Wie digitale Technologien die Erwachsenenbildung verändern -  - E-Book

Wie digitale Technologien die Erwachsenenbildung verändern E-Book

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Beschreibung

Die Verbreitung des Internets und die damit zusammenhängende Nutzung digitaler Technologien kann den Zugang zu Bildung für alle Bevölkerungsgruppen erleichtern. Die Medienkompetenz jeder und jedes Einzelnen von uns, d.h. der kompetente und verantwortungsbewusste Umgang mit digitalen Technologien wird dabei allerdings zu einer notwendigen Voraussetzung und damit auch zu einer weiteren Hürde der gesellschaftlichen Teilhabe. Die damit verbundenen Anforderungen verändern auch die Inhalte und Methoden von Erwachsenenbildung, die Formen der Kooperation untereinander und die Möglichkeiten der Erwachsenenbildungsforschung. Letztlich haben all diese Entwicklungen massiven Einfluss auf die Erwartungen an die Kompetenzen von ErwachsenenbildnerInnen. Das Magazin erwachsenenbildung.at (Meb) geht mit Ausgabe 30 aktuellen Entwicklungen und Veränderungen auf Seiten der Lernenden und auf Seiten der Organisationen nach. Es beschreibt Lern- und Lehrformate im Wandel und führt einen kritischen Diskurs über Herausforderungen und Chancen für die Erwachsenenbildung durch digitale Technologien. Thematisiert und reflektiert werden u.a. aktuelle Entwicklungen beim Einsatz digitaler Medien und Technologien im Strafvollzug, beim Sprachenlernen, in der Basisbildung und zur arbeitsplatzbezogenen Verbesserung von Grundkompetenzen. Gerahmt werden diese Beiträge von grundlegenden Diskussionen über die "digitale Bereitschaft" von ErwachsenenbildnerInnen, über die Notwendigkeit einer digitalen Grundbildung/Basisbildung und die Definition eines erwachsenenpädagogischen Medienkompetenzmodells. Weitere Beiträge widmen sich der Programmforschung bzw. den Herausforderungen bei Realisierung digital gestützter Weiterbildungsangebote. Die digitale Vielfalt von Erwachsenenbildung wird dabei ebenso sichtbar wie ein Navigieren im Spannungsfeld zwischen Möglichkeiten, Herausforderungen und Umsetzung.

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Inhaltsverzeichnis

Aus der Redaktion

01

Editorial

David Röthler und Sandra Schön

Thema

02

Herausforderungen bei der Implementierung digital gestützter beruflicher Weiterbildung. Die Sicht von WeiterbildnerInnen und BildungsmanagerInnen auf Strukturen, kulturelle Praktiken und Agency

Joanna Burchert und Rasmus Grobe

03

Digitale Grundbildung: Ziel oder Methode einer chancengleichen Teilhabe in einer mediatisierten Gesellschaft? Wo wir stehen und wo wir hin müssen

Karsten D. Wolf und Ilka Koppel

04

Medienpädagogische Kompetenzen von ErwachsenenbildnerInnen

Matthias Rohs, Karin Julia Rott, Bernhard Schmidt-Hertha und Ricarda Bolten

05

Digitalisierung der Erwachsenenbildung in Nordrhein-Westfalen – Herausforderungen und Chancen wahrnehmen

Gianna Scharnberg, Anne-Cathrin Vonarx, Michael Kerres und Karola Wolff

06

Digitale Forschungsressourcen in der Erwachsenenbildung.

Archivierung webbasierter Programme und Profile von Erwachsenenbildungseinrichtungen

Maria Stimm

07

Zeitgemäßes Sprachenlernen.

Herausforderungen beim Einsatz neuer digitaler Technologien

Elisabeth Feigl

08

eVideo – ein digitales Lernangebot zur arbeitsplatzbezogenen Verbesserung von Grundkompetenzen.

Wege der Erreichung einer lernungewohnten Zielgruppe

Björn Schulz und Johanna Lambertz

Praxis

09

Die digitale Bereitschaft der Erwachsenenbildung.

Der EBmooc für ErwachsenenbildnerInnen

Birgit Aschemann

10

IKT-Unterricht in DaZ-Basisbildungskursen für Frauen und Mädchen.

Ein Erfahrungsbericht

Stefanie Kapferer, Katharina Lhotta und Verena Sperk

11

Erwachsenenbildung im Strafvollzug mit der elis-Lernplattform

Svenje Marten

Rezension

12

Handbuch E-Learning. Lehren und Lernen mit digitalen Medien.

Patricia Arnold, Lars Killian, Anne Thillosen und Gerhard Zimmer

Eva-Maria Glade

13

Digitale Lehr- und Lernbegleiter. Mit Lernplattformen und Web-2.0-Tools wirkungsvoll Lehr- und Lernprozesse gestalten.

Martin Blatter und Fabia Hartwagner (Hrsg.)

Christian Weber

Da alle Artikel sowohl einzeln als auch in der Gesamtausgabe erhältlich sind, wurde jeder Beitrag mit laufender Nummer (01, 02 ...) versehen. Die Seitennummerierung beginnt jeweils bei 1.

Englischsprachige bzw. bei englischsprachigen Artikeln deutschsprachige Abstracts finden sich im Anschluss an die Artikel (ausgenommen Rezensionen).

01Editorial

David Röthler und Sandra Schön

Röthler, David/Schön, Sandra (2017): Editorial.

In: Magazin erwachsenenbildung.at. Das Fachmedium für Forschung, Praxis und Diskurs.

