Wild Rose Cottage - Cassia Bieber - E-Book
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Wild Rose Cottage E-Book

Cassia Bieber

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Beschreibung

Calla ist bereit für einen Neuanfang! Nachdem sie sich lange um ihre kranke Mutter gekümmert hat, will die junge Gartenbauingenieurin den Schritt in ein neues Leben wagen und die Welt bereisen. Doch manchmal liegt das Abenteuer näher als gedacht. Denn plötzlich steht Calla in dem idyllischen Städtchen Wiltshire ihrer Jugendliebe Rowan gegenüber – einem verschlossenen Buchhändler und Single Dad. Obwohl er nur für seinen kleinen Sohn da sein will, krempelt Calla nicht nur seinen verwilderten Cottage-Garten, sondern auch Rowans Gefühle um. Dennoch wehren sich beide gegen die Anziehungskraft. Denn Rowan ist das Risiko zu hoch, dass er und Jake erneut verletzt werden. Und Calla plant eigentlich ein anderes Leben. Also ist eine Beziehung unmöglich. Oder? Romance, die zum Träumen einlädt: »Wild Rose Cottage« von Cassia Bieber ist als Printausgabe und Hörbuch bei SAGA Egmont erhältlich sowie als eBook bei dotbooks

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Seitenzahl: 364

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Über dieses Buch:

Calla ist bereit für einen Neuanfang! Nachdem sie sich lange um ihre kranke Mutter gekümmert hat, will die junge Gartenbauingenieurin den Schritt in ein neues Leben wagen und die Welt bereisen.

Doch manchmal liegt das Abenteuer näher als gedacht. Denn plötzlich steht Calla in dem idyllischen Städtchen Wiltshire ihrer Jugendliebe Rowan gegenüber – einem verschlossenen Buchhändler und Single Dad. Obwohl er nur für seinen kleinen Sohn da sein will, krempelt Calla nicht nur seinen verwilderten Cottage-Garten, sondern auch Rowans Gefühle um. Dennoch wehren sich beide gegen die Anziehungskraft. Denn Rowan ist das Risiko zu hoch, dass er und Jake erneut verletzt werden. Und Calla plant eigentlich ein anderes Leben. Also ist eine Beziehung unmöglich. Oder?

»Wild Rose Cottage« erscheint außerdem als Hörbuch und Printausgabe bei Saga Egmont, www.sagaegmont.com/germany.

Über die Autorin:

Cassia Bieber, geboren in Rio de Janeiro, lebt mit ihrer Familie in Hamburg. Sie wurde vom Liebesroman-Fan zur Liebesroman-Autorin und bloggt nebenher über ihre Bücher und ihr Leben auf Instagram.

Die Autorin bei Facebook: cassiabieber.csbieber/

Die Autorin auf Instagram: @cassia.bieber

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eBook-Ausgabe Februar 2025

Copyright © der Originalausgabe 2025 Cassia Bieber und SAGA Egmont

Copyright © der eBook-Ausgabe 2025 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung eines Motives von Iman / Adobe Stock sowie mehrerer Bildmotive von © shutterstock

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (fe)

ISBN 978-3-98952-407-1

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dotbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, einem Unternehmen der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13,4 Millionen Euro unterstützt: www.egmont.com/support-children-and-young-people. Danke, dass Sie mit dem Kauf dieses eBooks dazu beitragen!

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Cassia Bieber

Wild Rose Cottage

Roman

dotbooks.

Kapitel 1

Wiltshire war bekannt für seine idyllische Ruhe, die Besucher in einem Gefühl von Gelassenheit schwelgen ließ, während sie durch die von weiten Wiesen gesäumten Straßen fuhren. Doch als die Bremse von Callas lavendellilafarbenem Camaro plötzlich versagte, verschwand jede Spur von Frieden. Ihr Herz raste, als würde es versuchen, durch ihre Brust zu brechen. Die Panik setzte blitzschnell ein, als sie verzweifelt erneut auf das Bremspedal trat – doch nichts geschah.

Der Tacho zeigte noch immer fünfzig Stundenkilometer, während das Auto unaufhaltsam auf eine scharfe Kurve zusteuerte. Callas Hände verkrampften sich, ihre Finger so fest um das Lenkrad geschlossen, dass die Knöchel weiß hervortraten. Ihre Atemzüge wurden immer hektischer, und die Scheiben begannen zu beschlagen.

Sie zwang ihren Blick auf die Straße vor ihr, die sich wie ein schwarzer Abgrund endlos erstreckte. Doch Calla wusste, dass sie in wenigen Minuten ihr Ziel erreichen würde. Eine scharfe Kurve musste sie jedoch noch meistern, und die Idee, jetzt die Handbremse zu ziehen, erschien ihr genauso klug, wie diese Todesmaschine gekauft zu haben.

Sie passierte das Schild mit der Aufschrift Willkommen in Wiltshire, neben der eine Kuh abgebildet war, und schickte ein stummes Stoßgebet gen Himmel, dass gleich nach der Kurve kein Gefälle lauerte. Immerhin war es schon eine gefühlte Ewigkeit her, seit sie das letzte Mal in Wiltshire gewesen war, und Erinnerungen an den Weg konnten ganz schön trügerisch sein. Der Tacho zeigte nun vierzig Stundenkilometer an, und Calla wandte sich ihrer treuen Orchidee auf dem Beifahrersitz zu.

»Kopf hoch, Monie«, sagte sie, als würde die Pflanze persönlich ihr versichern, dass heute noch nicht ihr letzter Tag auf Erden war.

Ein Gedanke an den Tod? Nein, danke. Nicht schon wieder. Calla schluckte schwer und warf erneut einen Blick auf den Tacho. Dreißig Stundenkilometer. Sie atmete aus. Vielleicht könnte sie jetzt doch langsam die Handbremse betätigen, ohne gleich die Kontrolle über das Fahrzeug zu verlieren. Als sie wieder auf die Straße blickte, unterdrückte sie einen Schrei. Ein hellbraunes Fellknäuel flitzte über den pechschwarzen Asphalt. Calla nahm reflexartig ihre andere Hand von der Gangschaltung und griff nach dem Lenkrad. Sie erinnerte sich daran, wie ihr Fahrlehrer ihr damals eingebläut hatte, dass man lieber anhalten als ausweichen sollte. Aber was tun, wenn die verdammten Bremsen einfach nicht mitspielten? Das hatte ihr keiner beigebracht! Das Auto rumpelte durch ein Schlagloch, und Calla riss nun doch das Lenkrad herum, lenkte den Wagen auf einen stockdunklen Schotterweg. Doch das Auto bremste auf dem holprigen Untergrund nicht ab - im Gegenteil, es beschleunigte sogar. Ein Gefälle! Was für eine Überraschung … Jetzt schrie sie. Calla presste ihre Handflächen noch fester gegen das Lenkrad. Hin und her wurde sie auf dem Fahrersitz geschaukelt, wobei die Feder des Sitzes ein quietschendes Geräusch von sich gab.

