Wie angelt man sich einen Milliardär - Miranda Lee - E-Book

Wie angelt man sich einen Milliardär E-Book

Miranda Lee

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Beschreibung

Zwölf Monate - länger bleibt Milliardär Warwick Kincaid grundsätzlich nie mit iner Frau zusammen. Das weiß Amber genau, als sie sich auf eine stürmische Affäre mit ihm einlässt. Aber sie ahnt nicht, welch herzzerreißenden Grund ihr Geliebter dafür hat…

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Seitenzahl: 168

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IMPRESSUM

Wie angelt man sich einen Milliardär erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2011 by Miranda Lee Originaltitel: „Not a Marrying Man“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRABand 341 - 2012 by CORA Verlag GmbH, Hamburg Übersetzung: Alexa Christ

Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format in 06/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733778071

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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1. KAPITEL

Juli, zehn Monate später …

Amber biss die Zähne zusammen, während sie ihr Handy erneut auf Nachrichten untersuchte. Immer noch nichts von Warwick. Sie tippte seine Handynummer ein und hörte zum tausendsten Mal, dass er zurzeit nicht erreichbar sei. Sie hinterließ keine Nachricht. Wozu? Immerhin hatte sie ihm bereits dreimal auf die Mailbox gesprochen – jedes Mal ein bisschen frustrierter als zuvor.

Als sie vorgeschlagen hatte, zu Hause ein romantisches Dinner zu zweit einzunehmen, anstatt wieder in ein Restaurant essen zu gehen, da hatte Warwick versprochen, bis halb acht daheim zu sein. Doch dann kam seine SMS kurz vor sechs, dass er aufgehalten worden sei und ein bisschen später käme, vielleicht so gegen acht.

Jetzt war es beinahe neun und weit und breit nichts von ihm zu sehen. Er hatte sich nicht noch mal gemeldet.

„Du wirst doch wohl eine Minute Zeit haben, um mich kurz anzurufen“, murmelte Amber vor sich hin, während sie in die Küche zurückkehrte, ihr Handy auf die schwarze Granit-Arbeitsfläche knallte und dann den Ofen abschaltete, in dem sie das bereits halb verkochte Boeuf Stroganoff warm hielt.

Wenigstens hatte sie den Reis noch nicht gekocht. Vielleicht konnte sie das Essen ja doch noch retten. Auch wenn ihr längst der Appetit vergangen war.

Verärgert öffnete sie den schicken Stahlkühlschrank und griff nach der Flasche neuseeländischen Sauvignon Blanc, der zu ihrem Lieblingswein geworden war. Sie schenkte sich ein großzügiges Glas ein. Daran nippend verließ sie die Küche, durchquerte das elegant gedeckte Esszimmer und trat auf den riesigen Balkon, der einen fantastischen Blick über den Hafen von Sydney bot. Dummerweise war es eisig kalt draußen, und die steife Brise, die vom Wasser herüberwehte, zerzauste Ambers langes Haar. Schließlich wandte sie sich ab, kehrte in die wohlig warme Wohnung zurück und zog die Glastür fest zu. Für einen Moment hatte sie vergessen, dass es Winter war, denn Warwick sorgte dafür, dass in dem Apartment immer eine angenehme Temperatur herrschte.

Rasch stellte sie das Glas ab und ging in das cremefarbene Marmorbad hinüber, das sich an das gemeinsame Schlafzimmer anschloss. Dort nahm sie eine Bürste aus der Schublade und begann, ihr Haar zu bürsten.

Es dauerte nicht lang, bis sie wieder Ordnung in ihre Frisur gebracht hatte, die ohnehin völlig unkompliziert war, da sie langes, glattes und dichtes Haar besaß.

Ihre aufgebrachte Stimmung ließ sich jedoch nicht so leicht besänftigen.