Ausgabe 30, 2017. Wien.

Online im Internet: http://www.erwachsenenbildung.at/magazin/17-30/meb17-30.pdf.

Druck-Version: Books on Demand GmbH: Norderstedt.

Schlagworte: Digitalisierung, Technologien, Medien, Medienkompetenz, Mediendidaktik, Medieneinsatz, Erwachsenenbildung, Erwachsenenbildungseinrichtung, Lern-/Lehrformate, Grundkompetenzen, Basisbildung, Lernangebote, Online-Lernen

Kurzzusammenfassung

Die Nutzung digitaler Technologien verändert die Inhalte und Methoden von Erwachsenenbildung, die Formen der Kooperation und die Möglichkeiten der Forschung. Damit ändern sich auch die Erwartungen an die Kompetenzen von ErwachsenenbildnerInnen. Erweiterte Lernformate und Lerngelegenheiten entgrenzen bisherige Möglichkeiten, schaffen aber auch neue Zugangshürden für Lernende: Internet und digitale Technologien sind nicht nur ein Raum voller Möglichkeiten, sondern auch eine weitere Hürde bei der gesellschaftlichen Teilhabe. Das Magazin erwachsenenbildung.at (Meb) geht mit Ausgabe 30 aktuellen Entwicklungen und Veränderungen durch digitale Technologien auf Ebene der Lernenden, der Lern- und Lehrformate sowie auf Seiten der Organisationen nach und führt einen kritischen Diskurs über Veränderungen in der Erwachsenenbildung durch digitale Technologien. Thematisiert und reflektiert werden u.a. Herausforderungen beim Einsatz digitaler Medien und Technologien im Strafvollzug, beim Sprachenlernen, in der Basisbildung mit Mädchen und Frauen und zur arbeitsplatzbezogenen Verbesserung von Grundkompetenzen. Gerahmt werden diese Beiträge von grundlegenden Diskussionen über die „digitale Bereitschaft“ der ErwachsenenbildnerInnen, der Notwendigkeit einer digitalen Grundbildung /Basisbildung und der Definition eines erwachsenenpädagogischen Medienkompetenzmodells. Weitere Beiträge widmen sich der Programmforschung bzw. den Sollbruchstellen bei Realisierung digital gestützter Weiterbildungsangebote. (Red.)

Editorial

David Röthler und Sandra Schön

In den 1990er Jahren drehte sich mit der Verbreitung von Computern alles um Multimedia und individuell zu nutzende Lernmedien wie beispielsweise Lern-CD-ROMs bzw. „Computer Based Trainings“ (CBT). Um die Jahrtausendwende herum entstanden mit dem Internet (v.a. dem WWW) eine Reihe von Initiativen rund um digitale Technologien und Erwachsenenbildung. Aktuell wird die Medienkompetenz, d.h. die Nutzung von digitalen Technologien, zunehmend als eine Komponente der Grundkompetenzen für die gesellschaftliche Teilhabe betrachtet. Die entscheidende Rolle im Aufgreifen und Gestalten dieser Veränderungen für die Erwachsenenbildung haben die AkteurInnen, indem sie die Technologien nutzen und adaptieren.

Die Nutzung digitaler Technologien verändert die Erwachsenenbildung in vielfältiger Hinsicht. Sie verändert die Themen und Methoden der Erwachsenenbildung (Stichwort „digitale Grundbildung“) und damit auch die Erwartungen an die Kompetenzen der ErwachsenenbildnerInnen und an deren Aus- und Weiterbildung. Digitale Technologien erweitern aber auch Lernoptionen durch Möglichkeiten des selbstorganisierten Lernens und Angebote wie offene Bildungsressourcen oder offen zugängliche Online-Kurse. Der Einsatz digitaler Technologien verändert schließlich auch die Kooperationsformen von Erwachsenenbildungseinrichtungen und sogar die Möglichkeiten der Forschung.

Neben den traditionellen Erwachsenenbildungseinrichtungen, die digitale Technologien in und außerhalb der Präsenzphasen ihrer Bildungsangebote einsetzen, gibt es seit einigen Jahren neue Mitbewerber am Bildungsmarkt mit reinen Online-Angeboten. Entsprechende technische Möglichkeiten und Kompetenzen sind bei den Lernenden jedoch nicht vorauszusetzen, das Internet und die Technologien sind damit nicht nur ein Ermöglichungsraum, sondern auch eine weitere Hürde bei der gesellschaftlichen Teilhabe (Stichwort „digitale Kluft“, engl. „digital divide“).

Digitale Technologien seit 25 Jahren ein Handlungsfeld der österreichischen Erwachsenenbildung

Elke Gruber und Werner Lenz nennen in ihrem neu erschienenen Werk „Erwachsenen- und Weiterbildung Österreich“ (2016) als eine der Tendenzen und Perspektiven der Erwachsenenbildung die fortschreitende Digitalisierung (vgl. Gruber/Lenz 2016, S. 114). Digitale Technologien haben tatsächlich nicht erst in den 2010er Jahren die (österreichische) Erwachsenenbildung verändert, digitale Technologien sind schon seit rund 25 Jahren zunehmend ein Thema und auch Handlungsfeld beim Lernen und Lehren von Erwachsenen (siehe z.B. King 1999; Timmermann 1998).

