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Als das Land noch wild und unberührt war und jeder Tag für die Siedler eine neue Herausforderung Kanada, 1898: Nach Jahren des Umherziehens hat Clarissa endlich ein Heim gefunden, in dem sie sich vorstellen kann, glücklich zu werden – gemeinsam mit Alex, der als Fallensteller arbeitet und die Wildnis braucht wie die Luft zum Atmen. In ihrer bescheidenen, aber gemütlichen Blockhütte am Skeena River steht ihre Hochzeit kurz bevor. Doch dann verschwindet Alex spurlos. Kann es Zufall sein, dass gleichzeitig ein Mann aus Clarissas Vergangenheit wie ein dunkler Schatten wieder in der kleinen Küstenstadt auftaucht? Der reiche und gierige Unternehmersohn Frank Whittler hat nie die Schmach überwunden, dass Clarissa ihn nicht wollte. Ihr bleibt nur eins, um seiner Rache zu entkommen: Mit dem Hundeschlitten flieht sie in Richtung der Coast Mountains. Dort verschlägt es sie in die Stadt Skaguay, die in den Fängen des Goldrauschs ist – und eines Verbrecherkönigs, der fast noch schlimmer scheint als Frank Whittler … Die große Nordamerika-Saga in sechs Bänden erschien vorab bereits als »Clarissa«-Reihe und wird ebenso Fans von »Yellowstone« wie von »Outlander« begeistern!
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Seitenzahl: 557
Veröffentlichungsjahr: 2024
Über dieses Buch:
Kanada, 1898: Nach Jahren des Umherziehens hat Clarissa endlich ein Heim gefunden, in dem sie sich vorstellen kann, glücklich zu werden – gemeinsam mit Alex, der als Fallensteller arbeitet und die Wildnis braucht wie die Luft zum Atmen. In ihrer bescheidenen, aber gemütlichen Blockhütte am Skeena River steht ihre Hochzeit kurz bevor. Doch dann verschwindet Alex spurlos. Kann es Zufall sein, dass gleichzeitig ein Mann aus Clarissas Vergangenheit wie ein dunkler Schatten wieder in der kleinen Küstenstadt auftaucht? Der reiche und gierige Unternehmersohn Frank Whittler hat nie die Schmach überwunden, dass Clarissa ihn nicht wollte. Ihr bleibt nur eins, um seiner Rache zu entkommen: Mit dem Hundeschlitten flieht sie in Richtung der Coast Mountains. Dort verschlägt es sie in die Stadt Skaguay, die in den Fängen des Goldrauschs ist – und eines Verbrecherkönigs, der fast noch schlimmer scheint als Frank Whittler …
Über den Autor:
Christopher Ross gilt als Meister des romantischen Abenteuerromans. Es ist das Pseudonym des Autors Thomas Jeier, der in Frankfurt am Main aufwuchs, heute in München und »on the road« in den USA und Kanada lebt. Seit seiner Jugend zieht es ihn nach Nordamerika, immer auf der Suche nach interessanten Begegnungen und neuen Abenteuern, die er in seinen Romanen verarbeitet, mit den bevorzugten Schauplätzen Kanada und Alaska. Seine über 200 Bücher wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und mehrfach ausgezeichnet.
Christopher Ross veröffentlichte bei dotbooks seine große Alaska-Saga mit den Romanen »Im Herzen die Wildnis«, »Wo der Himmel brennt«, »Die Nacht der Wölfe«, »Allein durch die Wildnis«, »Gefangen im ewigen Eis« und »Das Leuchten am Horizont«.
Die Website des Autors: www.jeier.de/
Der Autor auf Facebook: www.facebook.com/thomas.jeier
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eBook-Neuausgabe Dezember 2024
Copyright © der Originalausgabe 2013 by Verlagsgruppe Weltbild GmbH
Copyright © der Neuausgabe 2024 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung zweier Motive von Alla / toomi123 / Adobe Stock sowie mehrerer Bildmotive von © shutterstock und AdobeStock
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (rb)
ISBN 978-3-98952-584-9
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Christopher Ross
Wo der Himmel brennt
Roman
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»Heya! Heya!«, feuerte Clarissa die Hunde an. »Wollt ihr wohl laufen, ihr müden Gesellen? Ihr wisst doch, was morgen für ein Tag ist! Alex würde es uns nie verzeihen, wenn wir zu spät kommen. Heya, bewegt euch endlich!«
Clarissa stand mit beiden Beinen auf dem Trittbrett ihres Schlittens und strahlte vor Glück. In dem Paket auf der Ladefläche war ihr Brautkleid, ein Traum aus cremefarbener Seide, wie ihn sich sonst nur wohlhabende Ladys aus Vancouver oder Victoria leisten konnten. Die Seide hatte ihr ein japanischer Kapitän geschenkt, den Alex auf einen Jagdausflug mitgenommen hatte, und genäht hatte es ihre indianische Freundin aus Kwinitsa, die einige Jahre bei einem Schneider in die Lehre gegangen war.
Sie hatte es persönlich abgeholt, damit noch ein paar Änderungen vorgenommen werden konnten, und mit kostbaren Pelzen bezahlt. Seit zwei Jahren lebte sie mit Alex schon in der Wildnis, in einer Blockhütte ungefähr zwanzig Meilen nördlich von Port Essington, dem Handelszentrum am Zusammenfluss von Skeena und Ecstall River. Vor einem Friedensrichter hatten sie sich gleich nach ihrer Ankunft das Jawort gegeben, doch morgen würden sie ihren Bund auch vor Gott beschließen und nach dem langen und harten Winter endlich wieder einen Grund zum Feiern haben. Allein bei dem Gedanken an den köstlichen Kuchen, den die Frau des Pastors backen wollte, lief ihr das Wasser im Mund zusammen. Über ihren Beerenkuchen ging nichts!
»Vorwärts, Smoky! Was ist los mit dir? Hast du das Laufen verlernt?« Smoky war ihr Leithund, seit Billy vom Huf eines wütenden Elchs getroffen worden und wenig später gestorben war. Er war nicht mehr so übermütig wie vor etwas mehr als zwei Jahren, als sie zum ersten Mal dabei geholfen hatte, ihn vor einen Schlitten zu spannen, und kräftiger und besonnener. Nur manchmal, wenn sie wie jetzt auf einem ausgetretenen Pfad unterwegs waren, blitzte noch der jugendliche Übermut durch, und er legte sich mit dem jungen Charly an, der direkt hinter ihm lief und sich nur schwer unterordnen konnte.
Sie mochte die Fahrten mit dem Hundeschlitten, auch jetzt im beginnenden Frühjahr, wenn die Tage länger wurden, und der Schnee langsam unter den Kufen schmolz. Hier unter den Bäumen war er noch kalt und fest, und die Hunde brauchten keine Angst zu haben, sich am felsigen Boden die Pfoten aufzureißen. Wie Clarissa erfreuten sie sich an der klaren Luft, die unter den mächtigen und weit ausladenden Douglasfichten noch frischer und würziger war und ihnen das Gefühl gab, wirklich am Leben zu sein. Clarissa genoss jeden Atemzug, sog die Luft tief in die Lungen und konnte nicht verstehen, warum sie Vancouver nicht schon viel früher verlassen hatte und in die Wildnis gezogen war. Das Gefühl, in dieser Einsamkeit mit der Natur zu verschmelzen und nur den Atem der Huskys und das Knarren der Schlittenkufen zu hören, war unvergleichlich und erfüllte sie mit tiefer Zufriedenheit. Fernab der Zivilisation im kanadischen Busch zu leben, noch dazu mit einem aufrichtigen Mann wie Alex Carmack, war mehr, als sie vom Leben erwarten durfte.
Clarissa lenkte den Schlitten aus dem Wald und auf die verschneite Wagenstraße, die nach Port Essington führte. Der frische Abendwind blies ihr ins Gesicht und färbte ihr schmales Gesicht und die hohen Wangen, die ihr ein leicht exotisches Aussehen verliehen. Unter ihrer Pelzmütze flatterten schwarze Haare hervor. Das Leben in der Wildnis bekam ihrer Haut gut, es hatte die ungesunde Blässe vertrieben, die man bei den Frauen in den großen Städten so schätzte. Ihre dunklen Augen strahlten, als würde ein unsichtbares Feuer darin brennen, und wenn sie einen Fuß vom Trittbrett nahm und den Schlitten anschob, verriet sie trotz ihrer schlanken Gestalt eine ungewöhnliche Entschlossenheit, die selbst Fallensteller und Indianer beeindruckte. Kaum noch etwas erinnerte an die Frau, die sich nach dem Tod ihrer Eltern als Haushälterin bei wohlhabenden Familien durchgeschlagen hatte.
