Wie liebst du denn? - Johanna Sophie - E-Book

Wie liebst du denn? E-Book

Johanna Sophie

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Beschreibung

Alles über die Liebe - vom TikTok-Star Johanna Sophie

Auf Social Media geben viele Menschen Einblicke in ihre Beziehung: Scheinbar dauerhaft glückliche Paare, die nie streiten, ihre Unsicherheiten aufeinander projizieren oder von Ängsten umgetrieben werden. Stattdessen stets harmonisches Zusammenleben, keine Missverständnisse und 24/7 Schmetterlinge im Bauch. Nicht so Johanna – Sie ist seit acht Jahren mit ihrem Freund Sebastian zusammen und gibt auf Social Media Ratschläge, wie eine gesunde Partnerschaft aussieht.

Sie spricht offen über Beziehungszoff, ihre Selbstzweifel, übers gemeinsame Erwachsenwerden und darüber, wie das WIR nicht an der individuellen Weiterentwicklung jedes Einzelnen zerbricht. Nun legt sie einen erzählenden, fundierten Ratgeber für ihre junge Zielgruppe vor. In verschiedenen Kapiteln widmet sie sich Themen wie gesundem Streitverhalten, Eifersucht, Verlustängsten, Abhängigkeit oder dem Umgang mit Freiräumen. Dabei zieht sie Kommunikationsmodelle, Beziehungstypen und psychologische Studien heran und untermauert so ihren eigenen Erfahrungen. Johanna schreibt auf berührende Art und Weise, zeigt sich und ihre Partnerschaft verletzlich und damit gleichzeitig stark und lädt ihre Leser*innen ein, auch die eigene Beziehung zu reflektieren, um gemeinsam zu wachsen.

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Seitenzahl: 209

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Buch

Johanna ist mit ihrer Jugendliebe Sebastian zusammen, seitdem die beiden 16 sind Wer nun denkt, bei den beiden müsse es ja stets harmonisch zugehen, es gäbe nie Missverständnisse, sondern stattdessen 24/7 Schmetterlinge im Bauch, liegt aber falsch. Tatsächlich klärt Johanna in den sozialen Netzwerken darüber auf, wie eine gesunde Beziehung stattdessen aussieht, und spricht über Themen wie respektvolles Streitverhalten, Eifersucht, Verlustangst, Abhängigkeit oder den Umgang mit Freiräumen. In ihrem ersten Buch fasst sie nun ihre Erkenntnisse zusammen, zieht Kommunikationsmodelle, Beziehungstypen und psychologische Studien heran und untermauert so ihre eigenen Erfahrungen. Johanna schreibt auf berührende Art und Weise, zeigt sich und ihre Partnerschaft verletzlich und damit gleichzeitig stark und lädt ihre Leser*innen ein, auch die eigene Beziehung zu reflektieren, um gemeinsam zu wachsen.

Autorin

Johanna Sophie wurde 1997 in der Nähe von Stuttgart geboren. Sie und ihr Freund Sebastian sind ein Paar, seitdem sie 16 sind und würden damit das Klischee einer Jugendliebe erfüllen – wenn Johanna nicht am Herzen läge, mit Klischees aufzuräumen. Auf Social Media teilt sie neben den schönen Momenten auch die Herausforderungen einer Paarbeziehung. Wenn sie nicht gerade ein eigenes Buch schreibt, liest sie selbst gerne, töpfert, macht Yoga oder geht auf Reisen. Johanna hat einen Studienabschluss in Umweltnaturwissenschaften.

Johanna Sophie

Wie liebst du denn?

Unsere Beziehungsreise mit Streit, Angst, Alltag und ganz viel Verbundenheit

Alle Ratschläge in diesem Buch wurden von der Autorin und vom Verlag sorgfältig erwogen und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Eine Haftung der Autorin beziehungsweise des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist daher ausgeschlossen.

Wir haben uns bemüht, alle Rechteinhaber ausfindig zu machen, verlagsüblich zu nennen und zu honorieren. Sollte uns dies im Einzelfall aufgrund der schlechten Quellenlage bedauerlicherweise einmal nicht möglich gewesen sein, werden wir begründete Ansprüche selbstverständlich erfüllen.

