Wilhelm Busch - Wilhelm Busch - E-Book

Wilhelm Busch E-Book

Wilhelm Busch

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Beschreibung

Die umfassendste digitale Sammlung zum Werk von Wilhelm Busch 1600 Zeichnungen 35 Märchen 120 Gedichte Mit interaktivem Menü, Index und Anmerkungen zum Autor. Busch gilt heute als einer der Pioniere des Comics. Zu seinen bekanntesten Werken zählen die Bildergeschichten "Max und Moritz", "Die fromme Helene", "Plisch und Plum" und "Hans Huckebein, der Unglücksrabe". Viele seiner Zweizeiler wie "Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr" sind zu festen Redewendungen im deutschen Sprachgebrauch geworden. Aber nicht nur seine Bildergeschichten sind herausragend, auch seine Gedichte und aufgezeichneten Volksmärchen brauchen sich hinter Goethe oder den Brüdern Grimm nicht zu verstecken. Null Papier Verlag

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Wilhelm Busch

Wilhelm Busch

Gesammelte Werke

Wilhelm Busch

Wilhelm Busch

Gesammelte Werke

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2024Klosterstr. 34 · D-40211 Düsseldorf · [email protected]: Jürgen Schulze 2. Auflage, ISBN 978-3-954186-82-2

null-papier.de/angebote

Inhaltsverzeichnis

Wil­helm Busch

Bil­der­ge­schich­ten

Ade­lens Spa­zier­gang

Das Bad am Sams­tag­abend

Das Na­po­le­on­spiel

Das Pus­te­rohr

Das Ra­ben­nest

Das war­me Bad

Der Bau­er und das Kalb

Der Bau­er und der Wind­mül­ler

Der Bau­er und sein Schwein

Der ge­wand­te, kunst­rei­che Bar­bier und sein klu­ger Hund

Der Hah­nen­kampf

Der has­ti­ge Rausch

Der hei­li­ge An­to­ni­us –– Die Wall­fahrt

Der hei­li­ge An­to­ni­us –– letz­te Ver­su­chung

Der hin­ter­lis­ti­ge Hein­rich

Der hoh­le Zahn

Der Lohn des Flei­ßes

Der Lohn ei­ner gu­ten Tat

Der nei­di­sche Hand­werks­bursch

Der Par­ti­ku­la­rist

Der Schnul­ler

Der Schrei­hals

Der ver­geb­li­che Ver­such

Der Vir­tu­os

Die bei­den En­ten und der Frosch

Die Bril­le

Die Ent­füh­rung aus dem Serail

Die Flie­ge

Die Fol­gen der Kraft

Die from­me He­le­ne

Die Hun­ger­pil­le

Die küh­ne Mül­ler­s­toch­ter

Die Ra­che des Ele­fan­ten

Die Rutsch­par­tie

Die Stra­fe der Faul­heit

Dio­ge­nes und die bö­sen Bu­ben von Ko­rinth

Ehre dem Fo­to­gra­fen

Ein Aben­teu­er in der Neu­jahrs­nacht

Eine un­an­ge­neh­me Über­ra­schung

Eu­gen, der Ho­nig­schle­cker

Fipps, der Affe

Hans Hucke­bein

Max und Mo­ritz

Mül­ler und Schorn­stein­fe­ger

Na­tur­ge­schicht­li­ches Al­pha­bet

Pa­ter Fi­lu­ci­us

Plisch und Plum

Schmied und Teu­fel

To­bi­as Knopp

Zwei Die­be

Wie man Na­po­li­ums macht

Bio­gra­phi­sches

Was mich be­trifft

Von mir über mich

Er­zäh­lun­gen

Eduards Traum

Der Schmet­ter­ling

Mei­ers Hin­nerk

Ge­dich­te

Schein und Sein

Wo­her, wo­hin?

Der Stern

Lei­der!

Un­be­lieb­tes Wun­der

Ab­schied

Der Re­nom­mist

Dop­pel­te Freu­de

Greu­lich

Mo­dern

Der frem­de Hund

So wars

Die Nach­bars­kin­der

Von selbst

Be­nei­dens­wert

Auch er

Die alte Sor­ge

Ei­tel­keit

Vi­el­leicht

Ge­dan­ken­voll

Nie­mals

Be­ru­higt

Fehl­ge­schos­sen

Un­bil­lig

Er ist mal so

Ver­zeih­lich

Be­frie­digt

Ge­stört

Ar­mer Haus­halt

Är­ger­lich

Ge­drun­gen

Im Som­mer

Künf­tig

Ver­geb­lich

Ver­säumt

Was­serm­uh­men

Das Blut

So nicht

Laß ihn

Bis auf wei­ters

Grün­der

Ent­rüs­tet

Wie­der­ge­burt

Glückspilz

Im­mer­fort

Ver­früht

Nör­geln

Ver­traut

Tröst­lich

Un­frei

Zwei Jung­fern

Recht­ha­ber

Bös und gut

Der Kohl

Duld­sam

Die Tei­lung

Ein Maul­wurf

Durch­weg le­ben­dig

Im­mer­hin

Er­bau­li­che Be­schei­den­heit

Un­be­quem

Ich bin Papa

Der As­ket

Emp­feh­lung

Gründ­li­che Hei­lung

Am Vora­bend von Ro­sens Ge­burts­tag

Wald­fre­vel

Frisch ge­wagt

Pein­lich be­rührt

Zum Ge­burts­tag

Selbst­ge­fäl­lig

So und so

Was das Groß­müt­ter­lein sang

Wan­der­lust

Der Nöcker­greis

Früh­lings­lied

Wan­kel­mut

Hund und Kat­ze

Idio­syn­kra­sie

Das Lied von der ro­ten Nase

Sum­ma sum­ma­rum

Der Sack und die Mäu­se

Das Brot

Lie­bes­ge­schich­ten des Je­re­mi­as Pech­vo­gel

Schluß­chor

Ro­man­ze vom nütz­li­chen Sol­da­ten

Es sitzt ein Vo­gel auf dem Leim

Chor der Kahl­köp­fe

Ein di­cker Sack

Schreck­li­che Fol­gen ei­nes Blei­stifts

Es sa­ßen eins­tens bei­einand ...

Die Moh­ren­trä­ne

Das trau­ri­ge Rös­lein

Der vol­le Sack

Lie­bes­glut

Wenn ich der­einst

Zum Ge­burts­tag im Juni

Der Esel

Me­ta­phern der Lie­be

Lie­der ei­nes Lum­pen

Das Glöck­lein im Wal­de

Di­lem­ma

Er kann war­ten

Zu Neu­jahr

Will das Glück nach sei­nem Sinn

In trau­ter Ver­bor­gen­heit

Der Tür­mer

Sie war ein Blüm­lein

Be­waff­ne­ter Frie­de

Fuchs und Igel

Die Selbst­kri­tik hat viel für sich

Un­glück­li­cher Zu­fall

Frü­her, da ich un­er­fah­ren

In­di­vi­dua­li­tät

Be­däch­tig

Oben und un­ten

Zau­ber­schwes­tern

La­che nicht

Buch des Le­bens

Volks­mär­chen

Die Schwar­ze Prin­zes­sin

Das Öl der Zwer­ge

Il­sa­bein

Gerd­mann und Al­heid

Das har­te Ge­lüb­de

Die böse Stief­mut­ter

Die Zwerg­hüt­chen

Kö­ni­gin Isa­bel­le

Die be­straf­te Hexe

Der Gärt­ner und die Krö­te

Mu­sche­tier, Gre­na­dier und Pum­pe­dier

Der dum­me Hans

Der klu­ge Bau­er

Des To­ten­grä­bers Sohn

Ret­tungs­rät­sel

Die lau­ni­sche Zie­ge

Des Kauf­manns Sohn

Der Kö­nigs­sohn mit der gol­de­nen Ket­te

Der Kö­nigs­sohn Jo­han­nes

Das ver­wünsch­te Schloss

Drei Kö­nigs­kin­der

Der klu­ge Knecht

Die alte Slü­k­sche

Die zwei Brü­der

Der Schmied und der Pfaf­fe

Der har­te Win­ter

Der Sol­dat und das Feu­er­zeug

Der Bett­ler aus dem Pa­ra­dies

Der ver­wun­sche­ne Prinz

Das Hemd des Zufrie­de­nen

Der Herr­gott als Pate

Fried­rich Gold­haar

Der Schwei­ne­jun­ge und die Prin­zes­sin

Der Mord­graf

Hans Hin­rich Hil­de­brand und der Pfaf­fe

In­dex

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Wilhelm Busch

Hein­rich Chris­ti­an Wil­helm Busch (Geb. 15. April 1832 in Wie­densahl; Gest. 9. Ja­nu­ar 1908 in Mechts­hau­sen) war ei­ner der ein­fluss­reichs­ten hu­mo­ris­ti­schen Dich­ter und Zeich­ner Deutsch­lands. Sei­ne ers­te Bil­der­ge­schich­te er­schi­en 1859.

Schon in den 1870er Jah­ren zähl­te er zu den be­kann­ten Per­sön­lich­kei­ten Deutsch­lands. Zu sei­nem To­des­zeit­punkt galt er als ein »Klas­si­ker des deut­schen Hu­mors«, der mit sei­nen sa­ti­ri­schen Bil­der­ge­schich­ten eine große Volks­tüm­lich­keit er­reich­te.

Er gilt heu­te als ei­ner der Pio­nie­re des Co­mics. Zu sei­nen be­kann­tes­ten Wer­ken zäh­len die Bil­der­ge­schich­ten »Max und Mo­ritz«, »Die from­me He­le­ne«, »Plisch und Plum« und »Hans Hucke­bein, der Un­glücks­ra­be«.

Vie­le sei­ner Zwei­zei­ler wie »Va­ter wer­den ist nicht schwer, Va­ter sein da­ge­gen sehr« sind zu fes­ten Re­de­wen­dun­gen im deut­schen Sprach­ge­brauch ge­wor­den. Sei­ne Sa­ti­ren ver­spot­ten häu­fig Ei­gen­schaf­ten ein­zel­ner Ty­pen oder Ge­sell­schafts­grup­pen. So greift er in sei­nen Bil­der­ge­schich­ten die Selbst­zu­frie­den­heit und zwei­fel­haf­te Moralauf­fas­sung des Spieß­bür­gers und die Fröm­me­lei bür­ger­li­cher und geist­li­cher Per­so­nen an.

»Max und Mo­ritz –– Eine Bu­ben­ge­schich­te in sie­ben Strei­chen« wur­de am 4. April 1865 erst­ver­öf­fent­licht und zählt da­mit zum Früh­werk von Wil­helm Busch.

Vie­le Rei­me die­ser Bil­der­ge­schich­te wie »Aber wehe, wehe, wehe! / Wenn ich auf das Ende sehe!«, »Die­ses war der ers­te Streich, doch der zwei­te folgt so­gleich« und »Gott sei Dank! Nun ist’s vor­bei / Mit der Übel­tä­te­rei!« sind zu ge­flü­gel­ten Wor­ten im deut­schen Sprach­ge­brauch ge­wor­den.

