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Hannah Donovan ist intellektuell und karriereorientiert, Anwältin und dazu noch auf einschüchternde Weise schön. Ich habe es eher mit Hanteln als mit Büchern und betrete Gerichtsgebäude nur, wenn ich mal wieder einen Strafzettel habe.
Sie ist die fantastischste Frau, die ich je gesehen habe. Wie hätte ich ihr die Bitte abschlagen können, für ein Wochenende ihren Verlobten zu mimen?
Nie hätte ich erwartet, dass unsere geheuchelten Küsse sich so echt anfühlen würden … oder dass sie zu einer atemberaubenden, unvergesslichen Nacht im Bett führen würden.
Als Paar sind wir sehr überzeugend, doch es sollte nie mehr als eine Fantasie sein.
Ich kann mir nicht vorstellen, jemals gut genug für sie zu sein, aber ich komme nicht von ihr los. Und ich bin wild entschlossen, alles zu tun, um diese Fake-Verlobung Wirklichkeit werden zu lassen.
Über »Year of Passion«
Sexy Sixpacks, breite Schultern und verführerische Blicke – in der Bar The Fix geht es heiß her. Ein attraktiver Mann nach dem anderen liefert auf dem Laufsteg eine atemberaubende Show. Und die Damen in der Jury haben die Qual der Wahl: Welche zwölf Kandidaten werden gewinnen und am Fotoshooting für den heißesten Kalender aller Zeiten teilnehmen?
Mit dieser genialen Publicity-Aktion will eine Gruppe von Freunden ihre Lieblingsbar vor dem Aus retten. Schnell wird klar, dass es um noch viel mehr geht als den Kalender: Während sich die Atmosphäre immer weiter aufheizt, entflammen die Gefühle – und für jeden der zwölf Männer führt eine aufregende Begegnung zu ungeahnten Konsequenzen ...
***
Mit Bonusmaterial: Tyrees Rezepte
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Seitenzahl: 183
J. KENNER
YEAR of PASSION
OKTOBER
ROMAN
Aus dem Amerikanischen von Nicole Hölsken
Die Serie
»Mit dieser Serie trifft J. Kenner mitten ins Herz!« Carly Phillips
Sexy Sixpacks, breite Schultern und verführerische Blicke – in der Bar The Fix geht es heiß her. Ein attraktiver Mann nach dem anderen liefert auf dem Laufsteg eine atemberaubende Show. Und die Damen in der Jury haben die Qual der Wahl: Welche zwölf Kandidaten werden gewinnen und am Fotoshooting für den heißesten Kalender aller Zeiten teilnehmen?
Mit dieser genialen Publicity-Aktion will eine Gruppe von Freunden ihre Lieblingsbar vor dem Aus retten. Schnell wird klar, dass es um noch viel mehr geht als den Kalender: Während sich die Atmosphäre immer weiter aufheizt, entflammen die Gefühle – und für jeden der zwölf Männer führt eine aufregende Begegnung zu ungeahnten Konsequenzen …
Entdecken Sie zwölf leidenschaftliche Liebesgeschichten:
Year of Passion – Januar
Year of Passion – Februar
Year of Passion – März
Year of Passion – April
Year of Passion – Mai
Year of Passion – Juni
Year of Passion – Juli
Year of Passion – August
Year of Passion – September
Year of Passion – Oktober
Year of Passion – November
Year of Passion – Dezember
Die Autorin
Die Bestsellerautorin J. Kenner arbeitete als Anwältin, bevor sie sich ganz ihrer Leidenschaft, dem Schreiben, widmete. Ihre Bücher haben sich weltweit mehr als drei Millionen Mal verkauft und erscheinen in über zwanzig Sprachen. J. Kenner lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern in Texas, USA. Ihre lieferbaren Romane und Erzählungen finden Sie unter J. Kenner im Diana Verlag. Wenn Sie mehr über J. Kenner erfahren wollen, entdecken Sie Das große J. Kenner Fanbuch.
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Vollständige deutsche E-Book-Ausgabe 02/2019
Copyright © 2018 by Julie Kenner
Die Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel Man of the Month. In Too Deep bei Martini & Olive.
Die Rezepte erschienen 2018 in J. Kenner, Suzanne M. Johnson: Bar Bites bei Evil Eye Concepts, Inc.
