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Die umfassendste digitale Sammlung zum Werk von Wilhelm Busch 1600 Zeichnungen 35 Märchen 120 Gedichte Mit interaktivem Menü, Index und Anmerkungen zum Autor. Busch gilt heute als einer der Pioniere des Comics. Zu seinen bekanntesten Werken zählen die Bildergeschichten "Max und Moritz", "Die fromme Helene", "Plisch und Plum" und "Hans Huckebein, der Unglücksrabe". Viele seiner Zweizeiler wie "Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr" sind zu festen Redewendungen im deutschen Sprachgebrauch geworden. Aber nicht nur seine Bildergeschichten sind herausragend, auch seine Gedichte und aufgezeichneten Volksmärchen brauchen sich hinter Goethe oder den Brüdern Grimm nicht zu verstecken. Null Papier Verlag
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Wilhelm Busch
Wilhelm Busch
Gesammelte Werke
Wilhelm Busch
Wilhelm Busch
Gesammelte Werke
Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2024Klosterstr. 34 · D-40211 Düsseldorf · [email protected]: Jürgen Schulze 2. Auflage, ISBN 978-3-954186-82-2
null-papier.de/angebote
Inhaltsverzeichnis
Wilhelm Busch
Bildergeschichten
Adelens Spaziergang
Das Bad am Samstagabend
Das Napoleonspiel
Das Pusterohr
Das Rabennest
Das warme Bad
Der Bauer und das Kalb
Der Bauer und der Windmüller
Der Bauer und sein Schwein
Der gewandte, kunstreiche Barbier und sein kluger Hund
Der Hahnenkampf
Der hastige Rausch
Der heilige Antonius –– Die Wallfahrt
Der heilige Antonius –– letzte Versuchung
Der hinterlistige Heinrich
Der hohle Zahn
Der Lohn des Fleißes
Der Lohn einer guten Tat
Der neidische Handwerksbursch
Der Partikularist
Der Schnuller
Der Schreihals
Der vergebliche Versuch
Der Virtuos
Die beiden Enten und der Frosch
Die Brille
Die Entführung aus dem Serail
Die Fliege
Die Folgen der Kraft
Die fromme Helene
Die Hungerpille
Die kühne Müllerstochter
Die Rache des Elefanten
Die Rutschpartie
Die Strafe der Faulheit
Diogenes und die bösen Buben von Korinth
Ehre dem Fotografen
Ein Abenteuer in der Neujahrsnacht
Eine unangenehme Überraschung
Eugen, der Honigschlecker
Fipps, der Affe
Hans Huckebein
Max und Moritz
Müller und Schornsteinfeger
Naturgeschichtliches Alphabet
Pater Filucius
Plisch und Plum
Schmied und Teufel
Tobias Knopp
Zwei Diebe
Wie man Napoliums macht
Biographisches
Was mich betrifft
Von mir über mich
Erzählungen
Eduards Traum
Der Schmetterling
Meiers Hinnerk
Gedichte
Schein und Sein
Woher, wohin?
Der Stern
Leider!
Unbeliebtes Wunder
Abschied
Der Renommist
Doppelte Freude
Greulich
Modern
Der fremde Hund
So wars
Die Nachbarskinder
Von selbst
Beneidenswert
Auch er
Die alte Sorge
Eitelkeit
Vielleicht
Gedankenvoll
Niemals
Beruhigt
Fehlgeschossen
Unbillig
Er ist mal so
Verzeihlich
Befriedigt
Gestört
Armer Haushalt
Ärgerlich
Gedrungen
Im Sommer
Künftig
Vergeblich
Versäumt
Wassermuhmen
Das Blut
So nicht
Laß ihn
Bis auf weiters
Gründer
Entrüstet
Wiedergeburt
Glückspilz
Immerfort
Verfrüht
Nörgeln
Vertraut
Tröstlich
Unfrei
Zwei Jungfern
Rechthaber
Bös und gut
Der Kohl
Duldsam
Die Teilung
Ein Maulwurf
Durchweg lebendig
Immerhin
Erbauliche Bescheidenheit
Unbequem
Ich bin Papa
Der Asket
Empfehlung
Gründliche Heilung
Am Vorabend von Rosens Geburtstag
Waldfrevel
Frisch gewagt
Peinlich berührt
Zum Geburtstag
Selbstgefällig
So und so
Was das Großmütterlein sang
Wanderlust
Der Nöckergreis
Frühlingslied
Wankelmut
Hund und Katze
Idiosynkrasie
Das Lied von der roten Nase
Summa summarum
Der Sack und die Mäuse
Das Brot
Liebesgeschichten des Jeremias Pechvogel
Schlußchor
Romanze vom nützlichen Soldaten
Es sitzt ein Vogel auf dem Leim
Chor der Kahlköpfe
Ein dicker Sack
Schreckliche Folgen eines Bleistifts
Es saßen einstens beieinand ...
Die Mohrenträne
Das traurige Röslein
Der volle Sack
Liebesglut
Wenn ich dereinst
Zum Geburtstag im Juni
Der Esel
Metaphern der Liebe
Lieder eines Lumpen
Das Glöcklein im Walde
Dilemma
Er kann warten
Zu Neujahr
Will das Glück nach seinem Sinn
In trauter Verborgenheit
Der Türmer
Sie war ein Blümlein
Bewaffneter Friede
Fuchs und Igel
Die Selbstkritik hat viel für sich
Unglücklicher Zufall
Früher, da ich unerfahren
Individualität
Bedächtig
Oben und unten
Zauberschwestern
Lache nicht
Buch des Lebens
Volksmärchen
Die Schwarze Prinzessin
Das Öl der Zwerge
Ilsabein
Gerdmann und Alheid
Das harte Gelübde
Die böse Stiefmutter
Die Zwerghütchen
Königin Isabelle
Die bestrafte Hexe
Der Gärtner und die Kröte
Muschetier, Grenadier und Pumpedier
Der dumme Hans
Der kluge Bauer
Des Totengräbers Sohn
Rettungsrätsel
Die launische Ziege
Des Kaufmanns Sohn
Der Königssohn mit der goldenen Kette
Der Königssohn Johannes
Das verwünschte Schloss
Drei Königskinder
Der kluge Knecht
Die alte Slüksche
Die zwei Brüder
Der Schmied und der Pfaffe
Der harte Winter
Der Soldat und das Feuerzeug
Der Bettler aus dem Paradies
Der verwunschene Prinz
Das Hemd des Zufriedenen
Der Herrgott als Pate
Friedrich Goldhaar
Der Schweinejunge und die Prinzessin
Der Mordgraf
Hans Hinrich Hildebrand und der Pfaffe
Index
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Heinrich Christian Wilhelm Busch (Geb. 15. April 1832 in Wiedensahl; Gest. 9. Januar 1908 in Mechtshausen) war einer der einflussreichsten humoristischen Dichter und Zeichner Deutschlands. Seine erste Bildergeschichte erschien 1859.
Schon in den 1870er Jahren zählte er zu den bekannten Persönlichkeiten Deutschlands. Zu seinem Todeszeitpunkt galt er als ein »Klassiker des deutschen Humors«, der mit seinen satirischen Bildergeschichten eine große Volkstümlichkeit erreichte.
Er gilt heute als einer der Pioniere des Comics. Zu seinen bekanntesten Werken zählen die Bildergeschichten »Max und Moritz«, »Die fromme Helene«, »Plisch und Plum« und »Hans Huckebein, der Unglücksrabe«.
Viele seiner Zweizeiler wie »Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr« sind zu festen Redewendungen im deutschen Sprachgebrauch geworden. Seine Satiren verspotten häufig Eigenschaften einzelner Typen oder Gesellschaftsgruppen. So greift er in seinen Bildergeschichten die Selbstzufriedenheit und zweifelhafte Moralauffassung des Spießbürgers und die Frömmelei bürgerlicher und geistlicher Personen an.
»Max und Moritz –– Eine Bubengeschichte in sieben Streichen« wurde am 4. April 1865 erstveröffentlicht und zählt damit zum Frühwerk von Wilhelm Busch.
Viele Reime dieser Bildergeschichte wie »Aber wehe, wehe, wehe! / Wenn ich auf das Ende sehe!«, »Dieses war der erste Streich, doch der zweite folgt sogleich« und »Gott sei Dank! Nun ist’s vorbei / Mit der Übeltäterei!« sind zu geflügelten Worten im deutschen Sprachgebrauch geworden.
