Woodwalkers – Die Rückkehr (Staffel 2, Band 4). Der Club der Fabeltiere - Katja Brandis - E-Book

Woodwalkers – Die Rückkehr (Staffel 2, Band 4). Der Club der Fabeltiere E-Book

Katja Brandis

0,0
11,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die "Woodwalkers" starten in ihr nächstes großes Abenteuer! In der zweiten Staffel der Bestsellerreihe von Katja Brandis warten größere Herausforderungen als je zuvor auf Puma-Wandler Carag, Wolfsmädchen Tikaani und ihre Freundinnen und Freunde von der Clearwater High. Die Zweitjahresklasse der Clearwater High bereitet sich auf eine ungewöhnliche Abschlussprüfung vor. Worum es geht? Das verraten die Lehrer noch nicht. Bevor es losgeht, wartet noch eine Herausforderung auf Pumajunge Carag: Im Auftrag des Rats der Wandler soll Carag zu einer Gruppe von jungen Woodwalkern Kontakt aufnehmen, die sich "Club der Fabeltiere" nennt. Mit aufsehenerregenden Teilverwandlungen können sie die Gestalt von Einhörnern, Drachen und anderen fantastischen Wesen annehmen - und sie scheuen nicht davor zurück, ihre Tricks in der Öffentlichkeit vorzuführen und damit das Geheimnis der gesamten Gestaltwandlerwelt aufs Spiel zu setzen. Carag hat alle Hände voll zu tun, um den Fabeltierclub zu bändigen, und bemerkt erst spät, dass dem Rat der Wandler noch eine viel größere Gefahr droht. Denn dort gewinnt eine alte Feindin immer mehr an Einfluss. Auch im neuen Schuljahr kommen Tierfantasy-Fans ab 10 Jahren voll auf ihre Kosten: Spannende Gestaltwandler-Charaktere und mitreißende Abenteuer in der Natur machen jeden Band zum garantierten Lesespaß. Die Illustrationen im einzigartigen Stil von Claudia Carls setzen die Geschichten perfekt in Szene.   Gedruckt auf Recycling-Umweltschutzpapier, zertifiziert mit dem Blauen Engel.   Die Woodwalkers- und Seawalkers-Bände erscheinen halbjährlich. Bisher erschienen sind: Woodwalkers - Die Rückkehr (Staffel 2) Woodwalkers - Die Rückkehr (1). Das Vermächtnis der Wandler Woodwalkers - Die Rückkehr (2). Herr der Gestalten Woodwalkers - Die Rückkehr (3). Das Grollen der Löwin Weitere Bände in Planung Woodwalkers (Staffel 1) Woodwalkers (1). Carags Verwandlung Woodwalkers (2). Gefährliche Freundschaft Woodwalkers (3). Hollys Geheimnis Woodwalkers (4). Fremde Wildnis Woodwalkers (5). Feindliche Spuren Woodwalkers (6). Tag der Rache Woodwalkers Special Woodwalkers & Friends. Katzige Gefährten Woodwalkers & Friends. Zwölf Geheimnisse Woodwalkers & Friends. Wilder Kater, weite Welt Seawalkers Seawalkers (1). Gefährliche Gestalten Seawalkers (2). Rettung für Shari Seawalkers (3). Wilde Wellen Seawalkers (4). Ein Riese des Meeres Seawalkers (5). Filmstars unter Wasser Seawalkers (6). Im Visier der Python

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 372

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Bücher von Katja Brandis im Arena Verlag:

Woodwalkers. Carags Verwandlung

Woodwalkers. Gefährliche Freundschaft

Woodwalkers. Hollys Geheimnis

Woodwalkers. Fremde Wildnis

Woodwalkers. Feindliche Spuren

Woodwalkers. Tag der Rache

Woodwalkers – Die Rückkehr. Das Vermächtnis der Wandler

Woodwalkers – Die Rückkehr. Herr der Gestalten

Woodwalkers – Die Rückkehr. Das Grollen der Löwin

Woodwalkers and Friends. Katzige Gefährten

Woodwalkers and Friends. Zwölf Geheimnisse

Woodwalkers and Friends. Wilder Kater, weite Welt

Seawalkers. Gefährliche Gestalten

Seawalkers. Rettung für Shari

Seawalkers. Wilde Wellen

Seawalkers. Ein Riese des Meeres

Seawalkers. Filmstars unter Wasser

Seawalkers. Im Visier der Python

Der Fuchs von Aramir

Die Jaguargöttin

Der Panthergott

Khyona. Im Bann des Silberfalken

Khyona. Die Macht der Eisdrachen

Gepardensommer

Koalaträume

Delfinteam. Abtauchen ins Abenteuer

Delfinteam. Der Sog des Bermudadreiecks

Delfinteam. Ritt auf der Brandung

Katja Brandis, Jahrgang 1970, hat Amerikanistik, Anglistik und Germanistik studiert und als Journalistin gearbeitet. Schon in der Schule liehen sich viele Mitschüler ihre Manuskripte aus, wenn sie neuen Lesestoff brauchten. Inzwischen hat sie zahlreiche Romane für Jugendliche veröffentlicht, zum Beispiel Khyona, Gepardensommer, Die Jaguargöttin oder Ruf der Tiefe. Bei der Recherche für Woodwalkers im Yellowstone-Nationalpark lernte sie eine Menge Bisons persönlich kennen, stolperte beinahe über einen schlafenden Elch und durfte einen jungen Schwarzbären mit der Flasche füttern. Sie lebt mit Mann, Sohn und zwei Katzen in der Nähe von München.

www.woodwalkers.de | www.seawalkers.de

Für Lara

Ein Verlag in der Westermann Gruppe

1. Auflage 2024

© 2024 Arena Verlag GmbH

Rottendorfer Straße 16, 97074 Würzburg

Alle Rechte vorbehalten

Dieses Werk wurde vermittelt durch dieAutoren- und Projektagentur Gerd F. Rumler (München).

Cover und Innenillustrationen: Claudia Carls

E-Book ISBN 978-3-401-81074-4

Besuche uns auf:

www.arena-verlag.de

@arena_verlag

@arena_verlag_kids

Es ist nicht zu fassen, was alles passiert ist während des Gegenbesuchs der afrikanischen Schüler. Zum Glück hat sich Tsepo, der nicht nur ein Erdmännchen, sondern auch der »Herr der Gestalten« ist, im letzten Moment entschieden, uns gegen die miese Löwen-Wandlerin Rebecca Youngblood zu helfen. Sonst wäre dieser Kampf im Museum, bei dem sie den Woodwalker-Rat angegriffen hat, anders ausgegangen. Der große Verlierer der ganzen Sache ist mein alter Feind Andrew Milling – wie es aussieht, hat ihm die Youngblood mit einer Formel aus dem alten Cherokee-Buch sämtliche Lebensenergie herausgezogen. Ich versuche, nicht an ihn zu denken und die Zeit an der Clearwater High zu genießen!

Prolog

Lydia Lennox

Eigentlich war es ein schöner Tierpark – am Fuße der Rocky Mountains gelegen, weitläufig und grün. Viele Menschenfamilien mit Kindern kamen nach Sunny Meadows, um die Wesen zu bestaunen, die sie für Tiere hielten.

