Witz und Psychoanalyse - Karl Fallend - E-Book

Witz und Psychoanalyse E-Book

Karl Fallend

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Beschreibung

"… Witze, die im Volke umlaufen, sind vortreffliche Hilfsmittel zur Erforschung des unbewussten Seelenlebens, ganz ähnlich wie die Träume und die Mythen und Sagen ..." Sigmund Freud benannte damit schon sehr früh wesentliche Aufgabenfelder der Psychoanalyse, die heute immer weniger Beachtung finden. 1905 verfasste Sigmund Freud seine außergewöhnliche Studie "Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten". Hundert Jahre später motivierte der Herausgeber PsychoanalytikerInnen und SozialwissenschaftlerInnen aus verschiedenen Ländern und Kontinenten, diese Pionierarbeit analytischer Sozialpsychologie noch einmal mit Muße zu lesen und aktuell zu reflektieren. Eignet sich die Analyse des Witzes zur Erforschung des Unbewussten? Sozialpsychologische, historische und theoretische Ergebnisse sowie Erfahrungen aus der therapeutischen Praxis werden in diesem Sammelband vorgestellt.

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Seitenzahl: 488

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Karl Fallend (Hrsg.)

Witz und Psychoanalyse

 

 

 

 

 

 

Psychoanalyse und Qualitative Sozialforschung, Band 5

herausgegeben von: Karl Fallend

Karl Fallend (Hrsg.)

Witz und Psychoanalyse

Internationale Sichtweisen – Sigmund Freud revisited

StudienVerlag

 

 

© 2006 by StudienVerlag Ges.m.b.H., Erlerstraße 10, A-6020 Innsbruck

E-Mail: [email protected]

Internet: www.studienverlag.at

Buchgestaltung nach Entwürfen von Kurt Höretzeder

Satz: StudienVerlag/Thomas Auer

Umschlag: StudienVerlag/Thomas Auer

Umschlagbild: Paul Peter Porges: „Dr. Sigmund Freud in Amerika kostet seinen ersten Banana Split.“

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

ISBN 978-3-7065-5820-4

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

Dieses Buch erhalten Sie auch in gedruckter Form mit hochwertiger Ausstattung in Ihrer Buchhandlung oder direkt unter www.studienverlag.at.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

von Karl Fallend

Peter Schneider (Zürich)

Der Witz und seine Beziehungen zur Psychoanalyse

Charles Levin (Montreal)

Eine Verschiebung im psychischen Akzent Freuds Witz – 100 Jahre danach

Helmut Dahmer (Wien)

Der Witz der Sache

Zvi Lothane (New York)

Vom Nutzen des Humors in Leben, Neurose und Psychotherapie

Irmgard Gephart (Bonn)

Halbe Birnen und sonstige Lustbarkeiten – Zur mittelalterlichen Schwankerzählung von der „Halben Birne“ des Konrad von Würzburg

Gerhard Kubik (Wien)

Ein Groer-Witz – Gedanken in Anlehnung an Sigmund Freuds „Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten“

Karl Fallend (Wien/Linz)

(Un-)Verschämt – Ersparter Hemmungsaufwand Nationalsozialismus, Antisemitismus im Witz von heute in Österreich

Moya Aliya Malamusi (Wien/Chileka)

„Nthanthi“ – Witzige Geschichten in Malawi

Hans Füchtner (Kassel/Rio de Janeiro)

Nicht witzig … Erfahrungen in Brasilien

Bernhard Seubert (Oaxaca)

Der Witz in Mexiko – Identität einer Nation

Leopold Federmair (Tokio)

Gefahren der Harmlosigkeit – Witz und Psychoanalyse in Japan

Helga Kotthoff (Freiburg)

Freud und sein weiblicher Witz

Doris Hajer (Montevideo)

Der Witz und seine Beziehung zur „Methodenverherrlichung“

Freuds „Witz“: Reflexionen aus Buenos Aires

Witzverkleidungen: Die Wortspiele (Ricardo Avenburg)

Der Witz als gesellschaftliche Handlung (Julia Mengual)