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Originalausgabe August 2024

Copyright © 2024: Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Oliver Uschmann

Umschlag: Uno Werbeagentur, München

Umschlagmotiv: Katja Kruse (Instagram: @katjakrusefotografie)

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

AR ∙ IH/cb

ISBN 978-3-641-31742-3V002

www.goldmann-verlag.de

Für Sebastian.

Nur wegen dir weiß ich heute, wie viel ich mir selbst bedeuten darf. Immer noch bis über beide Ohren.

Inhalt

Vorwort

Margeriten sind meine liebsten Blumen

Wie liebst du denn?

Würdest du mich auch lieben, wenn ich ein Wurm wäre?

Ohne mich kein wir

50 : 50

Viele Wege führen zurück zum Spark

Perfekt unperfekt

Dauerglücklich

Danksagung

Quellen

Vorwort

Ich sitze im Schneidersitz ganz rechts außen auf unserem beigen Cordsofa vor einem großen Fenster, den Laptop aufgeklappt auf der Armlehne. Mein üblicher eher unüblicher Arbeitsplatz. Es riecht nach Kaffee, denn Sebastian hat mir gerade den zweiten des Tages in einer meiner liebsten Tassen gebracht, der blauen. Die gelbe mag ich noch lieber, aber in die passt noch mehr Kaffee hinein und damit noch mehr Koffein, was ich am Nachmittag nicht so gut vertrage. Also darf es heute die blaue Tasse sein.

Rechts von mir liegt mein Notizbuch, in das ich gerade noch einen letzten Blick geworfen hatte, bevor ich das dunkelblaue Leseband hineingeschoben, das Buch geschlossen und mich meinem Laptop gewidmet habe.

In meinen Ohren spielt die LoFi-Musik eines YouTube-Videos, das die Sekunden herunterzählt. Gerade bin ich bei 16:22, bei null heißt es fünf Minuten Pause, und danach geht es noch mal 25 Minuten weiter, bis wieder fünf Minuten Pause anstehen. Diese YouTube-Videos waren meine persönliche Rettung im Schreibprozess.

Draußen ist es grau, aber nicht unbedingt dunkel, und die Bäume vor unserem Fenster sind noch kahl. Es ist noch früh im Jahr, Februar, und ich bin in unsere gelbe Wohnzimmerdecke eingewickelt, da wir vor einer halben Stunde die gesamte Wohnung gelüftet haben.

Ich höre Sebastian sich räuspern, er sitzt zwei Meter hinter mir an unserem runden weißen Esstisch und arbeitet heute im Homeoffice. Vor ihm steht ein Blumenstrauß, mit dem ich ihn letzte Woche gefragt habe, ob er mein Valentin sein möchte, denn in zwei Tagen ist Valentinstag.

Die Deckenleuchten sind ausgeschaltet, dafür spiegeln sich in meinem Laptop zwei warme orangefarbene Lichter – indirektes Licht ist am gemütlichsten.

Peripher rechts von mir steht unser Bücherregal, das sich im letzten Jahr gefüllt hat, da ich meine Liebe zum Lesen wiederentdeckt habe. Eins meiner liebsten Bücher liegt jedoch unter meinem Notizbuch, die grün-gelbe Birne auf dem Cover ragt ein wenig hervor: Alte Sorten von Ewald Arenz. Auch wenn ich es erst letzten Sommer gelesen habe, möchte ich es diesen Frühling direkt wieder tun. Es liest sich wie eine laue Sommernacht, in der eine perfekte Brise weht und die Luft nach Gras, Blumen und Leichtigkeit riecht.

Ich höre die Waschmaschine durch das Noise Canceling meiner Kopfhörer und hoffe, dass nicht wieder irgendetwas Zerbrechliches auf ihr liegt, das beim Schleudergang runterfallen könnte.

Ich liebe unsere farbenfrohe Zweieinhalbzimmerwohnung in Stuttgart, aber das Einzige, was mir in den letzten Tagen beim Einschlafen, Aufwachen und Tagträumen durch den Kopf geht, ist, wie sehr ich mich darauf freue, hier auszuziehen.

