Yoga für Schwangere - Katharina Rainer-Trawöger - E-Book

Yoga für Schwangere E-Book

Katharina Rainer-Trawöger

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  • Herausgeber: Riva
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

Yoga ist für Schwangere eine wohltuende Trainingsmethode, die kräftigt, entspannt und den Körper sanft auf die Geburt vorbereitet. Dieses umfassende Handbuch stellt siebzig bewährte und erprobte Asanas vor, die sich hierfür besonders eignen, und bietet zudem geburtsvorbereitende Atemübungen, Paarübungen und klassische indische Mudras. Anhand von vielen Fotos der Autorin während ihrer eigenen Schwangerschaft werden die einzelnen Asanas und ihre Variationen für das jeweilige Trimester vorgestellt. Zugleich werden ihre jeweilige positive Wirkungsweise, anatomische Details sowie Warnzeichen und mögliche Hilfestellungen erklärt. Darüber hinaus bietet dieses Buch besondere Übungsabfolgen für jedes Trimester und Strategien gegen die gängigsten Schwangerschaftsbeschwerden. Ergänzt wird das Programm durch effektives Rückbildungsyoga und Übungen mit dem Baby für das erste Jahr nach der Geburt.

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Seitenzahl: 315

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

2. Auflage 2020

© 2017 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbHNymphenburger Straße 86D-80636 MünchenTel.: 089 651285-0Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Redaktion: Matthias MichelUmschlaggestaltung: Isabella DorschUmschlagabbildungen: © Fotodienst/Anna Rauchenberger,© Freiraum-Institut/Andreas Rainer, © Fotodienst/Klaus RangerLayout und Satz: Alpsee Design | Meike Herzog, Deborah Herzog

ISBN Print 978-3-86883-922-7ISBN E-Book (PDF) 978-3-95971-257-6ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-95971-258-3

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Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.rivaverlag.de

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Katharina Rainer-Trawöger

YogafürSchwangere

Kräftigende und entspannende Übungen zur Linderung von Beschwerden und für eine leichte Geburt

Inhalt

Vorwort von Katharina Rainer-Trawöger

Vorwort von Hebamme cornelia Mayr

1 Yoga – wenn die Gedanken zur Ruhe kommen

Was ist Yoga?

Die vier Wege des Yoga

Chakras

Mudras

Bandhas

Mantras

Visualisierungen und Meditationen

Asanas – Die gehaltenen Stellungen

Frauen und Yoga

Wie die Yogabewegung in den Westen kam

Modernes Yoga

2 Yoga in der Schwangerschaft

Schwangerschaftsphasen

Vor und nach der Geburt

Die Lage des Babys im Becken

Die ersten Anzeichen des Geburtsbeginns

Geburtsverletzungen

Das Wochenbett

Welche Wirkungen hat Yoga in der Schwangerschaft?

Was sollten Schwangere beim Praktizieren von Yoga beachten?

Das glückliche Yoga-Baby

Fragen zum Thema Yoga in der Schwangerschaft

Die Atmung im Yoga

Der Beckenboden: ständiger Begleiter im Yoga

Tipps und Hinweise zur Nutzung dieses Buchs

3 Asanas und Übungsabfolgen

Asanas für das erste Trimester

Asanas im Sitzen

Asanas im Liegen

Asanas auf den Knien

Asanas im Stehen

Übungsabfolgen für das erste Trimester

Bewegte Abfolge für das erste Trimester

Atemübungen für das erste Trimester

Mudras für das erste Trimester

Meditationen und Entspannungspositionen für das erste Trimester

Übungsabfolge zur Linderung von Übelkeit und Müdigkeit

Übungsabfolge bei Stimmungsschwankungen

Augenübung

Meine dynamische Abfolge für das erste Trimester

Kleines ABC der Schwangerschaftsbeschwerden im ersten Trimester

Asanas für das zweite Trimester

Asanas im Sitzen

Asanas im Liegen

Asanas auf den Knien

Asanas im Stehen

Übungsabfolgen für das zweite Trimester

Bewegte Abfolge für das zweite Trimester

Atemübungen für das zweite Trimester

Mudras für das zweite Trimester

Meditationen für das zweite Trimester

Übungsabfolge bei Rückenschmerzen

Übungsabfolgen bei Wasseransammlungen in Händen und Beinen

Meine sanfte Abfolge für das zweite Trimester

Kleines ABC der Schwangerschaftsbeschwerden im zweiten Trimester

Asanas für das dritte Trimester

Asanas im Sitzen

Asanas im Liegen

Asanas auf den Knien

Asanas im Stehen

Übungsabfolgen für das dritte Trimester

Bewegte Abfolge für das dritte Trimester

Atemübungen für das dritte Trimester

Mudras für das dritte Trimester

Meditationen für das dritte Trimester

Übungsabfolge bei Kurzatmigkeit

Sanfte Kräftigung in der Seitenlage

Sanft Rückenschmerzen lösen

Meine geburtsvorbereitende Abfolge für das dritte Trimester

Kleines ABC der Schwangerschaftsbeschwerden im dritten Trimester

Partner-Übungen

Asanas im Sitzen

Asnasa im Stehen

Paar-Meditation

4 Tipps für schwangeren-Yoga-Lehrerinnen

Aufbau und Gestaltung einer Schwangerenyoga-Stunde

Körper, Geist und Seele: Yoga-Lehrende sind auch Therapeuten

Wichtige Grundinformationen: Worauf müssen wir achten?

5 Yoga nach der Geburt

Rückbildungsyoga

Sanftes Yoga für dein Baby

Erste Dehnungsübungen für deine Beine und deinen Rücken

Kräftigungsübungen für fitte Mamas und Papas

Quellen und Literatur

Bildnachweis

Danksagung

Über die Autorin

VORWORT

von Katharina Rainer-Trawöger

»Möge dieses Buch Frauen ermutigen, dem Beispiel dieser Übungen zu folgen, und möge es ihnen einen Weg zeigen, daß ihre Geburt Verwandlung werde.«

B. K. S. Iyengar

Schon in den 1970er-Jahren verfasste Frederick Leboyer, der Wegbereiter der alternativen Geburtshilfe, sein Buch Weg des Lichts – Yoga für Schwangere. Das Buch wurde seinerzeit in die Rubrik »Schwangerschaftsgymnastik« eingeordnet, es sollte ermutigen und inspirieren, sich auf diese Art der Geburtsvorbereitung einzulassen. Seine Texte und Bilder von Übungen sollten meditative Harmonie ausstrahlen, zur Konzentration und zum Entspannen anregen: »Die Sprache ist einfach, jede kann sie verstehen. Aber jenseits dieser Einfachheit ist ein Feuer, das jede Frau begeistern wird und ihr Mut gibt, ihren Körper in einen Tempel der Reinheit zu verwandeln«, sagte Frederick Leboyer über sein Buch. Die erste Asana, die er uns anhand von Fotos der hochschwangeren Tochter des Yogameisters B. K. S. Iyengar, Tanita Iyengar, näherbrachte, war ausgerechnet Sirshasana, der Kopfstand! Gerade diese Asana ist für die meisten Yoga-Neulinge – und in Yoga-Kursen für Schwangere haben wir es zu einem großen Teil mit Yoga-unerfahrenen Teilnehmerinnen zu tun – die größte Herausforderung.