Ein mythologischer Beitrag zum obszönen Witz (Gela Rosenthal)

Zwischen dem Komischen und dem Witz (Andrea Crosio/Daniel Bozzone)

Paul Parin (Zürich)

Witz und Lachen in der Technik der Psychoanalyse

Josef Shaked (Wien)

Der Witz in der analytischen Gruppenarbeit

AutorInnen

Vorwort

320 verkaufte Exemplare im Jahre 1905. Der Wiener Verlag Franz Deuticke konnte mit Sigmund Freuds Buch über den Witz und seine Beziehung zum Unbewussten keinen Bestseller landen, wenngleich die überschaubare Käuferschar über Jahrzehnte konstant erhalten blieb.1 Inzwischen haben sich die Verkaufszahlen Freud’scher Werke selbstredend grundlegend geändert, aber sein Witz bleibt weiterhin hintangestellt. „Es wird von allen Büchern Freuds am wenigsten gelesen, vielleicht, weil es am schwersten ist, richtig zu verstehen“, schrieb Ernest Jones2 und sein Urteil bleibt aufrecht. Witz und Humor passen scheinbar nicht in ein gängiges Vokabular der Psychoanalyse3 und auch die psychoanalytischen Ausbildungen verlaufen weitgehend Witzlos; wie ich im Zuge der Arbeit an diesem Buch feststellen konnte – weltweit. Als hätten sich ‚die Widerstände gegen die Psychoanalyse‘4 im Allgemeinen auf dieses Buch im Speziellen konzentriert.5

Freud selbst hat keine weiteren Publikationen über die Erforschung dieser Form von oraler Literatur folgen lassen, sie habe ihn ‚seinerzeit ein Stück von seinem Wege abgeführt.‘6 Lediglich 1927 erscheint noch eine kleine Arbeit über den ‚Humor‘. Geringschätzung eines sozialpsychologischen Phänomens? Eher doch, als hätte er im Jahre 1905 alles Wesentliche gesagt, die disiecta membra der historischen und zeitgenössischen Forschung zu einem einzigartigen Ganzen zusammengefügt und durch den ökonomischen und topischen Gesichtspunkt erweitert. Freuds Vorläufer erkannten im Witz eben nicht den „doppelzüngigen Schelm, der gleichzeitig zweien Herren dient.“7 – dem Bewussten und dem Unbewussten.

Der zentrale psychologische Stellenwert war Freud selbstverständlich, wie er dem Volkskundler und Sexualforscher Friedrich Salomon Krauss zu bestätigen wusste, „dass die erotischen und anderen Witze die im Volke umlaufen, vortreffliche Hilfsmittel zur Erforschung des unbewussten Seelenlebens der Menschen darstellen, ganz ähnlich wie die Träume und die Mythen und Sagen, mit deren Verwertung sich die Psychoanalyse schon jetzt beschäftigt.“8 Formulierte Forschungsfelder aus den Anfängen der Psychoanalyse, die heutzutage nur mehr wenig Beachtung finden.

