Wissensdurstler 2 - Roman Lachlust - E-Book

Wissensdurstler 2 E-Book

Roman Lachlust

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Beschreibung

Das Buch: Christian König hat die erste Etappe seiner Umschulung gemeistert. Er stürzt sich, nach wie vor wissensdurstig, endlich hämorrhoidenfrei und mit einem fetten Vorrat an elektronisch geprüften Hightech-Kondomen in die Hauptmaßnahme. Mit Felix, Bruno und Birne gründet er einen Gute-Laune-Club. Gemeinsam flüchten sie sich in eine spätpubertäre Parallelwelt. Dort erleben sie die skurrilsten Situationen im Astra-Land, in der Uckermark und im Jurassic Park. Auf Christian's Suche nach dem ultimativen Angelpark begegnen ihm vom kautzigen Stalingrad-Veteran über eine knuffige Hardrock-Omi bis hin zur pummeligen Goldmarie jede Menge sympatisch-schräge Leute. Sei dabei und finde Antworten auf die folgenden Fragen: Was ist eine eierklauende Leberpastete? Wie verändern fünf hessische Schrumpelwürste den Genpool? Woran erkennt man eine Klappscheitel-Trutsche? Wie wird eine polnische Flaschenpost vorschriftsmäßig zugestellt? Wie verscheucht man nervige Halloween-Kinder? Was haben Jurassic-Park und Gummibärchen gemeinsam und wie kommt der Schoko-Geschmack in die Haselnusskerne?

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Seitenzahl: 173

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Das Buch:

Christian König hat die erste Etappe seiner Umschulung gemeistert. Er stürzt sich, nach wie vor wissensdurstig, endlich hämorrhoidenfrei und mit einem fetten Vorrat an elektronisch geprüften Hightech-Kondomen in den Hauptteil der Rehabilitationsmaßnahme.

Mit Felix, Bruno und Birne gründet er einen Gute-Laune-Club.

Gemeinsam flüchten sie sich in eine spätpubertäre Parallelwelt.

Dort erleben sie die skurrilsten Situationen im Astra-Land, in der Uckermark und im Jurassic Park. Auf Christian's Suche nach dem ultimativen Angelpark begegnen ihm vom kautzigen Stalingrad-Veteran über eine knuffige Hardrock-Omi bis hin zur pummeligen Goldmarie jede Menge sympatisch-schräge Leute.

Sei dabei und finde Antworten auf die folgenden Fragen:

Was ist eine eierklauende Leberpastete?

Wie verändern fünf hessische Schrumpelwürste den Genpool?

Woran erkennt man eine Klappscheitel-Trutsche?

Wie wird eine polnische Flaschenpost vorschriftsmäßig zugestellt?

Wie verscheucht man nervige Halloween-Kinder?

Was haben Jurassic-Park und Gummibärchen gemeinsam und wie kommt der Schoko-Geschmack in die Haselnusskerne?

Der Autor:

1963 in Magdeburg geboren. Handwerker, Fachberater,

Umschüler, Angelparkbetreiber, Auswanderer, Romanautor.

Lebt seit 2019 mit Lebensgefährtin, Katzen, Hunden, Ziegen und Kühen mitten in der paraguayischen Pampa.

Auch in seinem zweiten Buch gelingt es Roman Lachlust, dem Leben nicht nur auf's Maul zu schauen, sondern auch an Stellen, die man gar nicht sehen möchte.

Die sehr gelungene Fortsetzung der Christian König Reihe, steht dem Erstlingswerk „Wissensdurstler“ in nichts nach.

Seine bildhaften Formulierungen fesseln den Leser an das Geschehen, als wäre er dabei.

Festhalten und die Lachfalten-Creme bereitstellen.

Der verlorenste aller Tage, ist der an dem du nicht gelacht hast!