Nur manchmal hörte Lydia, dass sich einer der Ahnungslosen über etwas wunderte. »Ich dachte, Löwen leben immer in großen Rudeln«, sagte gerade ein Junge – vielleicht zwölf – zu seinen Eltern und betrachtete das ausgewachsene Weibchen und das junge Männchen. »Aber die hier sind nur zu zweit.«

Der Vater spähte in den Käfig. »Stimmt. Und wow, dieses Gehege hier ist massiv gesichert.« Er klopfte an die Scheibe, genau neben dem Schild Bitte nicht an die Scheibe klopfen. »Das sieht aus wie Panzerglas … und obendrüber, sind das nicht Elektrodrähte?«

»Doch«, sagte die Mutter. »Sieht sogar nach Hochspannungsleitungen aus. Ist ja seltsam. So, wollen wir noch zu dem Luchs? Haha, bei dem habe ich das Gefühl, dass er jedes Wort versteht, wenn ich mit ihm rede!«

Die drei gingen weiter, doch Lydia blieb stehen. Und lächelte das Löwenweibchen an. »Na, wie gefällt dir dein neues Hotel, Rebecca?«

Leider hatte der neue Chef von Sunny Meadows bessere Gedankendämpfer einbauen lassen – das Löwenweibchen konnte ihr nicht von Kopf zu Kopf antworten. Und sich tagsüber, während Touristen da waren, zu verwandeln, war streng verboten. Die Löwin begann, rastlos an der Glaswand entlangzugehen, wobei sie Lydia nicht aus den Augen ließ.

»Ich kann mir denken, dass der Service hier einige Wünsche offenlässt. Ziemlich viele Wünsche, genauer gesagt.« Lydia Lennox zückte ihr Handy und schoss ein paar Fotos der beiden Gefangenen, während sie darauf achtete, den Überwachungskameras den Rücken zuzudrehen. »Und es muss wirklich unangenehm sein, dass du deine Strafe zusammen mit Dunbar absitzen musst. Kein Mitglied deines Rudels hat weniger im Hirn. Nervt er dich oft mit seinen blöden Bemerkungen?«

In hilfloser Wut öffnete die Löwen-Wandlerin das Maul, zeigte ihr die Fangzähne. Das Männchen glotzte nur dämlich.

»Ich kann mir schon denken, warum ihr beide allein hier seid und alle anderen in einem separaten Gehege … sie wollen nicht, dass ihr gemeinsam irgendwelche Fluchtpläne ausheckt.« Lydia Lennox ließ ihr Lächeln noch ein wenig strahlender werden. »Vielleicht kann ich etwas für dich tun, liebe Rebecca … verrate mir, wo du das alte Buch versteckt hast, dann kommen wir ins Geschäft.« Sie blickte sich um – gerade keine Besucher in der Nähe. »Kratz deinen Hinweis gerne mit den Krallen in den Boden oder so was.«

Die Löwin warf sich aufbrüllend gegen die Scheibe. Ihr Begleiter schaute drein, als wäre er liebend gerne woanders. Gerne auch in China oder auf dem Mond.

»Hm, das war wohl ein Nein … aber keine Sorge, ich werde es auch ohne deine Hilfe herausfinden. Viel Spaß dann noch!« Lydia Lennox wandte der tobenden Löwin den Rücken zu und schlenderte weiter. Rebecca Youngblood hatte ihr Temperament immer schon schlecht im Griff gehabt, es war jämmerlich, ein solches Schauspiel mit ansehen zu müssen. Besonders klug war sie auch nicht … es war dämlich gewesen, den Rat anzugreifen, wer bitte dachte, dass man auf diese primitive Art Macht gewinnen konnte?

Die Youngblood hatte von Anfang bis Ende genau das getan, was Lydia wollte, und hatte es nicht mal gemerkt. Arme kleine Raubkatze. Reptilien waren so viel stärker und klüger!

Ihre nächste Station war ein Bereich, der der Öffentlichkeit verborgen blieb. Dort verbüßten Woodwalker ihre Strafe, die ihre Verwandlungen nicht im Griff hatten oder sich weigerten, den Tag in zweiter Gestalt zu verbringen und sich von Besuchern betrachten zu lassen. Am Eingang warteten schon zwei bewaffnete Wärter auf sie, ein Mann in mittleren Jahren und eine junge Frau – Moment mal, war das nicht die aus Kalifornien? Die ehemalige Angestellte ihres Feindes? Doch!

Lydia sah Furcht in ihren Augen und genoss es. Der andere Wärter bekam davon nichts mit. »Nur fünf Minuten«, ordnete er an, dann schloss er ihr das kleine, nicht ganz so gut gesicherte Gehege auf. »Er hat nicht viel Energie.«

Gut gelaunt betrachtete Lydia das große Pumamännchen, das bewegungslos auf einem Felsen in der nachgebildeten Landschaft lag. Sein Kopf ruhte auf den Pfoten, die Augen blickten matt. Sie waren auf ein gerahmtes Bild gerichtet, das auf dem Felsen stand und eine hübsche junge Frau und ihre etwa fünfjährige Tochter zeigte. Es war ein Urlaubsbild, beide trugen alberne T-Shirts mit Cartoonfiguren und strahlten in die Kamera. Die Sonne glänzte auf ihren blonden Haaren, die der Wind quer über ihre Gesichter wehte. Tja, was für ein Pech, dass die beiden schon vor Jahren von einem Jäger erwischt worden waren, als sie in ihrer zweiten Gestalt im Wald unterwegs gewesen waren.

»Armer Andrew«, sagte Lydia und setzte sich auf einen Stein ganz in der Nähe. »›Nicht viel Energie‹, hat man mir gesagt. Gar keine wäre passender gewesen!«

Der Puma hob langsam, sehr langsam den Kopf, legte die Ohren zurück und betrachtete sie aus drohenden gelbbraunen Augen. Soso, Lydia Lennox. Die Frau, die versprochen hat, mich zu befreien, und ihr Versprechen gebrochen hat.

»Wieso? Du bist doch befreit worden. Was kann ich dafür, dass Rebecca bei dieser Gelegenheit anscheinend die Formel aus dem alten Cherokee-Buch an dir ausprobiert hat? Die Formel, die einem alle Lebensenergie nimmt?«

Dir war klar, dass so etwas passieren würde! Du bist eine intrigante, verlogene …

»Sei nicht albern, Andrew. Wir haben nur fünf Minuten. Sollen wir die mit Vorwürfen verschwenden?« Lydia lächelte ihn an, was absolut keine Wirkung zeigte. »Ich kann dir helfen. Aber das tue ich nur, wenn du mir alles sagst, was du weißt. Wo hat diese Löwenfrau das alte Buch versteckt? Oder die verdammte Übersetzung?«

Wenn ich es wüsste … was ich nicht tue … würde ich es dir niemals sagen.

»Oh, das tut mir leid! Dir geht mal wieder die Kraft aus. Was für ein schweres Schicksal.« Sie seufzte. »Dachte ich mir schon, dass du ablehnen würdest, mich zu unterstützen. Zum Glück brauche ich dich nicht. Schlechte Nachrichten – niemand braucht dich, Andrew.«

Keine Antwort. Sie hatte auch keine erwartet.

Lydia stand auf … und gab dabei dem Bild so, dass es wie ein Versehen wirkte, einen kleinen Schubs. Das Foto kippte von dem Felsen, auf dem es gestanden hatte; Rahmen und Glas zersplitterten beim Aufprall. Starr vor Entsetzen beobachtete es der Puma.

»Leb wohl, Andrew Milling«, sagte Lydia heiter und ließ sich von den Wächtern wieder nach draußen bringen.