Aber auch Frederick Leboyer und Tanita Iyengar war klar, dass der Kopfstand keine Anfängerübung darstellt. Ganz im Gegenteil, Sirshasana gilt als die höchste Yoga-Stellung, im geistigen wie im körperlichen Sinn. Sie erfordert Mut, Geschicklichkeit und Verständnis. Wie Leboyer so treffend bemerkt, steht sie am Ende eines langen, geduldigen Bemühens und ist der Anfang für etwas Neues.

Seit meiner Jugend praktiziere ich Yoga, und dennoch waren die in Leboyers Buch von Tanita Iyengar gezeigten Asanas für mich während meiner eigenen Schwangerschaften eine große Herausforderung. Yoga-Übungen, die auch für Anfängerinnen als Bereicherung in der Schwangerschaft wahrgenommen werden, müssen also heutzutage im Westen anders aufgebaut werden. Aber wie? Diese Frage beschäftigt mich bereits seit Langem in meiner beruflichen Tätigkeit: Wie kann ich Yoga für Anfängerinnen, aber auch für Fortgeschrittene während der Schwangerschaft angemessen gestalten? Wie kann ich auf die Probleme der einzelnen Schwangerschaftsphasen besser eingehen? Wie kann ich meinen Teilnehmerinnen helfen, sich mit Yoga besser auf die Anstrengungen der Geburt vorzubereiten?

Zum Glück hat sich seit Leboyers Anfängen das Repertoire an Asanas für Schwangere um ein Vielfaches erweitert, und so gibt es mittlerweile eine Fülle an erprobten Asanas, die auch von Hebammen und Gynäkologinnen empfohlen werden. Tanita Iyengars Schwester, Geeta Iyengar, schrieb in den 1980er-Jahren ein sehr interessantes Buch mit dem Titel Yoga für die Frau – Der Weg zu Gesundheit, Entspannung und innerer Kraft. Darin widmet sie sich in einem Kapitel ebenfalls speziellen Asanas für Schwangere und geht neben der Durchführung auch auf die Wirkung der Asanas ein. Dies gab mir unter anderem den Anstoß für dieses Buch.

Während meiner Indienaufenthalte habe ich erlebt, wie liebevoll dort mit schwangeren Frauen umgegangen wird. In Südindien teilen die Frauen ihrer Familie die Schwangerschaft mit, indem sie um saures und scharfes Essen bitten, wie rohe Mangos oder Tamarinde. So werden auch die älteren im Haushalt lebenden Personen über die Schwangerschaft informiert und die Schwangere kann sich der gesamten Aufmerksamkeit der ganzen Familie sicher sein. Jeder in der Familie trägt dafür Sorge, dass die werdende Mutter genug isst und ihr kein Leid droht. Immer noch kehren viele Frauen in Indien vor der Geburt für einige Zeit in ihr Elternhaus zurück, wo sich ihre Mütter und andere Familienmitglieder liebevoll um sie kümmern. Bis zu 45 Tage nach der Geburt darf die frischgebackene Mama meist ganz zu Hause bleiben und wird von ihren Verwandten weiterhin umsorgt. In manchen Regionen Indiens geben die Familien sechs Monate nach der Geburt ein Fest, um zu feiern, dass das Baby nun feste Nahrung bekommt. Das Schlafen im gemeinsamen Familienbett ist übrigens in Indien die Regel, 99 Prozent aller Familien machen das so. Viele Familien teilen sich das Bett mit ihrem Kind, bis es ein junger Teenager ist.

Spezielle Yoga-Übungen für Schwangere wurden übrigens im deutschsprachigen Raum viel mehr erforscht und weiterentwickelt als es den meisten Yoga-Lehrerinnen und Yoga-Lehrern bewusst ist. Viele nehmen an, dass die Übungen quasi direkt aus Indien zu uns »importiert« wurden. In diesem Buch versuche ich jedoch auch die in Yoga-Kreisen nicht so bekannten Autoren und Autorinnen zu Wort kommen zu lassen, ohne deren Vorarbeit das moderne Schwangerenyoga nicht möglich wäre. Die Hebamme Marion Stüwe war unter anderem davon überzeugt, dass Schwangere durch Yoga-Übungen ein besseres Körpergefühl erlangen und ihre eigenen Kräfte besser kennenlernen. Die Hebamme Cornelia Mayr ergänzt diese Ansicht durch den Hinweis, dass sich dies wiederum bei der Geburt bewährt und die vorbereitenden Yoga-Übungen aus einer leidenden Gebärenden eine selbstbewusste Frau machen, die Vertrauen in ihren Körper hat.

Seit dem Jahr 2010 habe ich nun bereits die große Freude, Schwangere mithilfe von Yoga-Übungen, die ich in Indien erlernt habe, durch diese spannende Zeit begleiten zu dürfen. In unserem Institut bieten wir sechzehn Schwangerenyoga-Klassen in der Woche an, somit konnten wir bereits über 2000 schwangere Frauen zu ihren Erfahrungen, Empfindungen und Wünschen bezüglich der Yoga-Asanas befragen. Viele Asanas, die ich selbst im Rahmen meiner Ausbildungen erlernt hatte, musste ich wieder verwerfen, andere, die ich Büchern entnahm, stellten sich als völlig ungeeignet heraus, da sie meine Kursteilnehmerinnen nicht ausführen konnten. Während meiner beiden eigenen Schwangerschaften konnte ich noch tiefer in die positiven Wirkungen spezieller Asanas eintauchen und somit Übungsabläufe erstellen, die ich seit mehreren Jahren im Rahmen von Ausbildungen weitergebe.

