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Warum lieben Yuppies den Wald so, warum brauchen sie den Wald im eigenen Zimmer so sehr? Yuppies im Wald ist ein Versuch. Ein Versuch, Yuppie zu werden, ein Versuch, kein Yuppie zu sein. Mit Slam-Poesie, visueller Lyrik und Nonsens ruft Yuppies im Wald in die urbanen Naturschutzgebiete durchdesignter Altbauwohnungen. Auf dass etwas zurückschalle!
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Seitenzahl: 45
für die 161
Yuppies
Im
Wald
“man denke an den Yuppie, der narzißtische Selbsterfüllung mit der äußerst asketischen Disziplin des Joggens und gesunden Essens verbindet. Vielleicht hatte Nietzsche das bei seinem Begriff des letzten Menschens im Sinn: [...] in der Verkleidung hedonistischer Askese.” Slavoj Zizek “Lacan”, s. 54
Keine:r möchte Yuppie sein; Jede:r ist Yuppie; Jede:r will Yuppie sein. Yuppie sein bedeutet Zwang und Genuss. Zwang zum Genuss; Zwang durch Genuss; Genuss durch Zwang?
Doch irgend’n dummer Puter unkt,
Das sei kein wirklich guter Punkt.
er hat seine hose verlegen.
er hat seine schulter verlegen.
er hat sich selbst verlegen.
er ist verlegen.
Wieder Mal ein schöner Abend
Mit der Partnerin zu zweit.
Wir uns aneinander labend
Glücklich in der Zweisamkeit.
Es ist schön, dass wir zumindest
Diese Abende verbringen.
Ja wenn du das Glück Mal findest,
Sind die ganzen anderen Dinge,
die dich gerne einmal stressen,
Wie vom Erdboden gekehrt.
Alles schlechte, gleich vergessen,
So lebt es sich unbeschwert.
Treffen manchmal auch noch Freunde
Nach der Arbeit auf ein Bier.
So von sieben bis um neune,
Da am nächsten Morgen wir
Alle wieder voller Eifer
Täglich in die Arbeit gehen.
Nicht so einfach dieses Life - ja,
Es nervt schon früh aufzustehen.
Nur das kannst du halt nicht ändern,
Vor einem Karrieresprung
Brauchst du Anlauf, reines Schlendern
Reicht nicht zur Beförderung.
Und selbst nach den längsten Tagen -
Du willst direkt in dein Bett,
Lässt sich doch grundsätzlich sagen,
Eigentlich ist alles nett.
Weil sich unsere Mühen lohnen!
An sich ist doch alles fein!
Schau nur, wie perfekt wir wohnen,
Da kann man nicht traurig sein.
Eiche, Fischgrät unser Boden
fast wie neu, er glänzt so sehr.
Unsere Decke so hoch oben
Als ob‘s die der Nachbarn wär.
Weiße Wände, schöne Möbel,
Wir ham‘s uns schon nett gemacht.
Weißt du noch, wie wir wie Pöbel,
Als Studenten Tag wie Nacht
In der Fünfer-WG froren,
Weil die Heizung nicht so tat?
Diese Angst haben wir verloren
Dank dem neuen Thermostat.
Ja sie gluckert still die Heizung,
wenn wir wollen, ist es warm.
Nur durch unsre eigne Leistung
Geht‘s uns gut, wir sind nicht arm.
In rein finanzieller Hinsicht,
Kann ich ehrlich sagen: - Topp! -
Etwas anspruchsvoller find ich,
Mal zu hinterfragen, ob
Dieses Leben, das wir führen
Mehr als nur gemütlich ist
Und der Luxus den wir spüren,
Lebensqualität bemisst.
Klar, wir hatten andere Träume,
Als das Studium einst begann:
Bunte, ferne Lebensräume
Schienen beinah nahe, dann
War nur vier, fünf Jahre später
Klar, dass dieser Lebensweg
In die Erfolgsparameter
Eine fette Schneise schlägt.
