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Beeindruckende bilderreiche Gedichte aus Kuba und der Karibik.
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Seitenzahl: 65
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I.
Mantel
Baumwollkissen
Orte
Ein Neffe
Estela
Nélida
Skizze
Namen
Haar
Kartenspiel
II. Elegie
Elegie
III. Tamburin
Merceditas
Außerhalb des Gartens
Segelschiff
Reigen um das Nichts
Wetterfahne
Limonengrün
IV. Tomeguines
Sinnlos
Welle
Zayda del Río
Abgestürzt
Weltenwanderer
Philosophie der Augenblicke
Pole
V. Der Vogel in seinem Nest / Die Jahreszeit in meinen Augen
D
ER
V
OGEL IN SEINEM
N
EST
Mississippi
Lake Waban
Ostersonntag
Bei der Lektüre in der Bibliothek von Fordham
Kalligraphie
D
IE
J
AHRESZEIT IN MEINEN
A
UGEN
Du sagst Konstantinopel
Und die Schiffe von Ithaka
Labyrinth
Laren
Du kommst zurück
Mein verlassener Park
die Hand ist sehr dunkel
Nachwort von Ineke Phaf-Rheinberger
Oh, die Worte bilden einen Mantel
um mich herum.
Die Klarheit ihrer Klänge
zieht über mein Baumwollkissen.
Oh, die Worte klingen über den See
eines Landes im Süden Afrikas.
So viele Worte, durcheinander gewürfelt, die ich nicht sehen
sondern hören muss, wie zerquetscht, auf einmal,
in der Tiefe der Ozeane,
bis ein Delfin seine siegreiche Schwanzflosse
mitten in den Sternkorallen zeigt
und ein Sirenengesang seine rosa Nase
bis zur Spitze eines Mondes drückt,
jenes Mondes, den die Worte
mit einem silbernen Faden weben,
mit der Glut der wallenden Algen im Hintergrund,
einem silbernen Faden, der riesengroß wird,
wie in der Musik meines Nachbars José Claro Fumero,
und sich für mein Wohl in einen kostbaren feuchten Mantel verwandelt.
Mein Kopf auf einem Baumwollkissen,
noch einmal,
während die Seen zu ihrem Glanz zurückkehren
und die Giraffen
eine verlassene Welt zwischen Lanzen
und dichten Bergen durchqueren.
Wie früher kehren die Kaufleute
mit ihren Schildern aus toten Blättern zurück
und schreien und schlagen,
stoßen Frauen und Kinder,
die besten Männer des Südens
und der Küstenregionen
zu ihren Schiffen ohne Wiederkehr.
Das Licht des Horizontes fällt
auf das Kissen aus Baumwolle und Bitterkeit.
Ich sehe die Spitze der Klippen.
Ich sehe die Insel Gorée in meiner Handfläche,
aus der Öffnung ihres Rachens spuckt sie schwarze Geschöpfe
wie in der Nacht der ersten Jagd.
Ein Baumwollkissen, noch einmal.
Wäre es besser, aus dieser Geographie einer anderen Welt zu entfliehen?
Wäre es besser, den Kopf anderswohin zu wenden
und die zwei Tränen, die jetzt zwischen den Gewässern
des Zambesi strömen, zu trocknen?
Meine Augen zeichneten eine Mondlandschaft auf die Seen.
Mein Kopf auf einem Baumwollkissen,
noch einmal.
Zur Erinnerung an Odilio Urfé
Eine Mahagoni-Tür geht auf.
Die Neffen, die acht Neffen
flogen im Raum vor den Jalousien.
Die Blümchen, violett, des kleinen simulierten Innenhofs
schoben ihre violetten Körperchen
bis zur sperrangelweit geöffneten Tür.
Die Blümchen redeten niemals mehr miteinander.
Die Zweige waren sehr traurig,
aber die Blümchen schienen eine Ruhe zu haben,
die Ruhe des friedlichen Morgengrauens einer anderen Epoche.
Es war wirklich so: Die Zweige waren sehr traurig
und dennoch spreizten sie ihre tintenfischähnlichen Arme
über das Dach des Nachbarhauses hinaus.
Die Blümchen schwimmen an der Küste und vergessen ihren Sand.
Die Neffen, wie die Blümchen, vergaßen ihren Geruch
und auch den Nektar der Innenhöfe vergaßen sie,
oder waren es die Innenhöfe, die auf eigenes Risiko zur Küste schwammen?
Eine andere Mahagoni-Tür geht auf.
Eine Türschwelle fällt richtungslos
in die Leere der Verästelungen.
Eine Mahagoni-Tür geht auf.
In wem von diesen Neffen, diese Nacht,
pfeift der Wind
des kleinen simulierten Innenhofs,
den meine Augen sehen,
jetzt in der Nacht
traurig wie die Zweige,
sich listig verstellend
wie der Schatten der schwarzen Katze,
der zwischen den traurigen Zweigen einen Buckel macht,
Bewahrer und Hüter der Blümchen, violett,
berührt durch den Wind, der zu den Sternen hochsteigt?
