Wilhelm Tell - Friedrich von Schiller - E-Book

Wilhelm Tell E-Book

Friedrich von Schiller

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Beschreibung

Friedrich von Schillers Schauspiel Wilhelm Tell wurde am 17. März 1804 am Weimarer Hoftheater uraufgeführt. Das Schauspiel erzählt von der Befreiung der Schweiz von der Habsburgischen Herrschaft, dem Rütlischwur der Eidgenossen und dem schweizer Vokshelden Tell, der gezwungen war, einen Apfel vom Kopf seines Kindes zu schießen.

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Inhalt

Erster Aufzug

Erste Szene

Zweite Szene

Dritte Szene

Vierte Szene

Zweiter Aufzug

Erste Szene

Zweite Szeen

Dritter Aufzug

Erste Szene

Zweite Szene

Dritte Szene

Vierter Aufzug

Erste Szene

Zweite Szene

Dritte Szene

Fünfter Aufzug

Erste Szene

Zweite Szene

Letze Szene

Personen.

Hermann Gessler, Reichsvogt in Schwyz und Uri.

Werner, Freiherr von Attinghausen, Bannerherr.

Ulrich von Rudenz, sein Neffe.

Werner Stauffacher,

Konrad Hunn,

Itel Reding,

Hans auf der Mauer,

Jörg im Hofe,

Ulrich der Schmied,

Jost von Weiler, Landleute aus Schwyz.

Walter Fürst,

Wilhelm Tell,

Rösselmann, der Pfarrer,

Petermann, der Sigrist,

Kuoni, der Hirte,

Werni, der Jäger,

Ruodi, der Fischer, aus Uri.

Arnold vom Melchthal,

Konrad Baumgarten,

Meier von Sarnen,

Struth von Winkelried,

Klaus von der Flüe,

Burkhardt am Bühel,

Arnold von Sewa, aus Unterwalden.

Pfeiffer von Luzern.

Kunz von Gersau.

Jenni, Fischerknabe .

Seppi, Hirtenknabe.

Gertrud, Stauffachers Gattin.

Hedwig, Tells Gattin, Fürsts Tochter.

Berta von Bruneck, eine reiche Erbin.

Armgard,

Mechthild,

Elsbet,

Hildegard, Bäuerinnen.

Walter,

Wilhelm, Tells Knaben.

Friesshardt,

Leuthold, Söldner.

Rudolf der Harras, Geßlers Stallmeister.

Johannes Parricida, Herzog von Schwaben.

Stüssi, der Flurschütz.

Der Stier von Uri.

Ein Reichsbote.

Fronvogt.

Meister Steinmetz, Gesellen und Handlanger.

Öffentliche Ausrufer.

Barmherzige Brüder.

Gesslerische und Landenbergische Reiter.

Viele Landleute, Männer und Weiber aus den Waldstätten

Erster Aufzug

Erste Szene

Hohes Felsenufer des Vierwaldstättersees, Schwyz gegenüber.

Der See macht eine Bucht ins Land, eine Hütte ist unweit dem Ufer, Fischerknabe fährt sich in einem Kahn. Über den See hinweg sieht man die grünen Matten, Dörfer und Höfe von Schwyz im hellen Sonnenschein liegen. Zur Linken des Zuschauers zeigen sich die Spitzen des Haken, mit Wolken umgeben; zur Rechten im fernen Hintergrund sieht man die Eisgebirge. Noch ehe der Vorhang aufgeht, hört man den Kuhreihen und das harmonische Geläut der Herdenglocken, welches sich auch bei eröffneter Szene noch eine Zeitlang fortsetzt.

Fischerknabe singt im Kahn: Melodie des Kuhreihens

Es lächelt der See, er ladet zum Bade,

Der Knabe schlief ein am grünen Gestade,

Da hört er ein Klingen,

Wie Flöten so süss,

Wie Stimmen der Engel

Im Paradies.

Und wie er erwachet in seliger Lust,

Da spülen die Wasser ihn um die Brust,

Und es ruft aus den Tiefen:

Lieb Knabe, bist mein!

Ich locke den Schäfer,

Ich zieh ihn herein.

Hirte auf dem Berge: Variation des Kuhreihens

Ihr Matten lebt wohl,

Ihr sonnigen Weiden!