Ganz schön tief

Carag

Als Puma schwitze ich nicht, und das trotz meines dicken Winterfells. Jetzt aber lief mir, weil ich in Menschengestalt war, der Schweiß über die Stirn. Und nicht nur mir. Auch Tikaani und Brandon schwitzten, während sie ihre Spaten tief in den noch leicht gefrorenen Boden rammten und die Erde heraushoben. Eigentlich ist das etwas, was man auf einem Golfplatz auf keinen Fall tun sollte, außer man will einen Metallschläger übergezogen bekommen. Aber in diesem Fall hatte uns tatsächlich jemand dazu eingeladen, hier herumzubuddeln. Der Golfplatzbetreiber war nämlich pleitegegangen und die Stadt Jackson hatte entschieden, die Grünwüste wieder aufzuforsten. Überall um mich herum gruben Erstjahres-, Zweitjahres- und Drittjahresschüler der Clearwater High, als wäre hier irgendwo ein Schatz versteckt.

»So, dieses Pflanzloch ist fertig«, keuchte Brandon und betrachtete stolz das Ergebnis seiner Grabungen, bevor er zu Salomé hinüberschielte, die in einer anderen Gruppe arbeitete.

»Es ist wunderbar geworden«, zog ich ihn auf. »So muss ein Loch sein!«

»Ganz im Gegensatz zu deinem«, sagte Brandon und betrachtete mein Werk kritisch. »Das ist eher eine Vertiefung. Außerdem dachte ich, die Löcher sollten rund sein.«

Nachdenklich schaute ich nach unten. »Glaubst du wirklich, den Baum interessiert das?«

Das Maulwurfsmädchen aus der Erstjahresklasse, das die Grabungsarbeiten leitete, hastete vorbei. »Carag! Was soll das werden, eine Fallgrube für Mäuse?«

»Ich weiß gar nicht, was ihr alle habt«, meinte ich schulterzuckend, während sich Tikaani kommentarlos meine Schaufel schnappte und das Loch tiefer und gleichmäßiger aushob.

»Schon gut, man merkt eben, dass Pumas normalerweise nicht graben«, meinte Brandon und rief in die Runde: »Wir haben wieder ein paar fertig!«

Holly kam mit einer Metallgabel, die größer war als sie selbst, angerannt, rammte das Ding in unsere Pflanzlöcher und stocherte darin herum. »So, jetzt ist der Boden richtig schön locker. Jeffrey, wo bleibst du! Wir brauchen Kompost!«

»Jaja, bin schon im Anmarsch.« Der Alpha unseres Wolfsrudels schleifte einen Sack heran und kippte den dunkelbraunen Inhalt in unsere Pflanzlöcher. »Boah, wenn ich gewusst hätte, dass wir uns so anstrengen müssen, um den Flug nach Afrika auszugleichen … Muss ich denn auch noch für das Methan, das ich ausgepupst habe, irgendwie büßen?«

»Wunderbare Idee«, versicherte ihm Rabenmädchen Wing.

Das Pflanzen-Nachschub-Team, zu dem auch meine Schwester gehörte, kam mit mehreren Setzlingen beladen in unsere Richtung. »Was wollt ihr für eine Baumsorte? Wir haben jede Menge im Angebot …«

»Ich will eine Balsampappel«, meldete Tikaani an.

»Gib mir ’ne Espe«, brummte Brandon. »Ihr habt doch Espen?«

»Wozu denn eine Espe?« Holly, unser Rothörnchen, tippte sich an die Stirn. »Ich will irgendwas, das später mal richtig saftige, würzige Zapfen zum Abnagen macht!«

Ich verdrehte die Augen. »In der Gegend gibt schon ungefähr zehntausend Bäume mit guten Abnagezapfen. Habt ihr auch eine Douglasfichte? An der kann ich mir als Puma später richtig gut die Krallen schärfen.«

»Na, das dauert noch«, stellte Tikaani fest und stützte sich auf ihre Schaufel, während das Pflanzenteam mir ein hüft-hohes grünes Nadelbäumchen mit Wurzelballen überreichte. »Im Moment würde deine Fichte umfallen, wenn du sie anhauchst.«

»Willst du damit andeuten, dass ich Mundgeruch habe?«, fragte ich ein bisschen beleidigt und begann, meine Douglasfichte einzugraben. Sie bekam eine große Portion Wasser und einen Stab, der ihr half, sie aufrecht zu halten. Ich hatte nicht vor, sie anzuhauchen, aber man weiß ja nie, was andere Leute so planen.

»Sagt mal, was machen wir in der Clearwater High eigentlich an Ostern?« Einer der Erstis, der Igel-Wandler Felix, schaute zu uns hinüber. »Ich fliege nicht heim nach Deutschland, sondern bleibe hier. Wir feiern Ostern, oder?«

»Ostern, was ist das noch mal?«, fragte meine Schwester. »Ist das dieses komische Fest, wo Leute bunte Eier verstecken?«

»Ja, genau.« Felix strahlte. Man merkte ihm mal wieder an, dass er als Mensch aufgewachsen war und nicht wie viele von uns als Tier in der Wildnis.

»Bunte Eier!« Holly schüttelte den Kopf. »Ich hab nie kapiert, wozu das gut sein soll. Ist das nicht ein Feiertag, der irgendwie mit Jesus zu tun hat? Der hat doch keine Eier gelegt, oder?«

Brandons Schützling schaute beunruhigt drein. »Also … ihr habt anscheinend nichts gemacht an Ostern in den letzten Jahren?«

»Haha, nein«, sagte Jeffrey und blickte mich an. »Weißt du, wie lange ich und mein Rudel brauchen würden, um irgendwelche versteckten Eier zu finden, Carag?«

»Zehn Sekunden?«, riet ich.

»So lange? Willst du uns beleidigen?« Jeffrey grinste.

»Das geht nicht«, beschwerte sich Felix. »Wollt ihr, dass ich Heimweh bekomme? Wir haben schon an Fasching nichts gemacht, weil gerade so viel anderes los war, das fand ich ziemlich blöd!« Er warf seine Schaufel hin und marschierte in Richtung Miss Clearwater, die ein Stück entfernt von uns einen Transporter mit einem ganzen Wald von Jungbäumen auf der Ladefläche herandirigierte. Neugierig schauten wir zu, wie die beiden diskutierten.

Holly zog die Augenbrauen hoch, als sie sah, wie Miss Clearwater schließlich nickte. »Oh, ich glaube, sie hat Ja gesagt!«

»Jetzt ist Donnerstag … und am Ostersonntag geht es bei uns rund«, bestätigte Felix zufrieden, als er zu uns zurückkam. »Miss Clearwater findet die Idee gut, weil wir in letzter Zeit so viele Kämpfe und Gefahren zu überstehen hatten und nun auch mal was Schönes brauchen. Sie hat gesagt, dass sich das Lehrerteam richtig anstrengen und schwere Verstecke finden wird. Klingt doch gut, oder?«

Meine Freunde und ich blickten uns an und zogen die Augenbrauen hoch.

»Vielleicht diesmal zwanzig Sekunden«, sagte Tikaani.

»Angeblich bringt übrigens ein Hase die Eier, wie bescheuert ist das denn?« Brandon schüttelte den Kopf.

Natürlich schaute Jeffrey sofort zu unserem Hasen-Wandler hinüber. »Da kommen Überstunden auf dich zu!«

Nimble seufzte. »Können wir die Osterhasenwitze einfach mal überspringen?«

Da musste sogar Felix lachen, denn das mit dem Springen passte viel zu gut zu der ganzen Sache mit dem Hasen. Er und Nimble gingen davon, um ihrem Team zu helfen, und verpassten dadurch Hollys Frage: »Gibt’s eigentlich auch ein Fest mit Nüssen?«

Bäumepflanzen macht echt Spaß! Mein Schützling Terry grub als Hund mit und machte sich so begeistert ans Werk, dass eine Ladung Erde auf die hinter ihm stehende Tabitha niederprasselte.