»Gleich haben wir es geschafft«, rief sie den Hunden zu. »Was meint ihr? Ob mir das Kleid steht? Ich würde wie eine Prinzessin darin aussehen, sagt meine Freundin in Kwinitsa, aber was wird Alex dazu sagen? Der kennt mich doch nur in langen Hosen oder im Rock. Ich wette, er wird ohnmächtig, wenn er mich im weißen Kleid sieht.« Sie kicherte. »Oder er biegt sich vor Lachen. Ich kann ihn mir auch nicht im Anzug vorstellen.«
Smoky verstand kein Wort, er drehte sich nicht mal um. Er ahnte zwar, dass die Zweibeiner, bei denen er wohnte, etwas Besonderes im Schilde führten, nur dass sie am nächsten Morgen in festlicher Kleidung vor den Altar treten und noch einmal die Ringe tauschen und sich anschließend auf einer riesigen Party vergnügen würden, verriet ihm sein Instinkt nicht. Die Bürger der kleinen Stadt sprachen seit Tagen von nichts anderem. Obwohl Clarissa und Alex noch nicht lange bei Port Essington lebten, schätzten sie den wortkargen Fallensteller, vor allem aber Clarissa, die zu jedem hilfsbereit und freundlich war und sogar als Lehrerin ausgeholfen hatte, als Mrs Pratt krank gewesen war.
Die meisten wussten, dass beide aus dem Süden kamen und Clarissa als Haushälterin in Vancouver gearbeitet hatte. Den wahren Grund dafür, warum sie nach Norden gekommen waren, kannte nicht mal ihre Freundin in Kwinitsa. Sie hätte die abenteuerliche Geschichte sowieso nicht geglaubt.
Manchmal konnte selbst Clarissa nicht glauben, welche Abenteuer sie während der letzten Jahre erlebt hatte. In Vancouver hatte Frank Whittler, der Sohn des reichen Eisenbahnmanagers, für den sie als Haushälterin gearbeitet hatte, sie beinahe vergewaltigt und anschließend behauptet, sie habe ihm Geld gestohlen. Als er die Polizei auf sie gehetzt hatte, war sie in die Wildnis geflohen. Ihr Leben verdankte sie einem geheimnisvollen Wolf, der sie zu Alex’ Hütte geführt hatte, als ihr Frank Whittler und die Verfolger zu nahe gekommen waren. Ein Geisterwolf, wie die Indianer behaupteten, der sie beschützte, seitdem sie ihn verarztet und ihm das Leben gerettet hatte. Eine Reihe von glücklichen Zufällen, behauptete Alex, der nie etwas mit Geistern im Sinn hatte, und stets das Gesicht verzog, wenn sie von dem Wolf erzählte.
Er war auch nicht dabei gewesen, als Bones den von seinem Hass besessenen Frank Whittler mit gefletschten Zähnen vertrieben hatte. Bones ... So hatte sie den Wolf wegen seines knochigen, aber sehr zähen Körpers genannt. Wie eine Furie hatte er sich auf Whittler gestürzt und ihn davongejagt. Wenig später war herausgekommen, dass Whittler gelogen hatte, seine Verlobte war ihm weggelaufen, und er hatte sich nie mehr blicken lassen. Auch Alex, den er wegen Beihilfe zur Flucht vor Gericht bringen wollte, wurde nicht mehr gesucht. Dennoch hielt sie sich bedeckt, wenn ein Fremder in der Stadt auftauchte, aus Angst, Whittler könnte einen seiner Männer geschickt haben.
An diesem Abend hatte sie keinen Grund, ihn zu fürchten. Die Kirche und das Gemeinschaftshaus waren festlich geschmückt, die Frau des Pfarrers und ihre Freundinnen standen in der Küche und backten Kuchen, und alle freuten sich auf die bevorstehende Hochzeit und das anschließende Fest. Noch war Port Essington eine halbe Geisterstadt, und die wenigen Einwohner, die im Winter geblieben waren, fühlten sich als große Familie. Der Großteil der Bürger würde erst im Frühjahr wiederkommen, wenn sich die Lachse in den Flussmündungen versammelten, und die Arbeit in den beiden Konservenfabriken wieder auf Hochtouren lief. Dann fuhren auch die Flussdampfer wieder über den eisfreien Skeena River nach Hazelton, voll beladen mit Handelswaren für die Menschen in dem bedeutenden Handelszentrum.
Die Sonne stand schon weit im Westen und berührte das Wasser der scheinbar endlosen Bucht, als Clarissa den Schlitten über die Hauptstraße lenkte. In den meisten der teilweise auf Pfählen gebauten Häuser brannten bereits die Petroleumlampen, und ihr gelber Lichtschein spiegelte sich im Schnee und im nahen Fluss. Der Schnee auf den Giebeldächern war nach unten gerutscht. »In einer Woche ist der Schnee weg«, rief sie den Hunden zu. »Noch zwei oder drei Touren, dann könnt ihr euch auf die faule Haut legen.«
Sie ließ ihren Blick über die Bucht und den breiten Skeena River gleiten. Einige Indianer paddelten in ihren Kanus über den eisfreien Fluss und suchten mit ihren Speeren nach Beute. Ein Fischadler kreiste weit über ihnen, die dunklen Schwingen weit ausgebreitet. Für einen winzigen Augenblick glaubte sie, die gelben Augen eines Wolfes am Waldrand zu erkennen, und sie fühlte sich bereits an Bones erinnert, doch sie verschwanden sofort wieder, und es wäre wohl auch ein zu großer Zufall gewesen, wenn er ihr nach zwei langen Jahren bis in den Hohen Norden gefolgt wäre. Auch sie wusste mittlerweile, dass Wölfe am liebsten im Rudel umherzogen und ihr angestammtes Revier nur in höchster Not verließen. Vielleicht hatte sie einen Hirsch oder Elch gesehen, oder sie war einer anderen Täuschung erlegen.
Die letzten Jahre waren nicht einfach für Clarissa gewesen. Nachdem Alex zurückgekehrt war, hatte sie die Ranch, auf der sie sich vor Whittler versteckt hatte, verlassen und war mit dem Mann, den sie liebte, von einer Stadt zur anderen gezogen, auf der Suche nach einem Ort, an dem sie in Frieden leben konnten. In der Nähe von Port Essington, wenige Meilen von der Pazifikküste entfernt, waren sie fündig geworden. In den Wäldern, die bisher nur wenige Weiße gesehen hatten, gab es Biber und Hermeline, deren Felle und Pelze sogar im fernen Paris geschätzt wurden, und die Hudsons Bay Company, die mit einem Handelsposten in Port Essington vertreten war, zahlte besser als die Amerikaner im Süden. Alex konnte sich nicht vorstellen, jemals in einem Büro oder einer Fabrik zu arbeiten. Er brauchte die Wildnis wie die Luft zum Atmen. Selbst eine Siedlung wie Port Essington war für ihn schon zu groß.
Über die breite Hauptstraße fuhr sie im Schritttempo. Der Eigentümer des Eisenwarenladens stand rauchend vor seinem Laden und winkte ihr freundlich zu. Sogar der Schmied unterbrach für einen Augenblick sein Hämmern und grüßte sie lächelnd. Alle mochten sie und freuten sich mit ihr auf eine feierliche Zeremonie und eine fröhliche Party. Im Winter gab es wenig Anlässe zum Feiern in der kleinen Stadt, und man war über jede Abwechslung froh. Einige Kinder rannten neben ihrem Schlitten her und nahmen hastig Reißaus, als Smoky den Kopf wandte und bellte.
Vor der Pension von Mary Redfeather hielt sie den Schlitten an. Sie stieg vom Trittbrett und blickte die Straße zum Flussufer hinab, sah einige Männer lachend die Straße überqueren und im Saloon des Hotels verschwinden. »Treib es bloß nicht zu toll, Alex Carmack«, rief sie lächelnd. »Wenn du morgen früh mit einer Fahne in der Kirche erscheinst, muss ich mir noch mal schwer überlegen, ob ich dir mein Jawort gebe.« Sie lief zu den Hunden vor, ohne den Blick von den Männern zu nehmen. »Und fang bloß nichts mit den bemalten Mädchen an, sonst zieh ich dir die Ohren bis zum Boden runter!«
Sie spannte die Hunde aus und brachte sie zu ihrem Schlafplatz hinter dem Hotel. Dort hatte Mary Redfeather bereits Strohlager hergerichtet. »Wird auch langsam Zeit, dass du kommst«, erklang die Stimme der Wirtin, als Clarissa zum Schlitten zurückkehrte und das Paket mit dem Brautkleid von der Ladefläche nahm. Die rundliche Frau, nach eigener Aussage die Tochter eines Chinesen und einer Indianerin und die Enkelin eines Russen und einer Frau, über die man nichts wusste, stand in der Tür mit einer Pfeife aus Walknochen zwischen den Lippen. Ihre Stimme klang heiser. »Ich dachte schon, du willst dich drücken.«
Clarissa erwiderte ihr Lächeln. »Alex? Den lass ich nicht mehr von der Angel. Es sei denn, er lässt sich von den Mädchen im Saloon verführen.«
»Dazu wird es nicht kommen, meine Liebe. Ich kenne die Mädchen noch von früher und hab ihnen Prügel angedroht, falls sie deinem Alex zu nahekommen. Und dem Wirt hab ich gesagt, dass er ihm nur so viel Whiskey geben soll, dass er morgen vor dem Altar nicht aus den Schuhen kippt. Keine Angst, er wird nicht über die Stränge schlagen, dafür habe ich schon gesorgt.«
Clarissa nickte dankbar, als die Wirtin den Schlitten aufstellte und gegen die Haus wand lehnte. »Wenn ich’s mir recht überlege, könnte ich selbst einen Whiskey gebrauchen, so aufgeregt, wie ich bin. Vor dem Friedensrichter war ich die Ruhe selbst, aber morgen in der Kirche, vor den vielen Leuten und in dem langen weißen Kleid ... Mir wird schon übel, wenn ich nur daran denke.«
»Keine Angst«, erwiderte die Wirtin, »ich bin die ganze Zeit bei dir. Dafür sind Trauzeugen doch da.« Sie ging zur Tür. »Und jetzt komm endlich rein, oder willst du hier draußen Wurzeln schlagen? Ich hab getrockneten Lachs und Reis für deine Hunde, und für dich steht Wildeintopf auf dem Herd, den magst du doch so gern. Wenn du willst, braue ich dir frischen Kräutertee nach meinem neuen Geheimrezept.«
Wie immer, wenn sie von einer Fahrt zurückkehrte, kümmerte sich Clarissa zuerst um die Hunde. Sie warteten bereits ungeduldig und jaulten aufgeregt, als sie mit dem Fressen aus dem Haus kam. Als Leithund war Smoky zuerst dran, eine Reihenfolge, die sie strikt einhielt, so wie sie für jeden Husky ein paar freundliche Worte übrig hatte, als sie ihm den Napf und frisches Wasser hinstellte. »Morgen ist ein besonderer Tag für mich«, sagte sie zu Smoky. »Alex und ich heiraten in der Kirche. Da ist die ganze Stadt auf den Beinen, und es gibt eine große Party. Erschrick nicht, wenn es ein bisschen lauter wird, hörst du?«
Im Haus zog Clarissa ihre Winterkleidung aus und schlüpfte in den bequemen Hausmantel, den Mary Redfeather ihr geliehen hatte. Allerdings nur, solange sie sich den Wildeintopf und den Kräutertee schmecken ließ. Nach dem Essen bestand die Wirtin darauf, sie in ihrem neuen Brautkleid zu sehen. Sie zog es in ihrem Zimmer an, betrachtete sich minutenlang im Spiegel und zupfte nervös an dem verzierten Kragen, bevor sie ins Wohnzimmer hinabstieg. Außer ihr wohnten keine Gäste in der Pension, und die Wirtin war nicht verheiratet. »Wenn du lachst, rede ich kein Wort mehr mit dir«, drohte sie schon, bevor sie unten war.
