Winterzauber in New York - Julia K. Stein - E-Book
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Winterzauber in New York E-Book

Julia K. Stein

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Beschreibung

**Die Eisprinzessin und der Sonnyboy** Das ganze Semester über hat sich Hannah auf diesen Moment gefreut: Endlich kann sie das amerikanische College verlassen und mit ihrer Familie in Deutschland Weihnachten feiern. Doch ausgerechnet am 23. Dezember werden in New York wegen eines Schneesturms alle Flüge gestrichen und Hannah sitzt fest – in der angeblich aufregendsten Stadt der Welt, aber leider ohne Geld und ohne Bleibe. Zu allem Übel trifft sie dort auf Kyle, den schlimmsten Womanizer des ganzen Colleges, der das gleiche Problem hat wie sie. Während der Schnee die Stadt allmählich in einen Eispalast verwandelt, wird ihnen klar, dass sie die nächsten Stunden gemeinsam verbringen müssen. Doch so wenig die beiden miteinander anfangen können, so sehr sind sie sich in einer Sache einig: Weihnachten muss gefeiert werden, egal wo man ist…

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Im.press Ein Imprint der CARLSEN Verlag GmbH © der Originalausgabe by CARLSEN Verlag GmbH, Hamburg 2016 Text © Julia K. Stein, 2016 Lektorat: Maria Mair Umschlagbild: shutterstock.com / © Songquan Deng / © pikselstock / © rangizzz Umschlaggestaltung: formlabor Gestaltung E-Book-Template: Derya Yildirim Schrift: Alegreya, gestaltet von Juan Pablo del Peral Satz und E-Book-Umsetzung: readbox publishing, Dortmund

Let it snow

Hinter den riesigen Glasscheiben der Abflughalle am John F. Kennedy Flughafen in New York fielen die Flocken inzwischen so heftig, dass die Welt hinter einer weißen Wand aus Schnee verschwand.

»Aber morgen ist Weihnachten! Meine Familie wartet auf mich! Meine Schwester freut sich auf ihr Geschenk! Sie wird schrecklich enttäuscht sein.« Hannahs Stimme tönte vorwurfsvoll durch den Check-in-Bereich. Tränen brannten ihr in den Augen.

»Ich verstehe Ihre Enttäuschung«, sagte die dunkelhäutige Flugbegleiterin betont mitfühlend, während sie das Ticket mit einer energischen Bewegung zurück über den Schaltertisch schob. Sie fixierte Hannah mit ihren weit aufgerissenen schwarzen Augen, als wollte sie sie hypnotisieren. Das hatte sie wahrscheinlich in einem Seminar für den Umgang mit komplizierten Fluggästen gelernt. »Wir können bei diesem Schneesturm kein Flugzeug raufschicken.« Sie deutete mit ausgestrecktem Zeigefinger vage Richtung Decke. »Die Sicherheit der Passagiere liegt unserer Fluglinie am Herzen. Alles andere wäre ein nicht zu kalkulierendes Risiko. Ich muss Sie jetzt bitten zu akzeptieren, dass heute kein Flugzeug diesen Flughafen verlassen wird. Dies gilt übrigens auch für jeden anderen Flughafen in New York oder Umgebung. Falls Sie vorhaben in die Stadt zu fahren, sollten Sie das baldmöglichst tun, da ein Fahrverbot angekündigt wurde. Zudem wird die Subway eingestellt, falls sich der Sturm weiter verstärkt.« Die Dame tippte mit abgespreiztem kleinen Finger auffordernd auf das Flugticket, das immer noch auf dem Schaltertisch lag.

»Aber wann geht der nächste Flug? So ein kleiner Sturm kann doch eine Stadt wie New York nicht lahmlegen. Morgen ist Weihnachten!«, wiederholte Hannah verzweifelt.

Die Dame mit den langen, pfirsichfarbenen Nägeln und den sorgfältig eingedrehten Locken, die ihr bis zu den Schultern fielen, sah sie mitleidig an. Hannah mochte es nicht, wie ein psychischer Problemfall behandelt zu werden.

»Frau Dietz. Wenn wir Glück haben, ist der Schneesturm schon morgen vorbei. Aber vor morgen Abend wird es keinen Flug geben, das kann ich Ihnen versichern. Bitte informieren Sie sich auf unserer Webseite. Sie haben immerhin noch eine kleine Chance, es bis Weihnachten zu schaffen.« Die Stewardess schenkte ihr ein tröstendes Lächeln. »Heute ist ja schließlich erst der Tag vor dem Tag vor Weihnachten.«

»Nein, heute ist der 23. Dezember. Morgen ist Weihnachten.«

Die Stewardess lehnte sich ein wenig zurück und musterte Hannah mit schräg gelegtem Kopf. Offensichtlich zweifelte sie Hannahs geistige Zurechnungsfähigkeit an.

»Weihnachten, Frau Dietz, ist am 25. Dezember. Sie werden es vielleicht nicht morgens schaffen, aber es besteht eine realistische Chance, dass sie am 25. bei Ihrer Familie sind. Ich bin mir sicher, Ihre Schwester kann sich so lange gedulden und wird sich dann umso mehr freuen.«

»In Deutschland feiern wir Weihnachten am 24. Dezember! Am Heiligen Abend!«

Die Stewardess runzelte die Stirn. Sie hatte offensichtlich beschlossen, genug Energie in diesen störrischen Fluggast investiert zu haben.

»Ach, ist ja auch egal«, jaulte Hannah, nahm ihr Ticket und drehte sich schwungvoll um, als wäre die Flugbegleiterin an der ganzen Misere Schuld. Sie wollte vor allem nicht vor ihr in Tränen ausbrechen. Hannah hievte die viel zu schwere Tasche wieder auf die Schulter und hob den Rucksack mit dem Laptop und den Studienunterlagen, die sie im Flugzeug hatte lesen wollen, mit Schwung auf die andere. Dann griff sie nach dem schweren Koffer mit dem gleichen Arm, über dem ihr Wintermantel hing, schleppte sich zu einem Stuhl mit abgerissener Armlehne und ließ sich darauf fallen. Ihr war fürchterlich heiß in dem dicken Wollpullover, den sie angezogen hatte, damit er nicht noch mehr Platz im Koffer einnahm. Sie riss sich den roten Schal vom Hals und stopfte ihn zu Handschuhen und Mütze in den Rucksack. Dann rieb sie ihre schmerzende Schulter. Der Tragriemen der Tasche hatte sich in ihr Fleisch gebohrt. Es durfte einfach nicht wahr sein. Wieso nur, wieso war sie nach dem Ende der Vorlesungen noch zu Abby nach Philadelphia gefahren? Wäre sie direkt nach Hause geflogen, wäre der Rückflug überhaupt kein Problem gewesen. Als sie die dichten Flocken vor dem Fenster tanzen sah, musste sie allerdings zugeben: Nur wer Todessehnsucht hatte, würde sich jetzt in ein Flugzeug setzen. Aber damit hatte sie einfach nicht rechnen können. Sie hatte schon immer nach New York City gewollt. Bei ihrer Ankunft im Herbst war sie direkt weiter nach Connecticut zum Forest Lake College gefahren. Sie hatte erst am Ende ihres Austauschjahrs den Big Apple besichtigen wollen, aber doch nicht mitten im Schneesturm und dann auch noch einen Tag vor Weihnachten! Wo sollte sie denn jetzt schlafen? Konnte man hier im Flughafen übernachten? Sie konnten einen doch nicht vor die Tür setzen bei dem Wetter. Bei ihrem Glück würde sie allerdings überfallen und ausgeraubt werden. Vielleicht konnte sie sich den Laptop unter den Pullover stopfen beim Schlafen? Ihr Blick fiel auf die anderen Passagiere in der Abflughalle, deren Gesichter die ganze Skala von enttäuscht bis wütend widerspiegelten: Geschäftsleute in feinen Anzügen, die noch nicht akzeptieren wollten, dass das Wetter ihnen einen Strich durch das neue Geschäft machte oder verhinderte, dass sie nach Hause kamen. Zarte, japanische Kinder mit rosafarbenen Haarschleifen, die mit kleinen Plastikfiguren spielten und keinen Ton von sich gaben. Feine Großfamilien in indischen Gewändern. Ein von Tattoos übersäter Mann, der so verwahrlost aussah, dass Hannah ihm kaum zugetraut hätte, sich ein Ticket leisten zu können, bis er das neueste MacBook und ein iPhone aus der Tasche zog. Ein kreischendes Baby. Sie überlegte, ob jemand dabei war, der ihr den Koffer unter dem Kopf wegklauen würde, falls sie einschliefe. Sie konnte niemanden ausmachen, aber das hieß natürlich nichts. Wenn ihre Mutter wüsste, dass sie überlegte, am Flughafen zu übernachten, würde sie einen Herzinfarkt bekommen. Sie hatte ihr versprechen müssen, die Notfall-Kreditkarte einzusetzen, wenn es nicht anders ging, und auf jeden Fall in einer ›sicheren‹ Gegend zu bleiben, als sie vorhin telefoniert hatten. Ihre Mutter stellte sich New York als düstere Stadt vor, in der Gangs ihr Unwesen trieben und man, nahm man die falsche Abbiegung, schnell erschossen werden konnte. Ein Wunder, dass sie überhaupt zugestimmt hatte, dass Hannah mit dem Zug nach Baltimore fuhr, bevor sie nach Hause kommen sollte. Hannahs Blick blieb an einem Typen hängen, der ein paar Meter entfernt seitlich zu ihr stand und in sein Handy sprach. Er reckte den freien Arm dabei nach oben, als hätte er allen Platz der Welt und wäre gerade dabei, sich für einen Sportwettkampf zu dehnen, was ziemlich fehl am Platze wirkte. Sein Poloshirt wurde beim Ausstrecken so weit nach oben gezogen, dass sein nackter Bauch zwischen Hose und Saum zum Vorschein kam. Aber noch viel mehr fehl am Platze waren seine nackten Füße, die in Flip-Flops steckten. Flip-Flops! Draußen waren es null Grad! Vielleicht sollte sie allerdings ihre Winterstiefel ausziehen. Beim Anblick der nackten Füße fühlten sich ihre eigenen an, als würde das Polyesterfell gleich endgültig zu kochen beginnen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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