Wilhelm Tell. Friedrich Schiller - Friedrich Schiller - E-Book

Wilhelm Tell. Friedrich Schiller E-Book

Friedrich Schiller

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Beschreibung

Kommentierte Ausgabe mit Worterklärungen, Erklärung mundartlicher Phrasen, Erläuterungen und Verszählung Über dieses Ausgabe: "Wilhelm Tell" ist die große Freiheitsdichtung von Friedrich Schiller. Er verdichtet die historischen Ereignisse um die Gründung und Befreiung der Schweiz, die er mit der Sage von Wilhelm Tell und seinem Tyrannenmord an Vogt Gessler verwebt. Für den orts- und dialektunkundigen Leser stellen sich die vielen von Schiller verwendeten lokalen und sprachlichen Bezüge jedoch als ein Erschwernis bei der Lektüre dar. Die vorliegende kommentierte Ausgabe geht daher den Quellen Schillers und anderen Quellen nach und gibt eine Vielzahl an Erläuterungen zu Schillers Schauspiel: • über 260 Worterklärungen • Erläuterung mundartlicher Phrasen • Erläuterung zu regionalen und lokalen Bezüge • Erläuterung zu Bezügen auf historische Figuren und Ereignisse • Erklärung wenig bekannter oder veralteter Begriffe • Verszählung für die Textarbeit in der Schule • Übersichtskarte der Schauplätze des Dramas in der Schweiz • Schiller-Kurzbiographie und Werkverzeichnis (Übersicht)

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Friedrich Schiller

Wilhelm Tell

Kommentierte Ausgabe mit Wort- und Sacherklärungen

Herstellung: Karl A. Fiedler

aionas

Unsere Ausgabe folgt der Werkausgabe Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Auf Grund der Originaldrucke herausgegeben von Gerhard Fricke und Herbert G. Göpfert in Verbindung mit Herbert Stubenrauch, Bd. 1–5, 3. Auflage, München: Hanser, 1962. Das Werk wurde 1804 abgeschlossen und im gleichen Jahr erstmals bei Cotta in Tübingen veröffentlicht.

Der Text wurde den Regeln der neuen deutschen Rechtschreibung angepasst. Interpunktion, Lautstand und grammatikalische Eigenschaften wurden hierbei gewahrt.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort
Übersichtskarte der Schauplätze im Tell-Drama
Friedrich Schiller: Wilhelm Tell
Personen.
Erster Aufzug
Erste Szene
Zweite Szene
Dritte Szene
Vierte Szene
Zweiter Aufzug
Erste Szene
Zweite Szene
Dritter Aufzug
Erste Szene
Zweite Szene
Dritte Szene
Vierter Aufzug
Erste Szene
Zweite Szene
Dritte Szene
Fünfter Aufzug
Erste Szene
Zweite Szene
Letzte Szene
Kurzbiographie
Werke Schillers (Übersicht)
Dramen
Prosa
Lyrik
Philosophisch-ästhetische Schriften
Historische Werke
Übersetzungen
Zeitschriften
Schillers Quellen
Literatur
Wort- und Sacherläuterungen

Vorwort

Wilhelm Tell ist Schillers Idealbild von einem freien Menschen. 1804 in Weimar erstmals aufgeführt, ist das Schauspiel seit dieser Zeit ein fester Bestandteil des Bühnenprogramms deutschsprachiger Schauspielhäuser. In seinem Drama, das letzte von ihm vollendete Bühnenwerk, verwebt der große Freiheitsdichter den Entstehungsmythos der Schweiz um den Rütlischwur, die Befreiungskämpfe der Eidgenossen aus der Gewaltherrschaft Österreichs im 12./13. Jahrhundert und die Sage um Wilhelm Tell, die im Mittelpunkt der Dichtung steht.

Tell ist ein freier Waldmensch, der – als sein Leben, seine Freiheit und seine Familie bedroht werden – zur Armbrust greift und den tyrannischen Vogt Gessler in einem Akt von Selbstverteidigung niederstreckt. Schiller als Anhänger Rousseaus hatte die Auffassung eines Naturrechts, sich gegen Unterjochung aufzulehnen, wenn die eigene, von der Natur gegebene Freiheit durch fremde Gewalt bedroht ist. Mit ihrer Auflehnung gegen die österreichische Gewaltherrschaft verteidigten die Schweizer ihre Menschenwürde, ihre natürliche Lebensweise und ihre Freiheit. Das machte sie zu einem Vorbild für aufgeklärte Bürger in ganz Europa.