Mary Redfeather dachte nicht daran, sie auszulachen. Im Gegenteil, als Clarissa den Raum betrat, schlug sie beeindruckt die Hände vor den Mund und staunte: »Wunderschön! Du siehst wunderschön aus! Das Kleid ist einfach himmlisch! Die Leute werden hingerissen sein, wenn du morgen in der Kirche erscheinst, und Alex ... Er wird dich noch mehr lieben.«
»Meinst du wirklich?« Sie strich nervös die kostbare Seide glatt. »Ist es nicht zu protzig? Weiße Kleider tragen sonst nur Töchter angesehener Familien und Prinzessinnen. Vielleicht hätte man die Spitze am Kragen weglassen sollen? Mit dem Schleier wird es vielleicht ein bisschen viel.«
»Unsinn! Das Kleid ist genau richtig. Alle Frauen werden dich beneiden, wenn sie dich morgen in der Kirche sehen. Du hast dir das Weiß verdient! Wie gern hätte ich in einem solchen Kleid geheiratet, aber mein Jacky glaubte weder an Gott noch an die Geister seines Stammes und wurde schon nervös, wenn er eine Glocke läuten hörte. Er legte mir am Lagerfeuer eine Decke um die Schultern und murmelte irgendwas, und damit hatte es sich. Damit waren wir nach dem Recht unseres Stammes verheiratet. Vielleicht hat ihn Gott deshalb so früh zu sich gerufen. Wahrscheinlich hat er ihn gleich in die Hölle weitergeschickt.«
»Und du meinst wirklich, ich kann so gehen?«, fragte Clarissa.
»Wenn du die Stiefel weglässt und stattdessen die neuen weißen Schuhe anziehst, die mit dem letzten Schiff gekommen sind«, erwiderte sie grinsend.
Obwohl sie müde von der langen Fahrt war, und ihr ein anstrengender Tag bevorstand, lag Clarissa an diesem Abend noch lange wach. Eine Weile las sie in dem Buffalo-Bill-Heftchen, das ebenfalls mit der ersten Post gekommen war, leichte Kost, die ihr sonst immer beim Einschlafen half, doch kaum hatte sie das Licht gelöscht, wälzte sie sich unruhig von einer Seite auf die andere, und versuchte vergeblich, sich in einen Traum zu flüchten. Stattdessen drang der Lärm aus dem Saloon an ihre Ohren, das Hämmern des mechanischen Klaviers, das Lachen der Männer, das Klirren der Gläser. »So ist es bei uns üblich«, hatte ihr Mary Redfeather erklärt, »der Mann tobt sich noch mal richtig aus, bevor er in den Hafen der Ehe einläuft, auch wenn er sein Jawort schon vor einem Friedensrichter gegeben hat.« Ihre Augen blitzten. »Aber keine Bange, wir haben ein Auge auf Alex, und die leichten Mädchen haben strenge Anweisung, einen großen Bogen um ihn zu machen. Mehr als ein Tänzchen ist nicht drin. Und sobald er genug getrunken hat, schließt der Wirt seine Flaschen in einen Schrank und treibt ihn zur Not mit der Schrotflinte auf sein Zimmer.«
Clarissa stand auf und trat ans Fenster. Es waren keine Eisblumen mehr auf den Scheiben, dazu war es nicht mehr kalt genug, und sie konnte auf die Hauptstraße und bis zum Hotel sehen, wo sich im Erdgeschoss der Saloon befand. Vor dem Eingang hingen zahlreiche Lampions und warfen bunte Lichter auf den schmutzigen Schnee, ein sicheres Zeichen dafür, dass ein besonderer Tag bevorstand, denn sonst holte der Chinese, der die andere Hälfte des Hotels besaß, die Lampions nur am chinesischen Neujahrstag aus der Kiste. Die Tür klappte auf, und ein Mann torkelte heraus, lief einige Schritte singend über den Gehsteig und stürzte in den Schnee. In einem der Wohnhäuser ging ein Fenster auf, und eine schrille Frauenstimme rief: »Komm du mir heute Nacht nach Hause! Ich hab die Nase endgültig voll!«
Edward Joscelyn, der Besitzer des Mietstalls, und seine Frau. Die beiden stritten schon seit Monaten, dachten aber gar nicht daran, sich zu trennen. Genauso wenig wie der alte Mann, der nach ihm aus dem Saloon wankte und sich an einem Telegrafenmast festhalten musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Er war mit der Tochter eines Häuptlings verheiratet, die das Ansehen des Stammes in Verruf bringen würde, falls sie sich von ihm trennte. »Ich hoffe, du liegst schon im Bett, Alex«, flüsterte sie. »Wäre doch peinlich, wenn du morgen einen Kater hättest und den Ring nicht finden würdest.«
Aus der Ferne drang das Heulen eines Wolfes herüber. Sie blickte über die Häuser hinweg zu den bewaldeten Hängen des Spokeshut Mountain empor und glaubte wieder, die gelben Augen ihres vierbeinigen Freundes zu erblicken, ihres Schutzgeistes, wie die Indianer behaupteten; allerdings leuchteten sie diesmal weder dankbar noch besonders freundlich in der Dunkelheit. Sie wischte ihren verdunsteten Atem von der Scheibe und blickte genauer hin, bis sie die Umrisse des Wolfes deutlich sehen konnte.
»Bones«, erkannte sie ihn sofort. Er stand oben auf einem Hügelkamm. »Du bist es tatsächlich! Was willst du?«
Der Wolf antwortete mit einem kräftigen Heulen, das wie eine Warnung klang. Er lief einige Schritte, kehrte zurück und entfernte sich erneut. Als wollte er sie auffordern, ihm aus der Stadt zu folgen. Er blieb stehen und starrte sie lange an, schien darauf zu warten, dass sie das Haus verließ, und gebärdete sich plötzlich so nervös, als wäre der Lauf eines Gewehrs auf ihn gerichtet. Wie ein Tier, das man in die Enge getrieben hatte, drehte er sich um die eigene Achse und suchte nach einem Fluchtweg, blieb plötzlich wieder stehen und fixierte sie mit seinem stechenden Blick. »Komm mit mir!«, signalisierte ihr das Funkeln in seinen Augen. »Schnell! Du schwebst in großer Gefahr!«
Sie glaubte sich in einem Albtraum und schloss die Augen, vertrieb den Schwindel, den sie beim Anblick des nervösen Wolfes empfunden hatte, und öffnete sie zögernd wieder. Bones war verschwunden, als wäre er niemals da gewesen. Sie schalt sich eine Närrin, weil sie einem Albtraum aufgesessen war, kehrte erschöpft in ihr Bett zurück und war wenig später eingeschlafen.
Noch bevor die ersten Sonnenstrahlen zum Fenster hereinfielen, wachte sie auf. Sie starrte verwirrt zur Decke empor und brauchte eine Weile, um sich von den düsteren Träumen der Nacht zu lösen. Oder hatte sie den Wolf wirklich gesehen? Wollte er sie mit seinem durchdringenden Blick vor einem Unglück warnen?