Copyright des deutschsprachigen E-Books © 2019 by Diana Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München
Redaktion: Antje Steinhäuser
Redaktion Rezepte: Anita Hirtreiter
Umschlaggestaltung: t.mutzenbach design, München
Umschlagmotiv: © PeopleImages/ Gettyimages; surachet khamsuk, Christopher Hall, MrVander/ Shutterstock
Satz: Christine Roithner Verlagsservice, Breitenaich
Alle Rechte vorbehalten
e-ISBN 978-3-641-23726-4V001
www.diana-verlag.de
1
»Und?«, fragte Easton. »Was denkst du?«
Hannah Donovan schlenderte langsam durch den sonnenbeschienenen Empfangsbereich, der eine Ecke im siebten Stock des Towers der Bank of America, Ecke Sixth Street und Congress Avenue, einnahm. Ihr zukünftiger Kanzleipartner, Easton Wallace, hatte ein breites Grinsen auf seinem klassisch gut aussehenden Gesicht. Hinter ihm stand – in abgeschnittenen Shorts und mit stacheligem, blauem Haar – Selma Herrington, Eastons Freundin, mit der sich auch Hannah innerhalb kürzester Zeit angefreundet hatte, und wandte ihnen den Rücken zu. Sie presste die Hände auf das Fensterglas und überblickte Austins berühmte Sixth Street.
»Es ist fantastisch«, antwortete Hannah, die das alles immer noch nicht so recht glauben konnte. Waren sie tatsächlich dabei, Räumlichkeiten zu pachten? Sollte ihr Traum von einer eigenen Kanzlei tatsächlich Wirklichkeit werden?
Sie verzog das Gesicht. Anscheinend. Immerhin hatte sie bereits bei Brandywine Consulting gekündigt, wo sie bis zum gestrigen Tag eine ganz einträgliche Stelle als firmeninterne Anwältin innegehabt hatte. Aber kaum hatte sie die Kündigung eingereicht, hatte dieser Mistkerl von einem Chef sie sogleich in ihren Resturlaub geschickt. Im Grunde hatte er sie zur Tür hinausgeworfen, ohne dass auch nur Zeit für einen Abschieds-Cupcake im Pausenzimmer gewesen wäre.
Aber das ging schon in Ordnung. Denn nun war sie frei wie ein Vogel. Wenn auch ein etwas verängstigter Vogel, der vor einem brandneuen Abenteuer stand.
Ein Vogel, der nicht über das Geld verfügte, mit dem sie gerechnet hatte, um dieses kleine Unternehmen zu finanzieren. Denn ihr mieser Ex-Chef hatte eine entsprechende Klausel in ihrem Altersvorsorgeplan eingebaut, sodass Hannah für ihren Ruhestand nur noch ein Notgroschen blieb, den sie definitiv nicht anrühren durfte. Und falls sie sich das Geld jetzt trotzdem auszahlen lassen wollte, war die Strafzahlung derart saftig, dass kaum genug übrig bleiben würde, um den Whiskey zu finanzieren, in dem sie ihren Kummer ertränken konnte.
Mit anderen Worten: Sie sah sich diese fantastischen Büroräumlichkeiten an, ohne selbst einen Penny zum Start-Up-Kapital ihrer neuen Kanzlei beitragen zu können. Dabei würde eine beträchtliche Vorauszahlung fällig sein, wenn sie sich tatsächlich zur Pacht entschlossen.
Easton hatte sie davon bislang nichts gesagt.
Nun runzelte er die Stirn und musterte sie. »Du bist viel zu schweigsam. Gefällt es dir nicht?«
Selma wandte sich um und warf ihm aus großen Augen einen erstaunten Blick zu. »Natürlich gefällt es ihr. Andernfalls wäre sie eine Idiotin.«
»Wenn es mir tatsächlich nicht zusagen würde, könnte ich das jetzt wohl kaum mehr zugeben«, gab Hannah belustigt zurück und vergaß für einen Moment ihre Sorgen. »Und um eins klarzustellen«, fuhr sie fort. »Ich finde es großartig. Ich war nur …« Sie unterbrach sich und zuckte mit den Achseln. »Ich kann nur nicht glauben, dass das alles so schnell geht.«
Das war natürlich die Untertreibung des Jahres. Und sie hatte keine Ahnung, wie sie Easton sagen sollte, dass sie eine andere Geldquelle auftun musste. Wie schrecklich, ihn solchermaßen enttäuschen zu müssen, zumal diese Partnerschaft ursprünglich ihre Idee gewesen war.