„Wir wissen nicht, worüber wir lachen“ – und es scheint, als will man es auch nicht wissen. Wenigstens dieser kleine Lustgewinn, der durch den ersparten Hemmungsaufwand des kleinen Witzes ermöglicht wird, sollte doch erhalten bleiben. Genug der Erschütterungen, die Freud allein durch seine Publikationen innerhalb von fünf Jahren zwischen 1900 und 1905 – wohl seine produktivsten – auszulösen imstande war. Das Ich – nicht Herr im eigenen Hause. Freud enträtselte den Traum9, erforschte die Psychopathologie des Alltagslebens10, erarbeitete seine psychoanalytische Methode11, entwickelte eine Sexualtheorie12 und schrieb gleichzeitig an seiner Theorie des Witzes, die sich aus der Beschäftigung mit der Traumdeutung ergab. Über allem sein Leitmotiv: „Der Mensch als ‚unermüdlicher Lustsucher‘“13, wobei in der Differenz von Traum und Witz Freud außergewöhnlich zum Superlativ greift: „Der Traum ist ein vollkommen asoziales seelisches Produkt; er hat einem anderen nichts mitzuteilen; … Der Witz dagegen ist die sozialste aller auf Lustgewinn zielenden seelischen Leistungen. … Der Traum dient vorwiegend der Unlustersparnis, der Witz dem Lusterwerb; in diesen beiden Zielen treffen aber alle unsere seelischen Tätigkeiten zusammen.“14 Der gewählte Superlativ ist ernst zu nehmen. Dieses kleine Produkt („in der Kürze liegt die Würze“) bedarf der Sozietät, ist mit dem Drang nach Mitteilung untrennbar verbunden. Der Witz will überrumpeln, den Dritten an seine Seite ziehen, psychische Übereinstimmung fordern und den Beteiligten Lust ermöglichen, durch gemeinsam ersparten Hemmungsaufwand. Der Witz dient dem Lusterwerb – das Triebhafte zeigt sich im Resultat. In wenigen Worten bringen dies zwei ‚Psychoanalytikerinnen im Gespräch‘ auf den Punkt:

„Anna Koellreuter: … Was fällt Dir ganz spontan ein zu meiner Frage: Wie äußert sich in Deinen Analysen zwischen Dir und einer Analysandin das Sexuelle oder das Begehren?

Bigna Rambert: Im Lachen. Auf der averbalen Ebene. Es ist das gemeinsame, gleichzeitige Lachen an einem gemeinsamen Punkt. Auch in den Tönen.“15

Durch die analysierte Psychogenese, vom Sprachspiel über den Scherz – in seiner Formung durch die wachsende Kritik – zum Witz, offenbart Freud ein essentielles Stück Sozialpsychologie. Dies war – neben meinem zeitgeschichtlichen Zugang – das Hauptmotiv, nach hundert Jahren seit der Erstpublikation Freuds Buch über den Witz durch eine internationale Diskussion aktuell zu würdigen. Dabei war erstaunlich, dass die Arbeit an diesem ‚Witz‘-Buch von einem außergewöhnlichen Interesse begleitet war. Vielerorts erntete ich von FreundInnen und KollegInnen motivierende Zustimmung für mein Buchprojekt, die nicht selten mit einem fast neidvollen Unterton unterlegt war, als ob derselbe Lustgewinn, der sich bei guten Witzen einzustellen pflegt, auch auf die analytische Bearbeitung übertragbar wäre. Aber die Psychoanalyse ist keine lustige Wissenschaft (Reik)16. Vielleicht war diese spontane (Fehl-)Einschätzung auch ein Grund für die unerwartet positive Resonanz auf meinen Einladungsbrief, den ich im Sommer 2004 in die ganze Welt versandte; an FreundInnen, Fach-KollegInnen, aber auch an mir unbekannte psychoanalytische Verbände und Institutionen. Anfänglich war ich pessimistisch, dass viele meiner Motivation im Einladungsschreiben folgen würden, Freuds „… Pionierarbeit analytischer Sozialpsychologie noch einmal mit Muße zu lesen, um Erfahrungen aus der therapeutischen Praxis kennen zu lernen, inwieweit die Analyse des Witzes sich zur Erforschung des Unbewussten eignet bzw. wäre es spannend, die Witzkultur im eigenen Lande näher zu beleuchten.“ Aber in kurzer Zeit erhielt ich von Zürich bis Montevideo, von Wien bis Oaxaca positive Antworten und der Umfang eines Sammelbandes war bald abgesteckt, auch wenn notgedrungen eine ausgewogene geographische Verteilung nicht herzustellen war. Besonders schade fand ich, dass mein Schreiben in den ehemaligen Ostblockstaaten keine motivierende Wirkung hinterließ und mehrere AutorInnen auf halbem Wege das ‚Witzprojekt‘ verließen.17

Trotzdem: Viele Autorinnen und Autoren haben sich mit interessanten Beiträgen eingefunden:

Zuerst Peter Schneider aus Zürich, der in seiner Arbeit den engen Zusammenhang zwischen der ‚Traumdeutung‘, den ‚Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie‘ und dem ‚Witz und seiner Beziehung zum Unbewussten‘, diskutiert, der sich gerade durch seine Heterogenität auszeichnet.

