Zeit für Deine Seele - Dorothea Neumayr - E-Book

Zeit für Deine Seele E-Book

Dorothea Neumayr

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Beschreibung

Nach dem Erfolg von "Zeit für Achtsamkeit" lädt Dorothea Neumayr in das weite Land der Seele ein und gibt dem Leser 7 Schlüssel für Herzensfreude und Glück an die Hand. Jedes Kapitel ist wie ein kleines Kursbuch für einen besonderen Aspekt: innere Balance, Achtsamkeit, Dankbarkeit, Loslassen, Vergeben, Einssein mit der Natur und Liebendes Bewusstsein. Die Autorin ermutigt anschaulich und einfühlsam, mit Inspirationen, kraftvollen Übungen und Meditationen der inneren Stimme zu lauschen und der Seele Raum zu geben.

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Für Steffi

als Wegbegleiter

In Dankbarkeit meiner Mutter

für die liebevolle Weisheit, die sie uns schenkt

Inhalt

GELEITWORT

ERSTER SCHLÜSSEL: Eins mit der Natur

ZWEITER SCHLÜSSEL: Achtsamkeit

DRITTER SCHLÜSSEL: Dankbarkeit

VIERTER SCHLÜSSEL: Liebendes Bewusstsein

FÜNFTER SCHLÜSSEL: Vergeben

SECHSTER SCHLÜSSEL: Loslassen

SIEBENTER SCHLÜSSEL: Einklang

DIE AUTORIN

Impressum

Tief in uns ist etwas, das jenseits von Kopf und Herz unser Leben erleuchtet – unsere Seele. Sie ist jenseits aller Grenzen von Raum und Zeit, folgt ihrer eingeborenen Weisheit und lässt uns ohne Verstand verstehen, ohne Augen sehen. Wir spüren sie in diesem ersten verschleierten Blick, mit dem ein Neugeborenes seine Mutter anschaut. Wir erkennen sie in einem Lächeln, einer Berührung, in einer Erinnerung. Die Seele ist, was einem Augenblick Unsterblichkeit verleiht, manchmal Andacht erweckend – nichts kommt ihr gleich.

Lass Dich willkommen heißen im Reich Deines inneren Gartens!

Das Paradies wartet in uns – dort, wo alle Sehnsucht ihr Ziel und ihren Ursprung hat –, wir brauchen es nur aufzusuchen. Stille im Geist und Ruhe im Körper sind Schlüssel zum Eingang in unser inneres Zuhause – nirgendwo sonst sind wir geborgener als hier, wo alle Sorgen, alle Wünsche enden. Unser Weg ist ein Pfad in wachsenden Ringen, der uns dorthin führt, wo alles sich endlich vollendet und heilt – ein Fließen, das in seine Quelle mündet. Vertrauen erfordert der Weg in unsere Mitte, Muße, Geduld und Liebe braucht es als Wegzehrung. Keine Wegbeschreibung kann die eigene Suche ersetzen, jeder hat seinen Kompass auf der Reise, an deren Ende wir uns selbst begegnen.

In Wahrheit sollte dieses Buch leere Seiten haben, damit jeder, der es öffnet, die Melodie seiner Seele hineinatmen kann und seine eigensten Seelen-Bilder malen. Dennoch habe ich sieben Schlüssel zu Herzensfreude und Glück gefunden und für Dich in ein blaues Band gewebt.

Der erste Schlüssel ist die Natur, ist sie doch die Heimat der Seele. Auf den Gipfeln der Berge wohnt sie in tiefster Stille, in einer zarten Blüte entdeckt sie ein offener Blick. In Zeiten der Flüchtigkeit weitet sich die achtsame Schau auf die Schöpfung und lässt uns erkennen, was uns täglich geschenkt wird, dies ist der zweite Schlüssel.