Sie kannte ihn gut, und ihr war klar, dass er sich zu allem Überfluss in diese Räumlichkeiten verliebt hatte. Zum Teufel, ihr selbst ging es ja genauso. Schon auf den ersten Blick war klar, dass sie wohl kaum einen besseren Sitz für ihr Unternehmen finden konnten.
Die Räumlichkeiten waren wirklich atemberaubend. Sie bildeten ein U, das die Hälfte der Ostwand, die gesamte Nordwand und die gesamte Westmauer einnahm. Der winzige verbleibende Raum wurde als Lagerraum für die Bank genutzt, der das Gebäude gehörte. Mit anderen Worten: Dieses Stockwerk würde ausschließlich den Mitarbeitern und Klienten der Rechtsanwaltskanzlei Wallace & Donovan vorbehalten sein.
Ein paar doppelte Glastüren führten in den luxuriösen Empfangsbereich, der nach Osten zeigte und von dem man einen Ausblick über die Sixth Street hatte. Genau neben der Rezeption befand sich ein großer Konferenzsaal – ebenfalls mit gläsernen Wänden –, der nach Norden zeigte und von dem man auf das historische Driskill-Hotel hinabblickte und zudem noch eine winzige Ecke des Texas State Capitol erkennen konnte. Durch das ganze Glas war der Raum freundlich, luftig und lichtdurchflutet. Trotzdem war der Konferenzsaal mit automatischen Blenden ausgestattet, sodass Klienten und Anwälte, wenn nötig, auch eine gewisse Privatsphäre hatten.
Büros für andere Anwälte, die keine Partner waren – falls sie überhaupt welche einstellen würden –, säumten die nördliche und westliche Mauer und konnten auch von den Rechtsanwaltsgehilfen genutzt werden. Von dem Eckbüro im Nordwesten aus hatte man einen atemberaubenden Ausblick auf die Congress Avenue. Aus der südwestlichen Ecke der Kanzlei sah man den Fluss in der Ferne. Alles in allem waren die Räumlichkeiten schlicht unglaublich.
»An schnell ist ja nichts auszusetzen, wenn es richtig ist«, sagte Easton zu ihr und zwinkerte Selma zu, offensichtlich in Anspielung auf ihre Wirbelwind-Romanze. »Und davon bin ich überzeugt. Diese ganze Idee ist genau das Richtige. Diese Räumlichkeiten. Unsere Firma. Du und ich als Partner.« Er schritt zu ihr herüber und legte einen Arm um sie, genau wie früher, wenn er ihr an der Uni zu einer guten Note oder einer besonders ausgefuchsten Lösung zu den in den Seminaren erörterten Fällen gratuliert hatte. »Seit wir den Sprung gewagt haben und dem hier zugestimmt haben, habe ich ein gutes Gefühl. Selbst meine verrückte Berühmtheit hat sich zu unseren Gunsten ausgewirkt. Ich bekomme alle möglichen Anrufe von Leuten, die mir ein Mandat übertragen wollen.«
Easton und Selma waren vor nicht allzu langer Zeit in aller Öffentlichkeit mit heruntergelassener Hose – beziehungsweise Selma mit hochgeschobenem Rock – erwischt worden. Der Skandal hatte Easton die Chance aufs Richteramt vermasselt, aber wie sich herausstellte, machte ihm das nicht allzu viel aus. Eigentlich war er sowieso lieber Anwalt – und so war er ausgestiegen und hatte Hannahs Vorschlag aufgegriffen, mit ihr zusammen eine Kanzlei zu gründen. Ein Vorschlag, der, als sie ihn gemacht hatte, absolut seetüchtig gewesen war, jetzt aber ein Leck hatte.