Inhalt

Club der Leberpasteten

Astra-Mango

Hessisches Pimmelfahrtskommando

Klappscheitel-Trutsche

Extreme-Spinning

Polnische Flaschenpost

Der kackende Kranich

Süßes oder Saures

Schnelles Bier im Weihnachtsstress

Hack-Fresse

Onkel Herbert

Jurassic Park und Gummibärchen

Mein renoviertes Leben

Drei Haselnüsse für Dassel-Dödel

Frühstück mit Klaus

LangFingFang

Club der Leberpasteten

Eigentlich dachte ich immer, Narzissen sind einfach nur wunderschöne gelbe Frühlingsblumen. Osterglocken halt, die das Ende der finsteren Jahreszeit verkünden. Die hell und freundlich das Erwachen der Natur symbolisieren und pure Lebensfreude versprühen.

Falls Sie ähnlicher Ansicht sind, muss ich Sie enttäuschen. Sie liegen mal wieder voll daneben.

Ich habe bei Wikipedia nach geschaut.

Der Wortstamm Narcissus wird vom griechischen Wort narkein abgeleitet, was betäuben bedeutet. Aber auch aus den Metamorphosen des Ovid. Speziell aus der Sage vom Jüngling Narkissos, welcher die Liebe aller anderen zurückweist und ausschließlich in sein eigenes Spiegelbild verliebt ist.

Heute bezeichnet man im Allgemeinen Menschen, die sich selbstherrlich über andere stellen als Narzissten.

Genau so eine betäubte und selbstverliebte Osterglocke hockt mir nun gegenüber.

Wir sitzen in der Umschüler-Gruppe an unserem runden Teamtisch und versuchen, unsere Montags-Wochenvorschau zu absolvieren. Ein äußerst schwieriges Unterfangen mit einem Frühlingsblüher dieser Gattung am Tisch, der sich bei allem quer stellt und alles und jeden verbal zersägt.

Herr Frase, unser Dozent für die praktische Ausbildung, wirkt völlig erschüttert und fassungslos.

„Dann mach doch selber mal einen konstruktiven Vorschlag“, fordere ich Bodo auf.

„Aber NEIN, genau darum geht es doch. Ich habe keinen Bock auf diese Heile-Welt-Scheiße-wir-sind-alle-so-tolerant-und-machen-vernünftige-Vorschläge-und-jeder-bringt-sich-ein-aber-akzeptiert-den-Anderen-trotzdem-wie-er-ist-Schwachsinn!

Kapiert ihr das alle nicht?“ Verständnislose Blicke. Kopfschütteln.

„Vielleicht solltest du mal den Dealer wechseln“, platzt mir der Arsch.

Und das ist sehr gefährlich, fünf Wochen nach einer Hämorrhoiden-Operation.

An seinem Blick kann man sehen, wie sich in ihm eine Tür schließt. Sein Gesichtsausdruck wird noch verächtlicher, als er ohnehin schon war.

Er hat kein Geheimnis aus seiner Kiff-Leidenschaft gemacht.

Ganz im Gegenteil.

Auf der Heckklappe seines weißen Fiat-Tipo prangt ein Aufkleber mit der Aufschrift:

REALITÄT IST ETWAS FÜR MENSCHEN, DIE NICHT MIT DROGEN UMGEHEN KÖNNEN.

Die Bezeichnung Drogensucht akzeptiert er nicht. Alle, die nicht kiffen, sind zurückgeblieben und haben keine Ahnung.

Leider muss ich sagen, dass ein großer Prozentsatz der Umschüler ähnliche Ansichten hat was den Umgang mit nicht erlaubten Substanzen betrifft.

Er steht auf. „Ich gehe jetzt zum Mittagessen. Habe keinen Bock auf euren Heititeiti-Kindergarten.“

Der Rest der Gruppe starrt betreten vor sich auf den Tisch.

Herr Frase ist hilflos und mit solchen Situationen überfordert.

