Wie Daniel in der Löwengrube - Bandi Koeck - E-Book

Wie Daniel in der Löwengrube E-Book

Bandi Koeck

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Beschreibung

Hast du schon einmal den Kopf in den Sand gesteckt? Bist du schon mal mit deinem Kopf durch die Wand? Hast du schon mal den Kopf verloren oder hängen gelassen? Bist du schon mal kopfüber ins Leben gestürzt? Und hat dir dabei jemand deinen Kopf verdreht? Nicht? Wozu hast du denn deinen Kopf? Ein Buch, so bunt und facettenreich wie das Leben selbst. Stücke in Lyrik und Prosa – direkt aus dem Leben. Persönlich, phantasievoll, provokant, unpolitisch politisch, philosophisch – Popkornkino fürs Auge eben!

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Personen und Handlungen der folgenden Geschichten sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit realen Personen oder Begebenheiten ist rein zufällig.

gewidmet

N.M.B.K.

M . P. S . K.

F. H . K . K.

Inhaltsverzeichnis

Capítulo Uno: KURZweiligeGESCHICHTEN

Weshalb Onur mal wieder durchgedreht ist

Busfahrersex macht echt kein Bild

Sie hat sie getötet

Die benutzte Klobürste

Die trockene Klitoris

Die Bretter, die die Welt bedeuten

HEIL HOLOCAUST! Oder die Geschichte einer PET-Flasche

Wortfetzenbetört

Das schmerzende Korsett

Die siebte Generation Frühaufsteher

Scheuselmuhs Geheimnis

Zwei kleine Embryos unterhalten sich im Bauch ihrer Mutter

Capítulo Dos: PURE POESIE

Hurra, der GIS-Mann ist da!

Nicht okay

And no borders too

Duale Wirklichkeit

Gedankentohuwabohu

Morgenstund hat Gold im Mund

Wilfried will Frieden schließen

Paralleluniversum?

Apropos Apostel Anaton

HassLiebe

Das letzte Ma(h)l

Der Tod als Ende von Allem

Dunkle Augen

THIS LIFE – Dieses Leben

Die Duschtür steht offen, der Brausekopf liegt am Boden

Ägäis

Der Tag an dem wir verlernten, Geschichten zu tradieren

FAITH

WIN-WIN-SITUATION mit G-TT

Einladung zur Hochzeitsreise

Die Jugend von heute

Die Schwester der alten Hure

Kurzgedicht für vergessliche Schüler

CAPERUCITA

Spätfrühlinghafte Schmetterlingsmomente

Z-O-R-N

ANGST ESSEN BÜRGERRECHTE AUF

SMOKING SOCIALISES!?

Gorgeous men

It wasn’t me!!!

Bohemian Rhapsody Reloaded

Bitter sweet taste on your eye

Die entblößte Muse der schönen Künste

Als der Grashüpfer noch hüpfte

Liebe von hinten wie von vorne

Capítulo Uno: KURZweiligeGESCHICHTEN

He venido

A prender fuego

Al mundo,

y como querría

que ya estuviera

ardiendo!

Lk 12,49

Ich bin gekommen,

um auf der Erde

ein Feuer zu entfachen,

und ich wollte,

es stünde schon

in hellem Brand!

Weshalb Onur mal wieder durchgedreht ist

»Erzähl’ schon, wie du dir deine Finger gebrochen hast!«, drängte ich meinen alten Freund und ehemaligen Schulkollegen Onur, welcher türkischer Herkunft ist bzw. wie man Neu-Deutsch so schön sagt, einen Migrationshintergrund hat. »Lass uns hineingehen!«, entgegnete er knapp, da die Anwesenheit seines bärtigen Vaters unmittelbar war und zeigte zur Eingangstüre der großen Wohnanlage, in der er die Wohnung unterhalb seiner Eltern bezog. Als er mit seiner linken Hand die Türe aufsperrte, da sein rechter Arm in einem schneeweißen Gips lag, fiel mir sofort das Paar rosaroter Ballerinas im Flur auf. Doch ohne nachzufragen, setzte ich mich im Wohnzimmer auf das blaue Sofa mit den gelben Punkten. Nachdem er den mir gegenüber liegenden Flachbildfernseher angemacht hatte (es lief eine uralte Sendung von Raumschif Enterprise auf einem türkischen Satellitensender), setzte er sich mir gegenüber hin und begann seine Geschichte, da er offenbar spürte, dass ich vor Neugierde fast platzte:

»Um es kurz zu fassen, sie hat mich mal wieder auf die Palme gebracht und dann bin ich mal wieder durchgedreht!« Doch mit dieser knappen Antwort gab ich mich nicht zufrieden, da ich ein Mensch bin, der Details mag und sich Zeit für Freunde nimmt. Ich warf ihm einer dieser Blicke zu, atmete dabei tief aus und hakte dann sofort nach. »Also gut. Es war vor zwei Wochen an einem Sonntag. Ich hatte mal wieder meine Kinder bei mir und habe mit ihnen gespielt. Da hat sie zu mir gesagt: ‚Deine Söhne sind viel lieber wie du!‘ Ich habe sie daraufhin angeschaut und gefragt, was das soll, und was für ein Problem die eifersüchtige Kuh eigentlich hätte? Sie sagte, ich solle Ilhan und Fatih nur mal anschauen. Meine Eltern waren auch da, und meine Schwester Fatima. Ich versuchte sie daraufhin einfach zu ignorieren und hab mit meinen Söhnen weiter Autos gespielt. Am Abend wollte ich meine Kinder zurück nach Zürich zu ihrer Mutter bringen und sie sagte, dass sie mit wolle. Weißt du, ich fahre immer alleine meine Kinder holen und bringen. Wenn meine neue Frau meine Ex-Frau sieht, das gibt nur Probleme. Doch sie ließ nicht locker und bestand darauf. Weißt du, sie hat mir gesagt, was ich zu tun habe, und das hasse ich.«

»Du meinst, sie hat so im Befehlston mit dir geredet, dich rumkommandiert wie einer im Barras?«, entgegnete ich. »Ja, genau. Wir begannen zu diskutieren, alles vor den Kindern, meinen Eltern und meiner großen Schwester. Sie wollte mich einfach nicht gehen lassen und stellte sich mir entgegen, als ich mit Ilhan und Fatih zur Türe ging. Ich schob sie einfach beiseite. Ich bekam wieder solch’ einen dicken Hals und es kochte in mir. Im Gefecht hab ich dann meine Schwester mit dem Namen meiner Ex-Frau angeredet, und da hat sie völlig durchgedreht: ‚Seht ihr, so sehr liebt er mich, dass er den Namen von der Schlampe verwendet und mich nicht mal mitnimmt. Ständig denkt er an sie bla, bla, bla ...‘ Da bin ich dann durchgedreht. Eigentlich wollte ich sie schlagen, aber konnte es noch in letzter Sekunde abwehren und hab mit bloßer Faust gegen den Schrank geschlagen.«

»Wow, ist jetzt nicht nur deine Hand demoliert, sondern auch der Kasten kaputt?«, ließ mir diese Frage einfach keine Ruhe.

»Nein, der Kasten blieb ganz. Hartholz!«, antwortete Onur. Ich wollte jetzt mal seine rechte Hand im Gipsverband etwas genauer betrachten. Er streckte mir das Gebilde entgegen und erklärte, dass der kleine Finger beim zweiten Glied gerissen und beim Ballen gebrochen wäre. »Ich habe schon zwei Wochen hinter mir und noch zwei Wochen vor mir, bis er weg kommt. Und dann ist auch mein Krankenstand vorbei.«

»Und warum sieht der Gips dann immer noch so neu aus?«, drängte sich bei mir die nächste Frage auf. »Weil ich heute früh im Spital war und sie mir einen neuen draufgemacht haben. Weißt du, mir ist ständig die Hand eingeschlafen und beim kleinen Finger fing es am Abend immer zu kribbeln an. Das Gefühl kennst du sicher, als ob Ameisen da drin hoch krabbeln würden.«

»Ja, das kenne ich, wenn ich im Schlaf auf den Arm liege und mir dann dieser eingeschlafen ist.« Ich blickte kurz auf den Flimmer kasten, ließ meinen Blick über die sich daneben befindende Kraftbank, den Glastisch und den auf dem Boden stehenden PC-Monitor mit aufgesteckter Webcam streifen, und sah meinem Freund dann wieder in die Augen. Onur hatte in der Zwischenzeit eines der neonorangen Polster vor seinen behaarten Bauch gedrückt, um seinem Kummer und stets vorhandenen Groll Ausdruck zu verleihen.

»Ich habe meine Kinder dann abgeliefert und sah meine Ex nur über den Rückspiegel, was besser so ist. Bei der Rückfahrt war meine Hand schon volle angeschwollen und der Schmerz wurde immer grösser. Nach anderthalb Stunden war ich wieder zurück in meiner Wohnung und der Streit mit ihr ging in die nächste Runde. Ich war zu wütend, um ins Krankenhaus zu gehen und ging die nächsten zwei Tage sogar noch arbeiten.« Er machte eine kurze Pause und atmete tief ein. Dabei stöhnte er wehleidig auf, bevor er weiterredete. »Sie warf mir Dinge an den Kopf, die eine frische Partnerin einfach nicht sagt. Weißt du, sie geht jetzt schon mit mir um als ... ganz zu schweigen wie es dann in 20, 30 Jahren aussieht – ach, was sag ich da, nicht mal vorzustellen, wie sie in ein, zwei Jahren mit mir umspringt.«

»Wie lange ist sie denn schon hier?«, wollte ich wissen.