Nicht weil ich mich nicht wohl fühle, sondern weil die Pinterest Boards darauf warten, Realität zu werden. Ein kleines Haus mit direktem Sonnenlicht, Platz für ein Büro und Shooting-Zimmer, ein Garten mit Hochbeeten und Raum für Partys, wenn uns danach ist.

Kann mich mal jemand kneifen?

Im Januar 2025 wird der rostrote karierte Teppich neben mir in einem hellen, lichtdurchfluteten Wohnzimmer liegen und beim Arbeiten mein Blick nach draußen auf unsere eigene Terrasse fallen. Träume, die in Erfüllung gehen.

Hätte mir mit 18 jemand gesagt, dass ich mit 26 wieder in das Kaff ziehe, aus dem ich komme, hätte ich ungläubig den Mund aufgerissen und dann laut angefangen zu lachen. Ich dachte immer, ich bin ein Großstadt-Girl, gefangen im Dorf, das nur darauf wartet, weit weg von ihrer Familie und der langweiligen Landluft zu sein. Aber turns out – die macht mich glücklicher als Freiburg, Rom, Barcelona oder Stuttgart zusammen. Oder tut es zumindest jetzt, im nächsten Abschnitt unseres Lebens.

Unseres gemeinsamen Lebens.

Sebastian und ich sind dieses Jahr, 2024, neun Jahre ein Paar. Zwei davon haben wir noch im Kinderzimmer unserer Elternhäuser verbracht, ein halbes auf einer Backpacking-Reise durch Südostasien, zwei in Freiburg in unserer ersten gemeinsamen Wohnung, eins zu Coronazeiten in unserer Heimat, zwei Monate in Rom, sechs in Barcelona und eineinhalb Jahre in Stuttgart.

Neun Jahre. Und ich würde sagen, neun sehr prägende.

Jahre, in denen wir gemeinsam erwachsen geworden sind, uns durch Zweifel, Unsicherheiten, Kommunikationsschwierigkeiten, Missverständnisse, Libidoflauten und vieles mehr gekämpft haben.

Jahre, in denen wir gelacht haben, bis uns der Bauch wehtat, füreinander da waren, wie kein anderer Mensch es könnte, uns Geborgenheit, Sicherheit und die tollsten Momente geschenkt haben.

Und jetzt gerade in diesem Augenblick, in dem ich hier sitze, neben mir die blaue Tasse, mein Mail-Postfach geöffnet, bin ich kurz davor, ein Buch über genau diese ganzen Jahre an meinen Verlag abzuschicken.

Ein Manuskript, das nicht nur die rosaroten Seiten einer Beziehung zeigt, sondern auch die Arbeit, die hinter einer Verbindung steckt.

Seiten voller Streitszenarien, Selbstreflexion, Entschuldigungen, Erfolgsmomente, Widersprüche, Wachstumsprozesse und vor allem voller Liebe. Und das alles nicht erfunden, es sind keine fiktiven Figuren, um die es hier geht. Es ist unsere Geschichte – echt und real.

Die Mail, die ich gleich abschicken werde, wird unglaublich intime, rohe und private Teile meiner Beziehung in die Öffentlichkeit katapultieren. Noch mehr, als es meine sozialen Kanäle je getan haben.

Denn das, was ich in diesem Manuskript niedergeschrieben habe, ist mit so vielen detaillierten Emotionen bestückt, wie es ein Einminutenvideo auf TikTok kaum je darstellen könnte.

Es ist alles, was ich weiß. Alles, was wir gelernt haben. Antworten auf fast jede der Fragen, die mir online so oft gestellt werden.

Auf Social Media geschieht häufig das, was ich mit diesem Buch versuche zu verhindern – Vergleiche mit einer nur halb wahren Realität.