„Gut, dann machen wir jetzt Mittagspause. Ich werde die Psychologin Frau Schnarrhahn zum nächsten Montag einladen.“

Vor der Mensa treffe ich Felix und Birne. Beide schulen auf Medientechniker um und sind im gleichen Kurs. Ihre Umschülergruppe ist wesentlich erträglicher als meine.

„Moin, moin Alteer. Na, alles paleddi?“ „Echt nur Psychopathen bei mir. Ich habe keine Ahnung, wie ich das zwei Jahre lang aushalten soll.“

„Na, mit unsa Kontrastpojramm, wa!“ Bruno gesellt sich zu uns.

„Was denn für'n Kontrastprogramm?“ „Minstens eenma in Monat machenwar eene Veranstaltung zujunsten von die jute Laune, jut wa. Sonns übberstehste dise Schwachmaten hier jawoll ja nich.“

„Du meinst, mindestens einmal im Monat einen saufen! Das ist doch kein Kontrastprogramm, sondern sowieso schon Alltag.

Na, ob das die richtige Therapie ist.“

„Wieso? Das hat sich früjä in den annern Kurs doch auch beveehrt.“

„Da haben wir jede Woche mehrmals gesoffen! Ich erinnere nur an die Tequila-Sause oder an die Wichtelfeier oder an die Nummer in Alis Disco-Keller, ja selbst auf meine frisch weggeknipsten Hämorrhoiden haben wir schon im Krankenhaus angefangen, uns einen rein zu pladdern.

Ich habe eigentlich keine Lust, mir meine Leber pastös zu saufen.

Mal ganz abgesehen von dem Kater am nächsten Tag, hat mich das auch nicht wirklich glücklich gemacht.“

„Wer sacht denn was von glücklich sein? Bruno sacht ja auch Gude-Laune-Veranstaldung und kein Ton von glücklich für immä.

Odää wääs, Alteer.“

„Hömma, kann man in den Club noch beitreten“, mischt Birne sich ein.

„Jetzt mal ehrlich. Ich habe ja nichts dagegen, aber wie soll das denn konkret aussehen?“

Der Termin mit Frau Schnarrhahn wird auf den Dienstag verschoben, weil Herr Frase vergessen hatte, dass das Osterwochenende dazwischen lag und der Ostermontag ein Feiertag ist.

Frau Schnarrhahn versucht ein Gespräch zu moderieren an dem sich jeder beteiligt, außer Bodo die Osterglocke, um den es ja eigentlich hauptsächlich geht.

Sein einziger Kommentar mit vor der Brust verschränkten Armen, ist ein trotziges:

“Das geht mich hier alles nichts an. Das Arbeitsamt bezahlt Sie zwei Jahre lang für eine Umschulung, die ich hier besuchen soll und die sitze ich nun ab.“

Herr Frase beendet nach zwanzig Minuten den sinnlosen Versuch die Narzisse zur Vernunft bringen zu wollen. Die Psychologin lädt den Frühlingsblüher zum Einzelgespräch in der nächsten Woche vor und betont, dass dies ein Pflichttermin für ihn sei. Er grinst nur überheblich.

Der zweiundzwanzigste Mai verspricht, ein wunderschöner sonniger Samstag zu werden.

Rainer, der die Sporthalle und das Schwimmbad betreut, fährt uns vier mit dem Bully der Einrichtung und zwei Kanus auf dem Nachläufer bis kurz vor das erste Wehr an die Emmer bei Lügde.

Es hat uns einiges an Überredungskunst und eine Kiste Bier gekostet, damit er es nicht so genau nimmt mit den Vorschriften.

Er hilft uns noch beim Slippen der Kanus und schärft uns ein, keinen Scheiß zu bauen von wegen Teufels Küche und so.

Wir verabreden uns mit ihm um fünfzehn Uhr auf der Wiese vor dem Wehr in der Solbadstraße.

Zuerst vertäuen wir die Kanus am Ufer und nehmen nebeneinander Aufstellung auf der Emmerwiese.

Felix macht ein feierliches Gesicht.