Ein Mädchen, schön und voll Gemüt, Geht hier spazieren, wie man sieht. Sie pflückt auf frühlingsgrüner Au Vergißmeinnicht, das Blümlein blau. Ach Gott! Da hupft ein grüner, nasser, Erschrecklich großer Frosch ins Wasser. Adele, die ihn hupfen sah, Fällt um und ist der Ohnmacht nah. Ameisenbisse tun gar weh; Schnell springt Adele in die Höh’. Ein Schäfer weidet in der Fern. - Den Ziegenbock hat man nicht gern. Es stößt der Bock - Adele schreit - Der Hirt ist in Verlegenheit. Auf seine Hörner nimmt der Bock Adelens Krinolinenrock. Hund, Hirt und Herde stehen stumm Um diesen Unglücksfall herum. Der Schäfer trägt Adelen fort; Ein Storch kommt auch an diesen Ort. Schnapp! faßt der Storch die Krinoline Und fliegt davon mit froher Miene. Hier sitzt das Ding im Baume fest Als wunderschönes Storchennest.
Hier sieht man Bruder Franz und Fritzen Zu zweit in einer Wanne sitzen. Die alte Lene geht; –– und gleich Da treibt man lauter dummes Zeug. Denn Reinlichkeit ist für die zwei Am Ende doch nur Spielerei. –– Jetzt will der Fritz beim Untertauchen Nur seinen einen Finger brauchen. Natürlich läuft ihm was ins Ohr Dem Franz kommt dieses lustig vor. Das ärgert aber Bruder Fritzen Drum fängt er an, den Franz zu spritzen. Doch der mit seiner großen Zehe Tut Fritzen an der Nase wehe; Dafür taucht Fritz den Kopf ihm nieder Was so im Wasser sehr zuwider. Franz aber zieht an Fritzens Bein; Der zappelt sehr und kann nicht schrein. In Mund und Auge, zornentbrannt, Greift jetzt die rachbegierge Hand. Die Wanne wird zu enge Für dieses Kampfgedränge. Perdatsch! die alte, brave Lene Kommt leider grad zu dieser Szene. Sie spricht voll Würde und voll Schmerz: »Die Reinlichkeit ist nicht zum Scherz!« Und die Moral von der Geschicht: Bad zwei in einer Wanne nicht!
»Eins, zwei, drei –– ich zähl’ herum –– Der Louis ist Napolium!« Man rüstet sich, so schnell man kann. Der Louis zieht die Stiefel an. Schon sieht man aufeinander gehen Die beiderseitigen Armeen. Alsbald so kriegen ihre Strafe Der böse Turko und der Zuave. Besonders glänzend zeigt sich hie Die Wirksamkeit der Artillierie. Nun wird die Sache aber übel: Der Louis rennt aus seinem Stiebel; Und wird bei Metz, wie er sich stemmt, Zum größten Teile eingeklemmt. Noch rettet er sich wiseman Mit Schnelligkeit bis nach Sedan. Indessen bälder, als er denkt, Fühlt er auch hier sich sehr beengt. Und kein Entweichen gibt es hier. Victoria! Den hätten wir! Der Louis schreit: »Au weh! au weh!« Denn jetzo geht’s nach Wilhelmshöh. Schwapp! liegt er da im weichen Lehm, Bequem und doch nicht angenehm. »Ne!« –– schreit der Louis laut und sehr –– »Napolium spiel ich niemals mehr!!«
Hier sitzt Herr Bartelmann im Frei’n Und taucht sich eine Brezel ein. Der Franz mit seinem Pusterohr Schießt Bartelmann ans linke Ohr. Ei Zapperment, so denkt sich der, Das kam ja wohl von unten her. Doch nein –– denkt er ––, es kann nicht sein! Und taucht die Brezel wieder ein. Und –– witsch –– getroffen ist die Brezen, Herrn Bartelmann erfaßt Entsetzen. Und –– witsch –– jetzt trifft die Kugel gar Das Aug’, das sehr empfindlich war, So daß dem armen Bartelmann Die Träne aus dem Auge rann. Ei, Zapperment –– so denkt sich der ––, Das kommt ja wohl von oben her! –– Aujau! Er fällt –– denn mit Geblase Schießt Franz den Pfeil ihm in die Nase. Da denkt Herr Bartelmann, aha! Dies spitze Ding, das kenn’ ich ja! Und freudig kommt ihm der Gedanke: Der Franz steht hinter dieser Planke! Und –– klapp! –– schlägt er mit seinem Topf Das Pusterohr tief in den Kopf! Drum schieß mit deinem Püstericht Auf keine alten Leute nicht!
Zwei Knaben, jung und heiter, Die tragen eine Leiter. Im Nest die jungen Raben, Die werden wir gleich haben. Da fällt die Leiter um im Nu, Die Raben sehen munter zu. Sie schreien im Vereine, Man sieht nur noch die Beine! Der Jäger kommt an diesen Ort Und spricht zu seinem Hund: »Apport!« Den Knaben apportiert der Hund, Der Jäger hat die Pfeif’ im Mund. »Nun hole auch den andern her!« Der Schlingel aber will nicht mehr. Der Jäger muß sich selbst bemühn, Den Knaben aus dem Sumpf zu ziehn. Zur Hälfte sind die Knaben So schwarz als wie die Raben. Der Hund und auch der Jägersmann, Die haben schwarze Stiefel an. Die Raben in dem Rabennest Sind aber kreuzfidel gewest.
Ein Bauer, der kein Geld mehr hat, Der brächte gern sein Kalb zur Stadt. Doch schau, wie dieses Tier sich sträubt, Und widerspenstig stehen bleibt! Der liebenswürdige Bauersmann Bietet umsonst ihm Kräuter an. Vergebens druckt er es und schiebt, Das Kalb bleibt stehn, wie’s ihm beliebt. Und ganz vergeblich ebenfalls Sucht er es fortzuziehn am Hals. Jetzt schau, wie er’s mit Disteln sticht! Das Kalb schreit: »Bäh!« Doch geht es nicht. Er nimmt das Kalb bei Schweif und Ohr, Doch bleibt es störrisch wie zuvor. Mit Drohen und Belehren Sucht er es zu bekehren. Doch schon im nächsten Augenblick Möcht’ es durchaus zum Stall zurück. Da denkt er, es mit Schlägen Zum Gehen zu bewegen. Allein trotz allem Schlagen Muß er das Kalb noch tragen. Weil das ihm aber lästig ist, Besinnt er sich auf eine List. Er hängt die Glocke um, schreit: »Muh!« Da glaubt das Kalb, er sei die Kuh.
Die Luft ist kühl, es weht der Wind. Der Bauer zieht zur Mühl’ geschwind. Ei, denkt der brave Bauersmann, Da bind’ ich meinen Esel an. Der böse Müller hat’s gesehn Und läßt sogleich die Mühle gehn. Den Esel zieht es fort, o Graus! Der Müller guckt zum Loch heraus. Am Schwanz hängt sich der Bauer an, Was ihm jedoch nicht helfen kann. Denn sieh! die Haare halten nicht. Bumbs, liegt er da, der arme Wicht. Der Müller aber mit Vergnügen Sieht in der Luft den Esel fliegen. Indessen haut dem Bäuerlein Ein Flügel an das rechte Bein. Jetzt endlich bleibt die Mühle steht. Doch um den Esel ist’s geschehn. Hier siehst du nun auf einem Karr’n Den Abgeschied’nen heimwärts fahrn. Und als der Bauer kam nach Haus, Fuhr seine Frau zur Tür heraus, Mit einem Besen groß und lang Macht sie dem Bauern angst und bang. Der Bauer nimmt die Säge Und wehrt sich ab die Schläge. Ein Sägezahn trifft ganz genau Ins Nasenloch der Bauersfrau. Die Nase blutet fürchterlich, Der Bauer denkt: »Was kümmert’s mich?« Zur Mühle geht der Bauersmann Und fängt sogleich zu sägen an. Racksknacks! Da bricht die Mühle schon, –– Das war des bösen Müllers Lohn. Der böse Müller aber kroch Schnell aus dem off’nen Mühlenloch
Ein Bauer treibt in guter Ruh Sein fettes Schwein der Heimat zu. Bei einem Wirte kehrt er ein Und kauft sich einen Branntewein. Da zieht das Schwein, der Bauer fällt, Weil er sich auf das Seil gestellt. Des Wirtes Nachbar und sein Sohn, Die warten auf die Knödel schon. Auf einmal kommt herein die Sau Und stößt die gute Nachbarsfrau. Sie stößt, mit schrecklickem Gebrumm, Das Kind, den Tisch und Nachbar um. Heraußen steht das Bäuerlein Und wartet auf sein fettes Schwein. Das Schwein läuft aus der Tür heraus, Der Bauer reitet fort im Saus. Dem Schweine kommt das lästig vor, Drum wälzt es sich im feuchten Moor. Ans Ufer springt das böse Schwein, Der Bauer mühsam hinterdrein. Ins Schilderhaus verkriecht es sich, Der Bauer spricht: »Jetzt hab’ ich Dich!« Er setzt sich auf das Schilderhaus, Da schaut des Schweines Schwanz heraus. Der Wirt, Soldat und Nachbarsmann, Die greifen jetzt den Bauern an. Doch endlich schlachtet man das Schwein, Da freuet sich das Bäuerlein.