 

Abb. 1: Digitale Leittechnologien und ihre Nutzung in der Erwachsenenbildung

Quelle: Sandra Schön 2017

 

Die Aufmerksamkeit für das Thema der (digitalen) Technologien im Kontext der Erwachsenenbildung und für ihre unterschiedlichen Aspekte wie Methode und Medienkompetenz hat dabei keineswegs stetig zugenommen, sondern wurde stark von einzelnen Personen, Forschungsvorhaben und Förderprogrammen beeinflusst. Eine systematische Beschreibung, wie sich die Beschäftigung mit digitalen Technologien in der Erwachsenenbildung in Österreich entwickelt hat, liegt bislang nicht vor. Die folgenden Beispiele können daher nur eine erste Skizze sein, um diese Entwicklung systematisch nachzuzeichnen.1

1990er Jahre: Lernen mit Multimedia

In den 1990er Jahren drehte sich mit der Verbreitung von Computern alles um Multimedia und individuell zu nutzende Lernmedien wie beispielsweise Lern-CD-ROMs bzw. „Computer Based Trainings“ (CBT). Bereits Anfang der 1990er Jahre hatte der Österreicher Florian Brody, ein internationaler Experte rund um Digitalisierung und Multimedia, u.a. elektronische Bücher entwickelt und herausgegeben2. Peter Baumgartner, ebengleich ein österreichischer Digital-Pionier mit essentiellem Einfluss auf die österreichische Erwachsenenbildung, forschte in den 1990er Jahren u.a. zum Lernen mit dem Internet sowie zur Evaluation von Multimedia3. 1992 wurde am Bundesinstitut für Erwachsenenbildung St. Wolfgang (bifeb) das erste größere Seminar zum Einsatz digitaler Technologien in der Erwachsenenbildung in Österreich angeboten (siehe bifeb 1992). Es trug den Titel „Neue Wege des Fremdsprachenlernens: Computergestütztes Lernen von Sprachen, Trends – Anwendung – Kritik“ (Leitung: Peter Baumgartner, Regina Rosc und Christian Kloyber).

Jahrtausendwende: E-Learning und „Mitmach-Web“

Um die Jahrtausendwende herum entstanden zunächst mit dem Internet (v.a. dem WWW), ab ca. 2005 mit dem sog. „Web 2.0“, das sich durch einfachere Möglichkeiten der Partizipation und Mitgestaltung („Mitmachweb“) auszeichnet, eine Reihe von Initiativen rund um digitale Technologien und Erwachsenenbildung. Beispielsweise erhielt im Jahr 2005 der Lehrgang „E-Learning Self Directed“ (kurz E.LSD) des Bundesinstituts für Erwachsenenbildung St. Wolfgang (Christian Kloyber) in Kooperation mit der Volkshochschule (VHS) Floridsdorf (Barbara Oberwasserlechner) die Zulassung als „Lehrgang universitären Charakters“4. Als ein Vorreiter im Kontext des E-Learnings in Österreich kann die VHS Meidling unter der damaligen Leitung von Gerhard Bisovsky betrachtet werden. Mehrere Forschungs- und Praxisprojekte sind an der VHS verortet und seit der Jahrtausendwende ist E-Learning auch strategisch verankert (siehe Bisovsky 2006).

2010er Jahre: Medienkompetenz wird zur Grundkompetenz

Die Zunahme von Breitbandanschlüssen, mobilem Internet und ein stark verbreiteter Zugang zum Internet sind die Grundlagen für Entwicklungen ab den 2010er Jahren. Insbesondere die Möglichkeit der Teilnahme an einem kostenlosen Kurs für sehr viele, kurz MOOC (Massive Open Online Course), sowie die Verbreitung von Smartphones sorgen für neuartige Initiativen bzw. eine zunehmende Technologie-Nutzung bei Lernenden wie auch ErwachsenenbildnerInnen. Anfang der 2010er Jahre ist der Einsatz von digitalen Technologien, wie z.B. des Beamers zur Präsentation von Folien oder die Vorführung von Youtube-Videos im Seminar, Standard in österreichischen Einrichtungen der Erwachsenenbildung und ebenso selbstverständlich wie die Internetpräsenz aller Einrichtungen. Die Medienkompetenz, d.h. die Nutzung von digitalen Technologien, wird zunehmend als eine Komponente der Grundkompetenzen für die gesellschaftliche Teilhabe betrachtet.

Hierzu nennen wir relevante Initiativen aus unserem Umfeld:

2012 widmete sich die jährlich stattfindende österreichweite Fachtagung „Zukunft Basisbildung“ den Themen Social Media und Web Literacy und fokussierte vor allem das Social Web als Ort, der neue Herausforderungen an die Literalität stellt. Der kritische Umgang mit dem Social Web wird als Teil der Medienkompetenz und damit als ein wichtiger Faktor der Basisbildung gesehen. Erwähnt werden muss in diesem Zusammenhang auch die Tagung „Web Literacy“ in Graz im Juni des Jahres 2012.

5

2013 wird die Digitalisierungsexpertin Meral Akin-Hecke zu Österreichs erster „Digital Champion“ berufen, sie soll damit als „unabhängige Vertreterin ein österreichweites Bewusstsein für die Wichtigkeit digitaler Medienkompetenz schaffen“

6

.

Im Jahr 2014 initiierte sie die Webplattform

WerdeDigital.at

, die Wissensangebote, Qualifizierungsangebote und eine Serviceplattform für alle Lernangebote in Österreich zum Thema „digitale Medienkompetenz“ zur Verfügung stellt und somit einen Beitrag zur Schließung der sog. „digitalen Kluft“ leistet.