Fünfzig Stundenkilometer.

Sie nahm Monie auf ihren Schoß. Wenn sie schon sterben musste, dann zumindest mit ihrer geliebten Pflanze in den Armen, die ihr schon so oft in ihrem Leben beigestanden hatte. Schon wieder diese Gedanken, die sie nicht haben wollte. Wäre Calla doch bloß nicht so knapp bei Kasse und nicht zu stolz gewesen, ihren Vater um finanzielle Hilfe zu bitten - dann hätte sie sich nicht diesen Schrotthaufen für zweihundert Pfund gekauft und wäre nicht dabei, ungebremst auf einer stockdunklen Straße zu rasen.

Sechzig Stundenkilometer.

Ein gelber Lichtpunkt zeichnete sich in der Dunkelheit ab. Calla schaltete das Fernlicht ihres Autos ein und erkannte die Umrisse eines Hauses. Ein Cottage! Sie ließ das Fahrerfenster herunter und schrie aus vollem Herzen um Hilfe. Aber was erhoffte sie sich davon? Etwa, dass ein Dorfbewohner mit übernatürlichen Kräften aus dem Cottage herbeieilte und das Auto mit bloßen Händen zum Stillstand brachte?

Calla steckte den Kopf wieder ins Auto und warf einen Blick auf den Tacho. Fünfundfünfzig Stundenkilometer. Die Straße verwandelte sich in eine Serpentine. Was, wenn sich der Wagen überschlug? Sie hatte nicht so lange auf ihre Freiheit gewartet, um die Radieschen in Wiltshire von unten zu betrachten. Erneut schaute sie auf den Tacho, bis er vierzig Stundenkilometer anzeigte, riss das Lenkrad herum und fuhr geradewegs auf eine Wiese, die mit hohem Gras bewachsen war.

Es raschelte.

Es krachte.

Callas Oberkörper wurde nach vorne geschleudert, der Sicherheitsgurt schnitt in ihre Brust ein, und die Welt klang für einen Moment dumpf. Die Airbags entfalteten sich zögerlich wie ein nur halb aufgeblasener weißer Luftballon.

Calla atmete hektisch aus, betrachtete ihre Orchidee, deren zerrupfte Blüten wie lila Konfetti auf ihrem Schoß verstreut lagen. Ihr Herz krampfte sich zusammen, sie löste ihre zitternden Hände vom Lenkrad und stieg aus. Ihre Schuhe versanken im hüfthohen Gras, dessen Spitzen ihre Haut kitzelten. Sie stellte die Blume zurück auf den Beifahrersitz, während ihr die milde Abendluft über die Wangen strich. Ihr Puls hämmerte gegen ihre Schläfen, und nicht einmal der Duft des feuchten Grases konnte ihren Herzschlag beruhigen.

»Was zum …«, ertönte eine männliche Stimme.

Calla wandte den Blick vom Lichtkegel ab, der ein anderes Auto beleuchtete. Es war ein roter Pick-up, der unter dem Carport neben dem Cottage stand und in dessen Seite sie gekracht war. Sie zitterte, sah aber trotzdem zu der Gestalt, die auf sie zukam.

»Ich …«, brachte Calla mit unsicherer Stimme hervor.

Der Mann ging durch das hüfthohe Gras, das die Autos umgab, und vergrub die Finger in seinen kastanienbraunen Locken. Die Scheinwerfer flackerten ein letztes Mal, bevor sie den Geist aufgaben. Nur das sanfte Licht, das durch das Seitenfenster des Cottages fiel, ließ Calla noch die Umrisse des Mannes erkennen.

»Glaikit!«, sagte der Mann.

Verwirrt zog Calla die Augenbrauen zusammen. Das Wort lenkte sie von ihrem donnernden Herzschlag ab. »Wie bitte?«

Er hob den Kopf. Ein merkwürdiges Gefühl machte sich in ihrer Brust breit. Als würde sie ihn kennen.

»Du hast mein Auto zerstört!«, spuckte er die Worte aus, als würde er lieber ein heftiges Schimpfwort aussprechen.

Calla schaute zwischen ihrem Camaro und dem Pick-up hin und her. »Ich … Ich konnte mein Auto nicht bremsen und dachte, dass es schneller stehen bleiben würde, wenn ich es aufs Feld lenke. Ich hätte nicht gedacht, dass es einen Carport am Feldrand gibt. Das hohe Gras hat meine Sicht -«

»Das interessiert mich einen Scheißdreck!«, sagte er und fuhr sich kopfschüttelnd durch die Locken. »Glaikit!«

Da war schon wieder dieses unbekannte Wort. Calla verdrängte die Lust, ihr Handy aus ihrer Tasche herauszukramen und den Begriff zu googeln. »Was bedeutet Glaikit?«

Er richtete seinen flammenden Blick auf sie. »Wie soll ich morgen zur Arbeit fahren?«

»Das bedeutet Glaikit? Wow! Was für ein vielsagendes Wort«, erwiderte sie in einem sarkastischen Ton.

Vielleicht hätte Calla ein wenig mehr Respekt oder sogar Angst haben sollen. Immerhin stand sie in der Dunkelheit, nur von Wildwuchs umgeben, und nach einem kurzen Blick über die Schulter stellte sie fest, dass sie mindestens fünf Minuten zu Fuß gehen musste, um wieder zur Hauptstraße zu gelangen. Wenn dieser wütende Mann ihr wehtun wollte, würde das hier keiner mitbekommen.

»Warum grinst du so dämlich?«, fragte er.

Wahrscheinlich lag es am Adrenalin, das noch in ihren Adern sirrte, oder daran, dass dieser Moment sie mehr empfinden ließ, als sie in den letzten zehn Jahren gespürt hatte. Jedenfalls begann Calla zu lachen. »Wenn jemand hier dämlich ist, dann bist du es!« Sie lachte lauter, fasste sich an den Bauch und hinterfragte selbst ihre mentale Gesundheit. »Anstatt sich um einen Menschen zu sorgen, der gerade einen Autounfall hatte, fragst du dich, wie du morgen zur Arbeit kommen sollst? Weißt du überhaupt, was für ein Wunder es ist, dass ich lebe?«

»Ich habe …« Ein Bellen ließ ihn verstummen, und der Mann riss den Kopf in die Richtung, aus der das Geräusch kam. »Sam!«

Calla zog die Augenbrauen hoch und sah zu dem hellbraunen Golden Retriever, der mit wedelndem Schwanz auf den Mann zusprang.

»Der Fellknäuel!«, sagte Calla und sog die Luft ein. Ihr war plötzlich das Lachen vergangen. »Gehört der Hund dir?«

Er kraulte mechanisch das Tier unter dem Ohr und sah sie an, als wäre ihre Frage genauso überflüssig wie ihr Lachanfall. »Was geht dich das an?«

Wut ballte sich in ihrer Kehle zusammen. Es reichte nicht aus, dass ihm sein Auto wichtiger war als das Wohlbefinden eines Menschen. Nein. Er musste auch noch so verdammt unhöflich sein und den Hund besitzen, wegen dem sie überhaupt hier war.