Dankbarkeit ist der dritte Schlüssel zu Momenten des Glücks. Sie lässt uns spüren, dass das Leben ein einziges Geschenk ist. Der vierte Schlüssel öffnet unser Herz, damit wir seiner Melodie lauschen und uns selbst und andere so annehmen, wie wir sind. So webt sich mein Band im Achten, Danken und Lieben. Es ist der Fluss, der heilt – Wandel ist unser steter Begleiter im Leben. Veränderung trägt uns dorthin, wo unser Platz ist, wo unsere Heilung und Erfüllung warten. Vergeben und Loslassen sind die nächsten Schlüssel, damit alles durch uns und in uns fließen kann. Innen wie außen. Im Kleinen wie im Großen. Dann können wir uns öffnen, wo wir verschlossen sind, freilassen, was uns beengt. Das Leben wird wieder zum Fluss und wir sind stimmig – im Einklang mit uns und der Welt.

Genau darin liegen der Zauber und der siebente Schlüssel verborgen.

Du kannst dieses Seelenbuch Kapitel für Kapitel in diesem Reigen lesen oder das Thema auswählen, das Dich gerade am meisten beschäftigt. Eine schöne Möglichkeit wäre, Deine Augen zu schließen und eine Seite intuitiv aufzuschlagen, Du wirst bestimmt das Richtige finden – die Stimme Deiner Seele führt Dich mit liebender Hand.

Wie auch immer Du Dein eigenes Seelenband weben wirst, ich wünsche Dir, dass Du jeden Tag Zeit für Deine Seele findest und das Buch Dir zur Freude und Inspiration wird. Mögen die sieben Schlüssel Deiner Seele Balsam sein und Dich ein Stück auf Deinem Weg begleiten!

Ich wünsche Dir Glück, Deinem Herzen Liebe, Deiner Seele Höhenflüge!

Von Herz zu Herz,

von Seele zu Seele,

Dir nahe,

ERSTER SCHLÜSSEL

Eins mit der Natur

»Die Freude im Himmel finden, in den Bäumen, in den Blumen. Es gibt überall Blumen für die, die sie sehen wollen.« Henri Matisse

Allein sein unter dem Himmel, unter dem stillen Grün der Blätter.

Augenblicke ohne Wünsche. Eins mit sich und der Welt.

Man wird bescheiden, wenn man das buchstäblich Unfassbare der Natur erkennt und die Fülle ihrer Weisheit wahrnimmt. Sie bringt uns zum Staunen – ganz gleich, ob religiös oder wissenschaftlich motiviert –, alle sind sich einig, dass die Natur ein einziges Wunder ist. Sie hat zwar ihre eigenen Gesetze, wie die Dinge in ihr geschehen sollen, wir jedoch haben einen sicheren Platz in ihrem Plan. Nicht von ungefähr nennen wir sie »Mutter Natur«, sie schenkt uns Glücksgefühle, Energie und tiefe Entspannung, sie ist unsere Seelen-Heimat.

Die mittelalterliche Mystikerin Hildegard von Bingen sagte: »Es gibt eine Kraft aus der Ewigkeit und diese Kraft ist grün.«

Diese heilige Farbe ist für sie eine »Herzkraft himmlischer Geheimnisse, die die Herrlichkeit des Irdischen nicht fasst.« Das große Glück, das uns der Himmel schenkt.

In den letzten Jahren haben auch Medizin und Naturwissenschaft den Wert der Natur und hier vor allem des Waldes als wohltuenden und heilsamen Ort erkannt. »Waldbaden« ist Medizin pur!

Ganz gleichgültig, wo wir uns in der Natur aufhalten – ob in der Stille eines Waldes, auf einem einsamen Berggipfel, einer duftenden Blumenwiese, an einem kristallklaren See oder am weiten Meeresstrand –, überall lässt sie uns eine Stimme hören, die in vertrauten Lauten zu unserer Seele spricht.

»Die Natur muss gefühlt werden«, schrieb der Naturforscher Alexander von Humboldt im Jahr 1799 an seinen Freund Johann Wolfgang von Goethe, »sie ist wie Balsam voll wundertätiger Heilkräfte.«

