Wovon eine Prinzessin träumt - Michelle Celmer - E-Book

Wovon eine Prinzessin träumt E-Book

Michelle Celmer

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Beschreibung

Prinzessin Louisa ist sicher: Sie und der gut aussehende Selfmade-Millionär Garrett Sutherland sind füreinander geschaffen. Sein Kuss besiegelt die Verlobung aus Leidenschaft und Liebe! Doch der Sturz aus dem siebten Himmel schmerzt höllisch, als Louisa erfährt, welches Ziel Garrett verfolgt …

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Seitenzahl: 202

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IMPRESSUM

Wovon eine Prinzessin träumt erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2010 by Michelle Celmer Originaltitel: „Virgin Princess, Tycoon’s Temptation“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 1689 - 2011 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg Übersetzung: Ute Augstein

Umschlagsmotive: Dan Couto Photography Inc. / Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format in 12/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733724665

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Da sie hoffnungslos romantisch veranlagt war, hatte Prinzessin Louisa Josephine Elisabeth Alexander im Grunde ihres Herzens schon immer geahnt, dass sie dem Mann ihrer Träume ganz sicher irgendwann begegnen würde – wenn sie nur lang genug wartete. Und als ihre Blicke sich im belebten Ballsaal unter einem rot und weiß beschienenen Baldachin trafen, achtete sie nicht mehr auf die roten und weißen Ballons in Herzform. Plötzlich schien die Welt stillzustehen.

Louisa wusste einfach, dass er der Richtige war.

Ihre Familienmitglieder hätten sie jetzt vermutlich daran erinnert, dass sie das schon mehrfach bei einem Mann gedacht hatte. Aaron hätte sie eine verträumte Romantikerin genannt. Chris, ihr ältester Bruder, hätte lediglich kopfschüttelnd gesagt: „Jetzt fängt das schon wieder an.“ Ihre Schwester Anne hätte wahrscheinlich geringschätzig geseufzt und Louisa als naiv bezeichnet. Doch dieses Mal war es anders, denn dieses Mal fühlte Louisa die kosmische Verbindung ihrer Seelen ganz deutlich.

Er war der faszinierendste, attraktivste und größte Mann auf dem Wohltätigkeitsball und hatte Louisas Aufmerksamkeit augenblicklich auf sich gezogen. Ihr waren sein rabenschwarzes Haar, der sonnengebräunte Teint und die umwerfend schönen Gesichtszüge sofort aufgefallen. Einen Mann wie ihn konnte man unmöglich übersehen.

War er ein italienischer Geschäftsmann oder ein Prinz aus dem Mittelmeerraum? Wer auch immer er war, es bestand kein Zweifel daran, dass er zu den Reichen und Mächtigen gehörte. Das erkannte Louisa an der teuren Kleidung und der selbstbewussten Ausstrahlung.

Die meisten hätten es nicht gewagt, ein Mitglied der königlichen Familie anzustarren. Aber dieser Mann sah Louisa unverhohlen mit seinen dunklen Augen an, als wären sie alte Bekannte – was mit Sicherheit nicht der Fall war. Louisa hätte sich garantiert an ihn erinnert. Vielleicht wusste er einfach nicht, dass sie ein Mitglied des Königshauses war, obwohl die diamantbesetzte Tiara eigentlich Bände hätten sprechen sollen.

Eine andere Frau hätte vielleicht darauf gewartet, dass er den ersten Schritt unternahm. Möglicherweise hätte sie dafür gesorgt, dass ihre Wege sich wie zufällig kreuzten – doch Louisa hielt nichts von solchen Spielchen, was ihren überbesorgten Geschwistern stets Verdruss bereitete. Da sie fünf Minuten später als ihre Zwillingsschwester auf die Welt gekommen war, war Louisa das jüngste Mitglied der königlichen Familie. Im Gegensatz zu ihren Geschwistern war Louisa davon überzeugt, dass nicht jeder sich ausschließlich für ihren Titel und Reichtum interessierte.

Sie stellte das Champagnerglas ab und ging auf den Fremden zu. Der Tellerrock ihres pinkfarbenen Kleides streifte dabei das Parkett. Keine Sekunde lang unterbrach der Mann den Blickkontakt.

Erst als sie fast vor ihm stand, senkte er den Kopf. „Eure Hoheit sieht heute Abend einfach bezaubernd aus“, sagte er mit tiefer und wohlklingender Stimme.

Das war ja gar nicht mal so schlecht für den Anfang. Seinem Akzent nach zu urteilen stammte er ebenfalls von Thomas Isle. „Sie haben mir etwas voraus“, erwiderte sie. „Sie wissen anscheinend, wer ich bin, aber ich glaube nicht, dass wir uns schon einmal begegnet sind.“

Die meisten Menschen hätten sich jetzt vermutlich dafür entschuldigt, Louisa derart angestarrt zu haben, doch dieser Mann wirkte nicht so, als würde er sich überhaupt jemals für etwas entschuldigen. „Das könnte daran liegen, dass wir uns tatsächlich noch nie begegnet sind“, antwortete er.

„Das klingt nach einer vernünftigen Erklärung“, entgegnete Louisa lächelnd.

Er war ein wenig älter, als sie zunächst angenommen hatte. So um die Mitte dreißig, etwa zehn Jahre älter als sie, schätzte Louisa. Sie bevorzugte Männer, die älter und erfahrener waren als sie. Außerdem war er größer, als sie gedacht hatte, denn sie reichte ihm kaum bis ans Kinn. Allerdings war nicht nur seine Größe beeindruckend. Er war grandios gebaut und schien kein Gramm Fett zu viel zu haben. Zudem trug er keinen Ehering.

Ohne Zweifel war diese Begegnung schicksalhaft. Louisa streckte die Hand aus. „Prinzessin Louisa Josephine Elisabeth Alexander.“

„Das ist ein ziemlich langer Name“, kommentierte er amüsiert.

Mit seiner großen Hand umfasste er Louisas zierliche Finger und führte sie an seinen Mund, um einen zarten Kuss darauf zu hauchen. Täuschte Louisa sich, oder bebte tatsächlich in diesem Moment der Boden unter ihren Füßen? „Und Sie sind …?“, fragte sie, während ihr das Herz bis zum Hals schlug.

„Geehrt, Sie zu treffen, Eure Hoheit.“

Entweder hatte er keinen Schimmer von der höfischen Etikette, oder er stellte sich dumm. „Haben Sie auch einen Namen?“, hakte Louisa nach.

Als sie sein herausforderndes Lächeln auffing, rieselte ihr ein warmer Schauer über den Rücken.

„Garrett Sutherland“, erwiderte er.

Sutherland? Plötzlich traf die Erkenntnis sie wie ein Schlag. Ihr Bruder hatte den Namen gelegentlich erwähnt. Mr. Sutherland war ein Großgrundbesitzer, der annähernd so viel Land wie die königliche Familie besaß. Er war nicht nur einer der reichsten, sondern auch einer der geheimnisvollsten Männer des Landes. So gut wie nie erschien er bei Veranstaltungen wie dieser und blieb lieber für sich allein, sofern es sich um kein Geschäftstreffen handelte. Garrett Sutherland war garantiert nicht auf Louisas Geld aus.

„Mr. Sutherland“, sagte sie. „Ihr Ruf eilt Ihnen voraus. Es ist mir eine Freude, Sie endlich persönlich kennenzulernen.“

„Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Eure Hoheit. Wie Sie sicherlich wissen, meide ich Veranstaltungen wie diese hier normalerweise. Als ich jedoch erfahren habe, dass der Erlös der Herzforschung und somit auch Ihrem Vater zugutekommt, musste ich einfach kommen.“

Das beweist nur, wie freundlich und umsichtig dieser Mann ist, dachte Louisa. Jemand, den ich auf jeden Fall näher kennenlernen will.

Er sah sich suchend im Ballsaal um. „Ich habe den König heute Abend noch nicht gesehen. Es geht ihm hoffentlich gut?“

„Sehr gut, den Umständen entsprechend. Eigentlich hatte er auch hierherkommen wollen, aber sein Arzt hat ihm davon abgeraten.“

Louisas Vater, der König von Thomas Isle, litt unter einer Herzschwäche. Louisa war stolz darauf, dass die Idee für den Ball von ihr stammte. Normalerweise interessierte sich niemand in ihrer Familie für ihre Vorschläge, doch jetzt hatten sie die junge Prinzessin zum ersten Mal in ihrem Leben ernst genommen.

Als ihr bewusst wurde, dass das Orchester ihren Lieblingswalzer spielte, fragte sie: „Würden Sie gerne tanzen, Mr. Sutherland?“

Verwundert zog er eine Augenbraue hoch. Vermutlich dachte er, dass die meisten Frauen nicht den ersten Schritt gemacht hätten – aber Louisa war nicht wie die meisten Frauen. Außerdem hatten sie es hier mit kosmischer Vorherbestimmung zu tun. Was konnte es schon schaden, dem Schicksal ein wenig auf die Sprünge zu helfen?

„Es wäre mir eine Ehre, Eure Hoheit“, erwiderte er und bot ihr den Arm an. Als er sie zur Tanzfläche führte, befürchtete Louisa, ihrer Schwester oder ihren Brüdern in die Arme zu laufen. Doch glücklicherweise waren Chris und seine hochschwangere Frau Melissa damit beschäftigt, das Königspaar während dessen Abwesenheit zu vertreten. Aaron klebte förmlich an der Seite seiner ihm frisch angetrauten Olivia, einer Vollblutwissenschaftlerin, die sich außerhalb eines Forschungslabors wie ein Fisch auf dem Trockenen fühlte.

Louisa erspähte auch ihre Schwester Anne und stellte überrascht fest, dass sie sich mit dem Sohn des Premierministers unterhielt. Eigentlich zählte Samuel Baldwin nicht gerade zu den Leuten, die Anne besonders schätzte.

Kein einziges Mitglied ihrer Familie schenkte Louisa Aufmerksamkeit, und sie konnte ihr Glück kaum fassen, dass sie im Begriff war, mit einem Mann zu tanzen, bevor ihn jemand in die Mangel nahm. Glückselig lag Louisa in Garrett Sutherlands Armen, während sie über die Tanzfläche wirbelten, die plötzlich ihnen beiden ganz allein gehörte – wenn man von den hundert anderen tanzenden Pärchen absah. Doch als Garrett Louisa dichter an sich zog und ihr tief in die Augen sah, gab es in diesem Moment für Louisa nur noch ihn und sich.

Er schmiegte sie enger an sich, als es sich für einen ersten Tanz geziemt hätte – zumindest, wenn man die höfische Etikette als Maßstab nahm. Doch es war irgendwie magisch, wie ihre Körper zueinanderpassten und sich in perfektem Einklang bewegten. Magisch, dass er ihr unentwegt in die Augen sah, als ob sie tatsächlich die Fenster zur Seele wären. Seine Augen waren dunkel und geheimnisvoll. Außerdem duftete Garrett wahnsinnig gut – würzig und frisch. Sein Haar sah so verführerisch weich aus, dass Louisa es am liebsten berührt hätte. Und sie brannte darauf herauszufinden, ob seine Lippen genauso köstlich schmeckten, wie sie es sich vorstellte. Im Grunde bezweifelte sie das keinen Moment.

Als der Walzer endete und ein langsameres Stück begann, tanzten sie eng umschlungen weiter, und aus zwei Tänzen wurden drei und schließlich vier. Keiner von ihnen sprach, denn Worte waren völlig überflüssig. Louisa las alles, was sie über Garretts Gefühle wissen musste, in seinem Blick und in seinem Lächeln.

Erst als das Orchester eine Pause einlegte, ließ er sie widerstrebend los und führte sie von der Tanzfläche. Aus dem Augenwinkel fiel Louisa auf, dass die Leute sie anstarrten. Vermutlich fragten sie sich, wer dieser geheimnisvolle Mann war, der mit der Prinzessin tanzte, und ob sie möglicherweise ein Paar waren. Bestimmt war auf den ersten Blick ersichtlich, dass sie füreinander bestimmt waren.

„Haben Sie Lust auf einen Spaziergang an der frischen Luft?“, fragte Louisa.

Er deutete auf die Terrassentüren. „Nach Ihnen, Eure Hoheit.“

Die Sonne war bereits untergegangen, und vom Steilufer wehte eine kühle, salzige Brise zu ihnen herüber. Abgesehen von den Wachen, die zu jeder Seite des Garteneingangs postiert waren, waren Louisa und Garrett allein.

„Was für eine schöne Nacht“, sagte er und sah zum sternenübersäten Himmel hinauf.

„Ja, das stimmt“, erwiderte Louisa. Der Juni war schon immer ihr Lieblingsmonat gewesen. Die Natur wirkte so lebendig und war voller Farben. Gab es eine bessere Jahreszeit, um ihren Seelenverwandten zu treffen? „Erzählen Sie mir etwas über sich, Mr. Sutherland!“

Lächelnd drehte er sich zu ihr um. „Was wollen Sie denn wissen?“

Einfach alles. „Sie leben auf Thomas Isle?“

„Seit meiner Geburt. Ich bin auf der anderen Seite der Insel aufgewachsen, in der Nähe von Varie.“

Varie war ein malerisches Städtchen. Sicher kein Ort, in dem Menschen mit fragwürdigem Lebensstil zu Hause waren. Allerdings spielte es für Louisa keine Rolle, woher er kam. Wichtig war nur, dass er hier war – mit ihr. „Was machen Ihre Eltern?“

„Mein Vater ist Farmer gewesen, meine Mutter Näherin. Jetzt sind sie beide im Ruhestand und leben bei meinem Bruder und seiner Familie in England.“

Louisa konnte sich nur schwer vorstellen, dass ein derart wohlhabender Geschäftsmann in derart bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen war. „Wie viele Geschwister haben Sie denn?“

„Drei Brüder.“

„Sind sie jünger oder älter?“

„Ich bin der älteste.“

Was hätte Louisa dafür gegeben, das auch einmal von sich behaupten zu können.

Der Wind frischte auf, und sie rieb die unbedeckten Arme. Sie sollten in den Palast zurückkehren, bevor sie sich noch eine Erkältung holte. Der geschwächte Gesundheitszustand ihres Vaters machte es erforderlich, dass alle Familienmitglieder gesund blieben, um das Risiko eines Infekts auszuschließen. Trotzdem bedauerte Louisa, hineingehen zu müssen, denn sie genoss die Zeit allein mit Garrett.

„Sie frieren“, stellte er fest.

„Ein bisschen“, gab sie zu und erwartete, dass er vorschlug, wieder in den Ballsaal zurückzukehren. Doch stattdessen zog er die Smokingjacke aus und legte sie ihr über die Schultern. Augenblicklich wurde Luisa von seiner Wärme und dem würzigen Duft seines Aftershaves umhüllt. Was hätte sie für einen Kuss und eine Umarmung gegeben! Sie wusste bereits, dass seine Lippen fest, aber zärtlich sein würden. Dass er fantastisch schmeckte. Seit ihrer Jugend hatte sie sich unzählige Male vorgestellt, wie dieser erste Kuss sein würde. Bisher hatte kein Mann ihre hohen Erwartungen erfüllen können, aber mit Garrett würde sich das ändern. Auch wenn das bedeutete, dass sie den ersten Schritt machen musste.

Sie zog gerade in Erwägung, genau das zu tun, als jemand in den Türdurchgang trat. Als sie sich umdrehte, erkannte Louisa ihren ältesten Bruder Chris, der sie mit ernster Miene beobachtete.

„Mr. Sutherland“, sagte er. „Es freut mich sehr, dass Sie endlich die Einladung angenommen haben, mit uns zu feiern.“

Garrett verneigte sich andeutungsweise. „Eure Hoheit.“

Chris trat vor, um ihm die Hand zu schütteln. „Wie ich sehe, haben Sie die Prinzessin bereits kennengelernt.“

Täuschte Louisa sich, oder klang er angespannt? Traute er Garrett etwa nicht? Oder spielte er nur wieder mal die Rolle des überbesorgten Bruders?

„Sie ist eine reizende junge Dame“, erwiderte Garrett. „Obwohl ich befürchte, dass ich zu viel von ihrer Zeit für mich beansprucht habe.“

Chris warf Louisa einen strengen Blick zu. „Sie hat Pflichten, denen sie nachkommen muss.“

Damit hatte er nicht ganz unrecht. Als Prinzessin gehörte es zu ihren Aufgaben, mit allen Gästen Small Talk zu halten. Pflicht ist Pflicht, dachte Louisa. Mit Garrett würde es zu einer anderen Zeit an einem anderen Ort weitergehen. Das allerdings ganz bestimmt.

„Noch eine Minute“, bat sie ihren Bruder.

Widerstrebend nickte er. „Einen schönen Abend noch“, sagte er an Mr. Sutherland gewandt und ging.

Entschuldigend lächelte Louisa Garrett an. „Es tut mir leid, wenn er ein wenig unhöflich gewirkt hat. Er übertreibt es ein wenig mit seinem Beschützerinstinkt für mich. Wie alle aus meiner Familie.“

Garrett erwiderte ihr Lächeln. „Wenn ich eine so reizende Schwester hätte, würde ich genauso handeln“, entgegnete er verständnisvoll.

„Ich muss jetzt wohl wieder hineingehen und mich unter die anderen Gäste mischen.“

Seinem Blick entnahm sie, dass er genauso enttäuscht war wie sie. „Das verstehe ich, Eure Hoheit.“

Sie zog die Anzugsjacke aus und reichte sie ihm. „Darf ich Sie vielleicht zum Dinner ins Schloss einladen?“

Ein weiteres Lächeln umspielte seine schönen Lippen. „Diese Einladung nehme ich sehr gern an.“

„Haben Sie am kommenden Freitag Zeit?“

„Falls nicht, nehme ich sie mir.“

„Wir essen um Punkt sieben. Kommen Sie doch ein bisschen früher, so gegen halb sieben?“

„Ich werde da sein.“ Er ergriff ihre Hand, um einen weiteren Kuss darauf zu hauchen. „Einen schönen Abend, Eure Hoheit.“

Ein letztes Mal warf er ihr ein umwerfendes Lächeln zu, bevor er wieder hineinging. Louisa blickte ihm sehnsüchtig hinterher, bis sie ihn in der Menschenmenge nicht mehr sah. Ihr war klar, dass die nächsten sechs Tage die längsten ihres Lebens werden würden.

2. KAPITEL

Champagner trinkend schlenderte Garrett durch den Ballsaal, jedoch ohne den Gegenstand seines Interesses aus den Augen zu lassen. Alles verlief genauso, wie er es geplant hatte.

„Das nenn ich eine gelungene Vorstellung“, sagte jemand hinter ihm, und als Garrett sich umdrehte, erblickte er Weston Banes. Sein bester Freund, der auch gleichzeitig sein Geschäftsführer war, lächelte ironisch.

„Wer sagt denn, dass es eine Vorstellung gewesen ist?“, fragte Garrett betont unschuldig.

Wes warf ihm einen wissenden Blick zu. Vor zehn Jahren hatte Garrett sein erstes Stück Land erworben, und seitdem arbeiteten sie zusammen. Weston wusste besser als jeder andere, dass Garrett nie zu dem Empfang gegangen wäre, hätte er nicht irgendetwas im Schilde geführt.

„Ich bin an meine Grenzen gestoßen“, erklärte Garrett.

Wes runzelte die Stirn. „Das verstehe ich nicht.“

„Ich besitze jeden Flecken Land, der nicht im Besitz der königlichen Familie ist. Deshalb bleibt mir nur noch eins.“

„Und das wäre?“

„Mir jetzt den königlichen Grund und Boden anzueignen.“

„Und das kannst du nur, indem du in die Familie einheiratest“, ergänzte Wes.

„Genau.“ Garrett hatte zwei Möglichkeiten gesehen: entweder Prinzessin Anne, die hinter ihrem Rücken Xanthippe genannt wurde, oder ihre süße, unschuldige und gutgläubige Zwillingsschwester Prinzessin Louisa. Ihm war die Wahl nicht schwergefallen. Obwohl er sich fragte, ob sie tatsächlich so süß und unschuldig war, wie man ihr nachsagte. Ihr Blick und ihre Reaktion auf seine Berührungen ließen Garrett fast daran zweifeln.

Wes schüttelte den Kopf. „Das ist ziemlich rücksichtslos von dir, sogar für deine Verhältnisse. Alles fürs Geschäft, oder wie sehe ich das?“

Es ging dabei gar nicht um Geld, denn Garrett hatte mittlerweile mehr davon, als er jemals würde ausgeben können. Es ging vielmehr um Macht und Einfluss. Bevor er die Prinzessin heiraten konnte, würde man ihm zunächst einmal einen Titel verleihen – vermutlich würde man ihn zum Duke ernennen. Und dann gehörte er zum Königshaus. Der Sohn eines Farmers und einer Näherin würde auf diese Weise einer der einflussreichsten Männer des Landes werden. Wer hätte das gedacht? Wenn er seine Karten richtig ausspielte, könnte er eines Tages die gesamte Insel kontrollieren.

„Über die Einzelheiten können wir später sprechen“, schlug Garrett vor. „Ich würde gern deine Meinung hören. Möglicherweise wirst du auch in diese Angelegenheit verwickelt.“

„Und das kommt von dem Mann, der geschworen hat, niemals zu heiraten oder Kinder zu haben“, meinte Wes.

Garrett zuckte die Schultern. „Manchmal muss man eben Opfer bringen.“

„Und wie ist es gelaufen?“

„Ziemlich gut.“

„Und warum bist du dann hier, und sie ist da drüben?“

„Weil ich bereits habe, was ich wollte“, entgegnete Garrett und lächelte selbstbewusst.

„Ich trau mich ja fast nicht zu fragen, was das sein könnte.“

Garrett lachte leise. „Bloß keine schmutzigen Gedanken, bitte. Ich spreche von einer Einladung zum Dinner im Schloss.“

„Wirklich?“, fragte Wes verblüfft.

„Nächsten Freitagabend um halb sieben.“

„Verdammt.“ Ungläubig schüttelte Wes den Kopf. „Du bist gut.“

Garrett zuckte abermals die Schultern. „Es ist eine Gabe. Frauen können meinem Charme einfach nicht widerstehen. Frag mal deine Frau.“

Wes sah sich nach Tia um, die mit einem Pulk anderer Frauen in der Nähe der Bar stand. „Vermutlich sollte ich mal zu ihr gehen. Leistest du uns Gesellschaft?“

Garrett warf der Prinzessin, die in das Gespräch mit verschiedenen Staatsoberhäuptern vertieft war, einen letzten Blick zu. Schließlich nickte er und folgte Wes zur Bar. Er hatte schon alles vorgeplant: Was er sagen und was er nicht sagen würde, wenn sie sich zum ersten Mal küssten. Das Geheimnis bestand darin, dass man es bei Frauen wie diesen überaus langsam angehen lassen musste. Er bezweifelte nicht, dass Louisa ihm in kürzester Zeit – vermutlich schon nächsten Freitag – sprichwörtlich aus der Hand fressen würde.

Louisa hatte recht gehabt.

Die Woche verging quälend langsam. Es schien Ewigkeiten zu dauern, bis der Freitag kam. Als es endlich so weit war, schien sich der Tag wiederum ebenfalls unverhältnismäßig in die Länge zu ziehen. Als Louisa schließlich fest davon überzeugt war, keine Sekunde länger warten zu können, parkte ein schwarzer Sportwagen vor dem Schloss, und Garrett stieg aus.

Sie beobachtete ihn von der Bibliothek aus und wunderte sich darüber, dass jemand, der so reich war wie Garrett, keinen Chauffeur hatte. Vielleicht würde er Louisa ja eines Tages zu einem Ausflug in dem Wagen mitnehmen. Selbstverständlich würden ihre Bodyguards ihnen dicht folgen, da es keinem Mitglied der königlichen Familie gestattet war, das Schloss ohne Begleitschutz zu verlassen. Das galt besonders seit letztem Spätsommer, als die Drohungen begonnen hatten.

Louisa sah, wie Garrett zur Tür ging. In dem dunkelgrauen Nadelstreifenanzug wirkte er besonders attraktiv und stattlich. Und groß.

Ihr Bruder Chris hatte nicht besonders erfreut reagiert, als Louisa ihm an diesem Morgen mitgeteilt hatte, dass sie Garrett zum Dinner eingeladen hatte. Sie hatte es bewusst in letzter Sekunde erzählt. Denn Louisa wusste, dass ihre ganze Familie sie ansonsten schon die ganze Woche über genervt hätte. Und natürlich hatte Chris Garretts Motive infrage gestellt. Als ob der Mann sich lediglich für Louisas Geld und Beziehungen interessieren würde! Aaron hatte wiederum seine Bedenken wegen des Altersunterschieds von zehn Jahren deutlich gemacht. Anne, die seit dem Ball besonders unleidlich gewesen war, hatte Louisa gewarnt und gesagt, ein Mann wie Garrett Sutherland sei nur an einem interessiert. Louisa hätte gern gewusst, woher Anne das zu wissen glaubte. Schließlich kannte sie Garrett noch nicht einmal.

Ansonsten hatte Louisa sich inständig gewünscht, die anderen würden sich ausnahmsweise mal um die eigenen Probleme kümmern und sie in Ruhe lassen.

Als Chris eine illegitime Prinzessin geheiratet hatte, hatten es alle gelassen hingenommen. Auch als Aaron angekündigt hatte, eine amerikanische Wissenschaftlerin heiraten zu wollen, hatte kaum jemand Einwände vorgebracht. Warum hatten also alle ein Problem damit, dass Louisa sich mit einem reichen und erfolgreichen Geschäftsmann verabredete?

Aus Neugierde hatte sie in der vergangenen Woche Recherchen über ihn angestellt. Zwar hatte sie nicht viel über ihn herausgefunden, aber zumindest waren auch keine negativen Informationen dabei gewesen. Chris hatte sich bestimmt schon mit dem Sicherheitschef Randall Jenkins in Verbindung gesetzt. Der würde alles herausbekommen, was es über Garrett zu erfahren gab. Louisa machte sich allerdings keine Sorgen – sie wusste instinktiv, dass Garrett ein guter Mensch war. Ihre Menschenkenntnis hatte sie noch nie im Stich gelassen.

Als es läutete, hastete Louisa zum Sofa, während Geoffrey Garrett hineinließ. Sie setzte sich auf die Ecke des Polstersofas und strich die Falten aus ihrem roséfarbenen Sommerkleid. Louisa schlug das Herz bis zum Hals. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis die Tür zur Bibliothek geöffnet wurde und Garrett selbstbewusst in den Raum schlenderte. Louisa stand auf, um ihn zu begrüßen.

Er unterschied sich von den affektierten jungen Männern königlichen Geschlechts, die sie früher kennengelernt hatte und die sich etwas auf ihre Adelstitel einbildeten. Louisa und ihre Geschwister waren zwar auch privilegiert aufgewachsen, aber sie hatten gelernt, nichts für selbstverständlich zu halten. Das Leben war ein kostbares Gut – das wussten sie spätestens seit der Krankheit ihres Vaters –, und die Familie ging über alles.

Vielleicht war der Wunsch Vater des Gedankens, dennoch hatte Louisa das Gefühl, dass Garrett in dieser Beziehung ähnlich dachte.

Als er sie sah, schenkte er ihr ein umwerfendes Lächeln, bevor er den Kopf senkte. „Eure Hoheit, es ist eine Freude, Euch wiederzusehen.“

„Ich bin froh, dass Sie die Zeit gefunden haben“, erwiderte sie, obwohl sie sich keine Sekunde lang gefragt hatte, ob er der Einladung folgen würde. Denn was auf der Tanzfläche zwischen ihnen geschehen war, war einfach magisch gewesen. Louisa war fest davon überzeugt, dass sie und Garrett füreinander bestimmt waren.

„Darf ich Ihnen einen Drink anbieten, Sir?“, fragte Geoffrey.

„Einen Scotch, bitte“, entgegnete Garrett, und Louisa lächelte angesichts seines höflichen Benehmens. Sie verachtete Menschen, die Angestellte respektlos behandelten – besonders wenn es sich um Geoffrey handelte, der schon vor Louisas Geburt für die Familie gearbeitet hatte und mit fast spielerischer Leichtigkeit dafür sorgte, dass der königliche Haushalt so präzise funktionierte wie ein Uhrwerk.

„Weißwein für Sie, Eure Hoheit?“, fragte Geoffrey.

„Das wäre großartig, danke“, erwiderte Louisa. „Bitte, machen Sie es sich doch bequem“, forderte sie dann ihren Gast auf und deutete auf das Sofa.

Bemerkenswert entspannt nahm er auf der Couch Platz. Er wirkte fast, als würde er jeden Abend in königlicher Gesellschaft dinieren.

Louisa setzte sich auf das andere Ende der Couch und fühlte sich vor Aufregung ganz kribbelig. Nachdem er die Drinks eingeschenkt hatte, entschuldigte Geoffrey sich, und endlich waren sie allein. Keine Geschwister und keine Bodyguards. Louisa atmete tief ein. „Ich hatte mich darauf gefreut, Sie meinen Eltern vorzustellen, aber leider leisten sie uns heute Abend keine Gesellschaft beim Dinner.“

„Geht es Ihrem Vater nicht gut?“, erkundigte Garrett sich besorgt.

„Er muss sich bald einer Behandlung unterziehen und dafür gesundheitlich fit sein. Sein Immunsystem ist durch die Herzpumpe bereits etwas angegriffen.“

„Dann eben ein anderes Mal“, sagte Garrett.

Wollte er damit etwa andeuten, dass er vorhatte, sie wiederzusehen? Nicht dass sie daran gezweifelt hätte … „Ich warne Sie, Sie werden sich heute Abend vermutlich wie bei einer Inquisition beim Dinner vorkommen!“

Garrett lächelte. „Das habe ich erwartet. Und es gibt nichts, was ich verbergen müsste.“

„Ich habe nach Ihnen gegoogelt“, gestand sie ihm.

Ihre Aufrichtigkeit schien ihn zu erstaunen. „Ach, wirklich?“

„Ja, Anfang der Woche. Allerdings habe ich nicht viel gefunden.“

„Da gibt es auch nicht viel zu finden. Ich bin ein einfacher Mann, Eure Hoheit. Einige würden vielleicht sogar sagen, ich sei langweilig.“