An diesem Morgen war es ihr unmöglich, zwischen Traum und Wirklichkeit zu unterscheiden, nicht einmal ihre Umgebung erkannte sie auf Anhieb. Erst als sie ihre Decken zurückschob und sich aufsetzte, wurde ihr bewusst, dass sie sich in der Pension von Mary Redfeather befand und mit der aufgehenden Sonne einer der wichtigsten Tage ihres Lebens begann.
Ein zufriedenes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Alex und sie hatten den Termin immer wieder verschoben, zuerst aus Angst, Frank Whittler könnte auf sie aufmerksam werden und seine Männer auf sie hetzen, dann wegen des heißen Sommers oder des strengen Winters, oder weil sie einfach noch nicht bereit für die feierliche Zeremonie waren.
Jetzt hatten sie sich endlich dazu entschlossen, und der begeisterte Zuspruch ihrer neuen Freunde und Bekannten in Port Essington zeigte ihnen, dass sie das Richtige getan hatten. Ohne kirchlichen Segen war man auch in der kanadischen Wildnis nur ein halber Mensch.
Dennoch blieb ihre Freude verhalten. Es gelang ihr nicht, die erneute Begegnung mit Bones aus ihren Gedanken zu verbannen, und die Vorstellung, seine Warnung könnte ihrer Hochzeit gegolten haben, einer drohenden Gefahr, die auf sie in der Kirche oder auf der anschließenden Party wartete, ließ sie so nervös werden, dass sie zu zittern begann. Sie schob es auf die Kälte, die sogar durch das geschlossene Fenster in den Raum drang, und schlüpfte in den Hausmantel. Am frühen Morgen war es immer noch empfindlich kalt.
Barfuß trat sie ans Fenster und blickte auf die Hauptstraße hinab. Die Sonne kroch bereits über den Spokeshute Mountain und die vorgelagerten Inseln und tauchte die Häuser in orangefarbenes Zwielicht, das ihren Fassaden zumindest für ein paar Minuten das verwitterte Aussehen nahm und selbst den schmutzigen Schnee verführerisch aussehen ließ. Wie eine Frau, die ihr verhärmtes Gesicht unter der Schminke versteckte, hatte ihre Freundin mal gesagt. Wie viele Indianerinnen hatte sie ein Faible für blumige Vergleiche.
Clarissas erster Blick galt dem Hügelkamm, auf dem Bones verharrt und sie angeblickt hatte. Dort war niemand zu sehen. Sie wäre gern auf den Hügel gestiegen, um Spuren oder einen anderen Beweis dafür zu finden, dass er in der Nacht tatsächlich dort gestanden hatte, aber der Aufstieg würde viel zu lange dauern, und man würde sie wahrscheinlich für verrückt erklären. Selbst Alex hatte ihr nie abgenommen, dass Bones tatsächlich ihr Schutzgeist war.
Wahrscheinlich hatte sie nur schlecht geträumt, und ihre ganze Aufregung war umsonst. Auch wenn sie vor dem Gesetz schon verheiratet waren, stand ihr doch ein wichtiger und einschneidender Moment in ihrem Leben bevor, und es kam nicht von ungefähr, dass sie nervös war, und ihre Fantasie seltsame Blüten trieb. Was sollte schon passieren? Sie waren unter guten Freunden und Bekannten, die sie gegen sämtliche Störenfriede schützen würden, und weder bei Alex noch bei ihr bestand die geringste Gefahr, dass sie die entscheidende Frage des Pfarrers mit »Nein« beantworteten. Es war nur die übliche Nervosität vor dem großen Ereignis, die wohl jede Frau empfand. Sie hatte schon von Frauen gehört, die wenige Stunden vor der Trauung ihre Hochzeit absagen wollten.
Nein, so verrückt war sie nicht. In Alex hatte sie den Mann gefunden, nach dem sie sich ihr ganzes Leben gesehnt hatte, einen rauen Burschen, der auch mal über die Stränge schlagen konnte, wenn er mit anderen Männern zusammen war, sich ihr gegenüber jedoch so sanft und gefühlvoll gab, wie er es wohl selbst nicht für möglich gehalten hätte. Kein Angeber wie viele Männer, die sie in Vancouver kennengelernt hatte, aber auch kein ungehobelter Wilder, der sich eine Indianerin oder ein leichtes Mädchen für den Winter kaufte.
Ein leises Geräusch ließ sie zusammenzucken, als ob jemand einen Kiesel gegen die Hauswand geworfen hätte. Sie trat noch dichter an das Fenster heran und schreckte sofort wieder zurück, als ein Kiesel die Scheibe traf und ein klirrendes Geräusch hinterließ. Verstört schob sie das Fenster nach oben.
In der schmalen Gasse zwischen der Pension und dem Nachbarhaus stand Maggie, ihre indianische Freundin aus Kwinitsa, die Frau, die ihr Hochzeitskleid genäht hatte. »Maggie!«, rief sie mit gedämpfter Stimme nach unten. »Was tust du denn hier? Die Trauung beginnt doch erst um zehn.«
»Ich muss dich dringend sprechen!«, rief Maggie.
»Komm zur Hintertür! Ich mache dir auf.«
Sie schlüpfte in ihre Hausschuhe und stieg leise die Treppe hinunter. Im Haus brannte kein Licht. Es war noch keine sechs, und sie hatte sich erst für acht Uhr mit Mary Redfeather zum Frühstück verabredet. Sie öffnete die Tür. »Maggie! Was ist denn passiert? Bist du mit dem Hundeschlitten hier?«
»Steht vor dem Haus. Darf ich reinkommen?« Sie klang gehetzt.
»Natürlich.« Clarissa zog die Tür auf und machte den Weg zur Treppe frei. »Aber sei leise! Mary schläft noch.« Sie schloss die Tür und folgte Maggie.
In ihrem Zimmer blieben beide stehen.
»Ich bin gekommen, um dich zu warnen«, sagte Maggie. Sie war einige Jahre jünger als Clarissa, trug eine Jacke, die sie aus einer Decke der Hudsons Bay Company geschneidert hatte, Männerhosen und feste Stiefel. Ihre halblangen Haare ragten unter einer Biberfellmütze hervor. »Ein Mann hat in Kwinitsa nach dir gefragt. Er behauptet, du wärst ... Du wärst eine gemeine Diebin.«
Clarissa sank entsetzt auf ihr Bett zurück. Das war es also! Sie hatte sich Bones nicht eingebildet, er war ihr tatsächlich gefolgt und hatte sie schon vor Einbruch der Nacht gewarnt. »Frank Whittler?«, fragte sie, nachdem sie sich einigermaßen von ihrem Schrecken erholt hatte. »Hieß er Frank Whittler?«
»Er hat mir seinen Namen nicht gesagt, aber er trägt eine teure Pelzjacke und hat genug Geld dabei, um einen Indianer zu bezahlen, der ihn mit seinem Hundeschlitten durch das Land fährt. Er ist ein reicher und bedeutender Mann. Er behauptet, du hättest ihm mehrere hundert Dollar gestohlen, und er hätte sogar einen glaubhaften Zeugen dafür.«
»Unsinn! Was hast du ihm geantwortet, Maggie?«
Das Gesicht der Freundin heiterte sich etwas auf. »Ich habe ihm gesagt, dass ich eine Frau, auf die seine Beschreibung passt, auf der Wagenstraße nach Williams Lake getroffen hätte. Du hättest mir verraten, dass du in die Vereinigten Staaten unterwegs wärst ... über die Grenze. Du hättest es eilig gehabt.«
»Und er hat dir geglaubt?
Ihr Lächeln verstärkte sich. »Wenn es sein muss, bin ich eine gute Lügnerin. Nicht mal der Indianer schöpfte Verdacht. Er kommt aus dem Süden ... Er weiß nichts. Frank Whittler hat keine Ahnung, dass du hier bist, Clarissa.«
»Vielleicht doch. Ich bin hier nicht mehr sicher, Maggie.«
»Willst du wegziehen?«
»Wäre vielleicht das Beste«, antwortete sie ihrer Freundin. Die Nachricht von Whittlers Auftauchen hatte sie so aufgewühlt, dass sie jetzt schon darüber nachdachte, die Stadt zu verlassen. Vielleicht hatten sie Whittler unterschätzt und waren nicht weit genug geflohen. Wer wusste schon, was in so einem Mann vorging?
Sie würde mit Alex darüber sprechen, gleich nach der Hochzeitsnacht. Den feierlichsten Augenblick ihres Lebens würde sie sich nicht durch Whittler verderben lassen. Aber später ... In drei Tagen ging das Dampfschiff nach Alaska in Port Essington vor Anker. Wenn sie tatsächlich verschwinden mussten, was sie nicht hoffte, wäre das Land im Hohen Norden ein gutes Ziel, so traurig es wäre, sich von Freunden wie Maggie und Mary Redfeather verabschieden zu müssen. »Bist du sicher, dass er umgekehrt ist?«, fragte sie.