Um das zu spüren, brauchen wir keine Studien, keine Bücher oder Anleitungen. Wir müssen nur wie Kinder offenen Herzens ins Grüne hinausgehen, uns an den kleinen Dingen freuen und wieder staunen lernen. Dabei gehen Natur und Achtsamkeit Hand in Hand, sie sind eine Einheit. Wir wandeln uns und wachsen in dem Maß, wie wir Zeit mit Pflanzen verbringen, eine Blüte in ihrer Schönheit auf uns wirken lassen, in der Zeitlosigkeit der Natur Ruhe finden. Pflanzen sind Brückenbauer zwischen Himmel und Erde – mit unserem geheimnisvollen sechsten Sinn können wir in ihnen das verborgene Wesen von Mutter Natur erkennen. Der Schlüssel dazu ist Achtsamkeit, Dankbarkeit und die Liebe zu allen Lebewesen. In der Natur schenkt sich jedem, der sie bewusst erlebt, ein Raum für Gedanken und Gefühle, für Stille und innere Bilder. So kann sich der Lichtfunke offenbaren, der in jedem Kraut, in jedem Wassertropfen, in jedem Duft, in jeder Wurzel, in allem verborgen ist. Das Geschehen in der Natur wird zu Bildern der Seele. Schon wenn wir uns ein wenig dafür öffnen, spüren wir, dass uns die Natur heil und gesund macht. Die Erde schenkt uns ihre Gaben, in jeder Pflanze steckt ein Stück ihrer Lebenskraft. Wenn wir sie mit Dankbarkeit annehmen, wird sie zur Ressource für die Balance von Leib und Seele, wird sie uns Medizin sein.

Wir können diese Haltung nicht lernen, wir müssen unser Herz dafür öffnen, um das selbstlose Geben unserer Mutter Erde im Wachsen der Pflanzen, im Reifen ihrer Früchte zu erkennen.

In früherer Zeit war alles, was wuchs, und besonders die Heilpflanzen den Menschen heilig. Sie sammelten sie innerhalb von Ritualen, sprachen Gebete dabei und verarbeiteten sie achtsam und dankbar.

Sie wussten um das Wesen der Pflanzen – Sagen, Mythen und alte Pflanzennamen sind Relikte dieses alten, tiefen Wissens.

Vor langer Zeit schrieben die Essener: »Kein Mensch kann lange leben, noch glücklich sein, wenn er seine Mutter Erde nicht ehrt.« Diese alte Weisheit ist heute beinahe in Vergessenheit geraten.

Es heißt, Blumen seien die Liebesgedanken der Natur. Mit der Anmut ihrer Blüten erfreuen sie jedoch nicht nur unser Auge und berühren unser Herz, ihre süßen Düfte bringen auch unsere Seele ins Gleichgewicht und in ihren verborgenen Essenzen liegt der Schlüssel zur Heilung des Körpers, zu Schönheit und Jugend.

Der englische Arzt Dr. Edward Bach (1886–1930) war einer der ersten, der sich nach Hildegard von Bingen, dem großen Arzt des Mittelalters Paracelsus und dem Begründer der Homöopathie Samuel Hahnemann, wieder den Seelenkräften der Pflanzen zuwandte. So notierte er: »Krankheit ist ein Mittel, dessen sich unsere Seele bedient, um uns auf jenen Pfad der Wahrheit und des Lichtes zurückzuführen, den wir nie hätten verlassen sollen.« Er hatte in seiner langjährigen medizinischen Praxis festgestellt, dass Krankheiten überwiegend aus seelischer Disharmonie entstehen.

Von seiner großen Sensitivität geleitet, suchte er so lange in der Natur, bis er eine passende Pflanze fand, die bestimmte Symptome zum Abklingen brachte. Es war Dr. Bach möglich, sich intuitiv einer Pflanze zuzuwenden, ihren Tau aufzunehmen und zu erkennen, welchen Gemütszustand sie ausgleichen konnte. So entdeckte er zunächst zwölf Blüten, die »12 Heiler« und entwickelte daraus ein System mit 38 Grundheilmitteln aus frischen Blüten wildwachsender Blumen, Sträucher und Bäume, die besonders die Seelenkräfte ansprechen. Seine Heilmittel haben inzwischen vielen Menschen geholfen und auch für Tiere gibt es verschiedene Mixturen. Wichtig ist bei der Behandlung mit Bach-Blüten der Gedanke, dass man eine Pflanze nicht »gegen« etwas einsetzen sollte, sondern »für« etwas.

»Das Äußere einer Pflanze ist nur die Hälfte ihrer Wirklichkeit«, beobachtete der Dichter und Naturforscher Goethe.