»Ich habe auch ein gutes Gefühl«, versicherte sie ihm. »Ich schwöre, dass ich jetzt nicht kneife.« Das würde sie ihm nicht antun. Die Sache war für sie beide einfach zu wichtig. Dieses Unternehmen war ihre Zukunft. Und es war genau die Anwaltskarriere, die sie sich wünschte. Eine lebendige Praxis, in der sie interessante Arbeit leisten konnte, an der Seite eines Partners, dem sie vertraute. Sie hatte ihre Kollegen an ihrem alten Arbeitsplatz sehr gemocht, und sie würde es vermissen, ihre Freunde nicht mehr täglich zu sehen. Aber trotzdem war sie in ihrer alten Firma eingegangen wie ein Primelchen, denn die eigentliche Arbeit hatte sie zu Tode gelangweilt.
Die Stelle bei Brandywine Finance and Consulting war ihre zweite Anstellung als Anwältin gewesen. Zuerst hatte sie in einer riesigen Kanzlei gearbeitet, wo sie jahrelang an Fällen gesessen hatte, die so umfangreich gewesen waren, dass sie oft nur einen juristischen Teilaspekt kannte – in das große Ganze des jeweiligen Rechtsstreits war sie fast nie eingeweiht worden.
Die Arbeit war zwar in Teilen durchaus interessant gewesen, aber sie hatte nur wenig Kontakt zu ihren Klienten gehabt, und sogar noch weniger Kontakt mit dem gesamten Schlachtplan. Sie wusste, dass sie ihren Beitrag leistete, aber nach einer ganzen Weile hatte sie es nicht mehr ertragen, und sie hatte die Festanstellung bei Brandywine angenommen.
Zunächst war das eine Verbesserung gewesen, aber über kurz oder lang war auch diese Arbeit zur Routine geworden, und es ging nicht länger um die Tätigkeit an sich, sondern um die regelmäßige Gehaltszahlung. Beinahe schon zu spät hatte sie erkannt, wie sehr sie sich wünschte, da draußen mit tatsächlichen Fällen zu tun zu haben. Detaillierte juristische Schriftstücke zu verfassen, die geltendes Recht infrage stellten. Berufserfahrung zu sammeln und sich einen Ruf zu erwerben.
Glücklicherweise wollte Easton das Gleiche.
Unglücklicherweise hatte sie Zeit verloren – die meisten Anwälte ihres Alters, die sich selbstständig machten, hatten bereits eine Handvoll Klienten in der Tasche. Wenn sie also erfolgreich sein wollte, musste sie dieser Kanzlei ihre ganze Kraft und Aufmerksamkeit widmen, durfte sich von nichts und niemandem ablenken lassen.
»Ich weiß, dass du nicht kneifst«, versicherte Easton ihr. »Aber zunächst mal müssen wir das hier in trockene Tücher bringen. Wenn wir zu lange zögern, schnappt uns jemand dieses Büro womöglich vor der Nase weg. Ich habe als Erster einen Besichtigungstermin ergattert, weil der Typ, der die Räumlichkeiten in diesem Gebäude vermietet, mir einen Gefallen schuldig ist. Aber er hält uns das Objekt nur bis Montagmorgen frei. Danach sind wir nicht mehr die einzigen Interessenten. Außerdem: Je eher wir uns dafür entscheiden, umso eher können wir uns auch mit Klienten hier treffen.«
Hannah wandte sich langsam um, musterte ihre Umgebung aufmerksam. Und ja, auch sie war ganz versessen auf diese Räumlichkeiten. »Ganz sicher werden sie über dieses Büro staunen.« Die Anwaltskanzlei, die vorher hier untergebracht gewesen war, war aufgelöst worden, sodass man sogar deren gesamte Bibliothek übernehmen konnte, einen großzügigen Raum, in dem sich sämtliche notwendigen Ressourcen befanden und der das Zentrum des Etablissements bildete.
»Du darfst auch wählen, welches Eckbüro du haben willst«, fügte Easton hinzu. »Lieber Ausblick aufs Capitol oder auf den Fluss. Wir überlassen nichts dem Zufall.«
»Wirklich?« Sie warf ihrem Freund einen schnellen Blick zu.
»Natürlich bist du als Erste dran. Ohne dich würde das hier nicht laufen.«
Ihr drehte sich der Magen. Denn in Wahrheit würde das hier auch mit ihr vielleicht nicht laufen. Nicht, solange sie ihren Anteil an der Summe nicht aufbringen konnte.