Charles Levin aus Montreal vertritt die Ansicht, dass Freuds Witztheorie nicht nur eine gute Illustration seiner psychologischen Ideen darstellt, sondern im gewissen Sinne seinen Ursprung bildet, und geht u.a. der Frage nach – warum Freuds Buch über den Witz auf subtile Weise mehr beunruhigt als andere seiner Werke.

„Revolutionäre machen in der Regel keine Witze“, schreibt Helmut Dahmer aus Wien. In seinem Beitrag analysiert er im historischen und politischen Kontext eine Ausnahme: Karl Radek, der Witzbold, der Harlekin mit Galgenhumor unter den Bolschewisten.

Die zentralen Fragen in der Arbeit von Zvi Lothane aus New York sind, ob der Humor in der Therapie von affektiven Störungen eine Rolle spielen kann bzw. ob und wie Witze und Humor in der Therapie als Kommunikationsform eingesetzt werden können, um heilende Wirkungen zu erzielen.

Worüber unsere Vorfahren lachten, ist schwer zu sagen. Irmgard Gephart aus Bonn führt uns hierzu mit ihrem Text in das 13. Jahrhundert, um mittels einer psychoanalytischen Textinterpretation einer Schwankerzählung des Konrad von Würzburg eine Klärung zu versuchen.

Kulturvergleichend betrachtet Gerhard Kubik aus Wien den Witz als besondere Gattung der Oralliteratur und analysiert die Zeit- und Subjektgebundenheit anhand eines aktuellen Witzes, der nach einem öffentlichen Skandal in der katholischen Kirche in Österreich entstanden war.

Sechs Jahrzehnte sind seit dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus vergangen und dennoch werden seit Generationen längst untergegangen geglaubte Wert- und Normvorstellungen in Österreich weitertradiert. Auf bewusster Ebene ist es die Spitze eines Eisbergs und – wie ich in meinem Beitrag erörtere – auf unbewusster Ebene ein, in einer ausgeprägten Witzkultur verkleidetes und unterschätztes Massenphänomen.

Moya Aliya Malamusi berichtet aus seinem Heimatland Malawi über eine spezielle Form der Oralliteratur: „Nthanti“ – darunter versteht man komische Kurzgeschichten, die in lebhafter Weitererzählung herzhaftes Lachen erzeugen. Nach dem Motto: Aus Schaden wird man klug.

Hans Füchtners Beitrag spielt in Brasilien. In einer munteren Runde von Psychoanalytikern wurde er aufgefordert einen Witz zu erzählen und scheiterte. Der Autor analysiert warum.

Eheleben und männliche Homosexualität sind die zentralen Themen in Bernhard Seuberts Beitrag über den mexikanischen Witz, der v.a. ob der kulturellen Vielfalt und der daraus resultierenden Heterogenität der sozialen Strukturen des Landes zu verstehen ist.

Leopold Federmair hatte eine schwierige Aufgabe zu bewältigen, denn in Japan gibt es keine Witze oder besser gesagt: es gibt andere. Wortspiele etwa, für die sich die japanische Sprache, voll der Synonyme, besonders eignet. Gewalt und Aggression im tendenziösen Witz hingegen finden wenig Widerhall; zu sehr obsiegt das Bedürfnis nach Harmonie, Umsorgtwerden, Achtung und Freundlichkeit – kurz und japanisch amae genannt.

Aus einer sozialkonstruktivistischen Perspektive diskutiert Helga Kotthoff aus Freiburg verschiedene gender-Prägungen humoristischer Ausdrucksformen, wobei sie u.a. Freuds patriarchales Witzverständnis einer kritischen Betrachtung unterzieht.