Zur Schillerzeit war die Schweiz ein beliebtes Reiseziel von Künstlern, Schriftstellern, Gelehrten und Intellektuellen. Auch Goethe war mehrfach hier, der 1797 selbst die Bearbeitung des Tell-Stoffes in Erwägung zog und sich mit Schiller hierüber austauschte. Schiller war es selbst nie vergönnt, die Schweiz kennenzulernen. Mit großer Be- und Verwunderung hat man daher seine detailgetreue Wiedergabe der örtlichen Gegebenheiten der Gegend der Urschweiz rund um den Vierwaldstättersee aufgenommen. Mit großer Sorgfalt hat der Dichter verschiedene Quellen seiner Zeit studiert, die ihm als Grundlage für seine dramatische Dichtung dienten. Auch sprachlich dienten sie ihm als Fundgrube. Seine Figuren reden volkstümlich und ihre Sprache ist besetzt von mundartlichen Redewendungen, lokalen Bezügen, Weisheiten und Naturbeobachtungen.

Dies ist einer der gewichtigen Gründe für die große Verehrung dieser Schillerschen Dichtung in der Schweiz. Für den orts- und dialektunkundigen Leser stellen diese vielen lokalen und sprachlichen Bezüge jedoch eine Erschwernis bei der Lektüre dar. In der vorliegenden kommentierten Ausgabe sind wir daher den Quellen Schillers und anderen Quellen nachgegangen und geben knappe Erläuterungen zu Orten, Landschaften, Mundart, historischen Personen und Ereignissen und heute ungebräuchlichen Reden, die zum Verständnis der Lektüre beitragen sollen.

 

K. A. F.

Herausgeber

Übersichtskarte der Schauplätze im Tell-Drama

Friedrich SchillerWilhelm Tell

Schauspiel

Personen.1

Hermann Gessler2, Reichsvogt in Schwyz und Uri.Werner, Freiherr von Attinghausen3, Bannerherr4.Ulrich von Rudenz5, sein Neffe.

Werner Stauffacher6, Konrad Hunn7, Itel Reding,8 Hans auf der Mauer, Jörg im Hofe, Ulrich der Schmied, Jost von Weiler,Landleute aus Schwyz.

Walter Fürst9, Wilhelm Tell10, Rösselmann, der Pfarrer,Petermann, der Sigrist,Kuoni, der Hirte,Werni, der Jäger,Ruodi, der Fischer, aus Uri.

Arnold vom Melchthal11, Konrad Baumgarten12, Meier13von Sarnen, Struth von Winkelried, Klaus von der Flüe, Burkhardt am Bühel, Arnold von Sewa, aus Unterwalden.

Pfeiffer von Luzern. Kunz von Gersau. Jenni, Fischerknabe.Seppi, Hirtenknabe.

Gertrud14, Stauffachers Gattin.Hedwig15, Tells Gattin, Fürsts Tochter.Berta von Bruneck, eine reiche Erbin.

Armgard, Mechthild, Elsbet, Hildegard, Bäuerinnen.

Walter,Wilhelm, Tells Knaben.

Friesshardt16, Leuthold17, Söldner.

Rudolf der Harras18, Geßlers Stallmeister.

Johannes Parricida19, Herzog von Schwaben.

Stüssi, der Flurschütz.

Der Stier von Uri20. Ein Reichsbote. Fronvogt21. Meister Steinmetz, Gesellen und Handlanger.Öffentliche Ausrufer. Barmherzige Brüder22. Gesslerische und Landenbergische Reiter. Viele Landleute, Männer und Weiber aus den Waldstätten.

Erster Aufzug

Erste Szene

Hohes Felsenufer des Vierwaldstättensees23, Schwyz gegenüber. Der See macht eine Bucht ins Land, eine Hütte ist unweit dem Ufer, Fischerknabe fährt sich in einem Kahn. Über den See hinweg sieht man die grünen Matten24, Dörfer und Höfe von Schwyz im hellen Sonnenschein liegen. Zur Linken des Zuschauers zeigen sich die Spitzen des Haken, mit Wolken umgeben; zur Rechten im fernen Hintergrund sieht man die Eisgebirge. Noch ehe der Vorhang aufgeht, hört man den Kuhreihen und das harmonische Geläut der Herdenglocken, welches sich auch bei eröffneter Szene noch eine Zeitlang fortsetzt.

FISCHERKNABEsingt im Kahn.

Melodie des Kuhreihens25.

Es lächelt der See, er ladet zum Bade, Der Knabe schlief ein am grünen Gestade, Da hört er ein Klingen,

Wie Flöten so süß, Wie Stimmen der Engel 5 Im Paradies.

Und wie er erwachet in seliger Lust, Da spülen die Wasser ihm um die Brust,

Und es ruft aus den Tiefen: Lieb Knabe, bist mein! 10 Ich locke den Schläfer, Ich zieh ihn herein.

HIRTEauf dem Berge.

Variation des Kuhreihens.

Ihr Matten lebt wohl! Ihr sonnigen Weiden! Der Senne26 muß scheiden, 15 Der Sommer ist hin.

Wir fahren zu Berg27, wir kommen wieder, Wenn der Kuckuck ruft, wenn erwachen die Lieder, Wenn mit Blumen die Erde sich kleidet neu, Wenn die Brünnlein fließen im lieblichen Mai. 20

Ihr Matten lebt wohl, Ihr sonnigen Weiden! Der Senne muß scheiden Der Sommer ist hin.

ALPENJÄGERerscheint gegenüber auf der Höhe des Felsen.

Zweite Variation.

Es donnern die Höhen, es zittert der Steg, 25 Nicht grauet dem Schützen auf schwindlichtem28 Weg,

Er schreitet verwegen Auf Feldern von Eis, Da pranget kein Frühling, Da grünet kein Reis; 30

Und unter den Füßen ein neblichtes Meer, Erkennt er die Städte der Menschen nicht mehr,

Durch den Riß nur der Wolken Erblickt er die Welt, Tief unter den Wassern 35 Das grünende Feld.

Die Landschaft verändert sich, man hört ein dumpfes Krachen von den Bergen, Schatten von Wolken laufen über die Gegend.

Ruodi der Fischer kommt aus der Hütte. Werni der Jäger steigt vom Felsen. Kuoni der Hirte kommt, mit dem Melknapf29auf der Schulter. Seppi, seine Handbube30, folgt ihm.

RUODI. Mach hurtig, Jenni. Zieh die Naue31 ein. Der graue Talvogt kommt, dumpf brüllt der Firn32, Der Mythenstein zieht seine Haube an33, Und kalt her bläst es aus dem Wetterloch34, 40 Der Sturm, ich mein, wird da sein, eh wirs denken.

KUONI. 's kommt Regen, Fährmann. Meine Schafe fressen35 Mit Begierde Gras, und Wächter scharrt die Erde.

WERNI. Die Fische springen, und das Wasserhuhn36 Taucht unter. Ein Gewitter ist im Anzug. 45

KUONIzum Buben. Lug37, Seppi, ob das Vieh sich nicht verlaufen.

SEPPI. Die braune Lisel kenn ich am Geläut38.

KUONI. So fehlt uns keine mehr, die geht am weitsten39.

RUODI. Ihr habt ein schön Geläute40, Meister Hirt.

WERNI. Und schmuckes Vieh – Ists Euer eignes, Landsmann? 50

KUONI. Bin nit so reich41 – 's ist meines gnädgen Herrn, Des Attinghäusers, und mir zugezählt.

RUODI. Wie schön der Kuh das Band zu Halse steht.

KUONI. Das weiß sie auch, daß sie den Reihen führt,42 Und nähm ich ihrs, sie hörte auf zu fressen. 55

RUODI. Ihr seid nicht klug! Ein unvernünftges Vieh –

WERNI. Ist bald gesagt. Das Tier hat auch Vernunft, Das wissen wir, die wir die Gemsen43 jagen, Die stellen klug, wo sie zur Weide gehn, 'ne Vorhut aus, die spitzt das Ohr und warnet 60 Mit heller Pfeife, wenn der Jäger naht.

RUODIzum Hirten. Treibt Ihr jetzt heim?

KUONI. Die Alp44 ist abgeweidet.

WERNI. Glückselge Heimkehr, Senn!

KUONI. Die wünsch ich Euch, Von Eurer Fahrt kehrt sichs nicht immer wieder.

RUODI. Dort kommt ein Mann in voller Hast gelaufen. 65

WERNI. Ich kenn ihn, 's ist der Baumgart von Alzellen45.