Wer mit Heilkräutern umgehen will, braucht Achtung und Wertschätzung vor der Pflanze, denn diese ist nicht nur ein Lebewesen, sie hat auch Bewusstsein und kann angesprochen werden. Die Seele der Pflanze ist es, die den Menschen Heilung bringt, nicht nur ihre Inhaltsstoffe. So hat mich manchmal der Name einer Pflanze oder ihre Signatur dem Verständnis ihrer Wirkung nähergebracht als die Liste ihrer Wirkstoffe. Die Signaturenlehre besagt, dass Heilpflanzen Kennzeichen tragen, die verraten, welche Krankheiten sie heilen können. Zum Beispiel zeigen die Blätter des Lungenkrauts an der Oberfläche gut sichtbare »Lungenbläschen«.

Will man etwa Heilpflanzen ernten, dann sollte man sich vorher bewusst einstimmen und die Seele der Pflanze um Erlaubnis bitten. Nachdem Heilkräuter offensichtlich keine Ohren haben, um unsere Botschaften zu vernehmen, sollten wir lernen, anders als gewohnt mit ihnen zu kommunizieren und das braucht ein bisschen Übung.

Am besten stimmen wir uns ein, indem wir nichts erwarten, indem wir Zeit mitbringen, um still zu werden, damit wir die Kraft und Essenz der Pflanze wahrnehmen können: einfach nur sitzen, still werden, alle Einzelheiten von ihr aufnehmen, ihren Duft riechen, ihre Energie spüren.

Pflanzenverbündete finden

Die Erde ist beseelt. Wir haben alle Verbündete in der geistigen Welt, die uns stärken und heilen können, die uns Kraft schenken.

Wir alle haben Pflanzenverbündete, Tierverbündete, die uns begleiten.

Nimm Dir etwas Zeit, geh hinaus ins Grüne und such Dir einen Platz, an dem Du Dich wohlfühlst.

•Nutz den Weg, um mit Deiner Aufmerksamkeit vom Kopf ins Herz zu kommen, atme dabei tief und entspannt. Geh bewusst, langsam und achtsam, sodass Du beim Gehen wahrnehmen kannst, wie Deine Fußsohlen den Boden berühren. Wie fühlt sich Mutter Erde an? Welche Spuren hinterlässt Du beim Gehen?

•Wenn Du Deinen Platz intuitiv gefunden hast, dann schließ für ein paar Augenblicke Deine Augen und bitte Deine Pflanzenverbündete, sich zu zeigen.

•Lass Dir Zeit und nimm sie wahr. Und dann beginn ruhig mit der Pflanze zu atmen. Spür Dich selbst als Teil der Natur und fühl dabei die innere Verbundenheit mit Deiner Pflanze.

•Schließ Deine äußeren Augen, damit sich Dein Herz weit öffnen kann, und schick Deiner Pflanze einen herzlichen Gefühlsgruß. Nimm Dir jetzt Zeit, eine Antwort zu empfangen – das kann ein Duft sein, ein Geschmack, ein Gedanke oder ein inneres Bild.

•Versuch, ihre Energie zu empfinden und in Dich aufzunehmen. Lass zu, dass sich Deine inneren Sinne melden, Deine Hellsichtig und -fühligkeit.

•Deine Intuition wird Dir sagen, wann es Zeit ist, die Kommunikation zu beenden. Bedank Dich und lös Dich wieder von den inneren Bildern, atme ein paar Mal tief ein und aus und komm wieder ganz bei Dir an.

Im 12. Jahrhundert schrieb Hildegard von Bingen von dem heilenden Band zwischen Mensch und Natur, das sie »Grünkraft« nannte. Man weiß heute beispielsweise, dass Pflanzen mit unserem Immunsystem kommunizieren und uns heilen, ohne dass wir sie berühren müssen –geschweige denn schlucken.