Und man kann ja noch zukünftig
reisen - alle Türen auf,
Nur zählt jetzt erst mal vernünftig
Und da nimmt man halt in Kauf,
Dass die Arbeit, die ich mache
Schon am Anfang fad erschien
Und die angestrebte, flache
Hierarchie in meinem Team,
Trotz sofort geduzter Chefin
Kaum Realität entspricht.
Bei den abendlichen Treffen
Mit Kollegen eher schlichte
Langweilige Themen
Unseren Abendtalk bestimm‘.
Jedoch: man muss sich benehmen
Und es ist nicht weiter schlimm.
Es gibt ja auch schöne Dinge,
Wie mein neues Messerset!
Schöne Griffe, scharfe Klinge
Jedes Exemplar ein Brett:
Eines klein, zum Zwiebeln schneiden.
Für Tomaten eins gezackt.
Jedes Messer kann ich leiden,
Mit dem allergrößten hack’
Ich für Gäste frische Kräuter.
Ich Koch leidenschaftlich gern.
Schmeckt das Essen dann den Leuten,
Ist der Alltag sofort fern.
Es sind immer nette Runden -
Schon der engste Freundeskreis,
Den ich so für ein paar Stunden
Jeden Monat um mich weiß.
Früher war das superwichtig -
Oberste Priorität.
Jetzt wirkt’s leider etwas nichtig,
Da es doch um Anderes geht.
Aber sich zu unterhalten,
Zeigt, dass sie nicht weiter sind
und das glättet Sorgenfalten,
ist was mich fast heiter stimmt.
Denn so rein in der Karriere
Fühl ich mich noch nicht so weit.
Wenn‘s bei denen anders wäre
Gäb‘s noch mehr Unsicherheit.
So geht‘s allen ca. ähnlich,
Was uns alle etwas stört.
Nur ist das nicht ungewöhnlich,
Weil es halt dazugehört.
Das ist einfach unverrücklich!
Anders geht es nun mal nicht!
Sind im Rahmen wohl so glücklich,
Wie‘s den Umständen entspricht.
Eigentlich kann ich nicht klagen.
Grundsätzlich fühl ich mich wohl.
Nur hör ich mich das so sagen,
Klingt es leider etwas hohl.
In manch so einer Hungersnot,
Du spürst die Leere nagen,
Hilft meist ein Marmeladenbrot,
Das landet schnell im Magen.
Und wenn im Marmeladenglas
Nichts rauszukratzen wäre,
Bewirken Butterbrote das
Vergessen dieser Leere.
Nun kommt, denk ich bei jedem Mal,
Die Butter auch abhanden.
Da hast du keine andere Wahl,
Und isst einfach den Kanten.
In den zwei, vielleicht drei Jahren,
Die so grob vergangen waren,
Seit die Beeren von dem Strauche,
Nicht direkt in meinem Bauche,
Sich gegessen wiederfanden,
Sondern noch in Schalen standen,
Da zum künftigen Verzehre
Marmelade praktisch wäre,
Stellte sich nach Koch-Aktionen,
Nelken, Zucker und Zitronen,
Mischverhältnistestversuchen,
Leiser Freude, lautem Fluchen,
Teilweise auf Omas Spuren,
Teils nach neuen Rezepturen,
Streichverhaltenoptimieren,
Semmeln, Hörnchen, Brote schmieren,
Raus, dass ich, sei’s durch den Stress,
Am Morgen lieber Müsli ess!
Jahre sind vergangen, seitdem
Dieses Glas entstand.
Am Regal vorbei zieh’n Zeiten.
Wo es sich befand.
Seit ich einst die Früchte pflückte,
Ist so viel passiert.
Wie die Marmelade glückte,
Süß und leicht passiert.
Wie viel ging seitdem verloren,
Wohl auch an Geschmack?
Wie viel ist im Glas vergoren,
Das ich gerade pack?
Ekelhaften Zukunftsängsten