Diese Asanas – und mögliche Variationen – und ihre Durchführung werden hier in Text und Bild vorgestellt, sodass Schwangere die Anweisungen für ihre eigene Praxis nutzen können. Außerdem wird jeweils auf die Wirkungsweise und mögliche Risiken eingegangen, und es werden Hilfestellungen und Hintergrundwissen vermittelt. Weiterhin geht dieses Buch auf schwangerschaftsbedingte Beschwerden ein und zeigt – im Rahmen des Yoga – erprobte Maßnahmen zur Linderung. Das Buch richtet sich aber nicht nur an Schwangere, sondern soll auch Yoga-LehrerInnen als Grundlage für ihren Unterricht dienen, sie in den einzelnen Asanas bestärken und ihr Wissen vertiefen.

Ishwar sarvavyapi ho, isliye ishwar ne har parivar mein ek Maa di hai.

Gott kann nicht überall sein, deshalb gab er jeder Familie eine Mutter.

Katharina Rainer-Trawöger,September 2016

VORWORT

Von Hebamme Cornelia Mayr

Die Zeit der Schwangerschaft stellt für viele Frauen eine tiefgreifende Umbruchphase dar. Einerseits gibt es körperliche, andererseits auch psychologische und emotionale Veränderungen. Daher sind die neun Monate, in denen das Kind heranwächst, oftmals mit einer Vielzahl an Ängsten und Sorgen verbunden, die sich dann auch während der Geburt zeigen können. Die Hebamme steht vor der Aufgabe, diese Ängste der Frau in Vertrauen und Hingabe zu verwandeln. Manchmal gelingt dies und die Unsicherheit legt sich, doch die Erfahrung zeigt, dass die Zeit während der Geburt dafür nicht immer ausreicht.

Laut dem englischen Geburtshelfer Dr. Grantly Dick-Read empfindet die Gebärende den Schmerz deswegen so stark, weil sie aufgrund mangelnder Informationen und falscher Einstellungen Angst vor der Geburt hat. Angst führt zu körperlichen und seelischen Abwehrreaktionen und bewirkt Muskelanspannungen. Diese Verkrampfungen können zusätzliche Schmerzen verursachen. Diese Schmerzen vergrößern wiederum die Angst der Frau. Sie gerät also in den sogenannten Angst-Spannungs-Schmerz-Kreislauf, den es zu durchbrechen gilt. Dick-Read versuchte diesem Kreislauf entgegenzuwirken, indem er die Schwangeren auf die Geburt vorbereitete, sie zum »richtigen« Atmen anleitete und ihnen zu Entspannungsübungen und Gymnastik riet.

In unserer heutigen Zeit gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, um den Angst-Spannungs-Schmerz-Kreislauf zu durchbrechen. Eine der besten Möglichkeiten dafür ist Yoga. Weil mir dieses Thema sehr am Herzen liegt und ich neugierig war, ob die Wirkung von Yoga auf die psychische Situation der Schwangeren sowie auf den Ablauf der Geburt auch wissenschaftlich belegbar ist, schrieb ich vor ein paar Jahren die Abschlussarbeit meines Hebammenstudiums darüber. Die Studien, die hierzu durchgeführt wurden, beinhalteten eine Yoga-Praxis, die nicht nur aus Körperübungen und Asanas, sondern auch aus diversen Atem-, Entspannungs- und Wahrnehmungsübungen sowie Meditationen bestand.

Die Ergebnisse zeigen, dass Yoga die Aktivität des Sympathikus mindert und die des Parasympathikus verstärkt, was einen Zustand der Tiefenentspannung und Erholung bedeutet. In den Studien zeigte sich, dass Yoga eine deutliche Reduktion von Stress und Angst zur Folge hat. Frauen, die Yoga in der Schwangerschaft praktiziert hatten, waren auch während der Geburt eher imstande, sich gut zu entspannen, und gaben ein höheres Wohlbefinden und ein deutlich geringeres Schmerzempfinden an. Weiterhin konnte eine insgesamt kürzere Geburtsdauer festgestellt werden.

Neben all diesen theoretisch und wissenschaftlich beschriebenen positiven Effekten von Yoga habe ich als Hebamme in den letzten Jahren auch selbst viele gute Erfahrungen damit gemacht. Zahlreiche Frauen berichteten mir, dass sie ihre Yoga-Stunden genießen, weil sie sich dabei bewusst Zeit für sich selbst und ihr ungeborenes Kind nehmen und zur Ruhe kommen können.

Und auch während der Geburt fällt es diesen Frauen leichter, intuitiv die geeignete Gebärhaltung einzunehmen und die »richtige« Atmung anzuwenden. Beides ist ihnen vom Yoga her vertraut, und so wird insbesondere das Loslassen optimal gefördert. Denn manche Yoga-Haltungen ähneln den Geburtspositionen, vor allem die, bei denen es um das Öffnen und Lockerlassen des Beckens geht. Sie bekommen ein besseres Körpergefühl, spüren sich selbst intensiver, wissen, was ihnen guttut, und kennen ihre eigenen Grenzen. All diese Dinge können sich bei der Geburt bewähren und unterscheiden eine leidende Gebärende von einer selbstbewussten Frau. Eine Frau, die Vertrauen in ihren Körper hat, sich den Vorgängen in ihm bewusst ist und sich so den Wehen besser hingeben kann.

Als Hebamme wünsche ich mir für so viele Frauen wie möglich eine schöne Geburtserfahrung. Deshalb empfehle ich den Schwangeren, ihre eigenen, ganz persönlichen Methoden oder Strategien zu finden, die ihnen helfen, sich zu entspannen, zu zentrieren und sich in ihrem Körper wohlzufühlen, um dieses Gefühl auch mit in die Geburt zu nehmen. In diesem Sinne wünsche ich allen Leserinnen eine großartige Zeit der Schwangerschaft und Geburt und natürlich viel Freude beim Üben!

Cornelia Mayr,September 2016

Cornelia Mayr ist mit viel Freude als Hebamme in der Privatklinik Döbling in Wien tätig.

1 Yoga – wenn die Gedanken zur Ruhe kommen

Was ist Yoga?

Die altindische Sprache Sanskrit und unsere deutsche Sprache gehören zu der indogermanischen Sprachfamilie. Die gemeinsamen Wurzeln zeigen sich darin, dass sich manche Wörter wie zum Beispiel Mutter und matr (vgl. lateinisch: mater), Herz und hrd (vgl. englisch: heart), Fuß und pad (vgl. lateinisch pes, für alle, die noch den Ausdruck per pedes für »zu Fuß gehen« kennen). Es gibt aber auch Sanskritbegriffe, die wir als Lehnwörter in den täglichen Sprachgebrauch aufgenommen haben, ohne dass uns vielleicht bewusst ist, dass wir in dem Moment Sanskrit sprechen, so zum Beispiel Dschungel, Orange, Lack und Pyjama.