Sie holte tief Luft, um den Mut zu finden, Easton die harte, kalte Wahrheit zu sagen, aber da streckte Selma die Hände zu beiden Seiten aus und wirbelte auf diese für sie so typische Weise zu Easton hinüber. »Na ja, mir gefällt’s. Aber, Schatz, kannst du dir das denn überhaupt leisten?«
»Wir«, sagte er und lächelte Hannah zu, während er mit dem Daumen über Selmas Lippen fuhr und sie an sich zog. »Und natürlich können wir. Nicht wahr?«
»Absolut«, bestätigte Hannah, lächelte beiden zu und war ungeheuer stolz darauf, dass ihre Stimme fest blieb. Verdammt, ihr musste einfach irgendeine Lösung einfallen. »Wir wären ja verrückt, wenn wir uns nicht draufstürzen würden«, fügte sie hinzu, um den beiden ihre Begeisterung zu zeigen, aber ebenso, um sich selbst davon zu überzeugen. Denn es wäre wirklich vollkommen hirnrissig gewesen, einen so fantastischen Deal sausen zu lassen. Besonders, wenn der einzige Stolperstein Hannahs Geldmangel war.
Wenigstens war im Pachtvertrag eine zweiwöchige Rücktrittsklausel vorgesehen, wie Easton ihr mitgeteilt hatte. Sie hatte also noch zwei Wochen Zeit, um sich entweder das Geld zu beschaffen oder Easton alles zu beichten.
Irgendwie würde sie das Kapital schon auftreiben. Schließlich war es ja nicht so, als hätte sie überhaupt keine Optionen mehr. Es gab immer noch ihre Mutter und das Geld, das Mom immer als den Hannah-Fond bezeichnete. Im Augenblick kam sie nicht dran, zugegeben. Aber vielleicht, nur vielleicht, ließ sich daran ja etwas ändern.
Sie dachte gerade darüber nach, wie sie mit ihrer Mutter darüber reden wollte – und, was noch wichtiger war, mit ihrem Stiefvater –, als sie Selmas bedeutungsschweren Blick auf sich ruhen spürte. Die Augen der Freundin funkelten neugierig, bevor sie sich wieder Easton zuwandte und ihm einen kleinen Schubs versetzte. »Okay, Mister, wir sind hier fertig. Los. Widme dich mal wieder deinen Männeraufgaben.«
Er riss erstaunt die Augen auf, und um seine Lippen zuckte es vor offensichtlicher Belustigung. »Willst du mich etwa loswerden?«
»Hm, na ja. Hannah und ich haben noch was vor«, verkündete sie, was Hannah vollkommen neu war. »Wir wollen Cocktails trinken gehen und die heißen Jungs angaffen. Oder die heißen Frauen«, fügte sie mit einem Blick auf Hannah hinzu. »Falls dir die lieber sind.«
Hannah zuckte mit einer Schulter und zwang sich zu lächeln. »Egal. Ich nehme beides.«
Selma lachte, als Easton eine Augenbraue in die Höhe zog. »Nur angaffen?«
»Keine Sorge«, versicherte Selma ihm. »Andere Männer schaue ich nur an.« Sie legte ihm die Arme um die Taille und schmiegte sich an ihn. »Und manchmal macht es danach umso mehr Spaß, dich zu berühren. Falls nötig, ist hier schon mal ein kleiner Vorgeschmack. Damit du dich dran erinnerst, warum du ausgerechnet zu mir nach Hause kommst.« Sie küsste ihn – heiß und innig und so ausgiebig, dass Hannah langsam das Gefühl beschlich, in einer anderen Dimension beziehungsweise in einem Softporno gelandet zu sein.
Als Selma dann auch noch Eastons Hintern umfasste, fand sie, dass es Zeit wurde, die Show abzukürzen. »Okay, ihr beiden. Nehmt euch ein Zimmer.«
Selma löste sich von ihrem Freund, grinste selbstgefällig, und Easton streckte die Hände aus und deutete auf den riesigen, leeren Empfangsbereich. »Ein Zimmer?«, wiederholte er. »Deshalb sind wir doch hier, oder?«
Hannah stemmte eine Hand in die Hüfte und legte den Kopf schief. »In unserer Kanzlei wird es keinen wilden Sex auf den Schreibtischen geben. Insbesondere nicht, da einer von uns niemanden zum wilden Sex hat.«
Denn um das Maß voll zu machen, war Hannah jetzt schon seit über sechs Monaten Single und überdies noch vögel-frei.
