles Bier und ein großes Steak mit Bratkartoffeln.‟ Kane wandte sich ab. In sich hinein grinsend steuerte er einen leeren Tisch an, fest davon überzeugt, dass er nun ein ordentliches Mahl bekam.

„Wollen Sie sich nicht zu mir setzen, Mister?‟ Der einzige Gast deutete einladend mit der Hand auf den Platz neben sich. „Es ist verdammt langweilig hier so ohne Unterhaltung!‟

Kane überlegte kurz und ließ sich dann neben ihm nieder.

„Ich bin J. S. Dunlay‟, stellte sich der Fremde mit dem sichelförmigen Schnauzbart vor.

„Und ich heiße Kane Bronson. Hab schon einiges von Ihnen gehört. Eben erst vom Stallmann‟, erwiderte er knapp, ohne näher darauf einzugehen. Er sah sich den Kopfgeldjäger etwas genauer an. Dieser schien ein Mann zu sein, der eine Bank mit links ausrauben konnte. Und doch vertrat er auf seine Art und Weise das Gesetz. Er machte den Eindruck eines harten Kämpfers, der jedoch einsam und verloren wirkte.

„Bronson?‟, fragte dieser misstrauisch. „Bist du etwa mit jenen Bastarden verwandt, die vor vier Jahren drüben in Laredo eine Bank überfallen und auf der Flucht eine ganze Familie abgeknallt haben?‟

„Diesen einen Joke lasse ich dir noch mal durch­gehen, Dunlay. Beim nächsten brennt die Luft! Mit diesen Schlächtern habe ich nichts zu tun‟, sagte er ruhig.

„Sorry, Bronson!‟, meinte der Kopfgeldjäger versöhnlich und in vertraulichem Ton. „Ich wollte dich nicht beleidigen!‟

Weiter kam der Mann mit dem Sichelbart nicht. Durch die Schwingtür trat Town Marshal Leroy Parker in den Saloon und steuerte schnurstracks auf sie zu. Vor dem Tisch verharrte er, nickte Kane beiläufig zu und wandte sich an Dunlay: „Jesse und Bill Currey suchen nach Ihnen. Sie wollen Rache, weil Sie ihren Bruder ­Ransom erledigten. Ich habe sie der Stadt verwiesen. Aber sie werden wiederkommen, und vielleicht kann ich dann Schlimmeres nicht mehr verhindern. Seien Sie also auf der Hut!‟

„Danke, Marshal. Doch Sie wissen genau, dass ich auf die von Ihnen veranlasste Geldanweisung der mir zustehenden Kopfprämie warte. Ist sie bei der Bank noch nicht eingegangen?‟

Der kräftige, stiernackige Sternträger schüttelte den Kopf. „Ich denke, es dauert bis morgen.‟

„Sobald ich das Geld habe, bin ich weg, damit Sie keinen Ärger in der Stadt bekommen. Das verspreche ich Ihnen. Ohnehin werden die Curreys nicht so schnell hier auftauchen.‟

„Wenn Sie sich da nur nicht täuschen, Dunlay! Die Brüder schicken bestimmt keinen anderen her, um ­Ransoms Leiche abzuholen, um ihn in der heimatlichen Erde in San Antonio beerdigen zu können.‟

Mit diesen Worten drehte sich Leroy Parker um und verließ die Trinkhalle wieder. Nicht ohne Kane Bronson, der der Unterhaltung schweigend gefolgt war, noch einen prüfenden Blick zuzuwerfen.

*

„Ich werde den Mörder finden, der unseren Bruder erschossen hat. Dann gnade ihm Gott!‟ Der massige Mann stieß diese Drohung so scharf durch seine Zähne, dass Speichel von seinen Lippen troff. Mit fast irrem Blick starrte William Bill Currey seinen Bruder an, der neben ihm auf der Veranda des langen Haupthauses saß. Das Vordach schützte sie vor den sengenden Strahlen der Mittagssonne.

Die Currey-Ranch östlich von San Antonio besaß ein Dutzend Corrals auf den riesigen Weidekoppeln. Ebenso Grenz- und Weidehütten sowie ein Camp für die Brennmannschaft. Sie hielt mehr als 10.000 Rinder und 1.000 Pferde. Die Erde war fruchtbar. Für diese Region durchaus nicht selbstverständlich. Das Gras war von jener bläulichen Farbe, die den Gehalt von Mineralien verriet. Durch das Land schlängelte sich ein wasserreicher Creek, der selbst in den trockensten Sommern oder gar bei lang anhaltenden Dürreperioden nie ganz austrocknete.