Bildergeschichten

Adelens Spaziergang

Ein Mäd­chen, schön und voll Ge­müt, Geht hier spa­zie­ren, wie man sieht. Sie pflückt auf früh­lings­grü­ner Au Ver­giß­mein­nicht, das Blüm­lein blau. Ach Gott! Da hupft ein grü­ner, nas­ser, Er­schreck­lich großer Frosch ins Was­ser. Ade­le, die ihn hup­fen sah, Fällt um und ist der Ohn­macht nah. Amei­sen­bis­se tun gar weh; Schnell springt Ade­le in die Höh’. Ein Schä­fer wei­det in der Fern. - Den Zie­gen­bock hat man nicht gern. Es stößt der Bock - Ade­le schreit - Der Hirt ist in Ver­le­gen­heit. Auf sei­ne Hör­ner nimmt der Bock Ade­lens Kri­no­li­nen­rock. Hund, Hirt und Her­de ste­hen stumm Um die­sen Un­glücks­fall her­um. Der Schä­fer trägt Ade­len fort; Ein Storch kommt auch an die­sen Ort. Schnapp! faßt der Storch die Kri­no­li­ne Und fliegt da­von mit fro­her Mie­ne. Hier sitzt das Ding im Bau­me fest Als wun­der­schö­nes Stor­chen­nest.

Das Bad am Samstagabend

Hier sieht man Bru­der Franz und Frit­zen Zu zweit in ei­ner Wan­ne sit­zen. Die alte Lene geht; –– und gleich Da treibt man lau­ter dum­mes Zeug. Denn Rein­lich­keit ist für die zwei Am Ende doch nur Spie­le­rei. –– Jetzt will der Fritz beim Un­ter­tau­chen Nur sei­nen einen Fin­ger brau­chen. Na­tür­lich läuft ihm was ins Ohr Dem Franz kommt die­ses lus­tig vor. Das är­gert aber Bru­der Frit­zen Drum fängt er an, den Franz zu sprit­zen. Doch der mit sei­ner großen Zehe Tut Frit­zen an der Nase wehe; Da­für taucht Fritz den Kopf ihm nie­der Was so im Was­ser sehr zu­wi­der. Franz aber zieht an Frit­zens Bein; Der zap­pelt sehr und kann nicht schrein. In Mund und Auge, zornent­brannt, Greift jetzt die rach­be­gier­ge Hand. Die Wan­ne wird zu enge Für die­ses Kampf­ge­drän­ge. Per­datsch! die alte, bra­ve Lene Kommt lei­der grad zu die­ser Sze­ne. Sie spricht voll Wür­de und voll Schmerz: »Die Rein­lich­keit ist nicht zum Scherz!« Und die Moral von der Ge­schicht: Bad zwei in ei­ner Wan­ne nicht!

Das Napoleonspiel

»Eins, zwei, drei –– ich zähl’ her­um –– Der Louis ist Na­po­li­um!« Man rüs­tet sich, so schnell man kann. Der Louis zieht die Stie­fel an. Schon sieht man auf­ein­an­der ge­hen Die bei­der­sei­ti­gen Ar­meen. Als­bald so krie­gen ihre Stra­fe Der böse Tur­ko und der Zua­ve. Be­son­ders glän­zend zeigt sich hie Die Wirk­sam­keit der Ar­til­lie­rie. Nun wird die Sa­che aber übel: Der Louis rennt aus sei­nem Stie­bel; Und wird bei Metz, wie er sich stemmt, Zum größ­ten Tei­le ein­ge­klemmt. Noch ret­tet er sich wi­se­man Mit Schnel­lig­keit bis nach Se­dan. In­des­sen bäl­der, als er denkt, Fühlt er auch hier sich sehr be­engt. Und kein Ent­wei­chen gibt es hier. Vic­to­ria! Den hät­ten wir! Der Louis schreit: »Au weh! au weh!« Denn jet­zo geht’s nach Wil­helms­höh. Schwapp! liegt er da im wei­chen Lehm, Be­quem und doch nicht an­ge­nehm. »Ne!« –– schreit der Louis laut und sehr –– »Na­po­li­um spiel ich nie­mals mehr!!«

Das Pusterohr

Hier sitzt Herr Bar­tel­mann im Frei’n Und taucht sich eine Bre­zel ein. Der Franz mit sei­nem Pus­te­rohr Schießt Bar­tel­mann ans lin­ke Ohr. Ei Zap­per­ment, so denkt sich der, Das kam ja wohl von un­ten her. Doch nein –– denkt er ––, es kann nicht sein! Und taucht die Bre­zel wie­der ein. Und –– witsch –– ge­trof­fen ist die Bre­zen, Herrn Bar­tel­mann er­faßt Ent­set­zen. Und –– witsch –– jetzt trifft die Ku­gel gar Das Aug’, das sehr emp­find­lich war, So daß dem ar­men Bar­tel­mann Die Trä­ne aus dem Auge rann. Ei, Zap­per­ment –– so denkt sich der ––, Das kommt ja wohl von oben her! –– Au­jau! Er fällt –– denn mit Ge­bla­se Schießt Franz den Pfeil ihm in die Nase. Da denkt Herr Bar­tel­mann, aha! Dies spit­ze Ding, das kenn’ ich ja! Und freu­dig kommt ihm der Ge­dan­ke: Der Franz steht hin­ter die­ser Plan­ke! Und –– klapp! –– schlägt er mit sei­nem Topf Das Pus­te­rohr tief in den Kopf! Drum schieß mit dei­nem Püs­te­richt Auf kei­ne al­ten Leu­te nicht!

Das Rabennest

Zwei Kna­ben, jung und hei­ter, Die tra­gen eine Lei­ter. Im Nest die jun­gen Ra­ben, Die wer­den wir gleich ha­ben. Da fällt die Lei­ter um im Nu, Die Ra­ben se­hen mun­ter zu. Sie schrei­en im Verei­ne, Man sieht nur noch die Bei­ne! Der Jä­ger kommt an die­sen Ort Und spricht zu sei­nem Hund: »Ap­port!« Den Kna­ben ap­por­tiert der Hund, Der Jä­ger hat die Pfeif’ im Mund. »Nun hole auch den an­dern her!« Der Sch­lin­gel aber will nicht mehr. Der Jä­ger muß sich selbst be­mühn, Den Kna­ben aus dem Sumpf zu ziehn. Zur Hälf­te sind die Kna­ben So schwarz als wie die Ra­ben. Der Hund und auch der Jä­gers­mann, Die ha­ben schwar­ze Stie­fel an. Die Ra­ben in dem Ra­ben­nest Sind aber kreuz­fi­del ge­west.

Das warme Bad

Der Bauer und das Kalb

Ein Bau­er, der kein Geld mehr hat, Der bräch­te gern sein Kalb zur Stadt. Doch schau, wie die­ses Tier sich sträubt, Und wi­der­spens­tig ste­hen bleibt! Der lie­bens­wür­di­ge Bau­ers­mann Bie­tet um­sonst ihm Kräu­ter an. Ver­ge­bens druckt er es und schiebt, Das Kalb bleibt stehn, wie’s ihm be­liebt. Und ganz ver­geb­lich eben­falls Sucht er es fort­zu­ziehn am Hals. Jetzt schau, wie er’s mit Dis­teln sticht! Das Kalb schreit: »Bäh!« Doch geht es nicht. Er nimmt das Kalb bei Schweif und Ohr, Doch bleibt es stör­risch wie zu­vor. Mit Dro­hen und Be­leh­ren Sucht er es zu be­keh­ren. Doch schon im nächs­ten Au­gen­blick Möcht’ es durch­aus zum Stall zu­rück. Da denkt er, es mit Schlä­gen Zum Ge­hen zu be­we­gen. Al­lein trotz al­lem Schla­gen Muß er das Kalb noch tra­gen. Weil das ihm aber läs­tig ist, Be­sinnt er sich auf eine List. Er hängt die Glo­cke um, schreit: »Muh!« Da glaubt das Kalb, er sei die Kuh.

Der Bauer und der Windmüller

Die Luft ist kühl, es weht der Wind. Der Bau­er zieht zur Mühl’ ge­schwind. Ei, denkt der bra­ve Bau­ers­mann, Da bin­d’ ich mei­nen Esel an. Der böse Mül­ler hat’s ge­sehn Und läßt so­gleich die Müh­le gehn. Den Esel zieht es fort, o Graus! Der Mül­ler guckt zum Loch her­aus. Am Schwanz hängt sich der Bau­er an, Was ihm je­doch nicht hel­fen kann. Denn sieh! die Haa­re hal­ten nicht. Bumbs, liegt er da, der arme Wicht. Der Mül­ler aber mit Ver­gnü­gen Sieht in der Luft den Esel flie­gen. In­des­sen haut dem Bäu­er­lein Ein Flü­gel an das rech­te Bein. Jetzt end­lich bleibt die Müh­le steht. Doch um den Esel ist’s ge­schehn. Hier siehst du nun auf ei­nem Karr’n Den Ab­ge­schie­d’­nen heim­wärts fahrn. Und als der Bau­er kam nach Haus, Fuhr sei­ne Frau zur Tür her­aus, Mit ei­nem Be­sen groß und lang Macht sie dem Bau­ern angst und bang. Der Bau­er nimmt die Säge Und wehrt sich ab die Schlä­ge. Ein Sä­ge­zahn trifft ganz ge­nau Ins Na­sen­loch der Bau­ers­frau. Die Nase blu­tet fürch­ter­lich, Der Bau­er denkt: »Was küm­mer­t’s mich?« Zur Müh­le geht der Bau­ers­mann Und fängt so­gleich zu sä­gen an. Racks­knacks! Da bricht die Müh­le schon, –– Das war des bö­sen Mül­lers Lohn. Der böse Mül­ler aber kroch Schnell aus dem off’­nen Müh­len­loch

Der Bauer und sein Schwein

Ein Bau­er treibt in gu­ter Ruh Sein fet­tes Schwein der Hei­mat zu. Bei ei­nem Wir­te kehrt er ein Und kauft sich einen Brann­te­wein. Da zieht das Schwein, der Bau­er fällt, Weil er sich auf das Seil ge­stellt. Des Wir­tes Nach­bar und sein Sohn, Die war­ten auf die Knö­del schon. Auf ein­mal kommt her­ein die Sau Und stößt die gute Nach­bars­frau. Sie stößt, mit schreck­lickem Ge­brumm, Das Kind, den Tisch und Nach­bar um. Herau­ßen steht das Bäu­er­lein Und war­tet auf sein fet­tes Schwein. Das Schwein läuft aus der Tür her­aus, Der Bau­er rei­tet fort im Saus. Dem Schwei­ne kommt das läs­tig vor, Drum wälzt es sich im feuch­ten Moor. Ans Ufer springt das böse Schwein, Der Bau­er müh­sam hin­ter­drein. Ins Schil­der­haus ver­kriecht es sich, Der Bau­er spricht: »Jetzt hab’ ich Dich!« Er setzt sich auf das Schil­der­haus, Da schaut des Schwei­nes Schwanz her­aus. Der Wirt, Sol­dat und Nach­bars­mann, Die grei­fen jetzt den Bau­ern an. Doch end­lich schlach­tet man das Schwein, Da freu­et sich das Bäu­er­lein.