»Seit etwa vier Monaten. Ich mach das ja nur meinen Eltern zu liebe. Es ist quasi eine Zwangsbeziehung.«

»Gab es eine Zwangsheirat auch schon? Darfst du schon mit ihr Sex haben?«, brannte es mir auf den Lippen.

»Also, unser Priester, der Hodscha, hat uns verheiratet. Ist nichts Schriftliches passiert«, antwortete der streng gläubige Moslem. »Also ihr seid quasi kirchlich verheiratet, aber vom Staat her nicht?«

»So kann man’s auch sagen. Meine Eltern haben mich Monatelang gedrängt und sind dann ja zwei Mal in Osttürkei geflogen und haben mit mehreren Familien gesprochen und mir dann Ayscha ausgesucht. Weißt du, mein Freund, ich wollte ja nicht wieder heiraten, nachdem mir meine erste Frau, die ich geliebt habe, fremd gegangen ist und mich mit meinen Kindern verlassen hat. Ich hatte sowas von die Schnauze voll. Kannst mir echt glauben. Bis ganz oben. Der Hass steckt noch tief in mir. Mir wäre, als ob es gestern erst passiert wäre, als ich früher von der Schicht nach Hause kam und durch die halb verdunkelten Gardinen sah, wie sie mit der Webcam im MSN-Chat war mit diesem Wichser.«

»Und wie oft hast du sie gesehen, bevor ihr sie nach Österreich geholt habt?«

»Einmal. Ich war für eine Woche unten in Türkei und da haben wir uns zum ersten Mal gesehen und etwas kennen gelernt. Es waren ständig die Eltern dabei. Danach haben wir dann ein halbes Jahr telefoniert, bis ich sie rauf geholt habe. Weißt du, in Türkei war sie ganz anders. Sie war immer zuhause, wollte nie weg gehen und wenn sie mal ausgegangen ist, dann war immer ihre Mutter oder einer ihrer Brüder dabei.«

Meine Gedanken kreisten und ich machte eines meiner berüchtigten »hmm«, bevor ich Onur eine Frage um etwas Nachzudenken stellte:

»Jetzt hast du ja den Vergleich zwischen einer Türkin, die in Österreich bzw. Europa aufgewachsen und zur Schule gegangen ist und einer aus der Türkei. Gibt es da einen Unterschied für dich?«

»Aber sicher, mein Freund. Ayscha ist nur fünf Jahre zur Schule gegangen: Vier Jahre Volksschule und ein Jahr Hauptschule. Jetzt ist sie 25 und kann kaum lesen, noch schreiben. Bei mir ist es ja auch schon ein paar Jahre her, seitdem ich meine Lehre abgeschlossen habe und zur Berufsschule ging. Sie aber ist über 15 Jahre weg und kann nicht mal ein SMS schreiben oder sonst irgendetwas aufschreiben. Wenn sie den Buchstaben M sieht, dann meint sie, es wäre ein W und O und Ö kann sie auch nicht voneinander unterscheiden. Und wie du weißt, gibt es ja diesen Einbürgerungskurs, zu dem ich sie gleich nach ihrer Ankunft angemeldet habe.«

»Der bei der Arbeiterkammer?«

»Ja, genau. Der kostet mich 1.150 Euro. Und jetzt beklagt sie sich ständig, dass sie nicht mitkomme und die anderen viel besser und weiter wären. Kein Wunder, wenn die Alte nicht lesen und schreiben und nichts richtig machen kann. Hätte ich das gewusst, hätte ich sie sicher nicht angemeldet und zuerst mit ihr das Alphabet geübt. Was ist, wenn sie jetzt durchfällt und den Kurs wiederholen muss? Dann habe ich über Tausend Euro in den Sand gesetzt!«

Ich hörte in seiner Stimme, wie angespannt und wütend er über seine Situation war. Er schlug mit der anderen Hand, welche nicht im Gips war, auf den Couchtisch und sprach in gleich lautem Ton weiter: »Es ist wirklich zum Verrücktwerden. Und dauernd sagt sie ‚Schat‘ zu mir, weil sie Schatz nicht aussprechen kann. Ich hab ihr gesagt, sie kann mich Schatz nennen. Ich nenne sie ja auch Schatz, obwohl ich sie nicht liebe, aber vielleicht mag ich sie ja irgendwann. Aber ich glaube, sie liebt mich schon, weil sie will dauernd Bussi und Umarmungen und all das Zeug. Das ist zu viel für mich, weißt du. Scheiße! Auf jeden Fall hab ich gesagt, sie soll lieber das T weg lassen und mich »Schaz« nennen.« Er macht wieder eine kurze Pause und atmet tief ein, hält kurz die Luft an, verdreht dabei die Augen um wieder stimmhaft auszuatmen. »Wenn ich all das gewusst hätte, dass sie Analphabetin ist und keine Wörter richtig aussprechen kann, dann hätte ich sie sicher nicht genommen.«

»Aber sie hat doch bestimmt andere Qualitäten, oder? Kann sie gut kochen?«