»Oh große Kräfte sind’s, weiß man sie recht zu pflegen, die Pflanzen, Kräuter, Stein’ in ihrem Innern hegen.«

William Shakespeare

Jede Pflanze ist ein Lebewesen, in dem ein Bild liegt und eine Wirklichkeit mit einer unendlichen Vielfalt an Heilstoffen für Körper und Seele. Wir wissen, dass Bilder eine große physische und psychische Wirkung auf uns haben. Wenn es durch Glück oder Intuition gelingt, die richtige Heilpflanze, das richtige Bild zu finden, dann können wir heil werden.

Jede Pflanze ist ein wundervoller Mikrokosmos, eingebunden in den Makrokosmos der Erde und des Weltalls. Ich, und mit mir alle Wesen dieser Erde, stehen in Beziehung zu ihr, das sollte ich nicht nur erkennen, sondern auch wertschätzend annehmen. Diese Anerkennung zeigt sich im Respekt, innerer Achtsamkeit und Verneigung vor dem Leben.

Wenn wir die Schönheit und Heilkraft des Grüns wiederentdecken und uns unserer Verantwortung dafür bewusst werden, könnten wir auch darauf achten, nur so viele Pflanzen zu sammeln, wie wir wirklich brauchen, und uns Gedanken darüber machen, wie wir diese heilenden Geschenke schützen können.

Es ist mir ein Anliegen, dass Wildkräuter und Heilpflanzen nicht wahllos gepflückt werden, denn das bedarf großer Ehrfurcht und Demut. Am bedeutsamsten ist es, auf die intuitiven Botschaften zu achten und seinem Gefühl zu vertrauen. Man sollte nur eine Pflanze abschneiden, zu der man eine Beziehung aufgebaut hat und von der klar ist, dass sie zu einem passt und auch mitkommen will. Wenn ein Zweifel auftaucht, ob ich sie überhaupt brauche, bleibt sie stehen. Wenn sich eine Pflanze schwer finden oder nicht abpflücken lässt, wird sie nicht mitgenommen. Wenn mir ein Kraut nicht sympathisch ist, nützt es nichts, wenn seine Inhaltsstoffe gepriesen werden, andererseits kann ein völlig unscheinbares Kräutlein, das mich anspricht, genau richtig sein für mich.

Als Kind bin ich am liebsten draußen in unserem wilden Garten gewesen mit seinen alten Apfelbäumen und hohen Fichten, mit den Stachelbeersträuchern und den Vergissmeinnicht unter den duftenden Rosen. Wir waren vier Geschwister und hatten das große Glück, dass unsere Eltern ein altes Holzhaus zu unserem Heim gemacht hatten. Unser Nachbar war ein Bauer mit weiten Wiesen und Feldern, mit Kühen, Schweinen und Hühnern. So war unser Paradies nicht auf den Garten beschränkt, sondern schier unendlich. Was gab es Schöneres, als im Frühling Wiesenblumen zu pflücken, Löwenzahnketten zu basteln und im Sommer im warmen duftenden Heu Verstecken zu spielen?

Die Natur hat mich von klein auf geprägt und meine Mutter hat diese Liebe gefördert, indem sie mir Blumen und Kräuter erklärt hat und beim Wandern in den Bergen auch die Alpenflora. So war ich schon als Fünfjährige mit Alpenrosen, Enzian und Edelweiß vertraut und erkannte die Soldanelle am Rande des Gletschereises. Meine Mutter hat mir den Blick für die kleinen Dinge geschenkt wie auch für die ganz kleinen, und sie hat mich die Dankbarkeit gelehrt. Das Allerwichtigste aber: Ich lernte, dass jede Pflanze ein Lebewesen ist, dem man mit Respekt und Achtung begegnen sollte.

Mein Freund war ein großer alter Apfelbaum, dessen Krone mir Zufluchtsort war und Heimat, wo ich träumen konnte jenseits von Zeit und Raum, der die Klangfarben meines Herzens berührte und meine Fantasie beflügelte. Eines Tages neigte er sich ganz langsam unter der Last seiner Früchte mit einem lauten Seufzen zur Seite und starb. Nie werde ich diesen Laut vergessen, nie dieses Bild aus meinem Herzen löschen können – seither weiß ich, dass jede Pflanze eine Seele hat.