»Ganz sicher«, erwiderte Maggie. »Er hat noch ein paar andere Leute gefragt, aber die haben ihm wohl was Ähnliches gesagt. Du hast viele Freunde bei meinem Stamm, Clarissa, und in Kwinitsa wohnen fast nur Indianer.« Sie lächelte. »Meine Brüder verfolgen ihn heimlich. Falls er es sich anders überlegt und umkehrt, sagen sie mir Bescheid. Du kannst dich auf sie verlassen, Clarissa.« Sie zögerte. »Du hast ihn doch nicht bestohlen, Clarissa, oder?«
»Nein, ich habe ihn nicht bestohlen«, antwortete Clarissa leise. Ihr Blick war in das Halbdunkel des Zimmers gerichtet, er wich den Sonnenstrahlen aus, die durch das Fenster fielen und helle Streifen auf den Boden warfen. »Ich habe dir bisher nie von ihm erzählt, weil ich ... Ich wollte niemanden damit belästigen. Aber ich habe ihn nicht bestohlen. Das ... Das musst du mir glauben, Maggie.«
»Ich glaube dir ... Du bist eine ehrliche Frau.«
Clarissa hob den Kopf und sah ihrer Freundin in die Augen. »Zieh deine Jacke aus, und setz dich zu mir. Ich erzähle dir, was in Vancouver passiert ist.« Sie wartete, bis die Indianerin neben ihr saß und schilderte ihr in nüchternen Worten, wie Whittler versucht hatte, sie zu vergewaltigen, und wie sie sich erfolgreich gewehrt hatte und geflohen war. »Sie haben uns gejagt, er und seine Männer, aber wir konnten ihnen entkommen, und als man die Brieftasche fand und sich herausstellte, dass ich unschuldig war, glaubten wir, in Sicherheit zu sein.« Dass ihr ein geheimnisvoller Wolf dabei geholfen hatte, verschwieg sie. »Frank Whittler war sehr wütend auf mich, auf mich und Alex, und ich hatte Angst, dass er uns auch weiterhin folgen würde. Ein eingebildeter Stadtfrack wie er kann es nicht verwinden, wenn man ihn in seine Schranken weist. Schon gar nicht, wenn er gegen eine ... eine Haushälterin verliert.«
Sie seufzte bedrückt. »Ich frage mich, warum er plötzlich wieder nach mir sucht ... Nach zwei Jahren. Und wer hat ihm verraten, dass Alex und ich nach Norden gezogen sind? Er kennt ja noch nicht mal meinen Namen.«
»Den Nachnamen schon«, erwiderte Maggie lächelnd. »Ich glaube nicht, dass er dich hier oben vermutet hat. Die meisten Weißen denken doch, hier wäre die Welt zu Ende, und hier lebten nur noch Indianer. Die Idee, so weit nördlich nach dir zu suchen, hatte sicher sein Indianer. Whittler dachte wahrscheinlich, du hättest dich in den Bergen versteckt. In einer einsamen Blockhütte.«
»Oder dass ich längst in den Staaten bin.« Clarissa schüttelte den Kopf. »Er muss schon sehr verzweifelt sein, wenn er immer noch nach mir sucht. Oder besessen ... Ich glaube, er ist besessen. Ein Adeliger, den ich in seiner Ehre verletzt habe, weil ich mich ihm nicht hingegeben habe.« Bei der Erinnerung daran, wie er in ihr Zimmer gestürmt war und ihr sein Knie zwischen die Beine gedrängt hatte, lief ihr ein Schauer über den Rücken. Sie verzog angewidert ihr Gesicht. »Und er behauptet einen Zeugen zu haben?«
Maggie nickte. »Ein Mann hätte gesehen, wie du ihm die Brieftasche gestohlen hast. Es wäre so schnell passiert, dass er dich nicht zurückhalten konnte, und du wärst sofort in der Menge verschwunden ... in Vancouver.«
»In Vancouver?« Clarissa hätte beinahe gelacht. »Ich war seit über zwei Jahren nicht mehr in Vancouver! Aber was spielt das für eine Rolle, wenn er einen angeblichen Zeugen hat. Sicher ein angesehener Geschäftsmann, der seiner Familie noch was schuldig ist. Wenn es ernst wird, halten diese Bonzen alle zusammen.« Sie zog den Morgenmantel am Kragen zusammen und blinzelte in das helle Sonnenlicht, das jetzt den Raum erhellte. »Danke, dass du hergekommen bist und mich gewarnt hast. Du bist eine echte Freundin.«
Maggie bedankte sich, indem sie ihr eine Hand auf den Unterarm legte. »Ich wollte dir nicht die Freude verderben, Clarissa. Auf den schönsten Tag deines Lebens darf kein Schatten fallen. Hab keine Angst! Meine Brüder passen auf, dass Whittler nicht zurückkommt. Nichts wird deine Freude stören.«
»Und du bist meine Trauzeugin, nicht wahr?«
Maggie entspannte sich. »Natürlich, und ich habe in der Eile nicht mal vergessen, mein gutes Kleid mitzunehmen. Kann ich mich bei dir waschen?«
»Sicher. Mary kommt sicher jeden Augenblick ...«
Es klopfte, und auf ihr »Herein!« betrat Mary Redfeather den Raum. »Clarissa! Jetzt wird es aber höchste Zeit, dass du ...« Erst jetzt sah sie in dem Sonnenlicht, das sie durchs Fenster blendete, Maggie auf dem Bett sitzen. »Maggie? Du bist schon hier? Ich wette, du bist genauso aufgeregt wie ich.«
»Ich konnte nicht mehr schlafen.« Ein schneller Blickkontakt mit Clarissa warnte sie davor, Whittler zu erwähnen. »Dabei bin ich nur Trauzeugin.«
»Wie wär’s mit einem herzhaften Frühstück? Rühreier mit Speck.«
»Klingt gut. Sie sind sehr freundlich, Mary.«
»Meine Mutter war Indianerin«, antwortete sie fröhlich.
Das Frühstück schmeckte köstlich, doch während die Wirtin und Maggie herzhaft zugriffen, bekam Clarissa nur ein paar Bissen und etwas Kaffee herunter. Vielleicht war es auch die Angst, wieder in die Hände von Frank Whittler zu fallen, die ihr so zusetzte, dass sie kaum ein Lächeln zustande brachte.
Erst nachdem sie sich gewaschen und zurechtgemacht hatte und in ihrem Brautkleid und den neuen Schuhen vor dem Spiegel stand, zeigte sich so etwas wie Zufriedenheit in ihren Augen. Das Kleid saß perfekt, und der Schleier, der mit einigen Nadeln an ihren hochgesteckten Haaren befestigt war, umrahmte ihr Gesicht, das sie mit etwas Puder aufgehellt hatte. Das grelle Make-up, das die Frauen in den großen Städten trugen, gefiel ihr nicht. Um den Hals trug sie eine Kette mit dem Amulett aus Elfenbein, das ihr Alex geschenkt hatte.
»So eine schöne Braut gab es hier noch nie«, sagte Mary Redfeather beeindruckt. »Die Leute werden mächtig Augen machen, wenn du in die Kirche kommst. Ich hoffe nur, Alex vergisst vor lauter Staunen nicht, Ja zu sagen.«
Clarissa lächelte stolz. »Keine Angst, wir haben lange geübt.«
Um kurz vor zehn gingen sie gemeinsam zur Kirche. Mary Redfeather und Maggie, ebenfalls in ihren besten Kleidern, führten sie über die Planken, die man über den Schnee gelegt hatte, zu der kleinen Kirche am Stadtrand. Die Glocke in dem klobigen Erker auf dem Giebeldach läutete hell. Als sie der Kirchendiener, der aufgeregt vor der Tür wartete, entdeckte und hastig in der Kirche verschwand, verstummte die Glocke, und die Frau des Pastors, die auch an diesem Morgen an der Orgel saß, spielte den Hochzeitsmarsch mit solcher Inbrunst, dass die hölzernen Wände zu beben schienen. »Nur Mut!«, flüsterte ihr Mary Redfeather zu, als sie die vollbesetzte Kirche betraten.
Weil weder Clarissa noch Alex lebende Verwandte hatten, übernahmen es die Trauzeugen, die Brautleute zum Altar zu führen. Neben Alex, der bereits vor dem Altar wartete, stand ein befreundeter Fischer, der im Sommer frische Lachse gegen frisches Wild mit ihm tauschte, und Clarissa schritt an der Seite von Maggie über den grauen Teppich. Sie spürte die Blicke der ganzen Gemeinde auf sich gerichtet, alle fröhlich und voller Vorfreude auf die feierliche Zeremonie. Die beleibte Frau des Gemischtwarenhändlers zwinkerte ihr zu.
Doch Clarissas Blick war nur auf Alex gerichtet. Sein dunkler Anzug, den er sich von einem Bekannten geliehen hatte, weil er erst wieder bei seiner Beerdigung so vornehm gekleidet sein wollte, saß etwas zu locker, und die Hose hing über seine polierten Schuhe, und auch seine mit Frisiercreme geglätteten Haare passten nicht besonders zu ihm, aber seine Augen waren immer noch dieselben und strahlten voller Bewunderung, als sie lächelnd neben ihn trat.
»Du siehst wundervoll aus, Clarissa!«, flüsterte er ihr zu.
»Und du erst!«, erwiderte sie.
Er verstand, wie es gemeint war, und griff unwillkürlich nach seiner Krawatte, die ihn mehr noch als der steife Kragen zu behindern schien. »Du glaubst ja nicht, wie lange es gedauert hat, bis der Anzug einigermaßen saß.«
»Liebe Gemeinde ...«, begann der Pastor.