Der gewandte, kunstreiche Barbier und sein kluger Hund

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15.

Der Hahnenkampf

Der Gicke­rich, ein Go­ckel fein, Guckt in den Topf voll Brüh hin­ein. Ein zwei­ter, Gacke­rich ge­nannt, Kommt auch so­gleich her­zu­ge­rannt. Und je­der langt mit Mühe Im Top­fe nach der Brü­he. Der Gi­cker- und der Gacke­rich Be­trach­ten und fi­xie­ren sich. Zum Kampf ge­rüs­tet und ganz nah, So stehn sie Aug’ in Auge da. Sie fan­gen mit den Tat­zen Ent­setz­lich an zu krat­zen. Und schla­gen sich die Spo­ren Um ihre ro­ten Ohren. Jetzt rupft der Gicke­rich, o Graus, Dem Gacke­rich die schöns­te Fe­der aus. Doch Gacke­rich, der erst ent­floh, Macht’s jetzt dem an­dern eben­so. Und zieht den Gicke­rich noch oben­drein Beim Schop­fe in den Topf hin­ein. Da kämp­fen sie noch ganz er­hitzt, Daß rund her­um die Brü­he spritzt. Und kei­ner hält sich für be­siegt, Ob­schon der Topf am Bo­den liegt.

Der hastige Rausch

»Kell­ne­rin! Ei­nen Bit­tern!« »Und nach­her eine Flasch Of­ner!« »Und ein Glas Grog!« »Ah!« »Kell­ne­hin, za––hin!« »Macht 1 Gul­den 48 Kreu­zer.« »Sie Lump, Sie!« »Au weh!« »Wer lacht da?« »Ja, was wär’ denn des?« »Itzo ge­hörst d’ mein!«

»Und drauß bist schon aa!«

Der heilige Antonius –– Die Wallfahrt

Es schickt sich, daß ein from­mer Mann Die Sa­che über­legt; Er schafft sich einen Esel an, Der ihm den Ran­zen trägt. So zo­gen sie hin­aus zum Tor Und für­der all­ge­mach; Der Hei­li­ge, der ging her vor, Der Esel hin­ten nach. An­to­ni­us als gu­ter Christ Schaut’s an mit See­len­ruh: »He, Al­ter! Wenn du fer­tig bist, –– Wohl­an! –– so tra­ge du!« Er setzt sich auf und rei­tet sacht Bis nach Je­ru­sa­lem. Wo Sa­lo­mo­nis Tem­pel stand, Liegt man­cher di­cke Stein, Den al­ler­dicks­ten, den er fand Packt Sankt An­to­ni­us ein. Das hilft ihm aber al­les nit, Wir küm­mern uns nicht drum. Der Bär, ob­schon ganz krumm und matt, Setzt sich in kur­z­en Trab. Bis hin nach Pa­dua der Stadt; Da stieg An­to­ni­us ab. »Mein Freund, du kannst nun gehn! Und wie es ei­nem ge­hen kann, Das hast du nun ge­sehn!« »Mein Le­ben lang be­kümm­r’ ich mich Um kei­nen Esel mehr!«

Der heilige Antonius –– letzte Versuchung

Der hei­li­ge An­to­ni­us von Pa­dua Saß oft­mals ganz al­lei­nig da Und las bei sei­nem Hei­li­gen­schein Meis­tens bis tief in die Nacht hin­ein. –– Und wie er sich um­schaut, der from­me Mann, Schaut ihn ein hüb­sches Mäd­chen an. –– der hei­li­ge An­to­ni­us von Pa­dua War aber ganz ru­hig, als dies ge­sch­ah. Er sprach: »Schau du nur im­mer zu, Du störst mich nicht in mei­ner christ­li­chen Ruh!« Als er nun wie­der so ru­hig saß Und wei­ter in sei­nem Bu­che las –– Husch, husch! –– so spürt er auf der Glat­zen Und hin­term Ohr ein Krib­bel­krat­zen, Daß ihm da­bei ganz son­der­bar, Bald warm, bald kalt zu­mu­te war. –– Der hei­li­ge An­to­ni­us von Pa­dua War aber ganz ru­hig, als dies ge­sch­ah. Er sprach: »So krab­ble du nur zu, Du störst mich nicht in mei­ner christ­li­chen Ruh!« »Na! –– –– Na!« »Na, na! –– sag’ ich!!!« »Hm! hm! –– –– hm!!!« Und gibt dem heil’­gen An­to­ni­us Links und rechts einen herz­haf­ten Kuß. Er sprang em­por, von Zorn ent­brannt; Er nahm das Kreuz in sei­ne Hand: »Laß ab von mir, un­saub­rer Geist! Sei, wie du bist, wer du auch seist!« Puh!! –– Da saus­te mit großem Ru­mor Der Sa­ta­nas durchs Ofen­rohr. Der hei­li­ge An­to­ni­us, ru­hig und hei­ter, Las aber in sei­nem Bu­che wei­ter! –– So laß uns denn auf die­ser Er­den Auch sol­che from­me Heil’­ge wer­den!

Der hinterlistige Heinrich

Die Mut­ter sprach: »O Hein­rich mein! Nimm die­se Bre­zen, sie sei dein!« Der böse Hein­rich denkt sich gleich: »Jetzt fang ich Gän­se auf dem Teich.« Ein jun­ges Gäns­lein schwamm ans Land, Schwapp! hat es Hein­rich in der Hand. Es schreit und zap­pelt fürch­ter­lich; Die Al­ten sind ganz au­ßer sich. Jetzt faßt die Gans den Hein­rich an, Wo sie zu­nächst ihn fas­sen kann. Der Hein­rich fällt auf sei­nen Rücken; Am Ohr tun ihn die Gän­se zwi­cken. Sie flie­gen dann, –– o weh, o weh! Mit Hein­rich fort und in die Höh. Hoch über sei­ner Mut­ter Haus, Da las­sen sie den Hein­rich aus. Der fällt ganz schwarz und über Kopf Der Mut­ter in den Sup­pentopf. Mit ei­ner Ga­bel und mit Müh’ Zieht ihn die Mut­ter aus der Brüh’. Hier sieht man ihn am Ofen stehn. –– Dem Sch­lin­gel ist ganz recht ge­schehn! Die Gän­se aber voll Er­göt­zen Ver­zeh­ren Hein­richs brau­ne Bre­zen.

Der hohle Zahn

Oft­ma­len bringt ein har­ter Bro­cken Des Mah­les Freu­de sehr ins Sto­cken. So geht’s nun auch dem Fried­rich Kra­cke; Er sitzt ganz krumm und hält die Ba­cke. Um sei­ne Ruhe ist’s ge­tan; Er biß sich auf den hoh­len Zahn. Nun sagt man zwar: es hilft der Rauch! Und Fried­rich Kra­cke tut es auch. Al­lein schon trei­ben ihn die Nö­ten, mit Schnaps des Zah­nes Nerv zu tö­ten. Er taucht den Kopf mit­samt dem Übel In einen kal­ten Was­ser­kü­bel. Je­doch das Übel will nicht wei­chen, Auf and­re Art will er’s er­rei­chen. Um­sonst! –– Er schlägt, vom Schmerz be­drängt, Die Frau, die ein­zu­hei­zen denkt. Auch zieht ein Pflas­ter hin­term Ohr Die Schmer­zen lei­der nicht her­vor. »Vi­el­leicht« –– so denkt er »wird das Schwit­zen Mög­li­cher­wei­se et­was nüt­zen.« In­des die Hit­ze wird zu groß, Er stram­pelt sich schon wie­der los; Und zap­pelnd mit den Bei­nen, Hört man ihn bit­ter wei­nen. Jetzt sucht er un­term Bet­te Um­sonst die Ru­he­stät­te. Zu­letzt fällt ihm der Dok­tor ein. Er klopft. –– Der Dok­tor ruft: »He­rein!« »Ei, gu­ten Tag, mein lie­ber Kra­cke, Nehmt Platz! Was ist denn mit der Ba­cke? Laßt sehn! Ja, ja! Das glaub’ ich wohl! Der ist ja in der Wur­zel hohl!« Nun geht der Dok­tor still bei­seit. Der Bau­er ist nicht sehr er­freut. Und lä­chelnd kehrt der Dok­tor wie­der, Dem Bau­ern fährt es durch die Glie­der. Ach, wie er­schrak er, als er da Den wohl­be­kann­ten Ha­ken sah! Der Dok­tor, ru­hig und be­son­nen, Hat schon be­reits sein Werk be­gon­nen. Und un­be­wußt nach oben Fühlt Kra­cke sich ge­ho­ben. Und rack –– rack! –– da ha­ben wir den Zahn, Der so ab­scheu­lich weh ge­tan! Mit Stau­nen und voll Hei­ter­keit Sieht Kra­cke sich vom Schmerz be­freit. Der Dok­tor, wür­dig, wie er war, Nimmt in Empfang sein Ho­no­rar. Und Fried­rich Kra­cke setzt sich wie­der Ver­gnügt zum Abendes­sen nie­der.

Der Lohn des Fleißes

»Komm Nero!« spricht Herr Bar­tel ernst, »Es wird jetzt Zeit, daß du was lernst! Du willst nicht? –– Gut! so hau’ ich dich Mit ei­nem Ste­cken fürch­ter­lich.« Drauf sitzt der Nero mäus­chen­still Und hört, was man ihm sa­gen will. »Hut ab!« das ist das ers­te Stück, Der Nero macht es mit Ge­schick. Zum zwei­ten: »Je­nen Ste­cken dort! Nur mun­ter, Nero! such! ap­port!« Und jetzt: »Die Tür auf! –– So, so, so! Das geht ja schon: Bra­vis­si­mo!« »Ach!« denkt der Nero, »ach, wozu Läßt mich mein Herr doch nicht in Ruh’?!« Da kommt, als sie spa­zie­ren­gin­gen, Der Hun­de­fän­ger mit der Sch­lin­gen. »Hut ab!« ruft schnell Herr Bar­tel jetzt, Der Hun­de­fän­ger ist ent­setzt Und läßt, die­weil der Schreck so groß, Die fest­ge­mach­te Sch­lin­ge los. Gleich sitzt der Nero mit der Müt­ze In ei­ner tie­fen Was­ser­pfüt­ze. Der böse Mann, gar seht ge­wandt, Fischt aber Nero an das Land, Und sperrt ihn in den Git­ter­kas­ten, Und schreit: »Jetzt soll der Sch­lin­gel fas­ten!« Doch kaum hat sich der Mann ent­fernt, Zeigt Nero, daß er was ge­lernt. Er macht die Türe auf und dann Läuft er nach Haus, so schnell er kann. Hier kehrt er heim und ist er­freut, –– Das macht al­lein die Flei­ßig­keit.