Bedauerlicherweise schien sich dieser Zustand auch in absehbarer Zeit nicht ändern zu wollen. Ein besonders unglücklicher Umstand, da ein respektabler Freund mit einem guten Job und anständigen Manieren der Schlüssel zur Lösung ihrer momentanen finanziellen Probleme hätte sein können.
Und offen gesagt vermisste sie auch die mit einem Freund einhergehenden Vorzüge.
2
»Mehr als sechs Monate?« Selma sah so schockiert aus, dass Hannah beinahe vom Stuhl gerutscht wäre, um sich unter der lang gestreckten Eichenbar des The Fix on Sixth zu verstecken. Diese Austiner Bar besaß nicht nur Atmosphäre, sondern war auch praktischerweise nur wenige Straßen von den Räumlichkeiten entfernt, die möglicherweise und hoffentlich bald Hannahs brandneues Büro beherbergen würden.
Es war Selmas Idee gewesen, diese Bar zu besuchen. Sie war nicht nur Stammgast hier; Selmas Firma, die Austin Free-Tail Distillery, belieferte das beliebte Lokal auch mit einer breiten Auswahl an Whiskeysorten. Nun saßen die beiden Frauen an einem Tisch im kleineren, hinteren Teil der Bar. Selma trank ihren eigenen Whiskey ohne Eis, und Hannah nippte an einem Loaded Corona.
»Sechs Monate«, wiederholte Selma und musterte Hannah eindringlich. »Gütiger Gott, du meinst das tatsächlich ernst.«
Hannah spürte, wie ihre Ohren rot anliefen. »Ist ja kein ganzes Leben.«
»Behauptest du.«
»Ich habe einfach nur keinen mehr getroffen, den ich mochte, und ich bin es leid, irgendwelche Typen aufzureißen, mit ihnen in die Kiste zu steigen und dann meine ganze emotionale Energie darauf zu verschwenden, mich zu fragen, warum er nicht wieder anruft.«
»Kann ich verstehen«, bekannte Selma. »Aber das erklärt noch lange nicht, warum du dich so komisch verhalten hast.«
Hannah blinzelte, versuchte zu erraten, worauf Selma hinauswollte. »Wieso komisch?«
»Eben. Im Büro. Ich kenne dich vielleicht nicht so gut wie Easton, aber wenn Verdunklungsgefahr herrscht, rieche ich das meilenweit gegen den Wind.«
»Gütiger Himmel, kannst du das wirklich?«, neckte Hannah. »Denn ich kann das Wort nicht mal schreiben.«
»Hannah«, mahnte Selma nun mit leiser Stimme. Sie klang fast mütterlich-belehrend. »Spuck’s einfach aus, okay? Was ist los?«
Das gehörte zu den Dingen, die Hannah schon von Anfang an so erfrischend an Selma gefunden hatte: Sie redete nicht um den heißen Brei herum. Sie sagte, was sie meinte, und sie meinte, was sie sagte. Bei Selma wusste man immer, woran man war.
Normalerweise war das ein fantastischer Charakterzug.
Aber im Augenblick war er ein bisschen nervig.
»Denk nicht mal dran, der Frage auszuweichen«, sagte Selma. »Komm schon. Erzähl’s mir.« Sie streckte die Hand aus und legte sie auf Hannahs, warm und beruhigend. »Wenn es etwas ist, was Easton nicht erfahren soll, dann kann ich ein Geheimnis für mich behalten. Oder du redest mit jemand anderem. Aber reden musst du. Das sehe ich dir doch an.«
Einen Augenblick erwog Hannah, Selma weiszumachen, dass sie mit jemand anderem darüber sprechen würde. Aber warum eigentlich? Selma war da. Selma würde sie zweifellos verstehen.
Und vor allem: Selma war eine Querdenkerin. Wenn jemand eine kreative Lösung für ihr Problem finden konnte, dann sie.
»Na gut. Also. Ich bin momentan nicht gerade flüssig.«
Selma lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und nickte bedächtig: »So was in der Art hab ich mir gedacht. Was ist passiert?«
Und wieder wäre Hannah ihr beinahe ausgewichen. Es war ihr von jeher peinlich, über Geld zu reden – oder zumindest über das Fehlen von Geld. Doch sie wusste: Wenn sie den Mund hielt, brachte sie das auch nicht weiter. Am besten also frisch drauf los.