»Pass auf, du arrogantes -«

»Hey!«, unterbrach er sie und warf einen kurzen Blick zum Cottage hinter ihm. »Leiser, bitte.«

Bitte? Calla konnte es sich nicht vorstellen, dass dieser Ausdruck zu seinem Wortschatz gehörte. Aber scheinbar benutzte er es, um Calla davon abzuhalten, jemanden aus seinem Haus zu locken. Ihr war es schlichtweg egal.

»Dein Hund ist der Grund, warum ich in dein Auto reingefahren bin!«

»Zum einen gehört Sam nicht mir, sondern der Nachbarin. Wenn er aber die Wahl hätte, würde er wahrscheinlich zu mir ziehen«, erwiderte er mit ruhiger Stimme. »Zum anderen saß Sam doch nicht am Steuer deines Camaro, oder?«

Sie konnte es sich nicht vorstellen, dass irgendein Lebewesen freiwillig bei so einem unhöflichen Mann leben würde. »Er ist über die Straße gelaufen, und ich musste ihm ausweichen.«

Er öffnete den Mund, sah kurz zu dem Hund und wieder zu Calla. »Hast du nicht in der Fahrschule gelernt, dass du keinen Tieren ausweichen sollst?«

»Wie wäre es mit einem ›Danke, dass du den Hund nicht überfahren hast‹?«

»Wie wäre es mit bremsen?«

Sie steckte die Hände in die Hosentasche und krallte die Fingernägel in den Stoff. Scheinbar hatte er die Information nicht wahrgenommen, dass sie nicht hatte bremsen können. Calla hatte auch das Gefühl, dass er diese Information nur dazu nutzen würde, um sich noch unausstehlicher zu verhalten. Aus dem Grund grunzte sie nur, riss die Tür ihres Wagens auf und holte ihren Wanderrucksack und die Orchidee heraus. »Morgen früh kommt ein Abschleppwagen. Die Rechnung für die Reparatur deines Pick-ups kannst du zum Wild Rose Cottage schicken.«

Er ließ eine unangenehme Minute vergehen, bevor er den Hund losließ und sich wieder aufrichtete. »Warum sollte ich die Rechnung zum Bed & Breakfast schicken?«

»Das Wild Rose Cottage gehört meinem Vater, und ich werde den Sommer über dort wohnen.«

Er kniff die Augen zusammen, ließ seinen Blick über ihre zerrissenen Jeans, die fein gezeichneten Tattoos auf ihrem Bauch, ihr schwarzes Croptop und schließlich über ihr Gesicht gleiten. »Calla?« Es klang wie ein Vorwurf.

»Ja.« Ihre Antwort klang fast wie eine Frage.

»Calla Lilly Wood?«

Sie zog die Augenbrauen zusammen. »Genau die Calla bin ich.«

Seine Kiefermuskeln zuckten, und seine Miene veränderte sich von wütend oder genervt zu … besorgt? »Ich habe dich nicht wiedererkannt.«

Sie blieb einen Moment stumm, verschränkte die Arme vor der Brust und kaute auf der Unterlippe herum. Natürlich war er das. In ihrem Herzen hatte sie es gewusst. Doch ein Teil von ihr hatte gehofft, sie hätte sich geirrt, denn so, wie er sich verhielt, kannte sie ihn nicht. Sie musste aber sicher sein. »Woher kennst du mich?«

»Es spielt keine Rolle. Komm einfach mit mir rein.« Und schon wieder klang er wütend.

»Ich werde nicht mitten in der Nacht in das Haus eines Mannes gehen, den ich nicht kenne und der sich mehr Sorgen um sein Auto als um ein Lebewesen macht.«

»Willst du lieber zehn Kilometer bis zum Stadtzentrum laufen oder in der Dunkelheit auf Hilfe warten?«

Sie zog die Augenbrauen hoch. »Ja!«

Er zuckte kaum merklich zusammen. Als hätte Callas Antwort ihn verletzt.

»Ich …« Sein Blick wanderte in die Richtung, aus der Callas Auto gekommen war, und wieder zu ihr. »Du kannst deinen Vater anrufen, und er holt dich ab.«

»Das kann ich auch hier draußen oder auf dem Weg zur Hauptstraße tun.«

»Der Weg ist nicht beleuchtet und -«

»Vor ein paar Minuten hat es dich nicht gekümmert, ob ich den Unfall unversehrt überlebt habe oder nicht«, schnitt sie ihm das Wort ab. »Und jetzt soll ich in dein Haus kommen? Und du willst mir nicht einmal sagen, woher du mich kennst?«

Er rieb sich den Nacken, wobei Calla nicht aufhören konnte, sich seinen durchtrainierten Bizeps anzusehen. Ein völlig unpassendes Kribbeln machte sich in ihrem Bauch bemerkbar, und sie verlagerte ihr Gewicht von einem Bein auf das andere. Er sah so anders aus. Vielleicht irrte sie sich auch. Es konnte sein, dass sie mit ihm zur Schule gegangen war. Wahrscheinlich gehörte er zu den Jungs, die sie als Kind immer wieder provoziert hatten.

»Okay«, sagte er mit Blick auf ihre Pflanze.

»Okay, was?«

»Ich sage dir, woher ich dich kenne.«

»Wie heißt du?«

Er sah hoch und kam einen Schritt näher, sodass sie das Hellgrün seiner Augen erkennen konnte. »Rowan.«

Calla kniff die Augen zusammen und streifte ihn mit ihrem Blick. Die Dunkelheit, der Unfall, die Zeit. Nichts davon hätte ihre Sinne trügen sollen. Sie hätte ihn sofort erkennen müssen. Egal, wie viel Zeit vergangen war. Aber vielleicht war das der einzige Weg, den ihr Herz bisher gefunden hatte, sie überleben zu lassen. Sie hatte sich zehn Jahre lang verboten, an Rowan zu denken, und ihn deshalb vergessen. »White?«

Er nickte, und die Art, wie eindringlich er sie ansah, brach ihr das Herz. Genau wie vor zehn Jahren. »Kennst du einen anderen?«

»Hast du …« Sie räusperte sich und schob die Erinnerungen beiseite, die einen bittersüßen Nachgeschmack hinterließen. »Es wäre super, wenn ich bei dir auf meinen Vater warten könnte.«

Die Andeutung eines Lächelns zuckte um seine Mundwinkel. »Okay.«

Kapitel 2

Der Dampf des Kamillentees streifte über Callas Lippen, und sie ließ ihren Blick über das kühl eingerichtete Wohnzimmer schweifen. Bevor sie in Rowans Haus gekommen war, hatte sie natürlich nicht gewusst, was sie erwarten würde. Immerhin waren zehn Jahre vergangen, seitdem sie zum letzten Mal miteinander geredet hatten. Damals hatte er bei seiner Großmutter gewohnt, war ein schlaksiger Zwanzigjähriger gewesen, der sich in der Buchhandlung hinter Sci-Fi-Wälzern versteckt und eine klobige Brille mit angeknackstem Rahmen getragen hatte. Jetzt sah Rowan kräftiger, männlicher und selbstsicherer aus. Anderseits wirkte er auch arroganter und gröber. Trotzdem hätte sie ihn sofort erkennen sollen.

