Wissenschaftsmanagement in der Hochschulpraxis - René Merten - E-Book

Wissenschaftsmanagement in der Hochschulpraxis E-Book

René Merten

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Beschreibung

Die wachsende Professionalisierung des Managements im Hochschul- und Wissenschaftssektor ist das Ergebnis einer seit Jahrzehnten forcierten Liberalisierung, Internationalisierung und Spezialisierung. Modernes Wissenschaftsmanagement ist heute keine administrative, sondern vielmehr eine interdisziplinäre Aufgabe, die zahlreiche Kernbereiche umfasst: Insbesondere Strategie und Planung, Organisation und Führung, Controlling, Marketing, Öffentlichkeitsarbeit, und Innovationsmanagement sollten heute zum Standard gehören. Das Werk vermittelt einen Einblick in das Arbeits- und Aufgabenfeld, stellt darauf aufbauend persönliche Kompetenz- und typische Aufgabenfelder dar, um schließlich in die Kernkompetenzen des Wissenschaftsmanagements einzuführen.

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René Merten

Wissenschaftsmanagement in der Hochschulpraxis

Strategie – Führung – Prozesse

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

1. Auflage 2024

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-043347-2

E-Book-Formate:

pdf: ISBN 978-3-17-043348-9

epub: ISBN 978-3-17-043349-6

Für den Inhalt abgedruckter oder verlinkter Websites ist ausschließlich der jeweilige Betreiber verantwortlich. Die W. Kohlhammer GmbH hat keinen Einfluss auf die verknüpften Seiten und übernimmt hierfür keinerlei Haftung.

Vorwort

Die wachsende Professionalisierung des Managements im Hochschul- und Wissenschaftssektor ist das Ergebnis einer seit Jahrzehnten forcierten Liberalisierung, Internationalisierung und Spezialisierung. Wissenschaftsmanagement ist heute keine administrative, sondern vielmehr eine interdisziplinäre Aufgabe, die zahlreiche Querschnittsbereiche umfasst: Insbesondere Strategie und Planung, Organisation und Führung, Gremien- und Prozessmanagement sollten heute zum Standard gehören.

Anders als die Mehrzahl der bisherigen Werke zum Thema soll dieses keine Fallstudien analysieren, Kommentar-Beiträge aneinanderreihen oder Wissenschaftsmanagement auf theoretischer oder lediglich betriebswirtschaftlicher Ebene beschreiben. Anhand von zentralen Aufgabenfeldern, Kernkompetenzen und typischen Fällen wird vielmehr ein Einblick in die tägliche Praxis und deren Steuerung mit besonderem Bezug zu Hochschulen in den Blick genommen. Zahlreiche eigene Beispiele aus der langjährigen Führungs- Projekt-, Hochschul- und Beratungserfahrung des Autors aus dem Wissenschaftssektor im In- und Ausland helfen dabei. Neben den Hintergründen befähigen die enthaltenen Methoden, Tipps und Reflexionsübungen gerade berufliche Quereinsteiger:innen sowie Wissenschaftsmanager:innen mit noch wenig Erfahrung auf diesem Feld, das Wissenschaftsmanagement einzuordnen und darin wirksam zu werden – für sich selbst, ihr Team, ihre Organisationseinheit und ihre Wissenschaftsorganisation.

Haben Sie Fragen oder Anregungen zum Thema? Beschäftigen Sie Herausforderungen im Wissenschaftsmanagement? Oder gibt es Aspekte in Ihrer Hochschulpraxis, die Sie vertiefen möchten? Tauschen wir uns sehr gerne aus und lernen voneinander!

Wien, November 2023René Merten

IWissenschaftsmanagement in Wissenschaftsorganisationen

2Wissenschaftsmanagement und »Third Space« – Das Beste beider Welten in einer dritten Säule

2.1Wissenschaftsmanagement und institutionelle Verortung

Wissenschaftsmanagement wird von Wissenschaftsmanager:innen betrieben – so weit, so einfach. Aber wo ist das Wissenschaftsmanagement nun institutionell verortet und mit welchen Aufgaben versehen? Oft sitzen diese Personen an Schalt- und Schnittstellen der Organisation, in Stabstellen, in Koordinationsstellen von Forschungsverbünden etc. Ohne Verankerung in Rechtstexten oder Organigrammen bildet sich ein neuer, dritter Raum neben der klassischen, bipolaren Säulenordnung vor allem an Hochschulen aus, der funktional weder allein dem Kernbereich von Wissenschaft einerseits noch der klassischen Verwaltung andererseits zuzuordnen ist. So schießen etwa Stellen für Spezialist:innen aus dem Boden, die sich mit dieser hoch komplexen Fachmaterie und der Kommunikation etwa mit Akkreditierungsagenturen und den dazugehörigen -prozessen befassen, seit das Akkreditierungswesen en vogue ist. Während Wissenschaftler:innen fehlende Ausstattungen an Hochschulen einklagen, Bewerber:innen gegen intransparente Studienplatzvergaben votrgehen oder Studierende gegen schlechte Abschlussnoten vor Gericht ziehen, leisten spezialisierte Studien- und Prüfungrechtler:innen das, was die allgemeine Rechtsabteilung der Hochschule nicht vermag. Seit viele Hochschulen den Mehrwert strukturierter Promotionsprogramme und -kollegs erkannt und diese Institutionen von angloamerikanischen Doctoral Schools übernommen haben, werden diese von topqualifizierten Postdocs geleitet, die wissen, was die »Prä-Docs« in dieser Phase an Struktur, Weiterbildung und Vernetzung benötigen. Und seitdem der Wettbewerb um die besten Professor:innen härter geworden ist, werden Onboarding-Programme für Tenure Tracks und Junior-Professor:innen entworfen und koordiniert, was oft weit über die normale Arbeit der Personalentwicklung hinausgeht.

Nach einem Positionspapier des Netzwerks Wissenschaftsmanagement lässt sich »… das Wissenschaftsmanagement am besten tätigkeits- und aufgabenbezogen definieren und eingrenzen …«. Sicherlich hat sich auch die reguläre Hochschulverwaltung nicht erst seit Max Weber stets weiter spezialisiert, ist mit dem komplexer werdenden Bildungssektor mitgegangen und an ihm gewachsen. Aber das Neue der dritten Säule ist hier nicht die fachliche Spezialisierung – Sie ist allenfalls der Anlass. Wissenschaftsmanagement zeichnet sich nicht dadurch aus, dass man allein Wissenschaft versteht, was letztlich alle aus der Hochschulverwaltung müssen, um mit Wissensschaftler:innen sinnvoll zusammenarbeiten zu können. Vielmehr wollen beide Bereiche gleichermaßen überblickt werden. Ohne zu wissen, wie Wissenschaft (anders als etwa im privatwirtschaftlichen Bereich) funktioniert, können Wissenschaftsmanager:innen ihren Job heute ebenso wenig gut machen wie ohne das Verständnis, wie eine öffentliche Hochschulverwaltung (anders als etwa eine typische Behörde) vorgeht.

Das Wissenschaftsmanagement ist wie oftmals im Wissenschaftskontext ein Bereich, der nicht vorab designt, systematisch entwickelt oder Kraft einer einheitlichen Regelung politisch abgestimmt wurde. Vielmehr hat er sich dort aus der Notwendigkeit herausgebildet, wo etwa durch Hochschulreformen, -expansion oder Aufgabenzunahme neue Tätigkeitsfelder schlicht nicht (mehr) von den beiden bisherigen beiden Säulen abgedeckt werden konnten oder aber Tätigkeiten derart spezialisiert oder ausdifferenziert wurden, dass es ohne ein Kompetenz-Upgrading nicht länger bewältigbar war. Vielmehr wächst aus spezialisierten Aufgaben und Anforderungen heraus eine heterogene Mitarbeiter:innen-Gruppe heran (»Academic related new professionals«), die oft lediglich organisatorisch bzw. formalrechtlich der Säule der Verwaltung zugeordnet wird. Je nach Entstehungshorizont »hängen« Wissenschaftsmanager:innen gelegentlich aber auch an einer Wissenschaftsstelle, wenn sie etwa daraus entstanden ist, dass diese Tätigkeit ein:e Wissenschaftler:in – z. B. auf einer Qualifikationsstelle – de facto mitversehen bzw. sich dafür besonders interessiert hat. Selbst bei Eingruppierung als Verwaltungsstelle sind diese Positionen weder immer Vollzeit ausgestaltet noch stets unbefristet. Auch müssen diese nicht zwingend in die Linienorganisation eingeordnet sein, sondern befinden sich vielfach innerhalb von neu geschaffenen, teilweise als Organisationseinheit selbst auf Bewährungsprobe stehenden Stabstellen oder in temporären Projektteams.

Dar. 1:Säulenordnung [zurück]

Reflexionsübung

Argumentieren Sie für und gegen die Einordnung Ihrer konkreten Tätigkeit im Wissenschaftsmanagement in eine dritte Säule.

Sammeln Sie fünf existierende Positionen Ihrer eigenen Wissenschaftsorganisation, die Sie dort einordnen würden, und begründen Sie jeweils stichwortartig weshalb.

2.2Typische Arbeitsinhalte und Positionen des Wissenschaftsmanagements

Wissenschaftsmanager:innen sind somit Personen, die als Spezialist:innen an wissenschaftlichen Einrichtungen überwiegend nicht oder nicht ausschließlich fachinhaltlich tätig sind, sondern prozess- und projektbezogen. Innerhalb dessen zeigt sich, das Wissenschaftsmanagement eine bestimmte Form des generalistischen Managements im funktionalen Führungssinne darstellt, mögen auch Einstufung, Vergütung und Stellenbezeichnung dies nicht immer nahelegen. Wissenschaftsmanager:innen bereiten Entscheidungen z. B. kraft ihres Informationsvorsprunges oder ihrer persönlichen Vernetzung vor bzw. treffen diese auch selbst, steuern Prozesse und koordinieren Abläufe. Statt allein für eine regelkonforme Konditionalprogrammierung etwa durch Umsetzung von Beschlüssen oder Ausführung von Rechtsvorschriften nach festen Kriterien und Vorgaben sind Wissenschaftsmanager:innen auch für die Zweckprogrammierung zuständig. Zuletzt Genanntes umfasst beispielsweise nicht nur die Ausübung von Verwaltungsermessen, sondern darüber hinaus auch das Festlegen von Richtungen, Zielen und das Definieren und Interpretieren von Anforderungen und Aufgaben. Kennzeichnend für die Tätigkeiten im Wissenschaftsmanagement ist zudem der wissenschaftsunterstützende Charakter jenseits rein administrativer Funktionen, was als operative Brückentätigkeit zwischen den Säulen der Wissenschaft und der Verwaltung vermittelt und »Übersetzungsleistungen« erbringt.

Bei aller Heterogenität des Wissenschaftsmanagements fallen darunter die folgenden zehn typischen Positionen-Cluster – ohne Anspruch auf Vollständigkeit und unter teils abweichenden Bezeichnungen in der Praxis:

Persönliche Referent:innen und Assistent:innen des bzw. der Rektor:in, Generalsekretär:in, Kanzler:in oder Forschungsdirektor:in (sowie oft Büro- oder Kanzleileitungen) arbeiten Top-Führungskräften zu und entlasten diese vom Tagesgeschäft, filtern Informationen und dienen als Eintrittstüre für Außenstehende, übernehmen die Alltagskommunikation und nehmen stellvertretend an Sitzungen teil.

Forschungs- und Studiengangskoordinator:innen managen Forschungsprojekte (Projektkommunikation, -verrechnung und -planung) oder Studienprogramme (Zulassungen, Studiengebühren, Onboarding der Studierenden, Studiensupport und Lehrveranstaltungsplanung).

Career-, Nachwuchs- und Berufungsmanager:innen sind in der Karriere- und Personalentwicklung tätig, indem sie Studierende und Absolvent:innen Berufsberatung und überfachliche Weiterbildungen anbieten, schaffen Informationsportale und veranstalten Karrieremessen, entwickeln wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche Laufbahnmodelle, betreiben Nachwuchsförderung, Talentmanagement und Employer Branding, begleiten die Neuberufung von Professor:innen und führen durch Berufungsverfahren.

Die Leitung eines Promotionskollegs oder einer Doctoral School steht zwischen den beiden Kategorien 2.) und 3.) und beinhaltet z. B. die Bereitstellung von Förderstrukturen und -mitteln, das Angebot von Weiterbildungen für Doktorand:innen, das Netzwerk-Management und die Promotionsberatung.

Fakultätsgeschäftsführer:innen, Dekanatsassisten:innen, Fachbereichsreferent:innen und Institutsmanager:innen entlasten die befristet gewählten Funktionsträger:innen der akademischen Selbstverwaltung wie die Verwaltungssekretariate meist in größeren wissenschaftlichen Organisationseinheiten, sorgen für ein kontinuierliches Wissensmanagement, Finanz- und Ressourcenplanung, interne Kommunikation und bilden die Schnittstelle zur Leitung der Organisationseinheit.

Forschungs- und Transfermanager:innen unterstützen Wissenschaftler:innen bei der Forschung (z. B. Drittmitteleinwerbungen, Koordination von Förderprogrammen, Beratung bei Antragstellungen, Forschungspolitik im Blick behalten) und beim Wissenstransfer in die Gesellschaft (z. B. Patentanmeldungen, Spin-off-Gründungsberatung, Wissenschaftskommunikation und -vernetzung, Kooperationsverträge mit Unternehmen).

International-Office-Manager:innen und Auslandskoordinator:innen fördern die Studierenden- und Forschungsmobilität, betreuen ausländische Gastwissenschaftler:innen und Erasmus-Incomings wie -Outgoings, arbeiten mit Institutionen wie DAAD, Europäischer Union und internationalen Partnerhochschulen zusammen.

Qualitäts- und Akkreditierungsmanager:innen führen Lehrveranstaltungs- und Forschungsevaluationen durch und werten sie aus, unterstützen bei internen wie externen Begutachtungen, entwickeln Verfahren und Standards zur Beurteilung von Leistungsbereichen, etablieren QM-Systeme und passen diese an den Hochschulkontext an, bereiten Programm- und Systemakkreditierungen vor und begleiten Audit-Prozesse.

Alumni-Manager:innen und Referent:innen für Wissenschaftskommunikation vernetzen Graduierte untereinander und betreiben Beziehungspflege zur wissenschaftlichen Institution, begeistern für Sponsoring und Fundraising, platzieren wissenschaftliche Themen in der Gesellschaft, bereiten Forschungsergebnisse adäquat für die (breite) nichtwissenschaftliche Öffentlichkeit auf und leisten Presse- sowie Medienarbeit.

Referent:innen für Hochschuldidaktik und an Schreibzentren unterstützen Lehrende bei einer gelungenen (Online-)Lehre und helfen Lehr-Lernräume und -beziehungen zu gestalten. Sie wirken auf die praktische Studierbarkeit wie die Einhaltung des Bologna-Prozesses hin. Sie vermitteln Methoden der Erwachsenenbildung und Fertigkeiten zum wissenschaftlichen Schreiben, helfen bei Schreibblockaden und dem fachspezifischen Umgang mit Wissenschaftssprache.

2.3Herkunft der Wissenschaftsmanager:innen

Nimmt man den Ist-Zustand in den Blick, welchen Bildungshintergrund diese Personen haben und wie sie in diese Positionen gekommen sind, lässt sich folgendes festhalten:

Neben der hohen Bildungsaffinität (über die Hälfte sind promoviert) stammt weniger als die Hälfte aus den klassischen, für die öffentliche Verwaltung traditionell prägenden Studienfächern der Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Das Mindset für den interdisziplinären Schnittstellencharakter des Wissenschaftsmanagements spiegelt sich auch in der eigenen Bildungs- und Karrierebiografie wider: Viele sind typische Quereinsteiger:innen und nur wenige seit dem ersten Studienabschluss ausschließlich im Wissenschaftsmanagement tätig gewesen. Hingegen waren mehr als drei Viertel vorher inhaltlich in mindestens zwei anderen Arbeitsbereichen zugange und fast die Hälfte hatte bereits einen Stellenwechsel innerhalb der eigenen Wissenschaftsorganisation. Man findet sie hauptsächlich an den großen Hochschulen mit mehr als 15.000 Studierenden, ca. ein Drittel in einer Leitungsfunktion (ca. ein Drittel zudem mit Budget- und/oder Personalverantwortung). Während Männer zu fast zwei Dritteln Vollzeit und unbefristet beschäftigt sind, trifft dies auf weniger als die Hälfte der Frauen im Wissenschaftsmanagement zu. Bei der Frage, wo der Hang für die betreffende Position im Wissenschaftsmanagement herkommt, antworten etwa zwei Drittel, dass die Stelle der eigenen Qualifikation, den persönlichen Fähigkeiten bzw. dem damit verbundenen Interesse entsprach. Gerade in Zeiten, in denen nachrückende Generationen immer weniger Lust auf klassische, als anstrengende Verschleißjobs angesehene Führungspositionen entwickeln, verlangt dies auch ein neues, funktional-laterales Führungsverständnis (► Kap. III. 1.1).

Nach dem deutschen Wissenschaftsrat bezieht sich das Wissenschaftsmanagement auf Personen, »… welche den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unterstützende Dienstleistungen zur Verfügung stellen, dabei aber über eine wissenschaftliche Ausbildung und teilweise auch selbst über einschlägige Erfahrungen in Forschung und Lehre verfügen …«. Wissenschaftsmanager:innen sind danach als Akademiker:innen diesen Weg gegangen, der mehr ist als eine bestimmte Ausbildung oder Jobfertigkeiten. Vielmehr entstammen viele selbst der Wissenschaft. Bei einigen Wissenschaftler:innen gegen Ende ihrer Laufbahn entdeckt man zunehmend eine Orientierung hin zum Wissenschaftsmanagement, wenn diese am wissenschaftlichen Zenit angekommen sind und vermehrt Selbstverwaltungsaufgaben wie etwa in der Hochschulleitung oder in größeren Veränderungsprojekten übernehmen und über diesen Weg in das Wissenschaftsmanagement finden. Andere wechseln zu Beginn ihrer wissenschaftlichen Karriere – oft an eine kurze Postdoc-Phase anknüpfend – hinein, nachdem sie für sich die wissenschaftliche Laufbahn als persönlichen Karrierepfad ausgeschlossen haben. Das gängige Klischee, dass viele ehemalige Wissenschaftler:innen nur als Notlösung in das Wissenschaftsmanagement wechseln (etwa wegen fehlender Vertragsverlängerungen, auslaufender Projektfinanzierungen, langsamer bzw. schlecht vermarkteter Performance im Wissenschaftswettbewerb etc.), trifft nur zu weit unter einem Viertel zu.

Gleichwohl sind viele eher in das Wissenschaftsmanagement hineingeraten, über Stellenaufwertungen, Aufgabenumverteilungen oder schlicht dadurch, zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen zu sein. Nur ganz wenige haben sich dem Wissenschaftsmanagement als echte Karrierechance zugewandt (sei es finanziell, als beruflicher Aufstieg oder zur persönlichen Weiterentwicklung). Dieses scheint mitunter noch relativ wenig Attraktivität aus der Profession selbst heraus auszustrahlen – wegen der schwierigen Einordnung oder des noch jungen Berufsbildes?

3Kernkompetenzen von Wissenschaftsmanager:innen – Handlungsorientierung und Selbstorganisation

3.1Stellenübergreifende, gemeinsame Kompetenzbereiche

Wissenschaftsmanager:innen sollten »beide Welten« verstehen – die Sphäre der Wissenschaft und die der Verwaltung. Aber welche Kernkompetenzen benötigen sie dazu?

Geht man von o. g. typischen Einsatzfeldern in ihrer Breite aus, spiegelt sich dies auch auf Kompetenzebene wider. Wissenschaftsmanager:innen teilen die Anforderung, dass zwar sie teils auf Stellen von Verwaltungsspezialist:innen sitzen, hingegen alle aber über bestimmte, gemeinsame Kernkompetenzen verfügen sollten. Diese sind sowohl unabhängig von der jeweiligen Spezialisierung als sie auch nicht zwingend in den beiden anderen Sphären der Wissenschaft und der Verwaltung vorkommen müssen. Vielmehr stellen Sie eine Besonderheit des Wissenschaftsmanagements dar mit originärem Nutzen für deren Kund:innen, welche beispielsweise Studierende, Wissenschaftler:innen, andere Behörden, Unternehmen oder auch Dienstleistungseinrichten und andere Organisationeinheiten innerhalb der jeweiligen Wissenschaftsorganisation sein können.

Ins Auge fallen darunter zunächst die Interdisziplinarität sowie ein breites Themeninteresse: Wissenschaftsmanager:innen haben über ihre eigene Hochschulbildung wie ihre Fachspezialisierung hinaus ständig mit Verwaltungsexpert:innen wie mit hoch spezialisierten Wissenschaftsler:innen zu tun, welche alle unterschiedliche Fachsozialisierungen, Ausbildungen und Denkzugänge mitbringen. Beispielsweise sollten Wissenschaftsmanager:innen nachvollziehen können, wie ein Hochschul-Controlling prinzipiell arbeitet, auch wenn sie kein absolviertes BWL-Studium besitzen. Sie müssen sich in die Laborsituation des biochemischen Instituts zumindest hineinversetzen können, selbst wenn sie nicht naturwissenschaftlich ausgebildet sind. Und sie sollten die prüfungsrechtlichen Anforderungen des Gesetzgebers im Grundsatz nachvollziehen können – auch ohne Jura-Studium. Letztlich bedeutet dies, sich mithilfe von Methoden und Zugängen bei Bedarf in zahlreiche Wissensgebiete einarbeiten zu können, zumal sie oft an Stellen sitzen, wo es »brennt« und Flexibilität wie Kreativität in der Lösungsfindung erforderlich sind. Damit zusammen hängt der jeweils personen-, situations- und kontextadäquate Umgang mit einer Vielzahl unterschiedlicher in- wie externer Anspruchsgruppen. Dies zeigt sich etwa im Einfühlungsvermögen für die besonderen Bedürfnisse einer Fakultät, der Konfliktbereitschaft bei Widerständen für einen anstehenden, organisationsweiten Veränderungsprozess, die Netzwerkpflege und den Beziehungsaufbau z. B. mit anderen Wissenschaftsorganisationen und -rollen, wie die »Parkettsicherheit« im Umgang mit finanziell gewichtigen externen Wissenschaftssponsor:innen, hochrangigen Personen aus der Wissenschaftspolitik und wissenschaftlich exzellenten Koryphäen oder bei der Repräsentation der eigenen Wissenschaftsorganisation bei öffentlichen Events. Weiterhin gilt es, auch den besonderen kommunikativen Herausforderungen gewachsen zu sein – sei es, komplexe und fachfremde Sachverhalte schnell zu erfassen und auch für Fachfremde und Vorgesetzte auf den Punkt zu bringen, oder sei es in der mündlichen Konversation rhetorisch geschickt, einnehmend aber auch klar Standpunkte zu beziehen und lösungsorientiert zu verteidigen. Um die Zweckprogrammierung auszufüllen, ist ein strategisches Big-Picture- statt eines rein taktischen oder operativen Denkens notwendig, etwa in Form von konzeptionellem Arbeiten, der Initialisierung nachhaltiger Veränderungsvorhaben oder der Impulsgebung für Personal- und Organisationsentwicklungsthemen. Argumentativ schlüssige und überzeugende Begründungen für Beschlüsse und Entscheidungen vorzuformulieren, stil- und textsicher Antragsbausteine zu verfassen oder Pläne mitzuentwerfen und Strategien zu »übersetzen«, verlangt eigenständige Denkwege zu entwickeln statt auf vorgefertigte Lösungen zurückzugreifen. Dazu braucht es nicht zwingend einen akademischen Doktorgrad als Qualifikation, mag ein solcher doch – neben der repräsentativen Wirkung und der symbolischen Zugehörigkeit – anzeigen, dass man wissenschaftliches Denken und die Gepflogenheiten des Wissenschaftsbetriebs selbst erlebt und verstanden hat.

3.2Kompetenzfelder und Kompetenzmodelle

»Kompetenzen« werden als Voraussetzungen verstanden, um sich in neuen, offenen und dynamischen Situationen zurechtzufinden, selbstorganisiert zu denken und durch aktives Handeln wirksam zu werden. Gerade im z. T. hoch dynamischen Wissenschaftsmanagement ist dies herausfordernd. So lassen sich Kompetenzen als solche zwar nicht erlernen oder aneignen, wohl aber die dazugehörigen konkreten Fähigkeiten und Fertigkeiten, das Wissen und Können sowie die Qualifikationen für die jeweilige Kompetenz.

Kompetenzen sind kontextabhängig nachweisbar und demonstrierbar durch die Kompetenz-Inhaber:innen: »Die Rolle/Funktion… (wer?) kann … (was?), indem diese … (womit?), um dadurch … (wozu?)«. Zum Beispiel kann die Koordination eines SFB (»Sonderforschungsbereichs«) die kommunikative Verbindung zu relevanten Hochschulstellen aufrechterhalten, indem sie in Forschungsgremien Mitglied ist und proaktiv den SFB im Hochschulkontext vertritt, um allen anderen Hochschulstellen deutlich zu machen, welche Informationen der SFB benötigt und wo er eingebunden werden sollte. Diese Kompetenzformel schützt u. a. davor, Kompetenzen als Buzzwords wie in manchen Stellenausschreibungen zu missbrauchen, ohne den dahinterliegenden Grund (Wieso braucht es diese Kompetenz genau für diesen Job?) und die Einordnung in den jeweiligen Arbeitskontext (Wann ist die Kompetenz gefragt und wann gerade nicht?) zu verstehen.

In diesem Zusammenhang ist auch die Ausprägung bzw. die Qualität der Einzelkompetenzen relevant – nicht jede:r muss alles gleich gut und bis zur Perfektion beherrschen, denn »eierlegende Wollmilchsäue« sind nicht nur rar, sie sind auch schwer zu halten und in ein arbeitsteiliges Team einzupassen. Typischerweise sollte hier mithilfe von aufsteigenden Kompetenzstufen gearbeitet werden (= Wissen, Verstehen, Anwenden, Analyse, Synthese, Evaluation). Beispielsweise kann es auf einer unteren Stufe wie Verstehen genügen, Bedeutungen zu erfassen, Einzelinformationen zueinander in Beziehung zu setzen, etwas mit eigenen Worten erklären, fremde Texte interpretieren oder Zusammenhänge erläutern zu können (z. B. Assistenz der Hochschulleitung, bei der man unterstützt und koordiniert). Hingegen verlangt etwa eine obere Stufe wie Synthese die kreative Neukombination vorhandener Informationen, alternative Lösungswege finden, Verallgemeinerungen bilden, Handlungspläne entwerfen, und innovative Strukturen entwickeln zu können (z. B. als Initiator:in eines universitären Quality Circles).

Um festzulegen, welche Kompetenzen speziell für das Wissenschaftsmanagement sinnvoll sind und um nicht unzählige Einzelkompetenzen zu vereinen, bietet sich die Arbeit mit Kompetenzfeldern anhand von -modellen an. Gerade bei Einsatzfeldern mit stark generalistischer Ausprägung über verschiedene Felder hinweg können solche als einheitliche zielgruppen- und kompetenzorientierte Grundlage für die Mitarbeiter:innen-Entwicklung einer Organisation(-seinheit) dienen. Erfolgskritische Kompetenzen können so systematisiert sowie zur kompetenzorientierten Personalauswahl und individuellen Förderung verwendet werden. Es müssen auch nicht stets alle Einzelkompetenzen aus einem Kompetenzfeld abgedeckt werden, solange das Kompetenzfeld an sich erfüllt ist. Kompetenzmodelle speisen sich am besten aus den Grundhaltungen der jeweiligen Organisation bzw. Organisationseinheit (z. B. Leitbilder, Strategie, Mission und Vision, Codes of Conduct etc.) bzw. den Werten der Modell-Ersteller:innen. Nur dann kann sichergestellt werden, dass die Wissenschaftsmanager:innen auch vom Mindset her zum Wissenschaftsmanagement und der Kultur diesbezüglich an der jeweiligen Organisation passen. Das Projekt »KaWuM – Karrierewege und Qualifikationsanforderungen im Wissenschafts- und Hochschul-Management« etwa hat sich demgegenüber für folgendes (generisches) Kompetenzmodell ausgesprochen:

Fachkompetenzen: Dies trägt der Tatsache Rechnung tragen, dass viele Wissenschaftsmanager:innen oftmals »spezialisierte Generalist:innen« sind.

Digitale Kompetenzen: Dies bewertet einen der aktuellen globalen Megatrends hoch, der für Forschung und Lehre größte Relevanz hat.

Managementkompetenzen: Dies berücksichtigt die Spezifika der öffentlichen Hochschulverwaltung und des (lateralen) Führens im Hochschulkontext.

Generische Kompetenzen: Dahinter »verstecken« sich Basiskompetenzen, die in allen Berufsformen nützlich sind und dabei helfen, z. B. in Forschungsteams arbeiten, mit Informationsüberflutung umgehen oder universitäre Interessensgruppen einbinden zu können.

Dar. 2:Generisches Kompetenzmodell

Vor allem die beiden letztgenannten Kompetenzfelder »generische Kompetenzen« und »Managementkompetenzen« sollten hierbei – in Abgrenzung zueinander, im Wording wie in der Ausgestaltung – kritisch gesehen werden, wirken sie doch als Auffang-Kompetenzbereiche für viele unterschiedliche Kompetenzfelder, die Wissenschaftsmanager:innen von anderen Mitarbeiter:innen in der Hochschulverwaltung unterscheiden (► Kap. I. 1.2). Dieses Kompetenzmodell weiterentwickelnd empfiehlt sich gemäß dem o. g. Verständnis von Wissenschaftsmanagement folgendes (erweitertes) Kompetenzmodell, bestehend aus fünf Kompetenzfeldern:

Systemkompetenzen: Dieses Kompetenzfeld trägt den unterschiedlichen Funktionslogiken von Wissenschaft und Verwaltung Rechnung, vereint in einer »Expert:innenorganisation« mit akademischer Selbstverwaltung (► Kap. I. 5.3). Dazu gehört, dass Wissenschaftsmanager:innen oft mit wissenschaftsfernen Instrumenten, Methoden und Techniken etwa aus der Betriebswirtschaft konfrontiert sind und die Adaption auf den Wissenschaftsbereich leisten müssen. Da Wissenschaft meist im öffentlich-rechtlichen Bereich stattfindet, sind administrative und rechtliche Kenntnisse speziell in diesem Feld wie etwa über Gremien als Verwaltungsorgane, öffentliches Haushaltsrecht oder die Strukturen mittelbarer Selbstverwaltungskörperschaften ebenso Teil von diesem Kompetenzfeld wie über Wissenschaftslandschaften und -strukturen.

Einzelkompetenzen dazu wären etwa die semesterweise Durchführung von Lehrveranstaltungsplanung im Referat Studienservice, die Planung von jährlichen Hochschulmessen im Dezernat Eventmanagement (► Kap. III.3.2 und 3.3).

Führungskompetenzen: Dieses Kompetenzfeld betont, dass Wissenschaftsmanagement entgegen dem Grundwort des Kompositums zwar meist typische Managementaufgaben mitumfasst wie Koordination, Organisation etc. Darüber hinaus werden nicht allein erprobte Instrumente auf wiederkehrende Herausforderungen angewandt, sondern Lösungen für neuartige und unbekannte Herausforderungen gesucht. Das erfordert ein strategisches Denken, Entscheidungsfreude auch bei Unsicherheiten bzw. Ungewissheiten sowie die Steuerung von Veränderungen in einem eher statischen Verwaltungssystem. Neben den dortigen Rahmenbedingungen des öffentlichen Dienst- und Beamtenrechts spielt gerade die Form der lateralen Führung im Wissenschaftskontext eine tragende Rolle. Für den sozialen Umgang mit anderen sind auch Dialog- und Kompromissfähigkeit, Empathie sowie agiles Führungsdenken wichtig.

Einzelkompetenzen dazu sind die Formierung eines neuen Forschungsteams für ein Science-Cluster, die Übernahme der Projektleitung im Rahmen eines Change-Prozesses oder die kompromissbereite Vereinigung unterschiedlicher Meinungen und Zugänge in einem Hochschulentwicklungsplan.

Methodenkompetenzen: Dieses Kompetenzfeld betont, dass es oft Schlüsselkompetenzen aus dem Informationsmanagement oder Problemlösungstechniken braucht, um z. B. Fachkompetenzen erst erschließen zu können. Im Wissenschaftsmanagement gehören dazu Qualitäts- und Projektmanagement, Prozessmanagement und Digitalität.

Einzelkompetenzen dazu wären z. B. das Management internationaler Projektverbünde, das Aufsetzen von Prozesslandkarten oder die Modellierung von Ablaufdiagramme modellieren.

Fachkompetenzen je nach Einsatzgebieten: Dieses Kompetenzfeld betont, dass bei aller Generalität Wissenschaftsmanager:innen zumeist auf einer konkreten, einem bestimmten fachlichen Aufgabengebiet zugeordneten Stelle als Teil einer weitgehend funktionalen Arbeitsteilung in der Aufbauorganisation arbeiten.

Einzelkompetenzen dazu wären etwa die Begleitung rechtlich komplexer Berufungsverfahren in der Stabsstelle Qualität und Recht oder die Ausbildung eines empathischen Verständnisses für die Anliegen der Studierenden in der Abteilung Zentrale Studienberatung.

Kommunikationskompetenzen: Dieses Kompetenzfeld betont die besonderen kommunikativen Herausforderungen (► Kap. I. 2.2) sowohl fachlich aufgrund der generalistischen Tätigkeit als auch aufgrund der häufigen Schnittstellen- und Vermittlungsfunktionen des Wissenschaftsmanagements. Gerade bei betriebsinternen Schnittstellen z. B. zwischen einzelnen Abteilungen einer Hochschulverwaltung oder zwischen der Gesamtleitung eines Forschungsinstituts und den einzelnen Forschungsclustern, wobei es gilt, Disharmonien in der Abstimmung, mangelhafte Informationsflüsse und divergierende Subkulturen und Planungshorizonte zu vermeiden.

Einzelkompetenzen dazu wären z. B. die dezentrale Budgetierung der Fachbereiche ausverhandeln und intern kommunizieren können, Raumressourcenkonflikte zwischen Instituten steuern können oder die Übersetzungsleistung von Studien- und Prüfungsanforderungen gegenüber den Studierenden managen.

Dar. 3:Erweitertes Kompetenzmodell

Reflexionsübung

Sammeln Sie für Ihre konkrete Tätigkeit im Wissenschaftsmanagement die jeweils fünf wichtigsten Einzelkompetenzen pro Kompetenzfeld.

Beschreiben Sie jede Einzelkompetenz in einer Kompetenzformel und legen Sie pro Kompetenz eine Kompetenzstufe fest.

Versuchen Sie dabei, weg von Ihnen und Ihren tatsächlichen Kompetenzen zu gelangen hin dazu, was Ihre konkrete Tätigkeit an Kompetenzen als Position erfordern würde.

Fertigen Sie zuletzt eine fiktive Stellenausschreibung von Ihrer Tätigkeit, so dass Sie Lust darauf bekämen, sich (erneut) darauf zu bewerben!

3.3Kompetenzen und Ressourcen – zwei Seiten der Medaille

Kompetenzmodelle teilen den Nachteil aller modellhaften Abbildungen, dass sie nie genau passen und Hochkomplexes simplifizieren, gerade, wenn es um Menschen, deren Beziehungen und Interaktionen im Wissenschaftskontext geht. Diese Reduzierung von Komplexität ist damit sowohl Mehrwert wie Gefahr von Kompetenzmodellen. Das wirkt sich bei der Arbeit mit Kompetenzmodellen, einer Karriere als Wissenschaftsmanager:in und bei der Entwicklung des Wissenschaftsmanagements insgesamt nicht nur auf theoretisch-konzeptioneller Ebene, sondern hochschulpraktisch aus, etwa wenn es um das Recruiting für eine ganz bestimmte Stelle geht und man sich fragt, ob und inwieweit man sich an das Modell hält oder im Einzelfall bewusst davon abweicht.

Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass Kompetenzen sich fast notwendigerweise auf die Frage beschränken, welche Art Menschen eine Organisation braucht, um ihren Zweck zu erfüllen. Diese Sichtweise überbetont zuweilen die Möglichkeiten der Kompetenz-Inhaber:innen, lediglich Kraft guter Arbeit und Kompetenz das System am Laufen zu halten.

In der Hochschulpraxis funktioniert dies jedoch einerseits gelegentlich auch, ohne die vorhandenen Kompetenzen in der korrekten Ausprägung zu besitzen bzw. durch wertvolle Beiträge Einzelner, die sich methodisch schwer in Zuständigkeitsverteilungen oder Kompetenzmodellen abbilden lassen: Man denke etwa an die »gute Seele« des Instituts, zu der alle gehen können, um ihre Sorgen zu teilen oder um unkomplizierte Hilfe zu erhalten – für das Team oft eine unglaublich wichtige Stütze! Oder die zur Projektverrechnung eingesetzte wissenschaftliche Hilfskraft, die als Masterstudent:in für Digitale Medien schnell mal eben die Forschungswebseite mitbetreut – schlicht, weil er bzw. sie es viel schneller kann und Freude daran hat.

Andererseits stellen zugeordnete Kompetenzen immer nur einen Baustein für gute Performance und damit gelungenes Wissenschaftsmanagement in der Praxis dar. Dazu gehört aber ebenso, die Kompetenzen auch sinnvoll einsetzen zu wollen, zu können und zu dürfen. Wenn der Fachbereich der bzw. dem Geschäftsführer:in wenig zutraut und keine eigenverantwortlichen Entscheidungen zugesteht, helfen deren bzw. dessen Führungskompetenzen wenig. Wenn ein:e Wissenschaftsmanager:in keine Rückendeckung der Hochschulleitung für die übergreifende Einführung von Prozessmanagement erhält (in Taten statt nur mit Worten), dann bringt die Projektleitungskompetenz allein nichts. Und wenn man neben seiner Vollauslastung noch drei Zusatzaufgaben managen soll, schafft die Zeitmanagementkompetenz allein keine zusätzliche Arbeitszeit oder Entlastung an anderer Stelle. Gerade im Hochschulkontext kämpfen viele mit stark limitierten Ressourcen, sei es auf der Finanzierungsseite, bei der zeitlichen Belastung, mit Flexibilisierungsgraden sowie den oft (optimierungsbedürftigen) Kommunikations- und Führungskompetenzen mancher Kolleg:innen und Führungskräfte. Die Frage ist also selten einzig diejenige, ob jemand Kompetenz A oder B auf der richtigen Stufe hat, sondern ob diese Kompetenz mit den notwendigen Ressourcen im situativen Arbeitskontext verknüpft ist, welche den Kompetenz-Einsatz erst wirksam