Oder ist es dieses Gedicht,
das vorgibt, durch die erste Mahagoni-Tür zu gehen,
eine große, große, große Tür,
um die erste Szene einer Erinnerung zu betreten,
jene Erinnerung, in der wir alle den Takt
eines Danzóns hören,
und sein Takt tanzt zwischen den Blümchen und der zweiten Tür
und jenem großen, riesigen Klavier,
gespielt auch von einem großen, schlanken Pianisten, ernsthaft
und zärtlich,
den die Neffen Odilio Urfé nannten?
Gasse, da bin ich wieder.
Nur bei dir fand ich Mitgefühl.
Populäres Lied
Die Straße hat einen Namen, einen dunklen Namen, bedeutungslos,
wie ihr eigener Eingang,
lebensklug und weit offen und zahnlos,
an ihrem Ende gibt es kein anderes Licht als das Licht, das der dunklen Haut
meines Neffen Fernando entspringt.
Wir sprechen, aber wir sprechen auch nicht,
wir ähneln uns im Schweigen,
unser Schweigen ist fast wie
das Schweigen der Freudenfeuer in Malawi,
ein ständiges Schweigen, das in unseren Poren atmet,
aber wir, ohne zu wissen,
ohne zu ahnen, dass jenes Schweigen
nur unser Schweigen ist, weil irgendein Vorfahr es mitbrachte,
unser Schweigen ist wie das der
betäubten Bodega,
die es schaffte, die zwei Ufer
und den Gang der Winde zu durchqueren.
Eines Tages im Oktober,
als ein Schiff in der Bai der Stadt explodierte
und der Krach fremder Raketen
das Brett der Waschfrauen brach.
Im Innenhof leblos und ohne zu vergessen
verließ mein Neffe Fernando die Cristina-Straße
– eine breite Straße, die breiteste Straße weit und breit – ,
fast immer betäubt von den Schreien der nahen Schlachthöfe
und dem schonungslosen Pfeifen der Eisenbahnen.
Mein Neffe Fernando, neben mir, hat Heimweh nach dem verrückten Wuschelkopf
einer entfernten Nichte und nach dem Geruch der Bäckereien
an der Ecke der Toyo-Straße, nach dem Aroma von Sesam
und nach den Sonntagen des Karnevals, als er wie ein schlafender Hase
durch die Reihen der riesigen Pappmaché-Figuren rannte.
Mein Neffe Fernando erzählt mir dies alles ohne zu verstehen,
jetzt,
das eilige Hin und Her der Radfahrer,
ohne das heitere Quietschen der Schmetterlinge verstehen zu können
über den Plastikbechern mit Bier.
Wir sind bei einem kleinen Hügel in Tallapiedra angekommen.
Der Zug aus Santiago hält an
und mein Neffe Fernando wischt sich den Schweiß aus dem Gesicht
mit einer nutzlosen Serviette aus weißem Papier,
das alle meine Gefühle ausspioniert.
Fernando und ich
vor einem Wirbel aus schwarzen Tränen.
Fernando und ich in der Empedrado-Straße.
Fernando und ich, uns wieder erkennend
in jenem Dunst der Webstühle von Muralla im August.
Mein Neffe Fernando
mit zehn Kreditkarten
in der Tasche,
aber ohne Hausschuhe, ohne Luft, ohne Sprache:
»Auch ich musste weg aus der Stadt,
in der ich mehr als zwanzig Jahre lebte.
Ich ertrug es nicht und ging weiter nach Norden,
in ein Viertel mit Italienern, Fleischpackern,
die mein Leben ebensowenig verstanden.«
Mein Neffe Fernando in seiner nomadischen Zukunft,
immer noch besessen
vom Schweigen der Freudenfeuer.
Für Gustavo, für Ester
Estela, wenn du gehst,
komm zurück über den Weg der Eisenkräuter
wenn die Immortellen
den Regenbogen oder
den grauen Fond jenes Weges berührt haben.
Estela, wenn du gehst,
komm zurück mit einer Hortensia an jeder Schläfe,
am Nachmittag in Alicante.
Unsere Estela,
Königin der Lorbeerkränze,
komm zurück, komm zurück,
mit einem riesigen Brunnen von vergoldeten Krebsen
und den sauberen Fliesen jenes Innenhofs
die für immer in der Erinnerung pfeifen.
Deine Arme wiegten einen großen blauen Vogel.
Komm zurück, göttliches Kind,
in einer Wasserkutsche,
zum Geräusch der überquellendenen Plätze am Hafen,
und zum Pinsel, still, von Fidelio Ponce.1
Estela, wenn du gehst,
komm noch mal zurück mit einer Turteltaube in deinen Händen,
komm, komm noch mal zurück zum stillen Rauschen deiner stummen Farnpflanzen
und sing, während du ihre schäumenden Blätter gießt,
einen Bolero von Roberto Faz oder Marta Valdés.
Estela, erinnere dich immer zwischen den Meeren:
Deine Armen wiegten einen großen blauen Vogel.
1 Fidelio Ponce de León (1895-1949), kubanischer Maler
Zur Erinnerung an Ángel Roberto Hernández Riverend
Es ging die Frühlingsbrise
und Nélida, schweigend, lehnte sich an den Balkon,
jeden Tag.
Das war immer so.
Und Nélida, wie in den Marktständen,
an den Balkon gelehnt.