Wolf, Raupe und Schmerz - Gerhard Winkler - E-Book

Wolf, Raupe und Schmerz E-Book

Gerhard Winkler

0,0
4,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Genaugenommen sind wir uns Fremde, und jeder lebt in seiner eigenen Welt. Wir Menschen sind, selbst wenn wir die gleiche Sprache sprechen, unterschiedliche Wesen wie Wolf, Raupe und Schmerz, die drei Hauptpersonen dieses Märchens für Erwachsene. Doch wenn wir Raum zwischen uns lassen, miteinander reden und zuhören, still zusammensitzen und uns in unserer Unterschiedlichkeit wertschätzen und liebhaben, begegnen wir uns. Dann können Freundschaften entstehen. Das ist der Platz, an dem Heilung stattfinden kann. Da ist Glück. Von all diesem erzählt diese Geschichte ... und außerdem gibt es ja noch den Baum, in dessen Schatten sich die drei treffen ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 22

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Es waren einmal eine Raupe, ein Wolf und ein Schmerz. Die lebten im selben Land in der gleichen Gegend, kannten sich jedoch nicht.

Eines Tages, ich weiß nicht mehr, ob es regnete oder ein Sonnentag war, machte sich jeder auf zu einem Spaziergang. Sie liefen tief in sich versunken, hörten wohl ab und zu eine Amsel pfeifen, achteten aber kaum auf den Weg. So kam es, dass die drei an einer Kreuzung aufeinander trafen. Scheu grüßten sie sich, gingen schnell still weiter, jeder in seine Richtung.

Am nächsten Tag spürten alle drei eine leise, unerklärliche Sehnsucht, als die Zeit des Spazierengehens gekommen war; und so war es nicht ganz ein Zufall, dass sie sich wieder begegneten ...

.......

Viele Tage ging das so. Zwar knurrte der Wolf manchmal in sich:

„Wehe, ihr wollt mich zähmen oder hinter Gitter stecken“, und einmal war ihm dieser Gedanke so unerträglich, dass er zwei Tage zu Hause blieb. Aber als er schließlich wieder auftauchte, freute er sich heimlich, als die anderen ihm freundlich zunickten.

Und die Raupe, die das Leben gerne ganz begreifen wollte, dachte dann und wann:

„Ganz verstehe ich nicht, was hier geschieht, und die können es mir bestimmt auch nicht erklären“, wartete aber vorsichtig und im Laufe der Zeit immer mehr auf die tägliche Begegnung.

Der Schmerz jedoch dachte:

„Oh je, wenn die bemerken, wie tief ich bin und wie klein ich mich dabei fühle, ist alles vorbei.“

Er wusste zwar nicht wirklich, was das war „alles vorbei“, doch er fürchtete sich sehr davor, und so versuchte er sich bei jedem Treffen hinter etwas anderem von ihm zu verbergen, das ihm größer, kräftiger und vor allem gelassener erschien.

Das alles blieb eine lange Zeit scheinbar gleich. Aber so wie in dieser Zeit Herbst, Winter und Frühling ineinander übergingen und sich ablösten, war aus dem flüchtigen Nicken ein „Guten Morgen“ und später, obwohl sie so verschieden waren, kleine Gespräche im Vorübergehen geworden; und als sich eines Tages im lauen Frühlingswind die Raupe in ein Blatt gerollt unter einem grün sprießenden Baum, der nahe der Kreuzung stand, ausruhte, gesellten sich Wolf und Schmerz dazu, ohne dass sie hätten erklären können, wie das geschah.

.....

Sie wurden in den nächsten Wochen vertrauter miteinander, fragten einander, ohne zu bedrängen, bemerkten wohl auch, wie sich viele Gefühle im Körper und im Gesicht des anderen widerspiegelten; doch sie ließen Raum um und zwischen sich und so konnte es geschehen, dass sie sich allmählich näher kamen.