“Soid gegrüßt ihr Klupp-Anwärtä. Soid ihr beroit für die Taufee zur Leberpasteede?“

Bruno, Birne und ich nicken ernst und feierlich.

„Na denn, Tie-Shöt ablegeen.“

Wir ziehen unsere T-Shirts über den Kopf und werfen sie in die Kanus. Felix tut es uns gleich. Mit freien Oberkörpern stehen wir wie beim Morgenappell mit Hacken zusammen und Daumen an der Hosennaht.

„Wir gelobeen den Club von die Leberpasteeden treu zu dienen und jede von die Gelegenhoiten zu nutzeen für eine Gude-Laune-Veranstaldung.“

„Ja, das geloben wir.“

Felix nimmt eine Flasche Oettinger und bespritzt uns und sich selbst mit der billigen Mumpe.

Bruno entkorkt jeweils zwei Krombacher aus den beiden mit gebrachten Kisten und verteilt sie unter uns.

„Ihr soid nu Leberpasteeden. Hau wech!“

Die Krombacher werden geext. Birne blökt einen brunftigen Rülpser über die vormittägliche Emmer. Ein Entenpärchen steigt erschrocken auf und flattert mit klatschenden Flügeln unter lautem Geschnatter über die Wiesen davon.

Felix lässt lautstark einen fahren und schreit:

„Tie-Shöt anlegeen!“

Jeder bekommt ein leuchtend oranges T-Shirt mit der blauen Aufschrift Club von die Leberpasteeden zugeworfen.

Wir waschen uns die klebrige Oettinger-Plempe von den Oberkörpern und ziehen die tollen Club-T-Shirts an. Das Gründungsritual ist abgeschlossen.

Mittels schnick schnack schnuck, wird ausgeknobelt wer in welchem Kanu sitzt. Felix, Birne und eine Kiste Bier werden in Kanu Nummer eins platziert. Als Birne sich ins Kanu hievt, steigt der Emmer-Pegel um zwanzig Zentimeter. Der Bug des Kanus mit Kapitän Felix hebt sich weit aus dem Wasser, während das Heck unter der Last von Vollmatrose Birne ächzt und knurrt.

Bei der kleinsten Bewegung schwappt Wasser über die Bordwand ins Boot. Hoffentlich geht das gut.

Bruno und ich verstauen unsere Gute-Laune-Kiste, zwei Rucksäcke voll essbarem Proviant und steigen ebenfalls in unsere schwankende Plastikschüssel.

Etwas wackelig legen wir ab und paddeln vorsichtig mit der Strömung in Richtung Bad Pyrmont.

Felix beginnt zu singen:

„Boi die Vikingers in Hoiterburch, da gab's ne Frau mit roode Haare. Sowas gibt das boi die Vikingers ab und zu, und die hier hieß Renoade .....“

Der kleine Fluss schlängelt sich in engen Kurven.

Seichte Stellen wechseln mit tiefen ruhigen Gumpen.

Wir manövrieren uns so gut es geht unter überhängenden Bäumen und durch kleine Stromschnellen ohne zu kentern.

Besonders Birne hat seine Mühe.

„... und wenn oin Mann auch ma charmant soin konnte, dann sachte sie auch nich nee. Zack, und Alle!“

„Volle Granade, Renoade, Renoade, Renoade, Renoade.

Volle Granade Renoade, Renoade, ….Reenoatii.“

An einer tiefer ausgespülten Kehre machen wir Rast.

Zuerst schöpfen wir mit Birne's und Bruno's Basecaps das Wasser aus dem Kanu.

Birne entledigt sich seiner klatschnassen XXXL-Jeanshose und legt sie auf die Wiese der Uferböschung zum Trocknen. Es gibt Brötchen, einen fünf Kilo Plastikeimer voll Heringsfilets in Öl und rohe Zwiebelringe aus meiner Haushaltsdose, die ich auf der Wichtel-Weihnachtsfeier im letzten Jahr erwürfelt hatte.