Der Urlaub, in dem das blaue Meer gezeigt wird, die vermüllten Strände aber nicht gepostet werden. Die Wohnung, in der das Bett im Morgenlicht frisch bezogen wird, der überquellende Wäschesack aber nicht im Bild ist. Ein Paar, das lachend vor der Kamera miteinander tanzt, und niemals ein Paar, das im Zoff mit den Türen knallt. Ich filme zwar auch nicht, während ich mich mit meinem Freund streite, aber ich erzähle von diesen Momenten. Denn sie gehören dazu. Genauso wie der ruinierte Urlaub, die dreckige Wäsche und der manchmal langweilige Alltag. Genauso wie der lustige Abend mit Mario Kart, die überglückliche Umarmung beim Wiedersehen oder der romantische Städtetrip nach Rom.

Ich versuche so gut es geht, ein Gesamtbild davon zu vermitteln, wie eine Beziehung, unsere Beziehung, aussieht. Und ich meine zu wissen, dass das vielen Menschen hilft, ihren Perfektionismus abzulegen, und sich der Beziehungsarbeit und der Liebe, die dadurch ermöglicht wird, wirklich hinzugeben.

Ich zapple auf dem beigen Sofa leicht herum, weiß nicht so genau, wie ich sitzen soll. Mein Bauch fühlt sich flau an, meine Knie sind wackelig, mein Herz ist weich und offen.

Ich bin irgendwie traurig. Darüber, dass der Schreibprozess jetzt vorbei ist, denn durch das Niederschreiben habe auch ich noch mal unsere ganze Beziehung, unsere Learnings durchleben dürfen.

Ich bin aufgeregt. Weil Menschen meine Worte lesen, sich ihre Meinung bilden und mich kritisieren werden.

Ich bin glücklich, diesen langen Weg gegangen zu sein, und darüber, dass Menschen endlich dieses Buch lesen können, sich weniger allein fühlen, sich in meinen Zeilen wohl fühlen dürfen.

Ich bin sehr stolz, vor allem auf Sebastian und mich. Dass er hier hinter mir sitzt und sich räuspert. Dass wir all das, was ich in diesem Manuskript niedergeschrieben habe, gemeistert haben.

Ich bin dankbar für die Chance, den Traum, ein Buch zu schreiben, Realität werden zu lassen.

Es geht viel in mir vor, während ich die Maus immer wieder über den »Senden«-Button gleiten lasse.

Gleich werden all meine Worte aufgeteilt, durch die Luft geschickt und in München, am Laptop meiner Lektorin, wieder zusammengefügt.

Vor einem Jahr hätte ich mir nicht mal erträumen können, ein Buch zu schreiben, und jetzt ist es schon wieder vorbei. Einen gefühlten Wimpernschlag später.

Ich habe es schon immer geliebt, Momente, Erlebnisse, Emotionen einzufangen.

Mit acht Jahren bin ich durch das damalige Haus meiner Familie gesprungen, in der rechten Hand einen alten Camcorder. Solche, die jetzt wieder verwendet werden, weil sie den Videos einen coolen Retrolook verschaffen. Ich bin so jemand, der jetzt eine coole Retrokamera für diesen Look hat. Und damals war ich auch so jemand. Mini me. Wie die kleine Johanna mit nackten Füßen über den PVC-Boden läuft und alle in diesem Haus lebenden Kreaturen – fünf Menschen und drei Katzen – sucht, um sie zu interviewen. Aber zuallererst mich. Im länglichen Spiegel, der im Flur zwischen Wohn- und Schlafzimmertür hängt.

Ich rede vor der Kamera mit gestelzter Stimme und spreche zu meinem imaginären Publikum. Als Nächstes sieht man einen Clip unserer getigerten Katze Pupsi, die auf dem roten Ledersofa liegt und eingerollt schläft. Ich zoome ganz nah an ihre Ohren heran, sodass man die feinen, abstehenden weißen Härchen sehen kann. Das Video wechselt zu meiner kleinen Schwester, die mit Schokolade verschmiert, nur in Strumpfhose und rotem Pulli, ein von ihr erfundenes Ständchen singt, und schwenkt rüber zu meinem rauchenden Vater, der gerade die Fernbedienung sucht, um den schwarzen Röhrenfernseher einzuschalten.