Sie schaute sich um, blieb aber auf der Couch sitzen. Calla hatte nicht damit gerechnet, ein Haus voller Star-Wars-Posters oder Laserschwerter zu sehen. Doch die eisblaue Couch, die kahlen Wände und die spartanische Einrichtung verrieten nichts über seine Persönlichkeit oder Vorlieben. Nur die Lavendelpflanze, die einsam auf der Fensterbank thronte, unterschied den Raum von dem eines Möbelhauses und legte einen sanften Duft in die Luft. Vielleicht ein Geschenk? Von einer Freundin? Seinem Verlobten? Seiner Frau? Sie sollte sich einfach nicht zu viele Gedanken darüber machen, wer Rowan war oder in welche Richtung sich sein Leben bewegt hatte, denn Vergangenheit war genau das: Vergangenheit. Der Sommer in Wiltshire würde diese Tatsache niemals ändern.

»Du bist also wieder da«, erklang Rowans Stimme gepaart mit seinen Schritten im Raum.

Calla zuckte zusammen und verschüttete ein paar heiße Teetropfen über ihr Oberteil. Statt über die kleine Hitzewelle auf ihrer Haut zu jammern, zauberte sie jedoch ein charmantes Lächeln auf ihre Lippen. »Nur für den Sommer«, erwiderte sie und verfolgte, wie Rowan aus einem hinteren Bereich des Hauses zurückkam und es sich in dem Ohrensessel ihr gegenüber bequem machte. Erinnerungen an vergangene Sommernächte unter freiem Himmel und Rowans bescheidene Träume brachen über sie herein. Damals hatte er von einem moosgrünen Ohrensessel geschwärmt, den er sich kaufen wollte – der perfekte Ort, um in seine Bücherwelten abzutauchen. Und ja, vielleicht auch, um Calla in seinen Armen zu halten.

»Natürlich.« Er spreizte die Beine und verschränkte die massiven Arme vor der Brust. »Es gibt nichts Wichtiges in Wiltshire, das dich länger hierbleiben ließe.«

»Mein Vater«, entgegnete Calla und drückte den Rücken durch. »Er ist wichtig.«

Ein Schatten legte sich auf Rowans Miene, und sie bereute sofort, was sie gesagt hatte. Sie wollte nicht andeuten, dass er ihr damals nicht wichtig gewesen wäre. Er war ihr bester Freund gewesen. Er war viel mehr als das. Doch Calla war jetzt wichtiger, dass keiner auf den Gedanken kam, sie würde ihren Vater nicht lieben. Vielleicht hatte sie die Befürchtung, ihr Dad würde so denken.

Rowan wandte den Blick von Calla ab, lehnte sich zur Seite, um zu dem hinteren Teil des Hauses zu schauen. »David ist ein guter Mann.«

Ihr Mundwinkel zuckte nach oben. Zu hören, wie er ihren Vater bei dem Spitznamen nannte, den sie so lange nicht gehört hatte, erwärmte ihre Seele. »Nennt ihr Dad immer noch so?«

Er schnaubte, klang fast so, als würde er lachen wollen. Seine Miene blieb jedoch hart und sein Blick auf den Flur hinter Calla gerichtet. »Ich kann mich nicht daran erinnern, wie dein Vater wirklich heißt.«

»James.« Sie kniff die Augen zusammen, beobachtete Rowan, der immer noch an ihr vorbeisah. Langsam brannte ein unbehagliches Gefühl in ihrem Nacken. Es ging nicht darum, dass sie seine volle Aufmerksamkeit wollte, aber wer oder was war in den hinteren Zimmern so wichtig, dass er ständig hinsah? Oder vielleicht wollte sie doch seine volle Aufmerksamkeit.

»Stimmt«, erwiderte er, und diesmal legte sich ein sachtes Lächeln auf seine Lippen.

Etwas flatterte in Callas Bauch, und sie verdrängte das Gefühl. Sie sollte die Grübchen in seiner Wange nicht süß finden. Sie durfte diese Wärme nicht spüren, wenn er lachte. Ihre Zeit in Wiltshire hatte ein Ablaufdatum, und nichts auf der Welt würde sie an einen Ort binden. Nie wieder.

»Ich hätte damit rechnen müssen, dass sich in Wiltshire nicht viel ändert.« Sie stellte ihre Teetasse auf den Couchtisch.

»Du hast dich verändert.«

»Ich?«

Rowan löste seinen Blick endlich vom Flur und schaute sie eindringlich an. Sein Kiefermuskel zuckte, bevor er die Lippen befeuchtete und sich vorbeugte. »Deine Haare, die Tattoos, deine Klamotten. Ich habe recht lange gebraucht, um dich wiederzuerkennen.«

Calla strich sich eine blütenrosa Strähne hinters Ohr und rutschte auf der Couch hin und her. Was war passiert, nachdem sie zehn Jahre lang in einem emotionalen Gefängnis gelebt hatte und plötzlich einfach so rausgehen durfte? Sie hatte sich die Kleidung gekauft, die sie immer hatte anziehen wollen, ohne sich Gedanken zu machen, was andere über sie denken würden. Sie hatte sich die Tattoos stechen lassen, die sie auf ihren Notizblock gekritzelt hatte. Sie hatte sich die Haare in der Farbe gefärbt, von der sie immer geträumt hatte. Calla lebte und kümmerte sich nicht mehr darum, was andere Menschen über sie dachten. Aber wenn es so war, warum fragte sie sich, ob Rowan ihre Veränderung guthieß?

»Die Tattoos habe ich mir vor einem Jahr stechen lassen. Meine Haare sind aber frisch gefärbt«, erwiderte sie mit einer zu schwachen Stimme. Warum war sie verdammt noch mal nicht stolz darauf? Sie hatte das getan, was sie wollte!

»Sieht gut aus«, murmelte er.

»Was … Was meinst du?«, fragte Calla, als würde sie Bestätigung suchen, dass sie sich nicht verhört hatte.

