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Ein Toter im Jasmund.
Anfang Dezember wird im Jasmund die Leiche des zwanzigjährigen Benjamin entdeckt. Wie schlafend lehnt er an einem Baum, doch genauere Untersuchungen ergeben, dass er mit einem stumpfen Gegenstand getötet worden ist. Fieberhaft sucht Romy Beccare nach einem Motiv. Benjamin lebte mit seinem Bruder Jakob zusammen, seit seine Eltern ums Leben gekommen waren. Nichts deutet darauf hin, warum er Opfer eines Verbrechens geworden ist. Bis Romy auf einen Cold Case stößt – den rätselhaften Tod eines Mädchens an den Kreidefelsen von Sassnitz ...
Hochspannend und mit viel Inselflair – der neue Rügen-Krimi von Bestsellerautorin Katharina Peters.
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Seitenzahl: 483
An einem frostigen Morgen Anfang Dezember entdeckt ein Spaziergänger im Jasmund in der Nähe des Großsteingrabs Hagen-Stubnitz die Leiche des zwanzigjährigen Benjamin Koller. Das Opfer lehnt wie schlafend am Stamm einer Buche. Offenbar ist Benjamin mit einem Schlag auf den Hinterkopf getötet worden. Schon bei ihren ersten Ermittlungen wird Hauptkommissarin Romy Beccare mit einer Familientragödie konfrontiert. Benjamins Mutter starb bei einem Autounfall, sein Vater nahm sich wenig später das Leben. Nur sein Bruder Jakob ist aus der Familie noch am Leben. Je länger Romy ermittelt, desto ratloser wird sie. Wo ist das Motiv für diesen Mord? Dann stößt sie auf den rätselhaften Tod eines achtjährigen Mädchens, das vor fünf Jahren im Nationalpark bei den Kreidefelsen abgestürzt ist und zu Tode kam. In den Akten zu diesem Fall taucht auch Benjamins Name auf.
Katharina Peters schloss ein Studium in Germanistik und Kunstgeschichte ab. Sie begeistert sich für japanische Kampfkunst und lebt mit ihren Hunden in Schleswig-Holstein. An die Ostsee fährt sie, um zu recherchieren, zu schreiben – und gelegentlich auch zu entspannen.
In der Rügen-Serie mit der Ermittlerin Romy Beccare sind bisher zwölf Bände erschienen, zuletzt »Inselmord«.
Aus der Ostsee-Serie sind »Todesstrand«, »Todeshaff«, »Todeswoge«, »Todesklippe«, »Todeswall«, »Todesbrandung« sowie »Todesküste« lieferbar.Mit der Kriminalpsychologin Hannah Jakob als Hauptfigur sind »Herztod«, »Wachkoma«, »Vergeltung«, »Abrechnung«, »Toteneis« und »Abgrund« lieferbar.In der Bornholm-Serie sind erschienen: »Bornholmer Schatten«, »Bornholmer Falle«, »Bornholmer Flucht« sowie »Bornholmer Finale«.Mehr zur Autorin unter www.katharinapeters.com
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Katharina Peters
Wintermord
Ein Rügen-Krimi
Cover
Titel
Inhaltsverzeichnis
Impressum
Titelinformationen
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Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Impressum
Wer von diesem Kriminalroman begeistert ist, liest auch ...
Es war wieder spät geworden. Diesmal würde sich ein offenes Gespräch kaum vermeiden lassen. Vielleicht hatte sie es genau darauf angelegt. Die Monate waren dahingekrochen, ohne dass Tanja in der Lage gewesen war, eine Entscheidung zu treffen. Dabei war ihr mit jedem Tag, jeder weiteren Woche mit unerbittlicher, schmerzhafter Klarheit bewusst geworden, dass jede Verzögerung die Situation nur noch schlimmer machte, und zwar für sämtliche Beteiligten: ihren Mann, ihren Geliebten und sich selbst.
Ihre Ehe war ein pragmatischer Kompromiss gewesen. So bezeichnete sie ihre Beziehung inzwischen, und sie wusste, wie das klang: erschreckend nüchtern. Sie waren seit zehn Jahren ein gut eingespieltes Team. Der kleine Reiterhof mit Pension lief hervorragend, die Verteilung der Aufgaben bewährte sich bestens, und die Hürden, die das Leben für sie bereithielt, waren immer gerade so hoch, dass sie sich überwinden ließen – nicht immer leicht und elegant, aber letztlich erfolgreich und ohne großartige Blessuren. Das Leben lief wie am Schnürchen, manchmal ruckelte es, und dass etwas fehlte, war ihr anfangs unterschwellig, dann immer deutlicher klar geworden. Georg war ein zuverlässiger Partner, warmherzig und freundlich, humorvoll und aufmerksam. Ein Mann, der nie haderte, sondern immer das Positive hervorhob, der nichts infrage stellte und stets ein Lächeln auf den Lippen hatte. Ihre Entscheidung füreinander und für dieses Leben war – ja: folgerichtig gewesen. Bis sie Chris kennenlernte. Der Mann mit den ebenso leidenschaftlichen wie mitreißenden Stimmungen und einem wundervollen Lachen. Der mit einem tiefen Blick ihr Innerstes gesehen und ohne Zögern berührt hatte. Sie hatte noch am selben Abend mit ihm geschlafen, ohne auch nur einen Augenblick darüber nachzudenken, welche Grenze sie damit überschritt – das erschütterte sie noch heute.
Tanja strich sich mit dem Handrücken über die Stirn. Stimmte das überhaupt? Nein. Es hatte sie zutiefst erschüttert, wie schnell sie bereit gewesen war, ihre Ehe aufs Spiel zu setzen, infrage zu stellen. Aufzugeben. Vielleicht weiß Georg es längst und will es nicht wahrhaben, überlegte sie weiter, während sie hinter Lietzow Richtung Ralswiek weiterfuhr, links und rechts den Bodden hinter sich ließ und in den frostdurchwebten Winternachtwald eintauchte. Tanja liebte die Fahrten durch die dunklen kraftvollen Wälder der Insel, zu nächtlicher Stunde schienen sie von geheimnisvollem Rauschen erfüllt. Sie atmete tief und gleichmäßig. Noch heute Nacht rede ich mit ihm und lege die Karten auf den Tisch – spätestens morgen früh, nach dem Frühstück, wenn die ersten Aufgaben des Tages bereits erledigt sind. Wir werden uns aussprechen und eine Lösung finden – für alles, was dann geregelt werden muss. Ich hoffe, ich kann deinen Schmerz aushalten, dachte sie beklommen.
Entgegenkommende Scheinwerfer flammten plötzlich auf, durchschnitten die Schwärze und kamen schnell näher. Noch ein Nachtschwärmer, dachte Tanja und schob die schweren Gedanken beiseite. Sie kniff die Augen zusammen – der Fahrer hatte das Fernlicht bislang nicht ausgeschaltet. Sie ging vom Gas herunter und blickte kurz zur Seite, um nicht geblendet zu werden. Dann blendete sie selbst auf, in der Hoffnung, der andere würde reagieren, doch das geschah nicht. Das gleißende Weiß der Scheinwerfer schmerzte. Pass doch auf!, dachte sie. Und auf einmal ging alles sehr schnell. Das Fahrzeug näherte sich mit hoher Geschwindigkeit und wechselte für Sekundenbruchteile abrupt zur Mitte und schließlich sogar auf die andere Straßenseite, als würde es zu torkeln beginnen. Tanja wich mit schreckgeweiteten Augen weit nach rechts aus und verhinderte einen frontalen Zusammenstoß nur um wenige Zentimeter. Sie stieg auf die Bremse, ihr Wagen geriet ins Schlingern, scherte aus, krachte mit der Beifahrerseite gegen einen Baum, und in dem Moment, als sie dachte, dass sie gerade noch einmal Glück gehabt hatte, durchfuhr sie ein scharfer Schmerz, und sie verlor das Bewusstsein.
Als sie das erste Mal zu sich kam, wunderte sie sich über ihre seltsame Haltung, bis sie begriff, dass ihr Wagen auf der Seite lag. Es roch seltsam. Sie konnte ihren rechten Arm nicht bewegen, und ihre Beine waren irgendwo eingeklemmt. Angst durchströmte sie mit schneidender Schärfe. Sie versuchte zu schreien, doch heraus kam nur ein leises Röcheln und Wimmern. Sie blickte zur Seite, als sie eine Bewegung wahrnahm. Ein schemenhaftes Gesicht tauchte neben ihr auf. Sie starrte in das Antlitz, und das dunkle Augenpaar starrte stumm zurück. Ein Sanitäter, dachte sie – ich bin gerettet. Sie fing an zu weinen und verlor erneut das Bewusstsein.
Als sie das zweite Mal zu sich kam, hörte sie Stimmen. Dann war sie auf dem Weg ins Krankenhaus. Sie hörte den schrillen Klang der Sirene, während ein Arzt mit ihr beschäftigt war. Blaulicht zitterte durch die Nacht. »Die andere Frau hat es nicht geschafft«, sagte die Rettungssanitäterin neben ihr, während sich der Arzt über sie beugte. »Sie ist frontal gegen den Baum gekracht. Warum rasen die Leute durch die winterkalte Nacht?«
»Die Frage stelle ich mir seit zwanzig Jahren.«
Und ich … habe ich es geschafft?, dachte Tanja. Der Arzt musterte sie aufmerksam und strich ihr übers Gesicht. »Sie sind schwer verletzt, aber Sie schaffen das.«
Damit lag er richtig. Es war ein langer Weg. Sie musste mehrmals operiert werden. Von ihren Rücken- und Beinverletzungen erholte sie sich fast komplett, doch das Schädeltrauma hinterließ tiefe Spuren. Sie hatte Mühe mit dem Gedächtnis, komplette Episoden aus den letzten Monaten waren restlos verschwunden – dazu gehörte das neue Pferd, das sie kürzlich angeschafft hatten, Kleidungsstücke, die ihr unbekannt vorkamen, und die Stimme eines Mannes, der sie mehrfach anrief, löste Verwirrung in ihr aus. Wer war Chris? Einmal tauchte ein fremder Mann im Krankenhaus auf – er blieb einen Moment stumm in der offenen Tür stehen, und der tiefe Schmerz in seinen Augen bestürzte sie selbst auf die Entfernung. Dann drehte er sich abrupt zur Seite und verschwand ohne ein Wort.
Manchmal schreckte sie aus dem Schlaf hoch, und der Geruch jener Nacht stieg in ihr hoch, die Beklemmung und Panik, und plötzlich sah sie wieder das bleiche Gesicht mit den dunklen Augen, das sich zu ihr heruntergebeugt hatte. Ein Traum, eine Vision, ein einziges Durcheinander ihres malträtierten Gehirns, entstanden durch die schweren Kopfverletzungen und den Schock, erklärte sie sich jedes Mal. Niemand hatte nach ihr gesehen, die Frau aus dem anderen Wagen war direkt gegen einen Baum gefahren und sofort tot gewesen.
Der Mann lehnte am Stamm einer Buche, »als würde er eine Pause einlegen und die wundervolle Atmosphäre des Waldes auf sich wirken lassen« – so hatte der Spaziergänger, der bei einer frühmorgendlichen Wanderung im Jasmund in der Nähe des Großsteingrabs Hagen-Stubnitz auf die Leiche gestoßen war, die Auffindesituation beschrieben. Und in seiner Stimme hatten zugleich Schock und Verwunderung mitgeschwungen.
Kommissarin Romy Beccare zog die Schultern hoch und hüllte ihr Gesicht gegen den eisigen Wind tief in ihren Schal, während sie näher trat und die auf bizarre Weise bezaubernde Atmosphäre auf sich wirken ließ. Der Schnee verschluckte sämtliche schrillen Geräusche. Die Geschäftigkeit der Kriminaltechniker klang ungewohnt gedämpft, sanft, wie ein andächtiges Flüstern im Winterwald, Romy neigte den Kopf seitlich und musterte das Gesicht des Toten – sein ebenmäßiges junges Antlitz wirkte selbst in diesem Moment apart, im dunklen Haar und auf den Wimpern hatten sich Schneeflocken verfangen, die geöffneten Augen blickten selbstvergessen in den Wald, seine Hände ruhten auf den Oberschenkeln, die Beine waren ausgestreckt.
Romy riss sich von dem Anblick los, als ein leises Räuspern hinter ihr erklang, und drehte sich rasch um.
Doktor Möller aus der Rechtsmedizin nickte ihr zu. »Er sieht nur von vorne so gut aus«, erklärte er nach kurzer Begrüßung und ging voran auf die andere Seite des Baumstamms. Getrocknetes Blut bedeckte den Hinterkopf und war bis weit über die Schultern erkennbar – als gefrorene dunkle Schicht.
»Stumpfe Gewalt?«, fragte Romy, während sie sich hinabbeugte.
»Sieht ganz so aus. Ein heftiger Schlag, vermute ich. Eine Tatwaffe hat sich bislang nicht angefunden, und was die sonstige Spurenlage angeht …« Möller ließ den Satz unvollendet und deutete eine unbestimmte Handbewegung an.
Es hatte auch nachts geschneit, dachte Romy und richtete sich wieder auf. Spuren ließen sich kaum noch sichern, geschweige denn Schlussfolgerungen ableiten.
»Was ist hier passiert?«, fragte sie halblaut und blickte den seit Jahren vertrauten Rechtsmediziner an, der so manche Ermittlung entscheidend begleitet hatte und ihr beharrliches Nachforschen auch über die juristisch bedeutsamen Fakten hinaus selten infrage stellte. »Ein Streit, der eskaliert ist?« Sie schüttelte den Kopf. »Das passt nicht zur Auffindesituation. Warum sollte der Täter sein Opfer anschließend auf diese Weise zurücklassen?«
»Vielleicht hat er sich schwer verletzt bis an den Baum geschleppt, ist dann dort sitzen geblieben und verstorben, womöglich erst nach einiger Zeit«, gab Möller zu bedenken. »Kopfverletzungen sind tückisch, und nicht immer zeigt sich augenblicklich das gesamte Ausmaß des Traumas.«
»Ich verstehe. Doch ein Streit, ein Handgemenge hätte auch andere Verletzungen und Spuren auf der Kleidung hinterlassen«, wandte sie ein. »Davon ist auf den ersten Blick nichts zu erkennen.«
Möller nickte nachdenklich. »Stimmt. Aber genauer werden wir das erst einschätzen können, wenn ich ihn auf dem Tisch habe.«
»Ein geplanter Mord?«, überlegte Romy nach kurzer Pause weiter. »Ausgerechnet hier draußen, im Jasmund?«
»Warum nicht hier? Er wird erst am nächsten Tag gefunden, das lässt dem Täter viel Zeit.«
Das war ein Argument, dachte Romy. »Was auch immer hier passiert ist – wann könnte es ungefähr geschehen sein?«, fragte sie schließlich weiter. »Eine Schätzung würde mir genügen.«
»Irgendwann gestern – in den späten Nachmittags-, frühen Abendstunden. Es war eisig in der Nacht – das erschwert eine erste Beurteilung natürlich.«
Romy sah sich um, als sie knirschende Schritte hinter sich hörte. Marco Buhl, der Leiter der Kriminaltechnik, trat näher. Er grüßte mit einem kaum wahrnehmbaren Nicken. »Benjamin Koller, zwanzig Jahre alt, Student, gebürtiger Sassnitzer«, erklärte er dann gewohnt knapp. »Er hatte seinen Studentenausweis und Handy dabei. Alles Weitere wird bereits gecheckt. Du erfährst es so schnell wie möglich.« Damit wandte er sich wieder ab.
»Buhl?«
»Ja – wir suchen weiter die Gegend ab, weiträumig natürlich«, entgegnete er kurzangebunden. »Wie üblich. Aber mach dir keine Hoffnung auf aussagefähige Spuren und schnelle Ergebnisse.« Damit stapfte er davon.
Wenn Romy nicht wüsste, dass Buhl sich fast immer so oder so ähnlich verhielt, würde sie ihn für unhöflich und abweisend, nahezu feindselig halten. Sie wusste längst, dass ihm junge Opfer zu schaffen machten und ihn besondere Brutalität aufwühlte.
Romy machte sich wenig später auf den Weg ins Kommissariat nach Bergen, wo der Kollege Maximilian Breder bereits mit einem ersten Hintergrundcheck auf sie wartete. Sie goss sich einen Kaffee ein und verzog nach dem ersten Schluck das Gesicht – das Gebräu schmeckte bemerkenswert scheußlich. Fine, du fehlst, dachte sie und seufzte. Fine Rohlbart, die jahrzehntelang gute Seele der Bergener Polizei, hatte sich nach längerer Krankheit inzwischen in den Ruhestand verabschiedet, und das war täglich spürbar, nicht nur im Hinblick auf köstliche Imbisse, mit denen sie das Team stets verwöhnt hatte. Ihre ordnende Hand, die dröhnende Stimme, Übersicht und ein reichhaltiger Schatz an Erfahrungen fehlten an allen Ecken und Enden im Kommissariat. Die junge Polizistin, die bereits vor geraumer Zeit einen Teil ihrer Aufgaben übernommen hatte, konnte sie – natürlich! – nicht ersetzen. Im Übrigen war die Beamtin der Meinung, dass es keineswegs zu ihren Pflichten gehörte, Ermittler und Kommissarinnen stets mit frischem Kaffee und kleinen, liebevoll zubereiteten Mahlzeiten zu verwöhnen – und dagegen ließ sich kaum etwas einwenden.
Max warf Romy einen schrägen Blick zu. »Du solltest auf Tee umsteigen«, meinte er in lakonischem Ton.
»So tief bin ich nun wirklich noch nicht gesunken. Lieber koche ich den Kaffee selbst.«
Max zuckte mit den Schultern und setzte sich mit dem Tablet an den runden Tisch im Besprechungsraum. Er wartete geduldig, bis Romy sich mit frischgekochtem Kaffee versorgt hatte, neben ihm Platz nahm und ihm einen auffordernden Blick zuwarf. »Leg los, Kollege. Ich weiß bisher nur, dass das Opfer gerade mal zwanzig Jahre alt geworden ist und aus Sassnitz stammt. Was immer da gestern Nachmittag oder Abend passiert ist – die Auffindesituation gibt nichts dazu her.«
»Benjamin Koller hatte kürzlich mit dem Studium in Stralsund angefangen«, begann Max mit seinem Bericht. »Medizintechnik. Nebenbei hat er ein Praktikum in einer kleinen Firma absolviert …« Er unterbrach kurz und hob den Blick. »Er hat mit seinem zwei Jahre jüngeren Bruder Jakob zusammengelebt, nachdem die Eltern kurz hintereinander vor ungefähr einem Jahr verstorben sind.«
Romy stellte ihre Tasse wieder ab und starrte Max bestürzt an.
»Eine Familientragödie – die Mutter war bei einem Autounfall im letzten Winter ums Leben gekommen, der Vater Robert hat sich wenig später das Leben genommen«, fuhr Max fort. »Seitdem versuchen die beiden offenbar, das Leben gemeinsam zu meistern. Jakob geht noch zur Schule – er bereitet sich aufs Abitur vor.«
Romy war tief betroffen – innerhalb von gut einem Jahr waren drei von vier Familienmitgliedern tot, und Benjamin war zudem das Opfer einer Gewalttat geworden. Das war schwer zu verdauen.
»Meine Güte«, sagte sie leise. »Wie bringen wir das dem Bruder bei?« Dazu sagte Max nichts. Sie stand langsam auf, blickte einen Moment unschlüssig zum Fenster hinaus. Dann griff sie nach ihrer Jacke. »Ich fahre direkt nach Sassnitz«, erklärte sie dann. »Die Adresse …«
»Hast du schon auf deinem Handy«, warf Max ein. »Und ich spreche mich sofort mit den Stralsundern ab und erweitere den Hintergrundcheck. Handydaten folgen bestimmt auch in Kürze.«
»Gut. Alles Weitere dann später.«
Jakob und Benjamin wohnten in ihrem Elternhaus im westlichen Sassnitz an der Mukraner Straße – eine beschauliche Gegend mit Ein- und Mehrfamilienhäusern, Schule, Sportanlagen, kleineren Pensionen, nicht weit vom Schmetterlingspark entfernt. Als Romy aus dem Wagen stieg, war es gerade mal zehn Uhr – sie hatte Jakob Koller von unterwegs angerufen, nachdem sie kurz mit Jan gesprochen hatte, dem Leiter des Kommissariats in Stralsund, ihr direkter Vorgesetzter und darüber hinaus seit einigen Jahren ihr Ehemann. Bei Mordermittlungen auf Rügen ließ er ihr meist freie Hand und unterstützte sie mit bewährten Leuten aus seinem Team in der Hansestadt. Seitdem er auch häufig Aufgaben für das LKA übernahm, musste Romy ohnehin das Gros der Ermittlungen auf der Insel leiten.
Jakob Koller war noch nicht zur Schule aufgebrochen und würde auf sie warten, hatte er ihr am Telefon versichert. Worum genau es ging, hatte sie ihm nicht gesagt.
Romy warf einen Blick auf die Fassade und das Grundstück. Das Haus war eher klein und wirkte bescheiden, wahrscheinlich stammte es aus den 1960er Jahren. Der winterliche Garten lag karg und still im Morgenlicht, eine Schneeschaufel lehnte an der Garagenwand. Über der Tür hing eine Lichterkette. Romy atmete einmal tief durch, bevor sie die Hand auf die Pforte legte und eintrat. Die Haustür öffnete sich, als sie gerade klingeln wollte.
Jakob Koller war höchstens mittelgroß und von schmaler Statur, das dunkle Haar fiel ihm halblang über die Schultern. Er blickte ihr aus tiefblauen Augen entgegen, und Romy stockte für einen Moment der Atem. Der Achtzehnjährige wirkte deutlich jünger, ein zarter Jugendlicher, ein Teenager, der sich auf das Abitur vorbereitete, in seiner Freizeit vielleicht mit dem Skateboard unterwegs war oder bis tief in die Nacht Computerspiele zockte und nun den nächsten furchtbaren Schicksalsschlag verkraften musste.
»Kommen Sie herein«, sagte er, nachdem Romy sich vorgestellt hatte. Seine Stimme war erstaunlich kraftvoll und dunkel, sein Blick unter den dichten Wimpern direkt und ohne Scheu. Er ging voraus durch die enge Diele in die Küche – ein heller großer Raum, der gut geheizt war. Bunte Vorhänge umrahmten ein großes Fenster, in dem Weihnachtsschmuck angebracht war. Die Einrichtung dürfte gut und gerne zwanzig Jahre alt sein, wirkte aber erstaunlich aufgeräumt – sofern es Überraschung hervorrief, dass zwei junge Männer auf sich gestellt keine Mühe hatten, gemeinsam einen Haushalt in Schwung zu halten und für Ordnung zu sorgen. Die Voreingenommenheit war bei den beiden völlig fehl am Platz, dachte Romy. Sie war sicher, dass ihre Küche an manchen Tagen ganz anders aussah.
Sie nahm in der alten Holzbank unter dem Fenster Platz, während Jakob Koller sich einen Kaffee eingoss. »Möchten Sie auch?«, fragte er in höflichem Ton.
Sie schüttelte den Kopf. Er setzte sich zu ihr und sah sie fragend an. Die Situation fühlte sich fremd an. Romy war angespannt, sie legte die Hände auf den Tisch und zögerte. Sie überbrachte weiß Gott nicht zum ersten Mal eine Todesnachricht, aber sie konnte sich an keinen Angehörigenbesuch erinnern, bei dem sie einem Schüler klarmachen musste, dass er von nun ganz auf sich allein gestellt sein würde. Sie hoffte, dass es noch andere Verwandte gab, bei denen der Achtzehnjährige Unterstützung finden könnte.
Einen Moment lang wunderte sie sich über Jakobs Zurückhaltung. Müsste es ihn nicht irritieren, dass die Polizei am Morgen bei ihm aufkreuzte? Und wäre es nicht zu erwarten, dass er sie mit Fragen löcherte? Oder zumindest Verwunderung zum Ausdruck brachte? Wahrscheinlich gehörte er nicht zu den Menschen, die spontan reagierten und vorschnell Befürchtungen hegten. »Ich habe eine schlimme Nachricht für Sie«, sagte sie schließlich.
Er schloss die Hände um seine Tasse. »Worum geht es?«
»Um Ihren Bruder.«
Jakob runzelte die Stirn. »Ben ist längst unterwegs«, erklärte er rasch. »Er steht oft vor mir auf und …« Er stockte plötzlich und löste die Finger von der Tasse. »Gab es etwa einen Unfall? Schon wieder?«, schob er nach. »Das hatten wir doch erst …«
»Wir haben Benjamin heute Morgen tot aufgefunden.« Romy lauschte dem Klang ihrer Worte nach, während sie Jakobs Blick festhielt. Seine Miene erstarrte. Plötzlich schüttelte er den Kopf, ein verkrampftes Lächeln flog über sein Gesicht. »Das ist nicht möglich«, erklärte er. »Das kann gar nicht sein …« Er griff wieder nach seiner Tasse, sah Romy an und schüttelte erneut den Kopf. »Sie müssen sich irren!«
»Wann haben Sie Ihren Bruder zum letzten Mal gesehen?«
»Gestern Morgen.«
»War er mit dem Auto unterwegs?«
»Ja – er ist in die Uni gefahren und hat mich an der Schule abgesetzt«, antwortete Jakob leise. »Das machen wir manchmal so, wenn es passt.« Er hob das Kinn. »Was ist passiert?«
»Das wissen wir noch nicht. Wir wissen nur, dass er …«
»Wo haben Sie ihn gefunden?«
»Im Jasmund. In der Nähe von Hagen. Wir können zurzeit nicht ausschließen, dass ein Gewaltdelikt vorliegt.«
Romy schüttelte den Kopf. Ein gestelzter Satz, der mühsam verschleiern sollte, dass ein zwanzigjähriger Student erschlagen worden war – davon jedenfalls mussten sie im Moment ausgehen, auch wenn andere Optionen noch nicht völlig auszuschließen waren.
Jakob stand langsam auf, verharrte einen Moment und goss sich dann Kaffee nach. Stille trat ein. Romy hörte sein Atmen. Abrupt drehte er sich um. »Er wurde ermordet? Wollen Sie das sagen?«
»Wir können noch nicht mit Bestimmtheit sagen, was geschehen ist. Dazu ist die Auffindesituation nicht klar genug.«
»Die Auffindesituation«, wiederholte Jakob und schüttelte den Kopf. Er setzte sich wieder und blickte Romy an.
»Ich weiß, wie das klingt, Jakob. Ich muss so sachlich wie möglich bleiben.«
Er nickte langsam.
»Erzählen Sie bitte einfach weiter, sofern es Ihnen möglich ist – was war nach der Uni? Hatten Sie noch mal Kontakt zu Benjamin?«
»Er war im Betrieb – er macht ein Praktikum. Auf dem Heimweg hat er sich kurz gemeldet …«
»Wann war das?«
»Am frühen Nachmittag. Er hat angerufen …« Jakob griff nach seinem Smartphone. »Halb drei«, fügte er nach kurzem Blick in die Anrufliste hinzu. »Er wollte noch ein paar Besorgungen machen und dann nach Hause kommen.«
»Hat er erwähnt, dass er in den Jasmund wollte?«
»Nein, aber … Er liebte die Region der Insel ganz besonders.«
Das tue ich auch, dachte Romy. »Halten Sie es für möglich, dass er sich entschied, einen spontanen Abstecher zu machen?«
»Das würde ich nicht ausschließen«, meinte Jakob. »Er hat die Buchen geliebt – zu jeder Jahreszeit.«
Für einen Moment trat Stille ein.
»Ich war den ganzen Tag in der Schule und bin direkt danach zum Sport gefahren«, fuhr Jakob fort. »Es war spät, als ich nach Hause kam. Ich hatte mir etwas zu essen mitgebracht und bin sofort in mein Zimmer gegangen.«
Romy runzelte die Stirn. »Haben Sie nicht bemerkt …«
»Es war Licht in seinem Zimmer, aber es blieb still. Ich dachte, dass er die Kopfhörer auf den Ohren hatte und nicht gestört werden wollte. Das war nicht ungewöhnlich.«
Wieso brannte das Licht?, dachte Romy. »Und heute früh?«
»Heute wäre sein früher Tag gewesen – da steht er um halb sechs auf und fährt zeitig los. Ich höre ihn dann selten.« Jakob erhob sich plötzlich. »Lassen Sie uns nach oben gehen.«
Romy folgte ihm die enge Treppe in den ersten Stock. Jakob öffnete die Tür zu Benjamins Zimmer und schob sie weit auf. Das Nachtlicht brannte immer noch – er hatte es am gestrigen Morgen vergessen auszuschalten, resümierte Romy. Einige Bücher, Notizhefte und Stifte lagen auf dem Schreibtisch; ein paar Kleidungsstücke waren über einem Sessel ausgebreitet, aber auch dieser Raum wirkte bemerkenswert aufgeräumt. Hinter der Tür stand ein schmaler Kleiderschrank, ein Regal war neben den Schreibtisch gedrängt. Es enthielt weitestgehend Ordner und Unimaterial, wie Romy mit einem schnellen Blick erfasste. Sie trat ein und ließ die Atmosphäre auf sich wirken.
»Er hat Medizintechnik studiert«, bemerkte Jakob.
Romy sah sich um. Ein PC war nirgends zu sehen. »Wissen Sie, ob er einen Laptop dabeihatte?«
»Ja, natürlich. In der Uni hat er ihn immer dabei.«
Die Techniker hatten nur das Handy und den Studentenausweis bei ihm entdeckt, überlegte Romy. Und bislang gab es auch keine Spuren vom Wagen. Ein Überfall am Parkplatz? Oder jemand war ihm von dort gefolgt und hatte ihm nach dem Angriff die Autoschlüssel abgenommen.
Jakob rieb sich mit dem Unterarm über die Stirn. »Ich habe nicht bemerkt, dass er gar nicht zu Hause war«, flüsterte er, und leises Entsetzen kroch über sein Gesicht. »Wie furchtbar!«
»Sie konnten doch nicht ahnen, dass …«
Er sah sie an. »Nein, aber der Gedanke, dass er …« Jakob ließ den Satz unvollendet.
»Wir müssen uns hier noch genauer umsehen«, ergriff Romy wieder das Wort, und sie bemühte sich um einen sachlichen Ton. »Kollegen von mir werden demnächst eintreffen und alles gründlich durchsuchen. In der Zwischenzeit versuchen wir Benjamins Tagesablauf zu rekonstruieren und suchen nach Zeugen.«
»Ich verstehe.«
Romy wandte sich zur Tür, und sie gingen nach unten.
»Kann ich etwas für Sie tun?«, fragte sie einen Moment später. »Haben Sie Freunde, Familienangehörige, die jetzt für Sie da sind?«
»Ich komme klar«, erwiderte Jakob in ruhigem Ton und legte die Hände ineinander. »Ich kenne das schon. Man muss die Ruhe bewahren und das Nächstliegende tun. Das nimmt dem Schock die erste Wucht. Und wenn er sich später zurückmeldet, ist man besser vorbereitet.«
Romy holte tief Luft. Das war eine bemerkenswerte Reaktion. »Ich werde den psychologischen Dienst der Polizei benachrichtigen.«
»Das ist nicht nötig …«
»Das sehe ich anders.«
Jakob lächelte plötzlich mit bleichen Lippen. »Sie sind sehr besorgt. Danke.«
Wenig später saß Romy im Wagen. Ein Frösteln durchfuhr sie. Ein Achtzehnjähriger, der sich bereits zum dritten Mal innerhalb eines Jahres mit Schock- und Trauerbewältigung befassen musste und plötzlich völlig auf sich allein gestellt war. Sie hatte Mühe, sich seine Gefühlslage auszumalen. Vielleicht sollte sie es gar nicht erst versuchen.
Sie startete den Motor und aktivierte ihr Headset. Kurz darauf sprach sie mit Jan. Er sagte ihr zu, dass er eine Beamtin vom psychologischen Dienst vorbeischicken würde. »Das ist eine schreckliche Geschichte«, erklärte sie dann. »Ich hoffe sehr, dass wir bald Ansatzpunkte finden.«
»Sag Bescheid, sobald du Unterstützung brauchst. Finn ist im Moment zwar auf einem Lehrgang, aber er ist sicherlich sofort bereit, bei dem Fall mitzuwirken.«
Der junge Beamte aus Jans Stralsunder Team, der auf den ersten Blick wie ein Teenager wirkte, hatte die letzten Ermittlungen auf Rügen auf engagierte Weise begleitet. Die Zusammenarbeit hatte sich bewährt.
»Wir können auch Ruth fragen«, fuhr Jan fort. »Das entscheidest du.«
»Okay. Warten wir zunächst erst einmal ab, was sich an Hinweisen ergibt …«
»Romy?«
»Er ist gerade einmal achtzehn«, sagte sie leise und bog an der nächsten Kreuzung kurzentschlossen in Richtung Jasmund ab. »Und er steht jetzt ganz allein da, nachdem die Brüder im letzten Jahr die Eltern kurz hintereinander verloren haben. Das ist zutiefst erschütternd.«
»Du wirst herausfinden, was geschehen ist.«
»Das hoffe ich sehr. Bis später.«
Romy unterbrach die Verbindung und konzentrierte sich auf den Verkehr. Es hatte zu schneien begonnen, und die Straßen waren teilweise glatt. Der Winter war in diesem Jahr ungewöhnlich früh hereingebrochen. Bäume und Wiesen sahen wie verzaubert aus, die Buchen des Jasmund stemmten sich trotzig der Kälte entgegen. Die See lag kristallklar unter einem weitgespannten Himmel.
Ruth Kranold tauchte vor Romys innerem Auge auf. Die Exkommissarin aus Greifswald – eine schmale Frau Mitte fünfzig mit irritierend weißem Haar und Augen in eindringlichem Blau hatte sich bereits vor etlichen Jahren in den Vorruhestand verabschiedet und stand seitdem lediglich hin und wieder als Springerin zur Verfügung, sobald ihre Expertise gefragt war oder das Insel-Team Unterstützung benötigte. Zu DDR-Zeiten hatte Ruth sich ungeniert so ziemlich mit jedem angelegt, der seinerzeit etwas zu sagen gehabt hatte, um sich dann nach der Wende komplett auf ihren Job als leitende Kommissarin zu konzentrieren und in Greifswald ein gut aufeinander eingespieltes Team aufzubauen. Sie war stark und bewies auch in engen Situationen Chuzpe, wie Kasper Schneider die Kollegin beschrieben hatte, nachdem Ruth und Romy das erste Mal miteinander zu tun gehabt hatten und prompt heftig aneinandergeraten waren – nun war auch Kasper pensioniert und der erste Streit mit Ruth längst vergessen.
Die Greifswalderin war eine in sich ruhende Persönlichkeit mit großer Ausstrahlung; souverän, unbeirrbar, gradlinig. Nach einem Überfall durch jugendliche Straftäter, aus deren Fängen sie sich nur hatte befreien können, indem sie den Anführer tötete, hatte sie den Dienst quittiert. Nun lebte sie auf einem abgelegenen Hof außerhalb von Greifswald, kümmerte sich um Hühner und selbstgezogenes Gemüse und verkaufte geschnitztes Holzspielzeug. Das Anwesen stammte aus dem vorletzten Jahrhundert, wirkte wehrhaft und passte hervorragend zu Ruth. Ihre Entscheidung war ein rabiater Schnitt gewesen, der Ruths Persönlichkeit eindringlich widerspiegelte. Sie entschied sich für Weiß oder Schwarz, selten für Zwischentöne. Vor gut zwei Jahren hatte sie Ina, eine obdachlose junge Frau aufgenommen, die mehrfach Opfer von Gewalt geworden war. Seitdem lebten die beiden gemeinsam ein Einsiedlerinnenleben, aus dem Ruth nur hin und wieder ausbrach – zum Beispiel, um Ermittlungen zu unterstützen. Ihr letzter gemeinsamer Einsatz lag ein gutes Jahr zurück, seitdem hatte Romy nur hin und wieder mit ihr telefoniert.
Einmal hat sie mir sogar das Leben gerettet, dachte Romy abschließend, als sie in Hagen auf den Parkplatz fuhr. Sie stieg aus und atmete die eisige Luft tief ein, während sie sich umsah. Nur wenige Fahrzeuge standen auf dem verschneiten Platz. In der Hochsaison standen die Wagen und Caravans auf dem großen Gelände eng aneinandergepfercht, und es war kaum ein Durchkommen. Nun herrschte winterliche Ruhe. Der kleine Imbisswagen hatte geschlossen. Lediglich ein einzelner umgebauter Transporter stand am äußersten Ende des Caravanplatzes.
Romy zückte ihr Handy und rief Marco Buhl an. Der Leiter des Technikteams stellte die Verbindung nach dem zweiten Klingeln her. »Wir haben noch nichts, Romy«, erklärte er sofort.
»Benjamin war mit dem Wagen unterwegs, wie sein Bruder mir bestätigt hat«, entgegnete sie. »Ich bin gerade in Hagen. Möglich, dass er hier geparkt hat.«
»Möglich ist vieles. Meine Leute waren da übrigens auch schon. Der Schneefall hat längst alle Spuren überdeckt. Und Zeugen wird es auch nicht geben.«
»Hier steht ein einzelner …«
»Ja, so ein Allwettercamper – ich weiß«, warf Buhl in gereiztem Ton ein. »Der Typ hat noch gepennt, als wir heute Morgen da aufkreuzten. Er roch mächtig nach Schnaps und hat nichts mitgekriegt. Ich schätze, alles Weitere kann man sich sparen.«
»Vielleicht. Ich werde ihn trotzdem noch mal ansprechen.«
»Tu das.« Buhls Stimme knarzte vor Unmut.
»Kollege – ich bin genauso frustriert und entsetzt wie du!«, hielt Romy ihm entgegen. »Aber irgendwo müssen wir ja anfangen.«
»Ja, schon klar. Tut mir leid …« Buhl stieß ein Seufzen aus. »Hast du das damals eigentlich mitbekommen mit den Eltern?«, schob er schließlich nach.
»Nur am Rande.«
»Die Mutter ist im letzten Winter hinter Lietzow von der Straße gerutscht und frontal gegen einen Baum gekracht. Dabei hat es sogar noch die Fahrerin eines entgegenkommenden Autos erwischt! Glücklicherweise überlebte die, wenn auch mit schweren Verletzungen. Und wenig später nimmt der Vater sich das Leben – hat einen Schlauch über den Auspuff gezogen und ins Wageninnere geleitet – aus, vorbei. Der Jüngere hat ihn gefunden, und nun der Bruder … So ein Scheiß aber auch! Bis später.« Es klackte, und damit war das Gespräch beendet. Buhl hatte ein verdammt weiches Herz, und manche Fälle gingen ihm richtig nah, aber sagen durfte man ihm das natürlich auf keinen Fall.
Romy steckte das Smartphone wieder ein und wandte sich in Richtung des Transporters – ein alter Ford mit zig Aufklebern zu allen möglichen Themen, bunten Fähnchen aus zwei Dutzend Ländern und einem fantasievollen Dachaufbau, der den TÜV sicherlich eine Weile beschäftigt haben dürfte, bevor er genehmigt wurde. Als sie näher kam, schwang die Seitentür auf. Ein baumlanger Kerl mit Vollbart, in dem sich vereinzeltes Grau zeigte, und verwuscheltem Haarschopf setzte sich mit einem Kaffeepott in die Türöffnung. Dampf stieg über seiner Tasse auf. Er blies ihn beiseite, trank einen Schluck und blickte Romy unter buschigen Brauen ruhig entgegen.
Sie schätzte den Mann auf Ende vierzig, der dicke Pullover hatte sicher schon bessere Tage gesehen, die Stiefel wirkten abgewetzt von langen Wanderungen, und die Outdoorhose hatte auch schon einiges mitgemacht. Romy zückte im Näherkommen ihren Ausweis. »Darf ich Ihnen ein paar Fragen stellen?«
Er reckte den Hals. »Polizei? Muss ich mich vom Acker machen?« Er warf einen Blick in die Runde. »Ist doch gerade genug Platz, und ich störe niemanden. Außerdem fahre ich nachher sowieso weiter.«
Romy lächelte. »Glaube ich Ihnen gerne. Aber es geht um etwas anderes. Kollegen von mir haben Sie bereits heute Morgen befragt, und ich …«
»Stimmt. Das war zu nachtschlafender Zeit.« Er zuckte mit den Achseln. »Ich habe nichts beobachtet – weder heute Morgen noch gestern. Tut mir leid. Was ist denn passiert?« Er trank einen Schluck.
»Wir untersuchen ein Gewaltdelikt, und das Opfer hat womöglich gestern Nachmittag hier geparkt.«
»Automarke?«
Romy zog das Handy aus der Tasche und rief eine Datei von Max auf, in der auch das Fahrzeug von Benjamin erwähnt war. »Ein dunkelblauer BMW, gut zehn Jahre alt«, las sie vor.
»Na ja – warum sollte er die Kiste auf dem Caravanplatz abstellen? Vorne ist doch auch genug Platz.«
»Der Einwand ist berechtigt, aber es stellt sich trotzdem die Frage, ob Sie etwas beobachtet haben – da so wenig los ist, könnte Ihnen ein einzelnes Fahrzeug oder auch ein Spaziergänger durchaus aufgefallen sein.«
Der Wintercamper nickte nachdenklich und senkte dann den Blick auf ein Foto von Benjamin, das Romy angeklickt hatte. »Wir vermuten, dass der junge Mann gestern Nachmittag hier in der Gegend spazieren gegangen ist.«
Achselzucken. »Wie gesagt – ich habe nichts bemerkt. Am Nachmittag sagen Sie? Da war ich selbst eine Weile unterwegs, das Wetter war ganz wunderbar. Und später habe ich mir ein Bier gegönnt, es können auch zwei gewesen sein. Ich habe mich aufs Ohr gehauen und war später nur noch mal kurz draußen, um zu … mir die Beine zu vertreten.«
»Verstehe.« Romy nickte. »Ich würde mir trotzdem gerne Ihren Namen notieren, falls wir noch …«
»Schon klar.« Er hievte sich hoch und trat ins Wageninnere. Einen Moment später reichte er Romy seinen Ausweis. Bernd Ohlstedt war gebürtiger Rostocker.
Er behielt sie im Blick, während sie den Ausweis musterte.
»Danke.«
Ohlstedt tippte sich grüßend an die Stirn, während Romy sich abwandte und zu ihrem Wagen zurückging. Sie gab den Namen an Max weiter und machte sich auf den Weg ins Kommissariat.
In den nächsten beiden Tagen führten Romy und Max zahlreiche Gespräche im Umfeld der Uni und im Praktikumsbetrieb. Zu größeren Konflikten oder Streit konnte niemand etwas sagen; auch im Freundes- und Bekanntenkreis herrschte durchweg Entsetzen und Fassungslosigkeit. Sämtliche Befragten reagierten entsetzt auf die neuerliche Familientragödie. Hinweise auf hervorstechende oder auch nur auffällige Geschehnisse: Fehlanzeige. Benjamin habe aufgrund der Verantwortung für seinen Bruder unter großem Druck gestanden – das war die einhellige Beschreibung, und sie verwunderte wenig nach den tragischen Todesfällen.
In einem weiteren ausführlichen Gespräch, das Romy mit Jakob führte, konnte der sich bereits am Tag des Geschehens vermutete Ablauf im Abgleich mit den Auswertungen aus der Verkehrsüberwachung verifiziert werden. Benjamin war am Nachmittag auf die Insel zurückgekehrt und in Richtung Jasmund unterwegs gewesen. Danach verlor sich jede Spur, und bislang war das Fahrzeug nicht wieder aufgetaucht. Damit war die Möglichkeit eines tragischen Streits oder zufälligen Unfallgeschehens erst einmal vom Tisch. Der oder die Täter hatten Benjamin überfallen, niedergeschlagen und waren anschließend mit seinem Wagen geflohen – und zwar abseits von Strecken mit Verkehrsüberwachung. Die schlichte Frage lautete: warum? Was steckte hinter dem Mordgeschehen?
Max hatte Romy Hoffnung gemacht, dass der Wagen mittels der Laptopsuche entdeckt werden könnte – sofern man davon ausging, dass sich Benjamins Unikram noch im Auto befand. Doch auch an der Stelle kamen sie leider nicht weiter. Der Laptop konnte nicht nachverfolgt werden. »Da ist jemand sehr durchdacht vorgegangen und hat das Teil abgemeldet«, meinte Max nachdenklich.
»Welche Feinde hat ein zwanzigjähriger Student, dass sich der Täter solche Mühe macht?«, fragte Romy verblüfft.
»Was heißt schon Mühe? Der weiß wahrscheinlich einfach Bescheid und hat den Laptop offline geschaltet. Wie gesagt – ein durchdachtes Vorgehen, nicht mehr, aber auch nicht weniger.«
»Und was ist mit dem Handy? Gibt es dazu schon Erkenntnisse?«
»Wie man es nimmt. Ich habe aus einigen Mails schlussfolgern können, dass Benjamin sich kürzlich einen Computervirus eingefangen hat und sein System komplett neu aufsetzen musste.« Max verzog den Mund. »Ob es hier einen Zusammenhang mit dem Fall gibt, kann man nicht ausschließen, aber …« Er hob die Hände. »Das ist natürlich vorerst nur Spekulation.«
Drei Tage nach dem Leichenfund meldete sich die Großmutter der Brüder von väterlicher Seite – Rosalie Koller war Anfang siebzig, die einzige direkte Verwandte, die Jakob noch hatte. Sie lebte seit einigen Jahren bei Freunden in Süddeutschland. Romy hatte bereits mehrfach versucht, sie zu erreichen, und schließlich eine Nachricht hinterlassen.
Es war früher Morgen, Romy war gerade im Kommissariat eingetroffen, als ihr Handy klingelte. Sie setzte sich an den Besprechungstisch und winkte Max von Weitem kurz zur Begrüßung zu. »Guten Morgen, Frau Koller, danke für Ihren Rückruf«, sagte sie dann. »Ich nehme an, Sie haben bereits mit Ihrem Enkel gesprochen und wissen, was geschehen ist.«
»Er hat mich angerufen – ja …«
Romy wartete einen Moment, doch Rosalie Koller fügte nichts hinzu.
»Das Geschehen ist auch für uns schwer zu begreifen, erst recht, wenn man von den tragischen Ereignissen in der Familie Kenntnis hat«, fuhr Romy schließlich fort. »Wir haben bisher keinerlei Hinweise auf den Tathintergrund gewinnen können. Vielleicht können Sie uns weiterhelfen.«
»Wie kommen Sie darauf?« Kollers Stimme klang spröde.
Romy schlug ein Bein über das andere. »Nun, ich nehme an, Sie hatten als einzige Verwandte der Brüder lebhaften Kontakt zu Ihren beiden …«
»Das ist ein Irrtum.«
Romy stutzte.
»Ich lebe seit vielen Jahren in Süddeutschland. Das Verhältnis zu meinen Enkeln war nie besonders ausgeprägt.«
»Auch nicht nach dem Tod der Eltern?«, warf Romy ein. »Ich meine, die beiden sind …«
»Nein. Sie sind immer gut allein klargekommen, trotz ihres jugendlichen Alters. Sie haben mich nicht gebraucht, das dürfen Sie mir glauben.«
»Nun ist Jakob alleine und …«
»Er wird selbst entscheiden, ob er intensiveren Kontakt zu mir wünscht. Ich denke aber eher nicht. Wie gesagt – besonders innig war das nie mit uns. Er braucht mich nicht, nicht einmal jetzt – die Oma, die im Süden lebt und mit der ihn ohnehin nie etwas verband.«
Familiengeschichten, dachte Romy. Ich will eigentlich gar nicht genauer wissen, was dahintersteckt. Aber im Zusammenhang mit einem Mordfall war grundsätzlich jede Frage erlaubt und manche Indiskretion angebracht. »Warum nicht, wenn ich fragen darf?«
»Spielt das eine Rolle?«
Romy hob eine Braue. »Das weiß ich noch nicht. Ihr Enkel Benjamin ist Opfer eines Gewaltverbrechens geworden. Ändert das nicht vieles?«
»Ich weiß es nicht, um ehrlich zu sein«, erwiderte Rosalie Koller nach kurzer Pause. »Wir sind uns als Familie aus dem Weg gegangen – auch als mein Sohn und seine Frau noch lebten und ich oben an der Küste zu Hause war. Man könnte es auch anders ausdrücken: Wir haben nie Zuneigung und Gemeinsamkeiten geheuchelt, nur weil wir einen Namen tragen und einen gemeinsamen genetischen Code haben. Ich finde es albern, so zu tun, als ob es eine tiefe Verbindung gäbe. Familie ist manchmal nichts anderes als ein Korsett, das künstlich etwas zusammenhalten soll, was sonst kaum Nähe zulässt. Verstehen Sie?«
»Ja, durchaus.« Zumal viele Straftaten im Umkreis von Familien geschehen, überlegte Romy stumm. »Können Sie sich daran erinnern, wann Sie das letzte Mal mit Benjamin gesprochen haben?«
»Er hat sich zu meinem Geburtstag gemeldet – mit so einer animierten Karte übers Internet, das liegt Monate zurück. Das war es auch schon. Und das war kein Gespräch. Ich war das letzte Mal auf der Insel, als mein Sohn begraben wurde. Und ich werde nie wieder nach Rügen zurückkehren, wenn ich es vermeiden kann. Ist einfach nicht meine Welt. Sie merken schon – ich bin keine große Hilfe. Und nun entschuldigen Sie mich bitte.«
Romy ließ das Handy sinken. Das Gespräch klang mehrere Minuten in ihr nach. Jakobs Großmutter war entweder tatsächlich komplett distanziert, was ihre Familie anging, oder sie hatte den Tod ihres Sohnes noch nicht einmal annähernd verarbeitet und bemühte sich krampfhaft, das Geschehen nicht an sich herankommen zu lassen. Romy telefonierte kurz darauf mit der Rechtsmedizin und Marco Buhl, die beide keine Neuigkeiten für sie hatten, und vertiefte sich anschließend erneut in die dünne Akte. Von vier Menschen einer Familie lebte nach einem Jahr nur noch einer. Das klang auch im Abstand einiger Tage grauenhaft, selbst wenn sich die jeweiligen Hintergründe komplett unterschiedlich darstellten. Der Tod war unvermutet hereingebrochen – zumindest auf den Unfall der Mutter bezogen, der wenig später zum Suizid des Vaters geführt hatte. Und nun dieser Mord an einem zwanzigjährigen Studenten, bei dem kein Motiv in Sicht schien – nicht auf den ersten Blick. Romy hoffte inständig, dass Max bei ausgeweiteten Recherchen auf eine Spur stoßen würde.
Am frühen Nachmittag war ihre Ruhelosigkeit mit Händen greifbar, und sie machte sich kurzentschlossen auf den Weg nach Stralsund. Der kleine Betrieb für Medizintechnik war im Westen der Hansestadt im Gewerbegebiet an der Rostocker Chaussee angesiedelt. Romy hatte bereits mit einigen Mitarbeitern gesprochen, ohne dass sich auch nur der Hauch eines Anhaltspunktes ergeben hatte. Sie erinnerte sich allerdings auch daran, dass eine enge Kollegin von Benjamin in der ersten Befragungsrunde krankgeschrieben war – und ein Kommilitone hatte erwähnt, dass die beiden sich gut verstanden hatten. Es konnte nicht schaden, hier noch einmal nachzuhaken, und alles war besser, als im Kommissariat mit den Fingern auf der Tischplatte zu trommeln.
Romy musste keine zwei Minuten warten, bis eine schätzungsweise dreißigjährige Frau den Aufenthaltsraum betrat. Pia Lombrecht war hünenhaft groß und dürfte gut und gerne das Doppelte von Romy wiegen. Ein amüsiertes Lächeln blitzte in ihren Augen auf, als sie Romys verblüfften Blick bemerkte.
»Ja, fast zwei Meter«, sagte sie zur Begrüßung und streckte ihr die Hand entgegen. »Und über mein derzeitiges Gewicht spreche ich nicht ohne meinen Anwalt. Wenn ich Zeit habe, fange ich wieder mit dem Sport an – Basketball, wenn Sie es genauer wissen wollen.« Sie setzte sich, und der Stuhl knarzte bedrohlich. Das Lächeln verschwand abrupt. »Es geht um Benjamin«, stellte sie dann in leisem Ton fest. »Es fällt mir immer noch schwer …« Sie schüttelte den Kopf. »Er ist einfach nicht mehr da.«
»Kannten Sie ihn gut?«, fragte Romy.
»Das würde ich nicht behaupten, aber … ja: Wir haben mehr als ein paar oberflächliche Worte miteinander gewechselt. Er war nicht nur ein begabter Student, sondern sympathisch und aufmerksam. Als er bei uns anfing, lag das Familiendrama um seine Eltern kaum ein paar Monate zurück, und man hat natürlich mitbekommen, dass er unter immensem Druck stand – mit zwanzig Jahren hatte er plötzlich eine Verantwortung zu tragen, mit der wesentlich Ältere große Probleme haben dürften.«
Romy nickte. An diesem Punkt bestätigte Pia Lombrecht die vielfach beschriebene Auswirkung der Familientragödie auf einen jungen Mann, der selbst noch dabei war, erwachsen zu werden.
»Er hat versucht, den Alltag zu bewältigen und nach vorne zu blicken – bewundernswert. Studium, das Praktikum, ständig den jüngeren Bruder im Blick behalten …« Lombrecht stand auf und holte sich eine Flasche Wasser. »Für Sie auch?«
Romy schüttelte den Kopf. »Können Sie sich an Konflikte erinnern, die darüber hinausgingen? Gab es auch andere Probleme, mit denen er sich beschäftigte?«
Lombrecht trank einen Schluck Wasser und überlegte einen Moment. »Er kam mit dem Verwaltungschef nicht besonders gut klar, falls Sie auf so etwas hinauswollen. Ich würde sagen, die konnten sich nicht ausstehen, aber als Praktikant hält man natürlich die Klappe und versucht, das Beste daraus zu machen.«
»Haben Sie eine Ahnung, was dahintersteckte?«
»Ich denke nicht, dass es einen tatsächlichen Grund gab.« Lombrecht zuckte mit den Achseln. »Kramer, unser Geschäftsführer für Personal und Verwaltung, hatte Ben auf dem Kieker. Er hat kein gutes Haar an ihm gelassen, aber damit stand er allein. Ben hatte ansonsten einen richtig guten Stand hier.«
»Das war alles?«
»Na ja, Kramer ist nicht so furchtbar beliebt und kann ein richtiger Kotzbrocken sein, wenn die Ausdrucksweise erlaubt ist. Er spielt sich gerne auf. Vielleicht fragen Sie ihn selbst.«
Das werde ich tun, dachte Romy und verabschiedete sich wenig später von Pia Lombrecht.
Das Büro des Verwaltungschefs befand sich im vorderen Bereich des Gebäudes. Romy wollte gerade anklopfen, als die Tür aufschwang. Ein schlanker bärtiger Anzugtyp um die fünfzig stand vor ihr und blickte sie verblüfft an. Dann sah er auf seine Uhr. »Ich hoffe nicht, dass ich einen Termin vergessen habe.«
Romy schüttelte den Kopf und zückte ihren Ausweis. »Ich würde mich trotzdem freuen, wenn Sie fünf Minuten erübrigen könnten.«
Kramer zögerte nur kurz, dann nickte er. »Kommen Sie herein. Es geht um Benjamin Koller, nicht wahr?«
»Richtig.« Romy trat hinter ihm ins Büro – ein elegant eingerichteter Raum mit modernem Mobiliar und einem schicken Wandgemälde in schreiend bunten Farben.
»Nehmen Sie Platz«, sagte Kramer und wies auf eine Sitzecke mit zierlichen Ledersesseln.
Auf den ersten Blick wirkte der Verwaltungschef keineswegs wie ein griesgrämiger Kotzbrocken, der gerne austeilte und den niemand mochte, sondern wie ein Geschäftsmann in gepflegtem Outfit, der höchstwahrscheinlich täglich Prioritäten setzen musste.
»Sie wissen nicht, was passiert ist?«, ergriff Kramer das Wort.
»Nein«, gab Romy zu. »Im Moment ist vieles möglich, und wir recherchieren in alle Richtungen.« Das war ebenso ausweichend wie korrekt beschrieben. Sie überlegte einen Moment, dann hob sie das Kinn. »Wie kamen Sie mit Benjamin klar?«
Kramers Lippen verzogen sich sofort zu einem kühlen Lächeln. »Ich war kein Fan von Koller«, sagte er dann. »Ich gehe davon aus, dass sich das bis zu Ihnen herumgesprochen hat.«
»Das hat es. Erklären Sie doch mal, was Sie an ihm störte.«
»Warum genau sollte ich das tun?« Kramer legte die Hände in den Schoß und blickte sie aufmerksam an. »Wenn ich richtigliege, ist er hinterrücks erschlagen worden – bei einem Spaziergang auf der Insel. Das ist furchtbar, doch dieser Überfall hat sicherlich nicht das Geringste mit seinem Stand hier in der Firma zu tun.«
»Mag sein«, erwiderte Romy. »Doch ich bin darauf angewiesen, dass mir Bekannte, Kollegen, Freunde und Vorgesetzte mehr zu Benjamin erzählen. Ich muss ihn näher kennenlernen – nur so kann ich einem Motiv auf die Spur kommen, falls es hier um einen geplanten Angriff ging, und diese Möglichkeit steht durchaus im Raum. Was nützt es mir für die Nachforschungen, wenn jeder und jede ausschließlich betont, wie anständig und verantwortungsbewusst Benjamin war? Vielleicht entdecke ich aufgrund Ihrer Beschreibung einen Charakterzug an ihm, der bislang keine Beachtung fand, aber im Zusammenhang mit dem Tötungsdelikt eine Rolle spielen könnte.«
Kramer schlug ein Bein über das andere. »Ich denke, Sie hängen das viel zu hoch – Koller war mir nicht besonders sympathisch, und das beruhte auf Gegenseitigkeit. So was passiert. Außerdem hat er den Praktikumsplatz über Vitamin B bekommen …«
»Das heißt?«
»Der Technikchef – Bernd Rohler – hat sich für ihn stark gemacht. Die kannten sich wohl über drei Ecken. Das hat ihn bei der Vergabe nach vorne rücken lassen.«
Das ist nicht ungewöhnlich, dachte Romy.
»Benjamin wäre keineswegs meine erste Wahl gewesen, dennoch gebe ich zu, dass er fachlich nicht schlecht war«, fuhr Kramer fort. Er zögerte. »Seine ganze Art behagte mir nicht. Wie gesagt – so was passiert. Das sollte man nicht überbewerten.«
»Können Sie Ihr Unbehagen dennoch etwas genauer beschreiben?«
Kramer seufzte. »Ich hatte manchmal das Gefühl, dass er sein Familienschicksal zu sehr in den Vordergrund schob.«
Romy runzelte die Stirn.
»Ich weiß gar nicht, wie ich das ausdrücken soll … Ich hatte ständig das Gefühl, dass man sich in seiner Gegenwart nicht wohlfühlen durfte. Der junge Mann musste so viel schultern, dagegen verblassten normale Sorgen und Alltagskram völlig, und Fröhlichkeit war komplett unangemessen. Benjamin trug ständig eine Art Trauerflor, verstehen Sie? Es war schwer zu ertragen – wir sind eine kleine Firma, und derartige Emotionen wirken sich auf alle aus.«
Romy ließ die Erläuterung sacken. Kramer hatte sich bemerkenswert offen geäußert. Ihrer Ansicht nach konnte er mit Trauer und Erschütterung nicht umgehen. Er legte Wert auf ein sachlich orientiertes Team ohne große Gefühlsduseleien – oder aber er fand es völlig unangemessen, dass ein Praktikant aufgrund eines privaten Schicksals derart viel Aufmerksamkeit auf sich zog.
Kramer hob nur kurz die Hände. »Mag sein, dass ich an der Stelle nicht sensibel genug bin – aber Sie wollten ja unbedingt meine Einschätzung hören.«
»Richtig. Vielen Dank für Ihre Offenheit.«
Als Romy wenig später vom Parkplatz fuhr, war sie kaum schlauer als vor dem erneuten Besuch der Firma. Dass Kramer nicht sonderlich betroffen gewirkt hatte, ließ sich mit der Distanz und Antipathie zwischen den beiden gut erklären, auch wenn Romy eine gewisse Irritation nicht verhehlen konnte. Ein Verwaltungschef, der sich daran störte, dass ein Student aufgrund seiner persönlichen Familiengeschichte häufig im Mittelpunkt seiner Kolleginnen und Kollegen stand, wirkte ähnlich verstörend auf sie wie eine Großmutter, die lediglich aus der Ferne Anteil nahm. Familie. Gefühle. Trauer. Angst.
Romy fuhr Richtung Sassnitz. In dem kleinen Häuschen der Kollers brannte Licht im Erdgeschoss. Die weihnachtliche Außenbeleuchtung war eingeschaltet und schuf eine anheimelnde Atmosphäre. Romy hielt am Straßenrand und ließ den Blick schweifen. Im Garten stand ein Schneemann. Er trug eine knallblaue Mütze und strahlte mit dicker Karottennase in das winterliche Geschehen. Romy stieg aus und ging näher. Im nächsten Moment öffnete sich die Terrassentür, und Jakob trat ins Freie. Er trug eine dicke Jacke und hatte einen Schal um den Hals geschlungen. Mit leuchtenden Augen sah er ihr entgegen. Sein Gesicht war gerötet vom Winterwind, das Haar zerzaust.
»Das haben wir sonst immer zusammen gemacht, nicht nur als Kinder«, erklärte er nach kurzer Begrüßung und wies auf den Schneemann. »Unser Vater und wir beide. Und letztes Jahr hat Benni ihn allein gebaut – für mich. Und nun bin ich dran.« Er lächelte kurz auf. »Das bin ich ihm schuldig, oder?«
Romy atmete tief durch.
»Oder denken Sie, ich bin längst zu alt für so was?« Er sah sie verlegen an. »Kann man wohl nicht ausschließen. Das ist ja eher Kinderkram.«
»Für Schneemänner ist man nie zu alt.«
»Das hat Benni auch gesagt.« Jakob lächelte, dann flog ein Schatten über sein Gesicht. »Haben Sie Neuigkeiten?«
»Nur eine kurze Frage, wenn Sie erlauben.«
»Na klar – wollen Sie reinkommen?«
Romy schüttelte den Kopf. »Das wird wohl nicht nötig sein …«
»Ich habe gerade Tee gekocht.«
»Das klingt allerdings verlockend.« Romy trank Tee nur, wenn ihr nichts anderes übrigblieb, aber sie wollte Jakob nicht vor den Kopf stoßen. In dem kleinen Wohnzimmer war es mollig warm, das Licht war gedimmt. Jakob holte eine zweite Tasse. Romy sah sich um und spürte, wie ihr Herz eng wurde, während ihr Blick über den Adventsschmuck und zwei brennende Kerzen glitt; in der Mitte des Esstisches stand eine große Gebäckdose. Jakob hatte sich ein vorweihnachtliches Ambiente geschaffen – das war anrührend und verstörend zugleich.
»Nehmen Sie reichlich Kandis!«, forderte Jakob sie auf, während er sich zu ihr setzte und ihr Tee eingoss. »Mögen Sie Plätzchen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Im Moment nicht, danke. Sagen Sie – hat sich jemand vom psychologischen Dienst bei Ihnen gemeldet?«
»Natürlich. Wir hatten ein gutes Gespräch, und ich kann die Beamtin jederzeit anrufen.« Er strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn.
Romy war erleichtert.
»Das war Ihre Frage?« Jakob sah sie verdutzt an.
Romy lächelte. »Nicht ganz. Können Sie mir etwas zu Benjamins Praktikum erzählen?«
Jakob legte den Kopf schief.
»Hat er mal von Ärger berichtet?«
»Ich weiß nicht … Warum ist das wichtig?«
»Sagt Ihnen der Name Detlef Kramer etwas?«
Jakob überlegte einen Moment. »Kann sein. Aber konkret fällt mir dazu nichts ein.«
Der Konflikt mit Kramer war sehr wahrscheinlich völlig bedeutungslos und war nur in den Vordergrund gerückt, weil sie bislang keine anderen Anhaltspunkte gefunden hatten. Romy trank einen Schluck, dann suchte sie Jakobs Blick. »Gibt es Freunde, mit denen Sie sich austauschen können?«
»Das hat die Psychologin auch gefragt – und ja: Ich bin nicht allein. Ich kann jederzeit mit jemandem reden.«
»Das freut mich. Was ist eigentlich mit Ihrer Großmutter?«
Jakob zuckte mit den Achseln. »Ich bin ganz ehrlich – sie ist keine Freundin«, erwiderte er dann. »Wir hatten noch nie viel mit ihr zu tun. Ich glaube, sie mochte unsere Mutter nicht.« Er stellte seine Tasse beiseite. »Was ich damit sagen möchte: Ich würde ganz sicher nicht sie anrufen, wenn ich das Bedürfnis hätte zu reden. Und es ist ein gutes Gefühl, dass ich sie nicht brauche.« Er nickte nachdenklich, und einen Moment lang wirkte er wie ein Kind, das sich tapfer selbst Mut zusprach.
Romy schluckte.
»In meiner Schule gab es eine Gedenkstunde«, ergriff Jakob erneut das Wort, als Romy sich gerade verabschieden wollte und nach einem Schlusswort suchte. »Benjamin hat ja dort auch Abitur gemacht. Es war sehr …« Er nickte und senkte kurz den Blick. »Sie haben sich große Mühe gegeben.«
»Das klingt schön.«
Jakob nickte. »Sie werden den Typen finden, oder?« Er hob das Kinn.
»Ich werde alle Hebel in Bewegung setzen, das kann ich Ihnen versprechen.«
Er nickte langsam. »Danke.«
Romy stand auf und reichte ihm die Hand. »Melden Sie sich, wenn Sie Hilfe benötigen.«
Als sie ins Kommissariat zurückkehrte, war es still. Max hatte bereits Feierabend gemacht. Das war eine schlechte Nachricht, denn es konnte nur bedeuten, dass er – mitten in einem neuen Fall – wenig Bedeutsames entdeckt hatte. Romy rief ihre Mails ab, beantwortete einige Nachrichten sofort und wollte gerade den PC herunterfahren, als sie eine SMS von Jakob erhielt. Er hatte ihr den Link zu dem Video der Gedenkfeier geschickt. Die Datei umfasste gut fünf Minuten und zeigte bewegende Szenen, die in der Schulaula entstanden waren. Mehrere Redner und Rednerinnen aus dem Lehrerkollegium und der Schülervertretung hatten mit kurzen Beiträgen ihre Erschütterung zum Ausdruck gebracht – in dem Video waren diese Vortragsszenen gekürzt zusammengefasst, während die Kamera immer wieder die gutgefüllte Schulaula erfasste, über die Blumen auf dem Podium vor einem Bild mit Benjamin stoppte und nach jedem Schwenk schließlich bei Jakob innehielt: ein zarter Teenager mit bleichem Gesicht und großen Augen, in denen Schmerz und Fassungslosigkeit standen.
Romy war tief berührt, und die Gesichter der Anwesenden spiegelten das Gleiche. Als sie das Kommissariat verließ, war es längst dunkel. Sie fuhr in langsamem Tempo nach Hause. Tiefe Trauer. Unermesslicher Schmerz. Kein Motiv. Das kann nicht sein, dachte sie. Wer immer Benjamin getötet hatte, war planvoll vorgegangen – der gestohlene Wagen war ein Aspekt, der manipulierte Laptop ein weiterer, die dafürsprachen – und musste demnach einen triftigen Grund haben. War es tatsächlich so gewesen, oder gab es eine andere Erklärung? Womöglich doch ein Streit, der eskaliert war, und der Täter hatte nach dem ersten Schreck und kurzem Innehalten auf geschickte Weise Spuren verwischt. Das Wetter hat sein Vorgehen begünstigt. Eventuell gab es Hinweise im Wagen, deren Untersuchung die Polizei weitergebracht hätte.
Wir übersehen etwas, dachte Romy – besser gesagt: Sie tappten völlig im Dunkeln.
Zwei Wochen vergingen, ohne dass sich an der Erkenntnislage das Geringste änderte. Weder die detaillierte Prüfung durch das Stralsunder Team noch ein weiterer ausgeweiteter Check der Verkehrsdaten brachten neue Hinweise. Kurz vor Weihnachten stellte Romy zutiefst frustriert fest, dass die Aufklärung des Mordes in weite Ferne gerückt war. Die Spur, die sie nie entdeckt hatten, war mittlerweile eiskalt. Sie empfand die Sackgasse ausgerechnet in diesem Fall als persönliche Niederlage und nahm sich vor, direkt nach den Feiertagen jeden einzelnen Punkt der Fallakte ein weiteres Mal durchzugehen. Falls sich auch dann kein Hinweis herauskristallisierte, der das Motiv erhellen könnte, würde der Staatsanwalt nicht lange zögern, die Ermittlungen auf ein Mindestmaß herunterzuschrauben, die sich lediglich auf die Fortführung von Hintergrundrecherchen und Updates im Umfeld des Geschehens beschränken würden.
Zwischen den Jahren besuchte Romy Ruth Kranold und ihre Ziehtochter Ina auf ihrem Hof – die junge Frau redete immer noch kein Wort, aber sie wirkte nicht mehr ganz so scheu und zog sich erst zurück, nachdem sie Kaffee gekocht und Gebäck bereitgestellt hatte. Dass Romy der Fall keine Ruhe ließ, sah die Kollegin ihr natürlich sofort an. »Am besten verzichtest du auf jegliches Vorgeplänkel und kommst gleich zur Sache«, schlug Ruth vor. »Warum kommt ihr bei dem Fall nicht weiter?«
Romy seufzte. »Merkt man mir so deutlich an, dass ich …«
»Ja.« Ruth lächelte, nahm sich ein Plätzchen und nickte ihr zu. »Nur zu.«
Romy ließ sich nicht zweimal bitten, berichtete ausführlich von den ergebnislosen Ermittlungen und schilderte den Familienhintergrund. Ruth hörte konzentriert zu, ließ sich Fotos zeigen und stellte nur wenige Zwischenfragen. Schließlich beendete Romy ihre Darstellung. »Irgendeine Idee dazu?«
Ruth klickte sich erneut durch die Tatortfotos. »Das wirkt verdammt inszeniert auf mich. Der Junge sieht aus wie gemalt. Die Atmosphäre ist schauerlich schön. Ein Toter sitzt an den Stamm einer Buche gelehnt im winterlichen Jasmund und blickt in die unendliche Ferne – das ist eine Komposition. Und der Schnee verdeckt nicht nur Spuren, er sorgt auch für ein spannendes Ambiente.«
Romy nickte. »Ein berührendes, aufwühlendes Bild.«
»Alles berührt an dem Fall«, fuhr Ruth fort.
»Umso furchtbarer ist es, keine Hinweise zu entdecken.«
»Ich bin davon überzeugt, dass es der Täter genau darauf angelegt hat – diese bildliche Schönheit zu schaffen und auch festzuhalten«, meinte Ruth einen Moment später. »Er wird die Leiche fotografiert haben, dessen bin ich mir auch sicher.«
»Der Täter mordet nicht zum ersten Mal – willst du darauf hinaus?«, fragte Romy, während sie spürte, wie die Spannung in ihr zunahm und den müden und erschöpften Frust zu verdrängen begann. Ich hätte schon viel eher mit Ruth sprechen sollen, dachte sie.
»Das halte ich für möglich, auch wenn ihr dazu bislang nichts entdeckt habt.«
»Ich werde da noch mal nachhaken. Max hat sicher nichts dagegen, sich unter einem neuen Stichwort auf die Suche zu machen. Was fällt dir noch auf?«
»Natürlich dieses Familiendrama«, erwiderte Ruth prompt. »Ein Unfall, ein Suizid, ein Mord – alles im Verlauf eines guten Jahres. Die Familie wird quasi innerhalb von Monaten ausgelöscht. Übrig bleibt der Jüngste, der Wehrloseste. Das ist ein so machtvolles Geschehen, dass es mir schwerfällt, an einen Zufall zu glauben.«
Romy nickte. »Es gab nie einen Zweifel an den beiden ersten Todesfällen.«
»Habt ihr euch die Akten dazu angesehen?«
»Natürlich.«
»Und dennoch …«
»Selbstverständlich wird es einen Hintergrund geben!«, warf Romy ein. »Aber wir finden einfach keinen Anhaltspunkt.«
»Das ist manchmal so.« Ruth hob kurz beide Hände. »Ich weiß, wie das klingt – abgeklärt und gleichmütig. Und so was willst du nicht hören. Aber was soll es, Romy – du kannst nichts erzwingen. Früher oder später zeigt sich ein Zusammenhang – oder eben auch nicht. Weil selbst forcierte und sorgfältige Ermittlungsansätze nicht immer bis in die entscheidenden Details vordringen.«
Als Romy sich verabschiedete, waren gut zwei Stunden vergangen. Ruth versprach, sich zu melden, falls ihr noch etwas einfiel. »Und darüber hinaus bleiben wir natürlich auch in Kontakt«, betonte sie zum Abschied.