Als Kinder verbringen wir, wenn wir das Glück haben, viel Zeit im Freien. Der Garten, die Wiese, das kleine Bächlein sind ideale Spielplätze, sie schenken Raum zum Träumen, Staunen und Fantasieren. Wir hören Märchen und lesen Geschichten, in denen Pflanzen und Tiere sprechen können und fühlen, dass wir dazugehören, spüren Nähe. Der Alltag wird verzaubert und das ganz normale Leben mit Sternenstaub bestreut. Je älter wir werden, desto mehr wird das als kindliche Spinnerei, als Märchenglaube abgetan, von dem wir uns lösen müssten, um endlich vernünftig zu sein. Ganz zu Unrecht, denn die Beziehung zu Pflanzen ist uns ein Urbedürfnis, weil wir spüren, dass sie uns die Tür zu einer anderen Dimension des Seins öffnen. Ihre Schönheit, ihre Anmut, ihre unendliche Vielfalt erinnert uns an die schöpferische Kraft des Lebens, verbindet uns mit dem Reichtum der Natur.

Eine wundervolle Möglichkeit dem Leben und der Natur auf die Spur zu kommen, besteht darin, sich einen Baum auszusuchen, vor der Haustüre oder im Park um die Ecke, und ihn bei seiner Reise durch die Jahreszeiten zu beobachten. Wichtig ist, dass man ihn am Tag und in der Nacht und zu allen Jahreszeiten besucht, um zu erleben, wie er die ersten Knospen trägt, die ersten zarten grünen Blätter entfaltet, wie er in voller Blüte steht. Da zu sein, wenn er im Sommer ein dichtes Laubdach hat, das sich im Herbst in leuchtendes Rot und Gelb verfärbt, wenn er im Winter seine kahlen Äste zum Himmel streckt, vielleicht sogar von Schnee bedeckt. Ihn zu sehen, zu riechen, zu schmecken und zu hören, zu erkennen, dass er Lebensraum bietet für unzählige Lebewesen.

Mein Freund der Baum

Ein Baum kann unser Freund sein, stark und verlässlich wie ein großer Bruder, der uns beschützt und Mut macht. Er kann uns Kraftquelle und Inspiration sein.

•Geh langsam auf Deinen auserwählten Baum zu und spür ganz bewusst die Grenze, an der sein Raum beginnt. Begrüß ihn von Herzen und warte auf die Erlaubnis, näher zu kommen. Vielleicht kannst Du um ihn herumgehen und die richtige Seite suchen, um sein Energiefeld zu betreten.

•Find die jeweils stimmige Art der Kontaktaufnahme, wenn Du sein Energiefeld betrittst. Setz Dich unter den Baum, lehn Dich an seinen Stamm, lausche dem Wind in seiner Krone und schließ Deine Augen. Warte, anstelle etwas zu erwarten! Wenn sich Dein Energiefeld dem des Baumes angepasst hat, entsteht ein gemeinsames Feld. Dann hast Du den Kontakt zu Deinem Baum hergestellt und kannst Informationen austauschen.

•Stell Dir vor, wie weit seine Wurzeln reichen, wie tief sie im Boden verankert sind. Beobachte, wie die Äste dem Himmel zustreben, wie sich die Blätter, die Blüten dem Sonnenlicht öffnen.Umarme seinen Stamm, fühl seine Rinde, atme seinen Duft.

•Sei ganz im Augenblick. Welche inneren Bilder steigen auf, welche Gefühle, Empfindungen im Körper? Bleib ganz bei Dir und gleichzeitig offen für die Schönheit dieses Lebewesens.

•Stell Deinem Baumfreund eine Frage, erzähl ihm Deine Sorgen, von Deiner Freude. Halte es wie Erich Kästner: »Mit Bäumen kann man wie mit Brüdern reden und tauscht bei ihnen seine Seele um.«

•Wenn Du den Baum verlässt, vergiss nicht, ihm für das, was er Dir gegeben hat, zu danken. Gleichgültig, ob Du ein Blatt, ein inneres Bild oder ein Gefühl mitnimmst, und verabschiede Dich auf Deine eigene Art und Weise.

Mach immer wieder einmal ein inneres oder konkretes Foto, eine Zeichnung von Deinem Baum in Grün, in Weiß, in Bunt, mit Blüten oder Früchten und schreib Deine Gedanken dazu.