All das war das Vermächtnis von Tim und Jane ­Currey, hart arbeitenden irischen Einwanderern, die vor vier Jahren bei einem Kutschenunfall ums Leben gekommen waren. Ihre Mutter hatte hinter dem Haupthaus sogar einen Garten angelegt, Hühner, Enten und Gänse gehalten. Sofort nach dem Unglück allerdings hatten ihre Söhne die Grünfläche mit den bunten Blumen umgepflügt und das Federvieh geschlachtet.

In den Gedanken von Jesse und Bill gab es ohnehin keinen Platz für sentimentale Erinnerungen. Genauso wenig wie für den Herrgott, an den ihre Mutter so fanatisch geglaubt hatte. Höchstens für den Teufel, der ihnen in seinem Wesen gewiss näherstand. Seit der Tragödie waren die Brüder noch härter, rücksichtsloser und bösartiger geworden.

Nun führte Jesse Currey das Regiment. Als Ältester war er das neue Oberhaupt der Familie. Nicht nur seine Geschwister, sondern auch die Ranchmannschaft hörten auf ihn. Nicht zuletzt, weil sie seine Unberechenbarkeit und seine Grausamkeit fürchteten. Er war weitaus schlimmer als Bill. Dieser fiel zwar immer wieder wegen seines Jähzorns, seiner Wutausbrüche und seiner körperlichen Stärke aus dem Rahmen, ließ es aber dabei bewenden. Jesse hingegen war nachtragend, kannte keine Skrupel und machte so lange weiter, bis der andere vor ihm zu Kreuze kroch oder tot vor ihm lag. Er schien geradezu beseelt von wilden Gefühlen und bösen Instinkten.

„Normalerweise bist du ein hirnloser Idiot, der außer Muskelkraft und Schießerqualitäten nichts auf die Reihe bringt!‟, meinte Jesse Currey so ungerührt, als würde er zu seinem Gaul sprechen. „Allerdings hast du in diesem Fall recht! Wir kaufen uns den Menschenjäger, der Ransom wie eine Ratte abgeknallt hat. Und zwar am besten, bevor er sich aus dem Staub macht.‟

Ausgerechnet Ransom, dachte Jesse im Stillen für sich. Dieser hatte fast genauso viel Grips wie er selbst besessen. Ihm wäre es lieber, dass an seiner Stelle Bill in der Totenkiste liegen würde. Gewiss, auch er war sein Bruder, aber von allen drei bei Weitem der einfältigste. Mit ihm war nichts anzufangen, außer es ging um Gewalt und Verdruss.

Jesse erhob sich aus dem Schaukelstuhl, der nun herrenlos hin und her wippte, stellte sich an das Holz­geländer der Veranda und ließ seinen Blick über die angrenzende Weide schweifen. Dann wandte er sich zu Bill um. „Sattle die Pferde! Wir reiten nach Deanville, ganz egal, ob wir einen Stadtverweis haben oder nicht!‟

Der Angesprochene stand nun ebenfalls auf. Er sah auf seinen älteren und klügeren Bruder hinab. „Sollen wir ein paar Männer mitnehmen? Der Marshal macht nicht den Eindruck, als hätten wir leichtes Spiel mit ihm, wenn er uns in die Quere kommt!‟

Jesse Currey starrte für einen Moment auf den Dielenboden, spuckte aus und meinte: „Wir sollten so wenig Aufsehen wie möglich erregen. Zudem sind wir Manns genug, es notfalls allein mit dem Sternträger und dem Kopfgeldjäger aufzunehmen. Wir müssen uns ja nicht offen stellen. Du weißt, was ich meine!‟

Für einen Augenblick schien es so, als ratterte es in Bills Schädel. Dann nickte er. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie jemanden hinterrücks erledigten.

*

Als Fat Ray ihm den Teller mit dem Steak und den Bratkartoffeln brachte, meinte Kane Bronson todernst: „Verflucht, das Fleisch ist voller Kopfschuppen! Nun werde ich dir eine Lektion erteilen!‟

Der Dicke wurde bleich wie Kalk, stammelte irgendetwas Unverständliches und beruhigte sich erst, als der Gast mit einem breiten Grinsen einen Bissen hinunterschluckte. Er musste zugestehen, dass J. S. Dunlay, der den Saloon bereits verlassen hatte, ihm keinen Bären aufgebunden hatte: Das Steak war ausgezeichnet, das Fleisch weich, fein und halb blutig. Genau so, wie er es mochte. Die Frau des Barkeepers hatte sich mächtig ins Zeug gelegt.