Meine Mutter schreit aus der Küche, dass es Essen gibt, und der nächste Clip besteht aus meinem Teller, auf dem sich Gurkensalat und Kartoffeln mit Joghurtdip befinden. Ich schwenke zur Tür, meine große Schwester kommt herein und entschuldigt sich in genervtem Ton dafür, zu spät zu kommen, bevor sie sich neben mich setzt.

Ein Day in the Life of Johanna Sophie, 2006 Edition.

Heute, 18 Jahre später, halte ich immer noch mein Leben fest. Nehme auf Instagram täglich über 80000 Menschen dabei mit, wie ich Sebastian und mir Frühstück zubereite, meine Mutter zum Krankenhaus fahre oder den ersten Frühlingsspaziergang mache. Teile auf TikTok mit über 300000 Menschen jeden Tag drei Videos zu den verschiedensten Themen rund um das Thema Beziehungen. »Wie werde ich unabhängig?, Teil 3«, »52-Tage-Dating-Serie, jede Woche 2023 ein Date«, »Folgt mir für mehr realistischen Beziehungscontent, ihr seid nicht alleine«.

Angefangen hat alles 2018 auf Instagram. Ich habe das, was mich bewegt, nicht nur festgehalten, sondern auch im Foto- und Videoformat geteilt. Anfangs Yoga, dann Feminismus, mentale Gesundheit, Beziehungstipps und jetzt alles, was mit meiner Lebensrealität zu tun hat. Alles, was mich berührt und von dem ich glaube, dass es auch andere berühren kann. Und mit der Zeit wurde meine Passion zum Beruf. Stand heute halte ich Momente nicht mehr nur auf Video, sondern auch auf Papier fest.

Ich spüre sanft eine Hand auf meinem Rücken und schrecke leicht hoch. Mich kann man unglaublich gut erschrecken, auch wenn Sebastian das hier gerade gar nicht vorhatte.

»Na? Wann drückst du ihn endlich?«, sagt er leicht grinsend.

»Wen?« antworte ich verdutzt.

»Ja den ›Senden‹-Knopf. Du sitzt hier schon seit locker dreißig Minuten. Das Buch wird so vielen Leuten helfen und ganz viele Menschen bewegen – da bin ich mir sicher.«

Er streichelt langsam an meinem Rücken hoch und runter, drückt mich behutsam in eine leichte Umarmung.

»Ich weiß doch, aber wenn ich das jetzt abschicke, ist es vorbei.«

»Das stimmt doch gar nicht. Wenn du das jetzt abschickst, geht es erst so richtig los.«

Er lächelt mich an, und ich muss zurücklachen, denn, ja, er hat Recht.

Meine Maus wandert zum »Senden«-Button. Drei, zwei, eins – los.

Ich muss breit grinsen und stoße einen Laut aus, der als Freudenäußerung zu deuten ist. Jetzt gibt es kein Zurück.

Mein Buch über unsere Beziehung wird veröffentlicht, und ich kann nichts mehr daran ändern, dass ich so schonungslos ehrlich war. Und wisst ihr was? Das möchte ich auch nicht.

Wie liebst du denn? handelt davon, dass Harmonie wichtig, aber Streit Teil des Lebens ist. Dass menschliche Beziehungen toll sind, eine gute Beziehung zu sich selbst aber lebensnotwendig ist. Dass Verliebtsein schön, aber Liebe eine Entscheidung ist.

Und ich würde diese Entscheidung immer wieder treffen. Die für die Liebe und die, meine Liebe mit euch zu teilen. 

Margeriten sind meine liebsten Blumen

Der erste Streit

Jeder kennt sie, die rosarote Brille. Und gerade wenn man mit 16 oder 17 Jahren zusammenkommt, ist sie sehr rosa und besonders rot. Es muss noch 2015 gewesen sein, als die Brille uns zum ersten Mal von der Nase gerutscht ist. Wann blühen Margeriten denn? Na ja, egal, dazu später mehr. Wir waren bei Sebastian zu Hause oder besser gesagt im Haus seiner Eltern, in seinem Kinderzimmer.