Der Begriff Yoga stammt ebenfalls aus dem Sanskrit und bedeutet wörtlich »Joch«. Joche sind in der Landwirtschaft die älteste Form des Geschirrs. Sie werden Zugtieren um den Hals gelegt oder, etwa bei Ochsen, vor der Stirn oder im Nacken an den Hörnern befestigt, damit sie vor einen Wagen oder Pflug gespannt werden können. Durch dieses Anspannen an das Joch können die Tiere ihren Kopf nicht bewegen, was zur sprichwörtlichen »Unterjochung« führt.

Man kann den Begriff Yoga also als »Vereinigung« oder »Integration« verstehen, im Sinne von »Anschirren« und »Anspannen« – zum Beispiel der Seele an den Körper –, oder aber auch als Erkennen der Zusammenhänge der größeren Verbindungen: meine Seele, mein Körper, ich, du, wir, alle Lebewesen, die Welt, der Kosmos …

Es gibt viele verschiedene Formen des Yoga, oft mit einer eigenen Philosophie und Praxis. Häufig denken wir bei dem Begriff Yoga nur an körperliche Übungen, die sogenannten Asanas. Aber ich hoffe, du verstehst nach diesem einführenden Kapitel, dass die Bedeutung von Yoga weit über die reine körperliche Praxis hinausreicht. Yoga umfasst auch das Wissen der Chakren, der Mudras, der Bandhas, der Mantren und vieler Meditationen. Und dieses Gesamtpaket kann dir während deiner Schwangerschaft als Stütze dienen. Die philosophischen Grundlagen des Yoga wurden vor allem von dem indischen Gelehrten Patanjali im Yogasutra zusammengefasst, aber auch spirituell-philosophische Schriften wie die Bhagavad Gita und die Upanishaden informieren über Yoga-Grundlagen. Das Yogasutra definiert den Begriff »Yoga« zum Beispiel als einen Bewusstseinszustand, in dem unsere Gedankenströme zur Ruhe finden.

Wie lange es Yoga bereits gibt, ist nicht genau bekannt. Älteste Funde von Steinsiegeln und Tonfiguren im heutigen Pakistan entlang des Indusflusses, die Sitz- und Gebetspositionen zeigen, werden auf circa 2800 v. Chr. datiert, schriftliche Überlieferungen fehlen jedoch. Erst durch spätere Quellen wie den Veden (veda bedeutet Wissen), ab circa 1500 v. Chr. entstandene heilige Texte, gehen wir davon aus, dass Yoga schon vor über 4500 Jahren praktiziert wurde. Es ist sogar wahrscheinlich, dass die dem Yoga zugrunde liegende Philosophie noch älter ist. Da es sich bei den Veden jedoch um mündlich überlieferte Gesänge handelt, deren exakte Rezitation wichtig war, wurden sie lange nicht niedergeschrieben. Das Wissen durfte nur an bestimmte männliche Angehörige der höchsten Kaste, der Brahmanen, vermittelt werden.

Die vier Wege des Yoga

Als letzter Teil der Veden gelten die Upanishaden; sie beschreiben bereits Atemübungen und das Zurückziehen der Sinne (Pratyahara). Upanishaden bedeutet übersetzt so viel wie »sich in der Nähe des Gurus (Lehrers) oder zu seinen Füßen niedersetzen«. Die mittleren Upanishaden (um 400 v. Chr.) erwähnen mehrfach den Begriff Yoga und auch die wesentlichen Elemente des späteren Yoga-Systems. Im indischen Epos Mahabharata (um 300 v. Chr.) nimmt Yoga bereits einen bedeutenden Platz ein und wird als praktisches Gegenstück zu theoretischen philosophischen Lehren erwähnt. Mahabharata wird auch übersetzt als »die große Geschichte der Bharatas«, wobei Bharata sowohl einen indoarischen Stamm bezeichnen kann wie auch den indischen Subkontinent. Die für viele Yogis und Yoginis (männliche bzw. weibliche Yoga-Praktzierende) sehr wichtige Bhagavad Gita (»der Gesang des Erhabenen«) gilt als Teil des umfassenden Epos Mahabharata.

In der Gita, wie sie oft kurz und liebevoll genannt wird, lernen wir den jungen Fürsten Arjuna kennen, der sich vor Beginn eines großen Krieges, welchen das Mahabharata ausführlich beschreibt, auf dem Schlachtfeld von Kurukshetra die Frage stellen muss, ob er gegen seine Verwandten kämpfen will oder aufgibt. In diesem Moment offenbart sich sein Wagenlenker als Krishna, eine Inkarnation des Gottes Vishnu. Krishna kommen in der Bhagavad Gita, je nach Kontext, verschiedene Bedeutungen zu: Einmal wird er als das kosmische Selbst angesehen, das alles Lebende durchdringt; ein anderer Aspekt ist die Bedeutung als innere Göttlichkeit, eine Reflexion des kosmischen Selbst in jedem Lebewesen. Eine dritte Funktion ist die des spirituellen Lehrers. Die Überschriften der einzelnen Gesänge der Bhagavad Gita nennen jeweils eine besondere Form des Yoga, zum Beispiel Karma Yoga oder Jnana Yoga. Gott Vishnu offenbart Arjuna hierbei die vier Wege des Yoga:

Bhakti Yoga ist das Yoga der Hingabe. Hier werden Rituale wie Singen oder Beten praktiziert, um sich dem Göttlichen hinzugeben. Die Motivation eines Bhakti Yogis und einer Bhakti Yogini ist die Liebe.

Karma Yoga ist das Yoga des selbstlosen Dienstes. Der Karma Yogi und die Karma Yogini handeln, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Der Weg des selbstlosen Dienstes an der Menschheit soll zur Freiheit aus dem Karma-Kreislauf führen.

Jnana Yoga ist das Yoga der Weisheit. Hier setzt der Yogi und die Yogini sich mit der Philosophie des Yoga auseinander und erforscht so auch die eigene Natur.

Raja Yoga ist die Königsdisziplin des Yoga. Es ist der Yoga-Weg, der sich am meisten durch seine Ganzheitlichkeit auszeichnet. Der Raja Yogi und die Raja Yogini erlangen den Weg zur Freiheit durch die Beherrschung des Geistes. Dies wiederum erfolgt über die Disziplinierung des Körpers.

Jedoch erwähnt Gott Vishnu in seiner Inkarnation als Krishna in der Gita ebenfalls, es sei ratsam, sich nicht auf einen Yoga-Weg zu beschränken, sondern alle Richtungen mit in die Yoga-Praxis aufzunehmen. Nur einen Weg zu gehen, würde ein Hindernis in der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen hervorrufen.