Der Senn muss scheiden,

Der Sommer ist hin.

Wir fahren zu Berg, wir kommen wieder,

Wenn der Kuckuck ruft, wenn erwachen die Lieder,

Wenn mit Blumen die Erde sich kleidet neu,

Wenn die Brünnlein fliessen im lieblichen Mai

Ihr Matten lebt wohl,

Ihr sonnigen Weiden!

Der Senne muss scheiden,

Der Sommer ist hin.

Alpenjäger erscheint gegenüber auf der Höhe des Felsen: Zweite Variation

Es donnern die Höhen, es zittert der Steg,

Nicht grauet dem Schützen auf schwindlichtem Weg,

Er schreitet verwegen

Auf Feldern von Eis,

Da pranget kein Frühling,

Da grünet kein Reis;

Und unter den Füssen ein neblichtes Meer,

Erkennt er die Städte der Menschen nicht mehr,

Durch den Riss nur der Wolken

Erblickt er die Welt,

Tief unter den Wassern

Das grünende Feld.

Die Landschaft verändert sich, man hört ein dumpfes Krachen von den Bergen, Schatten von Wolken laufen über die Gegend.

Ruodi der Fischer kommt aus der Hütte, Werni der Jäger steigt vom Felsen, Kuoni der Hirte kommt, mit dem Melknapf auf der Schulter. Seppi, sein Handbube, folgt ihm.

Ruodi:

Mach hurtig Jenni. Zieh die Naue ein.

Der graue Talvogt kommt, dumpf brüllt der Firn,

Der Mythenstein zieht seine Haube an,

Und kalt her bläst es aus dem Wetterloch,

Der Sturm, ich mein, wird dasein, eh wir's denken.

Kuoni:

's kommt Regen, Fährmann. Meine Schafe fressen

Mit Begierde Gras, und Wächter scharrt die Erde.

Werni:

Die Fische springen, und das Wasserhuhn

Taucht unter. Ein Gewitter ist im Anzug.

Kuoni zum Buben:

Lug Seppi, ob das Vieh sich nicht verlaufen.

Seppi:

Die braune Liesel kenn ich am Geläut.

Kuoni:

So fehlt uns keine mehr, die geht am weitsten.

Ruodi:

Ihr habt ein schön Geläute, Meister Hirt.

Werni:

Und schmuckes Vieh – Ist's Euer eigenes, Landsmann?

Kuoni:

Bin nit so reich – 's ist meines gnädigen Herrn,

Des Attinghäusers, und mir zugezählt.

Ruodi:

Wie schön der Kuh das Band zu Halse steht!

Kuoni:

Das weiss sie auch, dass sie den Reihen führt,

Und nähm ich ihr's, sie hörte auf zu fressen.

Ruodi:

Ihr seid nicht klug! Ein unvernünft'ges Vieh –

Werni:

Ist bald gesagt. Das Tier hat auch Vernunft,

Das wissen wir, die wir die Gemsen jagen,

Die stellen klug, wo sie zur Weide gehn,

'ne Vorhut aus, die spitzt das Ohr und warnet

Mit heller Pfeife, wenn der Jäger naht.

Ruodi zum Hirten:

Treibt Ihr jetzt heim?

Kuoni:

Die Alp ist abgeweidet.

Werni:

Glücksel'ge Heimkehr, Senn!

Kuoni:

Die wünsch ich Euch,

Von Eurer Fahrt kehrt sich's nicht immer wieder.

Ruodi:

Dort kommt ein Mann in voller Hast gelaufen.

Werni:

Ich kenn ihn, 's ist der Baumgart von Alzellen.

Konrad Baumgarten atemlos hereinstürzend.

Baumgarten:

Um Gottes willen, Fährmann, Euren Kahn!

Ruodi:

Nun, nun, was gibt's so eilig?

Baumgarten:

Bindet los!

Ihr rettet mich vom Tode! Setzt mich über!

Kuoni:

Landsmann, was hat Ihr?

Werni:

Wer verfolgt Euch denn?

Baumgarten zum Fischer:

Eilt, eilt, sie sind mir dicht schon an den Fersen!

De Landvogts Reiter kommen hinter mir,

Ich bin ein Mann des Tods, wenn sie mich greifen.

Ruodi:

Warum verfolgen Euch die Reisigen?

Baumgarten:

Erst rettet mich, und dann steh ich Euch Rede.

Werni:

Ihr seid mit Blut befleckt, was hat's gegeben?

Baumgarten:

Des Kaisers Burgvogt, der auf dem Rossberg sass –

Kuoni:

Der Wolfenschiessen! Lässt Euch der verfolgen?

Baumgarten:

Der schadet nicht mehr, ich hab ihn erschlagen.

Alle fahren zurück:

Gott sei Euch gnädig! Was habt Ihr getan?

Baumgarten:

Was jeder freie Mann an meinem Platz!

Mein gutes Hausrecht hab ich ausgeübt

Am Schänder meiner Ehr und meines Weibes.

Kuoni:

Hat Euch der Burgvogt an der Ehr geschädigt?

Baumgarten:

Dass er sein bös Gelüsten nicht vollbracht,

Hat Gott und meine gute Axt verhütet.

Werni:

Ihr habt ihm mit der Axt den Kopf zerspalten?

Kuoni:

O lasst uns alles hören. Ihr habt Zeit,

Bis er den Kahn vom Ufer losgebunden.

Baumgarten:

Ich hatte Holz gefällt im Wald, da kommt

Mein Weib gelaufen in der Angst des Todes.

»Der Burgvogt liegt in meinem Haus, er hab

Ihr anbefohlen, ihm ein Bad zu rüsten.«

Drauf hab er Ungebührliches von ihr

Verlangt, sie sei entsprungen, mich zu suchen.

Da lief ich frisch hinzu, so wie ich war,

Und mit der Axt hab ich ihm 's Bad gesegnet.

Werni:

Ihr tatet wohl, kein Mensch kann Euch drum schelten.

Kuoni:

Der Wüterich! Der hat nun seinen Lohn!

Hat's lang verdient ums Volk von Unterwalden.

Baumgarten:

Die Tat ward ruchbar, mir wird nachgesetzt –

Indem wir sprechen – Gott – verrinnt die Zeit –

Es fängt an zu donnern.

Kuoni:

Frisch Fährmann – Schaff den Biedermann hinüber.

Ruodi:

Geht nicht. Ein schweres Ungewitter ist

Im Anzug. Ihr müsst warten.

Baumgarten:

Heil'ger Gott!

Ich kann nicht warten. Jeder Aufschub tötet –

Kuoni zum Fischer:

Greif an mit Gott, dem Nächsten muss man helfen,

Es kann uns allen Gleiches ja begegnen.

Brausen und Donnern.

Ruodi:

Der Föhn ist los, ihr seht wie hoch der See geht,

Ich kann nicht steuern gegen Sturm und Wellen.

Baumgarten umfasst seine Knie:

So helf Euch Gott, wie Ihr Euch mein erbarmet –

Werni:

Es geht ums Leben, sei barmherzig, Fährmann.

Kuoni:

s'ist ein Hausvater, und hat Weib und Kinder!

Wiederholte Donnerschläge.

Ruodi:

Was? Ich hab auch ein Leben zu verlieren,

Hab Weib und Kind daheim, wie er – Seht hin

Wie's brandet, wie es wogt und Wirbel zieht,

Und alle Wasser aufrührt in der Tiefe.

– Ich wollte gern den Biedermann erretten,

Doch es ist rein unmöglich, ihr seht selbst.

Baumgarten noch auf den Knien:

So muss ich fallen in des Feindes Hand,

Das nahe Rettungsufer im Gesichte!

– Dort liegt's! Ich kann's erreichen mit den Augen

Hinüberdringen kann der Stimme Schall,

Da ist der Kahn, der mich hinübertrüge,

Und muss hier liegen, hülflos, und verzagen!

Kuoni:

Seht wer da kommt!

Werni:

Es ist der Tell aus Bürglen!

Tell mit der Armbrust.

Tell:

Wer ist der Mann, der hier um Hülfe fleht?

Kuoni:

's ist ein Alzeller Mann, er hat sein Ehr

Verteidigt, und den Wolfenschiess erschlagen,

Des Königs Burgvogt, der auf Rossberg sass –

Des Landvogts Reiter sind ihm auf den Fersen.

Er fleht den Schiffer um die Ueberfahrt,

Der fürcht't sich vor dem Sturm und will nicht fahren.

Ruodi:

Da ist der Tell, er führt das Ruder auch,

Der soll mir's zeugen, ob die Fahrt zu wagen.

Tell:

Wo's not tut, Fährmann, lässt sich alles wagen.

Heftige Donnerschläge, der See rauscht auf.

Ruodi:

Ich soll mich in den Höllenrachen stürzen?

Das täte keiner, der bei Sinnen ist.

Tell:

Der brave Mann denkt an sich selbst zuletzt,

Vertrau' auf Gott und rette den Bedrängten.

Ruodi:

Vom sicheren Port lässt sich's gemächlich raten,

Da ist der Kahn und dort der See! Versucht's!

Tell:

Der See kann sich, der Landvogt nicht erbarmen,

Versuch es Fährmann!

Hirten und Jäger:

Rett ihn! Rett ihn! Rett ihn!

Ruodi:

Und wär's mein Bruder und mein leiblich Kind,

Es kann nicht sein, s'ist heut Simons und Judä,

Da rast der See und will sein Opfer haben.

Tell:

Mit eitler Rede wird hier nichts geschafft,

Die Stunde dringt, dem Mann muss Hülfe werden.

Sprich, Fährmann, willst du fahren?

Ruodi:

Nein, nicht ich!

Tell:

In Gottes Namen denn! Gib her den Kahn,

Ich will's mit meiner schwachen Kraft versuchen.

Kuoni:

Ha, wackrer Tell!

Werni:

Das gleicht dem Waidgesellen!

Baumgarten:

Mein Retter seid Ihr und mein Engel, Tell!

Tell:

Wohl aus des Vogts Gewalt errett ich Euch,

Aus Sturmesnöten muss ein andrer helfen.

Doch besser ist's, Ihr fallt in Gottes Hand,

Als in der Menschen! Zu dem Hirten: Landsmann, tröstet Ihr

Mein Weib, wenn mir was Menschliches begegnet,

Ich hab getan, was ich nicht lassen konnte.

Er springt in den Kahn.

Kuoni zum Fischer:

Ihr seid ein Meister Steuermann. Was sich

Der Tell getraut, das konntet Ihr nicht wagen?

Ruodi:

Wohl bessre Männer tun's dem Tell nicht nach,

Es gibt nicht zwei, wie der ist, im Gebirge.

Werni ist auf den Fels gestiegen:

Er stösst schon ab. Gott helf dir, braver Schwimmer!

Sieh, wie das Schifflein auf den Wellen schwankt!

Kuoni am Ufer:

Die Flut geht drüber weg – Ich seh's nicht mehr.

Doch halt, da ist es wieder! Kräftiglich

Arbeitet sich der Wackre durch die Brandung.

Seppi:

Des Landvogts Reiter kommen angesprengt.

Kuoni:

Weiss Gott, sie sind's! das war Hülf in der Not.

Ein Trupp Landenbergischer Reiter.

Erster Reiter:

Den Mörder gebt heraus, den ihr verborgen.

Zweiter:

Des Wegs kam er, umsonst verhehlt ihr ihn.

Kuoni und Ruodi:

Wen meint ihr, Reiter?

Erster Reiter entdeckt den Nachen:

Ha, was seh ich! Teufel!

Werni oben:

Ist's der im Nachen, den ihr sucht? – Reit zu!

Wen ihr frisch beilegt, holt ihr ihn noch ein.

Zweiter:

Verwünscht! Er ist entwischt.

Erster zum Hirten und Fischer:

Ihr habt ihm fortgeholfen,

Ihr sollt uns büssen – Fallt in ihre Herde!

Die Hütte reisset ein, brennt und schlagt nieder!

Eilen fort.

Seppi stürzt nach:

O meine Lämmer!

Kuoni folgt:

Weh mir! Meine Herde!

Ruodi ringt die Hände:

Gerechtigkeit des Himmels,

Wann wird der Retter kommen diesem Lande? Folgt ihnen.

Zweite Szene

Zu Steinen in Schwyz. Eine Linde vor des Stauffachers Hause an der Landstrasse, nächst der Brücke.

Werner Stauffacher, Pfeiffer von Luzern kommen im Gespräch.

Pfeiffer:

Ja, ja Herr Stauffacher, wie ich Euch sagte.

Schwör nicht zu Östreich, wenn Ihr's könnt vermeiden.

Haltet fest am Reich und wacker wie bisher,

Gott schirme Euch bei Eurer alten Freiheit!

Drückt ihm herzlich die Hand und will gehen.

Stauffacher:

Bleibt doch, bis meine Wirtin kommt – Ihr seid

Mein Gast zu Schwyz, ich in Luzern der Eure.

Pfeiffer:

Viel Dank! Muss heute Gersau noch erreichen.

– Was ihr auch Schweres mögt zu leiden haben

Von eurer Vögte Geiz und Übermut,

Tragt's in Geduld! Es kann sich ändern, schnell,

Ein andrer Kaiser kann ans Reich gelangen.

Seid Ihr erst Österreichs, seid ihr's auf immer.

Er geht ab. Stauffacher setzt sich kummervoll auf eine Bank unter der

Linde. So findet ihn Gertrud, seine Frau, die sich neben ihn stellt, und

ihn eine Zeitlang schweigend betrachtet.

Gertrud:

So ernst, mein Freund? Ich kenne dich nicht mehr.

Schon viele Tage seh ich's schweigend an,

Wie finstrer Trübsinn deine Stirne furcht.

Auf deinem Herzen drückt ein still Gebresten,

Vertrau es mir, ich bin dein treues Weib,

Und meine Hälfte fordr ich deines Grams.

Stauffacher reicht ihr die Hand und schweigt.

Was kann dein Herz beklemmen, sag es mir.

Gesegnet ist dein Fleiss, dein Glücksstand blüht,

Voll sind die Scheunen, und der Rinder Scharen,

Der glatten Pferde wohlgenährte Zucht

Ist von den Bergen glücklich heimgebracht

Zur Winterung in den bequemen Ställen.

– Da steht dein Haus, reich, wie ein Edelsitz

von schönem Stammholz ist es neu gezimmert

Und nach dem Richtmass ordentlich gefügt

Von vielen Fenstern glänzt es wohnlich, hell,

Mit bunten Wappenschildern ist's bemalt,

Und weisen Sprüchen, die der Wandersmann

Verweilend liest und ihren Sinn bewundert.

Stauffacher:

Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt,

Doch ach – es wankt der Grund, auf den wir bauten.

Gertrud:

Mein Werner sage, wie verstehst du das?

Stauffacher:

Vor dieser Linde sass ich jüngst wie heut,

Das schön Vollbrachte freudig überdenkend,

Da kam daher von Küssnacht, seiner Burg,

Der Vogt mit seinen Reisigen geritten.

Vor diesem Hause hielt er wundernd an,

Doch ich erhub mich schnell, und unterwürfig

Wie sich's gebührt, trat ich dem Herrn entgegen,

Der uns des Kaisers richterliche Macht

Vorstellt im Lande. »Wessen ist dies Haus?«

Fragt' er bösmeinend, denn er wusst es wohl.

Doch schnell besonnen ich entgegn ihm so:

Dies Haus, Herr Vogt, ist meines Herrn des Kaisers,

Und Eures und mein Lehen – da versetzt er:

»Ich bin Regent im Land an Kaisers Statt,

Und will nicht, dass der Bauer Häuser baue

Auf seine eigne Hand, und also frei

Hinleb, als ob er Herr wär in dem Lande,

Ich werd mich unterstehn, euch das zu wehren.«

Dies sagend ritt er trutziglich von dannen,

Ich aber blieb mit kummervoller Seele,

Das Wort bedenkend, das der Böse sprach.

Gertrud:

Mein lieber Herr und Ehewirt! Magst du

Ein redlich Wort von deinem Weib vernehmen?

Des edlen Ibergs Tochter rühm ich mich,

Des vielerfahrnen Manns. Wir Schwestern sassen,

Die Wolle spinnend, in den langen Nächten,

Wenn bei dem Vater sich des Volkes Häupter

Versammelten, die Pergamente lasen

Der alten Kaiser, und des Landes Wohl

Bedachten in vernünftigem Gespräch.

Aufmerkend hört ich da manch kluges Wort,

Was der Verständ'ge denkt, der Gute wünscht,

Und still im Herzen hab ich mir's bewahrt.

So höre denn und acht auf meine Rede,

Denn was dich presste, sieh das wusst ich längst.

– Dir grollt der Landvogt, möcht gern dir schaden,

Denn du bist ihm ein Hindernis, dass sich

Der Schwyzer nicht dem neuen Fürstenhaus

Will unterwerfen, sondern treu und fest

Beim Reich beharren, wie die würdigen

Altvordern es gehalten und getan. –

Ist's nicht so Werner? Sag es, wenn ich lüge!

Stauffacher:

So ist's, das ist des Gesslers Groll auf mich.

Gertrud:

Er ist dir neidisch, weil du glücklich wohnst,

Ein freier Mann auf deinem eignen Erb

– Denn er hat keins. Vom Kaiser selbst und Reich

Trägst du dies Haus zu Lehn, du darfst es zeigen,

So gut der Reichsfürst seine Länder zeigt,

Denn über dir erkennst du keinen Herrn

Als nur den Höchsten in der Christenheit –

Er ist ein jüngrer Sohn nur seines Hauses,

Nichts nennt er sein als seinen Rittermantel,

Drum sieht er jedes Biedermannes Glück

Mit scheelen Augen gift'ger Missgunst an,

Dir hat er längst den Untergang geschworen –

Noch stehst du unversehrt – Willst du erwarten,

Bis er die böse Lust an die gebüsst?

Der kluge Mann baut vor.

Stauffacher:

Was ist zu tun?

Gertrud tritt näher:

So höre meinen Rat! Du weisst, wie hier

Zu Schwyz sich alle Redlichen beklagen

Ob dieses Landvogts Geiz und Wüterei.

So zweifle nicht, dass sie dort drüben auch

In Unterwalden und im Urner Land

Des Dranges müd sind und des harten Jochs –

Denn wie der Gessler hier, so schafft es frech

Der Landenberger drüben überm See –

Es kommt kein Fischerkahn zu uns herüber,

Der nicht ein neues Unheil und Gewalt-

Beginnen von den Vögten uns verkündet.

Drum tät es gut, dass eurer etliche,

Die's redlich meinen, still zu Rate gingen,

Wie man des Drucks sich möcht erledigen.

So acht ich wohl, Gott würd euch nicht verlassen,

Und der gerechten Sache gnädig sein –

Hast du in Uri keinen Gastfreund, sprich,

Dem du dein Herz magst redlich offenbaren?

Stauffacher:

Der wackern Männer kenn ich viele dort,

Und angesehen grosse Herrenleute,

Die mir geheim sind und gar wohl vertraut.

Er steht auf.

Frau, welchen Sturm gefährlicher Gedanken

Weckst du mir in der stillen Brust! Mein Innerstes

Kehrst du ans Licht des Tages mir entgegen,

Und was ich mir zu denken still verbot,

Du sprichst's mit leichter Zunge kecklich aus.

– Hast du auch wohl bedacht, was du mir rätst?

Die wilde Zwietracht und den Klang der Waffen

Rufst du in dieses friedgewohnte Tal –

Wir wagten es, ein schwaches Volk der Hirten,

In Kampf zu gehen mit dem Herrn der Welt?

Der gute Schein nur ist's, worauf sie warten,

Um loszulassen auf dies arme Land

Die wilden Horden ihrer Kriegesmacht,

Darin zu schalten mit des Siegers Rechten,

Und unterm Schein gerechter Züchtigung

Die alten Freiheitsbriefe zu vertilgen.

Gertrud:

Ihr seid auch Männer, wisset eure Axt

zu führen, und dem Mutigen hilft Gott!

Stauffacher:

O Weib! Ein furchtbar wütend Schrecknis ist

Der Krieg, die Herde schlägt er und den Hirten.

Gertrud:

Ertragen muss man, was der Himmel sendet,

Unbilliges erträgt kein edles Herz.

Stauffacher:

Dies Haus erfreut dich, das wir neu erbauten.

Der Krieg, der ungeheure, brennt es nieder.

Gertrud:

Wüsst ich mein Herz an zeitlich Gut gefesselt,

Den Brand wärf ich hinein mit eigner Hand.

Stauffacher:

Du glaubst an Menschlichkeit! Es schont der Krieg

Auch nicht das zarte Kindlein in der Wiege.

Gertrud:

Die Unschuld hat im Himmel einen Freund!

– Sieh vorwärts, Werner, und nicht hinter dich.

Stauffacher: