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Dieses Buch enthält Zen-Geschichten, die einen Blick auf das Wesentliche eröffnen und zur Achtsamkeit einladen, für unsere Gegenwart neu erzählt und in einer wunderschönen Gestaltung, die zum Verweilen einladen. Das Buch ist in hochwertiger Ausstattung mit Halbleineneinband und Goldprägung erschienen.
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Seitenzahl: 72
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Yarito Niimura
Zen
Geschichten alter Meister
Titel der Originalausgabe: ZEN
Geschichten alter Meister
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2013
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2014
Alle Rechte vorbehalten
www.herder.de
Gesamtgestaltung: Tina Lechner Grafik & Buchdesign, Stuttgart
Umschlagmotiv: © Corbis
E-Book-Konvertierung: epublius GmbH, Berlin
ISBN (E-Book): 978-3-451-80389-5
ISBN (Buch): 978-3-451-30682-2
Einladung
Die Teetasse
Die Welt des Scheins
Der Klang der einen Hand
Das Mädchen
Nichts existiert
Der Samurai
Das Schweigen lernen
Glück und Unglück
Ein Gelehrter
Ein Geschenk
Auf dem Drachenberg
Der Schlangenkopf
Die Fechtkunst
Gehorsam
Der Ziegelstein
Der Weg ins Paradies
Die Teeschale
Der Tunnel
Die Suche
Wahre Meditation
Die Kunst der Antwort
Die tugendhafte Schwiegertochter
Der Gelehrte und der Herrscher
Der Dieb
Der Mittagsschlaf
»So?«
Das Schweigen
Der Weg zur Freiheit
Die Laterne
Der glückliche Chinese
Meister Vogelnest
Die Gabe
Die Jagd des Lebens
Zwei Lehrer
Ein Tausendfüßler
Der Nachfolger
Die Erkenntnis
Der Diener der Decke
Der Geist
Tiefes Glück
Der Traum des Generals
Ein stummes Gespräch
Der Jäger
Ein Bettlerleben
Wem gehört der Traum?
Ein Toter antwortet
Ein Dieb
Ewiges Leben
Die Autorin
Selten kommt Weisheit auf so leichten Füßen daher. Lesen wir Zen-Geschichten, tauchen wir ein in eine merkwürdig schwebende Welt. Schüler treffen auf ihre Meister, Mönche ziehen durchs Land, Samurai suchen das Glück und Einsiedler die Einsamkeit, und dann gibt es auch noch Diebe und Bettler, Kaufleute, Herrscher und sogar Gespenster. Und sie alle sind auf ihrer Suche, sie erleben Abenteuer und treffen auf den einen unerwarteten Moment, der ihrem Leben eine Wendung gibt. Zen-Geschichten öffnen eine Tür. Wer sie durchschreitet, findet plötzlich alles umgekehrt. Gewissheiten sind verflogen, und dahinter eröffnet sich ein befreiendes Lächeln.
Ein Gelehrter besuchte einen Meister mit der Absicht, etwas über Zen zu erfahren. Der Meister servierte Tee. Er schenkte dem Gelehrten ein, immer weiter und immer weiter. Bis die Tasse überlief und der Gelehrte ärgerlich rief: »Mehr geht nicht hinein!«
Darauf der Meister: »So voll wie diese Tasse seid auch Ihr mit all Euren Meinungen und Gedanken. Wie kann ich Euch den Weg zum Zen weisen, wenn Ihr die Tasse nicht endlich austrinkt?«
»Der Beginn liegt in dir selbst. Bei einer Reise, die tausend Meilen weit reicht, ist der erste Schritt der wichtigste.«
Meister Ying-an
Ein Mönch befand sich auf Reisen. Die Nacht war schon hereingebrochen, es wurde finster, und er konnte die Hand vor den Augen kaum noch erkennen. Da trat er plötzlich auf etwas Weiches und spürte, wie dieses Etwas zerplatzte. Im Nu kam ihm der Gedanke, es müsse sich um einen Frosch gehandelt haben. Und er erschauerte. Verbot nicht die Lehre des Buddha, anderen Lebewesen Leid zuzufügen, ganz gleich, um was es sich handele? Stets hatte er sich daran gehalten. Und nun musste er befürchten, rein aus Versehen ein Lebewesen getötet zu haben. Als er sich endlich schlafen legte, erschienen ihm im Traum Hunderte von Fröschen, die allesamt seinen Tod forderten.
Als er am folgenden Morgen erwachte, suchte er nach dem getöteten Frosch. Doch was er fand, war kein Frosch, sondern eine Frucht, die sein Fuß getroffen und zerquetscht hatte. Und zum ersten Mal erkannte er, was damit gemeint war, dass es keine gegenständliche Welt gibt.
Der Meister eines Tempels hatte einen jungen Schützling bei sich aufgenommen. Dieser Junge beobachtete den Alltag des Tempels genau, er sah, wie die Schüler Tag für Tag den Raum des Meisters aufsuchten, morgens wie abends, wie sie vom Meister unterwiesen wurden und wie sie Aufgaben erhielten, die ihnen den Weg zum Zen weisen sollten. Diesen Weg wollte der Junge ebenfalls beschreiten. Also bat er den Meister, auch ihn zu unterweisen und in die Schar seiner Schüler aufzunehmen. Doch der Meister erwiderte: »Du bist noch zu jung. Später vielleicht.« Als aber der Junge keine Ruhe gab und unentwegt auf den Meister einredete, gewährte der ihm endlich seinen Wunsch.