Lecker!

Unser Biervorrat ist bereits um ein Drittel geschrumpft als eine Gruppe freilaufender Hühner gackernd über die Böschung gestürmt kommt, sich über Brötchen und Heringsfilets hermacht und Birne's ausgebreitete Hose vollscheisst.

„Boah glaubse, et hackt wohl?“ Birne zieht sein Club-T-Shirt aus, krabbelt, erstaunlich behände für seine Leibesfülle auf allen Vieren die Böschung hinauf und hüpft, nur mit Arminia-Boxershorts bekleidet den gackernden Hühnern hinterher. Das T-Shirt von die Leberpasteeden wie einen Propeller über seinem Kopf schwenkend.

Feixend sehen wir ihm nach, bis er aus unserem Blickfeld verschwunden ist. Die plätschernde Emmer, die Frühlingssonne, Vogelgezwitscher, Froschgequake, Bienengesumm, das Umweltbier und die Matjesbrötchen im Bauch.

Ach doch, das Leben ist schön.

„Bruno, mein Freund. Das war eine total geile Idee mit dem Club der guten Laune. Ich glaube fast die Beste, die du je hattest.“

Ich strecke mich im frischen Gras aus und verschränke genießerisch die Finger hinter meinem Kopf.

Unter das anschwellende Hühnergegacker mischt sich wütendes Hundegekläffe.

„Ohauahauaha, das tut nich gut klingen.“

Wir recken unsere Köpfe über die Böschung und erblicken Birne.

Er versucht, mit grotesken Sprüngen auf uns zu zu laufen und hält dabei mit der linken Hand sein zusammen geknotetes Leberpasteten-T-Shirt wie einen gefüllten Einkaufsbeutel vor seinen dicken Schwabbelbauch.

Mit der Rechten versucht er, im Rennen, krampfhaft seinen Bielefeld-Schlüpper hochzuziehen, an dessen Hosenboden sich jedoch ein Rottweiler verbissen hat.

„Verdammte Scheisse. Boah glaubse! Hau ab du Scheiss-Töle, hömma.“

Birne schwabbelt halbnackt über die Emmerwiese und an seinem riesigen Hintern hängt ein schlecht gelaunter Rottweiler gefolgt von einer gewaltigen Schar aufgebrachter Hühner.

Wir werfen panisch unsere Sachen in die Kanus, springen selbst hinein und stoßen uns vom Ufer ab. Sein hochroter Kopf erscheint mit angstverzerrter Fratze über der Böschung.

Die Hühner gackern, der Wachhund zerrt knurrend und ruckend an seiner, mittlerweile arg strapazierten Unterhose. Der mürbe Stoff des Fanshop-Schlüppis gibt mit einem Ruck nach.

Birne stürzt nach vorn und rutscht bäuchlings die Böschung herunter bis über die Uferkante.

Sein Kopf und Oberkörper tauchen in die Emmer ein.

Der monströse schneeweiße Arsch ragt direkt an der Uferlinie aus dem Wasser und sieht aus wie ein riesiger frisch lackierter Hafenpoller, an dem die gigantischen Überseecontainerschiffe mittels dicker Stahltrossen verankert werden.

In die Mitte seines Poller-Hinterns könnte man noch, wie in eine Bodenhülse, einen Fahnenmast mit der Flagge der Marinekameradschaft stecken.

Über die gewaltigen Oberschenkel spannt sich das Bielefelder Schlüpper-Gummi, an dem ringsherum kleine Stoff-Fetzen wie eine schwarz-weiß-blaue Wimpelkette lustig im Wind flattern.

Die Szenerie hat den maritimen Charme eines Hafenfestes.

Es fehlen nur noch die kreischenden Möwen und die Blaskapelle mit dem Seemannschor Vegesack.

Oben auf der Böschungskante thront der Rottweiler und schlägt sich knurrend und geifernd die Reste der Arminia-Unterwäsche um die Ohren.