»Du siehst …«

Ein undeutliches Geräusch klang aus dem hinteren Teil des Hauses. Vielleicht der Hund? Ein anderes Haustier? Rowan runzelte nicht einmal die Stirn, sprang vom Sessel auf und eilte den Flur entlang. Calla blieb verwirrt zurück, spitzte die Ohren, um zu verstehen, was gerade geschah, und hielt gleichzeitig den Arm um ihre Mitte geschlungen. In ihrem Bauch fühlte es sich so an, als hätte sich ein Loch von der Größe des Royal Botanic Gardens aufgetan. Hatte sie etwas falsch gemacht? Ein Rascheln, ein Nuscheln und die Sekunden fühlten sich wie Stunden an, bis wieder Schritte erklangen. Calla beugte sich nach vorne, sah aber nicht zum Flur hinter sich, um sich nicht zu neugierig, zu eindringlich zu fühlen.

»David ist da«, sagte Rowan hinter ihr, und das Licht von Scheinwerfern drang durch die gardinenlosen Fenster.

Reflexartig drehte sie den Kopf in Rowans Richtung, und ihr Herz setzte einen Schlag aus. Auf seinen Armen trug er einen rotbackigen Jungen. Calla kannte sich nicht mit Kindern aus und konnte nur schwer sagen, wie alt er sein mochte. Doch sie schätzte ihn nicht älter als drei.

Sie stand auf und ging auf das Kind zu. »Ähm … Ist das … Dein Sohn?«

Die Frage war überflüssig, denn die Augen des Kindes hatten nicht nur dieselbe Form wie Rowans, sondern auch die sattgrüne Farbe. Nur die feinen Locken waren weißblond und nicht kastanienbraun.

»Das ist Jake«, erwiderte Rowan, ohne Callas Frage zu beantworten. Vielleicht war es tatsächlich unnötig, näher zu erklären, wer Jake war. Möglicherweise wollte er sich weiterhin wie ein Oger benehmen. Jedenfalls brannte die Neugier auf Callas Zunge, und sie wollte wissen, wo sich Jakes Mutter aufhielt. Es war ausgeschlossen, dass sie sich im hinteren Teil des Hauses versteckte. Warum hätte sie das tun sollen? Wahrscheinlich war sie arbeiten oder verreist. Calla schüttelte den Kopf. Es spielte keine Rolle, wo sie war. Jake hatte auf jeden Fall eine Mutter, und seine Existenz bewies nur, dass Rowans Leben weitergegangen war. Logisch.

Sie rang sich ein Lächeln ab und ging auf die beiden zu. »Hallo, Jake.«

Der Junge lächelte und zeigte dabei zwei Grübchen, die jeden Eisberg zum Schmelzen bringen würden. Rowan wich jedoch zurück, als wäre Calla eine Schlange, die seinen Sohn jederzeit beißen könnte.

Sie sah ihn verwirrt an.

Es klingelte.

Rowan schluckte schwer und eilte auf die Tür zu, um sie zu öffnen.

»Scheiße, White. Dein Auto ist Schrott. Das weißt du, oder?« Die heisere Stimme von Callas Vater erklang aus dem Flur. »Na gut. Eigentlich hättest du den Wagen seit fünf Jahren ersetzen sollen. Jetzt musst du es tun.«

Seit sie denken konnte, klang er so, als hätte er die ganze Nacht durchgezecht und müsste sich dringend hinlegen. Eine Mischung aus Aufregung und Ruhe machte sich in Callas Brust bemerkbar, und sie ging auf ihren Vater zu. Sobald ihre Blicke sich trafen, leuchtete seine Miene, als hätte er eben Gold ausgegraben.

»Meine Blume«, sagte er und öffnete die Arme.

All die Sorgen, die Calla mit sich herumgetragen hatte, hoben sich in die Luft wie die Flugsamen einer Pusteblume, und sie fiel ihrem Vater in die Arme. Sein Duft nach Zedernholz und Hoffnung schlich ihr in die Nase, und sein runder Bauch drückte sich gegen sie.

»Wie sehr habe ich dich vermisst«, murmelte er in ihre Haare.

Tränen brannten in ihren Augen, und das schlechte Gewissen pochte mit seiner kühlen Hand gegen ihre Schläfe. Warum war sie nicht früher gekommen? Warum hatte sie ihn nicht häufiger angerufen?

Calla ließ ihn los, trat einen Schritt zurück und ließ den Blick über das müde Gesicht ihres Vaters gleiten. »Es tut mir leid, dass ich schon mit Problemen ankomme. Ich hoffe, du bereust es nicht, mich eingeladen zu haben.«

»Es gibt nichts auf der Welt, was mich bereuen lassen würde, dich bei mir zu haben.«

Ihre Mundwinkel zuckten. Seine Worte verursachten sowohl eine wohlige Wärme als auch einen stechenden Schmerz in ihrer Brust. Calla verdrängte das Gefühl, warf Rowan mit seinem Kind auf dem Arm einen kurzen Seitenblick zu.

»Oh, ja. Der kleine Jake muss bestimmt wieder ins Bett, und wir halten euch hier auf.« Callas Vater schnappte ihren Reiserucksack und schulterte ihn. »Wir reden morgen über deinen Wagen. Aber ich bin sicher, dass er sich nicht mehr reparieren lässt. Wir finden trotzdem eine Lösung.«

Calla hob ihre Orchidee langsam vom Boden auf und schaute zu Rowan, dessen Blick einen kalten Schauer über ihren Rücken jagte. »Es tut mir leid.«

Er ergriff einfach den Türknauf mit seiner freien Hand und schaute zur Veranda. Sie wagte nicht, sich seinen Sohn noch einmal anzusehen, bevor sie ging.

Kapitel 3

Calla rollte sich auf die Seite, kuschelte ihre Wange in das weiche Kopfkissen und zog die schwere Decke über die Schulter. Der unverwechselbare Waschpulverduft, der ein warmes Kribbeln in ihrem Bauch verursachte, stieg ihr in die Nase, und ihre Lippen verzogen sich automatisch zu einem Lächeln. Die Welt schien sich langsamer zu bewegen, und das Gefühl von Geborgenheit nistete sich in ihrem Herzen ein. In der nächsten Sekunde schoss Calla jedoch die Frage, die sie seit Jahren quälte, durch den Kopf: Warum hatte sie so lange gebraucht, um ihren Vater zu besuchen?

Sie wusste ganz genau, warum. Wenn sie mit ihrem Vater Kontakt gehabt hätte, hätte sie ihre Mutter im Stich gelassen.

Sie öffnete die Augen und betrachtete den Spalt zwischen den beiden grauen Gardinen, durch den gelbes Sonnenlicht drang. Sollte sie mit ihrem Vater darüber sprechen? Ihr schlechtes Gewissen würde nicht so schwer lasten, wenn ihr Vater weniger nett wäre. Er fragte sie nicht, warum sie ihn nicht besucht hatte, obwohl London nur wenige Stunden von Wiltshire entfernt war. Er wollte nicht wissen, warum sie ihre Mom nicht ein einziges Wochenende hatte allein lassen können. Nicht einmal hatte er sie gefragt, warum sie nicht auf seine wöchentlichen Nachrichten reagiert hatte. Stattdessen sagte er nur, wie sehr sie ihm gefehlt habe.