Der Rückzugsort befand sich im Keller und hatte einen eigenen Zugang, sozusagen eine zweite Haustür. In unserem Alter fast schon so cool, dass man allein aus diesem Grund mit jemandem zusammenbleiben würde.

»Ich hatte schon immer das Gefühl, das ist der Grund, warum du es so lange mit mir aushältst.« – Sebastian

Natürlich nur ein Scherz, aber ein Plus war es trotzdem. Vor allem, weil man sich nachts reinschleichen konnte, ohne dass die Eltern es bemerkten. Falls ihr das hier zum ersten Mal hört, Sebastians Eltern – Entschuldigung! Und danke für die unwissentliche Gastfreundschaft.

Am besagten Tag der heruntergerutschten Brille lagen wir also auf Sebastians Bett. Es war wieder mit seiner anscheinend liebsten Bettwäsche bezogen. Die, auf der Giraffen und Elefanten vor einem Sonnenuntergang umherlaufen. Nicht meine erste Wahl, aber besser als die mit roten und grünen Linien. Meistens lagen wir in diesem Zimmer auf dem Bett, haben uns stundenlang nur angeschaut, den einen oder anderen Kuss ausgetauscht oder auf meinen Wunsch hin einen Horrorfilm angeschaut. Nicht weil ich die Filme, sondern weil ich Sebastian so toll fand und ihm mithilfe des Gruselfaktors näherkommen konnte: »Oh mein Gott, ich hab ja solche Angst!« Vielleicht kennt das der eine oder die andere?

An dem Tag lagen wir aber einfach nur nebeneinander, schauten an die Decke und hielten Händchen, seine Finger in meine verschränkt, meine Hand unter seiner – so mögen wir es immer noch am liebsten. Es war etwas still, als ich ansprach, dass ich nicht wusste, wie ich nach Hause kommen sollte. Der letzte Zug war schon gefahren und mein Fahrrad hatte ich auch nicht dabei.

Die Dörfer, in denen wir aufwuchsen, waren fünf Kilometer voneinander entfernt, und der »Zug«, er heißt bei uns »Tälesbahn«, fuhr jede Stunde von kleinem Dorf zu noch kleinerem Dorf. Meine letzte Möglichkeit, nach Hause zu kommen, war um 21:04 Uhr gewesen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass meine Aussage bei Sebastian Unwohlsein auslöste. Dachte er jetzt »Oh Mann, wieso hat sie nicht einfach den letzten Zug genommen?« oder fragte er sich »Wessen Problem ist das gerade?«? Wenn ich so darüber schreibe, kommt mir der Gedanke: Die rosarote Brille reflektiert nach außen und spiegelt nach innen. So viel, wie man beim Gegenüber übersieht, so viel und das Doppelte kommt an Unsicherheiten über sich selbst und das eigene Verhalten wieder zurück. Es hat also nicht nur Vorteile, frisch verliebt zu sein, aber dazu kommen wir sicherlich noch in anderen Kapiteln.

An diesem lauen Sommerabend auf dem Bett mit den Giraffen und Elefanten, es war noch leicht hell draußen, brannte mir nicht nur die Frage über das Nachhausekommen auf den Lippen. Wir hatten uns in der letzten Woche zum ersten Mal angezickt, wahrscheinlich über eine banale Sache, die jedoch dringend (!) noch mal beäugt werden musste, vor allem auf der Metaebene. Sebastians liebste Disziplin … Achtung, Ironie.

Aber davon wusste ich damals natürlich noch nichts.

Die zwei Themen kombiniert – nach Hause kommen und über unnötige Zickereien zicken – weckten in mir eine Erwartung, die ich aber nicht aussprach. Warum auch über die eigenen Bedürfnisse sprechen? Wieso sind Menschen oft so kompliziert, wenn die Lösung auf der Hand liegt? Es war die Erwartung, dass Sebastian mich von seinem in mein Dorf bringen sollte – zu Fuß.

Fünf Kilometer zu zweit zu mir und danach die gleiche Strecke allein wieder zurück. Ob ich meinen Vater nicht schon wieder anrufen und fragen wollte, ob er mich abholen könnte, oder ob ich einfach nur Zeit mit Sebastian verbringen wollte, weiß ich nicht mehr so genau. Aber so, wie ich mich kenne, beides.