»Oh, danke … ich hab auch was für dich«, sagte sie und kippte einen Eimer Wasser über ihn. Unser flauschiger grau-weißer Mischling verwandelte sich in ein triefendes, verdutzt dreinblickendes Etwas. Es sah sehr viel dünner aus als vorher und war eindeutig nicht mehr flauschig.

»Weg, schnell!«, rief ich meiner Schwester und einem anderen Ersti zu, denn sie standen beide in der Nähe.

»Was, wieso?«, fragte Mia. Dann war es auch schon zu spät, Terry schüttelte sich und besprühte die ganze Umgebung mit schlammigem Wasser.

Sehr zufrieden blickten wir am Ende des Tages über unseren frisch gepflanzten Jungwald hinweg. Ein besonders schöner Anblick, wenn man wusste, dass hier noch vor wenigen Stunden superkurzer Rasen gewesen war, von dem nicht mal ein Wapitikalb satt wurde.

Zu Fuß machten wir uns auf den Heimweg zur Schule.

»Habt ihr eigentlich schon die Botschaft des Rates gesehen?«, fragte Brandon und tippte während des Gehens auf seinem Handy herum. »Der hat gerade eine allgemeine Suche verkündet.«

»Darf ich raten … nach dem alten Buch?« Wir hatten die letzten Monate ziemlich viel mit diesem Buch zu tun gehabt, in dem ein Cherokee-Schamane vor hundert Jahren Formeln aufgezeichnet hatte, die für Woodwalker wichtig waren und die heute niemand mehr kannte. Leider auch sehr gefährliche Formeln. »Ich habe gehört, dass Rebecca Youngblood gesagt hat, sie verrät nur, wo sie es versteckt hat, wenn der Rat sie wieder aus dem Gefängnis rauslässt.«

»Keine Chance, das macht der Rat nie. Diese Löwenfrau ist viel zu gefährlich.« Tikaani strich sich die schulterlangen schwarzen Haare zurück. »Beim Angriff auf dieses Museum ist immerhin die bisherige Sicherheitschefin getötet worden!«

Ich spähte auf Brandons Handybildschirm. »Ah, der Rat hat nun demjenigen, der das Buch findet und zu ihm bringt, eine Belohnung versprochen.«

Holly tanzte um uns herum und riss Brandon einfach das Handy aus der Hand, was der mit einem »He!« quittierte. »Kriegst es gleich zurück«, meinte Holly und wirbelte schnell aus seiner Reichweite. »Oh, wie nussig … es gibt einen Goldbarren im Wert von hunderttausend Dollar!«

Wir machten alle große Augen. Sofort fügte Holly hinzu: »Wir machen mit bei der Suche, oder?«

Unwillkürlich stöhnte ich auf. »Danke, nein. Ohne mich. Ich habe die letzten Monate damit verbracht, diesem Buch hinterherzujagen, es zu suchen, es wiederzubekommen, es zu beschützen, es zu …«

»Moment mal«, sagte Holly und las sich noch mehr durch. »Oh wow! Es … gibt anscheinend noch zwei andere Angebote. Von sehr, sehr reichen Woodwalkern, einem aus Europa und einem aus China. Sie bieten das Dreifache.«

»Hat sich wohl herumgesprochen, was in diesem Buch steht«, sagte Shadow, verwandelte sich in einen Raben und flog krächzend auf den nächsten Baum. Allein die Formel, mit der man seine zweite Gestalt ändern kann … stell dir vor, du bist ein Floh und könntest stattdessen ein Schneeleopard sein. Oder denkt an diese andere Formel, mit der man einem normalen Menschen eine zweite Gestalt geben kann!

»Ich hasse diese Formel«, ächzte Wing, während sie die Klamotten ihres Bruders einsammelte und in ihren Rucksack stopfte.

»Und ich erst mal!« Beim Austausch mit der Narawandu School in Namibia hatten wir sie ausprobiert – und dabei großen Mist gebaut, wie die Menschen sagten.

»Manche Leute würden jeden Betrag bezahlen, um eine zweite Gestalt als Tier zu bekommen«, sagte mein bester Freund nachdenklich und schnappte sich sein Handy zurück, während Holly von einem Schmetterling abgelenkt war. »Jeden. Da wären auch ein paar Millionen drin. Pro Person!«

»Der Rat würde aber nicht abkassieren, oder?«, fragte ich, schüttelte jedoch sofort den Kopf über meine Frage. Nein, niemals würde unser Woodwalker-Rat Gestaltwechsel gegen Wucherpreise verkaufen!

Brandon schüttelte den Kopf, warf sich ein Maiskorn in den Mund und zerkaute es krachend. »Der Vorsitzende schreibt, wenn der Rat das Buch hätte, würde es Anhörungen geben, bei denen jeder Fall genau geprüft würde. Und wenn einem die Ratsmitglieder dann helfen, kostet das keinen Cent.«

Das klang gut. Trotzdem hoffte ich, dass die vielen Wandler, die ab sofort nach dem alten Cherokee-Buch suchen würden, nur jede Menge Ostereier fanden. Denn ich wusste nur zu genau, dass auch sehr fiese Formeln in diesem Werk standen. Wie man jemandem die zweite Gestalt wegnahm zum Beispiel. Oder jemandem die Lebenskraft entzog. Dieses Buch war wirklich gefährlich, wenn es in die falschen Hände geriet.

Ein Schauer überlief mich. Besser, ich dachte nicht dran. Das Buch war nicht mehr mein Problem. Andere Leute – Lehrer, Ratsmitglieder, irgendwelche Erwachsenen! – würden sich nun darum kümmern. Und ich hatte Zeit, mich auf die Abschlussprüfung meines zweiten Schuljahres zu konzentrieren. Die war zwar erst im Juni, sollte aber wirklich ungewöhnlich werden, hatten wir gehört. Keine einfache schriftliche und mündliche Prüfung, sondern eine Herausforderung anderer Art.

Außerdem durfte ich schon bald »besondere Aufgaben« für den Rat übernehmen, hatte mir der Vorsitzende versprochen. Ich konnte es noch immer kaum glauben – was würden das für Sachen sein? Bestimmt spannende, bei denen ihnen nur ein junger Puma-Wandler wie ich helfen konnte!

»Kommt, Leute, Tempo, sonst verpassen wir das Abendessen«, sagte Tikaani und wir hörten auf zu quatschen und marschierten schneller.

Verkatzt

Brandon reiste ab zu seinen Eltern, meine Schwester tummelte sich mit meinen Eltern in den Bergen. Und ich? Ich ließ mich am Freitag und Samstag von meiner Menschenfamilie mit leckerem Essen vollstopfen und zeigte ihnen beim Wandern in Yellowstone, wie man sich richtig an einen Gabelbock anschleicht. Donald verpatzte es völlig.

Sonntagfrüh wünschte meine Menschenmutter Anna mir dann »Frohe Ostern, Jay« und umarmte mich. Obwohl sie inzwischen wusste, wie ich wirklich hieß, nannte sie mich immer noch bei meinem Menschennamen. »Kommst du, bevor du zur Schule zurückgehst, noch mit zum Stadtpark? Dort findet die große Eiersuche für Kinder statt.«

Mein Pflegebruder Marlon murmelte ein »Viel Spaß« und verzog sich. In letzter Zeit tat er oft geheimnisvoll und wollte nicht verraten, was er machte. Und aus seinem Zimmer kamen dann oft seltsame dumpfe Geräusche, als würde er irgendwas Schweres auf den Boden werfen.

»Oh ja, komm mit, Jay!« Meine kleine Schwester Melody rannte schon in den Flur, um ihre Schuhe anzuziehen. »Ich war noch nie da und alle sagen, es ist toll!«

Also standen wir kurz darauf auf dem Town Square von Jackson, einem kleinen Park, an dessen Ecken die Pfadfinder vier Torbögen aus abgefallenen Wapitigeweihen aufgebaut hatten. Schon etwa zwanzig Kinder hatten sich hier versammelt.

Pünktlich um zehn Uhr begann die Aktion. Aufgeregt lief Melody mit ihrer besten Freundin Tilda los und heftete den Blick auf den noch mit Schneeresten bedeckten Rasen und die Büsche.

»Hab eins!«, jubelte Tilda und hielt ein rotes Ei hoch, dann kurz darauf ein blaues und ein in Glitzerpapier eingepacktes. Auch die anderen Kinder stießen Freudenrufe aus. Nur ausgerechnet Melody hatte noch nichts gefunden und ihre Mundwinkel zogen sich immer weiter nach unten.

Ein bisschen besorgt blickten Anna und ich uns an. »Wahrscheinlich sind schon keine mehr übrig«, flüsterte Anna mir zu.

»Ich schaue mal, was sich machen lässt«, sagte ich und schlenderte in den Park hinein. Es waren tatsächlich fast keine Eier übrig, aber meine scharfen Pumasinne ließen mich nicht im Stich. Da war noch ein Osterei – wahrscheinlich hatte niemand es entdeckt, weil es grün war.

Unauffällig drängte ich Melody in die Richtung und gleich darauf rief auch sie triumphierend: »Hab eins!«, und rannte damit zu Anna. Die machte große Augen. »Was ist das denn für ein seltsames Ei? Ist die grüne Farbe etwa Moos?«

Tilda kicherte. »Ich glaube, das ist noch vom letzten Jahr! Anscheinend hat es da niemand gefunden. Das kannst du nicht mehr essen, Mel.«

So ein Eulendreck, das hatte ich verkatzt. Meine kleine Schwester sah aus, als würde sie gleich heulen.

Bingo, der Labrador, wedelte und zerrte an seiner Leine. »Wer weiß, vielleicht findet er noch eins für dich«, sagte Anna und gespannt folgten wir dem Vierbeiner der Ralstons. Wie sich herausstellte, hatte er ein heruntergefallenes Wurstbrötchen gewittert.

»Du bist nicht wirklich ein Spürhund, was?«, raunte ich ihm zu und Bingo bellte mich an. Er hatte als Erster in der Familie begriffen, dass ich eine große Katze war, und mochte mich immer noch nicht.

»Ach, macht nichts, ich esse sowieso nicht gerne Eier«, sagte Melody tapfer, doch ich sah, dass ihre Augen sich mit Tränen gefüllt hatten.

Tilda griff in ihr Sammelkörbchen und reichte ihr das rote Ei (eins aus Schokolade). »Komm, wir teilen. Und das nächste Mal schaust du so genau hin, dass du ganz viele findest!«

Das war eine komische Bemerkung und ich schaute Tilda mit zusammengekniffenen Augen an. Aber Melody war wieder glücklich.

Während die anderen loszogen, um in einem Café eine heiße Schokolade zu trinken, machte ich mich zu Fuß auf den Weg zur Clearwater High.

Gerade noch rechtzeitig zur Ostereiersuche kam ich dort an. Alle Erstis, die das Wochenende in der Schule verbrachten, einige meiner Klassenkameraden und ein paar Drittjahresschüler warteten schon auf der mit Schneeflecken getupften Wiese neben der Schule – unserer Pausenlichtung – darauf, dass es losgehen würde.

»Gleich könnt ihr starten«, sagte Lissa Clearwater und lächelte in die Runde.

»Wie viel gibt’s eigentlich zu finden?«, fragte Felix gut gelaunt. »Und woher wisst ihr, ob wir alles entdeckt haben?«

»Dafür bin ich zuständig.« Juniper Ash, das Luchsmädchen, hielt ein bisschen säuerlich blickend eine Liste hoch und deutete dann auf unsere etwas erschöpft wirkenden Lehrer und Lehrerinnen. »Ich war leider gegen Mitternacht draußen und hab die da zufällig dabei gesehen, wie sie Sachen versteckt haben.«

»Ups.« Dorian, unser Katzen-Wandler, glättete mit einer Hand sein Haar. »Wisst ihr, was, ich suche in unserem Baumhaus. Falls ich da kein Ei finde, dann bestimmt ein bequemes Kissen.«

»Können wir jetzt endlich?«, drängelte Holly, die kaum noch stillhalten konnte.

Mir ging es ähnlich. Von Ostern hatte ich zwar keine Ahnung, aber ich hatte Lust, zusammen mit meinen Freunden Leckerbissen aufzustöbern. »Wo sollen wir suchen? Nur auf der Lichtung?«, fragte ich gespannt.

»In der ganzen Umgebung … wir wollen euch eine echte Herausforderung bieten.« James Bridger hatte einen unschuldigen Blick aufgesetzt. »Noch fünf Minuten, dann könnt ihr starten.«

»Wir Wölfe finden sowieso alles, da braucht ihr anderen euch gar nicht erst anzustrengen«, behauptete Jeffrey und lehnte sich lässig gegen die Außenwand der Schule.

»Kleiner Tipp: Am besten schließen sich immer mindestens ein großer, ein kleiner und ein fliegender Wandler zum Suchen zusammen«, meinte Lissa.

Blödsinn, knurrte Jeffrey. Gerade schrumpfte seine Menschengestalt zusammen, sein Hoody und seine Jeans landeten auf dem schlammigen Boden. Cliff, Tikaani, Mondauge, zu mir!

Nee, heute bin ich im Team Carag, sagte meine Polarwolffreundin, die ihm beim Verwandeln zuvorgekommen war. Jeffrey knurrte kurz, lief dann aber los, ohne uns Ärger zu machen. Liebevoll blickte Tikaani mich an; in zweiter Gestalt waren ihre Augen von einem wunderschönen Mitternachtsblau. Ich legte die Hand auf das dichte weiße Fell ihres Rückens. Es gibt ein Team Carag? In dem bin ich auch, das ist klar! Holly turnte mein Hosenbein hoch, kletterte auf meinen Kopf und machte sich dort oben daran, mir mehrere Haarsträhnen auszureißen. Oder so fühlte es sich jedenfalls an.

»Hab ich da auch ein Mitspracherecht?«, fragte ich, pflückte sie mir vom Kopf und schaute mir das empört zappelnde Rothörnchen mit hochgezogenen Augenbrauen an.

Du Mistmieze, lass mich sofort …, zeterte Holly, doch dann räusperte sich jemand und unterbrach uns: »Braucht ihr vielleicht noch eine fliegende Woodwalkerin?« Es war ein unscheinbares, mittelgroßes Mädchen mit braunen, glatten Haaren, das gefragt hatte. Kimberley, in zweiter Gestalt Kanadagans.

Ich hatte bisher nicht viel mit ihr zu tun gehabt, fand sie aber ganz nett. »Klar, wieso nicht?«, fragte ich nach einem kurzen Blick auf Tikaani und Holly, die beide nickten.

Dann ging es auch schon los. Meine Mitschülerinnen und ich liefen, galoppierten oder flatterten los. Terry zischte in die eine Richtung, die Polarfuchsgeschwister in die andere und die Wölfe schwärmten quer über die Lichtung aus.

Iiih, hier riecht’s nach Sprühdeo, man wittert ja gar nichts mehr, beschwerte sich Jeffrey. Das ist kein Zufall, oder?

»Nicht wirklich«, rief James Bridger, der neben Miss Clearwater stehen geblieben war.

Bestimmt sind ein paar Eier in Bäumen versteckt, rief Holly, jagte eine Kiefer hoch und hielt kurz darauf etwas in den Pfötchen. He! Hier! Ich hab eins gefunden!

Lissa Clearwater blickte mit ihren Adleraugen in ihre Richtung und seufzte. »Leg das bitte wieder zurück, Holly. Seine Mutter will sich bestimmt gleich wieder draufsetzen und weiterbrüten.«

Auf der Lichtung schrie Berta, unsere Grizzly-Wandlerin, entzückt auf. Oh wow, ich hab gleich mehrere! Eier aus weißer Schoko im Schnee, das war wirklich ein gemeines Versteck. Sie hob die Pranke, zeigte uns etwas, das darunter klebte, und fing gleich an, es abzuschlecken.

Auch die Polarfuchsgeschwister hatten etwas entdeckt. Sagt mal, Leute, ist es normal, dass Pfeifhasen kleine Flaggen vor den Eingang ihres Baus stecken?

Wir liefen alle hin. Wie niedlich, da steckte wirklich eine winzige grüne Fahne. Da die Polarfüchse zu groß waren, um in den Bau hineinzukriechen, gruben sie drauflos und freuten sich über ein gelbes Ei, das sie an Ort und Stelle verputzten.

Noch hatte ich nichts entdeckt, obwohl ich in Menschengestalt aufmerksam über die Lichtung streifte und mich gründlich umschaute. Aber ich bemerkte nur eine fremde Elchkuh, die ein Stück entfernt zwischen den Bäumen umherstreifte und uns skeptisch musterte. Anscheinend keine Wandlerin, sondern ein Tier.

Ich flieg los und schaue, ob ich von oben was sehe, versprach Kimberley.

Ich sagte: »Gute Idee«, und sah zu, wie die Kanadagans abhob.

Carag! Der Elch!, keuchte Tikaani auf. Siehst du das?

»Sehe ich was?« Doch da hatte ich es schon entdeckt – die Elchkuh trug ein blaues Osterei in einem Beutelchen um den Hals! Ich musste lachen. »Das hat bestimmt Theo organisiert! Schließlich ist er selbst ein Elch. Na, das wird interessant.«

Schwebende Eier und ein Notfall

Bevor meine Klassenkameraden kapierten, dass wir eine heiße Spur zu einem Osterei hatten, näherte ich mich der Elchkuh ganz vorsichtig und kramte meine bescheidenen Sprachkenntnisse heraus. Schnaubend und trötend versuchte ich, ihr zu sagen, dass wir ihr diesen bestimmt lästigen Beutel, den sie um den Hals trug, gerne abnehmen würden.

Unsere beim Schulgebäude stehenden Lehrer amüsierten sich blendend. »Wieso hast du ihr gesagt, dass sie aussieht wie schimmelige Weidenrinde?«, rief James Bridger mir zu und ich zog eine Grimasse. Ja, ich hatte aus gutem Grund eine Vier in Tiersprachen (immerhin keine Fünf mehr, seit mein Vater dieses Fach unterrichtete). Hoffentlich griff mich die Elchkuh nicht an wegen der blöden Bemerkung!

Nein, sie blieb nur völlig verdutzt stehen und starrte mich an.

Das war auch gut so. Ein weißer Blitz näherte sich ihr von links, sprang an ihr hoch, schnappte ihr das Ei vom Hals und jagte dann in meine Richtung. Gute Ablenkung, Carag. Hat jemand Appetit auf Osterei?, fragte Tikaani, während die Elchkuh erschrocken davongaloppierte.

Hier schwebt ein Ei in der Luft, meldete Kimberley, die als Kanadagans am Waldrand herumkurvte.

»Was meinst du damit, ›schwebt in der Luft‹?« Ich, Holly und Tikaani liefen in ihre Richtung und suchten die Gegend mit den Augen ab. Beim großen Gewitter, Kimberley hatte recht, das Ei hing mitten im Nichts. Hin und wieder schwebte es leicht auf und ab und dadurch kam ich auch auf die Lösung … ein paar Meter darüber vollführte ein Kiefernzweig nämlich die gleichen Bewegungen.

Holly hatte es noch vor mir gesehen. Ich glaube, es ist unsichtbar festgebunden … Versuche mal, dranzukommen, meldete sie und zischte los.

Kimberley kam ihr zuvor. Ich fliege näher heran, dann merke ich ja, was los ist, meinte sie und steuerte das Ei an.

Lieber nicht, warnte Tikaani, und: »Vorsichtig!«, rief Lissa Clearwater. Doch da schien Kimberley schon gegen ein unsichtbares Hindernis zu prallen, schlug hektisch mit den Flügeln und wich zur Seite aus. Das Ei tanzte wild … und stürzte ab.

In einer Menschenschule wäre es auf dem Boden aufgeprallt und dabei zermatscht worden. Doch wir waren keine Menschen. Schon rasten drei besonders schnelle Schüler und Schülerinnen – manche in erster, andere in zweiter Gestalt – hin, um es aufzufangen. Mit perfektem Timing sprang Lotta, das Polarfuchsmädchen, hoch und schnappte das Ei aus der Luft.

Wehe, du hast es kaputt gemacht, tönte Hollys Gedankenstimme aus dem Baum.

Kaputt gemacht? Ich doch nicht, sagte Lotta, und tatsächlich, als ich ihr das dunkelblaue Schoko-Ei aus der Schnauze nahm, hatte es nur ganz wenige Zahnabdrücke und ein bisschen Polarfuchs-Sabber an der Umhüllung. Man sah noch, dass es mit Kleber und durchsichtiger Angelschnur befestigt gewesen war.

Ich war wohl ein bisschen voreilig, tut mir leid, Leute, sagte Kimberley verlegen, während sie neben mir landete.

»Macht nichts, Hauptsache, du hast dich nicht in dieser Schnur verwickelt«, sagte ich freundlich zu ihr und wunderte mich darüber, dass Kimberley-die-Gans mir nicht in die Augen sehen konnte.

Als wir die Beute aufteilten, hörten wir ganz fern aus Richtung des Flusses Siegesgeheul der Wölfe. Nein, es war kein Siegesgeheul, es klang nach einem Kampf. »Haha, streiten die sich etwa um ein Osterei?«, meinte ich. »Dann bleiben für jeden nur ein paar Stücke von der Schale übrig …«

Wollen wir nachschauen, was da los ist?, fragte Holly, während die anderen inklusive Felix noch auf der Lichtung herumstöberten. Doch dann rief James Bridger: »Okay, Leute, ich glaube, es sind alle Sachen entdeckt worden. Nun gibtʼs in der Cafeteria Kaffee, Kakao und Nusskuchen!«

Ich musste grinsen, als Holly quasi im Sprung umdrehte. Tikaani und ich folgten ihr, denn dieses Menschenfest machte nicht wirklich satt.

Kimberley

Kimberley war froh, dass sie gerade in zweiter Gestalt war, sonst hätte sie bestimmt einen roten Kopf bekommen. Wie peinlich – sie hätte sich doch denken können, dass das Ei an einer Angelschnur aufgehängt gewesen war! Wahrscheinlich dachte Carag jetzt, sie wäre blöd. Wieso war er eigentlich so nett zu ihr? Niemals durfte er ahnen, dass sie ihm im Januar ein blutdrucksenkendes Pulver, das ihn ohnmächtig hatte werden lassen, ins Essen gemischt hatte! Aber das war vorbei, vorbei, vorbei. Rebecca Youngblood war im Gefängnis, seit sie mit ihren Leuten den Rat angegriffen hatte, und konnte sie nicht mehr erpressen! Nie wieder würde Kimberley für sie oder Millings Schurken spionieren müssen!

Der freie Himmel rief nach ihr, kraftvoll griffen ihre Flügel in die Luft. Bevor Kimberley es sich versah, flog sie schon über den kleinen Fluss, der sich nicht weit von der Schule zwischen Kiesufern und Weidenbüschen entlangwand. Sie sehnte sich nach ihrer Eulenfreundin Ava, doch die war bei ihrer Familie in Kansas, und … he, was war das für ein Tumult da unten am Boden?

Mondauge, aber auch Jeffrey und Cliff hatten ihr Nackenfell gesträubt, sie bedrohten eine einzelne, etwas zerzaust wirkende schwarze Wölfin. Vor ihren Pfoten lagen zwei Ostereier, ein blaues und ein silbernes, beide in einem durchsichtigen Beutel verstaut.

Woher hätte ich denn wissen sollen, dass das eure sind?, beschwerte sich die fremde Wolfs-Wandlerin und stupste ihren Fund mit der Schnauze an. Ich habe gesehen, dass jemand sie unter Wasser befestigt hatte, und dann habe ich sie einfach …

Das ist unser Revier, du hast kein Recht, hier zu sein, knurrte Mondauge und stakste steifbeinig um die Fremde herum, während Kimberley neugierig über sie hinwegflog.

Auch Jeffrey und Cliff fletschten die Zähne. Also was ist, rückst du die Dinger raus oder nicht?, fragte Cliff. Und Jeffrey fügte hinzu: Los, mach schon. Alles, was von Eindringlingen in unserem Revier gefunden wird, gehört uns!

Wieso denn Eindringling?, protestierte die Wölfin. Ich habe eine wichtige Mission, mein Name ist Si…

Das reicht jetzt, sagte Jeffrey kühl und wandte sich an seine Rudelmitglieder. Los, macht sie fertig!

Moment, aber ich …

Jeffrey und Cliff waren perfekt aufeinander eingespielt, sie nahmen die Fremde in die Zange, als hätten sie nur darauf gewartet. Während die schwarze Wölfin abgelenkt war, sprang Mondauge vor – sie war von oben gut an ihrem rötlich grauen Fell zu erkennen. Alarmiert sah Kimberley, dass sie nach dem Vorderlauf der fremden Wolfs-Wandlerin schnappte. Im letzten Moment sprang die Fremde aus dem Weg und jaulte erschrocken auf. He! Das meint ihr nicht ernst, ihr räudigen …

Mehr hörte Kimberley nicht, weil sie aus der Gedankenreichweite hinausgeflogen war. Das sah alles überhaupt nicht gut aus! Besonders Mondauge war gefährlich, weil sie bis vor Kurzem als wilde Wölfin gelebt hatte und unglaublich schnell war.

Sie musste Hilfe holen, bevor Jeffrey und seine Leute diese Fremde ernsthaft verletzten!

Leider war sie nicht gut genug im Fernrufen, um von hier aus die Schule zu erreichen. Kimberley wendete und schlug schneller mit den Flügeln, hastete zur Clearwater High zurück. Auf der Lichtung war niemand mehr, im Baumhaus auch nicht.

Sie gewann Höhe, bis sie die Glaskuppel der Cafeteria erreicht hatte. Bei gutem Wetter war die meistens ein Stück offen, um frische Luft reinzulassen, doch diesmal nicht. Beinahe wäre Kimberley gegen das Glas geklatscht, doch im letzten Moment schaffte sie es, auf einem Sims an der Außenseite zu landen. Genau auf der anderen Seite der Kuppel (die mal jemand hätte putzen müssen) sah sie Carag und seine Freunde sitzen und Kuchen in sich reinschaufeln.

Erstaunt blickten sie auf, als Kimberley mit dem Schnabel ans Glas pochte, und winkten ihr freundlich zu. »Komm rein und hol dir was, sonst ist der Nusskuchen weg und nur noch der klebrige Obstkuchen da!«, brüllte Holly, die jetzt wieder in Menschengestalt war.

Tikaani stöhnte. »Geht das auch von Kopf zu Kopf? Mir platzen gleich die Ohren.«

Kommt schnell, ihr müsst helfen!, drängte Kimberley.

»Womit? Ich bin für heute fertig mit Eiern«, murmelte Carag mit vollem Mund und trank einen Riesenschluck aus seiner Tasse.

»Mit Kaffee auch gleich, wenn du so weitermachst.« Dorian grinste.

»Hat Felix Probleme, noch mehr Osterdeko auf seine Stacheln aufzuspießen?«, fragte Holly. »Als ich das letzte Mal gezählt habe, hatte er da zehn Papierblumen drauf …«

Da draußen wird gerade eine fremde Wölfin angegriffen!, brüllte Kimberley, so laut sie konnte.

Carag und seine Freunde sprangen so schnell auf, dass Tikaanis Stuhl umfiel und auf den Boden prallte. »Wo? Von wem?«, schnauzte Tikaani.

Am Fluss! Von Jeffrey und seinen Leuten!

Schon rannten die vier los, sogar Dorian, der es sonst nie eilig hatte. Zurück blieben eine umgekippte Kaffeetasse, ein Haufen Kuchenkrümel und ein paar zerknitterte Stoffservietten.

Kimberley fragte sich, ob sie es schaffen würde, von diesem Sims abzuheben, oder ob sie würdelos über die zerklüftete, felsige Außenseite der Schule stolpern musste, bis sie starten konnte.

Letzteres, wie sich herausstellte. Und durch das Glas der Kuppel konnten ihr alle, alle dabei zusehen.

Sierras Botschaft

Carag

Jeffrey griff irgendjemanden an? Das glaubte ich sofort, in so was hatte mein ehemaliger Lieblingsfeind Übung.

»Was für eine fremde Wölfin kann das sein? Das nächste Rudel lebt doch ein ganzes Stück von hier entfernt?«, stieß Tikaani hervor, während wir die Treppe hinunterrasten, immer zwei Stufen auf einmal. Holly hetzte uns hinterher, Dorian lief in die andere Richtung, um unseren Lehrern Bescheid zu geben.

»Werden wir gleich herausfinden«, gab ich zurück. Wir rannten durch die Eingangshalle und ließen dabei eine Spur von Klamotten hinter uns, weil uns beiden klar war, dass gleich unsere zweite Gestalt gefragt sein würde. Ich riss mir den Pullover vom Leib, Tikaani versuchte, im Laufen ihre Hosen abzustreifen, und Holly steckte halb in ihrem T-Shirt fest.

Tikaani klang grimmig. »Hoffentlich kommen wir nicht zu spät!«

Ich rammte die Schulter gegen die Eingangstür, um sie aufzudrücken. Draußen legten wir alle drei eine einwandfreie Verwandlung im Sprung hin, Mr Ellwood wäre stolz auf uns gewesen. Dann hetzten wir Richtung Fluss.

Beim großen Gewitter!, entfuhr es mir, als ich sah, wer dort gerade angegriffen wurde … Sierra Blackheart, die junge Detektivin und Tochter des Ratsmitglieds Benjamin Blackheart! Ich hatte sie kennengelernt, als wir gemeinsam versucht hatten, den Tag der Rache zu verhindern – Jeffrey und die anderen waren nicht dabei gewesen.

Entsetzt sah ich, dass Sierra an der Schulter blutete. Sie stand mit dem Rücken zum Fluss, damit sie von dort aus nicht angegriffen werden konnte, und biss nach mehreren Seiten um sich. Gerade versuchte sie, einen Vorstoß von Cliff abzuwehren, der deutlich größer war als sie und anscheinend vorhatte, sie an der Kehle zu packen …

Nein!! Das ist Sierra, brüllte ich, stieß mich mit aller Kraft vom Boden ab und sprang Cliff als Puma an. Durch den Schwung wurde Cliff umgeworfen und rollte jaulend durch den Kies. Dort hielt ihn Tikaani knurrend in Schach.

Instinktiv kam Jeffrey seinem Kumpel zu Hilfe und stürzte sich auf mich. Ich revanchierte mich, indem ich ihn mit der Pranke wegklatschte (zu seinem Glück mit eingezogenen Krallen). Mondauge versuchte, mich ins Hinterbein zu beißen, und bekam dafür von mir einen Schlag auf die Nase. Holly hüpfte Jeffrey auf den Kopf, packte sein Ohr und kreischte hinein: Aufhören, sofort, du mieser Dackelsohn! Einen Moment lang waren wir nur ein knurrendes, fauchendes Pelzknäuel, das von einem Hörnchen angeschrien wurde.

Dann fragte Sierra: He, Carag, bist du das etwa?, und nach und nach wurden unsere Bewegungen langsamer. Schnaufend hinkte Jeffrey von mir weg und starrte Sierra an. Du kennst diesen Pumakerl? Du hättest dir das Leben leichter machen können, wenn du das gesagt hättest!

Ich bin nicht so richtig zu Wort gekommen. Mit einem vorwurfsvollen Blick leckte Sierra sich das Blut vom Vorderbein. Mir war nicht klar, dass hier Gäste so rabiat begrüßt werden. Dabei habe ich eine wichtige Botschaft für dich, Pumajunge.

Eine Botschaft? Für mich? Mein Puls, der sich gerade etwas beruhigt hatte, schoss gleich wieder nach oben. Von wem … etwa vom Rat?

Ganz genau, brummte Sierra, verrenkte sich, um sich die Flanke zu schlecken, und fiel dabei auf die Seite. Sie war immer noch genauso tollpatschig wie eh und je. Irgendwie beruhigend. Ihr Blick ging an mir vorbei zu Jeffrey. Wer ist dieser aggressive Null-Checker da eigentlich? Jack the Ripper, die neuste Inkarnation von Voldemort oder Der Joker für Dummies …?

Ach, wir nennen ihn meistens einfach nur Jeffrey, meinte ich und schenkte Kimberley, die in der Nähe gelandet war, einen freundlichen Blick. Gut, dass sie so schnell und richtig reagiert hatte. Mr Blackheart hätte es bestimmt nicht lustig gefunden, wenn meine Klassenkameraden seine Tochter total zerbissen hätten.

Schon gut, ich hab ʼnen Fehler gemacht. Regt euch ab, Leute. Damit war der Fall für Jeffrey offensichtlich erledigt. Er und seine Rudelgefährten gingen zu zwei herumliegenden Ostereiern – ich roch Marzipan –, packten sie mit den Zähnen aus und verschlangen sie. Dann schnupperte er an Tikaanis Schnauze. Wieso riecht ihr eigentlich nach Kuchen? Ach stimmt, das Kaffeetrinken. Man sieht sich!

Zurück blieben meine Freunde und ich. Tikaani begrüßte die junge schwarze Wölfin wedelnd und ich berührte Sierras Nase. Entschuldige den rauen Empfang. Wie lautet die Botschaft?

Sierra wedelte und schaute sich meine Freunde genau an, bevor sie antwortete: Der nordamerikanische Rat hat einen ersten Auftrag für dich. Morgen treffen sich ein paar Ratsmitglieder hier in der Nähe – am farbigen Auge –, dazu bist du eingeladen. Dort sagen sie dir, was du tun sollst.

Oh, wie waldig, quietschte Holly, lief der Länge nach über Sierras Rücken, hüpfte dann zu mir herüber und benutzte mich als Sprungbrett, um sich in eine Kiefer zu katapultieren. Tolle Chance! Darf ich mitkommen?

Äh …, sagte Sierra.

Ich glaube, das heißt Nein, übersetzte ich.

Auch Tikaani blickte beeindruckt drein. Kurz kuschelte sie sich an mich. Ich nehme an, dann bin ich auch nicht eingeladen. Kein Problem, ich habe sowieso schon was vor.

Was vor? Was denn? Hab ich da was verpasst? Ich konnte fühlen, wie meine Tasthaare sich vor Neugier sträubten.

Ja, hast du, erwiderte meine Polarwolffreundin honigsüß, drehte sich um und trabte zur Schule zurück. Sierra, du kriegst jetzt Kuchen und einen Verband. Falls du andere Pläne hast, ist das dein Pech.

Haha, nein, sagte Sierra. Letʼs go! Schade, dass dieser Jeffrey das Osterzeug gefressen hat, das ich gefunden habe.

SIE hatte die Eier aufgespürt? Das hieß, dass die Wölfe diesmal gar nichts entdeckt hatten! In Menschengestalt hätte ich gegrinst. Ich hätte ein ziemlich großes Steak darauf gewettet, dass Jeffrey die diesjährige Ostersuche nie wieder erwähnen würde.

Nachdem Sierra verarztet war – Tikaani machte das selbst, zusammen mit dem Drittjahresschüler Eric – und wir ziemlich viel Kuchen verputzt hatten, nahm mich unser Gast beiseite. Inzwischen war sie wieder ein Mädchen mit widerspenstigen dunkelbraunen Haaren und einem netten Lächeln. »Carag, bist du sicher, dass du das machen willst – für den Rat Aufträge erledigen? Ab und zu ist es riskant und mein Dad meckert immer mal wieder, dass mir die Zeit für die Schule fehlt. Sollten meine Noten absacken, muss ich sofort aufhören.«

Mein Herz klopfte. »Ich will es auf jeden Fall ausprobieren und meine Eltern haben Ja gesagt. Der Vorsitzende hat angedeutet, dass ich später sogar mal Ratsmitglied werden könnte. Da müssen mich die Leute im Rat doch vorher besser kennenlernen, oder?«

Es gab auf jedem Kontinent einen Rat, der von allen erwachsenen Wandlern gewählt wurde; er war sozusagen unsere Regierung. Außerdem half er Wood-, Sea- und Windwalkern bei all ihren Anliegen, zum Beispiel wenn sie in Not gerieten oder Probleme mit Menschen hatten. Es war eine riesige Ehre, dem Rat helfen zu dürfen – die Mitglieder waren mir noch immer ziemlich dankbar dafür, dass ich geholfen hatte, Andrew Milling und Rebecca Youngblood zu besiegen. Milling hatte durch brutale Angriffe auf Menschen versucht, Rache für den Tod seiner Familie zu nehmen. Die Youngblood war mindestens genauso übel, sie hatte durch ihren Angriff auf den Rat versucht, weltbekannt zu werden und sich selbst an die Spitze aller Woodwalker zu setzen. Beide saßen zum Glück nun sicher im Gefängnis des Rates.

»Du schaffst das schon. Und ab Montag habt ihr ja Osterferien … habt ihr schon was vor, deine Freunde und du?«, fragte Sierra.

»Nee, bisher nicht.« Eigentlich hatte ich nur ein bisschen als Puma in die Berge gehen wollen.

Gut gelaunt blickte Sierra mich an. »Wie wärʼs mit einem Abstecher nach Kalifornien?«

»Gute Idee, da werde ich auch sein«, meinte Frankie begeistert. »Meine Mutter, die gerade dort lebt, wollte euch sowieso kennenlernen und euch Hollywood zeigen. Ihr seid herzlich eingeladen.«

»Darüber, was wir dort erleben, will ich was schreiben. Du vielleicht auch?« Sierra zwinkerte mir zu. Sie wusste, dass ich nachts oft heimlich aufschrieb, was meine Freunde und ich erlebten. Wie ich mitbekommen hatte, tat sie so etwas auch.