Clarissa vernahm die salbungsvollen Worte des Pastors wie aus weiter Ferne. Bedeutungslos verhallten sie in ihren Ohren. Sie hatte plötzlich das Gefühl, allein mit Alex in der Kirche zu stehen, nur er und sie, und lächelte verliebt, als er verstohlen nach ihrer Hand griff und sie nervös drückte. Es hätte nicht viel gefehlt, und sie hätte ihn schon jetzt vor allen Leuten geküsst und ihm ins Ohr geflüstert, dass sie ihn liebte, und nichts sie jemals trennen könnte. Das hätte ihn wohl noch verlegener gemacht, als er jetzt schon war, ihm vielleicht sogar die Schamesröte ins Gesicht getrieben, weil er seine Zuneigung ungern vor anderen zeigte und wahrscheinlich froh war, wenn die Zeremonie vorüber war und er endlich aus seinem schwarzen Anzug kam.
Die Aufforderung des Pastors kam so plötzlich, dass Clarissa sie beinahe überhört hätte. »Ja ... natürlich«, rief sie so laut und nervös, dass sich selbst der Pastor ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen konnte. Erst dann sprach sie ihm nach: »Ich, Clarissa, nehme dich, Alex, zu meinem angetrauten Mann, will dich von diesem Tage an lieben, in guten wie in schlechten Tagen, bis dass der Tod uns scheidet, so wahr mir Gott helfe.« Sie lächelte aufmunternd, als Alex ihr mit zitternden Fingern den Ring ansteckte und er die feierlichen Worte sprach: »Trage diesen Ring als Zeichen unserer Liebe und Treue!«
»Du darfst die Braut jetzt küssen, Alex«, sagte der Pastor.
Sie küssten sich, sehr zur Freude aller Anwesenden, und strahlten, als sie die Kirche unter dem Beifall ihrer Freunde und Bekannten verließen. Erst als das Heulen eines Wolfes von den Berghängen herabdrang, gefror Clarissas Lächeln, und ihr wurde die große Gefahr bewusst, in der sie beide schwebten.
Nach der Trauung brauchte Clarissa ihre ganze Kraft, um Alex die betrübliche Nachricht nicht schon während der Feier zu verraten. Er wirkte so fröhlich und ausgelassen, als er den Hochzeitskuchen anschnitt, dass sie es nicht übers Herz gebracht hätte, ihm in diesem feierlichen Augenblick die Stimmung zu verderben. Wenn sie schon unter den schlechten Neuigkeiten litt, sollte wenigstens er die Hochzeitsfeier genießen. Sie wollte sich alle Mühe geben, ihm den Abend zu versüßen und ihm auch nachts geben, wonach er sich sehnte, so sehr sie das Heulen des geheimnisvollen Wolfes auch zur Eile mahnte. Vorerst waren sie sicher. Maggies Söhne würden sie warnen, falls Whittler auf die Idee kam umzukehren. Was sollte ihnen schon passieren?
Beim Eröffnungswalzer machten sie keine gute Figur. Weder Alex noch sie hatten Tanzen gelernt, schon gar nicht Wiener Walzer, und sie stolperten mehr schlecht als recht über die Tanzfläche. Die Hochzeitsgäste störte es nicht. Sie applaudierten begeistert und schwangen selbst das Tanzbein, als die Kapelle, die aus dem Schmied und seinen drei Söhnen bestand, eine Polka anstimmte, und man nur noch über den Bretterboden zu hüpfen brauchte. Selbst der Mietstallbesitzer und seine Frau, die sich vor wenigen Stunden noch heftig gestritten hatten, machten mit, und zum ersten Mal seit vielen Wochen huschte ein Lächeln über ihre sonst so grimmigen Gesichter. Daran war wohl auch die süffige Pfirsichbowle schuld. Der Inhaber des Gemischtwarenladens hatte seinen gesamten Vorrat an Dosenpfirsichen und der Wirt des Saloons einige Flaschen seines besten Weins und Sekts beigesteuert.
Alex, ansonsten immer für einen kräftigen Schluck zu haben, hielt sich bei der Bowle auffällig zurück. Er flüsterte Clarissa mehrmals ins Ohr, wie wunderschön sie in ihrem Brautkleid aussah und dass er es gar nicht mehr erwarten könnte, endlich mit ihr im Hotel zu verschwinden, wie ein Mann, der seine Liebste zum ersten Mal in ihr Zimmer begleiten darf. Clarissa erwiderte seine Schmeicheleien mit einem bemühten Lächeln, das ihre Stimmung kaum verhehlte. Warum hatte der Wolf nicht später geheult? Warum war Maggie nicht erst am nächsten Morgen mit der schlechten Nachricht gekommen? Wie gern hätte Clarissa mit ihrem angetrauten Mann und ihren Gästen so unbeschwert und ausgelassen gefeiert, wie sie und Alex es verdient hatten.
Gegen Mitternacht, eigentlich keine Zeit für Alex, der nach vielen Wochen in der Wildnis gern über die Stränge schlug, zog er sie nah an sich heran und sagte: »Was hältst du davon, wenn wir uns klammheimlich davonmachen, Lady?« Er begleitete das spöttische »Lady« mit einem breiten Grinsen. »Ich glaube, wir waren lange genug auf unserer Hochzeit. Im Hotel haben sie das schönste Zimmer für uns reserviert. Wäre doch jammerschade, wenn wir das nicht ausnützen würden.«
Normalerweise hätte sie seine Anrede mit einer bissigen Bemerkung kommentiert und ihm spielerisch gegen das Schienbein getreten, aber das ging in dem langen Brautkleid schlecht, und sie war auch zu besorgt und bedrückt und hatte viel zu viel Angst, um sich auf die angenehmen Seiten des Lebens konzentrieren zu können. Die bedrohliche Nähe des rachsüchtigen Millionärssohnes erstickte jegliche Freude in ihr. Wie sollte sie Alex’ Küsse mit der Leidenschaft einer frisch getrauten Braut beantworten und sich seiner Liebe uneingeschränkt hingeben, wenn Frank Whittler nur wenige Meilen entfernt durch die Nacht fuhr und vielleicht schon in diesem Augenblick auf die Idee kam, noch einmal umzukehren und in Port Essington nach ihr zu suchen?
Alex runzelte besorgt die Stirn. »Ist dir nicht gut? Du siehst so ... so traurig aus. Ist dir die Bowle nicht bekommen?« Er deutete ein Lächeln an. »Wie ich den Wirt kenne, hat er sie mit dem scharfen Zeug verfeinert, das ihm der Händler im letzten Herbst mitgebracht hat.« Sein Lächeln verschwand. »Oder hab ich was Falsches gesagt? Ich hab kaum was getrunken ... Ehrlich nicht!«
»Ich weiß, Alex«, erwiderte sie. »Ich bin nur ein bisschen müde. Letzte Nacht hab ich vor lauter Aufregung kaum geschlafen, und dann der Trubel ...«
»Wenn du lieber schlafen willst ...«
»So hab ich das nicht gemeint, Alex!« Sie legte ihm versöhnlich eine Hand auf den Arm. Sie wollte ihn nicht enttäuschen und ihm erst am nächsten Morgen von Whittler zu erzählen. »Ich lass mich gerne entführen.«
»Wir haben das Zimmer im ersten Stock.«
»Und das große Himmelbett, ich weiß.«
Unter den amüsierten Blicken der Hochzeitsgäste, die meisten schon beschwipst oder erschöpft vom vielen Tanzen, stahlen sie sich davon. Kühler Nachtwind empfing sie, vom nahen Frühling noch keine Spur. Im bunten Schein der Lampions trug Alex sie zum Hotel hinüber, stapfte mit seinen neuen Schuhen durch den schmutzigen Schnee und setzte sie auf dem Gehsteig vorsichtig ab. Ihr langes Kleid und der Schleier rauschten im Wind.
Der Hotelbesitzer und seine Frau vergnügten sich noch auf der Hochzeitsfeier, aber die Tür war offen, und auf der Anrichte neben der Treppe brannte eine Petroleumlampe und wies ihnen den Weg. Hinter Alex stieg Clarissa die Treppe hinauf. Der vierzehnjährige Sohn des Besitzers, der nach dem dritten Stück Kuchen aus dem Gemeinschaftshaus verschwunden war, hatte ein paar Holzscheite in den Ofen geworfen, bevor er zu Bett gegangen war, und die Vorhänge zugezogen, sodass Alex nur noch die Tür verschließen musste, bevor er sie in die Arme nehmen konnte.
Sie küssten sich leidenschaftlich, und als er ihr Kleid öffnete und mit seinen kräftigen Händen unter ihre Unterwäsche fuhr, fühlte sie das vertraute Prickeln, das sie jedes Mal spürte, wenn er sie auf diese Weise berührte, und sie schloss die Augen und vergaß sogar Frank Whittler, gab sich willig seinen Zärtlichkeiten hin und seufzte selbstvergessen, als er ihr das Kleid über den Kopf zog und sie aufs Bett drückte.