Als erste deutschsprachige MOOC-Plattform, die sich auf offen lizenzierte Bildungsressourcen (kurz OER für engl. Open Educational Resources) spezialisiert hat, ging im Jahr 2014 die steirische Plattform

iMooX.at

online (Universität Graz und TU Graz, Leitung Michael Kopp und Martin Ebner).

iMooX.at

konnte seitdem mehr als 13.500 registrierte NutzerInnen zählen (Stand: November 2016), die österreichische UNESCO Kommission agiert als Schirmherrin.

Im Jahr 2015 erhielt der Online-Kurs bzw. das Kooperationsprojekt „Gratis Online Lernen“ mit mehr als 1.000 Teilnehmerinnen im Jahr 2014 die Auszeichnung „Österreichischer Staatspreis für Erwachsenenbildung“ in der Kategorie „Themenschwerpunkt 2015: Digital Literacy“. Der „Österreichische Staatspreis für Erwachsenenbildung“ wurde damit erstmals in einer Kategorie mit Technologierelevanz vergeben.

Der Einsatz digitaler Technologien hat heute eine größere Relevanz als noch vor 20 Jahren. Dennoch zeigen diese kursorischen Referenzen, dass es eine längere Tradition und zahlreiche Initiativen gibt. Nebenbei zeigt sich auch, dass Österreich den Vergleich mit anderen Ländern nicht scheuen muss; auch wenn die Entwicklungen in und aus Österreich im deutschsprachigen Diskurs oft nicht benannt bzw. gekannt werden.

Zu den Beiträgen

Die Veränderungen durch den Einsatz digitaler Technologien in der Erwachsenenbildung aufzugreifen und darzustellen, ist die Zielsetzung dieser Ausgabe des Magazin erwachsenenbildung.at (Meb). Wir haben darum gebeten, aktuelle Entwicklungen und Veränderungen durch digitale Technologien auf Ebene der Lernenden, der Lern- und Lehrformate sowie auf Seiten der Organisationen sichtbar zu machen und einen kritischen Diskurs über Veränderungen in der Erwachsenenbildung durch digitale Technologien, damit verbundene Erwartungen, Befürchtungen und Hoffnungen zu führen. Die eingelangten Beiträge spiegeln einen Teil der (digitalen) Vielfalt der Erwachsenenbildung wie auch der Erwachsenenbildungsforschung wider. Sie zeigen deutlich, wie weit Anspruch und Wirklichkeit, Möglichkeiten und Offenheit, Herausforderungen und Realisierung dabei auseinander liegen.

Mit didaktischen Herausforderungen beim Einsatz digitaler Werkzeuge und den damit verbundenen neuen Formaten beschäftigt sich der Beitrag von Joanna Burchert und Rasmus Grobe. Beschrieben und reflektiert werden die Ergebnisse einer qualitativ-empirischen Studie, in deren Rahmen Lernende, WeiterbildnerInnen und Verantwortliche im Bildungsmanagement befragt wurden.

Karsten D. Wolf und Ilka Koppel fragen nach den Potenzialen digitaler Grundbildung. Neben ausführlichen statistischen Befunden und Diskursen in Deutschland und Österreich beschreiben sie den Status quo des Einsatzes digitaler Medien in der Grundbildung. Handlungsempfehlungen runden den Beitrag ab.

Welche neuen mediendidaktischen Kompetenzen ErwachsenenbildnerInnen erwerben sollten, ist Thema des Beitrags von Matthias Rohs, Karin Julia Rott, Bernhard Schmidt-Hertha und Ricarda Bolten. Die AutorInnen gehen dabei auf aktuelle – auch internationale – Kompetenzmodelle ein und stellen Überlegungen für ein erwachsenenpädagogisches Medienkompetenzmodell an.

Gianna Scharnberg, Anne-Cathrin Vonarx, Michael Kerres und Karola Wolff berichten in ihrem Beitrag über eine Umfrage bei Weiterbildungseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen zum aktuellen und gewünschten Einsatz von digitalen Medien. Im Anschluss an die Ergebnisse der Umfrage wurde ein Weiterbildungsangebot entwickelt.

Der Herausforderung des Zugangs zu digitalen Ressourcen als Grundlage für die Erwachsenenbildungsforschung widmet sich der Beitrag von Maria Stimm. Digitale Technologien ändern nicht nur Lernformate, sondern auch die Angebotsankündigung von Erwachsenenbildungseinrichtungen.

Elisabeth Feigl geht auf die Anforderungen und Chancen eines zeitgemäßen Sprachenlernens ein, v.a. auf die Möglichkeiten von Blended-Learning-Angeboten und das Lernen mit Online-Plattformen, und bietet Hinweise auf nützliche digitale Tools und Technologien.

Björn Schulz und Johanna Lambertz beschreiben die Herausforderung, digital wenig affine Zielgruppen mit digitalen Lernangeboten erreichen zu wollen, am Beispiel des Lerninstrumentes „eVideo“, das für Betriebe und Bildungseinrichtungen der beruflichen Qualifizierung entwickelt wurde.

Birgit Aschemann geht in ihrem Beitrag auf die bildungspolitischen Hintergründe zu digitalen Bildungsformaten auf europäischer Ebene ein. Sie erläutert Idee und Konzeption des ersten in Österreich ab März 2017 stattfindenden MOOCs für die Zielgruppe der EwachsenenbildnerInnen.