Doris Hajer aus Montevideo versucht in ihrem Beitrag jenes Gefühl zu hinterfragen, welches sich ihr bei der Lektüre von Freuds ‚Witz‘ einstellte: Langeweile. Nicht in der kulturellen Differenz, nicht in der zeitlichen und geographischen Distanz sieht die Autorin die Hindernisse, sondern in der methodischen Vorgehensweise Freuds, die ihr das Buch nicht nahe zu bringen vermag.

In Buenos Aires kontaktierte ich den Psychoanalytiker Curt Hacker, der einer Mitarbeit an diesem Sammelband sogleich zustimmte. Eine bereits existierende und von Curt Hacker, Ricardo Avenburg und Gela Rosenthal initiierte Forschungsgruppe zur Geschichte der Psychoanalyse in der Sociedad Psicoanalítica del Sur wollte sich in einer kollektiven Seminararbeit mit Freuds ‚Witz‘ beschäftigen, woraus – mit Julia Mengual, Andrea Crosio und Daniel Bozzone – vier kleinere, heterogene Reflexionen entstanden sind.

Witze auf der Couch werden sehr selten berichtet. Paul Parin (Zürich) ist eine der wenigen Ausnahmen. Zum einen versucht er das Symptom des Lächelns und Lachens eines Patienten, das zeitweise in ein fou rire überging, in seinem Bedeutungszusammenhang zu zeigen; zum anderen, wie sich an einem konkreten Fallbeispiel die Analyse einer Witzerzählung nach dem Muster der Traumanalyse folgen lässt.

Im abschließenden Beitrag verteidigt Josef Shaked aus Wien das Anrecht von Humor und Witz im therapeutischen Gruppengeschehen. Insbesondere in der Großgruppe ist der Witz als eine legitime Form der Rebellion gegen das Über-Ich zu betrachten, wobei dem Analytiker eine wichtige Rolle zukommt: Er ist gleichsam Vertreter des Ichs und Mitakteur in der Regression.

Allen Autorinnen und Autoren möchte ich an dieser Stelle recht herzlich für die Zusammenarbeit danken.

Eine besondere Freude war mir auch die Abdruckerlaubnis für die köstliche Zeichnung, die diesen Buchumschlag ziert. Sie stammt von Paul Peter Porges, alias PPP.

PPP ist 1927 in Wien geboren. Er floh 1939 mit einem Kindertransport nach Frankreich und rettete sich 1943 über die Schweizer Grenze. Auf der Kunstakademie in Genf lernte er 1945 seine spätere Ehefrau Lucie Eisenstab – später eine berühmte Modedesignerin – kennen. Nach dem Krieg emigrierten beide in die USA. PPP wurde zu einem der bedeutendsten Cartoonisten und bereicherte u.a. das Mad Magazine und den New Yorker. Immer wieder führten seine Wege zurück nach Wien, vorwiegend über seinen Zeichenstift. So auch im Jahre 200018 und 2004 mit eigenen Ausstellungen. Für letztere zeichnete er: Dr. Sigmund Freud in Amerika kostet seinen ersten Banana Split. Ich danke Paul Peter Porges. Tanya und Willi Hemetsberger danke ich für die Vermittlung des Kontakts.

Die Arbeit an einem Buch über den Witz ist nicht immer zum Lachen. Im Gegenteil. Auch das wussten viele zu schätzen und ich bin ihnen zu Dank verpflichtet: Allen voran Josef Patloch für die stete analytische Begleitung, die mich aus so manchen Sackgassen führte. Gedruckt fixieren möchte ich meinen Dank – in musiktherapeutischem Ausmaße – an Siggi Fassl. Gerhard Benetka und Ernst Schmiederer bin ich für stete Feinkorrekturen dankbar; Anna Hauer und Ingrid Zenger für ihre solidarischen Hilfestellungen. Gerlinde Tamerl danke ich für die gewohnt sorgfältige und kompetente Betreuung dieses Buches sowie der gesamten Schriftenreihe.

Und Dank wie immer: meiner Lebensgefährtin Gabriella Hauch – ohne Worte!