Tatsächlich musste ich hier mein Gedächtnis noch mal von Sebastian auffrischen lassen, obwohl er sich meistens nicht mal daran erinnern kann, wo er seinen Schlüssel, seinen Geldbeutel und sein Handy schon wieder hingelegt hat.

Aber meine Erinnerung war wie folgt: Die letzte halbe Seite, all diese Gedanken zwischen meiner Aussage und Sebastians Antwort darauf, haben sich angefühlt wie zehn Minuten … In der Wirklichkeit waren jedoch nur 30 Sekunden vergangen, bis Sebastian seinen Kopf drehte und fragte: »Sollen wir zusammen nach Neuffen (besagtes Dorf, in dem ich aufgewachsen bin) laufen? Ich kann dich nach Hause bringen.«

Hatte er meine Gedanken gelesen? Sicherlich nicht, aber manchmal hat man dann eben doch die gleichen Ideen.

Und so haben wir es schließlich auch gemacht, durch seinen Garten, in dem die Sonnenblumen schon zu blühen angefangen hatten und uns in der Höhe fast überragten, am Friedhof und am Pferdehof vorbei, an dem ich nie vorbeigehen kann, ohne mindestens ein Pferd gestreichelt zu haben. Entlang an den Maisfeldern und dem kleinen Spielplatz, der mir als Kind viel größer vorgekommen war und bei dem wir anhielten, um zu rutschen. Und gerade als wir Hummel’s Mühle hinter uns gelassen hatten und über die Flussbrücke gelaufen waren, habe ich die Zickerei angesprochen.

Und anscheinend ist in dem Moment auch Sebastian die rosarote Brille von der Nase gerutscht, denn genau zwischen dem Ortsausgangsschild des Dorfes, das zwischen seinem und meinem Heimatort liegt, entstand unser erster Streit. Mit Augenrollen, lauter Stimme, ein paar kullernden Tränen … allem, was dazugehört eben.

Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht mehr genau, um was es ging, aber ich weiß noch ganz genau, wie unser erster Streit zu Ende ging – und zwar mit Margeriten.

Sie wuchsen überall am Rand des kleinen Feldweges, an dem wir entlangliefen, neben gelben Butterblumen und weißer Schafgarbe. Unbegreifliche Schönheit, nicht wahrnehmbar für zwei Streithälse, wie wir es in dieser lauen Sommernacht waren. Wir ignorierten die Blumen ganz unabsichtlich, zu vertieft waren wir in alles, was Sebastian ›immer‹ und ich ›nie‹, Sebastian ›nie‹ und ich sowieso ›immer‹ machte.

Alles gesagt und jede mögliche Art, sich zu streiten, ausgelebt, liefen wir ein paar Minuten still nebeneinander. Als ich in Gedanken versunken war, konnte ich den Geruch der Blüten und das Zirpen der Grillen nicht mehr ignorieren. Vielleicht war es diese Schönheit, die dazu führte, dass wir gleichzeitig die Köpfe wieder zueinander drehten. Wir fingen im selben Moment an zu reden. »Wieso …«, »Oh Mann …« – »Sag du zuerst«, schlug Sebastian mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen vor. Und so folgte auf unseren ersten richtigen Streit auch unsere erste richtige Versöhnung. Der erste Funken Beziehungsarbeit. Damals war uns noch nicht bewusst, wie viel Arbeit eine Beziehung sein kann und wie oft wir noch an unsere Grenzen kommen würden. Aber schon in dieser sanften Dämmerung haben wir gespürt, dass wir bereit dazu sind, die Arbeit zu leisten, die eine Beziehung braucht, und uns immer und immer und immer wieder zu versöhnen.