DaZ-Basisbildungskurse für Frauen und Mädchen mit begleitendem IKT-Einsatz sind Thema des Beitrages von Stefanie Kapferer, Katharina Lhotta und Verena Sperk. Sie fragen kritisch nach der Zugänglichkeit und Nützlichkeit von Lernanwendungen und Geräten für diese Zielgruppe ebenso wie nach der Möglichkeit, Smartphones für Übungen zu nutzen.

Der Erwachsenenbildung mit digitalen Medien im Strafvollzug widmet sich Svenje Marten. Wie lassen sich digitale Medien mit den Sicherheitsaspekten im Gefängnis vereinbaren? Beschrieben und reflektiert wird der Einsatz der Lernplattform elis – „e-Learning im Strafvollzug“, die bereits in über 100 Justizanstalten in Österreich und Deutschland erreichbar ist.

Zwei Rezensionen von Eva-Maria Glade und Christian Weber zu aktuellen Publikationen zum Thema E-Learning runden diese Meb-Ausgabe ab.

Aus der Redaktion

In der Ausgabe 31 des Magazin erwachsenenbildung.at (Meb), die im Juni 2017 erscheint, steht die Rolle der Erwachsenenbildung in der Migrationsgesellschaft im Mittelpunkt. Dabei soll diskutiert werden, welche Herausforderungen im Kontext Migration für die Erwachsenenbildung bestehen und wie damit umgegangen werden kann.

Marktwirtschaftliche Mechanismen erreichen zunehmend das Bildungs- und Erziehungswesen. Ausgabe 32 des Meb widmet sich dem Thema „Öffentlichkeit und Markt“. Mit dem vorliegenden Call möchten wir einen kritischen Fachdiskurs zur Rolle und Funktion von Öffentlichkeit und Markt in der Erwachsenenbildung anstoßen (die Ausgabe erscheint im Oktober 2017, Redaktionsschluss ist der 19. Mai 2017).

Mit der darauffolgenden Ausgabe 33, die im Februar 2018 erscheint, sollen neuere Entwicklungen und Ansätze in der Basisbildung beleuchtet werden. Sie finden weitere Informationen zu den aktuellen Calls unter: http://erwachsenenbildung.at/magazin/calls.php.

Literatur

bifeb – Bundesinstitut für Erwachsenenbildung (1992): bifeb Programm 1992 (Archiv Bundesinstitut für Erwachsenenbildung).

Bisovsky, Gerhard (2006): Wie kann eLearning in der Erwachsenenbildung eingeführt und verankert werden? In: Bisovsky, Gerhard/ Egger, Rudolf/Schott, Henriette/Seyr, Doris (Hrsg.): Vernetztes Lernen in einer digitalisierten Welt. Internetunterstützte Bildungsprozesse an der Volkshochschule. Wien: Verband Wiener Volksbildung, S. 7-32. Auch online im Internet: http://www.forschungsnetzwerk.at/downloadpub/wissen_Vernetztes_Lernen_edition_volkshochschule.pdf [Stand: 2017-01-26].

Gruber, Elke/Lenz, Werner (2016): Erwachsenen- und Weiterbildung Österreich. Bielefeld: wbv.

King, Kathleen P. (1999): Unleashing technology in the Classroom: What adult basic education teachers and organizations need to know. In: Adult Basic Education. An Interdisciplinary Journal for Adult Literacy Educators 9, 3, S. 162-175.

Timmermann, Sandra (1998): The Role of Information Technology in Older Adult Learning. In: New Directions for Adult and Continuing Education, Vol. 77, S. 61-71.

Weiterführende Links

Webplattform „WerdeDigital.at“:https://www.werdedigital.at

Mag. David Röthler

[email protected]

http://david.roethler.at

+43 (0)664 2139427

David Röthler ist Jurist und Unternehmensberater. Seit 20 Jahren beschäftigt er sich intensiv mit Gesellschaft und Internet. Er hat Lehraufträge an diversen Universitäten in Österreich und Deutschland und ist Erwachsenenbildner zu den Themen Journalismus, Politik, Bildung und Europäische Bildungspolitik. David Röthler arbeitet als Berater für EU-finanzierte Bildungsprojekte und sammelt Erfahrung mit neuen Formaten und Methoden digitaler Bildung: Flipped Classroom, Live-Online-Lernen (Webinare), Lernen durch Lehren, MOOCs. Er ist Mitgründer und Geschäftsführer des Beratungsunternehmens PROJEKTkompetenz.eu, Salzburg – Düsseldorf, sowie Mitglied von ikosom.de – Institut für Kommunikation in Sozialen Medien, Berlin. Weiters ist er Mitgründer des Instituts zur Förderung digitaler Mediennutzung WerdeDigital.at in Wien.

Dr.in Sandra Schön

[email protected]

http://sandra-schoen.de

Sandra Schön forscht im Innovation Lab der Salzburg Research Forschungsgesellschaft zu innovativen Formen des Lernens und Arbeitens. Ihr Lieblingsthema sind dabei offene Bildungsressourcen (OER), die sie u.a. im mehrfach preisgekrönten Projekt L3T (http://l3t.eu) mitentwickelt, über die sie forscht und berichtet (u.a. in der Fachreihe O3R, http://o3r.eu).