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Der Gickerich, ein Gockel fein, Guckt in den Topf voll Brüh hinein. Ein zweiter, Gackerich genannt, Kommt auch sogleich herzugerannt. Und jeder langt mit Mühe Im Topfe nach der Brühe. Der Gicker- und der Gackerich Betrachten und fixieren sich. Zum Kampf gerüstet und ganz nah, So stehn sie Aug’ in Auge da. Sie fangen mit den Tatzen Entsetzlich an zu kratzen. Und schlagen sich die Sporen Um ihre roten Ohren. Jetzt rupft der Gickerich, o Graus, Dem Gackerich die schönste Feder aus. Doch Gackerich, der erst entfloh, Macht’s jetzt dem andern ebenso. Und zieht den Gickerich noch obendrein Beim Schopfe in den Topf hinein. Da kämpfen sie noch ganz erhitzt, Daß rund herum die Brühe spritzt. Und keiner hält sich für besiegt, Obschon der Topf am Boden liegt.
»Kellnerin! Einen Bittern!« »Und nachher eine Flasch Ofner!« »Und ein Glas Grog!« »Ah!« »Kellnehin, za––hin!« »Macht 1 Gulden 48 Kreuzer.« »Sie Lump, Sie!« »Au weh!« »Wer lacht da?« »Ja, was wär’ denn des?« »Itzo gehörst d’ mein!«
»Und drauß bist schon aa!«
Es schickt sich, daß ein frommer Mann Die Sache überlegt; Er schafft sich einen Esel an, Der ihm den Ranzen trägt. So zogen sie hinaus zum Tor Und fürder allgemach; Der Heilige, der ging her vor, Der Esel hinten nach. Antonius als guter Christ Schaut’s an mit Seelenruh: »He, Alter! Wenn du fertig bist, –– Wohlan! –– so trage du!« Er setzt sich auf und reitet sacht Bis nach Jerusalem. Wo Salomonis Tempel stand, Liegt mancher dicke Stein, Den allerdicksten, den er fand Packt Sankt Antonius ein. Das hilft ihm aber alles nit, Wir kümmern uns nicht drum. Der Bär, obschon ganz krumm und matt, Setzt sich in kurzen Trab. Bis hin nach Padua der Stadt; Da stieg Antonius ab. »Mein Freund, du kannst nun gehn! Und wie es einem gehen kann, Das hast du nun gesehn!« »Mein Leben lang bekümmr’ ich mich Um keinen Esel mehr!«
Der heilige Antonius von Padua Saß oftmals ganz alleinig da Und las bei seinem Heiligenschein Meistens bis tief in die Nacht hinein. –– Und wie er sich umschaut, der fromme Mann, Schaut ihn ein hübsches Mädchen an. –– der heilige Antonius von Padua War aber ganz ruhig, als dies geschah. Er sprach: »Schau du nur immer zu, Du störst mich nicht in meiner christlichen Ruh!« Als er nun wieder so ruhig saß Und weiter in seinem Buche las –– Husch, husch! –– so spürt er auf der Glatzen Und hinterm Ohr ein Kribbelkratzen, Daß ihm dabei ganz sonderbar, Bald warm, bald kalt zumute war. –– Der heilige Antonius von Padua War aber ganz ruhig, als dies geschah. Er sprach: »So krabble du nur zu, Du störst mich nicht in meiner christlichen Ruh!« »Na! –– –– Na!« »Na, na! –– sag’ ich!!!« »Hm! hm! –– –– hm!!!« Und gibt dem heil’gen Antonius Links und rechts einen herzhaften Kuß. Er sprang empor, von Zorn entbrannt; Er nahm das Kreuz in seine Hand: »Laß ab von mir, unsaubrer Geist! Sei, wie du bist, wer du auch seist!« Puh!! –– Da sauste mit großem Rumor Der Satanas durchs Ofenrohr. Der heilige Antonius, ruhig und heiter, Las aber in seinem Buche weiter! –– So laß uns denn auf dieser Erden Auch solche fromme Heil’ge werden!
Die Mutter sprach: »O Heinrich mein! Nimm diese Brezen, sie sei dein!« Der böse Heinrich denkt sich gleich: »Jetzt fang ich Gänse auf dem Teich.« Ein junges Gänslein schwamm ans Land, Schwapp! hat es Heinrich in der Hand. Es schreit und zappelt fürchterlich; Die Alten sind ganz außer sich. Jetzt faßt die Gans den Heinrich an, Wo sie zunächst ihn fassen kann. Der Heinrich fällt auf seinen Rücken; Am Ohr tun ihn die Gänse zwicken. Sie fliegen dann, –– o weh, o weh! Mit Heinrich fort und in die Höh. Hoch über seiner Mutter Haus, Da lassen sie den Heinrich aus. Der fällt ganz schwarz und über Kopf Der Mutter in den Suppentopf. Mit einer Gabel und mit Müh’ Zieht ihn die Mutter aus der Brüh’. Hier sieht man ihn am Ofen stehn. –– Dem Schlingel ist ganz recht geschehn! Die Gänse aber voll Ergötzen Verzehren Heinrichs braune Brezen.
Oftmalen bringt ein harter Brocken Des Mahles Freude sehr ins Stocken. So geht’s nun auch dem Friedrich Kracke; Er sitzt ganz krumm und hält die Backe. Um seine Ruhe ist’s getan; Er biß sich auf den hohlen Zahn. Nun sagt man zwar: es hilft der Rauch! Und Friedrich Kracke tut es auch. Allein schon treiben ihn die Nöten, mit Schnaps des Zahnes Nerv zu töten. Er taucht den Kopf mitsamt dem Übel In einen kalten Wasserkübel. Jedoch das Übel will nicht weichen, Auf andre Art will er’s erreichen. Umsonst! –– Er schlägt, vom Schmerz bedrängt, Die Frau, die einzuheizen denkt. Auch zieht ein Pflaster hinterm Ohr Die Schmerzen leider nicht hervor. »Vielleicht« –– so denkt er »wird das Schwitzen Möglicherweise etwas nützen.« Indes die Hitze wird zu groß, Er strampelt sich schon wieder los; Und zappelnd mit den Beinen, Hört man ihn bitter weinen. Jetzt sucht er unterm Bette Umsonst die Ruhestätte. Zuletzt fällt ihm der Doktor ein. Er klopft. –– Der Doktor ruft: »Herein!« »Ei, guten Tag, mein lieber Kracke, Nehmt Platz! Was ist denn mit der Backe? Laßt sehn! Ja, ja! Das glaub’ ich wohl! Der ist ja in der Wurzel hohl!« Nun geht der Doktor still beiseit. Der Bauer ist nicht sehr erfreut. Und lächelnd kehrt der Doktor wieder, Dem Bauern fährt es durch die Glieder. Ach, wie erschrak er, als er da Den wohlbekannten Haken sah! Der Doktor, ruhig und besonnen, Hat schon bereits sein Werk begonnen. Und unbewußt nach oben Fühlt Kracke sich gehoben. Und rack –– rack! –– da haben wir den Zahn, Der so abscheulich weh getan! Mit Staunen und voll Heiterkeit Sieht Kracke sich vom Schmerz befreit. Der Doktor, würdig, wie er war, Nimmt in Empfang sein Honorar. Und Friedrich Kracke setzt sich wieder Vergnügt zum Abendessen nieder.
»Komm Nero!« spricht Herr Bartel ernst, »Es wird jetzt Zeit, daß du was lernst! Du willst nicht? –– Gut! so hau’ ich dich Mit einem Stecken fürchterlich.« Drauf sitzt der Nero mäuschenstill Und hört, was man ihm sagen will. »Hut ab!« das ist das erste Stück, Der Nero macht es mit Geschick. Zum zweiten: »Jenen Stecken dort! Nur munter, Nero! such! apport!« Und jetzt: »Die Tür auf! –– So, so, so! Das geht ja schon: Bravissimo!« »Ach!« denkt der Nero, »ach, wozu Läßt mich mein Herr doch nicht in Ruh’?!« Da kommt, als sie spazierengingen, Der Hundefänger mit der Schlingen. »Hut ab!« ruft schnell Herr Bartel jetzt, Der Hundefänger ist entsetzt Und läßt, dieweil der Schreck so groß, Die festgemachte Schlinge los. Gleich sitzt der Nero mit der Mütze In einer tiefen Wasserpfütze. Der böse Mann, gar seht gewandt, Fischt aber Nero an das Land, Und sperrt ihn in den Gitterkasten, Und schreit: »Jetzt soll der Schlingel fasten!« Doch kaum hat sich der Mann entfernt, Zeigt Nero, daß er was gelernt. Er macht die Türe auf und dann Läuft er nach Haus, so schnell er kann. Hier kehrt er heim und ist erfreut, –– Das macht allein die Fleißigkeit.