Konrad Baumgarten atemlos hereinstürzend.

BAUMGARTEN. Um Gottes willen, Fährmann, Euren Kahn!

RUODI. Nun, nun, was gibts so eilig?

BAUMGARTEN. Bindet los! Ihr rettet mich vom Tode! Setzt mich über!

KUONI. Landsmann, was habt Ihr?

WERNI. Wer verfolgt Euch denn? 70

BAUMGARTENzum Fischer. Eilt, eilt, sie sind mir dicht schon an den Fersen! Des Landvogts Reiter kommen hinter mir, Ich bin ein Mann des Tods, wenn sie mich greifen.

RUODI. Warum verfolgen Euch die Reisigen46?

BAUMGARTEN. Erst rettet mich, und dann steh ich Euch Rede. 75

WERNI. Ihr seid mit Blut befleckt, was hats gegeben?

BAUMGARTEN. Des Kaisers Burgvogt, der auf Roßberg47 saß –

KUONI. Der Wolfenschießen48? Läßt Euch der verfolgen?

BAUMGARTEN. Der schadet nicht mehr, ich hab ihn erschlagen.

ALLEfahren zurück. Gott sei Euch gnädig! Was habt Ihr getan? 80

BAUMGARTEN. Was jeder freie Mann an meinem Platz! Mein gutes Hausrecht49 hab ich ausgeübt Am Schänder meiner Ehr und meines Weibes.

KUONI. Hat Euch der Burgvogt an der Ehr geschädigt?

BAUMGARTEN. Daß er sein bös Gelüsten nicht vollbracht, 85 Hat Gott und meine gute Axt verhütet.

WERNI. Ihr habt ihm mit der Axt den Kopf zerspalten?

KUONI. O, laß uns alles hören, Ihr habt Zeit, Bis er den Kahn vom Ufer losgebunden.

BAUMGARTEN. Ich hatte Holz gefällt im Wald, da kommt 90 Mein Weib gelaufen in der Angst des Todes. »Der Burgvogt lieg in meinem Haus, er hab Ihr anbefohlen, ihm ein Bad zu rüsten. Drauf hab er Ungebührliches von ihr Verlangt, sie sei entsprungen, mich zu suchen.« 95 Da lief ich frisch hinzu, so wie ich war, Und mit der Axt hab ich ihm 's Bad gesegnet.

WERNI. Ihr tatet wohl, kein Mensch kann Euch drum schelten.

KUONI. Der Wüterich! Der hat nun seinen Lohn! Hats lang verdient ums Volk von Unterwalden. 100

BAUMGARTEN. Die Tat ward ruchbar, mir wird nachgesetzt – Indem wir sprechen – Gott – verrinnt die Zeit –

Es fängt an zu donnern.

KUONI. Frisch, Fährmann – schaff den Biedermann50 hinüber.

RUODI. Geht nicht. Ein schweres Ungewitter ist Im Anzug. Ihr müßt warten.

BAUMGARTEN. Heilger Gott! 105 Ich kann nicht warten. Jeder Aufschub tötet –

KUONIzum Fischer. Greif an mit Gott, dem Nächsten muß man helfen, Es kann uns allen Gleiches ja begegnen.

Brausen und Donnern.

RUODI. Der Föhn51 ist los, Ihr seht, wie hoch der See geht, Ich kann nicht steuern gegen Sturm und Wellen. 110

BAUMGARTENumfaßt seine Knie. So helf Euch Gott, wie Ihr Euch mein erbarmet –

WERNI. Es geht ums Leben, sei barmherzig, Fährmann.

KUONI. 's ist ein Hausvater, und hat Weib und Kinder!

Wiederholte Donnerschläge.

RUODI. Was? Ich hab auch ein Leben zu verlieren, Hab Weib und Kind daheim, wie er – Seht hin, 115 Wies brandet, wie es wogt und Wirbel zieht, Und alle Wasser aufrührt in der Tiefe. – Ich wollte gern den Biedermann erretten, Doch es ist rein unmöglich, Ihr seht selbst.

BAUMGARTENnoch auf den Knien. So muß ich fallen in des Feindes Hand, 120 Das nahe Rettungsufer im Gesichte! – Dort liegts! Ich kanns erreichen mit den Augen, Hinüberdringen kann der Stimme Schall, Da ist der Kahn, der mich hinübertrüge, Und muß hier liegen, hülflos, und verzagen! 125

KUONI. Seht, wer da kommt!