Sie erkannte sein Bemühen, ihr in dieser Nacht so viel Vergnügen wie möglich zu bereiten, und bemerkte gleichzeitig sein aufgestautes Verlangen und seine Ungeduld. Seine Küsse waren fordernd, beinahe gierig, und als er den ungewohnten Anzug endlich abgestreift hatte, drängte er sich so fest gegen sie, dass sie kaum noch Luft bekam. Sie versuchte, mit ihm Schritt zu halten, in dem Strudel der Leidenschaft zu versinken, von dem in den kitschigen Magazinen immer die Rede war, aber ihre Gefühle streikten nach den ersten Berührungen, und als von draußen das lang gezogene Heulen eines Wolfes hereindrang, verkrampfte sie und öffnete die Augen. »Es tut mir leid, Alex!«, flüsterte sie verzweifelt. »Es tut mir so leid. Ich wollte ... Es ist nur ...«
Er hielt mitten in der Bewegung inne und blickte sie überrascht an. »Was ist mit dir? Hab ich dir wehgetan? Hab ich irgendwas falsch gemacht?« Die Enttäuschung stand ihm ins Gesicht geschrieben. »War ich zu stürmisch?«
»Dich trifft keine Schuld«, erwiderte sie mit Tränen in den Augen. Sie hatten sich so sehr auf diese Nacht gefreut, und jetzt verdarb sie ihm das Vergnügen, demütigte ihn wie eine Ehefrau, die Kopfschmerzen vortäuschte, um sich ihrem Mann nicht hingeben zu müssen. »Es ist nur ... Ich wollte es dir eigentlich erst morgen früh sagen. Ich wollte uns den Spaß nicht verderben, aber ...« Sie rieb sich die Augen. »Frank Whittler ... Er sucht wieder nach mir.«
Der Name ernüchterte ihn.
»Frank Whittler? Ich dachte ...«
»Maggie hat ihn in Kwinitsa gesehen.« Sie setzte sich auf und verriet ihm in wenigen Worten, was ihre Freundin gesagt hatte. »Ich wollte nicht, dass der verdammte Kerl unseren Hochzeitstag stört und ...« Sie suchte angestrengt nach Worten. »Ich liebe dich, Alex! Ich liebe dich wirklich, aber ich sehe dauernd das Gesicht dieses Schurken vor mir, und wenn ich daran denke, dass er umkehren könnte und ... Ich musste es dir einfach jetzt schon sagen, Alex.«
»Du hättest es mir schon viel früher sagen müssen.« Er stieg aus dem Bett und trat ans Fenster. Während er den Vorhang ein wenig zur Seite schob, fragte er: »Und du bist ganz sicher, dass er nach Williams Lake zurückgefahren ist?«
»Sonst wäre er bestimmt nicht umgekehrt. Maggies Söhne sagen uns sofort Bescheid, falls er wieder auftaucht. Heute Nacht sind wir sicher, aber ...« Sie rutschte auf den Bettrand. »... Aber irgendwann wird er herausbekommen, wo wir wohnen, und dann kommt er wieder und ...« Sie seufzte. »Ich fürchte, wir müssen hier weg. So leichtsinnig wie letztes Mal ist er bestimmt nicht mehr. Wahrscheinlich hat er ein halbes Dutzend Leute bestochen, damit sie vor Gericht gegen mich aussagen. Ich lande im Gefängnis, wenn er mich erwischt.«
Alex ließ den Vorhang los. »Und wo willst du hin? Nach China?«
»In drei Tagen legt der Dampfer nach Alaska an. Dort soll es ähnlich aussehen wie hier, nur im Winter wäre es ein bisschen kälter. Auf die Idee, dass wir uns so weit nach Norden absetzen, kommt Whittler bestimmt nicht. Wir könnten die Hunde verkaufen, außer Smoky natürlich, und verschwinden.«
»Du hast dir alles schon genau überlegt, nicht wahr?«
»Ich habe Angst, Alex. Wenn sich Whittler mit seinem Vater versöhnt hat, haben wir keine Chance. Du weißt doch, wie er ist. Er ist besessen von der Idee, sich an mir zu rächen, und jeden, der sich in meiner Nähe aufhält, will er ebenfalls vernichten. Er ist verrückt, Alex. Ein verwöhnter Bursche, dessen Familie so viel Geld hatte, dass sie jeden fertigmachen kann, der sich ihnen in den Weg stellt. Du hast doch gesehen, was beim Eisenbahnbau passiert ist. Wer nicht an die Canadian Pacific verkaufen wollte, wurde vertrieben. Mich ... uns werden sie einsperren.«
»Du hast recht«, erwiderte Alex nach langem Überlegen, »mit einem Burschen wie ihm ist nicht zu spaßen. Mag sein, dass er morgen oder übermorgen noch nicht erfährt, wo wir sind, aber irgendwann wird einer den Mund aufmachen, und dann ist es vielleicht zu spät. Am besten fahren wir gleich nach Hause. Wir bleiben bis übermorgen in der Hütte und kreuzen erst kurz vor der Abfahrt des Schiffes hier auf. Solange niemand ahnt, dass wir an Bord gehen wollen, kann er Whittler auch nichts verraten.« Er schien erst jetzt zu bemerken, dass er vollkommen nackt im Zimmer stand, und griff rasch nach seiner Unterhose. Für einen Mann, der in der Wildnis aufgewachsen war, benahm er sich ungewöhnlich schüchtern. »Die Hunde geben wir Mary Redfeather, die wollte sich sowieso ein neues Gespann zulegen.«
Clarissa stand auf und zog sich an. Maggie hatte den Beutel mit ihrer Alltagskleidung ins Hotel gebracht und einen Zettel dazu gelegt: »Die Hunde und den Schlitten lasse ich bei Mary. Du hast morgen früh sowieso keine Zeit zum Füttern.« Sie seufzte bedrückt, als sie die Zeilen las.
In ihrer langen Hose und der Felljacke fühlte sie sich schon wesentlich wohler, nicht so beengt wie in dem eng anliegenden Brautkleid, und wenn sie ehrlich war, gefiel ihr auch Alex in seiner Winterkleidung viel besser als in seinem dunklen Anzug und der albernen Krawatte. Er trug seine Baumwollhosen und den Anorak aus Karibufell, den er vor vielen Jahren von einem Indianer geschenkt bekommen hatte. Oder war es eine Indianerin gewesen? So genau hatte er ihr das nie verraten, und sie hatte niemals nachgefragt. Über den Kopf und seine widerspenstigen Haare stülpte er eine Pelzmütze mit hochgeklappten Ohrenschützern. »So gefällst du mir schon besser«, sagte sie lächelnd. »In dem Anzug sahst du wie ein Bürovorsteher aus Vancouver aus.«
Er blickte auf den Anzug. »Und ich dachte, ich hätte dir gefallen.«
»Das war gelogen.«
»Aber ich habe nicht gelogen«, erwiderte er. »Du sahst wirklich toll in dem Brautkleid aus. Wenn’s nach mir ginge, könnten wir jede Woche heiraten.«
»Und jede Woche einen Eröffnungswalzer tanzen?«
»Du hast recht ... War eine dumme Idee.«
Sie verließen das Hotel wie zwei Diebe auf der Flucht. Um nicht von zwei Hochzeitsgästen, die vor der Tür des Gemeinschaftshauses standen, gesehen zu werden, nahmen sie den Hinterausgang. Durch den nassen Schnee stapften sie zur Pension von Mary Redfeather. Alex hatte einen Beutel mit dem Hochzeitskleid und dem Anzug und einige Wolldecken mitgenommen.
Die Hunde empfingen sie aufgeregt. Sie hatten nicht damit gerechnet, in dieser Nacht auf den Trail zu dürfen, und jaulten begeistert, als Clarissa sie an die Führungsleine band. »Hey, Smoky!«, begrüßte sie den tänzelnden Leithund. »Du dachtest wohl, wir legen uns nach der Feier auf die faule Haut. Irrtum, mein Lieber! Alex und ich müssen dringend nach Hause, und frag mich bloß nicht, warum!« Sie kraulte ihn unter dem Kinn, wie er es am liebsten hatte. »Du hast doch nichts dagegen, oder? Wir haben Vollmond und klare Sicht, so wie du es am liebsten hast. Bist du bereit, mein Lieber?«
Und ob Smoky bereit war. Er war so begeistert, dass er am liebsten schon ohne den Schlitten losgerannt wäre. Nur widerwillig wartete er, bis Clarissa die anderen Hunde angespannt hatte, und Alex die Führungsleine mit dem Schlitten verband. Ihr Hochzeitskleid und den Anzug hatte er bereits in dem Vorratsbeutel unter der Haltestange verstaut. Er legte die Wolldecken auf die Ladefläche und bedeutete ihr, sich auf die Ladefläche zu setzen. »Ich fahre.«
Clarissa vermutete, dass er die Bewegung brauchte, um sich nach der enttäuschenden Hochzeitsnacht abzureagieren, und machte es sich bequem. »Schon gut!«, rief sie dem nervösen Charly zu, der es wieder einmal nicht abwarten konnte und beinahe auf Smoky draufhing. »Gleich geht es los!«
Alex brauchte die Hunde nicht anzutreiben. Kaum hatte er den Anker gezogen, rannten sie los, und sein »Giddy- up!« verhallte ungehört im frischen Nachtwind. Das Ende des Winters vor Augen und begierig darauf, noch einmal voller Lust durch den Schnee zu rennen, hetzten sie über die Hauptstraße zum Stadtrand und folgten der Wagenstraße am Ufer des Skeena Rivers. An einigen Stellen, die tagsüber in der Sonne lagen, war der Schnee bereits geschmolzen, und unter den Kufen knirschte felsiger Boden. Über dem Fluss hingen Nebelschwaden und verliehen ihm ein geheimnisvolles Aussehen.
Die Nacht war wie geschaffen für eine Fahrt mit dem Hundeschlitten, und hätte etwas mehr Schnee auf der Straße gelegen, wären die Huskys noch eifriger und begieriger über den Trail gerannt. Erst im Wald, wo der Schnee länger liegen blieb, fanden ihre Pfoten wieder mehr Halt, und die Kufen glitten leiser über den festen Untergrund. Der Vollmond stand hoch am klaren Himmel, und die Baumkronen ließen so viel Licht durch, dass sich der Trail wie eine breite leuchtende Spur durch den Wald zog. Ohne von Alex angefeuert zu werden, zog Smoky das Tempo an, als wollte er noch einmal allen zeigen, was in ihm steckte. Die älteren Hunde wie die sanfte Cloud oder der etwas träge Buffalo hatten Mühe, mit ihm Schritt zu halten.
Das Wolfsgeheul zerriss die Stille, als sie über eine schmale Lichtung fuhren und den Mond als riesige blasse Scheibe über den Bäumen stehen sahen. Als unheilvolles Echo klang es vom ungefähr eine halbe Meile entfernten Fluss herauf, wie ein Warnsignal, das Clarissa noch einmal deutlich machen sollte, in welcher Gefahr sie sich befand. »Bones!«, flüsterte sie erschrocken.
Alex verstand nicht, was sie sagte, konnte es sich aber denken. Er hatte sie oft genug von dem seltsamen Wolf, der angeblich magische Kräfte besaß, erzählen hören. »Bones kann es nicht sein«, rief er, »der würde niemals so weit nach Norden kommen. Der bleibt in seinem Revier. Das sind seine Verwandten in den Bergen ... Die sehnen sich nach dem Frühling und frischer Beute.«
»Auf die Ranch ist er mir auch gefolgt.«
»Das war nicht Bones.«
»Ich hab ihn genau erkannt, Alex.«
Alex blieb keine Zeit, etwas zu erwidern. Dicht vor dem Waldrand blieb der Schlitten mit der rechten Kufe in einer Wurzel hängen und kippte nach vorn. Clarissa wurde von der Ladefläche geschleudert und landete mitsamt den Decken, in die sie sich gewickelt hatte, im tiefen Schnee abseits des Trails. Alex hatte weniger Glück, als er versuchte, den Schlitten festzuhalten, zu spät losließ, mit voller Wucht gegen einen Baum geschleudert wurde und benommen zu Boden fiel. Der Schlitten wirbelte durch die Luft, fiel in den Schnee zurück und blieb zwischen den Bäumen abseits des Trails hängen. Die Hunde liefen wie gegen eine Wand, zerrten eine Weile jaulend an ihren Leinen und gaben erschöpft auf. Smoky blieb mit blutiger Schnauze liegen.
»Alex!«, rief Clarissa verzweifelt.
Außer ein paar leichten Prellungen hatte Clarissa nichts abbekommen. Sie schob die Decken beiseite und richtete sich auf, wartete ungeduldig, bis der leichte Schwindel verflogen war, und stapfte durch den verharschten Schnee zu Alex, der halb bewusstlos auf dem Boden lag und sie aus leeren Augen anstarrte. »Clarissa«, brachte er hervor, doch als er noch etwas sagen wollte, versagte seine Stimme, und es kam nur ein heiserer Laut über seine Lippen.
»Alex!«, rief sie wieder und ging neben ihm in die Knie. Entsetzt stellte sie fest, dass er aus einer klaffenden Platzwunde an der Stirn und aus der Nase blutete und das Bewusstsein verloren hatte. Sein Atem ging röchelnd. »Halte durch, Alex! Das ist nicht so schlimm, wie es aussieht. Ein paar Schrammen und eine Gehirnerschütterung, weiter nichts. Sobald ich dich verbunden habe, geht’s dir wieder besser. Alex?« Sie merkte, dass er kaum noch Luft bekam, und drehte ihn auf die Seite. Jetzt atmete er ruhiger. »Ich bin gleich zurück, Alex.«
Sie rannte zum Schlitten und kramte das Verbandszeug aus dem Vorratsbeutel. Ein Glück, dass sich der Schlitten verkeilt hatte, und die Hunde nicht durchgegangen waren. »Gleich kümmere ich mich um euch!«, rief sie den Huskys zu. Besonders Smoky hatte einiges abbekommen. Er lag mit blutiger Schnauze im Schnee und jaulte erbärmlich. »Ich bin gleich bei dir, Smoky!«
Sie hastete zu Alex zurück und wischte ihm mit einem Fetzen, den sie von einer Mullbinde gerissen hatte, das Blut vom Gesicht. Die blutige Nase und die Schrammen auf seiner Wange reinigte sie mit etwas sauberem Schnee. Beim Anblick des frischen Blutes, das aus seiner Platzwunde quoll, packte sie die Angst. Irgendwie musste sie den Blutfluss stoppen. Sie faltete ein Stück Mull zu einem kleinen Kissen zusammen, drückte es fest auf die offene Wunde und verklebte es mit mehreren Pflastern. Auch jetzt sickerte noch Blut aus seiner Stirn. Er brauchte so schnell wie möglich einen Arzt. Eine flüchtige Untersuchung zeigte ihr, dass er sich nichts gebrochen hatte und nirgendwo sonst blutete, aber sie war keine Ärztin und möglicherweise hatte er bei dem schweren Sturz innere Verletzungen erlitten. Sie stöhnte leise.
»Ich bringe dich zu Doktor Weinbauer nach Port Essington«, sagte sie, obwohl er sie nicht hören konnte. Wie fast alle Einwohner war auch er auf ihrer Feier gewesen. »Er soll dich gründlich untersuchen. Ich weiß, wenn Whittler umkehrt, haben wir kaum eine Chance, und vielleicht verpassen wir sogar das Schiff nach Alaska, aber wenn du irgendwas Ernstes hast, das ich nicht erkennen kann, machen wir uns später Vorwürfe.« Sie breitete die Decken über ihn und strich ihm sanft über die Wange. »Ich muss mich um die Hunde kümmern, Alex. Dauert nicht lange. Zum Glück steckt der Schlitten zwischen zwei Bäumen fest, sonst wären wir jetzt noch schlimmer dran.«
Sie lief zu den Hunden und versorgte zuerst Smoky. Vorsichtig tupfte sie das Blut von seiner Schnauze. Er hatte durch den Aufprall zwei Zähne verloren und litt wahrscheinlich unter großen Schmerzen. Noch schlimmer war allerdings, dass er sich den linken Vorderlauf verstaucht hatte. Als sie die Stelle nur leicht berührte, zuckte er leise jaulend zusammen. Sie zog rasch ihre Hand zurück. »Ich weiß, das tut weh«, sagte sie zu ihm, »aber das kriegen wir wieder hin. In ein paar Tagen bist du wieder ganz der Alte.«
Die anderen Hunde waren unverletzt, hatten sich lediglich in den Leinen verheddert und waren noch geschockt von dem plötzlichen Aufprall. Sie tröstete jeden Einzelnen mit ein paar liebevollen Worten und befreite sie von ihren Fesseln. Der junge Charly zitterte heftig und beruhigte sich erst einigermaßen, als sie ihn fest in die Arme nahm und ihm ins Ohr flüsterte: »Alles halb so schlimm, Charly! Smoky hat sich einen Vorderlauf verstaucht und zwei Zähne verloren. Schlimm genug, aber das wird wieder. Alex bringen wir zum Arzt.« Sie setzte Charly ab und wandte sich an die anderen Hunde. »Aber ihr müsst mir dabei helfen, hört ihr? Wir dürfen keine Zeit verlieren.«
Sie zerrte den Schlitten zwischen den Bäumen hervor und wuchtete ihn auf die Kufen. Zwei Streben waren angeknackst, eine Schlaufe des Vorratsbeutels eingerissen. Alles andere wäre eine Katastrophe gewesen. Ohne einen Schlitten hätte sie es nicht geschafft, Alex zu einem Arzt zu bringen, und er wäre ihr vielleicht unter den Händen gestorben. Der Gedanke erschreckte sie so sehr, dass sie für einen Augenblick innehalten musste. Erst nachdem sie ein paarmal durchgeatmet und ein kurzes Dankgebet zum Himmel geschickt hatte, legte sie den verletzten Smoky auf die Ladefläche, richtete die restlichen Hunde aus und fuhr zu Alex. Hastig bohrte sie den Anker in den Schnee.
Es kostete sie einige Kraft, Alex auf den Schlitten zu heben. Er war immer noch bewusstlos und so schwer, dass sie zuerst seinen Oberkörper auf die Ladefläche legte und die Beine mühsam nachzog. Sie wickelte ihn in die Wolldecken und band ihn mit einigen Lederriemen aus dem Vorratsbeutel fest. Smoky legte sie zwischen seine Beine. Der Husky drehte verwirrt den Kopf und blickte sie dankbar an, als sie die warmen Decken über ihm ausbreitete.