(eine wahre Geschichte)
Wenn man von dem Lohn der Tugend Hin und wieder was erfährt, So ist das im allgemeinen Jedenfalls nur wünschenswert. Aber so was kann mich ärgern, Wenn man in der Zeitung sieht, Was dem Johann Luenicka Für sein gutes Werk geschieht. Von Geburt aus Leitomischl, Handwerksbursche von Metier, Kam er auch auf seiner Reise Einst an einen großen See. Plötzlich sieht er einen Knaben, Welcher etwa dreizehn Jahr, Und, nachdem er sich gebadet, Eben beim Ertrinken war. Dieses kann Johann nicht leiden, Stürzt sich mutig in die Flut, Faßt das Kind beim linken Beine, Aber ach! verliert den Hut. Erst jedoch, nachdem er alle Rettungsmittel angewandt, Fühlt er mittelst seiner Hände, Daß er seinen Hut nicht fand. Unbemittelt und vertrauend Auf das Werk, das er getan, Hält er bei der Ortsgemeinde Höflich um Belohnung an. Hier nimmt man das Anersuchen Auch sogleich zu Protokoll Und berichtet an das Kreisamt, Wie man sich verhalten soll. Von dem Kreisamt schreibt man wieder, Und der Brave ist schon froh; Aber groß war sein Erstaunen, Denn die Antwort lautet so: »Erstens, da der Luenicka Schwimmen kann, so ist es klar, Daß sein Leben bei der Sache Nicht besonders in Gefahr; Drum, nach reiflichem Bedenken, Lautet unser Amtsbeschluß, Daß die fragliche Belohnung Jedenfalls von Überfluß. Zweitens hat der Luenicka Sein Ersuchen eingeschickt, Ohne daß, wie es gesetzlich, Ihm ein Stempel aufgedrückt; Drum, nach reiflichem Bedenken, Lautet unser Amtsbeschluß, Daß er 72 Kreuzer Stempeltaxe zahlen muß.« Ja, so lautet das Erkenntnis. –– Zahlen muß der junge Mann, Ob ihm gleich von jedem Auge Eine stille Träne rann. Und wir fragen uns im stillen: Wozu nützt die gute Tat, Wenn ein tugendsamer Jüngling Obendrein noch Kosten hat!
Das Hähnerl hier ist für den Dicken. Der Handwerksbursch’ fühlt Magenzwicken. Die Zeitung ist oft int’ressant. Ein Hähnerl nimmt man gern zur Hand. Die Politik ist sehr belehrend. Der Wohlgeruch ist manchmal störend. Der Dicke schmaust, es perlt der Wein; Der Handwerksbursch’ schaut neidisch drein. Der Handwerksbursche unverwandt Vertieft sich in den Gegenstand. Auch das noch! –– Es ist unerträglich! –– Er flötet so leger wie möglich. Der Dicke schlürft mit viel Gefühl; –– Dem Handwerksburschen wird es schwül. Er zahl drei Kreuzer sehr verlegen, Stolz nimmt sie der Herr Wirt entgegen. Drei Taler zahl der gnäd’ge Herr, Da ist der Wirt schon höflicher. –– - Die Sonne brennt, der Staub der weht; Der Dicke fährt, der Dünne geht. –– Der Handwerksbursche froh und frei, Ruht sanft im duft’gen Wiesenheu. Der Dicke aber –– autsch! mein Bein! –– Hat wieder heut’ das Zipperlein.
Jetzt kommen die Franzosen –– die Preußen kriegen Schläge. Haha! Saarbrücken! Gelt, der kleine Lulu! Weißenburg –– ––! Wer’s glaubt! Pah! Der Max Mahon zeigt’s ihnen schon! Wörth! Wörth! Hm, sonderbar! Mars la Tours! Siehst du wohl! Aber der Max Mahon fangt’s fein an. H-u-iii! Sedan. Pfui Teufel! Gefangen! Was –– gefangen –– Er? O Straßburg, o Straßburg, du wunderschöne Stadt! Sie: »Metz, Metz, Metz!« –– Er: »Verrat!«
Und das Viktoria-Geschieß auch noch!
»Hier hast du ihn! Nun sei hübsch still, Weil ich die Wäsche trocknen will.« Dem Willi schmeckt der Schnuller süß, Zwei junge Hunde sehen dies. Der Willi spielt mit seiner Zehe, Die Wespe lauert in der Nähe. Schon krabbelt Schnupp, der eine Hund, Ganz nah an Willi seinem Mund. Er faßt mit Hast die süße Beute, Und eilt von dannen voller Freude. Nun kommt auch Schnapp, der zweite Hund, Und leckt dem Willi seinen Mund. Der Willi aber weinet sehr, Denn er hat keinen Schnuller mehr. Hier krabbelt er mit Händ’ und Füßen Zur Kanne hin, die zum Begießen. Und sucht mit Mühe sich soeben An dieser Kanne zu erheben. Allein vergeblich ist sein Mühn; Der kalte Guß kommt über ihn. Hier läuft der Schnupp in großer Hast Und hält den Schnuller fest gefaßt. Schön schmeckt des Schnullers Süßigkeit; Die andern zwei sind voller Neid. Ein jeder möchte, sich zu laben, Den Schnuller gern alleine haben. Der Wespenstich macht keine Freude, Die Hunde fliehen alle beide. Die Wespe mit vergnügtem Sinn Betrachtet sich als Siegerin. Großmutter aber kommt allhier Und kehrt hinweg das Stacheltier. Sie trägt zu einem warmen Ort Den Willi und den Schnuller fort. Hier liegt und schwelgt er zum Beschluß In ungestörtem Hochgenuß.
Da, Lina, zieh ihm’s Nachtzeug an, daß ich die Flasche wärmen kann. Die Mutter geht, und eh sie scheidet, wird Willi schon des Hemds entkleidet. Die Wäscherei gefällt ihm nicht, vor allen Dingen im Gesicht. Doch schreit er nicht und hält ganz still und läßt sich pudern, wo man will. Kaum aber schnüret man ihn ein, so fängt er auch schon an zu schrein. Habäh! so tönt sein Wehgeschrei und lockt den Vater selbst herbei. Hier, halt ihn eben mal, Papa! ich geh und rufe die Mama. Der Vater trommelt an den Scheiben, um Willis Trauer zu vertreiben. Er läßt ihn in den Spiegel schaun –– der Willi schreit, bis daß er braun. Horch, Willi, horch, die Ticktakuhr! –– der Willi schreit noch ärger nur. Susu, mein Herz! Schlaf ein, schlaf ein! –– er fängt noch lauter an zu schrein. Mit List zeigt er die Zipfelhauben –– umsonst! Der Willi will’s nicht glauben. Jetzt macht er einen Butzemann –– O weh! Nun geht’s noch schlimmer an. Die Mutter öffnet grad die Tür: »Mein Herz! Was machen sie mit dir?!« Die Mutter macht ein ernst Gesicht: »Ja, was ist das? –– Auch dieses nicht?!« –– Grad kommt die Tante auf Visite und ruft erschreckt: »Du meine Güte!!« –– Voll Weisheit öffnet sie den Bund. –– Da haben wir’s! –– Das war der Grund! –– Und Willi, der vom Schmerz befreit, lacht laut vor lauter Heiterkeit.
Herr Lehmann hat seinen Freunden in der Silvesternacht eine Punschpartie gegeben und beabsichtigt nach Entfernung seiner Gäste, sich noch eine Zigarre anzuzünden. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11.
12.
Ein Neujahrskonzert
Zum neuen Jahr begrüßt euch hier Ein Virtuos auf dem Klavier. Er führ’ euch mit Genuß und Gunst Durch alle Wunder seiner Kunst. Silentium Introduzione Scherzo Adagio Adagio con sentimento Piano Smorzando Maestoso Capriccioso Passagio chromatico Fuga del diavolo Forte vivace Fortissimo vivacissimo Finale furioso
Bravo, bravissimo!
Sieh da, zwei Enten jung und schön, Die wollen an den Teich hingehn. Zum Teiche gehn sie munter Und tauchen die Köpfe unter. Die eine in der Goschen Trägt einen grünen Froschen. Sie denkt allein ihn zu verschlingen. Das soll ihr aber nicht gelingen. Die Ente und der Enterich, Die ziehn den Frosch ganz fürchterlich. Sie ziehn ihn in die Quere, Das tut ihm weh gar sehre. Der Frosch kämpft tapfer wie ein Mann. –– Ob das ihm wohl was helfen kann? Schon hat die eine ihn beim Kopf, Die andre hält ihr zu den Kropf. Die beiden Enten raufen, Da hat der Frosch gut laufen. Die Enten haben sich besunnen Und suchen den Frosch im Brunnen. Sie suchen ihn im Wasserrohr, Der Frosch springt aber schnell hervor. Die Enten mit Geschnatter Stecken die Köpfe durchs Gatter. Der Frosch ist fort –– die Enten, Wenn die nur auch fort könnten! Da kommt der Koch herbei sogleich Und lacht: »Hehe, jetzt hab’ ich euch!« Drei Wochen war der Frosch so krank! Jetzt raucht er wieder. Gott sei Dank!
Des Mittags, als es zwölfe war, Setzt sich zu Tisch der Herr Aktuar. Er schaut bedenklich, ernst und stille, Die Suppe an durch seine Brille. Und durch die Brille, scharf und klar, Entdeckt er gleich ein langes Haar. »Nun!« –– sprach die Frau –– »das kann wohl mal passieren! Hast du mich lieb, so wird’s dich nicht genieren!« Er aber kehrt sich schleunigst um Und holt die Flasche, die voll Rum. Er trinkt und ist so sehr verstockt, Daß selbst die Wurst ihn nicht verlockt. »Ach!« denkt die Frau, »wie wird das enden!« Und sucht die Flasche zu entwenden. Doch hierin kennt er keinen Spaß »Gleich stell sie her! Sonst gibt es was!« Und schon ergreift er mit der Hand Den Stock, der in der Ecke stand. Die Frau versucht zu fliehn; indes Der Hakenstock verhindert es. Ein Schlag, gar wohlgezielt und tüchtig, Trifft und zerbricht die Flasche richtig. Nun nimmt die Frau die Sache krumm Und kehrt sich zur Attacke um. Sie hat die Brill’ und freut sich sehr, Der Mann steht da und sieht nichts mehr. Er tappt herum als blinder Mann, Ob er den Feind nicht finden kann. Und tappt in seiner blinden Wut –– Autsch! –– an des Ofens heiße Glut. Er dreht sich um und allbereits Brennt ihn der Ofen anderseits. Nun aber wird die Wut erst groß –– Was es auch sei –– er haut drauflos. Die Suppenschüssel, Wurst und Glas Wird ruiniert, der Hund wird naß Und Frau und Hund entfliehn; doch er Fällt mit dem Stuhl schnell hinterher. Voll Eifer will er nach, und ach! Rennt an die Tür mit großem Krach. Nun ist’s zu Ende mit dem Rasen! Das rote Blut rinnt aus der Nasen. Und demutsvoll und flehentlich Bemüht er um die Brille sich. Er nimmt mit Freud’ und Dankgefühl Die Brille von dem Besenstiel. So triumphiert das brave Weib. –– Die Wurst hat Tapp, der Hund, im Leib.
Der Sultan winkt –– Zuleima schweigt Und zeigt sich gänzlich abgeneigt. »Ha!« ruft der Sultan zorn’gen Muts, »Führt sie hinweg!!« –– Der Sklave tut’s. Der Ritter Artur sucht voll Tücken Der Hauses Wächter zu berücken. Schon trinkt die Wache ziemlich viel, Herr Artur stimmt sein Lautenspiel. Jetzt ist die Schildwach’ schon betrunken, Und schau! Zuleima hat gewunken. Hier grüßt man sich voll Zärtlichkeit –– –– Gebt acht! der Aga ist nicht weit! Der ruft: »Herr Sultan, kommt in Eil’! Grad steigt da wer in das Serail!« Die beiden Türken steigen nach Bis zu Zuleimas Vorgemach. Kaum sind die beiden Türken oben, Da wird die Leiter umgeschoben. Der Aga sticht in großer Hitze Dem Sultan in die Nasenspitze. Dem Sultan aber klopft das Herz Vor Herzenspein und Nasenschmerz. Das Pärchen aber, froh und heiter, Entflieht per Schiff und segelt weiter.
Dem Herrn Inspektor tut’s so gut, Wenn er nach Tisch ein wenig ruht. Da kommt die Fliege mit Gebrumm Und surrt ihm vor dem Ohr herum. Und aufgeschreckt aus halbem Schlummer, Schaut er verdrießlich auf den Brummer. Die böse Fliege! Seht, nun hat se Sich festgesetzt auf seiner Glatze. »Wart nur, du unverschämtes Tier! Anitzo aber komm’ ich dir!!«. Behutsam schleicht er nach der Tasse, Daß er die Fliege da erfasse. Perdauz! –– Darin ist er gewandt –– Er hat sie wirklich in der Hand. Hier schaut er nun mit großer List, Wo sie denn eigentlich wohl ist. Surr! –– Da! Sie ist schon wieder frei. Ein Bein, das ist ihr einerlei. Jetzt aber kommt er mit der Klappe, Daß er sie so vielleicht ertappe. Und um sie sicher zu bekommen, Hat er den Sorgenstuhl erklommen. Rumbums! Da liegt der Stuhl und er. Die Fliege flattert froh umher. Da holt er aus mit voller Kraft, Die Fliege wird dahingerafft. Und fröhlich sieht er das Insekt Am Boden leblos ausgestreckt. Erquicklich ist die Mittagsruh, Nur kommt man oftmals nicht dazu.
Mit kühnem Mut aus seinem Bett Schwingt sich der Turner Hoppenstedt. Schon ist das Hantelpaar bereit Zu frisch-fromm-freier Tätigkeit. Der Bizeps wird zuerst geübt, Er, der dem Arm die Spannkraft gibt. Einseitig aber ist der Mann, Der’s nicht mit beiden Händen kann. Stramm sei der Nacken, daß man trage Das Vollgewicht in kühner Waage. Besonders auch versäumt er nie Des Beines Muskelenergie. Derweil sitzt unten beim Kaffee Herr Meck und deutet in die Höh’. Es wächst die Kraft. –– Doch unten hier Liest Vater Meck in dem Courier. Und kracks! –– zu groß wir das Gewicht; Die Decke trägt es nicht –– und –– bricht. Und Hoppenstedt, wie er sich stemme, Saust schon in Topf und Butterbemme. Man läuft, man fällt nach allen Seiten, Und Hoppenstedt fängt an zu reiten. Er eilt hinaus mit schnellem Schritt Und Topf und Butter eilen mit. Am schlimmsten aber –– oh! oh! oh! –– Erging es dem guten Fidelio.
Wie der Wind in Trauerweiden Tönt des frommen Sängers Lied, Wenn er auf die Lasterfreuden In den großen Städten sieht. Ach, die sittenlose Presse! Tut sie nicht in früher Stund All die sündlichen Exzesse Schon den Bürgersleuten kund?! –– Offenbach ist im Thalia; Hier sind Bälle, da Konzerts. Annchen, Hannchen und Maria Hüpft vor Freuden schon das Herz. –– Kaum trank man die letzte Tasse, Putzt man schon den irdschen Leib. Auf dem Walle, auf der Gasse Wimmelt man zum Zeitvertreib. –– Wie sie schauen, wie sie grüßen! Hier die zierlichen Mosjös, Dort die Damen mit den süßen Himmlisch hohen Prachtpopös. –– Und der Jud mit krummer Ferse, Krummer Nas und krummer Hos Schlängelt sich zur hohen Börse, Tiefverderbt und seelenlos. –– Schweigen will ich von Lokalen, Wo der Böse nächtlich praßt, Wo im Kreis der Liberalen Man den Heilgen Vater haßt. –– Schweigen will ich von Konzerten, Wo der Kenner hoch entzückt Mit dem seelenvoll-verklärten Opernglase um sich blickt; Wo mit weichem Wogebusen Man schön warm beisammen sitzt, Wo der hehre Chor der Musen, Wo Apollo selber schwitzt. –– Schweigen will ich vom Theater; Wie von da, des Abends spät, Schöne Mutter, alter Vater Arm in Arm nach Hause geht. Zwar man zeuget viele Kinder, Doch man denket nichts dabei. Und die Kinder werden Sünder, Wenn’s den Eltern einerlei. »Komm Helenchen!« –– sprach der brave Vormund –– »Komm, mein liebes Kind! Komm aufs Land, wo sanfte Schafe Und die frommen Lämmer sind. Da ist Onkel, da ist Tante, Da ist Tugend und Verstand, Da sind deine Anverwandte!«
So kam Lenchen auf das Land.
»Helene!« –– sprach der Onkel Nolte –– »Was ich schon immer sagen wollte! Ich warne dich als Mensch und Christ: Oh, hüte dich vor allem Bösen! Es macht Pläsier, wenn man es ist, Es macht Verdruß, wenn man’s gewesen!« »Ja leider!« –– sprach die milde Tante –– »So ging es vielen, die ich kannte! Drum soll ein Kind die weisen Lehren Der alten Leute hochverehren! Die haben alles hinter sich Und sind gottlob! recht tugendlich!« –– »Nun gute Nacht! Es ist schon späte! Und, gutes Lenchen, bete bete!« Helene geht. –– Und mit Vergnügen Sieht sie des Onkels Nachthemd liegen. Die Nadel her, so schnell es geht! Und Hals und Ärmel zugenäht!! –– Darauf begibt sie sich zur Ruh Und deckt sich warm und fröhlich zu. –– Bald kommt der Onkel auch herein Und scheint bereits recht müd zu sein. Erst nimmt er seine Schlummerprise, Denn er ist sehr gewöhnt an diese. Und nun vertauscht er mit Bedacht Das Hemd des Tags mit dem der Nacht. Doch geht’s nicht so, wie er wohl möcht, Denn die Geschichte will nicht recht. »Potztausend, das ist wunderlich!« –– Der Onkel Nolte ärgert sich. Er ärgert sich, doch hilft es nicht. Ja siehste wohl! Da liegt das Licht! Stets größer wird der Ärger nur. Es fällt die Dose und die Uhr. Rack! –– stößt er an den Tisch der Nacht, Was einen großen Lärm gemacht. Hier kommt die Tante mit dem Licht. –– Der Onkel hat schon Luft gekriegt. »Oh, sündenvolle Kreatur!! Dich mein ich dort! –– Ja, schnarche nur!« Helene denkt: Dies will ich nun Auch ganz gewiß nicht wieder tun!
Helenchen wächst und wird gescheit Und trägt bereits ein langes Kleid. –– »Na, Lene! Hast du’s schon vernommen? Der Vetter Franz ist angekommen.« So sprach die Tante früh um achte, Indem sie grade Kaffee machte. »Und, hörst du, sei fein hübsch manierlich Und zeige dich nicht ungebührlich, Und sitz bei Tische nicht so krumm Und gaffe nicht so viel herum! –– Und ganz besonders muß ich bitten: Das Grüne –– was so ausgeschnitten –– Du ziehst mir nicht das Grüne an, Weil ich’s nun mal nicht leiden kann!« »Ei!« –– denkt Helene –– »Schläft er noch?« Und schaut auch schon durchs Schlüsselloch. Der Franz, ermüdet von der Reise, Liegt tief versteckt im Bettgehäuse. »Ah, ja, ja, jam!« –– so gähnt er eben –– »Es wird wohl Zeit, sich zu erheben Und sich allmählich zu bequemen, Die Morgenwäsche vorzunehmen.« Zum ersten: ist es mal so schicklich Zum zweiten: ist es sehr erquicklich. Zum dritten: ist man sehr bestaubt Und viertens: soll man’s überhaupt; Denn fünftens: ziert es das Gesicht Und schließlich: schaden tut’s mal nicht! Wie fröhlich ist der Wandersmann, Zieht er das reine Hemd sich an! Und neugestärkt und friedlich-heiter Bekleidet er sich emsig weiter. Und erntet endlich stillerfreut Die Früchte seiner Reinlichkeit. Jetzt steckt der Franz die Pfeife an. Helene eilt, so schnell sie kann. Plemm!! –– stößt sie an die alte Brause, Die oben steht im Treppenhause. Sie kommt auf Hannchen hergerollt, Die Franzens Stiefel holen wollt. Die Lene rutscht, es rutscht die Hanne; Die Tante trägt die Kaffeekanne. Da geht es klirr! und klipp! und klapp!! Und auch der Onkel kriegt was ab.
Der Franz, ein Schüler hochgelehrt, Macht sich gar bald beliebt und wert. So hat er einstens in der Nacht Beifolgendes Gedicht gemacht: Als ich so von ungefähr Durch den Wald spazierte, Kam ein bunter Vogel, der Pfiff und quinquilierte. Was der bunte Vogel pfiff, Fühle und begreif ich: Liebe ist der Inbegriff, Auf das andre pfeif ich. Er schenkt’s Helenen, die darob Gar hocherfreut und voller Lob. Und Franz war wirklich angenehm, Teils dieserhalb, teils außerdem. Wenn in der Küche oder Kammer Ein Nagel fehlt –– Franz holt den Hammer! Wenn man den Kellerraum betritt, Wo’s öd und dunkel –– Franz geht mit! Wenn man nach dem Gemüse sah In Feld und Garten –– Franz ist da! –– Oft ist z. B. an den Stangen Die Bohne schwierig zu erlangen. Franz aber faßt die Leiter an, Daß Lenchen ja nicht fallen kann. Und ist sie dann da oben fertig –– Franz ist zur Hilfe gegenwärtig. Kurzum! Es sei nun, was es sei –– Der Vetter Franz ist gern dabei. Indessen ganz insonderheit Ist er voll Scherz und Lustbarkeit. Schau schau! Da schlupft und hupft im Grün Ein Frosch herum. –– Gleich hat er ihn! Und setzt ihn heimlich nackt und bloß In Nolten seine Tobaksdos. Wie nun der sanfte Onkel Nolte Sich eine Prise schöpfen wollte –– Hucks da! Mit einem Satze saß Der Frosch an Nolten seiner Nas. Platsch! springt er in die Tasse gar, Worin noch schöner Kaffee war. Schlupp! sitzt er in der Butterbemme Ein kleiner Weilchen in der Klemme. Putsch!! –– Ach, der Todesschreck ist groß! Er hupft in Tante ihren Schoß. Der Onkel ruft und zieht die Schelle: »He, Hannchen, Hannchen, komme schnelle!« –– Und Hannchen ohne Furcht und Bangen Entfernt das Scheusal mit der Zangen. Nun kehrt die Tante auch zum Glück Ins selbstbewußte Sein zurück. Wie hat Helene da gelacht, Als Vetter Franz den Scherz gemacht! Eins aber war von ihm nicht schön: Man sah ihn oft bei Hannchen stehn! Doch jeder Jüngling hat wohl mal ’n Hang fürs Küchenpersonal, Und sündhaft ist der Mensch im ganzen! Wie betet Lenchen da für Franzen!! Nur einer war, der heimlich grollte: Das ist der ahnungsvolle Nolte. Natürlich tut er dieses bloß In Anbetracht der Tobaksdos. Er war auch wirklich voller Freud, Als nun vorbei die Ferienzeit Und Franz mit Schrecken wiederum Zurück muß aufs Gymnasium.
»Und wenn er sich auch ärgern sollte! Was schert mich dieser Onkel Nolte!« So denkt Helene leider Gotts! Und schreibt, dem Onkel grad zum Trotz: »Geliebter Franz! Du weißt es ja, Dein bin ich ganz! Wie reizend schön war doch die Zeit, Wie himmlisch war das Herz erfreut, Als in den Schnabelbohnen drin Der Jemand eine Jemandin, Ich darf wohl sagen: herzlich küßte. –– Ach Gott, wenn das die Tante wüßte! Und ach! wie ist es hierzuland Doch jetzt so schrecklich anigant! Der Onkel ist gottlob! recht dumm; Die Tante nöckert so herum, Und beide sind so furchtbar fromm! Wenn’s irgend möglich, Franz, so komm Und trockne meiner Sehnsucht Träne! 10 000 Küsse von Helene.« Jetzt Siegellack! –– Doch weh! Alsbald Ruft Onkel Nolte donnernd: »Halt!!!« Und an Helenens Nase stracks Klebt das erhitzte Siegelwachs.
In der Kammer, still und donkel, Schläft die Tante bei dem Onkel. Mit der Angelschnur versehen, Naht sich Lenchen auf den Zehen. Zupp! –– Schon lüftet sich die Decke Zu des Onkels großem Schrecke. Zupp! –– Jetzt spürt die Tante auch An dem Fuß den kalten Hauch. »Nolte!« –– ruft sie –– »Lasse das, Denn das ist ein dummer Spaß!« Und mit Murren und Gebrumm Kehrt man beiderseits sich um. Schnupp! –– Da liegt man gänzlich bloß Und die Zornigkeit wird groß; Und der Schlüsselbund erklirrt, Bis der Onkel flüchtig wird. –– Autsch! Wie tut der Fuß so weh! An der Angel sitzt die Zeh. Lene hört nicht auf zu zupfen. Onkel Nolte der muß hupfen. Lene hält die Türe zu. Oh du böse Lene du!! Stille wird es nach und nach, Friede herrscht im Schlafgemach. Am Morgen aber ward es klar, Was nachts im Rat beschlossen war, Kalt, ernst und dumpf sprach Onkel Nolte: »Helene, was ich sagen wollte: ––« »Ach!« –– rief sie –– »Ach! Ich will es nun Auch ganz gewiß nicht wieder tun!« »Es ist zu spät! –– Drum stantepeh Pack deine Sachen! –– So! –– Ade!«
Ratsam ist und bleibt es immer Für ein junges Frauenzimmer, Einen Mann sich zu erwählen Und womöglich zu vermählen. Erstens: will es so der Brauch. Zweitens: will man’s selber auch. Drittens: man bedarf der Leitung Und der männlichen Begleitung; Weil bekanntlich manche Sachen, Welche große Freude machen, Mädchen nicht allein verstehn; Als da ist: ins Wirtshaus gehn. –– Freilich oft, wenn man auch möchte, Findet sich nicht gleich der Rechte. Und derweil man so allein, Sucht man sonst sich zu zerstreun. Lene hat zu diesem Zwecke Zwei Kanari in der Hecke, Welche Niep und Piep genannt. Zierlich fraßen aus der Hand Diese goldignetten Mätzchen. Aber Mienzi hieß das Kätzchen. –– Einstens kam auch auf Besuch Kater Munzel, frech und klug. Alsobald so ist man einig. –– Festentschlossen, still und schleunig Ziehen sie voll Mörderdrang Niep und Piep die Hälse lang. Drauf so schreiten sie ganz heiter Zu dem Kaffeetische weiter. –– Mienzi mit dem sanften Tätzchen Nimmt die guten Zuckerplätzchen. Aber Munzels dicker Kopf Quält sich in den Sahnetopf. Grad kommt Lene, welche drüben Eben einen Brief geschrieben, Mit dem Licht und Siegellack Und bemerkt das Lumpenpack. Mienzi kann noch schnell enteilen, Aber Munzel muß verweilen; Denn es sitzt an Munzels Kopf Festgeschmiegt der Sahnetopf. Blindlings stürzt er sich zur Erd. Klacks! –– Der Topf ist nichts mehr wert. Aufs Büfett geht es jetzunder. Flaschen, Gläser –– alles runter! Sehr in Ängsten sieht man ihn Aufwärts sausen am Kamin. Ach! –– Die Venus ist perdü! –– Klickeradoms! –– von Medici! Weh! Mit einem Satze ist er Vom Kamine an dem Lüster; Und da geht es Klingelingelings! Unten liegt das teure Dings. Schnell sucht Munzel zu entrinnen, Doch er kann nicht mehr von hinnen. –– Wehe, Munzel! –– Lene kriegt Tute, Siegellack und Licht. Allererst tut man die Tute An des Schweifs behaarte Rute; Dann das Lack, nachdem’s erhitzt, Auf die Tute, bis sie sitzt. Drauf hält man das Licht daran, Daß die Tute brennen kann. Jetzt läßt man den Munzel los –– Mau! –– Wie ist die Hitze groß!
Wenn’s einer davon haben kann, So bleibt er gerne dann und wann Des Morgens, wenn das Wetter kühle, Noch etwas liegen auf dem Pfühle Und denkt sich so in seinem Sinn: Na, dämmre noch ’n bissel hin! Und denkt so hin und denkt so her, Wie dies wohl wär, wenn das nicht wär, Und schließlich wird es ihm zu dumm. Er wendet sich nach vorne um, Kreucht von der warmen Lagerstätte Und geht an seine Toilette. Die Proppertet ist sehr zu schätzen, Doch kann sie manches nicht ersetzen. Der Mensch wird schließlich mangelhaft. Die Locke wird hinweggerafft. –– Mehr ist hier schon die Kunst zu loben, Denn Schönheit wird durch Kunst gehoben. Allein auch dieses, auf die Dauer, Fällt doch dem Menschen schließlich sauer. »Es sei!« –– sprach Lene heute früh –– »Ich nehme Schmöck und Kompanie!« G. J. C. Schmöck, schon längst bereit, Ist dieserhalb gar hoch erfreut. Und als der Frühling kam ins Land, Ward Lene Madam Schmöck genannt.
’s war Heidelberg, das sich erwählten Als Freudenort die Neuvermählten. Wie lieblich wandelt man zu zwei’n Das Schloß hinauf im Sonnenschein. »Ach, sieh nur mal, geliebter Schorsch, Hier diese Trümmer alt und morsch!« »Ja!« –– sprach er –– »Aber diese Hitze! Und fühle nur mal, wie ich schwitze!« Ruinen machen vielen Spaß. –– Auch sieht man gern das große Faß. Und –– alle Ehrfurcht! –– muß ich sagen. Alsbald, so sitzt man froh im Wagen Und sieht das Panorama schnelle Vorüberziehn bis zum Hotelle. Denn Spargel, Schinken, Koteletts Sind doch mitunter auch was Netts. »Pist! Kellner! Stell’n Sie eine kalt! Und, Kellner! aber möglichst bald!« Der Kellner hört des Fremden Wort. Es saust der Frack. Schon eilt er fort. Wie lieb und luftig perlt die Blase Der Witwe Klicko in dem Glase. –– Gelobt seist du vieltausendmal! Helene blättert im Journal. »Pist! Kellner! Noch einmal so eine!« –– Helenen ihre Uhr ist neune. –– Der Kellner hört des Fremden Wort. Es saust der Frack. Schon eilt er fort. Wie lieb und luftig perlt die Blase Der Witwe Klicko in dem Glase. »Pist! Kellner! Noch so was von den!« –– Helenen ihre Uhr ist zehn. –– Schon eilt der Kellner emsig fort. –– Helene spricht ein ernstes Wort. Der Kellner leuchtet auf der Stiegen. Der fremde Herr ist voll Vergnügen. Pitsch! Siehe da! Er löscht das Licht.
Plumps! liegt er da und rührt sich nicht.
Viele Madams, die ohne Sorgen, In Sicherheit und wohlgeborgen, Die denken: Pah! Es hat noch Zeit! Und bleiben ohne Frömmigkeit. –– Wie lobenswert ist da Helene! Helene denkt nicht so wie jene. –– Nein nein! Sie wandelt oft und gerne Zur Kirche hin, obschon sie ferne. Und Jean, mit demutsvollem Blick, Drei Schritte hinterwärts zurück, Das Buch der Lieder in der Hand, Folgt seiner Herrin unverwandt. Doch ist Helene nicht allein Nur auf sich selbst bedacht. –– O nein! –– Ein guter Mensch gibt gerne acht, Ob auch der andre was Böses macht; Und strebt durch häufige Belehrung Nach seiner Bessrung und Bekehrung. »Schang!« –– sprach sie einstens –– »Deine Taschen Sind oft so dick! Schang! Tust du naschen? Ja, siehst du wohl! Ich dacht es gleich! Oh Schang! Denk an das Himmelreich!« Dies Wort drang ihm in die Natur, So daß er schleunigst Bessrung schwur. Doch nicht durch Worte nur allein Soll man den andern nützlich sein. –– Helene strickt die guten Jacken, Die so erquicklich für den Nacken, Denn draußen wehen rauhe Winde. –– Sie fertigt auch die warme Binde. Denn diese ist für kalte Mägen Zur Winterszeit ein wahrer Segen. Sie pflegt mit herzlichem Pläsier Sogar den fränkschen Offizier, Der noch mit mehren dieses Jahr Im Deutschen Reiche seßhaft war. –– Besonders aber tat ihr leid Der armen Leute Bedürftigkeit. Und da der Arzt mit Ernst geraten, Den Leib in warmem Wein zu baden, So tut sie’s auch. Oh, wie erfreut Ist nun die Schar der armen Leut, Die, sich recht innerlich zu laben, Doch auch mal etwas Warmes haben.
Viel Freude macht, wie männiglich bekannt, Für Mann und Weib der heilige Ehestand; Und lieblich ist es für den Frommen, Der die Genehmigung dazu bekommen, Wenn er sodann nach der üblichen Frist Glücklicher Vater und Mutter ist. –– Doch manchmal ärgert man sich bloß, Denn die Ehe bleibt kinderlos. –– Dieses erfuhr nach einiger Zeit Helene mit großer Traurigkeit. –– Nun wohnte allda ein frommer Mann, Bei St. Peter dicht nebenan, Von Fraun und Jungfraun weit und breit Hochgepriesen ob seiner Gelehrsamkeit. –– (Jetzt war er freilich schon etwas kränklich.) »O meine Tochter!« –– sprach er bedenklich –– »Dieses ist ein schwierig Kapitel; Da helfen allein die geistlichen Mittel! Drum, meine Beste, ist dies mein Rat: Schreite hinauf den steilen Pfad Und folge der seligen Pilgerspur Gen Chosemont de bon secours; Denn dorten, berühmt seit alter Zeit, Stehet die Wiege der Fruchtbarkeit. Und wer allda sich hinverfügt, Und wer allda die Wiege gewiegt, Der spürete bald nach selbigter Fahrt, Daß die Geschichte anders ward. Solches hat noch vor etzlichen Jahren Leider Gotts! eine fromme Jungfer erfahren, Welche, indem sie bis dato in diesen Dingen nicht sattsam unterwiesen, Aus Unbedacht und kindlichem Vergnügen Die Wiege hat angefangen zu wiegen. Und ob sie schon nur ein wenig gewiegt, Hat sie dennoch ein ganz kleines Kind gekriegt. Auch kam da ein frecher Pilgersmann, Der rühret aus Vorwitz die Wiegen an. Darauf nach etwa etzlichen Wochen, Nachdem er dieses verübt und verbrochen, Und –– –– doch, meine Liebe, genug für heute! Ich höre, daß es zur Metten läute. –– Addio! Und Trost sei Dir beschieden! Zeuge hin in Frieden!«
Hoch von gnadenreicher Stelle Winkt die Schenke und Kapelle. –– Aus dem Tale zu der Höhe, In dem seligen Gedränge Andachtsvoller Christenmenge Fühlt man froh des andern Nähe; Denn hervor aus Herz und Munde, Aus der Seele tiefstem Grunde Haucht sich warm und innig an Pilgerin und Pilgersmann. –– Hier vor allen, schuhbestaubt, Warm ums Herze, warm ums Haupt, Oft erprobt in ernster Kraft, Schreitet die Erzgebruderschaft. –– Itzo kommt die Jungferngilde, Auf den Lippen Harmonie, In dem Busen Engelsmilde, In der Hand das Paraplü. Oh wie lieblich tönt der Chor! Bruder Jochen betet vor. –– Aber dort im Sonnenscheine Geht Helene traurig-heiter, Sozusagen, ganz alleine; Denn ihr einziger Begleiter, Stillverklärt im Sonnenglanz, Ist der gute Vetter Franz, Den seit kurzem die Bekannten Nur den »heilgen« Franz benannten. –– Traulich wallen sie zu zweit Als zwei fromme Pilgersleut. Gott sei Dank, jetzt ist man oben! Und mit Preisen und mit Loben Und mit Eifer und Bedacht Wird das Nötige vollbracht. Freudig eilt man nun zur Schenke, Freudig greift man zum Getränke, Welches schon seit langer Zeit In des Klosters Einsamkeit Ernstbesonnen, stillvertraut, Bruder Jakob öfters braut. Hierbei schaun sich innig an Pilgerin und Pilgersmann. Endlich nach des Tages Schwüle Naht die sanfte Abendkühle. In dem goldnen Mondenscheine Geht Helene froh und heiter, Sozusagen, ganz alleine; Denn ihr einziger Begleiter, Stillverklärt im Mondesglanz, Ist der heilge Vetter Franz. Traulich ziehn sie heim zu zweit Als zwei gute Pilgersleut. Doch die Erzgebruderschaft Nebst den Jungfern tugendhaft, Die sich etwas sehr verspätet, Kommen jetzt erst angebetet. Oh wie lieblich tönt der Chor! Bruder Jochen betet vor. Schau, da kommt von ungefähr Eine Droschke noch daher. Er, der diese Droschke fuhr, Frech und ruchlos von Natur, Heimlich denkend: papperlapp!, Tuet seinen Hut nicht ab. –– Weh! Schon schaun ihn grollend an Pilgerin und Pilgersmann. Zwar der Kutscher sucht mit Klappen Anzuspornen seinen Rappen, Aber Jochen schiebt die lange Jungfernbundesfahnenstange Durch die Hinterräder quer –– Schrupp! –– und ’s Fuhrwerk geht nicht mehr. –– Bei den Beinen, bei dem Rocke Zieht man ihn von seinem Bocke. Jungfer Nanni mit der Krücke Stößt ihn häufig ins Genicke. Aber Jungfer Adelheid Treibt die Sache gar zu weit; Denn sie sticht in Kampfeshitze Mit des Schirmes scharfer Spitze, Und vor Schaden schützt ihn bloß Seine warme Lederhos. –– Drauf so schaun sich fröhlich an Pilgerin und Pilgersmann. –– Fern verklingt der Jungfernchor. Bruder Jochen betet vor. –– Doch der böse Kutscher, dem Alles dieses nicht genehm, Meldet eilig die Geschichte Bei dem hohen Stadtgerichte. Dieses ladet baldigst vor Jochen und den Jungfernchor. Und das Urteil wird gesprochen: Bruder Jochen kriegt drei Wochen, Aber Jungf- und Bruderschaften Sollen für die Kosten haften. Ach! da schaun sich traurig an Pilgerin und Pilgersmann.
Wo kriegten wir die Kinder her, Wenn Meister Klapperstorch nicht wär? Er war’s, der Schmöcks in letzter Nacht Ein kleines Zwillingspaar gebracht. Der Vetter Franz, mit mildem Blick, Hub an und sprach: »Oh welches Glück! Welch kleine, freundliche Kollegen! Das ist fürwahr zwiefacher Segen! Drum töne zwiefach Preis und Ehr! –– Herr Schmöck, ich gratuliere sehr!« Bald drauf um zwölf kommt Schmöck herunter, So recht vergnügt und frisch und munter. Und emsig setzt er sich zu Tische, Denn heute gibt’s Salat und Fische. Autsch! –– Eine Gräte kommt verquer, Und Schmöck wird blau und hustet sehr; Und hustet, bis ihm der Salat Aus beiden Ohren fliegen tat. Bums! Da! Er schließt den Lebenslauf. Der Jean fängt schnell die Flasche auf. »Oh!« –– sprach der Jean –– »Es ist ein Graus! Wie schnell ist doch das Leben aus!«
»Oh Franz!« –– spricht Lene –– und sie weint –– »Oh Franz! Du bist mein einzger Freund!« »Ja!« schwört der Franz mit mildem Hauch –– »Ich war’s, ich bin’s und bleib es auch! Nun gute Nacht! Schon tönt es zehn! Will’s Gott! auf baldig Wiedersehn!« Die Stiegen steigt er sanft hinunter. –– Schau, schau! Die Kathi ist noch munter. Das freut den Franz. –– Er hat nun mal ’n Hang fürs Küchenpersonal. Der Jean, der heimlich näher schlich, Bemerkt die Sache zorniglich. Von großer Eifersucht erfüllt, Hebt er die Flasche rasch und wild Und –– Kracks! –– Es dringt der scharfe Schlag Bis tief in das Gedankenfach. ’s ist aus! –– Der Lebensfaden bricht. –– Helene naht. –– Es fällt das Licht. ––
Ach, wie ist der Mensch so sündig! –– Lene, Lene! Gehe in dich! –– Und sie eilet tieferschüttert Zu dem Schranke schmerzdurchzittert. Fort! Ihr falschgesinnten Zöpfe, Schminke und Pomadentöpfe! Fort! Du Apparat der Lüste, Hochgewölbtes Herzgerüste! Fort vor allem mit dem Übel Dieser Lust- und Sündenstiebel! Trödelkram der Eitelkeit, Fort! Und sei der Glut geweiht!! Oh, wie lieblich sind die Schuhe Demutsvoller Seelenruhe!! –– Sieh, da geht Helene hin, Eine schlanke Büßerin!
Es ist ein Brauch von alters her: Wer Sorgen hat, hat auch Likör! »Nein!« –– ruft Helene –– »Aber nun Will ich’s auch ganz –– und ganz –– und ganz –– und ganz gewiß nicht wieder tun!« Sie kniet von ferne fromm und frisch. Die Flasche stehet auf dem Tisch. Es läßt sich knien auch ohne Pult. –– Die Flasche wartet mit Geduld. Man liest nicht gerne weit vom Licht. –– Die Flasche glänzt und rührt sich nicht. Oft liest man mehr als wie genug. Die Flasche ist kein Liederbuch. Gefährlich ist des Freundes Nähe. O Lene, Lene! Wehe, wehe! Oh sieh! –– Im selgen Nachtgewande Erscheint die jünstverstorbne Tante. Mit geisterhaftem Schmerzgetöne –– »Helene!« –– ruft sie –– »Oh, Helene!!!« Umsonst!! –– Es fällt die Lampe um, Gefüllt mit dem Petroleum. Und hilflos und mit Angstgewimmer Verkohlt dies fromme Frauenzimmer. Hier sieht man ihre Trümmer rauchen. Der Rest ist nicht mehr zu gebrauchen.
Hu! Draußen welch ein schrecklich Grausen! Blitz, Donner, Nacht und Sturmesbrausen! –– Schon wartet an des Hauses Schlote Der Unterwelt geschwänzter Bote. Zwar Lenens guter Genius Bekämpft den Geist der Finsternus. Doch dieser kehrt sich um und packt Ihn mit der Gabel zwiegezackt. O weh, o weh! der Gute fällt! Es siegt der Geist der Unterwelt. Er faßt die arme Seele schnelle Und fährt mit ihr zum Schlund der Hölle. Hinein mit ihr!! –– Huhu! Haha! Der heilge Franz ist auch schon da.
Als Onkel Nolte dies vernommen, War ihm sein Herze sehr beklommen. Doch als er nun genug geklagt: »Oh!« –– sprach er –– »Ich hab’s gleich gesagt!« »Das Gute –– dieser Satz steht fest –– Ist stets das Böse, was man läßt!« »Ei ja! –– Da bin ich wirklich froh! Denn, Gott sei Dank! Ich bin nicht so!!«