WERNI. Es ist der Tell aus Bürglen.

Tell mit der Armbrust.

TELL. Wer ist der Mann, der hier um Hülfe fleht?

KUONI. 's ist ein Alzeller Mann, er hat sein Ehr Verteidigt, und den Wolfenschieß erschlagen, Des Königs Burgvogt, der auf Roßberg saß – 130 Des Landvogts Reiter sind ihm auf den Fersen, Er fleht den Schiffer um die Überfahrt, Der fürcht‘t sich vor dem Sturm und will nicht fahren.

RUODI. Da ist der Tell, er führt das Ruder auch, Der soll mirs zeugen, ob die Fahrt zu wagen. 135

TELL. Wos Not tut, Fährmann, läßt sich alles wagen.

Heftige Donnerschläge, der See rauscht auf.

RUODI. Ich soll mich in den Höllenrachen stürzen? Das täte keiner, der bei Sinnen ist.

TELL. Der brave Mann denkt an sich selbst zuletzt, Vertrau auf Gott und rette den Bedrängten. 140

RUODI. Vom sichern Port läßt sichs gemächlich raten, Da ist der Kahn und dort der See! Versuchts!

TELL. Der See kann sich, der Landvogt nicht erbarmen, Versuch es, Fährmann!

HIRTEN UND JÄGER. Rett ihn! Rett ihn! Rett ihn!

RUODI. Und wärs mein Bruder und mein leiblich Kind, 145 Es kann nicht sein, 's ist heut Simons und Judä52, Da rast der See und will sein Opfer haben.

TELL. Mit eitler Rede wird hier nichts geschafft, Die Stunde dringt, dem Mann muß Hülfe werden. Sprich, Fährmann, willst du fahren?

RUODI. Nein, nicht ich! 150

TELL. In Gottes Namen denn! Gib her den Kahn, Ich wills mit meiner schwachen Kraft versuchen.

KUONI. Ha, wackrer Tell!

WERNI. Das gleicht dem Weidgesellen!

BAUMGARTEN. Mein Retter seid Ihr und mein Engel, Tell!

TELL. Wohl aus des Vogts Gewalt errett ich Euch, 155 Aus Sturmes Nöten muß ein andrer helfen. Doch besser ists, Ihr fallt in Gottes Hand, Als in der Menschen!

Zu dem Hirten.

Landsmann, tröstet Ihr Mein Weib, wenn mir was Menschliches begegnet, Ich hab getan, was ich nicht lassen konnte. 160

Er springt in den Kahn.

KUONIzum Fischer. Ihr seid ein Meister Steuermann. Was sich Der Tell getraut, das konntet Ihr nicht wagen?

RUODI. Wohl beßre Männer tuns dem Tell nicht nach, Es gibt nicht zwei, wie der ist, im Gebirge.

WERNIist auf den Fels gestiegen. Er stößt schon ab. Gott helf dir, braver Schwimmer! 165 Sieh, wie das Schifflein auf den Wellen schwankt!

KUONIam Ufer. Die Flut geht drüber weg – Ich sehs nicht mehr. Doch halt, da ist es wieder! Kräftiglich Arbeitet sich der Wackre durch die Brandung.

SEPPI. Des Landvogts Reiter kommen angesprengt. 170

KUONI. Weiß Gott, sie sinds! Das war Hülf in der Not.

Ein Trupp Landenbergischer Reiter.

ERSTER REITER. Den Mörder gebt heraus, den ihr verborgen.

ZWEITER. Des Wegs kam er, umsonst verhehlt ihr ihn.

KUONI UND RUODI. Wen meint ihr, Reiter?

ERSTER REITERentdeckt den Nachen. Ha, was seh ich! Teufel!

WERNIoben. Ists der im Nachen, den ihr sucht? – Reit zu, 175 Wenn ihr frisch beilegt53, holt ihr ihn noch ein.

ZWEITER. Verwünscht! Er ist entwischt.

ERSTERzum Hirten und Fischer. Ihr habt ihm fortgeholfen, Ihr sollt uns büßen – Fallt in ihre Herde! Die Hütte reißet ein, brennt und schlagt nieder!

Eilen fort.

SEPPIstürzt nach. O meine Lämmer!

KUONIfolgt.