 

Anmerkungen

1      1906 waren es 121 Exemplare; 1907/08 – 102. 1909 – 132; 1910 – 184; 1911 – Rest. Freud erhielt 1905 ein Honorar von 644 Kronen und 50 Freiexemplare. Die Angaben stammen aus einer Verkaufsliste Freudscher Bücher, die Siegfried Bernfeld im Rahmen seiner Arbeit an einer Freud-Biographie recherchierte. Quelle: Siegfried-Bernfeld-Archiv. Library of Congress. Manuscript Division. Washington D.C.

2. Auflage 1912 (Auflagenhöhe: 1575; Honorar: 1375 Kr.; Freiexemplare: 48): 298 verkauft; 1913: 159; 1914: 104; 1915: 241; 1916/17: 421; 1918/19: Rest. 3. Auflage 1921 (AH: 1575; Ho: 23.512 Kr. FE: 45): 631; 1922: 457; 1923: 244; 1924: Rest. 4. Auflage 1925 (AH: 2100; Ho: 10.900.000 Kr. FE: 50): 206; 1926: 134; 1927: 338; 1928–38: 362. 1938: Rest (=1010) beschlagnahmt!

2      Jones, Ernest (1962): Das Leben und Werk von Sigmund Freud. Band II. Bern, 1978. S. 25.

3      So finden sich etwa keine Einträge in: Laplanche, Jean / Pontalis, Jean-Bertrand (1973): Das Vokabular der Psychoanalyse. Frankfurt/M.

4      Freud, Sigmund (1925): Die Widerstände gegen die Psychoanalyse. In: GW XIV, S. 99–110.

5      Auch das heurige „Freud-Jahr“ zeigt in den Programmgestaltungen keinen Witz-Bezug. Wie ich eben erfahre, findet sich am Büchermarkt eine Ausnahme; wie so oft über den Weg der Literatur (wissenschaft). Das neue Jahrbuch für Literatur und Psychoanalyse 2006. Mauser, Wolfram / Pfeiffer, Joachim (Hg.) (2006): Lachen. Freiburger literaturpsychologische Gespräche. Bd. 25. Würzburg.

6      Freud, Sigmund (1917): Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse. In: GW XI. S. 242.

7      Freud, Sigmund (1905): Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten. In: GW VI. S. 173.

8      Freud, Sigmund (1910): Brief an Dr. Friedrich S. Krauss über die Anthropophyteia. In: GW VIII. S. 224f. Zitat: S. 225.

9      Freud, Sigmund (1900): Die Traumdeutung. In: GW II/III.

10    Freud, Sigmund (1901): Zur Psychopathologie des Alltagslebens. In: GW IV.

11    Freud, Sigmund (1904): Die Freudsche psychoanalytische Methode. In: GW V. S. 3–10.

12    Freud, Sigmund (1905a): Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie. In: GW V. S. 33–145.

13    Freud, Sigmund (1905): a.a.O. (Anm. 7), S. 140.

14    Ebenda, S. 204f. (Hervorhebungen; K.F.)

15    Koellreuter, Anna / Körbitz, Ulrike (1996): Das Begehren. Über das Sexuelle im Analyseprozess. Drei Psychoanalytikerinnen im Gespräch. In: Werkblatt. Zeitschrift für Psychoanalyse und Gesellschaftskritik. Nr. 37. S. 13–43. Zitat: S. 14.

16    Ferenczi betonte Freuds ursprüngliche Frage seiner Arbeit: „ob man auch den allerbesten Witz ‚verderben‘, das heißt, ihn trotz vollständiger und treuer Wiedergabe seines Inhalts in eine solche Form gießen kann, in der er nicht mehr erheiternd wirkt.“ – ‚Reduktion des Witzes‘. (Ferenczi, Sándor (1911): Die Psychoanalyse des Witzes und des Komischen. In: ders.: Zur Erkenntnis des Unbewussten. Schriften zur Psychoanalyse Bd. III. Hg. von Helmut Dahmer. Gießen, 2005. S. 164–177. Zitat: S. 165.)