Wir hieven Birne mühsam zu Felix ins Boot und paddeln zur Sicherheit hastig einige Flussbiegungen weiter. Birne's Brust und sein riesiger Bauch sind mit einer Mischung aus gequirlter Eierpampe, Grashalmen, Hühnerscheiße und zerbröselter Eierschale tapeziert. Er hat ein paar Kratzer bei der Rutschpartie abbekommen, aber nichts schlimmes. Mit dem Handrücken wischt er sich einen Klumpen Hühnerkacke vom Kinn.

Sein Bielefeld-T-Shirt ist bei der Rettungs- und anschließenden Fluchtaktion irgendwie über Bord gegangen. Keuchend setzt er sich nur mit seinem Basecup auf dem Kopf ans Heck.

Das einzige benutzbare Kleidungsstück.

Bruno ist schockiert:

„Heilije Scheisse. Wat machste denn man bloß für Dinger? Die Nummer hätte nu aber och so richtich nach hint'n los jehn könn. Mensch Männekieken, da lässte wejen die paar Eier fast noch ne Orjanspende hier, wa.“

Birne schnieft wie ein Walroß, spuckt eine Feder aus und zieht das mit Hühnerscheiße und Eierpampe zu einer festen Rolle verklebte Leberpasteten-T-Shirt aus einer seiner Bauchfalten.

Quasi eine Hühnerscheisse-Eierpampe-Pastete.

„Was wolltest du denn bloß mit die Eijeers“, fragt Felix einigermaßen konsterniert.

„Na Asteräät-Likör machen, hömma.“, stößt Birne mühsam hervor und pult sich das einzige, unversehrt gebliebene Hühnerei aus dem riesigen Bauchnabel.

Astra-Mango

Der Club der Leberpasteten ist auf Achse. Es ist Mittwochmittag und wir stehen beim Autobahnkreuz Garbsen im Stau. Auf dem Beifahrersitz meines roten Golfs sitzend, hat Felix das Sechserpack der guten Laune zwischen seinen Schuhen schon halbiert.

Birne und Bruno verfolgen uns im schrottreifen Daewoo.

Morgen ist Christi Himmelfahrt und Felix hat uns zum Herrentags-Wochenende zu sich nach Katemin ins Wendland eingeladen.

Unsere Club-Gründung mit anschließender Kanu-Paddeltour kam trotz des Eierzwischenfalls noch zu einem guten Ende.

Während der restlichen Bootsfahrt wusch Birne sein Club-T-Shirt und seine Jeans im Kielwasser einigermaßen wieder sauber. Ihn dann im schaukelnden Kanu ohne Schlüppi in seine nasse Jeans zu bekommen, war jedoch ein hoffnungsloses Ringen.

Da die Uferböschungen im weiteren Verlauf der Emmer viel zu steil waren um an Land zu gehen, musste er also nur mit Basecup bekleidet weiter paddeln. Als endlich eine geeignete Ausstiegsmöglichkeit in Sicht kam befanden wir uns jedoch schon im Stadtgebiet von Bad Pyrmont.

Der vereinbarte Ausstieg und Treffpunkt an der Wiese am Neubrunnenweg war viel zu belebt, als dass wir dort mit einem splitterfasernackten Samson ohne Fell an Land hätten gehen können. Wir setzten ihn also notgedrungen nur mit seinem Basecup auf dem Kopf und seinem Klamotten-Bündel in der Hand, unter der Brücke in der Bahnhofsstraße ab. Zu dritt paddelten wir die letzten zwei Biegungen bis zum Ausstieg, wo Rainer schon auf uns wartete. Auf der Rückfahrt sammelten wir ihn dann immer noch nach Hühnerscheisse stinkend, jedoch in Jeans und T-Shirt gewandet wieder ein.

Bis auf einen einsamen Angler wurde unsere Aktion von niemandem bemerkt.

Ich kann mir sehr gut den Dialog vorstellen, den er mit seiner Ehefrau führte als er nach Hause kam.

„Na, wieder nichts gefangen?“ „Ich habe einen Yeti gesehen!“

„Hauch mich mal an!“

„Er trägt ein Basecup von Arminia-Bielefeld und wohnt unter der Emmerbrücke in der Bahnhofsstraße.“

„Ich mach das nicht mehr mit, mit deiner Sauferei!“

„Er hat gar kein Fell, sondern ist komplett rasiert und stinkt bestialisch nach Hühnerscheisse.“

„Mein Gott, hätte ich doch damals bloß den Helmut Butterlos geheiratet. Der arbeitet bei der Stadtverwaltung, verdient gutes Geld und säuft nicht.“

„Ich dachte immer Yetis gibt’s nur im Himalaya. Hier ist es doch viel zu warm für die. Darum hat er sich bestimmt auch rasiert.“

„Ich zieh zu meiner Mutter!“

Von Rainer erfuhren wir dann auf der Rückfahrt, dass wir in die Hühnerwohngemeinschaft einer biologischen Eierproduktion geraten waren.

Nach zwanzig Minuten Stop and Go kommen wir auf die A352, dem Zubringer zur A7 und es geht wieder flott voran.

Zwischen Walsrode und Lüneburg verlassen wir die Autobahn und fahren über die Landstraßen durch das wunderschöne Wendland. Irgendwann halten wir an einem Forellen-Angelsee.

Bruno und Birne machen Zigarettenpause, während Felix und ich den Teich besichtigen und den Anglern zusehen.

In mir flackert sofort meine Anglerleidenschaft auf und ich möchte am Liebsten selbst die Rute schwingen.

Felix sinniert: „Sach ma, das iss ja nu auch oin goiler Job mit so ein Angeltoich, odää wääs?“ „Genau, das wäre mein Traum. Ein eigener See, jeden Tag in der Natur arbeiten und Angelgäste, die sich freuen, dass sie tolle Forellen fangen können.“

Ich deute auf einen Angler mit Hochsee-Angelrute.

„Aber die angeln ja hier wie die Neandertaler. Ich würde gleich noch Angelkurse mit anbieten und Angelkram, Köder und Zubehör mit verkaufen. Der Tümpel hier ist auch viel zu klein.

Das ist ja die reinste Tierquälerei. “ Für den Rest der Fahrt lässt mich der Gedanke an den eigenen Angelsee nicht mehr los.

Nach insgesamt drei Stunden passieren wir das Ortseingangsschild Katemin/Neu Darchau.

Felix strahlt beim Anblick seines Elternhauses.

Man merkt ihm seine Heimatverbundenheit an. Wir fahren auf den kleinen gepflasterten Hof und parken unsere Autos dort.

„Ich kuck erstma wo der Altee iss, odää wääs.“

Felix verschwindet im Haus. Gemächlich sehen wir uns um.

Waren wir eben noch im hektischen Autobahngerase, so scheint hier die Zeit still zu stehen. Friedliches Hier und Jetzt umfängt uns. Ein kleines idyllisches Dorf am Rande der Elbtalaue.

Kleine Backsteinhäuser, große alte Eichenbäume, ein Landgasthof mit angrenzendem Saal und eine Dorfwiese mit einer alten Linde im Zentrum. Aus den dichten Baumkronen zwitschern Vögel zu uns herüber. Irgendwo bellt ein Hund.

Ich fühle mich sofort heimisch hier.

Aus dem klitzekleinen Backsteinhäuschen kommt Felix mit seinem Vater zurück auf den Hof.

Wir werden freundlich mit: „Na Alteer, alles Bananee?“, begrüßt und in den Glaskasten gebeten. Der Glaskasten ist ein kleiner wintergartenähnlicher Anbau an der Hofseite des Hauses.

Nach einer ersten in Augenscheinnahme würde ich das Ganze jedoch eher Astra-Garten nennen.