Amber konnte sich noch gut daran erinnern, wie sie das erste Mal an genau dieser Stelle gestanden und in diesen Spiegel geschaut hatte. Ihre Augen hatten vor Aufregung gefunkelt. Es war der Abend gewesen, an dem sie mit Warwick zum Dinner gegangen war, die Nacht, in der sich ihr Leben für immer veränderte …

Zunächst hatte er sie in ein Sterne-Restaurant ausgeführt, wo er sie nicht nur mit exquisitem Essen und hervorragendem Wein beeindruckte, sondern auch mit äußerst unterhaltsamer Konversation. Für ein fünfundzwanzigjähriges Mädchen, das Australien nur für Familienurlaube auf Bali und den Fidschi-Inseln verlassen hatte, war es unmöglich, nicht von diesem Mann beeindruckt zu sein, der schon überall gewesen war und alles ausprobiert hatte. Unmöglich, sich nicht geschmeichelt zu fühlen durch die Tatsache, dass dieser ebenso intelligente wie wohlhabende Mann sich für jemanden wie sie interessierte: Amber Roberts, Rezeptionistin.

Als sie am darauf folgenden Morgen in seinem Bett aufwachte, fürchtete sie, dass es nun vorbei wäre. Ganz sicher würde er zu ihr sagen: Hasta la vista, Baby.

Doch stattdessen zog er sie an sich, flüsterte ihr zu, dass er verrückt nach ihr sei, und fragte sie, ob sie seine Freundin werden wolle. Nicht etwa in einer völlig unverbindlichen Beziehung. Er wollte, dass sie bei ihm einzog, mit ihm reiste, die ganze Zeit mit ihm zusammen war. Natürlich wäre sie nicht in der Lage zu arbeiten. Sie musste jederzeit bereit sein, ihn auf Geheiß zu begleiten. Und er reiste eine ganze Menge – sowohl geschäftlich wie privat.

Sie wollte bereits blind zusagen, als er die Bedingungen der Beziehung, die er vorschlug, näher erläuterte.

„Komm nicht auf falsche Ideen“, warnte er sie. „Ich habe mit Heirat und Kinderkriegen nichts am Hut. Und ich führe auch keine Beziehung, die auf immer und ewig ausgerichtet ist. Ich langweile mich schnell. Zwölf Monate sind normalerweise meine Obergrenze, wenn es um Frauen geht. Obwohl ich bei dir, meine zauberhafte Amber, vielleicht eine Ausnahme machen könnte. Du hast etwas an dir, was ich einfach unwiderstehlich finde. Also, was sagst du, meine Schöne? Willst du die Kincaid-Achterbahnfahrt mitmachen, oder nicht?“

Sie hätte Nein sagen sollen. Das bisschen verführerische Schmeichelei konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich um einen abscheulichen und völlig selbstsüchtigen Vorschlag handelte. Doch wie sollte eine Frau Nein sagen zu dem, was sie in der vorangegangenen Nacht erfahren hatte? Amber hatte noch nie eine solche Erregung, geschweige denn eine solche Befriedigung erlebt. Warwicks Liebesspiel war einfach atemberaubend.

Natürlich hatte sie Ja gesagt, und nun waren zehn Monate vergangen, und sie war immer noch seine Freundin. Oder seine Mätresse, wie Tante Kate sie bissig genannt hatte.

Doch wie lange noch?

Während Amber blicklos in den Spiegel sah, gestand sie sich ein, dass Warwick sie nun schon zum dritten Mal versetzte. Vor ein paar Wochen hatte er einen Wochenendtrip ins Hunter Valley abgesagt, auf den sie sich sehr gefreut hatte, um stattdessen mit zweien seiner Geschäftspartner nach Neuseeland zu jetten und Heliskiing auszuprobieren. Doch in ihren Augen war sein schlimmster Fehltritt die Tatsache, dass er sich vergangene Woche geweigert hatte, sie zu Tante Kates Beerdigung zu begleiten. Er behauptete, an diesem Tag wichtige Geschäfte erledigen zu müssen, und dann machte er es noch schlimmer, indem er sagte, die alte Schachtel habe ihn ohnehin nicht leiden können und er sie auch nicht!

Was völlig an der Sache vorbeiging. Amber hatte Kate sehr gemocht und war furchtbar traurig gewesen, als ihre Tante völlig überraschend an einem Schlaganfall gestorben war. Immerhin war sie erst zweiundsiebzig gewesen, also nicht uralt.

Amber fand es furchtbar, allein in der Kirche zu sitzen und dann auch noch Warwicks Abwesenheit verteidigen zu müssen. Ihre Beziehung zu ihm hatte ohnehin schon eine gewisse Entfremdung von ihrer Familie bewirkt. Und ihre Eltern und Brüder hatten völlig recht. Er hätte sie begleiten müssen.