Der Lohn einer guten Tat

(eine wah­re Ge­schich­te)

Wenn man von dem Lohn der Tu­gend Hin und wie­der was er­fährt, So ist das im all­ge­mei­nen Je­den­falls nur wün­schens­wert. Aber so was kann mich är­gern, Wenn man in der Zei­tung sieht, Was dem Jo­hann Lue­nicka Für sein gu­tes Werk ge­schieht. Von Ge­burt aus Lei­to­mischl, Hand­werks­bur­sche von Me­tier, Kam er auch auf sei­ner Rei­se Einst an einen großen See. Plötz­lich sieht er einen Kna­ben, Wel­cher etwa drei­zehn Jahr, Und, nach­dem er sich ge­ba­det, Eben beim Er­trin­ken war. Die­ses kann Jo­hann nicht lei­den, Stürzt sich mu­tig in die Flut, Faßt das Kind beim lin­ken Bei­ne, Aber ach! ver­liert den Hut. Erst je­doch, nach­dem er alle Ret­tungs­mit­tel an­ge­wandt, Fühlt er mit­telst sei­ner Hän­de, Daß er sei­nen Hut nicht fand. Un­be­mit­telt und ver­trau­end Auf das Werk, das er ge­tan, Hält er bei der Orts­ge­mein­de Höf­lich um Be­loh­nung an. Hier nimmt man das Aner­su­chen Auch so­gleich zu Pro­to­koll Und be­rich­tet an das Kreisamt, Wie man sich ver­hal­ten soll. Von dem Kreisamt schreibt man wie­der, Und der Bra­ve ist schon froh; Aber groß war sein Er­stau­nen, Denn die Ant­wort lau­tet so: »Ers­tens, da der Lue­nicka Schwim­men kann, so ist es klar, Daß sein Le­ben bei der Sa­che Nicht be­son­ders in Ge­fahr; Drum, nach reif­li­chem Be­den­ken, Lau­tet un­ser Amts­be­schluß, Daß die frag­li­che Be­loh­nung Je­den­falls von Über­fluß. Zwei­tens hat der Lue­nicka Sein Er­su­chen ein­ge­schickt, Ohne daß, wie es ge­setz­lich, Ihm ein Stem­pel auf­ge­drückt; Drum, nach reif­li­chem Be­den­ken, Lau­tet un­ser Amts­be­schluß, Daß er 72 Kreu­zer Stem­pel­ta­xe zah­len muß.« Ja, so lau­tet das Er­kennt­nis. –– Zah­len muß der jun­ge Mann, Ob ihm gleich von je­dem Auge Eine stil­le Trä­ne rann. Und wir fra­gen uns im stil­len: Wozu nützt die gute Tat, Wenn ein tu­gend­sa­mer Jüng­ling Oben­drein noch Kos­ten hat!

Der neidische Handwerksbursch

Das Häh­nerl hier ist für den Di­cken. Der Hand­werks­bur­sch’ fühlt Ma­gen­zwi­cken. Die Zei­tung ist oft in­t’ressant. Ein Häh­nerl nimmt man gern zur Hand. Die Po­li­tik ist sehr be­leh­rend. Der Wohl­ge­ruch ist manch­mal stö­rend. Der Di­cke schmaust, es perlt der Wein; Der Hand­werks­bur­sch’ schaut nei­disch drein. Der Hand­werks­bur­sche un­ver­wandt Ver­tieft sich in den Ge­gen­stand. Auch das noch! –– Es ist un­er­träg­lich! –– Er flö­tet so le­ger wie mög­lich. Der Di­cke schlürft mit viel Ge­fühl; –– Dem Hand­werks­bur­schen wird es schwül. Er zahl drei Kreu­zer sehr ver­le­gen, Stolz nimmt sie der Herr Wirt ent­ge­gen. Drei Ta­ler zahl der gnäd’­ge Herr, Da ist der Wirt schon höf­li­cher. –– - Die Son­ne brennt, der Staub der weht; Der Di­cke fährt, der Dün­ne geht. –– Der Hand­werks­bur­sche froh und frei, Ruht sanft im duft’­gen Wie­sen­heu. Der Di­cke aber –– autsch! mein Bein! –– Hat wie­der heut’ das Zip­per­lein.

Der Partikularist

Jetzt kom­men die Fran­zo­sen –– die Preu­ßen krie­gen Schlä­ge. Haha! Saar­brücken! Gelt, der klei­ne Lulu! Wei­ßen­burg –– ––! Wer’s glaubt! Pah! Der Max Ma­hon zeig­t’s ih­nen schon! Wörth! Wörth! Hm, son­der­bar! Mars la Tours! Siehst du wohl! Aber der Max Ma­hon fang­t’s fein an. H-u-iii! Se­dan. Pfui Teu­fel! Ge­fan­gen! Was –– ge­fan­gen –– Er? O Straß­burg, o Straß­burg, du wun­der­schö­ne Stadt! Sie: »Metz, Metz, Metz!« –– Er: »Ver­rat!«

Und das Vik­to­ria-Ge­schieß auch noch!

Der Schnuller

»Hier hast du ihn! Nun sei hübsch still, Weil ich die Wä­sche trock­nen will.« Dem Wil­li schmeckt der Schnul­ler süß, Zwei jun­ge Hun­de se­hen dies. Der Wil­li spielt mit sei­ner Zehe, Die We­s­pe lau­ert in der Nähe. Schon krab­belt Schnupp, der eine Hund, Ganz nah an Wil­li sei­nem Mund. Er faßt mit Hast die süße Beu­te, Und eilt von dan­nen vol­ler Freu­de. Nun kommt auch Schnapp, der zwei­te Hund, Und leckt dem Wil­li sei­nen Mund. Der Wil­li aber wei­net sehr, Denn er hat kei­nen Schnul­ler mehr. Hier krab­belt er mit Hän­d’ und Fü­ßen Zur Kan­ne hin, die zum Be­gie­ßen. Und sucht mit Mühe sich so­eben An die­ser Kan­ne zu er­he­ben. Al­lein ver­geb­lich ist sein Mühn; Der kal­te Guß kommt über ihn. Hier läuft der Schnupp in großer Hast Und hält den Schnul­ler fest ge­faßt. Schön schmeckt des Schnul­lers Sü­ßig­keit; Die an­dern zwei sind vol­ler Neid. Ein je­der möch­te, sich zu la­ben, Den Schnul­ler gern al­lei­ne ha­ben. Der We­s­pen­stich macht kei­ne Freu­de, Die Hun­de flie­hen alle bei­de. Die We­s­pe mit ver­gnüg­tem Sinn Be­trach­tet sich als Sie­ge­rin. Groß­mut­ter aber kommt all­hier Und kehrt hin­weg das Sta­chel­tier. Sie trägt zu ei­nem war­men Ort Den Wil­li und den Schnul­ler fort. Hier liegt und schwelgt er zum Be­schluß In un­ge­stör­tem Hoch­ge­nuß.

Der Schreihals

Da, Lina, zieh ihm’s Nacht­zeug an, daß ich die Fla­sche wär­men kann. Die Mut­ter geht, und eh sie schei­det, wird Wil­li schon des Hemds ent­klei­det. Die Wä­sche­rei ge­fällt ihm nicht, vor al­len Din­gen im Ge­sicht. Doch schreit er nicht und hält ganz still und läßt sich pu­dern, wo man will. Kaum aber schnü­ret man ihn ein, so fängt er auch schon an zu schrein. Ha­bäh! so tönt sein Weh­ge­schrei und lockt den Va­ter selbst her­bei. Hier, halt ihn eben mal, Papa! ich geh und rufe die Mama. Der Va­ter trom­melt an den Schei­ben, um Wil­lis Trau­er zu ver­trei­ben. Er läßt ihn in den Spie­gel schaun –– der Wil­li schreit, bis daß er braun. Horch, Wil­li, horch, die Tick­ta­k­uhr! –– der Wil­li schreit noch är­ger nur. Susu, mein Herz! Schlaf ein, schlaf ein! –– er fängt noch lau­ter an zu schrein. Mit List zeigt er die Zip­fel­hau­ben –– um­sonst! Der Wil­li will’s nicht glau­ben. Jetzt macht er einen But­ze­mann –– O weh! Nun geht’s noch schlim­mer an. Die Mut­ter öff­net grad die Tür: »Mein Herz! Was ma­chen sie mit dir?!« Die Mut­ter macht ein ernst Ge­sicht: »Ja, was ist das? –– Auch die­ses nicht?!« –– Grad kommt die Tan­te auf Vi­si­te und ruft er­schreckt: »Du mei­ne Güte!!« –– Voll Weis­heit öff­net sie den Bund. –– Da ha­ben wir’s! –– Das war der Grund! –– Und Wil­li, der vom Schmerz be­freit, lacht laut vor lau­ter Hei­ter­keit.

Der vergebliche Versuch

Herr Leh­mann hat sei­nen Freun­den in der Sil­ves­ter­nacht eine Punsch­par­tie ge­ge­ben und be­ab­sich­tigt nach Ent­fer­nung sei­ner Gäs­te, sich noch eine Zi­gar­re an­zu­zün­den. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11.

12.

Der Virtuos

Ein Neu­jahrs­kon­zert

Zum neu­en Jahr be­grüßt euch hier Ein Vir­tu­os auf dem Kla­vier. Er führ’ euch mit Ge­nuß und Gunst Durch alle Wun­der sei­ner Kunst. Si­len­ti­um In­tro­du­zio­ne Scher­zo Ada­gio Ada­gio con sen­ti­men­to Pia­no Smor­zan­do Mae­sto­so Ca­pric­cio­so Pas­sa­gio chro­ma­ti­co Fuga del dia­vo­lo For­te vi­vace For­tis­si­mo vi­va­cis­si­mo Fina­le fu­rio­so

Bra­vo, bra­vis­si­mo!