Calla schlug ihre Decke zurück und setzte sich auf die Bettkante. Ihr Lächeln war bereits verflogen, und sie beobachtete ein paar Sekunden lang, wie ihre nackten Füße über dem Holzboden baumelten, bevor sie aufstand. Kälte drang durch ihre Fußsohlen, doch ihre Ohren brannten. Sie hatte jahrelang auf den Kontakt mit ihrem Vater verzichtet, um jetzt Rowans Auto zu Schrott zu fahren und ihrem Dad somit noch mehr Probleme zu bereiten.

Rowan. Calla ging zu ihrer lädierten Orchidee, die jetzt die Fensterbank ihres Zimmers schmückte, und versuchte mit allen Kräften, nicht an Rowan zu denken. Sie wusste, was sie nicht für ihn fühlen sollte. Sie wollte nichts fühlen, denn er hatte ein Kind, wahrscheinlich auch eine Partnerin, und Calla hatte nicht vor, nach dem Sommer weiter in Wiltshire zu bleiben.

Sie öffnete die Gardinen und ließ die Sonnenstrahlen in das Zimmer strömen, was sofort ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht hervorrief. Mit der Zeit hatte sie gelernt, dass ein Lächeln oft das Glücksgefühl nach sich zog, selbst wenn es zunächst gezwungen war. Sie dachte an Selena und daran, was sie ihrer besten Freundin über ihre Ankunft in Wiltshire erzählen könnte. Calla musste ihr unbedingt sagen, dass Selena recht gehabt hatte, als sie ihr geraten hatte, nicht mit dem alten Camaro von London nach Wiltshire zu fahren. Jetzt musste sie auch wissen, dass das Auto nach dem Unfall sicher nicht mehr zu gebrauchen war. Doch als sie auf ihr Handy auf dem Schreibtisch blickte, wurde ihr klar, dass Selena in Griechenland gerade im Büro beschäftigt war. Calla beschloss, sich später bei ihr zu melden.

Langsam schälte sie sich aus ihrem Pyjama, zog stattdessen eine kurze Latzhose, ein weißes Top und Chucks an. Ihre blütenrosa Haare hatte sie zu einem lockeren Pferdeschwanz gebunden, bevor sie ins Badezimmer ging, um sich die Zähne zu putzen und das Gesicht zu waschen. Als sie wieder herauskam, schaute sie sich das Zimmer erneut an. Gestern Abend war Calla so müde von der Reise und den ganzen Zweifeln gewesen, die auf ihren Schultern lasteten, dass sie schnurstracks ins Zimmer gegangen und ins Bett gefallen war. Erst jetzt nahm sie wahr, dass ihr Vater ihr das beste Zimmer des Cottages gegeben hatte. Normalerweise machte sie nie das Bett, wenn sie in einer Pension oder einem Hotel unterkam. Aber das Bed & Breakfast gehörte ihrem Vater, und es fühlte sich eher an, als würde sie in einem normalen Haus Gast sein. Deswegen machte sie akkurat ihr Bett, strich mehrmals über die goldgelbe Tagesdecke und klopfte die Kissen aus, sodass sie sich wie Wolken anfühlten.

Sobald Calla die Zimmertür öffnete, schwebte ihr der Duft von gebratenen Würstchen, Baked Beans und Eiern entgegen. Das Wasser lief ihr im Mund zusammen. Durch den Flur, dessen Wände aus Ziegelsteinen gemauert waren, folgte sie dem Geruch, der sie direkt in den Speisesaal führte. Leises Lachen vermischte sich mit dem Klirren von Porzellan, und in ihrer Seele erwachten Erinnerungen an eine Kindheit, in der Calla mit von Schlamm verdrecktem Kleid und Gummistiefeln durch das Bed & Breakfast lief. Sie lachte. Diesmal musste sie sich keine Mühe geben, ihre Mundwinkel zu heben.

»Ich dachte, du würdest länger schlafen«, erklang eine weibliche Stimme hinter Calla.

Sie drehte sich um und schaute in weit aufgerissene braune Augen, die sich hinter einer klobigen Brille verbargen.

»Hey?« Callas Begrüßung klang mehr wie eine Frage.

»Ach ja.« Die junge Frau verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf, sodass ihre braunen Locken vor ihrer Nase hin und her wippten. »David hat bestimmt nichts über mich gesagt.«

»Es war sicher nichts Persönliches. Dad redet einfach nicht gerne.«

»Nach vier Jahren als seine Angestellte habe ich das auch langsam kapiert. Aber da er mich darum gebeten hat, dich herumzuführen, finde ich es daneben, dass er nicht einmal meinen Namen erwähnt hat.«

Calla verzog die Lippen. »Sorry.«

»Du kannst nichts dafür«, sagte sie seufzend. »Ich bin Nancy und sozusagen die rechte Hand deines Vaters.«

Die rechte Hand? Sie konnte sich kaum vorstellen, was jemand auf diesem Posten alles leisten musste, doch es klang nach viel Verantwortung. »Schön, dich kennenzulernen. Meinen Namen weißt du wahrscheinlich schon.«

Sie grinste breit. »Wie kann ich ihn vergessen? Ich lese ihn jeden Tag.«

»Ähm … Wie?«

Nancy hob ihre Hand und bewegte den Zeigefinger, um Calla zu deuten, ihr zu folgen. Sie schlängelten sich zwischen den eng aufgestellten Tischen im Speisesaal hindurch bis zur weißen Holztür, deren Fenster den Blick auf den Garten freigab. Sobald Calla hinaustrat, strich der milde Wind über ihre Haut und trug den Duft von Lavendel, Rosen und Orangenblüten mit sich. Sie schloss für einen Moment die Augen, horchte dem Klang der Vögel und dem Rascheln der Bäume, die das Gebäude umgaben.

»Willkommen im Callas Garten«, sagte Nancy.

Calla öffnete die Augen, und ihr Herz schlug kräftig gegen ihre Rippen. Ein von pinken Rosen umrankter Bogen hütete den Eingang zu einem von Buchsbäumen, Bodendeckern und Kletterpflanzen gesäumten Garten. Obstbäume färbten die grüne Fläche mit bunten Früchten, und eine weiße Laterne stand vor dem Paradies.

»Seit wann gibt es den Garten?«, fragte sie und bestaunte mit offenem Mund die Efeupflanzen, die an den Wänden des Gebäudes wuchsen.

»Vor drei Jahren hat David damit begonnen. Weil er zu viel Zeit hier verbracht hat, musste er Hilfe einstellen. Mich.«

Calla sah Nancy mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Dad hat den Garten selbst angelegt?«

»Jede einzelne Pflanze.«

Ihre Kehle wurde noch enger, und Calla rang stockend nach Luft. Ihr Vater hatte es für sie gemacht. Damit bekam sie das beste Geschenk, das sie je im Leben erhalten hatte. »Davon hat er nie erzählt.«

»Er redet nicht viel«, wiederholte sie schulterzuckend den Satz, den Calla vor ein paar Minuten selbst ausgesprochen hatte. »Dein Tisch wartet übrigens dort auf dich.«

»Was meinst du?«, fragte Calla.