Die Versöhnung dauerte fast genauso lang wie der Streit selbst. Wir sprachen uns aus, teilten, was wir beim Streiten gefühlt hatten, und sagten, was wir beim nächsten Mal gern anders machen würden. Es war, als wäre ein Schalter umgelegt worden. Auch wenn wir ähnliche Dinge aussprachen – genau das, was vorher Wut, Missverständnis und Trotz ausgelöst hatte, endete nur zehn Minuten später, auf dem gleichen kleinen Feldweg, mit genau den gleichen Menschen, in Wohlwollen. Nicht die Themen, sondern das Ziel und der Gewinn hatten sich verändert. Jetzt stand im Fokus, eine gemeinsame Lösung zu finden, statt seine eigenen Argumente durchboxen zu wollen. Der Gewinn war, den Weg gemeinsam zu gehen, zueinander gewandt, Hand in Hand.

Nach einigen Minuten konnte auch ich wieder lächeln, woraufhin Sebastian den einen Meter Sicherheitsabstand oder »Streitabstand« verkürzte, um mir so nah zu kommen, dass er meine Hand nehmen, seine Finger mit meinen verschränken und meinen Handrücken küssen konnte. Dieses Gefühl, die Erleichterung – das Gegenteil von Herz in die Hose rutschen. Das Gefühl, dass das Herz wieder genau an der richtigen Stelle pocht, im gleichen Takt wie das des*der Partner*in.

Fünf Gehminuten von meinem Haus entfernt, über unseren ersten Streit fast schon wieder hinweg, stoppte Sebastian, pflückte zwei Margeriten und gab mir eine davon. »Schenken wir uns diese Margeriten und versprechen uns, dass wir alles gemeinsam schaffen können, auch sowas Schwieriges wie das gerade.«

Die zwei Blumen habe ich noch Monate danach in einem kleinen Weckglas aufgehoben, und was soll ich sagen – Margeriten sind meine liebsten Blumen.

»Zwar sind die Blumen lange vergangen, aber wir haben noch immer ein ausgedrucktes Foto davon, das uns an diesen Moment und das Versprechen, das wir uns gegeben haben, erinnert.« – Sebastian

Das war zwar unser erster, aber sicherlich nicht unser letzter Streit. Oft braucht es ein paar Monate, bis die ersten Macken ans Tageslicht kommen. Genau das bedeutet ja die rosarote Brille – man schaut gern über die Unstimmigkeiten hinweg, findet sie vielleicht sogar ganz süß, bis einem nach einer Weile auffällt, dass da vielleicht doch Konfliktpotenzial ist. Und das ist auch überhaupt nicht schlimm. Streit kann gesund sein, wenn man ihn lösungsorientiert führt. Und Streiten hört nach meiner Erfahrung auch nicht irgendwann auf, nach dem Motto: Irgendwann müssen doch alle Probleme gelöst und alle Kompromisse gefunden sein.

Manche Macken haben wir akzeptiert und lieben gelernt. Sowas wie, dass Sebastian nach 21 Uhr keine Filme oder Serien mehr schauen kann, ohne dass ihm sofort die Augen zufallen.

Und auch der Fakt, dass ich ihn trotzdem jedes Mal überrede, doch noch einen Film zu starten, obwohl wir beide genau wissen, was passieren wird. Sebastian hat akzeptiert, dass uns »gegenseitig« massieren immer bedeutet, er wird zehn und ich mindestens 30 Minuten massiert. Und dass wir jedes Mal stehen bleiben müssen, wenn ich einer Katze über den Weg laufe, was in Marokko, Indien oder Griechenland wirklich häufig vorkommt.

Es gibt aber auch jetzt noch Eigenschaften der*des anderen, die wir zwar nicht lieben, aber akzeptieren gelernt haben. Zum Beispiel der Fakt, dass ich ein eher nachdenklicher Mensch bin und meine Emotionen auch nach außen trage, etwa, indem ich weine. Ich würde sagen, das kommt mindestens einmal die Woche vor. In guten Wochen. Am Anfang hat Sebastian das total überfordert, denn ihm wurde oft gesagt, dass Weinen etwas Schwaches sei. Und nachdem die rosarote Brille runtergefallen war und ich ein paar Mal geweint hatte, haben wir gemerkt, dass wir da unterschiedlicher Ansicht sind. Er wollte mir am liebsten immer sagen, dass ich aufhören soll, und ich wollte daraufhin am liebsten noch viel mehr weinen.