Als Amber nach der Beerdigung nach Hause kam, war sie nicht in der Lage, ihren Zorn zu unterdrücken. Sie sagte Warwick sehr deutlich, was sie von seinem mangelnden Feingefühl hielt, ehe sie davonstürmte und in einem der beiden Gästezimmer übernachtete.

Halb erwartete sie, dass er kommen und sie überreden würde, in sein Schlafzimmer zurückzukehren. Doch das tat er nicht. Genau genommen, hatten sie seitdem nicht mehr miteinander geschlafen, was mehr als ungewöhnlich war. Wenn Warwick Sex wollte, konnte er ganz schön rücksichtslos sein.

Ganz offensichtlich hatte er in der vergangenen Woche keinen Sex gewollt. Doch sie wünschte sich, dass er ihn wollte. Sie wünschte sich, dass er sie wollte.

Mittlerweile war Amber klar, dass sie etwas tun musste, um ihre wachsende Furcht zu bekämpfen, er könne genug von ihr haben. Ihren Vorschlag an diesem Morgen beim Frühstück, ein Dinner zu Hause bei Kerzenlicht zu veranstalten, schien Warwick gut aufgenommen zu haben. An der Haustür gab er ihr einen langen, innigen Kuss, ehe er sich verabschiedete, um sich seinem neuesten Projekt zu widmen.

Natürlich brauchte sie mehrere Stunden, um sich auf den vor ihr liegenden Abend vorzubereiten. Zuerst ging sie zum Friseur, dann kaufte sie sich ein neues Kleid – etwas ganz besonders Feminines. Als das erledigt war, besorgte sie die nötigen Lebensmittel, deckte den Tisch und machte sich hübsch.

Oh ja, dachte Amber kläglich, während sie immer noch ihr Spiegelbild begutachtete. Sie hatte Stunden auf ihre äußere Erscheinung verwandt, um sicherzugehen, dass sie genauso aussah, wie Warwick es mochte.

Oberflächlich betrachtet hatte sich ihr Aussehen kaum verändert, seit sie Warwick begegnet war. Sie trug immer noch dieselbe Frisur, auch wenn sie Warwicks Bitte nachgegeben hatte, ihren Honigton in ein kühles, helles Blond zu verwandeln. Es sah tatsächlich eleganter aus. Ihre Augenbrauen waren feiner gezupft, und das Make-up, das sie benutzte, kostete eine Menge Geld.

Ihre Figur war dieselbe geblieben – das ganze Restaurantessen glich sie mit längeren Trainingseinheiten im Fitnessstudio aus. Sie war etwas größer als der Durchschnitt, verfügte über einen von Natur aus schlanken Körper, der dennoch genug Kurven besaß, um männliches Interesse zu wecken.

Natürlich hatte sich ihre Garderobe drastisch verändert. Warwick bestand darauf, dass er sie auf die Art und Weise kleiden durfte, wie es einer Frau von ihrer „exquisiten Schönheit“ zustand. Amber besaß daher einen begehbaren Kleiderschrank voller Designer-Stücke – für jeden Anlass fand sich darin das richtige Outfit.

Allerdings nichts, das zu übertrieben sexy gewesen wäre. Die Kunst der Verführung war die Verhüllung, nicht das Zurschaustellen, fand Warwick. Wenn Amber daran dachte, was sich unter ihrem anschmiegsamen Orsini-Kleid befand, erschauerte sie …

Das lang ersehnte Klingeln ihres Handys sorgte dafür, dass sie die Haarbürste zur Seite warf und rasch in die Küche zurückeilte. Dabei wünschte sie, die Räume in diesem Apartment wären nicht ganz so groß. Als sie das Handy endlich in Händen hielt, sagte sie atemlos: „Gott sei Dank, hast du noch nicht aufgelegt.“

„Ähm … hier ist Mum, Amber. Nicht … derjenige, für den du mich gehalten hast.“

Amber unterdrückte nur mit Mühe ein verzweifeltes Stöhnen. Gott sei Dank hatte ihr Handy eine Anklopffunktion, sonst wäre sie verrückt geworden, ausgerechnet in der Situation, in der sie auf eine Nachricht von Warwick wartete, mit ihrer Mutter telefonieren zu müssen.