Nancy verbiss sich ein Grinsen. »Komm mit.«

Calla folgte ihr durch den mit Rosen bestückten Bogen. Sie sog die frische Luft in ihre Lungen und bestaunte alles um sich herum. Jede Pflanze schien mit dem Zweck ausgesucht worden sein, den buntesten Garten zu kreieren. Als beide am Ende angekommen waren, stockte ihr der Atem. Ein Gartenpavillon mit Säulen aus Metall und einem weißen Holzdach befand sich neben der hohen Hecke. In der Mitte des Pavillons stand ein altmodischer Tisch, der mit dem Frühstücksporzellan gedeckt war, welches sie aus ihrer Kindheit kannte. »Es sieht perfekt aus«, hauchte sie.

»David lässt auch nur die Ehrengäste hier essen«, erwiderte Nancy.

Calla nahm an dem Tisch Platz und rang sich ein Lächeln ab. »Wo ist er?«

»Bei einem Lieferanten in London. Er kommt erst heute Abend zurück.«

»Oh.« Calla senkte den Blick und betrachtete ihre Kaffeetasse. »Okay.«

»Ihr werdet bestimmt noch ganz viel Zeit haben, um miteinander zu reden.« Nancy legte die Hand auf den Tisch, und Calla sah zu ihr hoch. »Wenn du mit dem Frühstück fertig bist, zeige ich dir die Stadt. Vorher muss ich nur mit Miss Maple am Empfang reden, damit sie das Ruder während meiner Abwesenheit übernimmt.«

»Das ist nicht nötig. Ich bin in Wiltshire aufgewachsen und kenne die Stadt sehr gut.«

»David hat mir gesagt, dass du schon seit über zehn Jahren nicht mehr hier gewesen bist. Es hat sich vieles verändert.«

»Das kann sein. Aber …«

»Außerdem brauche ich eine Ausrede, um in die Stadt zu gehen und mir ein neues Buch zu kaufen. Heute Abend habe ich sonst nichts mehr zum Lesen.«

Calla nickte. »Ich freue mich.«

Der Motor von Nancys Pick-up erstarb, und Lebensfreude trat in ihre großen braunen Augen. Calla folgte ihrem Blick, der auf die Buchhandlung gerichtet war.

»Written in the sand«, murmelte Calla. Ein seltsames Gefühl kribbelte in ihrer Brust. Als würde sich ihr Herz an etwas erinnern, ihr Verstand jedoch nicht.

»Ich muss nur ein Buch kaufen. Danach zeige ich dir den Rest der Stadt. Hier ist aber der wichtigste Platz.« Nancy redete so schnell, dass sie kaum noch Luft bekam.

»Ich schätze, du magst Bücher?«

Nancy schnaubte. »Mehr als alles andere. Normalerweise verbringe ich Stunden hier mit Lesen und gehe erst raus, wenn ich das erste Kapitel eines Buches gelesen habe, das ich kaufen werde. Aber für dich mache ich heute eine Ausnahme. Wie sehe ich aus?«

»Willst du für deine Bücher gut aussehen?«

Sie lachte. »Das wäre albern. Ich finde den Verkäufer einfach verdammt süß.«

»Okay.« Calla nahm ihr die Brille ab und wischte einen schwarzen Mascarastrich von Nancys Augenwinkel. Danach gab sie ihr die Brille zurück. »Er wäre verrückt, wenn er dich nicht ebenfalls süß fände.«

Gemeinsam und grinsend gingen sie in die Buchhandlung. Calla stieß die Tür auf, brachte die Glocke über ihrem Kopf zum Bimmeln und wartete darauf, dass Nancy ebenso hineinging. Der Duft von Papier und Holz stieg ihr in die Nase, und ein vertrautes Gefühl wühlte erneut in ihrer Brust. Calla schaute sich die zwei Ledersessel, die am Schaufenster standen, und die Reihen von hellbraunen Bücherregalen an.

»Ich komme gleich wieder«, sagte Nancy und eilte durch eine offene Tür, über der ein Schild mit dem Wort Fantasy stand.

Calla schlenderte zwischen den Regalen entlang, folgte den bunten Covern in der Romanabteilung. Mit den Fingerspitzen strich sie über einen roten Buchrücken und zog den Wälzer heraus. Das Buch entglitt ihren Fingern, schlug offen auf den Boden. Calla unterdrückte einen Fluch, ging in die Hocke und inspizierte die zerknitterten Blätter.

»Es hat nicht gereicht, mein Auto zu zerstören. Jetzt schadest du mir auch noch bei meiner Arbeit?«

Rasch schaute Calla hoch und sah in die grünsten Augen, die sie kannte. »Rowan?«

»Wenn ich einen Zwillingsbruder habe, kenne ich ihn nicht.«

Sie presste das Buch gegen die Brust, stand langsam auf, ignorierte die Hitze, die sein Anblick in ihrem Bauch auslöste. Er trug ein kariertes Button-down-Hemd, schwarze Jeans und Boots. Noch nie hatte sie ihn so attraktiv gefunden wie jetzt. »Seit wann bist du so?«

»So?« Er hob eine Augenbraue.

»Wie ein Hund, vor dem man Angst hat, gebissen zu werden.«

»Ach.« Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Jetzt beleidigst du mich auch noch.«

»Ich habe dich nicht beleidigt.«

»Findest du es in Ordnung, dass man dich mit Tieren vergleicht?«

»Nein … Aber gestern hast du nicht so mit mir geredet.«

»Gestern ist Vergangenheit. Der Abend liegt zurück, und ich denke nicht mehr daran. Genau so wenig, wie du an … die Bewohner der Stadt gedacht hast, bevor du mit deiner Mom weggezogen bist.«

Calla trat einen Schritt zurück und atmete tief durch. Ihr Herz schlug so schnell, dass sie dachte, es würde ihr aus der Brust springen. »Ich weiß nicht, wie ich mit dir umgehen soll, Rowan. Dabei kennen wir uns, seit wir Kinder waren.«

Einige Sekunden vergingen, in denen Rowan sie nur betrachtete und seine Züge immer härter wurden. »Wir kennen uns gar nicht, Calla. Du bist vor zehn Jahren aus der Stadt weggezogen und nicht wieder zurückgekommen. Keine Nachricht, keine E-Mail, kein Brief. Ich hätte ein Rauchzeichen akzeptiert, so verzweifelt war ich.«

»Ich …« Ihre Unterlippe zitterte, und ihre Kehle fühlte sich so eng an, dass sie kaum Luft bekam. »Ich wollte nicht -«

»Es ist mir egal«, schnitt er ihr das Wort ab. »Erwarte nur nicht von mir, dass ich dich so behandele wie damals. Wir sind keine Freunde, keine Bekannten, gar nichts.«

Sie öffnete den Mund, doch er drehte ihr den Rücken zu und ging zum Verkaufstresen. Während er dort stand und sich eine tiefe Furche zwischen seinen Augenbrauen bildete, kämpfte sie gegen den Drang, ihn anzuschreien. Sie wollte ihm sagen, dass es wehgetan hatte, so lange von ihm getrennt gewesen zu sein, und dass sie ihn hatte vergessen müssen. Doch trotz alldem hatte sie gelitten. Calla hatte gelitten, weil sie ihre Freiheit, ihre Träume und Wünsche aufgegeben hatte. Wenn sie sich jedoch erneut entscheiden müsste, würde sie alles wieder so tun, denn damals war es das Richtige gewesen.