Die beiden Enten und der Frosch

Sieh da, zwei En­ten jung und schön, Die wol­len an den Teich hin­gehn. Zum Tei­che gehn sie mun­ter Und tau­chen die Köp­fe un­ter. Die eine in der Go­schen Trägt einen grü­nen Fro­schen. Sie denkt al­lein ihn zu ver­schlin­gen. Das soll ihr aber nicht ge­lin­gen. Die Ente und der En­te­rich, Die ziehn den Frosch ganz fürch­ter­lich. Sie ziehn ihn in die Que­re, Das tut ihm weh gar seh­re. Der Frosch kämpft tap­fer wie ein Mann. –– Ob das ihm wohl was hel­fen kann? Schon hat die eine ihn beim Kopf, Die and­re hält ihr zu den Kropf. Die bei­den En­ten rau­fen, Da hat der Frosch gut lau­fen. Die En­ten ha­ben sich be­sun­nen Und su­chen den Frosch im Brun­nen. Sie su­chen ihn im Was­ser­rohr, Der Frosch springt aber schnell her­vor. Die En­ten mit Ge­schnat­ter Ste­cken die Köp­fe durchs Gat­ter. Der Frosch ist fort –– die En­ten, Wenn die nur auch fort könn­ten! Da kommt der Koch her­bei so­gleich Und lacht: »Hehe, jetzt hab’ ich euch!« Drei Wo­chen war der Frosch so krank! Jetzt raucht er wie­der. Gott sei Dank!

Die Brille

Des Mit­tags, als es zwöl­fe war, Setzt sich zu Tisch der Herr Ak­tu­ar. Er schaut be­denk­lich, ernst und stil­le, Die Sup­pe an durch sei­ne Bril­le. Und durch die Bril­le, scharf und klar, Ent­deckt er gleich ein lan­ges Haar. »Nun!« –– sprach die Frau –– »das kann wohl mal pas­sie­ren! Hast du mich lieb, so wird’s dich nicht ge­nie­ren!« Er aber kehrt sich schleu­nigst um Und holt die Fla­sche, die voll Rum. Er trinkt und ist so sehr ver­stockt, Daß selbst die Wurst ihn nicht ver­lockt. »Ach!« denkt die Frau, »wie wird das en­den!« Und sucht die Fla­sche zu ent­wen­den. Doch hier­in kennt er kei­nen Spaß »Gleich stell sie her! Sonst gibt es was!« Und schon er­greift er mit der Hand Den Stock, der in der Ecke stand. Die Frau ver­sucht zu fliehn; in­des Der Ha­ken­stock ver­hin­dert es. Ein Schlag, gar wohl­ge­zielt und tüch­tig, Trifft und zer­bricht die Fla­sche rich­tig. Nun nimmt die Frau die Sa­che krumm Und kehrt sich zur At­ta­cke um. Sie hat die Brill’ und freut sich sehr, Der Mann steht da und sieht nichts mehr. Er tappt her­um als blin­der Mann, Ob er den Feind nicht fin­den kann. Und tappt in sei­ner blin­den Wut –– Autsch! –– an des Ofens hei­ße Glut. Er dreht sich um und all­be­reits Brennt ihn der Ofen an­der­seits. Nun aber wird die Wut erst groß –– Was es auch sei –– er haut drauf­los. Die Sup­pen­schüs­sel, Wurst und Glas Wird rui­niert, der Hund wird naß Und Frau und Hund ent­fliehn; doch er Fällt mit dem Stuhl schnell hin­ter­her. Voll Ei­fer will er nach, und ach! Rennt an die Tür mit großem Krach. Nun ist’s zu Ende mit dem Ra­sen! Das rote Blut rinnt aus der Na­sen. Und de­muts­voll und fle­hent­lich Be­müht er um die Bril­le sich. Er nimmt mit Freu­d’ und Dank­ge­fühl Die Bril­le von dem Be­senstiel. So tri­um­phiert das bra­ve Weib. –– Die Wurst hat Tapp, der Hund, im Leib.

Die Entführung aus dem Serail

Der Sul­tan winkt –– Zu­lei­ma schweigt Und zeigt sich gänz­lich ab­ge­neigt. »Ha!« ruft der Sul­tan zorn’­gen Muts, »Führt sie hin­weg!!« –– Der Skla­ve tut’s. Der Rit­ter Ar­tur sucht voll Tücken Der Hau­ses Wäch­ter zu be­rücken. Schon trinkt die Wa­che ziem­lich viel, Herr Ar­tur stimmt sein Lau­ten­spiel. Jetzt ist die Schild­wach’ schon be­trun­ken, Und schau! Zu­lei­ma hat ge­wun­ken. Hier grüßt man sich voll Zärt­lich­keit –– –– Gebt acht! der Aga ist nicht weit! Der ruft: »Herr Sul­tan, kommt in Eil’! Grad steigt da wer in das Serail!« Die bei­den Tür­ken stei­gen nach Bis zu Zu­lei­mas Vor­ge­mach. Kaum sind die bei­den Tür­ken oben, Da wird die Lei­ter um­ge­scho­ben. Der Aga sticht in großer Hit­ze Dem Sul­tan in die Na­sen­spit­ze. Dem Sul­tan aber klopft das Herz Vor Her­zen­spein und Na­sen­schmerz. Das Pär­chen aber, froh und hei­ter, Ent­flieht per Schiff und se­gelt wei­ter.

Die Fliege

Dem Herrn In­spek­tor tut’s so gut, Wenn er nach Tisch ein we­nig ruht. Da kommt die Flie­ge mit Ge­brumm Und surrt ihm vor dem Ohr her­um. Und auf­ge­schreckt aus hal­b­em Schlum­mer, Schaut er ver­drieß­lich auf den Brum­mer. Die böse Flie­ge! Seht, nun hat se Sich fest­ge­setzt auf sei­ner Glat­ze. »Wart nur, du un­ver­schäm­tes Tier! Anit­zo aber kom­m’ ich dir!!«. Be­hut­sam schleicht er nach der Tas­se, Daß er die Flie­ge da er­fas­se. Per­dauz! –– Da­rin ist er ge­wandt –– Er hat sie wirk­lich in der Hand. Hier schaut er nun mit großer List, Wo sie denn ei­gent­lich wohl ist. Surr! –– Da! Sie ist schon wie­der frei. Ein Bein, das ist ihr ei­ner­lei. Jetzt aber kommt er mit der Klap­pe, Daß er sie so viel­leicht er­tap­pe. Und um sie si­cher zu be­kom­men, Hat er den Sor­gen­stuhl er­klom­men. Rum­bums! Da liegt der Stuhl und er. Die Flie­ge flat­tert froh um­her. Da holt er aus mit vol­ler Kraft, Die Flie­ge wird da­hin­ge­rafft. Und fröh­lich sieht er das In­sekt Am Bo­den leb­los aus­ge­streckt. Er­quick­lich ist die Mit­tags­ruh, Nur kommt man oft­mals nicht dazu.

Die Folgen der Kraft

Mit küh­nem Mut aus sei­nem Bett Schwingt sich der Tur­ner Hop­pens­tedt. Schon ist das Han­tel­paar be­reit Zu frisch-fromm-frei­er Tä­tig­keit. Der Bi­zeps wird zu­erst ge­übt, Er, der dem Arm die Spann­kraft gibt. Ein­sei­tig aber ist der Mann, Der’s nicht mit bei­den Hän­den kann. Stramm sei der Na­cken, daß man tra­ge Das Voll­ge­wicht in küh­ner Waa­ge. Be­son­ders auch ver­säumt er nie Des Bei­nes Muske­l­ener­gie. Der­weil sitzt un­ten beim Kaf­fee Herr Meck und deu­tet in die Höh’. Es wächst die Kraft. –– Doch un­ten hier Liest Va­ter Meck in dem Cou­ri­er. Und kracks! –– zu groß wir das Ge­wicht; Die De­cke trägt es nicht –– und –– bricht. Und Hop­pens­tedt, wie er sich stem­me, Saust schon in Topf und But­ter­bem­me. Man läuft, man fällt nach al­len Sei­ten, Und Hop­pens­tedt fängt an zu rei­ten. Er eilt hin­aus mit schnel­lem Schritt Und Topf und But­ter ei­len mit. Am schlimms­ten aber –– oh! oh! oh! –– Er­ging es dem gu­ten Fi­de­lio.

Die fromme Helene

Erstes Kapitel

Wie der Wind in Trau­er­wei­den Tönt des from­men Sän­gers Lied, Wenn er auf die Las­ter­freu­den In den großen Städ­ten sieht. Ach, die sit­ten­lo­se Pres­se! Tut sie nicht in frü­her Stund All die sünd­li­chen Ex­zes­se Schon den Bür­gers­leu­ten kund?! –– Of­fen­bach ist im Tha­lia; Hier sind Bäl­le, da Kon­zerts. Ann­chen, Hann­chen und Ma­ria Hüpft vor Freu­den schon das Herz. –– Kaum trank man die letz­te Tas­se, Putzt man schon den ird­schen Leib. Auf dem Wal­le, auf der Gas­se Wim­melt man zum Zeit­ver­treib. –– Wie sie schau­en, wie sie grü­ßen! Hier die zier­li­chen Mos­jös, Dort die Da­men mit den sü­ßen Himm­lisch ho­hen Pracht­po­pös. –– Und der Jud mit krum­mer Fer­se, Krum­mer Nas und krum­mer Hos Schlän­gelt sich zur ho­hen Bör­se, Tief­ver­derbt und see­len­los. –– Schwei­gen will ich von Lo­ka­len, Wo der Böse nächt­lich praßt, Wo im Kreis der Li­be­ra­len Man den Heil­gen Va­ter haßt. –– Schwei­gen will ich von Kon­zer­ten, Wo der Ken­ner hoch ent­zückt Mit dem see­len­voll-ver­klär­ten Opern­gla­se um sich blickt; Wo mit wei­chem Wo­ge­bu­sen Man schön warm bei­sam­men sitzt, Wo der heh­re Chor der Mu­sen, Wo Apol­lo sel­ber schwitzt. –– Schwei­gen will ich vom Thea­ter; Wie von da, des Abends spät, Schö­ne Mut­ter, al­ter Va­ter Arm in Arm nach Hau­se geht. Zwar man zeu­get vie­le Kin­der, Doch man den­ket nichts da­bei. Und die Kin­der wer­den Sün­der, Wenn’s den El­tern ei­ner­lei. »Komm He­len­chen!« –– sprach der bra­ve Vor­mund –– »Komm, mein lie­bes Kind! Komm aufs Land, wo sanf­te Scha­fe Und die from­men Läm­mer sind. Da ist On­kel, da ist Tan­te, Da ist Tu­gend und Ver­stand, Da sind dei­ne An­ver­wand­te!«

So kam Len­chen auf das Land.

Zweites Kapitel

»He­le­ne!« –– sprach der On­kel Nol­te –– »Was ich schon im­mer sa­gen woll­te! Ich war­ne dich als Mensch und Christ: Oh, hüte dich vor al­lem Bö­sen! Es macht Plä­sier, wenn man es ist, Es macht Ver­druß, wenn man’s ge­we­sen!« »Ja lei­der!« –– sprach die mil­de Tan­te –– »So ging es vie­len, die ich kann­te! Drum soll ein Kind die wei­sen Leh­ren Der al­ten Leu­te hoch­ver­eh­ren! Die ha­ben al­les hin­ter sich Und sind gott­lob! recht tu­gend­lich!« –– »Nun gute Nacht! Es ist schon spä­te! Und, gu­tes Len­chen, bete bete!« He­le­ne geht. –– Und mit Ver­gnü­gen Sieht sie des On­kels Nacht­hemd lie­gen. Die Na­del her, so schnell es geht! Und Hals und Är­mel zu­ge­näht!! –– Da­rauf be­gibt sie sich zur Ruh Und deckt sich warm und fröh­lich zu. –– Bald kommt der On­kel auch her­ein Und scheint be­reits recht müd zu sein. Erst nimmt er sei­ne Schlum­mer­pri­se, Denn er ist sehr ge­wöhnt an die­se. Und nun ver­tauscht er mit Be­dacht Das Hemd des Tags mit dem der Nacht. Doch geht’s nicht so, wie er wohl möcht, Denn die Ge­schich­te will nicht recht. »Potz­tau­send, das ist wun­der­lich!« –– Der On­kel Nol­te är­gert sich. Er är­gert sich, doch hilft es nicht. Ja siehs­te wohl! Da liegt das Licht! Stets grö­ßer wird der Är­ger nur. Es fällt die Dose und die Uhr. Rack! –– stößt er an den Tisch der Nacht, Was einen großen Lärm ge­macht. Hier kommt die Tan­te mit dem Licht. –– Der On­kel hat schon Luft ge­kriegt. »Oh, sün­den­vol­le Krea­tur!! Dich mein ich dort! –– Ja, schnar­che nur!« He­le­ne denkt: Dies will ich nun Auch ganz ge­wiß nicht wie­der tun!

Drittes Kapitel

He­len­chen wächst und wird ge­scheit Und trägt be­reits ein lan­ges Kleid. –– »Na, Lene! Hast du’s schon ver­nom­men? Der Vet­ter Franz ist an­ge­kom­men.« So sprach die Tan­te früh um ach­te, In­dem sie gra­de Kaf­fee mach­te. »Und, hörst du, sei fein hübsch ma­nier­lich Und zei­ge dich nicht un­ge­bühr­lich, Und sitz bei Ti­sche nicht so krumm Und gaf­fe nicht so viel her­um! –– Und ganz be­son­ders muß ich bit­ten: Das Grü­ne –– was so aus­ge­schnit­ten –– Du ziehst mir nicht das Grü­ne an, Weil ich’s nun mal nicht lei­den kann!« »Ei!« –– denkt He­le­ne –– »Schläft er noch?« Und schaut auch schon durchs Schlüs­sel­loch. Der Franz, er­mü­det von der Rei­se, Liegt tief ver­steckt im Bett­ge­häu­se. »Ah, ja, ja, jam!« –– so gähnt er eben –– »Es wird wohl Zeit, sich zu er­he­ben Und sich all­mäh­lich zu be­que­men, Die Mor­gen­wä­sche vor­zu­neh­men.« Zum ers­ten: ist es mal so schick­lich Zum zwei­ten: ist es sehr er­quick­lich. Zum drit­ten: ist man sehr be­staubt Und vier­tens: soll man’s über­haupt; Denn fünf­tens: ziert es das Ge­sicht Und schließ­lich: scha­den tut’s mal nicht! Wie fröh­lich ist der Wan­ders­mann, Zieht er das rei­ne Hemd sich an! Und neu­ge­stärkt und fried­lich-hei­ter Be­klei­det er sich em­sig wei­ter. Und ern­tet end­lich stil­ler­freut Die Früch­te sei­ner Rein­lich­keit. Jetzt steckt der Franz die Pfei­fe an. He­le­ne eilt, so schnell sie kann. Plemm!! –– stößt sie an die alte Brau­se, Die oben steht im Trep­pen­hau­se. Sie kommt auf Hann­chen her­ge­rollt, Die Fran­zens Stie­fel ho­len wollt. Die Lene rutscht, es rutscht die Han­ne; Die Tan­te trägt die Kaf­fee­kan­ne. Da geht es klirr! und klipp! und klapp!! Und auch der On­kel kriegt was ab.

Viertes Kapitel

Der Franz, ein Schü­ler hoch­ge­lehrt, Macht sich gar bald be­liebt und wert. So hat er eins­tens in der Nacht Bei­fol­gen­des Ge­dicht ge­macht: Als ich so von un­ge­fähr Durch den Wald spa­zier­te, Kam ein bun­ter Vo­gel, der Pfiff und quin­qui­lier­te. Was der bun­te Vo­gel pfiff, Füh­le und be­greif ich: Lie­be ist der In­be­griff, Auf das and­re pfeif ich. Er schenk­t’s He­le­nen, die darob Gar hoch­er­freut und vol­ler Lob. Und Franz war wirk­lich an­ge­nehm, Teils die­ser­halb, teils au­ßer­dem. Wenn in der Kü­che oder Kam­mer Ein Na­gel fehlt –– Franz holt den Ham­mer! Wenn man den Kel­ler­raum be­tritt, Wo’s öd und dun­kel –– Franz geht mit! Wenn man nach dem Ge­mü­se sah In Feld und Gar­ten –– Franz ist da! –– Oft ist z. B. an den Stan­gen Die Boh­ne schwie­rig zu er­lan­gen. Franz aber faßt die Lei­ter an, Daß Len­chen ja nicht fal­len kann. Und ist sie dann da oben fer­tig –– Franz ist zur Hil­fe ge­gen­wär­tig. Kurzum! Es sei nun, was es sei –– Der Vet­ter Franz ist gern da­bei. In­des­sen ganz in­son­der­heit Ist er voll Scherz und Lust­bar­keit. Schau schau! Da schlupft und hupft im Grün Ein Frosch her­um. –– Gleich hat er ihn! Und setzt ihn heim­lich nackt und bloß In Nol­ten sei­ne To­baks­dos. Wie nun der sanf­te On­kel Nol­te Sich eine Pri­se schöp­fen woll­te –– Hucks da! Mit ei­nem Sat­ze saß Der Frosch an Nol­ten sei­ner Nas. Platsch! springt er in die Tas­se gar, Wo­rin noch schö­ner Kaf­fee war. Schlupp! sitzt er in der But­ter­bem­me Ein klei­ner Weil­chen in der Klem­me. Putsch!! –– Ach, der To­des­schreck ist groß! Er hupft in Tan­te ih­ren Schoß. Der On­kel ruft und zieht die Schel­le: »He, Hann­chen, Hann­chen, kom­me schnel­le!« –– Und Hann­chen ohne Furcht und Ban­gen Ent­fernt das Scheu­sal mit der Zan­gen. Nun kehrt die Tan­te auch zum Glück Ins selbst­be­wuß­te Sein zu­rück. Wie hat He­le­ne da ge­lacht, Als Vet­ter Franz den Scherz ge­macht! Eins aber war von ihm nicht schön: Man sah ihn oft bei Hann­chen stehn! Doch je­der Jüng­ling hat wohl mal ’n Hang fürs Kü­chen­per­so­nal, Und sünd­haft ist der Mensch im gan­zen! Wie be­tet Len­chen da für Fran­zen!! Nur ei­ner war, der heim­lich groll­te: Das ist der ah­nungs­vol­le Nol­te. Na­tür­lich tut er die­ses bloß In An­be­tracht der To­baks­dos. Er war auch wirk­lich vol­ler Freud, Als nun vor­bei die Fe­ri­en­zeit Und Franz mit Schre­cken wie­der­um Zu­rück muß aufs Gym­na­si­um.

Fünftes Kapitel

»Und wenn er sich auch är­gern soll­te! Was schert mich die­ser On­kel Nol­te!« So denkt He­le­ne lei­der Gotts! Und schreibt, dem On­kel grad zum Trotz: »Ge­lieb­ter Franz! Du weißt es ja, Dein bin ich ganz! Wie rei­zend schön war doch die Zeit, Wie himm­lisch war das Herz er­freut, Als in den Schna­bel­boh­nen drin Der Je­mand eine Je­man­din, Ich darf wohl sa­gen: herz­lich küß­te. –– Ach Gott, wenn das die Tan­te wüß­te! Und ach! wie ist es hier­zu­land Doch jetzt so schreck­lich ani­gant! Der On­kel ist gott­lob! recht dumm; Die Tan­te nö­ckert so her­um, Und bei­de sind so furcht­bar fromm! Wenn’s ir­gend mög­lich, Franz, so komm Und trock­ne mei­ner Sehn­sucht Trä­ne! 10 000 Küs­se von He­le­ne.« Jetzt Sie­gel­lack! –– Doch weh! Als­bald Ruft On­kel Nol­te don­nernd: »Halt!!!« Und an He­le­nens Nase stracks Klebt das er­hitz­te Sie­gel­wachs.

Sechstes Kapitel

In der Kam­mer, still und don­kel, Schläft die Tan­te bei dem On­kel. Mit der An­gel­schnur ver­se­hen, Naht sich Len­chen auf den Ze­hen. Zupp! –– Schon lüf­tet sich die De­cke Zu des On­kels großem Schre­cke. Zupp! –– Jetzt spürt die Tan­te auch An dem Fuß den kal­ten Hauch. »Nol­te!« –– ruft sie –– »Las­se das, Denn das ist ein dum­mer Spaß!« Und mit Mur­ren und Ge­brumm Kehrt man bei­der­seits sich um. Schnupp! –– Da liegt man gänz­lich bloß Und die Zor­nig­keit wird groß; Und der Schlüs­sel­bund er­k­lirrt, Bis der On­kel flüch­tig wird. –– Autsch! Wie tut der Fuß so weh! An der An­gel sitzt die Zeh. Lene hört nicht auf zu zup­fen. On­kel Nol­te der muß hup­fen. Lene hält die Türe zu. Oh du böse Lene du!! Stil­le wird es nach und nach, Frie­de herrscht im Schlaf­ge­mach. Am Mor­gen aber ward es klar, Was nachts im Rat be­schlos­sen war, Kalt, ernst und dumpf sprach On­kel Nol­te: »He­le­ne, was ich sa­gen woll­te: ––« »Ach!« –– rief sie –– »Ach! Ich will es nun Auch ganz ge­wiß nicht wie­der tun!« »Es ist zu spät! –– Drum stan­te­peh Pack dei­ne Sa­chen! –– So! –– Ade!«

Siebentes Kapitel

Rat­sam ist und bleibt es im­mer Für ein jun­ges Frau­en­zim­mer, Ei­nen Mann sich zu er­wäh­len Und wo­mög­lich zu ver­mäh­len. Ers­tens: will es so der Brauch. Zwei­tens: will man’s sel­ber auch. Drit­tens: man be­darf der Lei­tung Und der männ­li­chen Beglei­tung; Weil be­kannt­lich man­che Sa­chen, Wel­che große Freu­de ma­chen, Mäd­chen nicht al­lein ver­stehn; Als da ist: ins Wirts­haus gehn. –– Frei­lich oft, wenn man auch möch­te, Fin­det sich nicht gleich der Rech­te. Und der­weil man so al­lein, Sucht man sonst sich zu zer­streun. Lene hat zu die­sem Zwe­cke Zwei Ka­na­ri in der He­cke, Wel­che Niep und Piep ge­nannt. Zier­lich fra­ßen aus der Hand Die­se gol­di­g­net­ten Mätz­chen. Aber Mi­en­zi hieß das Kätz­chen. –– Eins­tens kam auch auf Be­such Ka­ter Mun­zel, frech und klug. Al­so­bald so ist man ei­nig. –– Fes­tent­schlos­sen, still und schleu­nig Zie­hen sie voll Mör­der­drang Niep und Piep die Häl­se lang. Drauf so schrei­ten sie ganz hei­ter Zu dem Kaf­fee­ti­sche wei­ter. –– Mi­en­zi mit dem sanf­ten Tätz­chen Nimmt die gu­ten Zucker­plätz­chen. Aber Mun­zels di­cker Kopf Quält sich in den Sah­ne­topf. Grad kommt Lene, wel­che drü­ben Eben einen Brief ge­schrie­ben, Mit dem Licht und Sie­gel­lack Und be­merkt das Lum­pen­pack. Mi­en­zi kann noch schnell entei­len, Aber Mun­zel muß ver­wei­len; Denn es sitzt an Mun­zels Kopf Fest­ge­schmiegt der Sah­ne­topf. Blind­lings stürzt er sich zur Erd. Klacks! –– Der Topf ist nichts mehr wert. Aufs Bü­fett geht es jet­zun­der. Fla­schen, Glä­ser –– al­les run­ter! Sehr in Ängs­ten sieht man ihn Auf­wärts sau­sen am Ka­min. Ach! –– Die Ve­nus ist per­dü! –– Klicke­ra­doms! –– von Me­di­ci! Weh! Mit ei­nem Sat­ze ist er Vom Ka­mi­ne an dem Lüs­ter; Und da geht es Klin­ge­lin­ge­lings! Un­ten liegt das teu­re Dings. Schnell sucht Mun­zel zu ent­rin­nen, Doch er kann nicht mehr von hin­nen. –– Wehe, Mun­zel! –– Lene kriegt Tute, Sie­gel­lack und Licht. Al­ler­erst tut man die Tute An des Schweifs be­haar­te Rute; Dann das Lack, nach­dem’s er­hitzt, Auf die Tute, bis sie sitzt. Drauf hält man das Licht dar­an, Daß die Tute bren­nen kann. Jetzt läßt man den Mun­zel los –– Mau! –– Wie ist die Hit­ze groß!

Achtes Kapitel

Wenn’s ei­ner da­von ha­ben kann, So bleibt er ger­ne dann und wann Des Mor­gens, wenn das Wet­ter küh­le, Noch et­was lie­gen auf dem Pfüh­le Und denkt sich so in sei­nem Sinn: Na, dämm­re noch ’n bis­sel hin! Und denkt so hin und denkt so her, Wie dies wohl wär, wenn das nicht wär, Und schließ­lich wird es ihm zu dumm. Er wen­det sich nach vor­ne um, Kreucht von der war­men La­ger­stät­te Und geht an sei­ne Toi­let­te. Die Prop­per­tet ist sehr zu schät­zen, Doch kann sie man­ches nicht er­set­zen. Der Mensch wird schließ­lich man­gel­haft. Die Lo­cke wird hin­weg­ge­rafft. –– Mehr ist hier schon die Kunst zu lo­ben, Denn Schön­heit wird durch Kunst ge­ho­ben. Al­lein auch die­ses, auf die Dau­er, Fällt doch dem Men­schen schließ­lich sau­er. »Es sei!« –– sprach Lene heu­te früh –– »Ich neh­me Schmöck und Kom­pa­nie!« G. J. C. Schmöck, schon längst be­reit, Ist die­ser­halb gar hoch er­freut. Und als der Früh­ling kam ins Land, Ward Lene Ma­dam Schmöck ge­nannt.

Neuntes Kapitel

’s war Hei­del­berg, das sich er­wähl­ten Als Freu­den­ort die Neu­ver­mähl­ten. Wie lieb­lich wan­delt man zu zwei’n Das Schloß hin­auf im Son­nen­schein. »Ach, sieh nur mal, ge­lieb­ter Schorsch, Hier die­se Trüm­mer alt und morsch!« »Ja!« –– sprach er –– »Aber die­se Hit­ze! Und füh­le nur mal, wie ich schwit­ze!« Rui­nen ma­chen vie­len Spaß. –– Auch sieht man gern das große Faß. Und –– alle Ehr­furcht! –– muß ich sa­gen. Als­bald, so sitzt man froh im Wa­gen Und sieht das Pa­n­ora­ma schnel­le Vor­über­ziehn bis zum Ho­tel­le. Denn Spar­gel, Schin­ken, Ko­te­letts Sind doch mit­un­ter auch was Netts. »Pist! Kell­ner! Stell’n Sie eine kalt! Und, Kell­ner! aber mög­lichst bald!« Der Kell­ner hört des Frem­den Wort. Es saust der Frack. Schon eilt er fort. Wie lieb und luf­tig perlt die Bla­se Der Wit­we Klicko in dem Gla­se. –– Ge­lobt seist du viel­tau­send­mal! He­le­ne blät­tert im Jour­nal. »Pist! Kell­ner! Noch ein­mal so eine!« –– He­le­nen ihre Uhr ist neu­ne. –– Der Kell­ner hört des Frem­den Wort. Es saust der Frack. Schon eilt er fort. Wie lieb und luf­tig perlt die Bla­se Der Wit­we Klicko in dem Gla­se. »Pist! Kell­ner! Noch so was von den!« –– He­le­nen ihre Uhr ist zehn. –– Schon eilt der Kell­ner em­sig fort. –– He­le­ne spricht ein erns­tes Wort. Der Kell­ner leuch­tet auf der Stie­gen. Der frem­de Herr ist voll Ver­gnü­gen. Pitsch! Sie­he da! Er löscht das Licht.

Plumps! liegt er da und rührt sich nicht.

Zehntes Kapitel

Vie­le Ma­dams, die ohne Sor­gen, In Si­cher­heit und wohl­ge­bor­gen, Die den­ken: Pah! Es hat noch Zeit! Und blei­ben ohne Fröm­mig­keit. –– Wie lo­bens­wert ist da He­le­ne! He­le­ne denkt nicht so wie jene. –– Nein nein! Sie wan­delt oft und ger­ne Zur Kir­che hin, ob­schon sie fer­ne. Und Jean, mit de­muts­vol­lem Blick, Drei Schrit­te hin­ter­wärts zu­rück, Das Buch der Lie­der in der Hand, Folgt sei­ner Her­rin un­ver­wandt. Doch ist He­le­ne nicht al­lein Nur auf sich selbst be­dacht. –– O nein! –– Ein gu­ter Mensch gibt ger­ne acht, Ob auch der and­re was Bö­ses macht; Und strebt durch häu­fi­ge Be­leh­rung Nach sei­ner Bess­rung und Be­keh­rung. »Schang!« –– sprach sie eins­tens –– »Dei­ne Ta­schen Sind oft so dick! Schang! Tust du na­schen? Ja, siehst du wohl! Ich dacht es gleich! Oh Schang! Denk an das Him­mel­reich!« Dies Wort drang ihm in die Na­tur, So daß er schleu­nigst Bess­rung schwur. Doch nicht durch Wor­te nur al­lein Soll man den an­dern nütz­lich sein. –– He­le­ne strickt die gu­ten Ja­cken, Die so er­quick­lich für den Na­cken, Denn drau­ßen we­hen rau­he Win­de. –– Sie fer­tigt auch die war­me Bin­de. Denn die­se ist für kal­te Mä­gen Zur Win­ters­zeit ein wah­rer Se­gen. Sie pflegt mit herz­li­chem Plä­sier So­gar den fränk­schen Of­fi­zier, Der noch mit meh­ren die­ses Jahr Im Deut­schen Rei­che seß­haft war. –– Be­son­ders aber tat ihr leid Der ar­men Leu­te Be­dürf­tig­keit. Und da der Arzt mit Ernst ge­ra­ten, Den Leib in war­mem Wein zu ba­den, So tut sie’s auch. Oh, wie er­freut Ist nun die Schar der ar­men Leut, Die, sich recht in­ner­lich zu la­ben, Doch auch mal et­was War­mes ha­ben.

Elftes Kapitel

Viel Freu­de macht, wie män­nig­lich be­kannt, Für Mann und Weib der hei­li­ge Ehe­stand; Und lieb­lich ist es für den From­men, Der die Ge­neh­mi­gung dazu be­kom­men, Wenn er so­dann nach der üb­li­chen Frist Glück­li­cher Va­ter und Mut­ter ist. –– Doch manch­mal är­gert man sich bloß, Denn die Ehe bleibt kin­der­los. –– Die­ses er­fuhr nach ei­ni­ger Zeit He­le­ne mit großer Trau­rig­keit. –– Nun wohn­te all­da ein from­mer Mann, Bei St. Pe­ter dicht ne­ben­an, Von Fraun und Jung­fraun weit und breit Hoch­ge­prie­sen ob sei­ner Ge­lehr­sam­keit. –– (Jetzt war er frei­lich schon et­was kränk­lich.) »O mei­ne Toch­ter!« –– sprach er be­denk­lich –– »Die­ses ist ein schwie­rig Ka­pi­tel; Da hel­fen al­lein die geist­li­chen Mit­tel! Drum, mei­ne Bes­te, ist dies mein Rat: Schrei­te hin­auf den stei­len Pfad Und fol­ge der se­li­gen Pil­ger­spur Gen Cho­se­mont de bon se­cours; Denn dor­ten, be­rühmt seit al­ter Zeit, Ste­het die Wie­ge der Frucht­bar­keit. Und wer all­da sich hin­ver­fügt, Und wer all­da die Wie­ge ge­wiegt, Der spü­re­te bald nach sel­big­ter Fahrt, Daß die Ge­schich­te an­ders ward. Sol­ches hat noch vor etz­li­chen Jah­ren Lei­der Gotts! eine from­me Jung­fer er­fah­ren, Wel­che, in­dem sie bis dato in die­sen Din­gen nicht satt­sam un­ter­wie­sen, Aus Un­be­dacht und kind­li­chem Ver­gnü­gen Die Wie­ge hat an­ge­fan­gen zu wie­gen. Und ob sie schon nur ein we­nig ge­wiegt, Hat sie den­noch ein ganz klei­nes Kind ge­kriegt. Auch kam da ein fre­cher Pil­gers­mann, Der rüh­ret aus Vor­witz die Wie­gen an. Da­rauf nach etwa etz­li­chen Wo­chen, Nach­dem er die­ses ver­übt und ver­bro­chen, Und –– –– doch, mei­ne Lie­be, ge­nug für heu­te! Ich höre, daß es zur Met­ten läu­te. –– Ad­dio! Und Trost sei Dir be­schie­den! Zeu­ge hin in Frie­den!«

Zwölftes Kapitel

Hoch von gna­den­rei­cher Stel­le Winkt die Schen­ke und Ka­pel­le. –– Aus dem Tale zu der Höhe, In dem se­li­gen Ge­drän­ge An­dachts­vol­ler Chris­ten­men­ge Fühlt man froh des an­dern Nähe; Denn her­vor aus Herz und Mun­de, Aus der See­le tiefs­tem Grun­de Haucht sich warm und in­nig an Pil­ge­rin und Pil­gers­mann. –– Hier vor al­len, schuh­be­staubt, Warm ums Her­ze, warm ums Haupt, Oft er­probt in erns­ter Kraft, Schrei­tet die Erz­ge­bru­der­schaft. –– Itzo kommt die Jung­fern­gil­de, Auf den Lip­pen Har­mo­nie, In dem Bu­sen En­gels­mil­de, In der Hand das Pa­ra­plü. Oh wie lieb­lich tönt der Chor! Bru­der Jo­chen be­tet vor. –– Aber dort im Son­nen­schei­ne Geht He­le­ne trau­rig-hei­ter, So­zu­sa­gen, ganz al­lei­ne; Denn ihr ein­zi­ger Beglei­ter, Still­v­er­klärt im Son­nenglanz, Ist der gute Vet­ter Franz, Den seit kur­z­em die Be­kann­ten Nur den »heil­gen« Franz be­nann­ten. –– Trau­lich wal­len sie zu zweit Als zwei from­me Pil­gers­leut. Gott sei Dank, jetzt ist man oben! Und mit Prei­sen und mit Lo­ben Und mit Ei­fer und Be­dacht Wird das Nö­ti­ge voll­bracht. Freu­dig eilt man nun zur Schen­ke, Freu­dig greift man zum Ge­trän­ke, Wel­ches schon seit lan­ger Zeit In des Klos­ters Ein­sam­keit Ernst­be­son­nen, still­ver­traut, Bru­der Ja­kob öf­ters braut. Hier­bei schaun sich in­nig an Pil­ge­rin und Pil­gers­mann. End­lich nach des Ta­ges Schwü­le Naht die sanf­te Abend­küh­le. In dem gold­nen Mon­den­schei­ne Geht He­le­ne froh und hei­ter, So­zu­sa­gen, ganz al­lei­ne; Denn ihr ein­zi­ger Beglei­ter, Still­v­er­klärt im Mon­des­glanz, Ist der heil­ge Vet­ter Franz. Trau­lich ziehn sie heim zu zweit Als zwei gute Pil­gers­leut. Doch die Erz­ge­bru­der­schaft Nebst den Jung­fern tu­gend­haft, Die sich et­was sehr ver­spä­tet, Kom­men jetzt erst an­ge­be­tet. Oh wie lieb­lich tönt der Chor! Bru­der Jo­chen be­tet vor. Schau, da kommt von un­ge­fähr Eine Drosch­ke noch da­her. Er, der die­se Drosch­ke fuhr, Frech und ruch­los von Na­tur, Heim­lich den­kend: pap­per­lapp!, Tuet sei­nen Hut nicht ab. –– Weh! Schon schaun ihn grol­lend an Pil­ge­rin und Pil­gers­mann. Zwar der Kut­scher sucht mit Klap­pen An­zu­spor­nen sei­nen Rap­pen, Aber Jo­chen schiebt die lan­ge Jung­fern­bun­des­fah­nen­stan­ge Durch die Hin­ter­rä­der quer –– Schrupp! –– und ’s Fuhr­werk geht nicht mehr. –– Bei den Bei­nen, bei dem Ro­cke Zieht man ihn von sei­nem Bo­cke. Jung­fer Nan­ni mit der Krücke Stößt ihn häu­fig ins Ge­ni­cke. Aber Jung­fer Adel­heid Treibt die Sa­che gar zu weit; Denn sie sticht in Kamp­fes­hit­ze Mit des Schir­mes schar­fer Spit­ze, Und vor Scha­den schützt ihn bloß Sei­ne war­me Le­der­hos. –– Drauf so schaun sich fröh­lich an Pil­ge­rin und Pil­gers­mann. –– Fern ver­klingt der Jung­fern­chor. Bru­der Jo­chen be­tet vor. –– Doch der böse Kut­scher, dem Al­les die­ses nicht ge­nehm, Mel­det ei­lig die Ge­schich­te Bei dem ho­hen Stadt­ge­rich­te. Die­ses la­det bal­digst vor Jo­chen und den Jung­fern­chor. Und das Ur­teil wird ge­spro­chen: Bru­der Jo­chen kriegt drei Wo­chen, Aber Jungf- und Bru­der­schaf­ten Sol­len für die Kos­ten haf­ten. Ach! da schaun sich trau­rig an Pil­ge­rin und Pil­gers­mann.

Dreizehntes Kapitel

Wo krieg­ten wir die Kin­der her, Wenn Meis­ter Klap­per­storch nicht wär? Er war’s, der Schmöcks in letz­ter Nacht Ein klei­nes Zwil­lings­paar ge­bracht. Der Vet­ter Franz, mit mil­dem Blick, Hub an und sprach: »Oh wel­ches Glück! Welch klei­ne, freund­li­che Kol­le­gen! Das ist für­wahr zwie­fa­cher Se­gen! Drum töne zwie­fach Preis und Ehr! –– Herr Schmöck, ich gra­tu­lie­re sehr!« Bald drauf um zwölf kommt Schmöck her­un­ter, So recht ver­gnügt und frisch und mun­ter. Und em­sig setzt er sich zu Ti­sche, Denn heu­te gib­t’s Salat und Fi­sche. Autsch! –– Eine Grä­te kommt ver­quer, Und Schmöck wird blau und hus­tet sehr; Und hus­tet, bis ihm der Salat Aus bei­den Ohren flie­gen tat. Bums! Da! Er schließt den Le­bens­lauf. Der Jean fängt schnell die Fla­sche auf. »Oh!« –– sprach der Jean –– »Es ist ein Graus! Wie schnell ist doch das Le­ben aus!«

Vierzehntes Kapitel

»Oh Franz!« –– spricht Lene –– und sie weint –– »Oh Franz! Du bist mein einz­ger Freund!« »Ja!« schwört der Franz mit mil­dem Hauch –– »Ich war’s, ich bin’s und bleib es auch! Nun gute Nacht! Schon tönt es zehn! Will’s Gott! auf bal­dig Wie­der­sehn!« Die Stie­gen steigt er sanft hin­un­ter. –– Schau, schau! Die Ka­thi ist noch mun­ter. Das freut den Franz. –– Er hat nun mal ’n Hang fürs Kü­chen­per­so­nal. Der Jean, der heim­lich nä­her schlich, Be­merkt die Sa­che zor­nig­lich. Von großer Ei­fer­sucht er­füllt, Hebt er die Fla­sche rasch und wild Und –– Kracks! –– Es dringt der schar­fe Schlag Bis tief in das Ge­dan­ken­fach. ’s ist aus! –– Der Le­bens­fa­den bricht. –– He­le­ne naht. –– Es fällt das Licht. ––

Fünfzehntes Kapitel

Ach, wie ist der Mensch so sün­dig! –– Lene, Lene! Gehe in dich! –– Und sie ei­let tiefer­schüt­tert Zu dem Schran­ke schmerz­durch­zit­tert. Fort! Ihr falsch­ge­sinn­ten Zöp­fe, Schmin­ke und Po­ma­den­töp­fe! Fort! Du Ap­pa­rat der Lüs­te, Hoch­ge­wölb­tes Herz­ge­rüs­te! Fort vor al­lem mit dem Übel Die­ser Lust- und Sün­den­stie­bel! Trö­del­kram der Ei­tel­keit, Fort! Und sei der Glut ge­weiht!! Oh, wie lieb­lich sind die Schu­he De­muts­vol­ler See­len­ru­he!! –– Sieh, da geht He­le­ne hin, Eine schlan­ke Bü­ße­rin!

Sechzehntes Kapitel

Es ist ein Brauch von al­ters her: Wer Sor­gen hat, hat auch Li­kör! »Nein!« –– ruft He­le­ne –– »Aber nun Will ich’s auch ganz –– und ganz –– und ganz –– und ganz ge­wiß nicht wie­der tun!« Sie kniet von fer­ne fromm und frisch. Die Fla­sche ste­het auf dem Tisch. Es läßt sich kni­en auch ohne Pult. –– Die Fla­sche war­tet mit Ge­duld. Man liest nicht ger­ne weit vom Licht. –– Die Fla­sche glänzt und rührt sich nicht. Oft liest man mehr als wie ge­nug. Die Fla­sche ist kein Lie­der­buch. Ge­fähr­lich ist des Freun­des Nähe. O Lene, Lene! Wehe, wehe! Oh sieh! –– Im sel­gen Nacht­ge­wan­de Er­scheint die jünst­ver­storb­ne Tan­te. Mit geis­ter­haf­tem Schmerz­ge­tö­ne –– »He­le­ne!« –– ruft sie –– »Oh, He­le­ne!!!« Um­sonst!! –– Es fällt die Lam­pe um, Ge­füllt mit dem Pe­tro­le­um. Und hilf­los und mit Angst­ge­wim­mer Ver­kohlt dies from­me Frau­en­zim­mer. Hier sieht man ihre Trüm­mer rau­chen. Der Rest ist nicht mehr zu ge­brau­chen.

Siebzehntes Kapitel

Hu! Drau­ßen welch ein schreck­lich Grau­sen! Blitz, Don­ner, Nacht und Stur­mes­brau­sen! –– Schon war­tet an des Hau­ses Schlo­te Der Un­ter­welt ge­schwänz­ter Bote. Zwar Le­nens gu­ter Ge­ni­us Be­kämpft den Geist der Fins­ter­nus. Doch die­ser kehrt sich um und packt Ihn mit der Ga­bel zwie­ge­zackt. O weh, o weh! der Gute fällt! Es siegt der Geist der Un­ter­welt. Er faßt die arme See­le schnel­le Und fährt mit ihr zum Sch­lund der Höl­le. Hin­ein mit ihr!! –– Huhu! Haha! Der heil­ge Franz ist auch schon da.

Schluß

Als On­kel Nol­te dies ver­nom­men, War ihm sein Her­ze sehr be­klom­men. Doch als er nun ge­nug ge­klagt: »Oh!« –– sprach er –– »Ich hab’s gleich ge­sagt!« »Das Gute –– die­ser Satz steht fest –– Ist stets das Böse, was man läßt!« »Ei ja! –– Da bin ich wirk­lich froh! Denn, Gott sei Dank! Ich bin nicht so!!«

Die Hungerpille