Vor der Tür eine Astra-Fußmatte, ein Türposter mit halbnackter Astra-Blondine, eine große Kühlschranktür voller Astra-Aufkleber, an den Wänden Astra-Werbeplakate und Astra-Tittenkalender, auf dem Tisch Astra-Flaschenöffner, Astra-Platzdeckchen.

Felix`s Vater macht den riesigen Kühlschrank auf. Randvoll mit Astra-Urtyp, dem Bier vom Kiez.

Felix sagt: „Das iss wedder typisch der Altee.“

Der Alte sagt: „Sacht man Mango zu mir, ne. Nu lutschen wir erstma 'n Astra.“

Jeder von uns erhält ein eisgekühltes Astra.

„Hömma, wieso heisst`n du Mango?“, fragt Birne.

Mango verzieht schmerzhaft das Gesicht. Felix grinst.

„Moine Oma, die Leni, hat ihn boi die Gebuärt Manfred-Georch genannt, nach soine Opas“, kichert Felix.

„Tja, un nu isser Mango.“

„Uff alle Fälle besser als wie Mongo, wa.“, erhebt Bruno seine Flasche.

Wir zischen das erste Astra. Nachdem die Knollen geleert sind, beziehen wir unsere Quartiere im Haus. Bruno und Birne teilen sich ein Doppelsofa in einer kleinen Kammer im Erdgeschoss.

Ich bekomme mein Bett in einem winzigen Vorraum zum Badezimmer im Obergeschoß.

Der Raum ist genauso lang wie das Bett, das in der schrägen Nische direkt unter der Dachluke steht. Na wenigstens werde ich frische Luft haben.

Wir verstauen unsere Sachen und treffen uns abmarschbereit auf dem Hof.

Bevor es dunkel wird, will Felix mit uns einen kleinen Dorfrundgang machen.

„Müssen wir für morgen nicht noch etwas vorbereiten oder einkaufen?“

Felix grinst.

„Allns schon klar. Jeder zahlt zwanzig Okken und damit iss für morgen alles bezahlt. Was wir boim Alteen saufen, müssen wir ihm an Samstach wieder voll hin stelln, odää wääs.“

Wir spazieren zu viert durchs Dorf. Immer die Hauptstraße entlang. Vorbei am Landhaus Katemin, überqueren den Kateminer Mühlenbach bis zur Sparkassenfiliale.

Hier steckt Bruno seine Karte in die Scanner-Ritze und versorgt sich mit Bargeld.

„Gute Idee“, sage ich, „nicht dass du wieder mitten in der Nacht losziehst wie damals in Alis Discokeller.“

Wir laufen beim E-Markt Hildebrandt vorbei bis zum Fähranleger und dann über die Elbwiesen zurück.

Als wir zum Haus zurück kommen werden wir von Felixs Oma Leni in rollendem ostpommerschen Dialekt begrüßt. Eine süße kleine dicke Knuddelomi mit Dederon-Kittelschürze.

Mango wirkt ein bißchen unruhig und brummig.

„Na, Alteer. Bist du wieder auf`n Sprung nach Hänne, odää wääs“, stubbst Felix seinen Vater an.

Der brabbelt was von „Wird auch Zoit“ und tappelt Richtung Gartentor.

„So Leude, nu geh'n wir zu den besten Knoiper von ganz Katemin.“

Das Landgasthaus Katemin liegt eine halbe Fußminute entfernt auf der anderen Seite der Hauptstrasse. Mango bekommt spontan gute Laune und fragt mich:

„Woißt du wie der Weg von hier bis in die Knoipe hoißen tut?“ Ich verneine.

„Durst-Stregge“, kringelt sich Felix vor Lachen.

Eine leicht verräucherte Schankstube mit Tresen und fünf spärlich besetzten Tischen empfängt uns.

Im hinteren Bereich ist ein größerer Gastraum für Gesellschaften durch eine offenstehende schöne alte Doppeltür aus Eichenholz abgetrennt.