»Ich habe es«, sagte Nancy, die beinahe hüpfend aus der Fantasyabteilung kam. »Endlich ist der zweite Teil -«

Calla wischte schnell eine Träne weg, die über ihre Wange gerollt war, und senkte den Kopf.

»Ist alles in Ordnung?«, fragte Nancy.

Calla hob das Buch, schaute dennoch weiter auf ihre Schuhe. »Kannst du das für mich kaufen? Ich gebe dir das Geld, wenn wir wieder zu Hause sind, ja?«

Rowan schnaubte. Vielleicht, weil ›zu Hause‹ lächerlich aus ihrem Mund klang. Wiltshire war nicht ihr Zuhause.

»Klar«, sagte Nancy. »Lass mich nur -«

»Geht aufs Haus«, sagte Rowan barsch.

»Was? Bist du dir sicher?«, fragte Nancy.

»Ja. Raus mit euch. Ich muss schließen.«

Calla wartete keine weitere Sekunde ab. Ihr war klar, dass er nicht nett sein, sondern sie so schnell wie möglich aus seinem Sichtfeld haben wollte. Ihr war es recht, denn warum sollte sie sich darum kümmern, was Rowan für sie empfand?

Kapitel 4

Zwölf Jahre zuvor

»Du bist sechzehn geworden, mein Schatz«, sagte Callas Mutter und legte den Arm um sie, während beide über den Gehweg an der Hauptstraße eilten. »Normalerweise wünschen sich junge Frauen in dem Alter ein Auto zum Geburtstag.«

Calla grinste ihre Mutter an. »Darf ich mir ein Auto wünschen?«

»Na klar.« Sie verdrehte die Augen. »Das Problem ist, dass wir kein Geld haben, um dir ein Auto zu kaufen. Nicht, solange dein Vater an diesem blöden Traum festhält, die Pension profitabel zu machen.«

Ein schlechtes Gewissen machte sich in Calla breit. Sie hatte letzten Abend mitbekommen, wie ihre Eltern zum wiederholten Mal wegen Geld gestritten hatten. Wäre sie nie geboren, hätten sie nicht so viele Kosten und genug Geld würde übrigbleiben, um die Pension erfolgreich zu machen. »Ein Buch ist schon in Ordnung, Mom.«

Ihre Mutter schnalzte mit der Zunge. »Du nimmst James zu oft in Schutz.«

Calla ließ ihren Kopf ein wenig tiefer zwischen den Schultern hängen und verschwieg weiterhin, dass sie auch ihre Mutter in Schutz nahm, wenn ihr Vater sich über deren ständige Unzufriedenheit beschwerte.

»Wir sind da«, sagte Calla und stieß die Tür der Buchhandlung auf.

Der Geruch von Papier und alten Ledereinbänden begrüßte sie, und Callas Lippen verzogen sich zu einem verhaltenen Lächeln. Ihre Freude fiel jedoch wie ein Kartenhaus in sich zusammen, als sie Mrs. White hinter dem Verkaufstresen erblickte. Die Frau blätterte desinteressiert eine Zeitschrift durch und achtete nicht auf die Kundschaft, die ihre Buchhandlung betreten hatte.

»Guten Tag, Mrs. White«, sagte Callas Mutter und stieß ihre Tochter verschwörerisch an. Es war ihre Art, ihr zu zeigen, dass sie ganz genau wusste, welche Antwort sie bekommen würde.

»Was ist gut an diesem Tag?«, erwiderte die Buchhändlerin mit ihrem üblichen schottischen Akzent und starrte weiterhin ihre Zeitschrift an.

Callas Mutter verdrehte grinsend die Augen. »Na ja … Die Sonne scheint, und es ist schön warm.«

»Genau. Und ich sitze in dieser Buchhandlung fest, anstatt meine Tage als Rentnerin damit zu verbringen, mich in meinem Garten zu sonnen, denn jemand in dieser Familie muss Geld verdienen.«

Calla hob den Kopf und sah sich rasch um. Jeder in der Stadt hatte mehrmals gehört, wie Mrs. White sich darüber beschwert hatte, sich um ihren Enkel kümmern zu müssen. Doch Calla stellte es sich ganz genau vor, wie schmerzhaft es sich anfühlen konnte, es ständig aus dem Mund der einzigen Familienmitglieder zu hören, die einem geblieben waren.

»Ich suche mir ein Buch aus«, sagte Calla und ging in Richtung des Sci-Fi-Regals. Nicht, weil sie das Genre mochte. In Wahrheit hatte sie überhaupt nichts für Aliens und ferne Galaxien übrig. Trotzdem fand sie dort immer genau das, was sie suchte.

Als Calla das letzte Regal in der staubigen Ecke der Buchhandlung erreichte, flatterten Schmetterlinge in ihrem Bauch auf. »Hey«, brachte sie mit kratziger Stimme heraus.

Rowan hob den Kopf von seinem dicken Buch, seine kastanienbraunen Locken fielen ihm über die grünsten Augen, die Calla je gesehen hatte. Einen Moment lang schien ihm der Atem zu stocken, seine vollen Lippen blieben leicht geöffnet, als hätte ihr unerwarteter Besuch ihn sprachlos gemacht. »He-hey«, stotterte er und erhob sich langsam vom staubigen Boden.

»Ich hab dich heute nicht in der Schule gesehen«, sagte sie, bemüht, Ruhe zu bewahren.

Er wandte den Blick ab, seine Kiefermuskeln traten hart hervor, als er die Zähne fest zusammenpresste. »Ich hatte keine Lust auf Schule.«

Callas Blick fiel sofort auf den blauen Fleck an seiner Schläfe, teilweise von seinen wilden Locken verdeckt. Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen. »Warum sagst du deiner Großmutter nicht, dass die Simons-Jungs dich verprügeln?«

»Weil es ihr egal ist«, murmelte er, den Blick weiterhin abgewandt.

Sie holte Luft.

Er trat einen Schritt zurück und schob die Hände tief in die Taschen seiner viel zu weiten Jeans.