Editorial

Abstract

The use of digital technology is changing the content and methods of adult education, forms of cooperation and research opportunities. The competences that adult education instructors are expected to have are also changing. Expanded learning formats and learning opportunities dissolve boundaries to previous opportunities yet also create new barriers to access for learners: The internet and digital technology are not just a space full of possibilities but also an additional hurdle to participation in society. Issue 30 of the Austrian Open Access Journal on Adult Education (Magazin erwachsenenbildung.at, Meb) investigates current developments and changes due to digital technology at the level of learners and learning and teaching formats as well as from the perspective of organizations and engages in a critical dialogue about changes in adult education as a result of digital technology. It addresses and reflects on challenges in using digital media and technology in the penal system, in language learning, in the basic education of girls and women and in the improvement of basic competences related to the workplace. These articles are framed by fundamental discussions of the „digital readiness“ of adult education instructors, the necessity for basic digital education and the definition of a media competence model for adult education. Other articles are devoted to programme research and recognized weak spots in the implementation of digitally supported continuing education course offerings. (Ed.)

1Bei der Skizzierung der Entwicklung des Einsatzes von digitalen Technologien in der österreichischen Erwachsenenbildung hat uns Christian Kloyber (bifeb) mit Hinweisen unterstützt – herzlichen Dank!

2Nachzulesen unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Florian_Brody.

3Heute ist Baumgartner Professor für technologieunterstütztes Lernen und Multimedia und Leiter des Departments für Interaktive Medien und Bildungstechnologien an der Donau-Universität Krems (Stand Jänner 2017).

4Das diesbezügliche Bundesgesetzblatt, ausgegeben am 31. Mai 2005, kann nachgelesen werden unter: https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2005_II_152/BGBLA_2005_II_152.html.

5Nähere Informationen unter: http://www.zukunft-basisbildung.at/tagungen/tagung-2012/

6Nähere Informationen unter: https://www.digitalchampion.at

02Herausforderungen bei der Implementierung digital gestützter beruflicher Weiterbildung

Die Sicht von WeiterbildnerInnen und BildungsmanagerInnen auf Strukturen, kulturelle Praktiken und Agency

Joanna Burchert und Rasmus Grobe

Burchert, Joanna/Grobe, Rasmus (2017): Herausforderungen bei der Implementierung digital gestützter beruflicher Weiterbildung. Die Sicht von WeiterbildnerInnen und BildungsmanagerInnen auf Strukturen, kulturelle Praktiken und Agency.

In: Magazin erwachsenenbildung.at. Das Fachmedium für Forschung, Praxis und Diskurs.

Ausgabe 30, 2017. Wien.

Online im Internet: http://www.erwachsenenbildung.at/magazin/17-30/meb17-30.pdf.

Druck-Version: Books on Demand GmbH: Norderstedt.

Schlagworte: berufliche Weiterbildung, Digitalisierung, Medienkompetenz, Bildungseinrichtungen, Strukturen, Bildungsmanagement

Kurzzusammenfassung

Digitale Medien haben ein technisches Niveau erreicht, das aus pädagogischer Sicht viele Möglichkeiten für selbstorganisierte Lernprozesse eröffnet. Wie könnte angesichts dessen das Lernen in einer digital gestützten beruflichen Weiterbildung handlungsorientiert mit dem beruflichen Alltag verknüpft werden? Hierfür mangelt es nicht an technischen oder didaktischen Innovationen. Die Herausforderung liegt, wie die AutorInnen im Beitrag erläutern, in der Verbreitung dieser Innovationen, ihrer organisatorischen Adaptation durch Weiterbildungseinrichtungen, ihrer Einbettung in den beruflichen Alltag, ihrer kompetenten Nutzung durch WeiterbildnerInnen und in ihrer didaktischen Reflexion. Im Rahmen des vorliegend vorgestellten Projektes DiEDa wird untersucht, welche Herausforderungen WeiterbildnerInnen und Verantwortliche im Bildungsmanagement bei der Implementierung digital gestützter beruflicher Weiterbildung sehen und benennen. Erste Projektergebnisse lassen aufhorchen und zeigen den AutorInnen folgend die nächsten notwendigen Schritte auf: Es gilt ein Konzept von Medienkompetenz zu entwickeln, das die Komponente des selbstorganisierten Lernens einschließt, sowie eine erweiterte Didaktik zu gestalten, die kompetentes pädagogisches Handeln mit dem besonderen Setting des Lernens mit digitalen Medien verbindet. (Red.)

Herausforderungen bei der Implementierung digital gestützter beruflicher Weiterbildung

Die Sicht von WeiterbildnerInnen und BildungsmanagerInnen auf Strukturen, kulturelle Praktiken und Agency

Joanna Burchert und Rasmus Grobe

Digitale Medien werden zunehmend in Konzepte beruflicher Weiterbildung eingebunden. Etablierte Bildungsanbieter entwickeln digitale Angebote als Ergänzung zu ihren Präsenzkursen, um flexibel auf die Bedürfnisse der TeilnehmerInnen einzugehen und um neue Zielgruppen zu erschließen. Die Lernenden erhalten beispielsweise die Möglichkeit, zeitlich und räumlich unabhängig mit Hilfe einer Lernsoftware ein Thema zu erarbeiten, und werden dabei online vom Weiterbildungspersonal der Bildungseinrichtung begleitet und durch Zusatzaufgaben gefördert.

Darüber hinaus gründen sich Bildungs-Start-Ups, die pädagogisch reflektierte (und bei Interesse betrieblich maßgeschneiderte) digitale Lernmaterialien anbieten. Diese können Unternehmen für ihre MitarbeiterInnen erwerben, damit sich diese selbstorganisiert Wissen und Kompetenzen aneignen. Andere Neugründungen stellen im Wesentlichen eine Plattform zur Verfügung, auf der verschiedene AnbieterInnen ihre Bildungsinhalte bereitstellen und NutzerInnen diese Angebote nutzen können. Je nach Plattform reicht dabei das Spektrum von einfachen Videos über Webinare bis hin zu umfassenden Lernmodulen oder MOOCs (Massive Open Online Courses).7 Auch öffnen sich Universitäten zunehmend für berufliche Weiterbildung und entwickeln hier u.a. Blended-Learning-Formate. Das in manchen der Universitätsinstitute aus dem Fernstudienbereich vorhandene Know-how wird für neue Zielgruppen und Formate nutzbar gemacht.