„Hi, Mum“, grüßte sie ruhiger, als sie sich fühlte. „Was gibt’s?“

In letzter Zeit meldete sich ihre Mutter nur noch selten bei ihr. Ihre Beziehung hatte gelitten, seit Amber verkündet hatte, dass sie ihren Job aufgegeben habe, nur um mit Cory Schluss zu machen und bei ihrem millionenschweren Boss einzuziehen.

Amber konnte ja durchaus verstehen, warum ihre Familie ihr Tun nicht guthieß. Sie hatte längstens aufgehört, sich dafür rechtfertigen zu wollen. Schließlich gab es keine Rechtfertigung. Sie konnte nicht mal Liebe als Entschuldigung anführen. Damals war noch keine Liebe im Spiel gewesen, nur Lust.

Im Laufe der Zeit hatte sich das geändert. Die Realisierung ihrer wahren Gefühle war wie ein Blitzschlag über sie gekommen. Im vergangenen Sommer hatte sie ein Wochenende mit Warwick in einem Resort in North Queensland verbracht, als Warwick auf die verrückte Idee kam, einen Bungee-Sprung auszuprobieren. Sie selbst hatte sich geweigert, mitzumachen, war aber mitgegangen, um zuzuschauen. Mittlerweile wusste sie, dass sie ihre Nerven besser im Griff hatte, wenn sie Warwick bei seinen aufregenden Aktivitäten begleitete, anstatt zurückzubleiben und sich Sorgen zu machen. Doch irgendetwas war mit der Länge des Seils schiefgelaufen, und er wäre beinahe mit dem Kopf auf den Felsen unter ihm aufgeschlagen. Im ersten Moment war Amber das Herz stehen geblieben. Sie war genauso entsetzt über seinen beinahe tödlichen Unfall wie über die Erkenntnis, dass sie ihn liebte.

Ja, sie liebte ihn. Uneingeschränkt und bedingungslos.

Natürlich verriet sie Warwick nichts davon, denn er hatte gleich zu Beginn deutlich gemacht, dass Liebe genauso wenig auf seiner Agenda stand wie Heirat und Kinder. Insgeheim hatte Amber jedoch – wie jede Frau – zu hoffen begonnen, dass sie die große Ausnahme von der Regel sein könnte; dass er eines Tages erkennen würde, wie innig seine Liebe für sie war und dass er nicht ohne sie leben konnte. Diese Hoffnung erlosch allerdings zusehends.

„Es ist etwas Merkwürdiges geschehen in Bezug auf Kates Testament“, durchbrach ihre Mutter ihre Gedanken.

„Oh? Was? Sie hat doch alles Dad vermacht, oder nicht?“

Wem sonst? Tante Kate war eine alte Jungfer gewesen und die einzige Schwester von Ambers Vater.

„In ihrem alten Testament war es so, aber es scheint, als hätte sie ein neues gemacht, das diese beiden Freunde von ihr bezeugt haben. Max und Tara Richmond. Du weißt doch, wen ich meine?“

„Ja, natürlich.“ Amber war den Richmonds Weihnachten vor zwei Jahren zum ersten Mal begegnet, als ihre Tante Kate zu einem großen Feiertagsessen eingeladen hatte.

Max Richmond war der Besitzer einer internationalen Luxushotelkette, darunter das Regency Royale in Sydney. Doch nachdem er geheiratet hatte, hatte er sich an der Central Coast halb zur Ruhe gesetzt. Er und seine Frau waren gute Freunde ihrer Tante Kate, ein glamourös wirkendes Paar mit zwei erstaunlich wohlerzogenen Kindern.

Amber erinnerte sich, dass sie bereits mehr als einmal gedacht hatte, was für eine perfekte Familie die vier abgaben.

„Vielleicht ist dir aufgefallen“, fuhr ihre Mutter fort, „dass die Richmonds letzte Woche nicht bei Kates Beerdigung waren.“

„Nein, das ist mir nicht aufgefallen“, erwiderte Amber. Sie war zu aufgewühlt gewesen, um sonderlich viel zu bemerken.

„Als Kate starb, haben sie sich in Übersee aufgehalten. Sie haben erst gestern bei ihrer Rückkehr von Kates Tod erfahren. Wie auch immer – sie haben sich sofort mit uns in Verbindung gesetzt, weil sie im Besitz eines neuen Testaments sind, das Kate kurz nach Ostern verfasst hat. Darin vermacht sie ihre Lebensversicherung deinem Vater, aber ihr Haus geht an dich.“

„Was? Aber das ist nicht richtig. Das verdiene ich nicht!“

„Ob du es verdienst oder nicht, ist nicht der springende Punkt“, entgegnete ihre Mutter mit einer gewissen Schärfe. „Kates Bed-and-Breakfast-Pension gehört jetzt rechtmäßig dir.“

Amber blinzelte vor Schock. Das B & B ihrer Tante lag nur einen Steinwurf von Wamberal Beach entfernt. Im Sommer war es eine der beliebtesten Urlaubsgegenden. Das Haus war sicherlich fast eine Million Dollar wert.

„Was denkt Dad darüber?“, fragte sie besorgt. „Ist er sauer?“

„Er war es zuerst. Nicht, weil er das Haus selbst will. Wie du weißt, läuft unser Gartenbaucenter sehr gut – wir brauchen kein Geld. Aber wir fanden beide, dass Tom und Tim ebenfalls hätten bedacht werden sollen. Als dein Vater allerdings mit ihnen gesprochen hat, stellte sich heraus, dass es ihnen gar nichts ausmacht. Sie scheinen sich für dich zu freuen. Sie sagten beide, dass sie Kate nicht so nahe gestanden hätten wie du. Natürlich haben meine Jungs beide gute Jobs“, fügte ihre Mutter stolz hinzu. „Sie brauchen keine Hilfe. Im Gegensatz zu dir.“

„Was meinst du damit?“, fauchte Amber, die es verletzte, mit welchem Stolz ihre Mutter von Tom und Tim sprach. Doreen Roberts gehörte zu den Frauen, die völlig in ihre Söhne vernarrt war und ihre Tochter weitgehend ignorierte. Ambers Vater war ganz genauso. Kein Wunder, dass Ambers einziger Ehrgeiz im Leben darin bestanden hatte, ihr Zuhause so schnell wie möglich zu verlassen und eine eigene Familie zu gründen, in der die Liebe gleichmäßig verteilt war.

„Wir machen uns alle Sorgen um dich, Amber, seit du mit diesem herzlosen Mann zusammenlebst. Kate war ganz besonders besorgt. Wahrscheinlich wusste sie, dass sie nicht mehr allzu lang zu leben hatte, und änderte ihr Testament, um dir quasi einen Rettungsanker zuzuwerfen. Zumindest wirst du ein Heim und einen Job haben, wenn dieser Mann mit dir fertig ist. Wenn man den Gerüchten glauben darf, müsste das jetzt sehr bald der Fall sein.“

„Was weißt du denn schon?“, versetzte Amber ohne nachzudenken.

„Da täuschst du dich, meine Liebe. Ich weiß eine ganze Menge über Warwick Kincaid, und nichts davon ist schmeichelhaft. Er mag ja ein erfolgreicher Geschäftsmann sein, aber sein Privatleben steht auf einem anderen Blatt. Wie der Vater so der Sohn.“

„Was soll das heißen?“

„Sein Vater war ein notorischer Schwerenöter, der sich erhängt hat, nachdem er mehrere Millionen im Casino verloren hatte.“

Amber war wirklich geschockt. Warwick hatte ihr zwar erzählt, dass sein Vater ganz plötzlich mit einundfünfzig verstorben war, aber sie war wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass er einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten hatte. Warwick hatte nichts von einem Selbstmord erwähnt.

„Seine Frau ließ sich, kurz nachdem ihr einziges Kind geboren worden war, von ihm scheiden“, sprach ihre Mutter weiter. „Der Preis für ihre Unabhängigkeit war, dass sie das Sorgerecht für ihren Sohn aufgeben musste. Zu dem Zeitpunkt war James Kincaid einer der reichsten Banker Englands, mit einer Menge Macht und Einfluss. Du kannst alles im Internet nachlesen, wenn du möchtest.“

„Das muss ich nicht, Mum. Ich weiß alles über Warwicks familiären Hintergrund.“ Was eine Übertreibung allererster Güte war. Warwick lebte ausschließlich im Hier und Jetzt. Über seine Vergangenheit redete er nur äußerst selten.