Das bedeutendste Werk des Raja Yoga, das unserer klassischen Vorstellung von Yoga am nächsten kommt, ist das bereits erwähnte Yogasutra des Patanjali (um 200 n. Chr.). Sutra bedeutet »Faden«, das Yogasutra kann also als Leitfaden für Yoga gesehen werden. Es versuchte, die damals vorherrschenden Yoga-Praktiken wie verschiedene Fäden zusammenzufassen. Patanjalis Fokus liegt auf dem Geist des Menschen, seinen Möglichkeiten und Begrenzungen. Unter Yoga versteht er, dass die Qualität unseres Geistes einen Punkt erreicht, an dem wir in der Lage sind, Dinge und Situationen klarer zu erkennen. Um diesen Zustand zu erreichen, stellt er im Yogasutra unter anderem den achtgliedrigen Pfad Ashtanga (ashta bedeutet »acht«, anga »Teile«) des Yoga dar, der auch unter dem Namen Raja Yogasutra bekannt ist:

Yama: Unsere Haltung gegenüber unserer Umgebung

Niyama: Unsere Haltung gegenüber uns selbst

Asana: Die Praxis der Körperübungen

Pranayama: Die Praxis der Atemübungen

Pratyahara: Das Nach-innen-Richten der Gedanken

Dharana: Die Fähigkeit, unseren Geist auszurichten

Dhyana: Die Fähigkeit, unseren Geist kontinuierlich in einer Verbindung mit dem, was wir verstehen wollen, verweilen zu lassen.

Samadhi: Die vollkommene Vereinigung mit einem Objekt, das wir verstehen wollen.

Patanjali stellt uns hier also einen Weg und Übungen vor, durch den wir unsere Gedanken (vrtti) und unseren Geist (citta) beruhigen (nirodha) können: »Sind die Gedanken im Geist zur Ruhe gebracht, verwirklicht man sein wahres Wesen.« (Sukadev Bretz)

Die Hatha Yoga Pradipika (14. Jh. n. Chr.) von Svatmarama verfasst, legt nun weiterführend die Techniken dar, die den Körper und körperliche Übungen als effektives Mittel zum Erreichen der existenziellen und spirituellen Ziele des Yoga einbeziehen.

Für die Arbeit mit Schwangeren ist die Form des Hatha Yoga, die als Teil des Raja Yoga betrachtet werden kann, sehr weit verbreitet. Hatha bedeutet auf Sanskrit »Gewalt« oder »Kraft« die zur Erreichung eines Ziels aufgebracht werden muss. Keiner wörtlichen Übersetzung entstammt die aus dem Tantrismus übernommene Deutung als Verbindung einander entgegengesetzter Energien: ha steht für Sonne, heiß, männlich, tha für Mond, kühl, weiblich. Dieses Verständnis verweist auf viele weitere Gegensätze, die im Hatha Yoga von Bedeutung sind: Einatmen und Ausatmen, Anspannen und Entspannen, Aktivität und Ruhe, Vor und Zurück, Links und Rechts …

Ursprünglich war Yoga, wie wir anhand der vier Yoga-Wege sehen, also ein rein spiritueller Weg, der vor allem die Suche nach Erleuchtung durch Meditation zum Ziel hatte. Die vielen Asanas des Raja Yoga bzw. Hatha Yoga und vieler weiterer Strömungen entstanden erst im Laufe der Zeit. Ihr vorrangiges Ziel bestand bei den ältesten Schulen darin, den Körper so zu kräftigen und zu mobilisieren, dass er möglichst beschwerdefrei über einen längeren Zeitraum im Meditationssitz verweilen konnte. Mit der Zeit erkannte man immer mehr die positive Wirkung der körperlichen Übungen auf das gesamte Wohlbefinden des Menschen, sowie auf Kraft und Ausdauervermögen. Die Asanas wurden weiterentwickelt, weiter erforscht und in den verschiedensten Schulen anders umgesetzt.

Chakras

Wie in den vorangegangenen Kapiteln aufgezeigt, umfasst Yoga mehr als »nur« die körperliche Praxis, auch energetische Grundlagen waren immer ein Teil der Asanas. Mit Chakra (Sanskrit, wörtlich: »Rad«, »Diskus«, »Kreis«) werden in der indischen Philosophie die subtilen Energiezentren zwischen dem physischen Körper und dem feinstofflichen Körper des Menschen bezeichnet. Miteinander verbunden sind sie durch Energiekanäle (Nadis). Diese durchlaufen, laut indischen Schriften, unseren gesamten Körper und treffen sich an mehreren Punkten. Sieben dieser Knotenpunkte bzw. Chakren werden entlang der Wirbelsäule bzw. in der senkrechten Mittelachse des Körpers lokalisiert. Diese Mittelachse wird als Shushumna-Nadi bezeichnet, durch die auch die menschliche Urenergie bzw. die Kundalini-Kraft aufsteigen kann. Sie wird meist »wie eine Schlange zusammengerollt« im untersten Zentrum, dem Muladhara-Chakra abgebildet. Verschiedene Lehren und Schulen variieren in ihren Auffassungen bezüglich Details wie Anzahl und genauer Lokalisation der Chakren; meist geht man heute, besonders im Tantrismus und im Hatha-Yoga, von einem System mit sieben Hauptchakren aus.

Als Hauptchakren gelten, von oben beginnend:

• Sahasrara, das Kronen- oder Scheitelchakra, (als tausendblättriger Lotos symbolisiert)

• Ajnya, Stirnchakra (zwei Blätter)

• Vishuddha, Hals- oder Kehlchakra (sechzehn Blätter)

• Anahata, das Herzchakra (zwölf Blätter)

• Svadhisthana, das Sakral- oder Sexualchakra (sechs Blätter)

• Manipura, Nabel- oder Solarplexuschakra (zehn Blätter)

• Muladhara, als Wurzelchakra bezeichnet (vier Blätter)

Mudras

Mudra bedeutet aus dem Sanskrit übersetzt »Siegel«. Mudras sollen Freude bringen, Prana (Lebensenergie) in Richtung Kronenchakra richten und die Kundalini erwecken. Mudras sind entweder Finger- oder Körperhaltungen, bei denen es sich um eine fortgeschrittene Yoga praxis handelt, die eher auf der mentalen als auf der physischen Ebene stattfindet. Mehr zum Thema Mudras kannst du den einzelnen Trimester-Hinweisen in diesem Buch entnehmen.