Am nächsten Tag war es soweit. Der Junge betrat mit den anderen Schülern den Raum des Meisters, setzte sich nieder und wartete voller Spannung auf das, was kommen sollte. Da sagte der Meister zu ihm: »Wenn deine beiden Hände zusammenklatschen, dann hörst du den Klang zweier Hände. Jetzt aber lass mich den Klang der einen Hand hören.«
Wie sollte das gehen? Nachdenklich begab sich der Junge in seine Kammer. Da vernahm er von draußen den Gesang der Geishas. Und als er am nächsten Tag vom Meister aufgefordert wurde, den Klang der einen Hand hören zu lassen, gab der Junge den Gesang der Geishas wieder.
»Das ist nicht der Klang der einen Hand«, entgegnete der Meister.
Womöglich, so ging es dem Jungen durch den Kopf, war es ja gerade die Musik gewesen, die ihn von der Lösung seiner Aufgabe abgebracht hatte. Jedenfalls beschloss der Junge, an einem ruhigeren Ort über das Rätsel nachzudenken, und er zog sich in den Wald zurück. Da hörte er, wie ein Wassertropfen zu Boden fiel. Und der Junge glaubte, nun endlich den Klang der einen Hand gefunden zu haben. Also ahmte er den Ton des Wassertropfens nach, als er wieder seinen Meister besuchte. Der aber entgegnete nur: »Das ist nicht der Klang der einen Hand.«
Und so versuchte es der Junge erneut. Doch ganz gleich, ob er das Klagen des Windes, den Ruf der Eule oder das Zirpen einer Grille nachahmte – all dies war nicht der Klang der einen Hand. Wochen und Monate zogen ins Land, und schließlich war ein Jahr vergangen, und der Junge hatte noch immer nicht den Klang der einen Hand gefunden.
Da vergaß er all die gehörten Töne, er ging in sich, gelangte zur wahren inneren Ruhe und überschritt auf seiner Suche nach dem Klang der einen Hand das Reich des Hörbaren. »Ich ging über den Klang hinaus«, soll er gesagt haben, »und erreichte den Klang ohne Klang.«
Und damit hatte er den Klang der einen Hand gefunden.
»Dein Geist gleicht einem Auge, das alles sieht, nur nicht sich selbst. In jeden Winkel dringt sein Licht; was hindert ihn, sich selbst zu erkennen?«
Meister Foyan
Zwei Mönche befanden sich auf Wanderschaft. Es regnete in Strömen, und die Straßen waren voller Schlamm und Unrat. An einer Weggabelung bemerkten sie ein junges Mädchen in einem kostbaren Kimono, das versuchte, die Straße zu überqueren, angesichts des Schlamms jedoch immer wieder davor zurückschreckte. Kurzerhand ging einer der Mönche auf das Mädchen zu, nahm es auf seine Arme und trug es über die Straße.
Schweigend setzten die Mönche ihre Wanderschaft fort, bis sie endlich in einem Kloster eine Unterkunft für die Nacht gefunden hatten. Da platzte es aus dem anderen Mönch heraus: »Du weißt doch ganz genau, dass uns Mönchen die Nähe zu Frauen untersagt ist. Wie konntest du das Mädchen nur über die Straße tragen?«
»Ich habe das Mädchen wieder abgesetzt«, bekam er zur Antwort. »Doch du, so scheint es mir, du trägst es noch immer.«
Ein Schüler befand sich auf der Suche nach einem Meister. Einen Lehrer nach dem anderen hatte er schon gehört, doch ihm schien, er habe den Richtigen noch nicht gefunden.
Als er sich wieder einmal bei einem Meister vorstellte, wollte er zeigen, was er alles gelernt hatte. Also begann er: »Nichts existiert, weder der Geist noch der Buddha noch überhaupt ein Lebewesen. Soll ich die wahre Natur aller Erscheinungen benennen, dann ist es die Leere. Nichts existiert. Weder Täuschung noch Weisheit noch Freude noch Glück. Weder gibt es eine Gabe noch jemanden, der gibt.«
Während der Schüler dies sagte, saß der Meister still da und rauchte seine Pfeife. Doch mit einem Mal sprang er auf und hieb mit der Pfeife auf den Kopf des Schülers. Der schrie vor Schmerz und geriet außer sich.
»Was bist du wütend«, fragte der Meister, »da doch weder Pfeife noch Schmerzen existieren?«
»Vom Dachvorsprung tropft es und tropft. Vollkommen dieser Augenblick. – In der unermesslichen Leere vertieft sich mein Verstehen.«
Meister Ryokan
Ein Samurai hatte einen Fisch gefangen und war gerade dabei, ein Feuer zu entfachen, um seine Beute zuzubereiten, da kam eine Katze, umschmeichelte die Beine des Samurai und schnappte plötzlich nach dem Fisch. Zornig ergriff der Samurai sein Schwert, und noch bevor die Katze zum rettenden Sprung ansetzen konnte, hatte er sie entzwei geschlagen.