17    So müssen wir auch auf eine aktuelle Auseinandersetzung über den jüdischen Witz und Humor verzichten. Klaus Lohrmann sah sich leider in – besser: nach letzter Minute außerstande seine Zusage einzulösen. Ich verweise auf: Landmann, Salcia (1960): Der jüdische Witz. Soziologie und Sammlung. Olten und Freiburg, 1988.

18    Vgl. Hanak, Werner (Hg.) (2000): Lucie & Paul Peter Porges. Style and Humor. Wien.

Peter Schneider

Der Witz und seine Beziehungen zur Psychoanalyse

I.

„Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten“, bemerkt Ernest Jones, werde „von allen Büchern [Freuds, Anm. d. Verf.] am wenigsten gelesen, vielleicht weil es am schwersten ist, richtig zu verstehen.“ Parallel zum „Witz“-Buch habe Freud an den „Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie“ gearbeitet: „Freud hielt beide Manuskripte auf zwei nebeneinanderstehenden Tischen und schrieb je nach Laune bald an dem einen, bald an dem anderen. Es war meines Wissens das erstemal, dass Freud an zwei Abhandlungen gleichzeitig arbeitete, woraus man ersieht, wie eng für ihn diese beiden Themen zusammenhingen.“ Beide Bücher seien ihrerseits „direkt aus den Ideen der großen ‚Traumdeutung‘ herausgewachsen. So sieht man, dass die Entwicklung von Freuds Gedanken und Studien in den ersten Jahren des Jahrhunderts ganz kontinuierlich vor sich ging.“1

Bekanntlich hatte Freud sich bereits während der Arbeit an der „Traumdeutung“ mit dem Witzthema beschäftigt: Aus seinen Ferien in Aussee schreibt er am 26.8.1898, dass er sich „in das Studium von Lipps versenkt habe“, dessen im gleichen Jahr erschienenes Buch über „Komik und Humor“ ihm also bereits viele Jahre vor der Fertigstellung des „Witz’“ nicht entgangen sein dürfte. Am 11.9.1899 teilt er Fließ die Erkenntnis mit, warum die Träumer in ihren Träumen so oft „unausstehlich witzig“ seien: „… sie sind es aus Not, weil sie im Gedränge sind, ihnen der gerade Weg versperrt ist. … Der scheinbare Witz aller unbewussten Vorgänge hängt intim mit der Theorie des Witzes und des Komischen zusammen.“

Gewiss also besteht ein „Zusammenhang“ – wie Jones mutmaßt – zwischen der „Traumdeutung“, den „Drei Abhandlungen“ und dem „Witz“, doch ebenso gewiss zeichnet sich dieser, wie ich zeigen möchte, nicht vor allem durch Kontinuität aus.

In der „Einleitung“ zum „Witz“ (im ersten, „analytischen“ Teil des Buches) lässt Freud – ähnlich wie im Literaturkapitel der „Traumdeutung“ – die Bestimmungen des Komischen und des Witzes Revue passieren, die er bei anderen Autoren gefunden hat. Dabei hebt er u.a. folgende Punkte hervor2:

• Der Witz enthüllt „Ähnlichkeiten zwischen Unähnlichem“, er ist der „verkleidete Priester, der jedes Paar traut“ (Jean Paul).

• „Wir leihen einer Aussage einen Sinn und wissen, dass er ihr logischerweise nicht zukommen kann. Wir finden in ihr eine Wahrheit, die wir dann doch wiederum den Gesetzen der Erfahrung oder allgemeinen Gewohnheiten unseres Denkens zufolge nicht darin finden können. Wir gestehen ihr eine über ihren wahren Inhalt hinausgehende logische oder praktische Folge zu, um eben diese Folge zu verneinen, sobald wir die Beschaffenheit der Aussage für sich ins Auge fassen. In jedem Falle besteht der psychologische Prozess, den die witzige Aussage in uns hervorruft und auf dem das Gefühl der Komik beruht, in dem unvermittelten Übergang von jenem Leihen, Fürwahrhalten, Zugestehen, zum Bewusstsein oder Eindruck relativer Nichtigkeit.“ (Theodor Lipps)

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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