In diesem Beitrag steht nicht die Entwicklung eines innovativen Konzeptes oder Produktes für eine digital gestützte berufliche Bildung im Fokus, sondern die Phase der Verbreitung und Anpassung vor Ort – also die diskursive Auseinandersetzung vieler unterschiedlicher AkteurInnen mit der Innovation (siehe Bormann 2011; Burchert 2010). Diese Perspektive auf Innovation als sozialen Prozess hilft, den Umgang mit Neuerungen zu reflektieren und nachzuvollziehen, wie das Neue (nicht) in die Welt kommt. Unsere Forschungsergebnisse legen nämlich nahe, dass es nicht an entsprechenden technischen und (mikro-)didaktischen Innovationen in diesem Bereich mangelt – die Herausforderung liegt in deren Verbreitung, deren organisatorischen Adaptation durch Weiterbildungseinrichtungen, deren Einbettung in den beruflichen Alltag, deren kompetenten Nutzung durch WeiterbildnerInnen und in der didaktischen Reflexion.

Das Forschungsprojekt DiEDa

Der Beitrag entstand im Rahmen des vom deutschen Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projektes DiEDa – Entwicklung einer Weiterbildungsdidaktik für selbstorganisierte Lernprozesse mit Fokus auf lernerorientierte Differenzierung und unter sinnvollem Einsatz von digitalen Medien (Laufzeit 2015-2018).

Das Projekt DiEDA

Drei Jahre lang (2015-2018) werden im Rahmen einer Kooperation zwischen dem Institut Technik und Bildung der Universität Bremen (ITB) und der Bildungswerkstatt für nachhaltige Entwicklung (BiWeNa), Verden Grundlagen einer berufsbezogenen Weiterbildungsdidaktik selbstorganisierten Lernens erarbeitet. Dabei soll dem Bezug zur und Transfer in die Weiterbildungspraxis ein großer Stellenwert beigemessen werden.

DiEDa verfolgt im Wesentlichen:

die Aufarbeitung des Forschungsstandes und der Praxis zum beruflichen Lernen Erwachsener mit besonderem Fokus auf die Nutzung digitaler Medien und selbstgesteuerte Lernprozessedie berufspädagogische Fundierung des Zusammenhangs zwischen Entwicklungsaufgaben, Lernverhalten und Lernwiderständen bei erwachsenen Lernendendie Generierung fundierter Erkenntnisse zu epistemologischen Überzeugungen und didaktischer Praxis Lehrender in Bezug auf selbstorganisierte Lernprozesse und den Einsatz digitaler Medien

Auf Basis der so generierten Erkenntnisse erfolgt eine Synthese: die Förderung von Achtsamkeit für verschiedene Lernziele und -wege mit konzeptuell stimmiger Konzertierung des Einsatzes digitaler Medien zur Weiterentwicklung selbstorganisierter beruflicher Weiterbildung. Ein Querschnittsziel ist dabei der Transfer projektbezogener Erkenntnisse aus der Forschung in die Praxis beruflicher Weiterbildung.

Quelle: http://www.biwena.de/projekte/projekt-dieda

Methodisch erfolgen umfassende Literaturanalysen, teilnehmende Beobachtungen in MOOCs sowie Interviews mit Lernenden und Lehrenden. Bisher (Stand November 2016) fanden 14 qualitative Interviews mit haupt- und nebenberuflich tätigen WeiterbildnerInnen und Verantwortlichen im Bildungsmanagement statt – weitere Erhebungen sind geplant. Tabelle 1 spiegelt zentrale Charakteristika der Interviewpersonen wider.

Die Interviews werden vom Forschungsteam als Fallvignetten mit Bezugspunkten zur didaktischen Gestaltung und pädagogischen Theorie ausgewertet und miteinander verglichen, um Ansatzpunkte zur Gestaltung der Praxis und neue Forschungsfragen zu generieren.

Erste Ergebnisse auf Ebene der Strukturen, kulturellen Praktiken und Agency

Mit der digitalen Transformation beruflicher Weiterbildung geht eine Reihe von Hoffnungen einher: So argumentierten die im Projektrahmen befragten WeiterbildnerInnen, dass die Lernenden durch digitale Angebote flexiblen und individualisierten Zugang zu neuen Inhalten bekommen, durch den Wegfall von Anreisezeiten sie eher die Erlaubnis ihres Arbeitgebers zur Teilnahme an Weiterbildung erhalten und dass auch bildungsferne Zielgruppen mehr für die berufliche Bildung gewonnen werden können (siehe kritisch dazu: Schiersmann 2007). Gleichzeitig reflektierten sie eine Vielzahl von Herausforderungen, die bei der Implementierung digitaler Medien in die berufliche Weiterbildung zu bedenken sind.