»Es ist meine eigene Schuld. Ich dachte, ich könnte eine Anleihe bei meinem Rentenfonds machen. Du weißt schon, um das Geld zusammenzubekommen, das Easton und ich als Startkapital einbringen wollen.«
»Klar. Und ich nehme an, das kannst du jetzt doch nicht?«
»Habe ich schon erwähnt, dass mein alter Chef ein Mistkerl ist?«
Selma lachte. »Ein- oder zweimal.«
»Na ja, wenn ich noch ein paar Wochen mit der Kündigung gewartet hätte, wäre wohl alles glatt gelaufen. Aber wegen des Timings – von dem man mir vorher nichts gesagt hatte – kann ich an meinen Rentenfonds nicht ran, ohne beträchtliche Verluste zu machen. Zumindest nicht, bevor ich mich nicht tatsächlich zur Ruhe setze. Und so lange will Easton sicher nicht auf das Geld warten.«
»Du hast sonst nichts auf der hohen Kante?«
»Doch, hatte ich. Aber dann habe ich mir die Wohnung und das Auto gekauft.«
»Kannst du keine Hypothek aufnehmen?«
Hannah schüttelte den Kopf. »Meine Wohnung war ein echtes Schnäppchen, aber der Vorbesitzer hatte sie ganz schön heruntergewirtschaftet. Deshalb habe ich schon eine Hypothek aufgenommen, um für die Reparaturen und die Renovierung aufzukommen. Ich hab’s ja gesagt. Ich bin pleite. Aber ich will dieses Projekt nicht aufgeben. Ich meine, ich will das unbedingt durchziehen. Ich will diese Kanzlei. Ich will die Partnerschaft. Und ich will Easton auf keinen Fall im Stich lassen.« Bei der Vorstellung, ihren besten Freund dermaßen bitter zu enttäuschen, drehte sich Hannah der Magen um. Und nicht nur das: Sie wusste, dass Easton diese neue Kanzlei genauso wichtig war wie ihr. Keiner von ihnen beiden hatte momentan einen Job. Diese Selbstständigkeit war ihre Zukunft.
Und wenn sie keine Lösung für ihr Problem fand, dann würde ihr Traum platzen.
»Es wird dir vielleicht nicht gefallen, aber Easton geht es wirtschaftlich recht gut. Und ohne angeben zu wollen, Austin Free-Tail ist auf jeden Fall auch auf dem aufsteigenden Ast. Also könnte entweder Easton oder ich dir das Geld leihen. Schließlich bist du keine besonders risikoreiche Investition.«
Hannah schüttelte den Kopf. »Sich Geld von Freunden zu leihen bedeutet, dass man am Ende des Tages zwar Geld, aber keine Freunde mehr hat. Also keine Chance.«
Selma verzog das Gesicht, widersprach aber nicht. »Was hast du sonst noch für Optionen?«
Hannah atmete tief ein. Sie hatte nur noch eine einzige Möglichkeit, und die war ein wenig heikel. Eine Option, aber heikel.
»Was?«, hakte Selma nach. »Dir spukt doch irgendwas im Kopf rum. Nun spuck’s schon aus.«
»Stimmt. Okay. Na dann. Die Idee zwischen Easton und mir – diese Partnerschaft, meine ich –, die ist nicht ganz neu. Ich habe schon vor ein paar Jahren mal davon gesprochen, kurz nachdem ich meinen Job bei Brandywine angenommen hatte und merkte, dass die Arbeit nichts für mich war.« Sie verdrehte die Augen. »Ich habe jedem erzählt, dass es mir dort gefiel, aber in Wirklichkeit … na ja, war das nicht ganz so.«
»Du willst mir sagen, dass du das Geld damals hattest, aber jetzt nicht mehr. Das war also, bevor du deine Wohnung gekauft hast?«
Hannah schüttelte den Kopf. »Nein, ich hatte die Wohnung schon, und auch die Hypothek. Aber damals waren meine Eltern bereit, mich finanziell zu unterstützen, wenn ich mich selbstständig gemacht hätte.«
»Sie waren bereit«, wiederholte Selma. »Aber jetzt sind sie das nicht mehr?«