Nach einer Weile schob Kane den leeren Teller von sich, wischte sich mit dem Handrücken über die Lippen und trank sein Bierglas aus. Er fühlte sich satt und zufrieden, spürte nun, da der Magen voll war, wie die Müdigkeit mit einem Schlag zurückkam. Er wollte sich noch eine Zigarette gönnen, bevor er sich im Hotel aufs Ohr legte.

Kane fischte eine aus seiner Hemdtasche, entfachte ein Streichholz, hielt es an den Tabak, bis er zu glimmen begann, und sog tief den Rauch in die Lungen. Er dachte an J. S. Dunlay, an die Worte des Marshals und an das Rodeo in San Antonio, als er das Knarren der Schwingtür und die sporenklirrenden Schritte zweier Personen vernahm. Durch den dichten Qualm erkannte er, dass es sich keineswegs um Cowboys handelte, wie er angenommen hatte, sondern um zwei Frauen.

Und was für welche!

Beide waren Mitte zwanzig, waren in jenem Alter, das zwischen blutjung und reif lag, mit all seinen Reizen und Vorzügen, die einem Mann gefielen. Mittelgroß und schlank von der Statur, gesegnet mit allen körperlichen Vorzügen, mit denen die Natur attraktive Frauen ausstattete. Eine hatte blondes, fast honiggelbes Haar, die andere so pechschwarzes, dass es bläulich schimmerte.

Beim ersten Blick hätte man meinen können, sie wären Zwillingsschwestern. Wenn man jedoch näher hinsah, erkannte man die feinen Unterschiede in ihren perfekt geschnittenen Gesichtern.

Die Augen der Blonden waren etwas schmaler, funkelten so blau wie Bergkristalle, auf die Sonnenstrahlen fielen. Die der Schwarzhaarigen besaßen die Farbe von Seetang an der kalifornischen Küste; hellgrün, das, je länger man hineinschaute, immer dunkler wurde. Die Nasen über ihren vollen, roten Lippen waren wie aus einem Guss, lang und gerade, als stammten sie von griechischen Statuen. Und als sie jetzt Kane zulächelten, dem einzigen Gast im Saloon, entblößten sie Zähne, so weiß wie frisches Orangenmark und schimmernd wie Porzellan.

Ihre gertenschlanken, wohlproportionierten Körper steckten in engen Reitblusen und ebenso engen staubigen Jeans. Nur die Revolver, die in Holstern an ihren schmalen Hüften baumelten, störten den wahrhaft himmlischen Anblick dieser Engel und ermahnten zur Vorsicht.

Kane Bronson, der, was Frauen anbelangte, alles andere als ein Kostverächter war, war hin und weg. Als er ihren kecken Blick erwiderte, spürte er ein plötzliches körperliches Verlangen, als würde in seinem Unterleib ein unsichtbares Feuer entfacht. Er wollte diese Frauen kennenlernen. Selbst wenn sie pures Unheil für ihn bedeuteten.

Viel musste er allerdings nicht dafür tun, denn die beiden Damen hielten direkt auf ihn zu und blieben vor seinem Tisch stehen. So als hätten sie seinen hungrigen Schakalblick auf ihrer schweißglänzenden Haut gespürt.

„Ich bin Pearl‟, stellte sich die Blonde mit einer hellen, weichen Stimme völlig ungeniert vor, zeigte dann auf die Schwarzhaarige neben sich. „Und das ist meine Schwester Belle.‟

Kane erhob sich. Die Zigarette klemmte zwischen seinen Lippen, die er nun herausnahm. „Ich bin Kane Bronson. Freut mich, eure Bekanntschaft zu machen. So bekommt dieses trostlose Kaff doch noch etwas Farbe. Wollt ihr euch nicht setzen?‟

Die Frauen wechselten einen schnellen Blick miteinander, der wohl Einverständnis signalisierte, und kamen der Einladung nach. Sie nahmen Kane in die Mitte. Als der dicke Bartender angewackelt kam, dem beinahe die Augen bei diesen Damen herausfielen, bestellten sie zwei Whiskey.

„Schon harte Drinks um diese Zeit?‟, wunderte sich Kane, dem die beiden so schön wie rätselhaft vorkamen.

„Hast du was dagegen, Cowboy?‟ Pearl knuffte ihn mit ihrem spitzen Ellbogen von links in die Seite und lächelte wieder ihr bezauberndes Lächeln.

„Wohnt ihr etwa hier?‟, ignorierte der Mann mit der Messernarbe diese Annäherung, obwohl er sie im Stillen guthieß.

Belle, rechts von ihm, schüttelte den Kopf. „Ganz gewiss nicht! Hier kannst du dir vor Langeweile nur eine Kugel in den Schädel pusten!‟