„Dann weißt du sicherlich, dass dein Freund ebenfalls ein Womanizer ist“, stichelte ihre Mutter weiter. „In jedem Land, in dem er gelebt hat, hinterlässt er eine Geliebte. Es ist jedes Jahr ein anderes Land: Frankreich, Spanien, Italien, Türkei, Ägypten, Indien, China, Vietnam … und nun Australien. Nächstes Jahr fliegt er vermutlich nach Neuseeland rüber, dann nach Amerika. Er ist ein Abenteurer, Amber. Und ein Spieler, genau wie sein Vater. Er spielt vielleicht nicht mit Karten oder Roulette, aber mit seinem Leben. Er tut gefährliche Dinge.“

„Ja, das weiß ich, Mum“, sagte Amber kläglich. Bungee-Jumping und Heliskiing waren nicht die einzigen nervenaufreibenden Hobbys, denen ihr Lover nachging. Warwick fuhr unheimlich gern schnelle Autos und Boote. Ihm gefiel alles, was mit Geschwindigkeit und Risiko zu tun hatte. „Bitte, können wir dieses Gespräch jetzt beenden? Du erzählst mir nichts, was ich nicht schon weiß.“ Also gut, sie besaß jetzt die genaue Auflistung seines vergangenen Liebeslebens, doch sie war gleich zu Beginn gewarnt worden, was seinen Ruf als Herzensbrecher anging – sowohl von Jill als auch von Warwick selbst.

„Und trotzdem bleibst du bei ihm“, warf ihre Mutter ihr vor.

„Ich liebe ihn, Mum.“

Es war das erste Mal, dass Amber die Worte einem Dritten gegenüber aussprach.

„Das bezweifle ich stark“, entgegnete ihre Mutter harsch. „Sein Aussehen und sein Lebensstil haben dir nur den Verstand vernebelt.“

„Das stimmt nicht, Mum. Ich liebe ihn“, beharrte Amber vehement. „Und ich werde ihn nicht verlassen. Nicht, solange er mich nicht darum bittet.“

Ihre Mutter seufzte. „Dann gibt es zu diesem Punkt nichts mehr zu sagen. Was willst du jetzt mit Kates Haus machen? Du kannst es nicht ewig leer stehen lassen. Du musst etwas damit tun.“

„Könnte ich es einfach vermieten, was denkst du? Ich meine … als Ferienhaus?“ Sie wollte es nicht verkaufen. Nicht sofort.

„Ich schätze schon. Aber du musst einen zuverlässigen Makler finden. Und zwar bald. Du trägst jetzt die Verantwortung für das Haus.“

Ambers Herz machte einen Satz, als sie das vertraute Öffnen der Eingangstür hörte. Warwick war endlich zu Hause. Gott sei Dank! Sie hatte schon an einen Unfall oder Schlimmeres gedacht.

„Mum, tut mir leid, ich muss jetzt Schluss machen. Morgen komme ich vorbei und hole die Schlüssel ab. Bist du zu Hause?“

„Ja. Aber nur bis zwölf. Um halb eins habe ich einen Friseurtermin.“

„Ich bin vorher da. Bye.“

Amber warf das Handy wieder auf die Arbeitsfläche und eilte aus der Küche. Ihr Herz pochte wie verrückt – halb vor Erregung, halb vor Zorn.

Allein sein Anblick genügte, um ihre Emotionen mehr in Richtung Erregung ausschlagen zu lassen. Warwick war immer noch der attraktivste Mann, den sie je gesehen hatte. Er verfügte über ein sehr maskulines Gesicht, sexy blaue Augen und einen verdammt sinnlichen Mund. Das in Kombination mit einem atemberaubenden Körper und einem distinguierten englischen Akzent, und James Bond konnte einpacken.

Es erforderte Mut, Warwick zur Rede zu stellen, selbst wenn es sich nur um seine Unpünktlichkeit handelte. Normalerweise sah Amber sie ihm immer nach.

Doch diesmal nicht.

„Wo in aller Welt bist du gewesen?“, fuhr sie ihn an. „Du wusstest, dass ich heute Abend ein spezielles Dinner kochen wollte. Warum hast du mich nicht angerufen? Ich habe genug Nachrichten auf deinem verdammten Handy hinterlassen!“