Bandhas

Bandhas sind Verschlüsse, die der Yogi oder die Yogini mit seinem bzw. ihrem Körper erzeugt, um zu verhindern, dass Prana verloren geht. Auch die Bhandas haben physische, psychische und spirituelle Wirkungen. Ein Bhanda ist beispielsweise das Mula-Bhanda, bei dem wir den Beckenboden fest zusammen ziehen. Weitere Hinweise zu den Bandhas findest du bei den speziellen Asanas, die ein Anspannen der Bandhas während der Schwangerschaft ermöglichen.

Mantras

Übersetzt bedeutet Mantra »Werkzeug zum Denken«. Bei den Bija-Mantras handelt es sich um bestimmte Buchstabenabfolgen, die rezitiert werden. Ein Beispiel hierfür ist das Bija-Mantra »OM«. Es ist das umfassendste und erhabenste Symbol der hinduistischen Philosophie und wurde zum ersten Mal in den Upanishaden verwendet; es symbolisiert die Entstehung der Welt, den ersten »Urton«. Später wurde »OM« als die Verbindung der drei Klänge a, u und m zum Objekt der Meditation. Unter anderem steht es für die Triade der Götter Brahma, Vishnu und Shiva bzw. Shakti, Vishnu und Shiva. Es gilt in allen hinduistischen Schulen als das heiligste aller Mantren.

Ein Mantra zu rezitieren, soll durch seine Schwingungen den Menschen auf der körperlichen und emotionalen Ebene erreichen und ebenfalls die Erweckung der Kundalini-Kraft begünstigen. Neben den Bija-Mantras gibt es Mantras, die dazu dienen sollen, das Göttliche zu erbitten, zum Beispiel während eines Rituals. Eines dieser Mantras ist »Hari Om«. Das Wiederholen dieser Mantras kann ebenfalls geschehen, während wir in einer Asana verweilen, und dazu beitragen, meditative Zustände zu erreichen. Weitere Mantren findest du bei den Meditationen für das erste Trimester.

Visualisierungen und Meditation

Die Visualisierungen und Meditationen dienen im Hatha Yoga ebenfalls dazu, den Geist zu beruhigen. Im Schwangeren-Yoga sind sie ein ganz wichtiger Teil, der meiner Meinung nach in viel zu vielen »modernen« Yoga-Studios aus Sorge vor zu viel Esoterik weggelassen wird. Da das Thema Schwangerschaft bzw. Schwangerschaftsverlauf und vor allem Geburtsverlauf mit so vielen Ängsten behaftet ist, empfinde ich es als Yoga-Lehrerin als unbedingte Notwendigkeit, mich im Rahmen einer Yoga-Stunde auch diesem Thema zuzuwenden: »Denn wenn Yoga nicht nur aus Bewegung besteht, sondern auch Entspannungsübungen und Meditationen dazugehören, kann es großen Einfluss auf die physische und psychische Situation haben. Durch Yoga wird die Fähigkeit der Frau gestärkt, mit äußeren Umständen gelassener umzugehen (…) Sie bekommen ein besseres Körpergefühl, spüren sich selbst wieder, wissen, was ihnen guttut und kennen ihre eigenen Grenzen.« (Marion Stüwe) In diesem Sinne können wir uns mit Visualisierungen und Meditationen im Schwangeren-Yoga auch mental auf die Geburt vorbereiten.

Asanas – Die gehaltenen Stellungen

Wenn wir heutzutage sagen: »Ich gehe jetzt zum Yoga«, ist das eigentlich eine sehr ungenaue Aussage, denn Yoga umfasst so viel mehr als das, was wir in 60 bis 90 Minuten praktizieren. Eigentlich sollten wir sagen: »Ich gehe jetzt Pranayama und Asanas praktizieren.«

Das Wort Asana entspringt der Sanskritwurzel as und bedeutet »sitzen«. In den alten Yoga-Schriften heißt es, dass es sich bei einer Asana um eine erdende Sitzhaltung handelt, die man angemessen für die Meditation eingenommen hat. Da der Körper als Hülle des Geistes betrachtet wurde, entwickelten sich mit der Zeit immer mehr Asanas (Körperhaltungen), in denen der Yogi bzw. die Yogini Tiere, Götter oder Pflanzen nachahmte, um deren Kräfte und Schönheit zu erlangen. Das höchste Ziel im Yoga war jedoch stets die Beruhigung der Gedanken, die Vereinigung von Körper, Geist und Seele. Durch die gehaltenen Körperstellungen sollte ein Bewusstsein für den eigenen Körper entstehen.

Der Yoga-Meister Pathabi Jois zitierte immer wieder gerne einen Abschnitt des Yogasutra: »sthira sukham asanam«. Dies bedeutet übersetzt: Durch die Praxis mit Kraft (sthira) und Gelassenheit (sukham) entsteht Harmonie im physischen Körper. So gibt es Asanas, die die Rumpfmuskulatur stärken, und jene, die die Atmung verändern oder vertiefen. Alle Asanas wirken jedoch beruhigend auf den Körper und machen uns als Yoga-Praktizierende sensibler für unsere Bedürfnisse. So sind wir in der Lage, bei einer Krankheit die Symptome früher wahrzunehmen oder auch unser Verhalten im Alltag besser zu reflektieren. Dies kommt gerade Schwangeren besonders zugute.

Heutzutage gibt es über 1000 verschiedene Asanas, die meisten davon sind moderne Variationen von altbewährten Körperhaltungen, und je nach Yoga-Tradition und Yoga-Schule können schon einzelne leichte Veränderungen der Hand- oder Fußstellung der Asana einen neuen Namen und einen neuen Fokus geben. Die meisten davon entstehen dennoch aus den Hauptebenen:

• Sitzhaltungen

• Rückenlagehaltungen

• Bauchlagehaltungen

• Kniende Haltungen

• Standhaltungen

Hinzu kommen die Variationen

• Umkehrhaltungen

• Armgestützte Haltungen

• Gleichgewichtshaltungen

• Vorbeugen

• Rückbeugen

• Seitbeugen

• Drehungen

Im Rahmen einer Yoga-Stunde für Schwangere versuchen wir, alle diese Ebenen und Variationen einzubauen, nur auf die Bauchlagehaltungen sollten wir verzichten und nehmen daher die Seitenlagehaltungen hinzu!

Den jeweiligen Sanskrit-Namen einer Asana herauszufinden, ist im Übrigen gar nicht so leicht, da alle Asanas, die wir heutzutage kennen, verschiedenen Schulen und Traditionen entspringen. Manche Asanas werden in der Hatha Yoga Pradipika aus dem 14. Jahrhundert erklärt, wie zum Beispiel der Schulterstand, andere finden sogar bereits im Ramayana (4. Jh. v. Chr.) Erwähnung, zum Beispiel der Kopfstand.

Im Rahmen dieses Buches habe ich versucht, die geläufigsten Sanskrit-Namen einzubinden und auch zu übersetzen; manche klassische Asanas werden jedoch für Schwangere so weit abgeändert, dass sie nur mehr entfernt an das Original erinnern. Dennoch macht es immer Sinn, eine Asana zunächst sanft auszuführen, bevor es bei zu schnellen Ausführungen von schwierigen Stellungen zu Verletzungen kommt. Bei meinen Recherchen zu diesem Buch konnte ich nicht zu allen Positionen, die im Unterricht mit Schwangeren oft verwendet werden, Sanskrit-Bezeichnungen finden, daher wurden einige von mir neu eingeführt und es würde mich freuen, wenn sie von nun an Verwendung finden, beispielsweise Supta Padashithili – Fußgelenklockerung, Ardha Dhanurasana – der halbe Bogen, Vritti Ardha Dhanurasana – der bewegte halbe Bogen, sowie einige weitere.

Diese Namensgebungen soll es Praktizierenden erleichtern, die Asanas für Schwangere korrekt in eine Yoga-Einheit einzubinden. Das beste Beispiel hierfür stellt die Stellung Dhanurasana, der Bogen, dar. In einer klassischen Hatha-Yoga-Einheit ist sie ein wichtiger Bestandteil, jedoch sollten Schwangere Asanas in der Bauchlage vermeiden. Variieren wir den Bogen in die Seitenlage, erzielen wir eine ähnliche, jedoch sanftere Wirkung und gefährden dabei die Schwangerschaft nicht. Weitere Abwandlungen klassischer Asanas werden im Rahmen der Übungen für die Schwangerschaftstrimester vorgestellt.

Frauen und Yoga

Die Geschichte des Yoga ist auf den ersten Blick sehr männlich geprägt. Jedoch werden in den Schriften der Veden Frauen und Männer meist noch gleichgestellt erwähnt, hier wird auch beschrieben, dass Frauen bereits damals unterrichteten. So finden zum Beispiel im Rigveda (ältester Teil der Veden) und im Samaveda (ca. 1000 v. Chr.) bereits einige Frauen Erwähnung, die als Seherinnen oder Rishikas bezeichnet werden.

Die Frau in ihrer Mutterrolle wurde in der indischen Tradition stets geehrt und als Guruji bzw. Göttin betrachtet, es gehört zu den selbstverständlichen Tugenden im Hinduismus, die Mutter zu verehren. In Indien spielt seit dem Altertum die Verehrung des Prinzips der Göttlichen Mutter eine sehr große Rolle. Die Göttliche Mutter gilt als übermächtig und sie wird letztlich in allem, was wahrnehmbar ist, verehrt. So sind auch in diesem Sinne Frauen als Manifestationen der Göttlichen Mutter zu betrachten und entsprechend mit ihnen umzugehen.

Im Rigveda heißt es (Vers 10.191.3):

Oh Frauen! Diese Mantras werden ebenso euch gegeben. Mögen auch eure Gedanken in Harmonie sein und mögen eure Versammlungen ohne Unterschied für alle offen sein. Da euer Bewusstsein und euer Geist harmonisch sein soll, gebe ich euch diese Mantras ebenso wie den Männern und ich gebe euch die Fähigkeit die Kraft der Mantras zu absorbieren.

Yoga ist also eine alte Tradition, entwickelt nicht ausschließlich nur von Männern, sondern von Männern und Frauen, um ihnen den Weg zu innerem Frieden und Erleuchtung zu ermöglichen.

Mit dem Aufkommen des Brahmanismus (in Indien um 800 bis 500 v. Chr. dominierend) und der Weitergabe der rituellen Texte in einer männlich definierten Tradition änderte sich dies. Wesentliche Fundamente aller indischen Religionen wurden in dieser Zeit gelegt, wie etwa die Vorstellung von Samsara, dem sich wiederholenden Kreislauf von Geburt und Tod, sowie das Gesetz des Karma. Die ebenfalls zu dieser Zeit entstandene Manusmriti (»Manus Gesetzbuch«) fasst die Rolle der Frau zur damaligen Zeit zusammen:

Als junges Mädchen gehört die Frau ihrem Vater, als Verheiratete ihrem Ehemann und als Witwe ihren Söhnen und Verwandten, denn eine Frau darf niemals unabhängig sein.

Frauen wurden nun plötzlich als Hindernis auf dem Weg zur Erleuchtung betrachtet, sie waren bei Ritualen nicht mehr willkommen und gleichgesetzt mit schmutzigem Wasser und verrotteten Früchten, also Dingen, die Männer meiden sollten. Wollten Frauen sich mit indischer Philosophie beschäftigen oder Yoga praktizieren, mussten sie sich von ihrem gesellschaftlichen Leben und ihrem sozusagen angestammten Platz in der Familie trennen.

Für uns Frauen aus »dem Westen« ist der freie Zugang zu Yoga-Literatur und Yoga-Praxis selbstverständlich, aber die erneute völlige Gleichberechtigung der Frauen in Indien hat noch einen weiten Weg vor sich.

Wie die Yogabewegung in den Westen kam

Oft lesen wir, dass Yoga in den 1970er-Jahren seinen Durchbruch im Westen hatte. Dies mag wohl für den amerikanischen Raum gelten, in Europa jedoch kann die Auseinandersetzung mit indischer Philosophie auf eine viel ältere Tradition zurückblicken. Bereits Alexander der Große begegnete auf seinem Indienfeldzug (326 v. Chr.) nach der Unterwerfung des Perserreichs indischen Asketen, die die Griechen als Gymnosophisten bezeichneten (von altgriechisch gymnos, »nackt«, und sophia, »Weisheit«).

In der Neuzeit setzten sich große Philosophen wie Kant und Schopenhauer mit dem Wissen der indischen Philosophie auseinander, und viele der grundlegenden heiligen Texte und Epen wurden ins Deutsche übersetzt. Wichtig für »Yoga auf dem Weg nach Westen« (so der Titel des sehr lesenswerten Buchs des österreichischen Iyengar-Yoga-Lehrers Karl Baier) war das Jahr 1893, als Swami Vivekananda vor dem ersten Weltparlament der Religionen einen Vortrag über die Philosophie des Vedanta und der vier Yoga-Wege hielt, der für viel Aufsehen und weiteres Interesse sorgte.

Vertreter der Lebensreformbewegung, die seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts immer mehr Anhänger fand und sich als Gegenentwurf zur beginnenden Industriegesellschaft verstand, orientierten sich geistig auch an Yoga und anderen östlichen Weisheitslehren – kein Wunder, dass wir im deutschsprachigen Raum eine lange Tradition des Vegetarismus haben. Unsere Reformhäuser und Naturkostläden, ja selbst heutige Drogeriemarktketten besannen sich in ihren Ursprüngen auf ähnliche Inhalte wie die klassische Yoga-Philosophie: zurück zur Basis, zum Natürlichen, eins werden mit der Natur.

Modernes Yoga

Die prägenden Lehrer für unsere heutigen Hatha-Yoga-Stile waren ganz sicher Tirumalai Krishnamacharya (1888–1989) und Swami Sivananda (1887–1963). Beide bildeten auch sehr charismatische Frauen als Yoga-Lehrerinnen aus.

Swami Sivananda Radha (1911–1995) wurde als Sylvia Hellman in Deutschland geboren, übersiedelte aber 1951 nach Kanada und wurde kanadische Staatsbürgerin. Eine Vision soll sie bis zu ihrem Guru Swami Sivananda nach Rishikesh in Indien gebracht haben. Bei ihrem ersten Besuch verbrachte sie sechs Monate im Ashram und erhielt eine intensive Einführung in die Spiritualität und die Philosophie und Praxis des Yoga. In dieser Zeit entschied sie sich, ihr Leben dem Dienst am Nächsten zu widmen. Sie wurde 1956 als Sannyasi initiiert und nahm den Namen Swami Sivananda Radha an. Sie gründete erste Yoga-Zentren in Kanada und verfasste mehrere Bücher, beispielsweise Kundalini Praxis und Geheimnis Hatha Yoga.

Indra Devi (1899–2002) war eine populäre Schülerin von T. Krishnamacharya. Ihr weltlicher Name lautete Eugenie Peterson, sie war Tochter eines Schweden und einer Russin. In Lettland aufgewachsen, besuchte sie die Schauspielschule in Moskau und floh nach der kommunistischen Machtübernahme nach Berlin. Inspiriert durch einige Bücher über Yoga und dem Werk Rabindranath Tagores begab sie sich nach Indien, wo sie unter ihrem Künstlernamen Indra Devi in vielen Hindi-Filmen mitspielte. Als erste Frau aus dem Westen wurde sie Schülerin von T. Krishnamacharya, von dem sie auch ihre Ausbildung als Yoga-Lehrerin erhielt. Danach unterrichtete sie viele Berühmtheiten in den USA, unter anderem Greta Garbo. Später lehrte sie Yoga in Argentinien, nachdem sie 1966 Anhängerin von Sathya Sai Baba geworden war.

Weitere bekannte Schüler von T. Krishnamacharya sind K. Pattabhi Jois und B. K. S. Iyengar. Krishna Pattabhi Jois (1915–2009) war von 1927 bis 1945 Schüler von T. Krishnamacharya. Das von ihm gelehrte Hatha-Yoga-System ist heute unter dem Namen »Ashtanga Yoga« bzw. »Ashtanga (Vinyasa) Yoga« bekannt. Der Name »Ashtanga Yoga« verweist auf den achtgliedrigen Pfad des Patanjali, der den geistigen Hintergrund seines Systems aus Asana und Pranayama bildet. K. Pattabhi Jois bezog sich außerdem auf Krishnamacharyas Vinyasa-Krama-Prinzip. »Vinyasa« bedeutet eine Asana-Praxis, in der die Asana nicht statisch als gehaltene Stellung ausgeführt wird, sondern dynamisch in einer festgelegten Bewegungsabfolge mit dem Atem verknüpft wird.

Der zweite bis heute hin sehr einflussreiche Schüler von T. Krishnamacharya ging einen ganz anderen Weg. Bellur Krishnamachar Sundararaja (B. K. S.) Iyengar (1918–2004) ordnete die Asanas systematisch. Er gilt als einer der führenden Yoga-Lehrer weltweit und praktizierte und unterrichtete Yoga über mehr als 75 Jahre. Er schrieb zahlreiche Bücher über Praxis und Philosophie des Yoga. Die bekanntesten sind Licht auf Yoga, Licht auf Pranayama und Der Urquell des Yoga, die Yoga-Sutras des Patanjali. In vielen Stunden täglicher Übungen und experimentellem Selbststudium verschiedener Techniken entwickelte er seinen unorthodoxen Stil, indem er Hilfsmittel wie Kissen, Stühle, Seile und Holzklötze verwendete, um die Wirkung der Asanas zu steigern oder Probleme der Ausübung aufgrund von Behinderungen zu umgehen.

Seine Tochter Geeta S. Iyengar lehrt seit 1962 Yoga. Sie steht in der Nachfolge ihres berühmten Vaters und hat ein intensives Studium der indischen Philosophie und Medizin absolviert. Sie ist die Leiterin des Ramamani Iyengar Memorial Yoga Institute (RIMYI) in Poona und gibt weltweit Yoga-Seminare. Ihr bereits erwähntes Buch Yoga für die Frau gilt als ein Standardwerk und beeinflusste auch die geburtsvorbereitende Schwangerschaftsgymnastik.

Sei es, um einen Ausgleich zu den erhöhten beruflichen Anforderungen zu finden oder um sich harmonisch auf die Geburt eines Kindes vorzubereiten: Überall auf der Welt sind die Yoga-Kurse nun voll mit Frauen. Die lange Zeit, in der die Disziplin männlich dominiert war, ist vorbei. Selbst Kinderyoga-Kurse werden meist zu einem großen Anteil von Mädchen besucht – die moderne Art des Yoga-Unterrichts scheint uns Frauen anzusprechen!

Frauen waren übrigens auch die Vorreiterinnen bei der Vermittlung von Yoga über das Fernsehen. Ab den 1970er-Jahren unterrichtete Lilias Folan Hatha Yoga im amerikanischen Fernsehprogramm, in Kanada wurde Kareen Zebroffs halbstündiger Yoga-Kurs ausgestrahlt. Und ab Oktober 1973 präsentierte die deutschstämmige Zebroff ihre Übungen auch im deutschen Fernsehen, zunächst unter dem Titel »Yoga für Jeden« in der Sendung Die Sport-Information, dann ab Januar 1975 im Magazin Die Drehscheibe. Gemeinsam mit ihrem Mann veröffentlichte Zebroff 1974 außerdem das Buch Yoga für Mütter und Kinder.