 

Tab. 1: Charakteristika bisheriger Interviewpersonen im Projekt DiEDa

SektorLehr-/LernzielSchwerpunktInstitutionHandwerk8Aufstieg zu Meister o.ä.6Fachtheorie4Bildungs-Start-Up mit digitalem Schwerpunkt3Logistik2Soziales1Erschließung neuer Fachinhalte8Fachpraxis10Klassischer Bildungsanbieter mit digitalem Zusatzangebot11Informatik1übergreifend2

Quelle: Eigene Darstellung

 

Im Folgenden wird die Implementierung digitaler Medien in der beruflichen Weiterbildung auf Ebene der Strukturen, der kulturellen Praktiken und der Agency reflektiert. Es sind das die drei Ebenen des Modells „Soziokulturelle Ökologien“.

Den Begriff „Soziokulturelle Ökologien“ prägten Norbert Pachler, Ben Bachmair und John Cook (2010), um den Diskurs über die Nutzung von Lerntechnologien von der einseitig technischen Betrachtung zu lösen und ergänzend soziale Diskurse, individuelle und kollektive Bedeutungszuweisungen und pädagogische Aneignungsprozesse in den Vordergrund zu rücken. Angelehnt ist das Modell „Soziokulturelle Ökologien“ an Giddens‘ „Strukturationstheorie“, die beschreibt, wie Strukturen das Verhalten von Individuen prägen und wie diese wiederum Strukturen mit ihrem Verhalten erzeugen bzw. verändern (siehe Giddens 1997). Bezogen auf digitale Medien für die berufliche Weiterbildung rückt damit in den Blick, dass einzelne Lehrende zwar die Entscheidung treffen, ob sie sie einsetzen möchten, dass aber diese Entscheidung beeinflusst wird z.B. durch die kulturellen Praktiken in Weiterbildungsorganisationen oder Betrieben und durch finanziell-wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Die Entscheidungen (vieler) Einzelner wiederum prägen eben genau diese Strukturen und kulturellen Praktiken. „Soziokulturelle Ökologien“ bieten also keine unmittelbaren Erklärungen, aber einen theoretischen Hintergrund und einen Rahmen zum Nachdenken über die Aneignung und Nutzung digitaler Medien, die die bisherige Diskussion über digitale Medien bereichert haben (siehe Seipold 2014). Norbert Pachler, Ben Bachmair und John Cook (2010) ebenso wie Judith Seipold und Norbert Pachler (2011) betrachten „Soziokulturelle Ökologien“ vor allem im Kontext von Aneignungspraktiken rund um mobile learning; Eileen Lübcke und Joanna Burchert (2014) setzten das Modell zur Reflexion des Einsatzes digitaler Medien in der dualen Ausbildung ein.

Herausforderungen bei Implementierung digitaler Medien auf Ebene der Strukturen

Strukturen beschreiben im Sinne von Pachler, Bachmair und Cook (2010) z.B. die technologische Ausstattung und curricularen Regelungen von Bildungsinstitutionen. Alexander Renkl (2015) weist zu Recht darauf hin, dass nicht alle Strukturen sich auf didaktisches Handeln niederschlagen. Vorliegend skizzieren wir daher dezidiert solche Rahmenbedingungen, die die Nutzung von digitalen Ressourcen für das Lernen prägen.

In den durchgeführten Interviews wurde deutlich, dass finanzielle, personale und gesetzliche Rahmenbedingungen beeinflussen, ob und wie digitale Medien in der Weiterbildung eingesetzt werden (siehe dazu auch Lübcke/Burchert 2014; Dräger/ Müller-Eiselt 2015). So wird die besondere Chance, die digitale Medien eröffnen – nämlich Zeit und Ort des Lernens selbst zu bestimmen –, im Rahmen beruflicher Weiterbildung, wie die Befragten angaben, oft verspielt, weil etablierten Bildungsinstitutionen noch die organisationale Phantasie – oder auch das Know-how oder die Ressourcen – zur Gestaltung solcher Arrangements fehlen. Das zeigt sich auf Ebene pädagogischer Konzepte, der technischen Infrastruktur oder auch in der Gestaltung der Verträge mit WeiterbildnerInnen. Häufig wird, so die Befragten weiter, an der technischen Infrastruktur gespart, so dass kostenlose Lösungen verwendet werden, die zwar in Hinblick auf die Vision „freies Internet“ attraktiv sind, aber vielen Lernenden in der Handhabung Probleme bereiten, v.a. wenn unverbundene Tools genutzt werden. So berichtete eine Weiterbildnerin, die Padlet, Doodle und ein freies virtuelles Meetingsystem als Werkzeuge im Seminar vorschlug: „[W]ir haben wirklich viel Zeit gebraucht, um das überhaupt zu erläutern, und es wäre wahrscheinlich einfacher gewesen, wenn man irgendwie sowas aus einem Guss gehabt hätte […] – so mussten sie sich halt noch durch die verschiedenen Sachen wühlen“ (WR, 222ff.). Sie führt weiter aus, dass selbst einfachste Fertigkeiten im Umgang mit Internetanwendungen nicht vorausgesetzt werden könnten. Zwar gebe es natürlich auch kostenpflichtige Lernumgebungen, die sich ihr zufolge aber oft als schwerfällig und intransparent erweisen.

Die Möglichkeit zur lernerInnenorientierten Differenzierung durch eine automatisierte Auswertung von Daten über den Lernfortschritt und das Lernverhalten wird von Weiterbildungsanbietern in Deutschland bis dato kaum genutzt (siehe Dräger/ Müller-Eiselt 2015). Ein Grund dafür könnte der Widerstand der betroffenen Unternehmen sein – so konstatiert ein befragter Bildungsmanager, der die Wirkung des in seinem Start-Up entwickelten Lernmaterials untersuchen wollte: