Yoga Guide für Einsteiger - 4 in 1 Sammelband - Mira Blumenberg - E-Book

Yoga Guide für Einsteiger - 4 in 1 Sammelband E-Book

Mira Blumenberg

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Beschreibung

Yogasutra Tatsächlich verbinden die meisten Menschen das Wort Yoga mit dem Bild von jemandem, der sich verdreht und verbiegt oder kopfüber auf seiner Yogamatte steht. Und obwohl diese Bilder in gewisser Weise nicht ganz unwahr sind, sind sie als Beschreibung und von der eigentlichen Bedeutung des Yogas weit entfernt. Diese Bilder sind lediglich das, was uns heutzutage von den Medien vermittelt wird. Zeitschriften, Filme und Werbeanzeigen haben dazu beigetragen, ein unvollständiges Bild darüber zu erschaffen, was Yoga wirklich ist. Mira Blumberg lässt Sie hinter diese Fassaden schauen und hilft Ihnen dabei, ihren Alltag an den ursprünglichen Yoga-Lehren des Patanjali auszurichten. Yin Yoga Entspannungsbäder, Bücherlesen, Beruhigungstees, Lavendel, Spaziergänge, Durchatmen: Kommen Ihnen diese Hilfsmittel bekannt vor auf Ihrer Suche nach mehr innerer Balance und auf dem Weg zu mehr Ausgeglichenheit? Sie sind im Alltag oft leicht reizbar und wünschten sich, gelassener auf viele Situationen zu reagieren? Liegen Sie abends häufig im Bett und fragen sich, wann Sie endlich zur Ruhe kommen und einschlafen können? Dann kann Ihnen dieser Ratgeber möglicherweise weiterhelfen. Pranayama Yoga Schon wieder geht ein stressiger Tag zu Ende und die Aussicht, dass dieser Stress am nächsten Tag weitergeht, lässt Sie nicht schlafen? Sie fühlen sich matt, ausgelaugt und energielos und leiden Sie an innerer Ruhelosigkeit? Sie wollen so nicht weitermachen, wissen aber um keine Möglichkeit zur Veränderung? Sind Sie im wahrsten Sinne des Wortes körperlich und geistig außer Atem? Kundalini Yoga Kundalini; Asanas; Kriya; Chakren. Und was genau hat es eigentlich mit der weißen Kleidung und dem Turban auf sich? Wenn Sie sich diese Frage schon länger stellen oder die zuvor genannten Begriffe nicht ganz zuordnen können - dann sind Sie hier genau richtig! Dieser Yoga-Stil ist auch unter 'Yoga des Bewusstseins' oder 'Yoga der Chakren und Energien' bekannt.

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INHALT

Yogasutra für Einsteiger

Einleitung

Wer war Patanjali?

Das Yogasutra

Yoga als achtgliedriger Weg

Patanjalis Lehre im Detail

KAPITEL I

KAPITEL II

KAPITEL II I

KAPITEL IV

Yoga-Sutra im Alltag

Yin Yoga für Anfänger

Das erwartet Sie in diesem Buch

Ein bisschen Theorie muss sein

Yoga – was ist das eigentlich?

Herkunft von Yin Yoga

Yin und Yang – Bedeutung

Warum Yin Yoga?

Für wen eignet sich Yin Yoga?

Was benötigen Sie für Yin Yoga?

Wir nähern uns der Praxis

Yin Yoga – los geht’s!

Die einzelnen Asanas

Yin-Yoga-Flow

Beispiel einer Yin-Yoga-Sequenz und Gewohnheit

Alles ist eins – und das Eine ist ewig

Pranayama Yoga für Anfänger

Das erwartet Sie in diesem Buch

Das ist Pranayama Yoga

Was bedeutet Pranayama?

Welchen Sinn strebt das Pranayama an?

Warum sollten Sie Pranayama ausüben?

Warum kontrollierte Atmung so wichtig ist

Wie funktioniert unsere Atmung?

Atmung ist Muskelarbeit

Was bewirkt die richtige Atmung im Körper?

Der Einfluss des Pranayama

Reicht tiefes Einatmen?

Auf die Technik kommt es an

Welche Effekte hat die Praxis von Pranayama?

Was sagen Studien zur Wirksamkeit von Pranayama?

Pranayama im Alltag

Worauf es ankommt

Bevor es losgeht

Richtig sitzen, um richtig zu atmen

Pranayama kennenlernen

Mit der (Aus-)Übung beginnen

Mit der (Aus-)Übung fortschreiten

Verschiedene Techniken verbinden

Schnelle Hilfe im Alltag

Einatmen und loslegen

Kundalini Yoga für Anfänger

Das erwartet Sie in diesem Buch

Die Geschichte des Kundalini Yoga

Bedeutung von Kundalini

Herkunft des Kundalini Yogas

Unterschiedliche Traditionen

Kundalini Yoga nach der Shiva-Shakti-Philosophie

Kundalini Yoga nach der Tradition von Swami Sivananda

Kundalini Yoga nach Yogi Bhajan

Zehn Energiekörper nach Yoga Bhajan

1. Die Seele – „soul body“

2. Der negative Geist – negative mind

3. Positiver Geist – the positive mind

4. Neutraler Geist – neutral mind

5. Der physische Körper

6. Bogenlinie

7. Die Aura

8. Prana-Körper (Energiekörper)

9. Subtilkörper

10. Ausstrahlungskörper

Kriyas bzw. Yogatechniken

1. Asanas

2. Mudras

3. Pranayama

4. Bandhas

5. Mantras/Mantren

Die vier Yoga-Wege

Jnana (ausgesprochen: „Njana“) Yoga

Bhakti Yoga

Raja Yoga

Karma Yoga

Verschiedene Arten des Kundalini Yoga

1 Mantra Yoga

2 Nada Yoga

3 Yantra Yoga

4 Laya Yoga

5 Hatha Yoga

Chakren

MULADHARA Chakra – Wurzelchakra

SVADISTHANA Chakra – Sakralchakra

MANIPURA Chakra – Solarplexus

ANAHATA Chakra – Herzchakra

VISHUDDHA Chakra – Hals

AJNA – Stirn / violett

SAHASRARA – Kronenchakra

Übungen zum Öffnen der Chakren

Öffnen des Wurzelchakras

Übung zum Entblockieren des Sakralchakras

Ein Tipp, wie Sie das Nabelchakra wieder öffnen können

Öffnen des Herzchakras

Übungen für das Kehlkopfchakra

Entdecken Sie Ihr „drittes Auge“!

Das 7. Chakra und wie Sie es öffnen können

Allgemeine Chakra- Meditationsübung

Praxis im Kundalini-Yoga

Möglicher Ablauf einer Yoga-Stunde in einem Kurs

Ziele des Kundalini-Yogas

Sind Sie der Kundalini-Typ?

Wirkungen von Kundalini Yoga

Wirkung von Kundalini auf den Körper

Wirkung auf den Geist

Yogasutra für Einsteiger

Entdecke die Seele des Yogas und lerne, die Lehren des Patanjali Schritt für Schritt in deinem Alltag anzuwenden

Mira Blumenberg

Einleitung

Das Leben ist manchmal alles andere als leicht und jeder von uns muss sich täglich neuen Herausforderungen stellen. Das können ganz kleine und alltägliche Dinge sein, aber auch wichtige Entscheidungen, die durchaus einen großen Einfluss auf unser Leben haben. Häufig sind es genau diese Entscheidungen, die Sorgen und Ängste in uns auslösen, weil wir an die möglichen Konsequenzen in der Zukunft denken.

Die Gedanken daran, was möglicherweise passieren könnte und welchen Einfluss das auf unsere Existenz hat, lässt uns etwas ganz Entscheidendes und außerordentlich Wichtiges vergessen – das Leben im Hier und Jetzt. Wir sind nicht da, wo das Leben wirklich stattfindet, und wir sind auf einem guten Weg, uns immer weiter davon zu entfernen.

Die meisten Menschen sind im Jetzt nie vollständig präsent, weil sie unterbewusst daran glauben, dass der nächste Moment wichtiger sein könnte als der, in dem sie sich gerade befinden. Wenn wir unser Leben jedoch unter diesen Voraussetzungen leben, verpassen wir Unmengen an potenziellen „besten Augenblicken“. Wissen Sie, wann Sie das letzte Mal vollkommen gegenwärtig waren? Viele Menschen sind sich gar nicht bewusst darüber, dass sie von ihrem Unterbewusstsein gesteuert und die meiste Zeit weit entfernt von Ihrem reinen Geisteszustand sind.

Ein weiteres Problem ist, dass wir uns mit vergangenen Erfahrungen identifizieren und zulassen, dass unser Verstand die Kontrolle über uns übernimmt. Negative Erlebnisse und damit verbundene Emotionen werden auf aktuelle Gegebenheiten übertragen und hindern uns daran, unvoreingenommen und offen für neue Erfahrungen zu sein. Uns wird schon im Kindesalter beigebracht, das Geld und materieller Besitz eine große Rolle spielen und wir eine langjährige und anerkannte Ausbildung benötigen, um erfolgreich zu sein. Immer mehr Menschen befinden sich in einem ständigen Teufelskreis aus Erfolgsdruck, daraus resultierenden Selbstzweifeln, bis hin zu Depressionen.

Während die einen sich jedoch nicht einmal über das Chaos ihres Geistes bewusst sind, wissen die anderen nicht, wie sie dieses beseitigen oder zumindest organisieren können. Um einen Ausgleich für all das Chaos aus Gedanken und den täglichen Herausforderungen des Alltags zu finden, wenden sich viele Menschen dem Yoga zu, ohne eigentlich zu wissen, welchen Weg sie damit einschlagen.

Tatsächlich verbinden die meisten Menschen das Wort Yoga mit dem Bild von jemandem, der sich verdreht und verbiegt oder kopfüber auf seiner Yogamatte steht. Und obwohl diese Bilder in gewisser Weise nicht ganz unwahr sind, sind sie als Beschreibung und von der eigentlichen Bedeutung des Yogas weit entfernt. Diese Bilder sind lediglich das, was uns heutzutage von den Medien vermittelt wird. Zeitschriften, Filme und Werbeanzeigen haben dazu beigetragen, ein unvollständiges Bild darüber zu erschaffen, was Yoga wirklich ist. Die Wahrheit über Yoga ist etwas viel Größeres. Es ist vielmehr ein Zustand, in dem jeglicher Schmerz und jede Form von Leid vollständig aufgelöst werden können, wenn man sich der Praxis vollständig hingibt. Yoga ist die Kontrolle des Geistes.

Es ist also definitiv mehr als nur ein System aus Bewegung, Entspannung und Dehnübungen. Wahrscheinlich ist es sogar die älteste und heiligste Tradition, die der Menschheit bekannt ist. Ihre Wurzeln reichen mehrere Jahrtausende und weiter zurück als jede andere Religion und jeder andere spirituelle Weg.

Yoga ist eine Tradition, die alle Facetten des Lebens untersucht und der wahren Realität auf den Grund gegangen ist. Sie hat die Geheimnisse des Lebens dort entdeckt und das Wissen offen für all diejenigen bereitgestellt, die danach streben, ein Teil davon zu sein. Ganz egal, an welchem Punkt Sie sich gerade befinden, Sie können immer und zu jeder Zeit mit der Praxis beginnen.

Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie innerlich aus dem Gleichgewicht geraten sind und Ihr Verstand sich in einem unruhigen und chaotischen Zustand befindet, ist dies Ihr Ausgangspunkt. Wenn Sie sich körperlich schwach, ungesund und unwohl fühlen, kann auch dieser Zustand ein Anfang sein. Yoga ist immer dann bereit, wenn Sie es sind. Es bietet nicht nur den weisesten, sondern auch den praktischsten Rat für jeden Menschen in jeder Lebenssituation, ganz unabhängig von dessen Persönlichkeit, Alter, Beruf oder Bildungsniveau. Yoga ist ein System für Ihre ganzheitliche Entwicklung, also die Entwicklung auf allen Ebenen – körperlich, mental und spirituell.

Es geht darum, Ihren Verstand von jeglicher Illusion und unbewusster Konditionierung zu befreien, sodass Sie die Kontrolle über Ihr Bewusstsein erreichen und Sie Ihr volles Potenzial ausschöpfen können. Das Einzige, das Sie bislang davon abhält, zu erkennen, dass alles auf der Welt und in unserem Universum miteinander verbunden ist und Sie ganz allein für Ihre eigene Realität verantwortlich sind, ist Ihr Ego, eine Illusion Ihres getrennten Selbst.

All das, was in Ihrer Realität existiert und für Sie greifbar ist, basiert letztendlich nur auf dem, was Sie für wahr halten. Um das zu erkennen, ist Yoga sowohl Ihr Mittel als auch das Ziel. Die Grundlagen des Yogas können also ein sehr wertvolles Mittel sein, wenn Sie im Chaos Ihres alltäglichen Lebens den wahren Sinn und Ihr wahres Selbst finden möchten.

Doch wie kommt es, dass solch eine alte Tradition unser Leben noch heute prägt? Dafür ist nicht nur das Interesse an einem ausgeglicheneren Lebensstil der Bevölkerung verantwortlich, sondern vor allen Dingen der indische Weise und Gelehrte Patanjali. Er war der Verfasser des wichtigsten Leitfadens des Yogas, der als Wegweiser für alle Praktizierenden gilt, die sich auf die Suche nach ihrer individuellen Verwirklichung gemacht haben.

Wer war Patanjali?

Eine Frage, die sich gar nicht so leicht beantworten lässt. Obwohl er als Vater des modernen Yogas gilt, bevorzugte Patanjali die Anonymität. Die Geschichte über ihn und sein Leben beruht also größtenteils auf Spekulationen. Wie bei vielen anderen großen Persönlichkeiten in der Geschichte gibt es viele Mythen darüber, wer Patanjali war und wann er lebte.

Ganz klar ist jedoch nicht, warum so wenig über jemanden bekannt ist, der als Verfasser des wohl wichtigsten Manuskriptes in der Geschichte des Yogas gilt – des Yoga-Sutras. Patanjali war ein Weiser, der einigen Gelehrten zufolge zwischen 200 v. Chr. und 200 n. Chr. lebte und lehrte. Auch die Geschichte seiner Geburt hat im Laufe der Jahrhunderte fast schon mystische Dimensionen angenommen. Eine dieser Geschichten erzählt von einer Yogini namens Gonika, die befürchtete, dass Ihr Leben zu Ende gehen würde. Eines Tages betete sie zu den Göttern, ihr einen Sohn zu schenken, dem sie all ihr Wissen weitergeben könne. Am Ende ihrer Meditation schloss sie die Augen und schöpfte etwas Wasser in ihre leeren Handflächen, um es dem Sonnengott „Surya“ anzubieten.

Als sie ihre Augen wieder öffnete, befand sich in ihren Handflächen eine kleine Schlange, die menschliche Gestalt annahm. Vor lauter Schreck ließ sie das Kind fallen, was am Ende auch dazu führte, dass sie ihm den Namen Patanjali gab. „Pat“ bedeutet „gefallen“ oder „fallen“ und „anjali“ steht für das „Gebet“. Gonika gab also all ihr yogisches Wissen an ihren Sohn weiter und übertrug ihm somit die Aufgabe, spirituelle Erleuchtung auf die Erde zu bringen.

Diese Geschichte ist wohl der bekanntere Teil über Patanjalis Geburt und Existenz und erklärt auch, warum er bildlich häufig als halber Mensch und als halbe Schlange dargestellt wird. Es gibt jedoch noch eine weitere, sehr mysteriöse Geschichte darüber, wie Patanjali lebte und lehrte. Es heißt, dass er hinter einer Leinwand oder einem Schleier lehrte und niemand sein wahres Gesicht kannte.

Menschen reisten aus ganz Indien an, um mehr von seinem Wissen und seinen Lehren zu erfahren. Zwar zeigte er weder sein Gesicht noch sprach er ein einziges Wort zu seinen Schülern, dennoch heißt es, dass die Menschen den Raum mit all dem Wissen über den einzig wahren Sinn des Yogas verlassen würden. Bevor er mit seiner Lehre begann, stellte er zwei einfache Regeln auf. Die erste Regel war, dass es niemandem erlaubt war, hinter die Leinwand zu schauen.

Die zweite Regel besagte, dass niemand den Raum verlassen durfte, bevor sein Unterricht beendet war. Eines Tages wurde jedoch die zweite Regel von einem seiner Schüler gebrochen. Bei diesem Schüler handelte es sich um einen kleinen Jungen, der so dringend auf die Toilette musste, dass er nicht mehr stillhalten konnte und in seiner Verzweiflung den Raum verlassen hatte. In diesem Moment wurden auch die anderen Schüler unruhig und fragten sich, wer der große Meister hinter dem Schleier war, der seine Lehren so gut vermitteln konnte, ohne dabei auch nur ein Wort zu sagen. Sie hatten keine Hemmungen mehr, nun auch die erste seiner Regeln zu brechen, nachdem einer der Schüler bereits den Raum verlassen hatte.

Seine Studenten hatten sich also dazu entschlossen, einen Blick hinter die Leinwand zu werfen, um das Gesicht ihres Lehrers zu enthüllen. In dem Augenblick, als einer der Studenten den ersten Schritt wagte und es hinter die Leinwand geschafft hatte, sprach Patanjali einen Fluch aus und verwandelte jeden einzelnen Menschen im Raum zu Asche. Als der kleine Junge, der den Raum verlassen hatte, zurückkam, stellte auch er fest, dass alle anderen Schüler zu Asche verbrannt waren. Voller Angst bat er seinen weisen Lehrer Patanjali um Vergebung und Verschonung dafür, dass er die zweite seiner Regeln gebrochen hatte. Patanjali entschied sich, dem Jungen zu vergeben und erwählte ihn aus, der einzige Schüler zu sein, dem er sein Wissen lehren würde. Dennoch ließ er ihn nicht ganz ungestraft davonkommen und verfluchte ihn dazu, ein Geist zu werden und so lange in einem Baum zu verweilen, bis er jemanden findet, an den er nun all sein Wissen weitergeben kann.

Jahrelang verweilte der kleine Geist in dem Baum, weil niemand sich für ihn und die Lehre über die Gabe des Yogas interessierte. Nach einiger Zeit hatte Patanjali Erbarmen mit dem Jungen und entschied sich dazu, selbst zu seinem Schüler zu werden. Der Geist saß also oben auf dem Baum und rezitierte Patanjalis Sutras, während Patanjali selbst diese auf Palmblätter übertrug. Nachdem er jeden einzelnen Vers niedergeschrieben hatte, legten sich die beiden zur Ruhe und bemerkten nicht, dass eine Ziege sich über die Palmblätter hermachte und die Hälfte von ihnen verschlungen hatte.

Ganz unabhängig davon, welche dieser Geschichten nun der Wahrheit entspricht und wer Patanjali wirklich war, besteht kein Zweifel daran, dass er die Geschichte des Yogas prägte und wir noch heute von seiner Praxis profitieren können, wenn wir uns mit dem Yoga-Sutra vertraut machen. Denn wie auch viele Menschen in der heutigen Zeit stellte sich Patanjali die alles entscheidenden Fragen:

„Warum bin ich hier? Was ist der Sinn des Lebens?“.

Diese Fragen beschäftigten und beunruhigten ihn zugleich, weshalb er sich auf die Suche nach Antworten machte. Er wurde zu einem Jignasu – einem Verfolger der Wahrheit. Ein Sucher, der den Weg des Wissens, Lernens und Verstehens des spirituellen Lebens eingeschlagen hatte. Er trainierte sich selbst in jeder Hinsicht und an jedem einzelnen Tag. Er begann, das Geheimnis des Lebens zu verstehen. All die Erfahrungen, die er machte, und all das Wissen, das er in seinem Yoga Sutra Schritt für Schritt niedergeschrieben hat, ist auch heute noch relevant, denn während sich zwar die physischen Verhältnisse der Menschen in den letzten Jahrhunderten drastisch verändert haben, sind die emotionalen menschlichen Erfahrungen gleichermaßen existent. Wir erleben nach wie vor Leid und Frustration als Ergebnis unserer Gedanken und Handlungen.

Wir haben nach wie vor das Ziel, unseren Geist zu beruhigen und unsere Gedanken positiv zu transformieren. Die Suche nach dem Sinn des Lebens, nach Liebe, Glück und Zufriedenheit, ist auch in der heutigen Zeit noch ein großer Bestandteil des Lebens vieler Menschen und erfordert Geduld, Übung und vor allem eines – Bewusstsein.

All das und noch viel mehr lehrte Patanjali schon zu seiner Zeit und verewigte sein Wissen in seinem Yoga-Sutra, das auch in der modernen Yoga-Lehre noch von großer Bedeutung sind.

Das Yogasutra

Ganz kurz gesagt soll das Yoga-Sutra als eine Art Leitfaden für die Wandlung des Geistes dienen, um die höchste Konzentrations- und Bewusstseinsebene zu erreichen. Dieser Weg soll zu einer klareren Wahrnehmung und der Fähigkeit führen, das eigene Selbst zu erkennen und sich von jeglichem Leid zu befreien.

Während die Fakten über den Verfasser Patanjali überwiegend reine Spekulation sind, begleitet uns das Yoga-Sutra mit seinen Lektionen noch bis in die heutige Zeit. Das Wort Sutra stammt aus dem Sanskrit und bedeutet so viel wie „Faden“ oder „Kette“. Das verdeutlicht auch, dass zwar jedes einzelne Sutra auf seine eigene Art und Weise reich an Bedeutung und Tiefe ist, am Ende jedoch alle miteinander zusammenhängen und sich zu dem besagten Leitfaden zusammenschließen. Ein Sutra ist im Prinzip nichts anderes als ein kurzer, aussagekräftiger Vers. Und obwohl jeder dieser Verse aus nur wenigen Worten besteht, ist er von hoher Bedeutung.

Selbst erfahrene Schüler des Yogas können auch nach jahrelanger und konsequenter Praxis immer wieder neue Erkenntnisse aus jedem Sutra erlangen. Jedes Wort in jedem Vers wurde sorgfältig ausgewählt und hat eine ganz präzise Bedeutung, weshalb sie bestenfalls von jemandem gelehrt werden sollten, der den gesamten Weg bereits gegangen ist – von jemandem, der Ihnen dabei helfen kann, die Komplexität jedes Sutras zu verstehen, um diese auch in Ihrem eigenen Leben anwenden zu können.

Ein Yogi, der die vollständige Verwirklichung erreicht hat, kann die Sutras wundervoll und auf eine ganz einfache und verständliche Weise erklären, denn obwohl es mittlerweile viele Übersetzungen des Yoga-Sutras gibt, sind die meisten Interpretationen nach wie vor sehr komplex und für viele Leser und Praktizierende schwer zu verstehen. Insgesamt gibt es 196 Sutras. Jedes von ihnen bietet uns die Möglichkeit, unsere wahre Natur zu erkennen.

Diese 196 einzeiligen Verse sind in vier verschiedene Kapitel unterteilt, welche sich mit dem Unterschied zwischen unserem Verstand und unserem Bewusstsein, den unterschiedlichen Stadien der Erleuchtung, den acht Gliedern des Yogas und der außerordentlichen Kraft der Meditation befassen. Im Wesentlichen geht es aber darum, die ganz großen und essenziellen Fragen unserer Existenz zu beantworten, die sich Menschen schon seit mehreren Jahrhunderten stellen – „Was ist der wahre Sinn des Lebens? Was ist mein ganz persönlicher Lebenszweck?“. Und auch heute stehen diese Fragen für viele von uns noch im Raum.

Das ist mit Sicherheit auch einer der Gründe dafür, dass die Sutras nach wie vor ein wichtiger Bestandteil in jeder Yogalehrerausbildung sind. Denn sowohl damals als auch heute ist Yoga der Weg zur Befreiung von Leid. Nicht nur heute sind die Menschen Ängsten und Stress ausgesetzt, auch die, die schon vor Jahrtausenden Yoga praktizierten, hatten mit den verschiedenen Bewusstseinszuständen und Gedankenströmen zu kämpfen. Die Sutras sprechen genau das an, indem sie uns lehren, wie wir uns jenseits unseres Verstandes bewegen und einen Ort des Friedens und der Gelassenheit erreichen können, der völlig frei von all den Zwängen unserer Gedanken ist.

Bevor wir nun jedoch detaillierter auf die 4 Kapitel und die 196 Verse des Yoga-Sutra eingehen, befassen wir uns mit den acht Gliedern des Yogas.

Yoga als achtgliedriger Weg

In seinem Yoga-Sutra beschreibt Patanjali den Weg zur Befreiung und die Erleuchtung als einen Weg mit insgesamt acht Gliedern, weshalb das von ihm gelehrte Yoga auch Ashtanha-Yoga genannt wird. Der Begriff stammt aus dem Sanskrit und setzt sich zusammen aus den Wörtern „Ash“, was übersetzt „Acht“ bedeutet, und „Tanga“, was für den zweiten Teil, also das „Glied“, steht.

Die acht Glieder des Yogas sind also im Grunde genommen nichts anderes als acht verschiedene vorbereitende Stufen oder Schritte auf dem Weg zur Verwirklichung. Dabei befassen sich die ersten fünf Glieder mit äußeren Praktiken und Gewohnheiten, während die letzten drei sich auf die inneren Methoden beschränken. Patanjali definiert Yoga im Allgemeinen mit den Worten „Chitta Vritti Nirodha – Yoga ist das Zur-Ruhe-Bringen der Gedankenwellen des Geistes oder die Kontrolle über die Unruhe des Geistes.

Unser Verstand gleicht einem Strom aus Gedanken, der ständig wandert. Es geht in erster Linie darum, sich über die Unruhe dieses Stroms bewusst zu werden, bevor Sie damit beginnen können, diesen zu kontrollieren und am Ende dann auch den Zustand der vollkommenen Zufriedenheit zu erreichen. Laut Patanjali erfordert es eben diese besagten acht Schritte, um an diesen Punkt zu gelangen.

1. Der erste dieser Schritte ist Yama. Yama bedeutet wörtlich übersetzt „Kontrolle“ oder „Disziplin“. Es geht darum, sich in gewisser Hinsicht zu disziplinieren und sich an Regeln zu halten. Vielleicht mag das erst einmal etwas befremdlich klingen, weil Kontrolle und Disziplin nicht unbedingt im direkten Zusammenhang mit der eigentlich angestrebten Freiheit stehen. Man könnte aber viel eher sagen, dass es dabei um Grundregeln geht, an die sich jeder Mensch schon allein durch seinen gesunden Menschenverstand halten sollte. Das erste der acht Glieder umfasst insgesamt fünf Yamas, also fünf Disziplinen, die es einzuhalten gilt. Ahimsa steht für Gewaltlosigkeit, Asteya bedeutet Nicht-Stehlen, Satya ist Wahrhaftigkeit, Brahmacharya ist die Disziplin der Enthaltsamkeit und Aparigraha heißt, nur das anzunehmen, was man wirklich braucht oder das Verlangen nach mehr Besitz zu stillen. All diese Faktoren tragen zu einer friedlichen und sozialen Gesellschaft bei.

2. Auch die ebenfalls fünf Niyamas tragen etwas zur persönlichen Verhaltensweise bei. Saucha steht für Reinheit. Reinheit bezieht sich dabei nicht nur auf die körperliche Hygiene, sondern auch auf die Reinheit des Geistes, frei von negativen und schlechten Gedanken. Des Weiteren gehören dazu Santosa, also Zufriedenheit, Tapas – Selbstdisziplin, Swadhaya – Selbststudium und Ishvara Pranidhana – zum einen die Hingabe zu Gott, sofern man an ihn glaubt, und zum anderen die vollkommene Akzeptanz jeder Lebenssituation.

3. Das dritte Glied des Ashtanga Yogas ist Asana. Asana umfasst im Allgemeinen die körperlichen Übungen und Bewegungen des Yogas. Der Begriff Asana bedeutet wörtlich übersetzt jedoch ganz einfach „Sitz“. Ursprünglich war die einzige Haltung im Yoga ein bequemer Sitz, der während der Meditation eingenommen wurde, um Ruhe zu finden und den Körper vollständig auf den Geist zu lenken. Asana beschreibt aber im Grunde genommen und umfassend das Praktizieren von verschiedenen Körperhaltungen. Die Asana-Praxis zeigt, dass ein gesunder Körper und ein gesunder Verstand Hand in Hand miteinander gehen. Ist der Körper nicht gesund und in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt, wird es Ihnen infolgedessen auch schwerer fallen, sich vollständig auf Ihr Inneres zu konzentrieren und zu meditieren. Der Körper funktioniert also nur als Einheit mit dem Verstand und umgekehrt.

4. Pranayama ist der vierte Schritt im Ashtanga Yoga. Pranayama ist die Regulierung und Kontrolle der Atmung. Die Kontrolle über die Atmung ist eng mit der Beobachtung des Geisteszustandes verbunden. Wenn Sie es also durch konsequente Übung schaffen können, Ihren Atem zu kontrollieren, kann Ihnen das im Umkehrschluss auch mit Ihren Gedanken gelingen. Pranayama verleiht dem Geist die benötigte Stabilität und Ruhe, um mehr Bewusstsein zu erlangen. Doch eine kontrollierte Atmung hat nicht nur positive Auswirkungen auf das Bewusstsein über Ihren Gedankenstrom, sondern vor allem auf das Wohlbefinden des physischen Körpers. Weder ein aufgeregter Geist noch ein aufgeregter Körper wirken sich positiv auf einen meditativen Zustand aus. Pranayama führt Sie automatisch zum nächsten Schritt.

5. Pratyahara führt die Aufmerksamkeit des Geistes nach innen und bereitet ihn auf den bevorstehenden meditativen Zustand vor. Im Pratyahara wird der Geist zwar von allen Sinnen und äußeren Objekten gelöst, bleibt sich jedoch über all die inneren Prozesse bewusst. Es könnte fast als ein Zustand beschrieben werden, in dem der Verstand sich seiner inneren Realität annähert und frei von jeglichen äußeren Ablenkungen ist.

6. Dharana ist das sechste von acht Gliedern im Ashtanga Yoga. Bei Dharana geht es um Konzentration. Es geht darum, das Bewusstsein auf einen bestimmten Punkt oder ein bestimmtes Objekt zu lenken. Dieses Objekt kann etwas in Ihrem Inneren, wie ein Teil Ihres Körpers oder ein Chakra, sein, aber auch etwas in Ihrer äußeren Umgebung, wie ein Bild, eine Kerze oder ein anderer bestimmter Gegenstand. Letztendlich spielt es keine große Rolle, um welches Objekt es sich dabei handelt, denn der Zweck ist es, den Geist durch das Bewusstsein und die Konzentration zur Ruhe zu bringen. Wenn Sie sich auf diese Weise konzentrieren, bleibt weniger Raum für andere, vielleicht unerwünschte Gedanken und Erinnerungen. Dharana ist ein sehr wichtiger Schritt auf dem Weg zum nächsten Glied – Dhyana. Sie müssen in der Lage sein, Ihren Verstand zu fokussieren, bevor Sie mit Dhyana beginnen können.

7. Dhyana ist das siebte Glied des Ashtanga Yoga. Das Wort Dhyana kommt aus dem Sanskrit und leitet sich von „Dhyai“ ab, was wörtlich übersetzt „denken“ bedeutet. Dhyana baut auf den vorherigen Schritten Asana, der Körperhaltung, Pranyama, der Kontrolle der Atmung, und Pratyahara, der Kontrolle über die Sinne und der Fähigkeit, den Fokus nach innen zu lenken, auf. Dhyana beinhaltet die Konzentration und Meditation auf einen bestimmten Punkt, mit der Absicht, die Wahrheit darüber zu erfahren. Diese tiefere und kontinuierliche Konzentration des Geistes ist der Schlüssel zu Ihrer Selbsterkenntnis. Dieser Schlüssel öffnet Ihnen die Tür zur Erkenntnis, die Illusion von der Realität zu trennen und das ultimative Ziel des Yogas zu erreichen – Samadhi.

8. Samadhi ist der achte und letzte Schritt auf dem achtgliedrigen Weg des Yogas nach Patanjali. Samadhi ist die höchste Stufe der Meditation und in gewisser Weise auch das oberste Ziel des Yogas. Dieser Zustand geht weit über das eigene Bewusstsein hinaus und verbindet Sie mit etwas viel Größerem – dem universellen Bewusstsein. Es ist ein Bewusstseinszustand, in dem sich das individuelle Bewusstsein in das große Ganze auflöst. Ein direkter Weg zu neuen Erkenntnissen, Ihrer persönlichen Verwirklichung und der Befreiung vom Ego. Samadhi ist weder ein dauerhafter Zustand noch wird er Ihnen rein zufällig begegnen. Es erfordert Übung, Engagement und den Willen, den Verstand zu trainieren und Ihr eigenes Selbst zu erforschen. Samadhi ist die Erleuchtung. Das Verlangen nach materiellem Besitz verliert an Bedeutung und Sie werden erkennen, dass alles und jeder auf der Welt miteinander verbunden ist – frei von Urteilen und dem Drang, sich mit anderen Menschen zu vergleichen. Theoretisch kann jeder Moment in Ihrem alltäglichen Leben eine Gelegenheit sein, Samadhi zu üben und in die Praxis umzusetzen. Versuchen Sie, in jedem Augenblick präsent zu sein, und spüren Sie die Liebe zu sich selbst und zu anderen.

Die acht Glieder des Ashtanga Yogas nach Patanjali bauen zwar aufeinander auf und unterstützen sich gegenseitig, sind jedoch nicht zwangsläufig in dieser Reihenfolge einzuhalten. Sie können zum Beispiel mit dem Üben von Pranayama, also mit der Kontrolle Ihrer Atmung, beginnen, bevor Sie sich körperlich auf Ihrer Yogamatte betätigen.

Dennoch sollten Sie bedacht sein, jedem der acht Schritte zu folgen, um sich in allen Hinsichten weiterzuentwickeln und ein Gleichgewicht zu erreichen. Patanjali hat mit dem Yoga-Sutra und seinem gesamten Inhalt das benötigte Wissen für jeden zur Verfügung gestellt, der bereit ist, diesen Weg zu gehen, und der sich selbst verwirklichen möchte. Wie können Sie jedoch all das in Ihr alltägliches Leben integrieren? Diese Frage haben Sie sich mit Sicherheit schon gestellt, während Sie jeden der acht Schritte aufmerksam verfolgt haben.

Der erste Schritt ist das Verständnis darüber, dass Yoga viel mehr ist als nur die tägliche Praxis auf Ihrer Yogamatte. Es ist wichtig, zu verstehen, dass Sie sich nie ausgeglichen fühlen werden, wenn Sie zwar täglich Asana praktizieren, sich jedoch weiterhin in negativen Gedankenmustern verlieren. Der Körper wird ohne die Unterstützung des Verstandes niemals seinen bestmöglichen Seinszustand erreichen und das Gleiche gilt auch umgekehrt. Patanjali ermutigt uns durch seine Lehre, einen Platz in der Yoga-Praxis zu finden, der mit Leichtigkeit und sowohl mit körperlichem als auch mit seelischem Wohlbefinden gefüllt ist. Wenn Sie bereits einen Yoga-Kurs besucht haben, erkennen Sie möglicherweise jetzt, dass dieser Kurs nicht den gesamten Bereich der eigentlichen Yogalehre abgedeckt hat. Natürlich ist es nicht möglich, die gesamte Lehre und Erfahrung in nur einer einzigen Stunde zu vermitteln, jedoch konzentrieren sich die meisten Kurse größtenteils auf Asana und Pranayama, obwohl diese nur einen kleinen Teil der gesamten Yoga-Philosophie ausmachen.

Im Grunde genommen geht es doch um ein gesundes und erfülltes Leben auf allen Ebenen – körperlich, geistig und sozial, bis hin zu spiritueller Verwirklichung. Der alles entscheidende Schritt, der Ihnen ermöglicht, die acht Glieder des Ashtanga Yogas in Ihren Alltag zu integrieren, ist das Bewusstsein über den gegenwärtigen Moment, das Leben im Hier und Jetzt. Die Yoga-Praxis wird Ihnen dabei helfen, eine Frage auf die Antwort zu finden, was den gegenwärtigen Moment eigentlich definiert und wie Sie Ihre Aufmerksamkeit darin verankern können. Das wird Ihnen jedoch weder über Nacht gelingen noch wird es ein dauerhafter Zustand sein.

Vollkommenes Bewusstsein ist etwas, das Sie Ihr ganzes Leben lang üben und womöglich trotzdem nur wenige Male wahrnehmen werden. Eine tägliche Meditationspraxis wird Ihnen ermöglichen, Achtsamkeit zu trainieren und diese auch auf weitere Lebensbereiche anzuwenden. Es ist ein langer Weg, der viel Einsatz erfordert, Ihnen aber viel mehr zurückgibt, als Sie es sich jemals hätten vorstellen können.

Patanjalis Lehre im Detail

Worum geht es also wirklich in Patanjalis Lehren? Wir wissen bereits, dass er auf der Suche nach Antworten auf die Fragen war, die sich jeder von uns schon mindestens einmal gestellt hat: die Fragen nach dem Sinn des Lebens und den Geheimnissen, die diesem zugrunde liegen. Und auch wenn er diese Frage in seinem Yoga-Sutra nicht vollständig beantwortet, ist die Kernaussage eindeutig und vor allem übertragbar auf das Leben in der heutigen Zeit.

Es geht nach wie vor darum, im Hier und Jetzt anwesend zu sein und darum, die ständigen Gedankenwellen und Schwankungen des Verstandes zu meistern. Eine Fähigkeit, die nur die wenigsten beherrschen und definitiv ein weit verbreitetes Problem in der heutigen Gesellschaft. Patanjalis Sutras erklären die wahre Natur des Verstandes sowie die verschiedenen Bewusstseinszustände und wie diese unser ganzes Leben beeinflussen. Jeder Mensch identifiziert sich automatisch mit dem, was er denkt, was er erlebt hat, und mit den daraus resultierenden Überzeugungen, die sich im Laufe seines Lebens entwickelt haben.

Somit ist also der Grundgedanke des Yoga-Sutras, die Erkenntnis darüber zu erlangen, dass sich hinter dem, was der Mensch glaubt, zu sein, etwas viel Tiefgründigeres befindet. Wir sind viel mehr als nur unsere Gedanken und Erfahrungen. Wir sind etwas viel Größeres. Der Mensch entwickelt sich ständig und in jeder Hinsicht. Wir leben in einem Zeitalter, in dem unsere Technologie ein Maß an Grandiosität erreicht hat, Menschen den Weltraum erforschen und die Tiefen des Ozeans ergründet haben. Die Wissenschaft erforscht den menschlichen Körper und Geist und geht dessen Geheimnissen auf den Grund.

Und trotz all dieser Fortschritte und Möglichkeiten sind wir immer noch völlig desorientiert in Bezug auf unser eigenes Wesen und den wahren Sinn des Lebens. Nach wie vor fühlen wir uns einsam und jeder Tag wird von sämtlichen Ängsten und Sorgen bestimmt, die wir in den meisten Fällen nicht einmal benennen können. Doch was unterscheidet den Menschen letztendlich von allen anderen Lebewesen auf unserem Planeten? Es sind nicht die wissenschaftlichen oder künstlerischen Fähigkeiten und es sind auch nicht die Funktionen des Körpers, die diesen Unterschied ausmachen. Es ist die Kontrolle über sich selbst, die Kontrolle über Gedanken, Emotionen und Gefühle, über sein Handeln und den Umgang mit den Konsequenzen. Immer mehr Menschen gewinnen die Erkenntnis darüber, dass sie weitaus mehr sind als ihre Gedanken, mehr als nur der physische Körper, Emotionen und Erinnerungen. Höchstwahrscheinlich ist genau diese Tatsache der Grund dafür, dass ein Großteil der Menschen immer mehr über Yoga erfahren möchte.

Vielleicht haben auch Sie sich in gewissem Maße schon einmal schwach und verzweifelt gefühlt. Ihnen fehlen die Kraft und die Energie, all Ihre Aufgaben im Leben zu meistern. Sie haben vergessen, wie es sich anfühlt, glücklich und erfüllt zu sein. Patanjali sagt, dass tief in unserem Inneren unendliche Schätze verborgen liegen, die wir ergründen müssen. Doch stattdessen konzentrieren wir uns auf die Schattenseiten des Lebens. Wir identifizieren uns mit materiellem Besitz und der Höhe unseres Vermögens und vergessen dabei völlig, dass die wahren Reichtümer in uns selbst stecken.

Eines der Ziele des Yogas nach Patanjali ist es, diese inneren Kräfte zu entfalten und sich bewusst darüber zu werden, dass es nichts gibt, was wir nicht erreichen können. Menschen sind unglücklich, weil sie nicht dazu in der Lage sind, die wahre Realität zu erkennen und innere Ruhe zu bewahren. Die innere Ruhe des Verstandes zu bewahren ist wahres Yoga. Yoga fordert Sie dennoch nicht dazu auf, vor der Welt wegzulaufen oder sich in der Stille Ihrer Meditation zurückzuziehen.

Yoga soll ein Bestanteil Ihrer Welt sein, jedoch sollen Sie sich nicht in dieser Welt verlieren. Wenn Sie damit beginnen, die Tiefen Ihres Selbst zu erkunden, werden Sie einen Punkt erreichen, an dem Sie mit der wahren Realität des Lebens in Berührung kommen. Dies ist in gewisser Weise auch die Bedeutung des praktischen Teils des Yogas. Der Weg in die Tiefen des inneren Selbst. Diese Tiefen können durch die regelmäßige Praxis von Meditation und Konzentration erreicht werden. Patanjali gibt uns diesen Weg vor und lehrt, dass wir durch diese beiden Praktiken zu erweitertem Bewusstsein gelangen und somit auch unseren Verstand zur Ruhe bringen können.

Unsere Gedanken sind überall zerstreut, ohne dass wir uns darüber bewusst sind. In einem Moment ist Ihr Verstand vielleicht bei Ihren alltäglichen Aufgaben, im nächsten Moment bei Ihren Erinnerungen an eine bereits vergangene Situation, die Sie verärgert hat. Mit anderen Worten: Ihr Verstand ist zu jeder Zeit an einem anderen Ort. Denken Sie darüber nach, welche enorme Kraft Ihre Gedanken an vergangene Erlebnisse oder Eventualitäten in der Zukunft haben können. Mit der Konzentration und dem Fokus auf ein bestimmtes Objekt, das sich auf Ihr Inneres beschränkt, können Sie diese enorme Kraft für statt gegen sich nutzen. Ohne Konzentration kann es kein Yoga geben – selbst die geringste Ablenkung, die kleinste Unterbrechung Ihrer Konzentration, kann die Sicht auf Ihre wahre innere Realität verschleiern.

Die Unruhe des Geistes ist also eines der grundlegenden Probleme, auf die Patanjali in seinen Lehren aufmerksam macht. Er lehrt, dass es eine Notwendigkeit ist, das Verlangen nach materiellem Besitz und Reichtum loszulassen, da dieses Verlangen und die Praxis des Yogas sich widersprechen und somit nicht miteinander zu vereinen sind. Es muss ein Zustand erreicht werden, in dem der Verstand frei von Urteil ist, frei von Vorlieben und Abneigungen. Erst wenn diese Stufe erreicht ist, kann der geistige und übersinnliche Fortschritt wirklich beginnen.

Diesen Fortschritt hält Patanjali in vier Kapiteln und insgesamt 196 Versen fest. Und auch wenn das Yoga-Sutra, wie bereits erwähnt, sehr komplex und nicht ganz leicht zu verstehen ist, haben wir im folgenden Abschnitt versucht, die Verse und Erklärungen dazu so verständlich und alltagsnah wie möglich zu verfassen.

KAPITEL I

SAMADHI PADA - Erleuchtung

Samadhi Pada. Das erste der vier Kapitel des Yoga-Sutras handelt von Erleuchtung. Es geht im Wesentlichen um Konzentration und Meditation. Es beinhaltet 51 der insgesamt 196 Verse, die sich auf den Prozess oder den Weg zur Ganzheit fokussieren. Das Kapitel beginnt mit einer Definition von Yoga als ein Zustand, der erreicht wird, wenn der Geist zur Ruhe kommt. Es befasst sich mit der detaillierteren Definition der Gedankenwellen und erklärt, dass die Ganzheit beziehungsweise die Einheit mit dem höheren Selbst nur dann entstehen kann, wenn der Geist frei von jeglichem Ego-Gefühl ist.

Samadhi Pada ist das Kapitel der Aufklärung und deshalb auch die wichtigste Quelle für die Grundlagen des Yogas. Es geht außerdem um die verschiedenen Bewusstseinszustände des Verstandes, die Wichtigkeit des ständigen Übens und die Auflösung des Verlangens nach materiellem Besitz.

1. atha yogānuśāsanam

„Yoga ist hier und jetzt. Eine Einführung in das Lernen und Üben von Yoga“

Das erste Sutra befasst sich schon mit einer der Kernaussagen des gesamten Buches und dem Sinn hinter Patanjalis Lehren. Es geht um das Hier und Jetzt. Der alles entscheidende Ort ist der gegenwärtige Moment. Das Lernen und Üben von Yoga sind nur dann vollständig möglich, wenn wir uns von den Gedanken an unsere Vergangenheit und Zukunft lösen und uns auf das Jetzt fokussieren. Oft sind eben diesen Gedanken der Grund für Unzufriedenheit oder Sorgen und Ängste. Wenn Sie jedoch im jetzigen Moment einen Blick auf Ihr Leben werfen, werden Sie feststellen, dass Sie rein gar nichts zu befürchten haben. Das erste Sutra gilt ebenfalls als Einleitung, mit der Patanjali den Leser beziehungsweise seine Schüler auf die Lehre über die Übung und Erklärung des Yogas vorbereitet.

2. yoga cittavtti nirodha

„Yoga ist das Bewusstsein über die Unruhe des Geistes“

In erster Linie gilt es, zu erkennen, dass dieser wilde Strom aus unzähligen Gedanken überhaupt existiert, sich bewusst darüber zu werden, dass die Wahrnehmung der eigenen Welt verzerrt ist. Wenn Sie sich in einer Situation befinden, in der Sie sich gestresst fühlen, müssen Sie erkennen, dass Sie ganz allein für diesen Stress verantwortlich sind. Es ist nie Ihre Außenwelt, die sich verändert, sondern einzig und allein Ihre Einstellung dazu. All das, was Sie für wahr halten, ist von Ihrer eigenen Denkweise abhängig. Die Welt so wahrzunehmen, wie sie tatsächlich ist, ist der Zustand, den Patanjali als Yoga bezeichnet.

3. tadā drau svarūpe avasthānam

„Dann kann reines Bewusstsein in seiner ursprünglichen Natur verbleiben“