Wind Of Change - Martin Popoff - E-Book

Wind Of Change E-Book

Martin Popoff

0,0

Beschreibung

Rocken wie ein Hurrikan: Fünfzig Jahre Erfolgsgeschichte Die Scorpions sind der wohl erfolgreichste Rockexport aus Deutschland. Seit fünf Jahrzehnten touren die Hannoveraner unermüdlich um die Welt, haben von Rock in Rio bis Wacken Open Air jedes große Rockfestival schon einmal gespielt, der Heavy-Gemeinde harte Powerchords und den Pophörern unvergessliche Ohrwürmer geschenkt - aber eine umfassende Würdigung ihrer langen Karriere stand bisher noch aus. Vielleicht ist es kein Zufall, dass es jetzt kein deutscher Autor, sondern ein Kanadier ist, der sich darangemacht hat, das Phänomen Scorpions gründlich zu erforschen: Schließlich galten die Schwermetaller stets als Band, die im Ausland fast beliebter ist als zuhause. Ihre erste Goldene Schallplatte bekamen die Scorpions tatsächlich in Japan - 1976, für Virgin Killer. Und auch in Großbritannien und in den USA räumten Rudolf Schenker, Klaus Meine und Co. schon bald ordentlich ab. Spätestens in den Achtzigern waren sie allerdings auch in den deutschen Albumcharts Dauergast in den Top 10 und galten bei Metalfans ebenso viel wie Rainbow, Judas Priest oder Dio. Aber nicht nur das: Mit ihren großartigen Power-Balladen "Still Loving You" und "Holiday" erreichte die Band schließlich auch ein breiteres Publikum. Ab 1989 dann, als sie mit "Wind Of Change" den Soundtrack für die deutsche Wiedervereinigung schufen, kam an ihnen niemand mehr vorbei. Ab jetzt kannte die Scorpions-Geschichte nur noch Superlative. Und diese Geschichte fängt Martin Popoff hervorragend ein: Er sprach ausführlich mit den Bandmitgliedern, heutigen wie früheren, und lässt sie über weite Strecken selbst erzählen, sodass der Leser vom unglaublichen Aufstieg der Scorpions aus erster Hand erfährt. Ergänzt um die Ansichten von Weggefährten wie Rob Halford, von Produzenten, Managern und sonstigen Kollegen, entstand ein packender Bericht über eine faszinierende Band - über ihre Erfolge, ihre Krisen, ihre Besetzungswechsel, ihre Persönlichkeiten, ihre Schwächen und Leidenschaften. Die erste umfassende Biografie der Scorpions!

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 656

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Aus dem Englischen übersetzt

von Paul Fleischmann

www.hannibal-verlag.de

Impressum

Deutsche Erstausgabe 2017

Titel der Originalausgabe:

„Wind of Change – The Scorpions Story“

© 2016 Martin Popoff/Wymer Publishing

ISBN 978-1-908724-40-3

Wymer Publishing, Bedford, England

Umschlagfotos © Richard Galbraith

Layout und Satz: Thomas Auer, www.buchsatz.com

Übersetzung: Paul Fleischmann

Lektorat: Rainer Schöttle, www.schoettle-lektorat.de

© 2017 by Hannibal

Hannibal Verlag, ein Imprint der KOCH International GmbH, A-6604 Höfen

www.hannibal-verlag.de

ISBN 978-3-85445-608-7

Auch als Paperback erhältlich mit der ISBN 978-3-85445-607-0

Hinweis für den Leser:

Kein Teil dieses Buchs darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, digitale Kopie oder einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet werden. Der Autor hat sich mit größter Sorgfalt darum bemüht, nur zutreffende Informationen in dieses Buch aufzunehmen. Es kann jedoch keinerlei Gewähr dafür übernommen werden, dass die Informationen in diesem Buch vollständig, wirksam und zutreffend sind. Alle durch dieses Buch berührten Urheberrechte, sonstigen Schutzrechte und in diesem Buch erwähnten oder in Bezug genommenen Rechte hinsichtlich Eigennamen oder der Bezeichnung von Produkten und handelnden Personen stehen deren jeweiligen Inhabern zu.

Inhalt

Einleitung

Die Anfänge

„Ich bin in der alten Zeit groß geworden.“

Lonesome Crow

„Dann hörten wir’s im Radio, wo es so einen besonderen Sound hatte.“

Fly To The Rainbow

„Das ist der beste Gitarren-Sound Deutschlands.“

In Trance

„Deshalb hatte er auch einige Herzanfälle.“

Virgin Killer

„Jeder wusste, wohin der Zug fahren würde.“

Taken By Force

„Gedanklich hatte ich die Band bereits hinter mir gelassen.“

Tokyo Tapes

„Sie erzählten uns, dass sie ihre Kühe massierten.“

Lovedrive

„Komm, mach uns ein echt abgefahrenes Cover!“

Animal Magnetism

„Es ist so roh wie ungekochtes Fleisch.“

Blackout

„Der Fernseher machte einfach ‚puff‘!“

Bildstrecke

Love At First Sting

„In Frankreich gab es danach einen Baby-Boom.“

World Wide Live

„Wir gingen raus und wussten, wir würden gewinnen.“

Savage Amusement

„Wir verschwendeten so viel Zeit.“

Crazy World

„Hast du etwa Fiberglas im Studio?“

Face The Heat/Live Bite

„Welcher Radiosender hätte das denn spielen sollen?“

Pure Instinct

„Ich gab ihnen eine Liste mit fünfzig bis sechzig Änderungen, die notwendig waren.“

Eye II Eye

„Ich tanzte nie zu Scorpions-Songs.“

Moment Of Glory/Acoustica

„Das Resultat war sensationell.“

Unbreakable

„Der Fels stand immer noch.“

Humanity Hour 1

„Die Leute wollen euch ernst nehmen.“

Sting In The Tail

„In letzter Zeit gab es keinen starken Wellengang.“

Comeblack

„Ein lautstarker Gruß an die Bands, die uns beeinflusst haben.“

MTV Unplugged

„Wenn so mein Ruhestand aussieht, dann ist das echt cool.“

Return To Forever

„Auch wenn man nicht mehr aktiv ist, muss man im Training bleiben.“

Diskografie

Ein halbes Jahrhundert Scorpions. Von Daniel Böhm

Die Scorpions-Alben

Nachweise

Über den Autor

Das könnte Sie interessieren

Hey, erinnert ihr euch noch, wie wir als Kinder diese komplizierten Tauschhandel abzogen, bei denen wir etwa Tennisschläger, Sammelkarten oder auch zwei lahmarschige Platten gegen eine gute Scheibe eintauschten? Mein erster solcher Handel kam zustande, als mein brandneues Exemplar von Virgin Killer – die Platte hatte mich 6,99 Dollar gekostet – für ein gleich teures, ebenfalls eine halbe Stunde zuvor gekauftes Exemplar des Debütalbums von Yesterday & Today den Besitzer wechselte. Mein Kumpel Fiver und ich waren damals beide dreizehn und ließen unsere LPs auf dem Plattenspieler der Eltern meines Tauschpartners kreisen, nachdem wir sie von Kelly’s oder dem Rock Island Tape Centre, wo wir beide arbeiteten, mit nach Hause gebracht hatten.

Ich erinnere mich noch heute, warum ich mich auf diesen Tauschhandel einließ. Virgin Killer war irgendwie unheimlich, kratzig und unzugänglich, eher heavy und deprimierend und am rauen und ruppigen Stilspektrum der Band angesiedelt, für das Uli stand. Yesterday & Today (sie benannten sich erst später in Y&T um) brachten hingegen einfachen amerikanischen Gute-Laune-Hardrock, mit dem ich mich identifizieren konnte.

Im Laufe der Jahre lernte ich Virgin Killer viel mehr schätzen – und war darüber hinaus begeistert von Taken By Force, liebte Lovedrive und stand tierisch auf Animal Magnetism. Und ich bin mir sicher, dass auch Blackout viele, viele Male auf dem Plattenteller landete. (Obwohl, eigentlich war es vermutlich eher Back in Black auf Kassette oder ein Acht-Spur-Tape, das bei unseren Partys das Blut in Wallung brachte.)

Später flaute mein Enthusiasmus aber wieder ab, was es mir erschwerte, dieses Buch zu schreiben, wie ich vorweg anmerken möchte. Aber es ist ja kein Geheimnis, dass die meisten ernsthaften Fans der Scorpions auf deren frühen Output schwören – und ich halte es in Bezug darauf mit der Mehrheit. Aber hey, ist es nicht cool, dass sich das nicht nur auf die Ära von Uli Jon Roth beschränkt? Es gibt schließlich mindestens gleich viele abgefahrene Klassiker mit Matthias Jabs an der Leadgitarre wie mit Uli.

Oh Mann, was waren wir sauer, als Love At First Sting ein paar Wochen nach der unwiderstehlichen Vorab-Single „Rock You Like A Hurricane“ in die Läden kam. Nicht nur war das der beste Song auf der ganzen verdammten Scheibe, sondern es war auch der dritthärteste. Es war vielleicht kein Debakel wie Attention Shoppers! von Starz, aber zumindest so verstörend wie British Steel nach Killing Machine, Pyromania nach High ’n’ Dry oder auch Metallicas zurückhaltendes Schlurfen nach der ungebremsten Attacke, die Justice gewesen war. Mit anderen Worten, die Scorpions hatten ihre Formel verflacht und abgeschwächt – und wir waren wütende Metalheads, die damit rein gar nichts anfangen konnten.

Aber wenn man an Büchern wie diesem hier schreibt, besteht immer die Chance, dass man über Juwelen stolpert, die man bisher nie als solche erkannt hatte. Beim Schreiben fielen mir eine Reihe guter Songs auf Savage Amusement, Crazy World, Face The Heat und – zu meiner großen Überraschung – auch Pure Instinct auf, obwohl letzteres Album nicht allzu heavy ist. Allerdings ist es meiner Meinung nach ein unterschätzter Halbedelstein und gehört zu den reifsten und intellektuell gehaltvollsten Werken der Band.

Dann gab es eine Phase, in der ich der Gruppe kaum Aufmerksamkeit schenkte und auch ganz ehrlich gesagt nicht viel fand, was mich ansprach. Diese Phase hielt bis zum angeblich (so behauptete die Band damals) letzten Album Sting In The Tail an, das ich für verdammt solide halte. Und das war der springende Punkt für mich: Ich hätte mich wohl kaum aufraffen können, dieses Buch zu schreiben, wenn ich nicht mit etwas Positivem hätte aufhören können – und Sting In The Tail war für mich in Kombination mit der kraftvollen Abschiedstour unserer alten deutschen Freunde, die uns noch einmal alle zum Tanzen brachte, positiv genug, um das Projekt vor mir selbst zu rechtfertigen. Aber dann kam natürlich doch alles anders. Die Band schob Return To Forever hinterher, ging noch einmal gründlich auf Tour und alles war wieder gut.

Etwas, das im Text gar nicht ausführlich thematisiert wird, will ich hier gleich vorab sagen: Es sind Uli Jon Roths Spirit und seine beispielhafte Art zu leben, die sich durch die Seiten dieses Buches ziehen. Ach, es wurde schon oft erklärt, dass Uli für eine gitarrenlastigere, mehr an Hendrix orientierte, etwas klassischere und mitunter sogar „krautrockigere“ Ausprägung ihrer Musik eintrat, was ihn letztlich dazu veranlasste, der Band (ohne jeglichen Groll) den Rücken zu kehren. Also stiegen zuerst Herman und dann Matthias ein, die zusammen Klaus und Rudolf davon überzeugten, einen direkteren, amerikanischeren Sound anzupeilen. Na gut, genau das geschah dann auch und eine Menge großartiger Musik kam so zustande.

Egal, es ist trotzdem ziemlich cool, dass Uli so lange durchhielt, bis er schließlich selbst ein paar intellektuell inspirierende Alben am Start hatte. Und es ist sogar noch inspirierender zu sehen, dass er dynamische Konzerte spielt, dabei jung wirkt und auch jedes Mal einen Draht zu seinen alten Kameraden zu finden scheint, wenn sich die Möglichkeit dazu ergibt.

Bis zu einem gewissen Grad lässt sich das auch über Michael Schenker, Herman Rarebell und Francis Buchholz sagen, die überraschenderweise wieder einmal die Bühne miteinander teilen, was in mir die Vorstellung befeuert, dass sich ein paar von diesen Jungs (wenn nicht alle) tatsächlich wie alte Freunde fühlen. Für mich sind sie das nämlich auf jeden Fall.

Martin Popoff

[email protected]

www.martinpopoff.com

Nicht viele Bands können von sich behaupten, ein Dutzend Jahre lang hart für ihren Erfolg gearbeitet zu haben, bevor er sich schlussendlich doch noch einstellte. Doch genau dies können sich Rudolf Schenker und Klaus Meine auf die Fahnen schreiben. Es dauerte eigentlich sogar noch länger, wenn man die ersten paar magischen Jahre hinzurechnet, die von ihrer Begeisterung für den ursprünglichen Rock ’n’ Roll und die Beatles geprägt waren, und dann auch noch die Zeit ihres Aufstiegs bis zur absoluten Spitze, die sie mit Blackout erreichten (falls das auch eurer Einschätzung entspricht).

Na klar, bei vielen klassischen Karrieren der Siebzigerjahre (Rush und Judas Priest etwa) sieht es so aus, als wären diese Bands, die zwischen 1975 und 1979 so phänomenale Platten abgeliefert haben, bereits etablierte Rockstars gewesen. Hinsichtlich ihrer Kreativität waren sie sicher auch schon ganz oben, zumindest in den Augen eines scharfsinnigen Metalheads ab einem gewissem Alter. Doch wurde im Laufe der Jahre auch offensichtlich, dass Bands wie Scorpions, Rush und Priest sehr zu kämpfen hatten, während sie gleichzeitig ihre besten Platten für Major-Labels einspielten. Ich erwähne das nur, um die Voraussetzungen zu erklären und um klarzustellen, dass die Scorpions sich definitiv abrackern mussten und dafür größten Respekt verdient haben. Der Lohn all ihrer Mühen war hart erkämpft und die Fähigkeiten der Band wurden über all die Jahre hinweg durch ihre enthusiastische Hingabe vom Rohzustand bis zur Perfektion geschliffen.

Wo fing nun alles an? Nun, zuerst war da Rudolf Schenker, dem sich schon sehr bald Klaus Meine anschloss. Sie beide bilden bis heute den Kern der Gruppe und sind die Jagger und Richards der Band.

So wie auch manche Kids in der Sowjetunion sogen Rudolf und Klaus jeglichen Rock ’n’ Roll auf, an den sie in ihrem Heimatland, das damals schon offiziell Bundesrepublik Deutschland hieß und im Ausland West Germany genannt wurde, herankamen. Eine wichtige Rolle spielten dabei amerikanische GIs, die damals in großer Zahl als Bollwerk gegen den Ostblock in der BRD stationiert waren.

„Ich bin in der alten Zeit aufgewachsen“, erklärt Rudolf. „Das heißt, es drehte sich bei mir um Elvis Presley, Little Richard, Buddy Holly, Eddie Cochran und all diese Leute. Aber dann kamen natürlich die Beatles und die Rolling Stones – und mit ihnen dieser Kontrast zwischen Schwarz und Weiß. Die Beatles waren die Guten und die Stones die Bad Boys. Mir gefielen auch die Pretty Things sehr. Und natürlich die Kinks und die Yardbirds. Das waren so meine Einflüsse, die Bands, die mich inspirierten. Schon als ich ein Fan von Elvis Presley war, wollte ich Musik machen, aber irgendwie spielte ich auch Fußball und realisierte, wie schwierig es war, aus einer Gitarre Musik herauszuholen. Also blieb sie vorerst in der Ecke stehen, bis dann schließlich die Beatles und die Rolling Stones kamen. Der Zeitpunkt, an dem ich anfing, mir wirklich Mühe zu geben, ein guter Gitarrist zu werden, war gekommen, als ich mir diese fünf Typen vorstellte, wie sie um die Welt reisten und Musik für ihre Freunde machten. In meiner naiven Denkweise – und da war es gut, naiv zu sein – führte das dazu, dass ich versuchte, die Scorpions zu formieren und die richtigen Leute dafür zu finden, Musiker, mit denen ich mich auch gut anfreunden konnte. Das war mir nämlich ebenfalls sehr wichtig, und diese Philosophie ist auch der Grund dafür, dass wir immer noch zusammen sind. Der Ausgangspunkt ist Freundschaft, dazu kommt die Freude daran, zu einer Gang zu gehören und auf der Suche nach Abenteuern um die Welt zu reisen – und nicht, darauf zu schielen, wie man am meisten Geld verdienen kann. Und weil wir uns nicht aufs Geld konzentrierten, sondern auf das Abenteuer, reisten wir später so viel und besuchten Orte, an denen vor uns noch niemand gespielt hatte. Das ist der Grund, warum es uns nach Russland, Manaus im Dschungel, den Regenwald und an die Pyramiden vor Kairo verschlug. Weil wir es genießen wollten. Weil wir echt auf Tour gehen und uns an der Musik und unseren Fans erfreuen wollten. Ich glaube, das legte den Grundstein für alles: dass ich so naiv war, mir vorzustellen, mit vier oder fünf Freunden die Welt zu bereisen. Diese Denkweise floss von Anfang an in die Scorpions ein, und das ist auch der Grund, warum die Band zusammengeblieben ist.“

„Die Scorpions waren am Anfang“, fährt Rudolf fort, „also schon von 1965 an, sehr auf das Gitarrenspiel fokussiert, vor allem aber auf die Leadgitarre. Der erste Gitarrist, den wir zusätzlich zu mir hatten, war schon ein sehr guter Leadgitarrist, und mein Bruder, der sich der Band anschloss, sollte sehr erfolgreich werden. Uli Jon Roth war ein sehr bekannter Gitarrist – zumindest wurde er sehr bekannt. Deshalb behaupteten wir immer, dass wir die kontinentaleuropäischen Yardbirds wären. Irgendwie hatten wir bei den Scorpions immer Gitarristen, die später ihre eigene Karriere machten, weil sie einfach so gut waren und viele andere junge Bands beeinflussten.“

Es ist schon ziemlich unfassbar, dass Rudolf berichtet, er habe bereits ab 1965 den Namen The Scorpions verwendet. Es ist eine offensichtliche Anspielung auf die Beatles [wird im Englischen wie „the Beetles“ – die Käfer – ausgesprochen; Anm. d. Red.], genauso wie Alice Cooper und Dennis Dunaway ihre Gruppe The Earwigs [„die Ohrwürmer“] und dann The Spiders nannten. So viel Gekrabbel! Jedoch sollte nicht unerwähnt bleiben, dass Rudolf eher an härteren Bands als den Beatles Gefallen fand. Wenn auch alle anderen von den „Fab Four“ angetan waren, so traf das auf Schenker weniger zu. Andere Argumente für den Namen waren, dass seine deutsche Übersetzung der englischen Version sehr ähnlich war sowie dass der Stachel des Skorpions der Nadel auf einem Schallplattenspieler glich. Daneben spielte auch eine Rolle, dass viele Leute das Sternzeichen Skorpion trugen und dass der Name mit einem „S“ anfing – wie in Schenker und im Namen seiner Geburtsstadt Schwetzingen.

„‚Hippy Hippy Shake‘, kennst du das? Von den Swinging Blue Jeans?“, antwortet Rudolf auf meine Frage, wie seine frühesten Erfahrungen mit dem Thema Rock, in welcher Form auch immer, ausgesehen haben. „‚Hippy Hippy Shake‘ [Er beginnt zu singen], aber auch ‚House Of The Rising Sun‘ von Eric Burdon. Oder etwas später dann ‚Rainin’ In My Heart‘ von den Pretty Things und ‚Don’t Bring Me Down‘ von den Animals. Vielleicht auch ‚Empty Heart‘ von den Stones. Was war damals noch neu? Also, ich war kein großer Beatles-Fan, die hörte ich mir nicht so oft an. Aber die Stones waren dafür schon stark in unserem Repertoire verankert. Was wir hier in Deutschland hatten, das war für uns junge Typen schrecklich. Die USA hatten da schon mehr zu bieten, etwa Coca-Cola, Elvis Presley und Kaugummi – das war unser Lebensgefühl. Das waren für uns die Dinge, die Lebensfreude repräsentierten. Alles andere, das typisch Deutsche … Pünktlichkeit, Arbeitseifer, du weißt schon, die klassischen deutschen Tugenden eben. Mach dich nicht lustig darüber. Hier muss man pünktlich sein und schwer arbeiten. Du arbeitest, bis du fünfundsechzig bist, und dann sparst du trotzdem weiter. Das war genau das, was wir nicht wollten. Klaus auch nicht. Er spielte in einer anderen Band, die hieß Mushrooms. Ich war bei den Scorpions, und beide sagten wir uns, dass wir nicht diesen Weg beschreiten wollten. Wir wollten Abenteuer erleben und etwas aus unserem Leben machen. Ich nannte dies die dritte Dimension. Das hatten wir irgendwo aufgeschnappt. Es gab eine Möglichkeit, wie wir das Leben genießen und andere Menschen glücklich machen konnten – und das war die treibende Kraft hinter unserer Karriere.“

„Das waren zweifellos zwei Bands, nämlich Black Sabbath und Led Zeppelin“, antwortet Rudolf auf die Frage, wer ihn dazu inspirierte, mit der Band mehr in Richtung Hardrock zu gehen. „Schon die Yardbirds gingen in diese Richtung. Das hatte mit Jimmy Page und Jeff Beck zu tun. Wer war noch bei denen? Genau, Eric Clapton. Also, auch die Yardbirds waren eine sehr wichtige Band für uns. ‚For Your Love‘ etwa, ganz großartig. Einer der Gründe, warum die Scorpions die deutschen Yardbirds waren, war ja auch, dass wir mit Uli Jon Roth, Michael und Rudolf Schenker sehr gitarrenlastig waren.“

Auch Deep Purple gehörten zu den unmittelbaren Vorbildern, die maßgeblich beeinflussten, was Rudolf mit seiner eigenen Gruppe vorhatte. „Sie hatten die richtigen Songs. Ich sah sie zum ersten Mal – es war vielleicht ’68 oder ’69, ich weiß nicht – und mir fiel als Erstes auf, wie laut sie spielten. Ritchie Blackmore, das war ein richtig, richtig guter Gitarrist. Und die Kombination mit den Keyboards … Ich bin der Meinung, dass das eine organische Rockband war. Musik in seiner effektivsten Form – ihre Power, ihr ganzes Auftreten, alles drum und dran. Natürlich, ‚Child In Time‘ – und ‚Smoke On The Water‘ – war für Deutschland der Bringer. Das ist der Grund, warum auch wir schon vom ersten Album an immer zwei Seiten hatten: einerseits Balladen und andererseits unsere Rock-Seite. Das war bei Deep Purple nicht anders, weil Ian Gillan der perfekte Typ war, um einen Song wie ‚Child In Time‘ zu singen. Ich glaube, diese ganze Mischung – die richtigen Songs, die Art, wie sie ihre Songs performten –, das alles war perfekt für den deutschen Markt geeignet.“

Aber zuerst standen bei den Jungs noch die Beat-Bands hoch im Kurs. Rudolf gründete „The Scorpions“ 1965 in Hannover. Klaus und Rudolfs noch sehr junger Bruder Michael schlossen sich der Band schließlich am 30. Dezember 1970 an, nachdem sie ihrer ersten Gruppe Copernicus den Rücken gekehrt hatten. Anfangs kümmerte sich Rudolf um alle Angelegenheiten der Band, da ein Band-Management, wie wir es heute kennen, im damaligen Deutschland verboten war. Das ist auch der Grund dafür, dass Bassist Francis Buchholz bis weit in die Zeit, in der die Band schon Platten aufnahm, als Manager fungierte.

Das, was als erste „echte“ Version der Scorpions gilt, datiert aus dem Jahr 1968; von den späteren bekannten Gesichtern war zu der Zeit aber nur Rudolf dabei. Neben ihm gehörten noch Karl-Heinz Vollmer an der Gitarre, Achim Kirchhoff am Bass und Wolfgang Dziony am Schlagzeug dazu. Die Besetzung der Band aus dem Jahr 1970 war dann schließlich schon jene, die das erste Album einspielen sollte.

„Ich glaube, wir respektieren einander“, sinnierte Michael über seine Beziehung zu seinem Bruder. „Die Art, wie wir aufwuchsen …, da gab es keine Konkurrenz und keinen Streit. Ich bat meine Eltern auch nie um Geld, sondern verdiente es mir selbst. Unsere Erziehung war einzigartig. Wir sind beide aber auch sehr visionäre Typen. Um im Leben etwas zu erreichen, muss man eine Vision haben. Es ist die Vision, die einen voranbringt. Ohne Vision tut man nur das, was alle anderen auch tun. Wenn man ein Individuum ist, dann erschafft man etwas Einzigartiges. So läuft das nun mal. Die Leute in meiner Familie sind alle sehr emotional. Alles, was da geschaffen wird, entsteht mit sehr viel Gefühl.“

Rudolf ermutigte den jungen Michael von Anfang an. Jedes Mal, wenn sich Rudolf eine neue Gitarre kaufte, gab er seine alte an Michael weiter. Wenn Rudolf von seinem eigentlichen Job zu sehr in Anspruch genommen war, bezahlte er Michael dafür, dass dieser Gitarren-Licks nachzuspielen lernte und auch ihm das Gelernte beibrachte, was sich als sehr nützlich herausstellen sollte, als sie die Gitarren-Parts der British-Invasion-Bands (ihre anderen Einflüsse reichten von Little Richard bis hin zu den Gruppen des britischen Blues-Booms wie etwa Fleetwood Mac) ausknobelten. Rudolf gibt zu, dass er zu faul war, um ordentliche Soli zu lernen. Angesichts seiner mangelnden Geduld macht es vermutlich Sinn, dass er sich selbst über die Jahre hinweg standhaft als Rhythmusgitarrist verstand, auch wenn er sich damit irgendwie auch selbst einschränkte.

Klaus übernahm selbstverständlich schon bald von Rudolf den Leadgesang bei Scorpions. Michael war zu diesem Zeitpunkt gerade einmal fünfzehn Jahre alt (Rudolf und Klaus waren schon zweiundzwanzig). Dennoch war er auch schon so etwas wie ein Routinier, da er schon mit elf mit der Band seines älteren Bruders abhing. Er war von der Leidenschaft fürs Musikmachen ergriffen worden, als Rudolf eines Tages eine Gibson Flying V mit nach Hause brachte.

„Gibt es irgendetwas Deutsches in unserer Musik?“, überlegte Klaus, als er in einem Gespräch mit Dmitry Epstein auf die Anfangstage der Band angesprochen wurde. „Ich weiß nicht, ist aber eine gute Frage! Selbstverständlich sind wir aus Deutschland, aber wir sind mit englischer und amerikanischer Musik aufgewachsen, die einen sehr starken Einfluss auf uns als junge Band hatte. Schon früh, in den Siebzigerjahren, gingen wir nach England und Frankreich, nach Japan und Amerika, wir tourten und wurden zu einer internationalen Band. Ich glaube, unsere Musik war nie deutsch. Da war schon immer dieser angloamerikanische Einfluss. Wir versuchten nie, eine deutsche Band zu sein. Wir sind zwar Deutsche, ja, aber nicht, wenn es um unsere Musik geht. Als wir aufwuchsen, gab es Schlager, diese Art von Popmusik. In Bezug auf unsere Klamotten machten wir alle möglichen Phasen durch, dennoch waren wir, was das anging, näher bei den Rolling Stones, weil auch sie so schmucke Sachen trugen.“

Natürlich gab es den Krautrock … „Ja, heute ist das alles irgendwie kultig und die Leute sagen: ‚Ah, Krautrock!‘ Aber in der Zeit, als diese Kraut­rock-Sache anfing, damals in den frühen Siebzigerjahren, da stand nur etwas über die internationalen Stars in den großen Musikzeitschriften – sie waren die Einzigen, über die es groß aufgemachte Artikel und hübsche Beiträge gab. Es war, als ob sie unsereinen herabsetzen würden. Sie machten uns ganz klein. Vor allem, als wir noch eine junge Band waren und Unterstützung gebraucht hätten, um etwas Selbstvertrauen sammeln zu können. Wir hatten das Gefühl, dass uns niemand unterstützte, also nahmen wir unseren Mut zusammen und gingen ins Ausland, 1975 nach England. Wir als Deutsche, die auf Englisch sangen. Wir wollten herausfinden, ob wir gut genug waren. Sind wir denn stark genug, um uns unter den englischsprachigen Musikern, die den Rock ’n’ Roll erfunden haben, behaupten zu können? Das war immer die Herausforderung. So wurden wir eine internationale Band. Als wir anfingen, gab es da noch Kraftwerk und Tangerine Dream. Beide Bands wurden international auch sehr groß, aber in anderen Bereichen, anderen Genres. Sie machten eher experimentelle Musik. Kraftwerk waren unglaublich, aber wir machten eben traditionellen Rock. Das waren noch Zeiten!“

Jene Besetzung, die das erste Scorpions-Album aufnahm, bestand aus Rudolf und seinem Bruder Michael an den Gitarren, Klaus als Sänger, und dazu noch Lothar Heimberg am Bass sowie Wolfgang Dziony hinterm Schlagzeug.

Für die ganze Entwicklung nicht minder wichtig war auch Produzent Conny Plank, eine prominente Figur innerhalb der Krautrock-Szene – einer wagemutigen, wenn nicht sogar subversiven, progressiv ausgerichteten Musikströmung, die auch in Bezug auf elektronische Elemente eine Vorreiterrolle einnahm. Aber auch im Hardrock-Bereich hatte er aufgrund seiner Zusammenarbeit mit Scorpions und anderen (Jane, Eloy, Night Sun, Hairy Chapter!) einen sehr guten Namen.

Conny arbeitete ’71 und ’72 mit Gruppen wie Guru Guru, Eloy, Cluster, Neu!, Kraftwerk, Ash Ra Temple und Night Sun. Im Februar 1972 erschien schließlich Lonesome Crow auf dem legendären Label Brain/Metronome. Interessanterweise kam das Album damals auch schon in den USA heraus, und zwar auf einem kleinen Chicagoer Label namens Billingsgate (BG-1004, die vierte Veröffentlichung der Plattenfirma), das auch Aufnahmen von Neu! (BG-1001), Lucifer’s Friend, Frumpy und Epitaph im Programm hatte und Amerika behutsam die Facetten des Krautrocks vermittelte.

Plank bekam für die Band einen soliden, kompakten Sound hin. Lonesome Crow erinnerte in seiner Gesamtheit an die Stoner-Rock-Ausflüge von Ted Nugent & The Amboy Dukes zu Zeiten ihrer Alben Marriage on the Rocks und Survival of the Fittest, aber gekreuzt mit dem Debütalbum von Black Sabbath, wie man schon an den krachenden Akkorden und den erdigen Lead-Parts des Eröffnungsnummer „I’m Goin’ Mad“ erkennen konnte. Es war eine kluge Entscheidung, alle Lyrics auf Englisch zu schreiben, da deutsche Texte ihre Möglichkeiten, international erfolgreich zu sein, radikal eingeschränkt hätten. Für besagten Track wurde sogar ein ordentliches Musikvideo gedreht, in dem die Band auf einer Felsformation spielte: Rudolf auf seiner Flying V, Michael auf einer gewöhnlichen Les Paul – und Klaus sah mit seinem Vollbart wie ein Bergbewohner aus.

Der nächste Song auf dem Album, „It All Depends“, behält den Sabbath-Vibe gleich bei. Die Band gibt sich jazzig-verspielt, während Michael ein paar Lead-Riffs vom Stapel lässt, die schon verdammt nahe an Iommi herankommen, und Dziony Bill Ward imitiert.

„Lonesome Crow war meine erste Platte“, erinnert sich Michael, „und, weißt du, ich war vierzehn. Ich entdeckte gerade die Sounds von Deep Purple, Black Sabbath, Jeff Beck und Led Zeppelin und so weiter. Das war meine Welt, genau das wollte ich auch machen. Also fing ich an, mir Sachen einfallen zu lassen, von denen ich dachte, sie würden aus mir kommen und ich sollte sie spielen. Ich begann, Melodien und Songs zusammenzustellen, und spielte sie dann Klaus vor. Im Grunde genommen schrieb ich die ganze Musik, zumindest den Großteil davon, aber letzten Endes bekam jeder einen Songwriting-Credit dafür … Es waren meine ersten Schritte als Songwriter, und mit diesem Material gingen wir ins Studio und fingen an, es tatsächlich aufzunehmen. Und dann hörten wir’s im Radio, wo es so einen besonderen Sound hatte [lacht]. Faszinierend.“

Aber auch wenn Michael in der Lage war, seine Idole zu imitieren, sollte das nicht länger sein bevorzugter Modus operandi bleiben. „Nein, ich bin mir seit vielen, vielen Jahren – tatsächlich sind es sogar schon vierzig Jahre – absolut bewusst, dass die Sachen, die ich schreibe und entwickle, sich nicht an äußeren Einflüssen orientieren. Nur in der Zeit zwischen neun, als ich anfing, und meinem siebzehnten, achtzehnten Lebensjahr kopierte ich andere Musiker, andere Gitarristen. Als ich mit vierzehn auf der Bühne stand, orientierte ich mich schon an Jeff Beck und Jimmy Page. Sie waren einfach außergewöhnliche Performer, und ich wollte unbedingt auch das können, was sie machten. Das war der Enthusiasmus, der mich dazu brachte, unablässig zu üben. Ich wollte einer der besten Gitarristen der Welt werden, was nichts anderes bedeutete, als dass ich so gut sein wollte wie diese Jungs, die ich für die Besten hielt. Ich wollte dieselbe Wirkung auslösen, wie sie sie auf mich hatten. Also kopierte ich Gitarristen, um mich zu fokussieren, bis ich so vierzehn, fünfzehn war. Der letzte Gitarrist, dessen Lead-Breaks ich versuchte zu imitieren, war Leslie West mit ‚Theme From An Imaginary Western‘. Das war es dann. Seitdem halte ich mich sozusagen von Musik so gut wie möglich fern. Ich wusste schon immer, dass das Unendliche und Kreative aus einer tiefgründigeren Quelle sprudelt. Also hatte ich die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten: Die eine bestand darin, mich auf äußere Einflüsse zu fokussieren und zu kopieren, was ich da draußen so vorfand, und zu versuchen, es besser zu machen, und die andere bedeutete, mich in mich selbst zurückzuziehen und zu versuchen, neue Farben zu schaffen, etwas, das es vielleicht so noch nicht gegeben hat.“

Michael betont: „Ich höre also gar nicht sonderlich fokussiert Musik. Wenn ich mich auf Musik konzentriere, dann schreibe und erfinde ich. Vor allem höre ich mir keine Rockmusik an, weil ich will, dass für mich alles frisch und aufregend bleibt. Wenn ich den ganzen Tag Rockmusik hören und dann noch ein Album machen sollte, wäre ich komplett ausgelaugt. Das ist, als würde man zu viel Schokolade essen. Da will man ja auch, dass das was Besonderes bleibt.“

Um zum Album zurückzukommen: „Leave Me“ ist ein etwas unbefriedigender, bluesiger Sechzigerjahre-Popsong, dem durch die Gesangsharmonien im Stile von Moody Blues eine etwas dunklere Note verpasst wird. Klaus singt kraftvoll und Conny würzt ein wenig nach, indem er ein paar spacige Krautrock-Keyboard-Effekte ergänzt. Gegen Ende des Songs liefert Michael noch ein paar kreischende Sabbath-Leads über eine Passage im doppelten Tempo, bei der die Band – auch wegen der unheimlichen Gesangsharmonien – sehr stark an Uriah Heep erinnert.

Die letzte Nummer der ersten Seite, „In Search Of The Peace of Mind“, war ebenso von Uriah Heep durchdrungen und kombinierte epische Sequenzen mit einer düsteren Weichheit, die einen eben an Stücke wie „Come Away Melinda“ denken ließen. Im Verlauf der fünfminütigen Laufzeit des Songs bekommt der Hörer eine Menge beklemmenden und progressiv beeinflussten Rock geboten, was die Glaubwürdigkeit der Band in Sachen Krautrock noch mal unterstreicht. Michael bestätigte mir gegenüber, dass „In Search Of The Peace Of Mind“ der erste Song war, den er je geschrieben hatte. In Hinblick auf seine lebenslange Beziehung zum Thema Spiritualität meinte er: „Das fing schon früh bei mir an. Ich glaube, als ich fünf war. Und in Deutschland beschäftigt man sich im Rahmen des Konfirmandenunterrichts zwei Jahre lang mit der Bibel. Ich wurde mit vierzehn konfirmiert. Als ich dann fünfzehn oder sechzehn war, entdeckten mein Bruder und ich östliche Religionen für uns. Von da an ging das so weiter und ich streckte meine Fühler in alle Richtungen hin aus.“

Nun zur B-Seite, auf der die Band mit „Inheritance“ gleich einmal ihre Fähigkeiten als solide Jam-Musiker unter Beweis stellt, was durch Connys heißblütige Produktion und seinen Mix noch unterstrichen wird. Wieder einmal fühlt man sich an den Vibe des ersten Sabbath-Albums erinnert, was sowohl an der musikalischen Darbietung als auch an der klanglichen Qualität liegt. Dieser Song könnte als eine Mischung aus „The Warning“ und „Planet Caravan“ vom zweiten Album durchgehen. Textlich merkt man hier weniger, dass Englisch die zweite Sprache der Band ist, als bei den meisten anderen Songs auf dem Album. Der Song setzt sich mit dem Übel des Geldes beziehungsweise des Geldverleihens auseinander – obwohl auch Handwerker ihr Fett abzubekommen scheinen!

Der zweite von gerade mal drei Tracks auf der zweiten Seite ist ein Song übers Schnellfahren, der den Titel „Action“ trägt. Auch so manche Wiederveröffentlichung von Lonesome Crow wurde im Laufe der Jahre unter dem Namen dieses Songs herausgebracht, der als jazziger Jam durchaus typisch für das Album ist und mit weiteren volltönenden Solo-Parts von Michael untermalt wird.

Der epische Titel-Track des Albums, „Lonesome Crow“, schließt das Album ab und erstreckt sich über dreizehneinhalb Minuten voller … nun, wie nicht anders zu erwarten, voller düsterer, stimmungsvoller Parts, Powerchord-Passagen, jazziger Rhythmen und jeder Menge kreischender Gitarre obendrauf, die von Michael beigesteuert wird. Dzionys Schlagzeugspiel erinnert stark an Bill Ward, und in klanglicher Hinsicht orientiert sich Conny hier an Roger Bains Produktion des ersten Sabbath-Albums. Mitsamt den unheimlichen Soundeffekten und Klaus’ gespenstischen Schreien schien es fast so, als ob der Band ihre eigene Version von Sabbaths „The Warning“ gelungen wäre.

Die Scorpions gingen anlässlich der Veröffentlichung von Lonesome Crow 1972 und ’73 intensiv auf Tour, allerdings ausschließlich in Deutschland, wo sie sowohl in Clubs als auch bei Festivals auftraten. Die Bekanntheit der Band erhielt außerdem noch mal einen Schub, als ein paar Songs von Lonesome Crow für den deutschen Anti-Drogen-Film Das kalte Paradies verwendet wurden, wobei Conny Plank eine entscheidende Rolle spielte. „Wir gingen ins Studio, um drei Songs für den Soundtrack aufzunehmen“, erinnert sich Schenker. „Das waren ‚I’m Going Mad‘, ‚Lonesome Crow‘ und noch einer. Conny Plank war im Studio. Er sagte: ‚Was?! Habt ihr schon einen Vertrag? Nein? Ich werde mich darum kümmern.‘ Im Oktober 1971 nahmen wir unser erstes Album auf und diese beiden Songs kamen auch drauf. Das war vor sehr langer Zeit.“

Auf Tour spielten die Scorpions vor Rory Gallagher, Uriah Heep, Chicken Shack und UFO. Im Juni 1973 luchsten Letztere, also UFO um Phil Mogg, der Band ihren auffallenden blonden Gitarristen Michael ab. UFO klangen damals noch sehr psychedelisch und spacig und promoteten gerade ihr „Space-Rock“-Album Flying.

„Scorpions traten vor uns auf“, erinnert sich Pete Way, Bassist von UFO, „und Michael war damals ihr Gitarrist. Bernie Marsden hatte seinen Pass verloren und wir mussten spielen. In der Tat war es Phil, der sagte: ‚Der Typ ist richtig gut, oder? Der Blonde da.‘ Michael sprang also ein. Er sprach kein Englisch und wir kein Deutsch. Aber von nun an war er in der Band.“

„Das war in erster Linie Zufall“, ergänzt UFO-Sänger Phil Mogg, der die Geschichte bestätigt. „Bernie, der damals bei uns Gitarre spielte, als wir in Deutschland auf Tour gehen wollten, hatte seinen Pass vergessen. Das war nicht so toll. Wir hatten Michael bei den Scorpions spielen gesehen. Ein herausragender Gitarrist! Also fragten wir ihn, ob wir ihn uns für den Gig ausborgen dürften. Wir spielten zwei Abende mit ihm und fragten ihn dann, ob er bei uns einsteigen wollte.“

„Ich ging mit den Scorpions schon auf Tour, als ich mich UFO anschloss“, sagt Michael über seine schicksalhafte Entscheidung. „So lernte ich UFO kennen, weil wir mit den Scorpions als Special Guest vor ihnen auftraten. Sie waren ohne Gitarristen und ohne Ausrüstung eingetroffen, weshalb sie sich mich und das Scorpions-Equipment ausliehen. So kamen sie auf mich. Ich spielte ein paar Konzerte mit beiden, UFO und Scorpions, bis der andere Typ doch noch aufkreuzte. Das war so um 1973. Dann kamen sie noch einmal auf mich zu. Ich sagte den Scorpions damals immer, dass ich nach England gehen würde, falls mich jemand fragte, weil die ganze Rockmusik ja von dort stammte. In Deutschland war es sehr schwierig, sich zu entwickeln. Management war verboten und alles war sehr, na ja … Überall regierte Disco-Musik und es fühlte sich alles ein bisschen tot an in Deutschland. Als UFO mich dann wollten, sagte ich: Okay, das ist es. Um meinen Bruder nicht allzu sehr enttäuschen zu müssen, suchte ich nach jemand anderem für sie und fand Uli Roth. Dadurch fühlte ich mich besser und war startklar.“

„Ich wollte einfach mein Ding durchziehen“, erklärt Michael seinen Ausstieg bei jener Band, die einst die populärste Gruppe Deutschlands und letzten Endes kommerziell viel erfolgreicher als UFO sein würde. „Ich denke, Gott wollte es so. Ich glaube nicht, dass es für die Scorpions oder meinen Bruder so gut gelaufen wäre, wenn ich in der Band geblieben wäre … Mein Bruder ist mehr der Gruppen-Typ und ich bin mehr der Einzelgänger. Sein Traum war es immer, in einer der größten Bands der Welt zu spielen, und meiner war es immer, einer der besten Gitarristen der Welt zu sein. Das bestätigt meine Aussage. Mein Bruder teilt seine Energie gerne mit andern und ich gehe gerne in mich und beziehe meine Energie aus der Essenz des Seins. Ich war ziemlich unabhängig. Als wir Lonesome Crow aufnahmen, war ich fünfzehn. Ich zog mit meiner Freundin zusammen, als ich sechzehn war. Ich sagte zu ihr: ‚Siehst du die orangen Kisten da drüben? Wir könnten Möbel aus ihnen machen und zusammenziehen.‘ Sie erzählte das ihrer Mutter. Die jedoch meinte: ‚Auf gar keinen Fall!‘, und kaufte uns Möbel. Ich weiß noch, wie ich sechzehn Jahre alt war, da lag und mit meiner Freundin sprach. Ich sagte zu ihr, dass man mich mitten in China aussetzen könnte und ich dennoch genau wüsste, was zu tun wäre. Das war mir immer schon klar. Mit sechzehn wusste ich, dass alles möglich wäre. Ich sagte damals zu meiner Freundin, dass ich eines Tages einer der besten Gitarristen der Welt sein würde. Doch sie lachte bloß.“

„Als Michael sich uns für das Album Phenomenon anschloss, war es, als wäre er das fehlende Bindeglied gewesen“, fügt Phil noch hinzu. „Dadurch wurde unser Sound, der meiner Meinung nach sehr britisch war, ein bisschen europäischer. Nachdem Michael eingestiegen war, konnte man die deutschen oder auch teutonischen Noten und Notationen in seinem Spiel heraushören. So wurden wir zu einer sehr europäischen Rockband der zweiten oder dritten Generation.“

Michaels Vorgänger bei UFO, Bernie Marsden, der später bei White­snake spielen sollte, tauchte tatsächlich nach der schicksalhaften Show seiner Band mit Schenker auf, um die Tour noch zu Ende zu spielen. Michael schloss sich der Band dann im Juni an, nachdem er von Rudolf und Klaus dazu ermutigt worden war. Die beiden zogen es sogar in Erwägung, ihrer eigenen Band nach acht Jahren, in denen sie immer nur in Deutschland aktiv gewesen waren, den Stecker zu ziehen. Doch stattdessen besetzten sie die Schlüsselposition des Leadgitarristen mit einer Persönlichkeit, die Michael in jeder Hinsicht das Wasser reichen konnte, dessen Spielstil und Naturell sich aber stark von seinem Vorgänger unterschied.

Ulrich „Uli“ Jon Roth, damals 19 Jahre alt, war nicht der einzige Neuankömmling bei den Scorpions, da von der Band, die Lonesome Crow aufgenommen hatte, nur Klaus und Rudolf übrig geblieben waren, die es nach Michaels Ausstieg kurz in Erwägung gezogen hatten, das Handtuch zu werfen. De facto verschmolz die Band mit einer konkurrierenden Gruppe.

„Uli Roth und ich hatten eine vierköpfige Band namens Dawn Road. Jürgen Rosenthal war der Drummer und Achim Kirschning spielte Keyboards“, erklärt Bassist Francis Buchholz. „Eines Tages rief Rudolf von den Scorpions an und bat Uli darum, bei ein paar Shows als Leadgitarrist einzuspringen, weil Michael Schenker die Band verlassen hatte. Kurz darauf zerbrachen die Scorpions und Rudolf besuchte uns in unserem Proberaum. Er brauchte neue Jungs für seine Scorpions, weil alle anderen ihn im Stich gelassen hatten. Wir diskutierten mit ihm darüber, wie man den Scorpions neues Leben einhauchen könnte. Rudolf spielte mit dem Gedanken, den Gesang zu übernehmen. Aber davon kam er schnell wieder ab und überzeugte Klaus von der Idee, sich uns anzuschließen. Also stiegen Rudolf und Klaus eigentlich in unsere Band Dawn Road ein, aber wir nannten uns ab da Scorpions, weil der Name bereits stärker etabliert war.“

„James Jamerson ist eines meiner frühen Idole“, antwortet Buchholz auf die Frage nach seinen Vorbildern am Bass. „Mit seiner Arbeit habe ich mich intensiv auseinandergesetzt. Wenn ich mir einen Basslauf einfallen lassen, habe ich diesen Sixties-Groove im Kopf. Doch der Basslauf, der letztendlich entsteht, hat nichts mit alter Musik zu tun, sondern ist etwas völlig Neues. Ich höre mir viele neue Sachen an und lasse mich hie und da inspirieren. Kurz gesagt, ich habe eigentlich keine Bass-Helden. Am wichtigsten ist mir, dass ein Basslauf perfekt zu einem Song passt. Der Bass sollte den Song unterstützen und ihn – wenn möglich – zu neuen Ufern bringen. Bei uns gab es damals keine Heavy-Bands, weshalb wir uns an der englischen Rockszene orientierten … Die Deutschen waren aber nicht glücklich darüber, dass sie da eine Heavy-Band hatten, die diesen Stil, einen amerikanisch-englischen Stil, in Deutschland spielte und auf Englisch sang. Sie fanden, dass wir besser auf Deutsch singen sollten, aber wir wollten eine internationale Band werden. Deshalb entschieden wir uns für Englisch.“

Francis ergänzt die Geschichte der Band in den frühen Siebzigerjahren: „Nach ihrem ersten Album lösten sich die Scorpions auf und verloren auch ihren Plattenvertrag bei Metronome Records hier in Deutschland. So wurden die ‚neuen‘ Scorpions formiert: Klaus Meine, Uli Roth, Rudolf Schenker, Jürgen Rosenthal und Francis Buchholz. Ein Konzertveranstalter aus Hannover, der uns damals betreute, war in der Lage, bei RCA Records [heute Sony BMG] Interesse an uns zu wecken. Wir hatten Glück und unterschrieben schließlich für fünf Alben. Unser erstes Album bei RCA, Fly To The Rainbow, entstand im Musicland Studio in München. Betreut wurden wir von einem Studiotechniker namens [Reinhold] Mack, der später auch mit Queen dort arbeitete. Ich erinnere mich noch an seinen Mercedes SL, Baujahr 1970. Wir nahmen alles mit sehr gutem Sound und in relativ kurzer Zeit auf. Schlagzeug spielte Jürgen Rosen­thal und Keyboards Achim Kirschning, die beide von unserer vorherigen Band Dawn Road stammten. Achim war aber kein festes Bandmitglied; er wollte Lehrer werden. Und bald nach den Aufnahmen verließ Jürgen die Band, da er zum Wehrdienst eingezogen wurde.“

„Ich war noch kein ganzes Jahr bei der Band“, bestätigt Uli die Vorgeschichte seines ersten Albums. „Die ursprünglichen Scorpions hatten sich aufgelöst. Dann herrschte erst einmal Ebbe. Die Gruppe lag irgendwie auf Eis. Ich hatte eine Band namens Dawn Road, bei der wir zu viert waren: Francis Buchholz, Jürgen Rosenthal, ein Keyboarder und ich selbst. Wir taten uns schließlich mit Rudolf zusammen. Dann kam auch noch Klaus zurück, und da die Scorpions einen Plattenvertrag hatten und in Deutschland halbwegs bekannt waren, nannten wir die Band eben Scorpions. Von da an ging’s weiter. Damals hatte ich als Songschreiber noch sehr wenig Erfahrung. Ich hatte zwar schon ein paar Sachen für Dawn Road geschrieben, aber bei den Scorpions fing ich richtig damit an. Der erste Song, den ich schrieb, hieß ‚Drifting Sun‘. Allerdings hatten ein paar der Songs auf dem Album schon so halb existiert, sagen wir mal. Rudolf hatte schon ein paar Akkordwechsel und ein paar Melodien und die arbeiteten wir dann zusammen aus.“

Fly To The Rainbow erschien am 1. November 1974 und hatte den klaren Krautrock-Einschlag beibehalten, auch wenn die Elemente von Hardrock und Proto-Heavy-Metal dieses Mal stärker zur Geltung kamen. Das Artwork war auf fast schon sinnbefreite Weise surrealistisch. Es war jedenfalls um Längen greller als die Illustration auf dem ersten Album, die eine Hand zeigte, die von einem Skorpion bedroht wurde. Die Rückseite des Covers legte außerdem einen letalen Ausgang dieser Konfrontation nahe, während sich eine Krähe auf dem ausgestreckten Arm des Opfers niedergelassen hatte.

Auf das Cover von Fly To The Rainbow angesprochen, das eine auf zwei Flugzeugen balancierende Gestalt zeigt, muss Uli lachen. „Persönlich gefällt mir das Cover überhaupt nicht. Ich versuchte alle davon zu überzeugen, es nicht zu nehmen. Ich mochte es einfach nicht. Die Band hatte damit nichts zu tun. Ein Studio in Hamburg war dafür verantwortlich. Sie bekamen das Album und den Auftrag, und dieser Coverentwurf fiel ihnen dann dazu ein. Ich sagte: ‚Rudolf, guck dir das an, das können wir doch nicht als Albumcover nehmen. Ich finde es lächerlich.‘ Er antwortete darauf: ‚Nun, der Typ hat tolle Arbeit beim ersten Album geleistet.‘ Damit meinte er Lonesome Crow. Da stimme ich ihm zu. Auch mir gefiel das Cover von Lonesome Crow. Er sagte: ‚Anscheinend ist es das, was er fühlt, wenn er das Album hört.‘ Für mich passte es einfach nicht mit dem Album zusammen. Ich erinnere mich noch daran, dass unser damaliger Drummer, Jürgen Rosenthal, gerne malte, mit Ölfarben. Er malte ein Albumcover für Fly To The Rainbow, das ich damals vorgezogen hätte, aber letztendlich fiel die Wahl auf jenes Cover, das jeder kennt.“

„Die Scorpions waren niemals Krautrock“, schwört Uli im Gespräch mit Sam Dunn. „Das Einzige, was wir mit Krautock gemein hatten, war, dass wir bei denselben Festivals wie die Krautrock-Gruppen und die deutschen Progressive-Bands auftraten. Mir war die Bezeichnung ohnehin immer schon ein wenig suspekt. Damals waren aber die meisten deutschen Band recht progressiv, weißt du? Da gab es zum Beispiel Eloy, Guru Guru, solche Leute eben, und das waren auch die Gruppen, mit denen wir auf Festivals spielten. Wir waren aber die Außenseiter. Wir klangen viel Englischer und ich denke, dass die Band eher international angehaucht war. Aber wie gesagt, mit Kraut­rock hatten wir nichts gemein. Wir machten echt was anderes. Außerdem war unser Zeug höchst melodisch. Eine sehr melodische Rockband – und zwar in Bezug sowohl auf den Gesang als auch auf die beiden Gitarren – war etwas Ungewöhnliches. Es gab da vielleicht eine Handvoll Bands … In England gab es etwa Wishbone Ash. Sie hatten auch zwei Gitarren und waren melodiös. Aber ich denke, dass die Scorpions noch etwas melodiöser als andere Gruppen waren, und das war ein wichtiger Erfolgsfaktor.“

„Ich muss aber sagen, dass wir nicht darüber nachdachten, ob das etwas Neues war, was wir da machten“, fährt Uli fort. „Rückblickend habe ich vermutlich schon begriffen, dass es neu war. Es war wie eine Art Variation von Dingen, die ich zuvor schon gemacht hatte, aber es war eine sehr interessante Kombination, ein ungewöhnlicher Sound. Wir waren eine vereinnahmende Gruppe von Individuen, die auf und abseits der Bühne gut als Team funktionierten. Wir machten, während ich bei der Band war, fünf Alben zusammen. Jedes von ihnen war ein Teil der Reise. Wir erkundeten die Musik und wurden ständig besser. Wir standen als deutsche Band ziemlich allein da, das ist wahr. Allerdings entsprach das nicht wirklich unserer eigenen Sichtweise. Wir taten einfach das, was wir tun wollten – und wir wollten neue Musik machen, weißt du? Schon bald begannen wir, im Ausland aufzutreten, und spielten in Frankreich, Belgien und dann auch in England. Jedes Jahr. Also, ja, wir waren eine deutsche Band und vermutlich klangen wir bis zu einem gewissen Grad auch so, aber wir waren stark von den britischen und amerikanischen Bands dieser Zeit beeinflusst.“

In Bezug auf Hardrock tat sich damals denkbar wenig in Deutschland, was Uli zu der Feststellung brachte, die Scorpions hätten „ziemlich allein“ dagestanden. „Es war alles ganz anders. Als wir anfingen, so um 1973, waren Bands wie etwa Emerson, Lake and Palmer angesagt. Solche Gruppen eben. Yes legten gerade richtig los. Wir in Deutschland waren, glaube ich, damals schon eine Art Anachronismus. Ich stand auf Hendrix und lernte viel von ihm, aber damals war Hendrix, na ja, er war erst drei Jahre tot, aber er war ein wenig aus der Mode gekommen. Wir waren schon ein sehr eklektischer Haufen und spielten Stilrichtungen, die manche Leute in Deutschland überhaupt nicht verstanden. Aber sobald wir anfingen, im Ausland aufzutreten, und die Band immer besser wurde bei dem, was sie tat, begannen wir, den Festivals unseren Stempel aufzudrücken. Dann wurde es anders. Es wurde nun auch in Deutschland mehr respektiert. Das war so um 1975 herum.“

Also ist es nicht schwer, sich Fly To The Rainbow als Album, das zwischen zwei Welten existiert, vorzustellen, das sich etwas mehr in Richtung Hard­rock neigte, was zum Großteil daran lag, dass der neue Leadgitarrist der Gruppe über keinerlei Krautrock-Einflüsse verfügte.

„Überhaupt nicht, nein“, antwortet Uli auf die Frage, inwiefern Kraut­rock in seinem Repertoire eine Rolle spielt. „Ich weiß nicht, ob das etwas Gutes oder Schlechtes ist, aber ich war sehr zielstrebig und neigte dazu, vieles zu übersehen. Ich glaube, dass ich heute offener bin, aber damals begeisterte ich mich für Hendrix, Cream und etwas später auch ein wenig für Led Zeppelin. Das waren meine Haupteinflüsse, mit denen ich damals anfing. Was auch immer für eine Rock-Szene damals in Deutschland existiert haben mochte, ich bekam sie nicht mit. Das ging komplett an mir vorüber. Und als wir später bei den Festivals auftraten, gab es keine einzige deutsche Band, die mir etwas gegeben hätte. Das lag wahrscheinlich auch daran, dass es zu der Zeit keine gitarrenlastigen Bands gab. Eher waren da welche, die so episches Zeug schrieben. Da gab es Bands wie Eloy, aber ich interessierte mich mehr für Gruppen, bei denen die Gitarristen im Vordergrund standen – und in Deutschland waren wir die absolut einzigen, von denen man das sagen konnte. Zumindest soweit ich weiß.“

Leslie West und Mountain zählten ebenso zu Ulis frühen Einflüssen. „Sein Beitrag ist enorm, weil er zu den ursprünglichen Gründungsvätern gehört. Er spielte zur Zeit von Hendrix. Auch zu jener von Cream. Er schrieb bereits in Woodstock Musikgeschichte und tat Dinge, die damals niemand sonst machte. Er hatte einen sehr vollen Gitarrenklang, die Songs strotzen nur so vor Powerchords. Sie waren melodisch und er prägte einen gewissen Sound, der andere inspirierte, und man hört überall – links, rechts, oben und unten – Leslie Wests Einfluss auf die heutige Musik. Manche Leute wissen das wahrscheinlich gar nicht, weil sie eher nicht dazu tendieren, tiefer zu graben, aber ich kann es hören und ich weiß, dass er da ist.“

„Ich stand immer schon auf Deep Purple“, verriet mir Uli während einer ausführlichen Unterhaltung, in der er mir auch von der Bewunderung erzählte, die er seinem Freund Steve Morse, dem derzeitigen Gitarrist der Band, entgegenbringt. „Ich sah sie ’72 live und fand sie großartig, vor allem Ritchie und Ian Gillan. Es war absolut einzigartig und immer sehr musikalisch. Ritchie war der totale Trendsetter. Sein Zugang zur Gitarre war absolut einmalig, als er damals am Beginn seiner Karriere stand, und ist es immer noch. Es gibt nur sehr wenige Leute im Musikbusiness, die in der Lage waren, drei ganz unterschiedliche Dinge zu machen und dafür zu sorgen, das sie alle funktionierten – du weißt schon, so wie er mit Deep Purple, Rainbow und Blackmore’s Night. Seine musikalische Begabung ist einmalig und er hat auch ein sehr ausgeprägtes Gespür dafür, was bei den Leuten ankommt. Ich könnte nie so einen Riff wie ‚Smoke On The Water‘ schreiben. Manche Leute lachten vielleicht darüber, weil die Nummer in jedem Musikgeschäft zu hören war. Aber weißt du, das ist auch eine Leistung. Es ist eine Gabe. Ich hatte immer schon das Gefühl, dass Ritchie als Gitarrist ganz besonders klang. Und er scheute auch nie davor zurück, bis an den Abgrund vorzudringen – in seinem Spiel lag immer eine gewisse Gefahr. Das ist es, was mir gefällt. Ich mag Gitarristen, die etwas Unerwartetes tun. Sie lassen sich auf Risiken ein, lassen gefahrvolle Momente zu und vermeiden Selbstverliebtheit. Sehr oft ziehe ich diese Gitarristen jenen vor, die ganz glatt und vielleicht super-raffiniert spielen, bei denen jede Note perfekt sitzt. Ich glaube, dass mich der kreative Aspekt einfach mehr anspricht – und bei Ritchie bekommt man das immer geboten.

„Ich sah Deep Purple aber nur einmal live – das war 1972“, fügte er hinzu, „und es war großartig. Aber natürlich sah ich gelegentlich mal ein Live-Video von ihnen, etwa beim California Jam oder so. Mit Ritchie klangen sie immer frisch. Auch wenn sie zum x-ten mal denselben Song spielten. Sie scheuten im Gegensatz zu den meisten Bands nicht davor zurück, auf der Bühne zu improvisieren. Purple spielten nie gleich. An Ritchie mochte ich außerdem, dass er, wann immer ich ihn live sah, einen tollen Klang hatte. Er hatte seinen eigenen Sound und das spricht mich an. Ich respektiere Gitarristen, die einen einzigartigen Klang haben – und ein gutes Gehör für den Sound. Er opferte die Spielbarkeit des Instruments für seinen großartigen Klang. Es ist nämlich nicht leicht, diese Sounds mit einer fast cleanen Gitarre zu spielen, so wie er das tat.“

„Was lässt sich über Ian Gillan sagen?“, überlegte Uli. „Ian war von Anfang an fantastisch, schon als er in Jesus Christ Superstar auftrat. Weiß du, das war echt prägendes Zeug. Ich würde sagen, dass, wenn irgendwer den sogenannten ‚Rock-Sound‘ kreiert hat, den Tausende von Sängern kopiert haben, dann war das Ian. Zuvor hatten wir vielleicht noch Robert Plant bei Led Zeppelin, aber Robert war ein bisschen mehr am Blues orientiert, da er aus diesem Bereich kam. Aber Ian verlieh dem Rock diese unglaubliche Belcanto-Schärfe. Fast wie ein Opernsänger, doch ohne die für die Oper typischen Sounds. Aber ebenso wirksam. Das ist so schwer für die meisten Leute und ich glaube, dass er eigenständig dieses ganze Genre begründet hat. Das ist meine persönliche Meinung dazu. Oder zumindest war er der Erste, der das wirklich auf die Reihe bekam, mit ‚Child In Time‘ und alldem.“

„Anfangs waren wir noch Teil einer großen Szene“, sagt Rudolf. Er sucht nach Worten, um zu erklären, wo in der deutschen Rocklandschaft die Scorpions ihren Platz hatten. „Aber wir waren nur eine ganz kleine Nummer. Als wir zu Beginn in Deutschland auftraten, fiel uns auf, dass unsere Art, wie wir unsere Musik spielten, anders war als der Rest der deutschen Szene, die sich Krautrock nannte. Wir sahen uns vom Feeling her mehr auf einer Linie mit amerikanischer und englischer Musik – Yardbirds, Led Zeppelin und all das. In Richtung Sabbath und so. Wir begaben uns dann ins Ausland, etwa nach Frankreich und Belgien und so, und wir begriffen, dass es ein wenig ein anderer Stil als bei den Amerikanern und Engländern war, weil wir Deutsche waren. Es war natürlich amerikanische und englische Musik, aber vielleicht auch ein wenig von klassischer Musik inspiriert. Vielleicht wussten wir das nicht einmal. Aber später, wenn ich Interviews gab, hieß es: ‚Wisst ihr, Jungs, ihr seid schon eher von klassischer Musik beeinflusst.‘ Wir wussten das nicht, weil wir nie auf klassische Musik abfuhren. Ich glaube, dass wir anders waren, weil wir aus Deutschland kamen und auf uns aufmerksam machen mussten, denn niemand hätte gedacht, dass aus Deutschland auch Rockmusik und Heavy-Metal kommen kann. Also beschritten wir andere Wege als die amerikanischen und englischen Bands, und so begannen wir unsere eigene Persönlichkeit zu formen.“

„Krautrock war ja eigentlich eine Art experimenteller Rock“, fährt Schenker fort. „Es ging darum, einen anderen Weg zu finden, Musik zu machen, ohne dabei englische oder amerikanische Musik zu kopieren, eine eigene Herangehensweise zu entwickeln – und das war natürlich nicht kommerziell. Aber irgendwie war dieser Trend mit Amon Düül, Guru Guru, Kraftwerk so anders, dass die Sache einen eigenen Markennamen erhielt, nämlich Krautrock. Die Engländer dachten ja ohnehin, sie hätten die Rockmusik erfunden. Also konnten sie erst mal nicht anders und lachten darüber. Aber gleichzeitig gab es auch Leute in England und der ganzen Welt, die sich dachten, dass das doch mal etwas anderes wäre. Sie wollten sehen sich mal ansehen, was das genau war. Aber diese ganze Denkweise entsprach nicht unserer Vorstellung von einer Rockband. Wir wollten ganz geradlinige Rockmusik machen.“

„Uli war stark von Jimi Hendrix beeinflusst“, bestätigt Klaus. „Das ist er immer noch! Absolut! Ich wusste gar nicht, wie nahe Uli an Jimi heranreichte, bis ich ein paar Jahre später ein Video von Jimi sah und sagte: ‚Oh, das ist ja wie Uli!‘ [lacht]. Es war unglaublich! Aber Uli ist ja auch ein unglaublicher, außergewöhnlicher Gitarrist. Das steht ganz außer Frage. In diesen Jahren mit Uli waren wir sehr stark, aber es waren andere Scorpions, die viele Fans ‚Scorpions Edition One‘ nennen.“

Die Eröffnungssalve von Fly To The Rainbow mit dem Titel „Speedy’s Coming“ war ein gutes Beispiel für diesen neuen Ansatz, den Uli mitprägte: kompromisslos und direkt, eine echte Breitseite. Tatsächlich repräsentierte diese kurze, frenetische Nummer den ersten Schritt der Band in ein aufkeimendes Genre, in dem die Band in den Jahren darauf noch manchen Treffer landen sollte. Es war auch nicht überraschend, dass der Song als Single (mit „They Need A Million“ auf der B-Seite) ausgekoppelt wurde. Der Track war aber zugleich der einzige Vorstoß in den Bereich Heavy-Rock, den das Album zu bieten hatte. Rudolf erweist sich als Meister der Rhythmusgitarre mit einer Spielweise, wie sie zur Grundlage eines Dutzends Smash-Singles werden sollte. Im Kontrast zu ihm lässt Uli ein aggressives Gitarrensolo nach dem anderen hören, die – unter vehementem Einsatz des Vibratoarms – dynamischer daherkamen als alles, was wir von Michael gekannt hatten.

Von da an ging es auf dem Album mit ziemlich germanisch anmutendem Prog-Rock weiter, etwa mit „They Need A Million“, das sich durch eine spanisch angehauchte Melodie auszeichnete, die so etwas wie die Blaupause für den viel metallischeren Song „Steamrock Fever“ war, der drei Platten später das Licht der Welt erblicken sollte.

Darauf folgte wiederum ein recht harter Track mit dem Titel „Drifting Sun“, für den Uli allein verantwortlich zeichnete. Die fallende Riff-Struktur orientiert sich stark an Hendrix und Cream und Uli steuerte zum ersten Mal während seiner Zeit bei der Band auch den Leadgesang zu einem Song bei, was er im Verlauf der vier Studioalben, die er mit der Band aufnehmen würde, noch ein paarmal wiederholen sollte. Was den Song so heavy erscheinen lasst und gleichzeitig schon fast ein wenig ablenkt, ist die polternde Performance von Rosenthal, die von Roth selbst mit omnipräsenten, jaulenden Lead-Parts akzentuiert wird.

Hinterher ist man natürlich immer schlauer, aber eine solch viszerale Schlagzeug-Aufnahme … Man könnte sie mit dem Zutun von Studiotechniker Mack erklären, der sich seine Erwähnung als Tontechniker mit Horst Andritschke teilte, während die Scorpions selbst als Produzenten des Albums angeführt wurden.

„Das war der berühmte Mack, nur damals war er noch gar nicht so berühmt“, lacht Roth. „Seinen Vornamen erfuhren wir gar nicht. Er wollte nicht, dass wir den herauskriegten [lacht]. Das war schon witzig. Wir hatten zwar einen Produzenten für das Album, aber das funktionierte nicht wirklich. Die Plattenfirma war nicht glücklich darüber. Schlussendlich bekamen wir selbst den Credit für die Produktion.“

Als er bezüglich des Aufnahmeprozesses ein wenig ins Detail geht, ergänzt Uli: „Musicland war, glaube ich, ein sehr etabliertes Aufnahmestudio zu jener Zeit. Es waren ja gerade die Stones dagewesen, bevor wir dort arbeiteten. Daran erinnere ich mich noch. Aber für mich waren die Sessions zu Fly To The Rainbow das erste Mal im Studio. Deshalb hatte ich keine Anhaltspunkte. Ich kam da als kompletter Neuling hin. Und für mich fühlte es sich klaustrophobisch an. Es war richtigwinzig. Der Sound war schrecklich dort. Es war wie eines dieser Studios heutzutage, die altmodisch und komplett ‚tot‘ sind. Sie dämpfen alles, bis gar keine Resonanz mehr da ist. Genau so war es dort, und ich war überhaupt nicht glücklich mit dem Gitarren-Sound. Aber Mack sagte: ‚Das ist der beste Gitarren-Sound in Deutschland.‘ Deswegen fühlte ich mich auch nicht besser, aber mir fehlten die Maßstäbe. Doch tief drinnen wusste ich, dass es nicht das war, wonach ich suchte. Ich wollte, dass die Gitarre so klang wie auf der Bühne, viel natürlicher, mit natürlicher Atmosphäre. Der große Marshall-Sound ist wie ein wilder Hengst. Wie ein Formel-eins-Rennwagen oder ein Flugzeug. Das kann man nicht in eine kleine Box sperren. Das funktioniert so einfach nicht. Das war aber genau das, was die damals taten. Klar, ich fand das Album schon gut, aber andererseits stellten mich diese Dinge auch nicht zufrieden.“

Was die Sache mit der „Eigenproduktion“ anging: „Eigentlich hätten wir ja einen Produzenten gehabt. Er war ein Gründungsmitglied, ja, der Gründer von Eloy, Frank Bornemann. Aber aus irgendeinem Grund … Er war da, als wir aufnahmen, aber aus irgendeinem Grund ging es nicht gemeinsam weiter. Wir produzierten mehr oder weniger selbst. Es herrschte einfach nicht die richtige Chemie zwischen uns, denke ich mal. Deshalb wurden wir als Produzenten angeführt. Das Album musste auch noch einmal gemixt werden wegen der Plattenfirma. Damals fehlte uns einfach noch die Erfahrung. Wir wussten nicht, dass wir dem Studiotechniker genau sagen konnten, was er zu tun hatte. Zum Beispiel mischte der Typ den Gesang zu leise. Ich wusste das auch, aber er hatte eben andere Präferenzen. Die Plattenfirma, damals war das RCA, lehnte deshalb die Aufnahmen ab. Daraufhin gingen Rudolf und ich in ein anderes Studio, das in Norddeutschland lag, um im Verlauf von ein paar Nächten alles zu ändern, indem wir die Gesangspassagen neu abmischten. Und so entstand das fertige Produkt.“

Den Abschluss der ersten Seite der originalen Vinyl-Pressung bildete die erste der berüchtigten „Power-Balladen“ der Band. „Fly People Fly“ orientierte sich an der Formel „langsam, leise und dramatisch“ in der Strophe und „hymnisch und heavy“ im Refrain. Der Song stammte zum Teil – wie noch zwei weitere Songs auf dem Album – aus der Feder des ehemaligen Gitarristen Michael Schenker.

„Er hatte an ein paar der Songs mitgeschrieben“, erklärt Uli. „Als Michael bei UFO einstieg, löste sich die Band auf. Es gab keine Scorpions mehr. Rudolf und Klaus und Dawn Road – gemeinsam formierten wir eine neue Band, die neuen Scorpions. Aber es gab bereits ein paar Songs, etwa ‚Far Away‘. Wir benutzten sie als Grundlage für das Album. Ich hatte ja gerade erst angefangen, Songs zu schreiben, und es war gutes Material, das wir nicht wegwerfen wollten. Deshalb ist er auch als Songwriter angeführt.“ Uli bestätigt außerdem, dass es sich bei diesen Songs nicht um Überbleibsel vom letzten Album handelte. „Nein, nein, die entstanden nachher.“

Auf Seite zwei offeriert die Band mit This Is My Song kecken wie kräftigen Pop-Rock. Dies gelingt, indem die Prog-Neigung der Gruppe in eine prägnante und druckvolle Struktur umgeleitet wird. Abgerundet wird das Ganze noch durch einen denkwürdigen Doppel-Lead-Riff, das auf witzige Weise noch eher an Maiden als an Thin Lizzy denken lässt. Es existieren professionell gedrehte Filmaufnahmen, auf denen die Band durch ebendiese Nummer pflügt und dabei sowohl klanglich als auch optisch an Uriah Heep auf Steroiden denken lässt.

„Far Away“ bietet noch mehr akzeptablen Hardrock, obwohl die Powerchords, die hier zum Einsatz kommen, eher an etwas ältere Sachen wie etwa Hendrix, Cream, Humble Pie und sogar BTO erinnern, was im Kontrast zu den späteren Platten mit Uli steht. Textlich bildet sich ein roter Faden heraus, der im Grunde genommen bis zum Debütalbum zurückreicht – es geht ums Fliegen, die Fantasie, das Alleinsein, die Einsamkeit und das Schenken von Liebe.

Das Album schließt wie schon sein Vorgänger mit einem langen, aufwendigen Song ab, der gleichzeitig auch als Titeltrack fungiert. „Fly To The Rainbow“ vermengt massenhaft Prog-Anleihen mit ein wenig Folk, wobei erneut traurig anmutende doppelte Gitarren-Leads, wie wir sie von Maiden kennen, für besondere Stimmung sorgen. Interessant ist auch, dass hier sowohl Uli Jon Roth als auch Michael Schenker, die nie gemeinsam an Songs schrieben, beide mit einem Songwriting-Credit bedacht werden. Es ist erst das zweite Mal auf dem Album, dass Uli als Songwriter in Erscheinung tritt, nachdem er „Drifting Sun“ alleine beigesteuert hat.

Ein paar interessante Fakten: Uli Jon Roths erste Show mit der Band fand am 29. Juni 1973, nur fünf Monate nach der Veröffentlichung von Lonesome Crow, in einem deutschen Club statt. Die Scorpions nahmen im April ’74 Fly To The Rainbow