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Kannst du dein Leben in 100 Tagen ändern? Der Mönch, Gartendesigner und Professor Shunmyo Masuno sagt ja und zeigt, was Zen bedeutet. Kleine Schritte führen zum Ziel. # Verbringe Zeit barfuß. # Reihe deine Schuhe ordentlich auf, nachdem du sie ausgezogen hast. # Denk an schöne Sachen, bevor du einschläfst. Das Buch holt uns da ab, wo wir gerade stehen: im Job, mit dem Handy in der Hand, vor dem Schuhberg in unserem Flur. Die wenigen simplen, aber höchst effektiven Grundsätze zeigen, wie wir mit Zen unserem schnelllebigen Alltag standhalten können.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 116
Shunmyo Masuno
Zen your life
Kleine Veränderungen mit großer Wirkung
Aus dem Amerikanischen von Nora Bartels
FISCHER E-Books
Nur ein wenig die Gewohnheiten oder Sichtweisen ändern – das schon ist Leben nach dem Zen-Prinzip
Auf dem Weg zu alten Tempeln oder Schreinen einen stillen, verlassenen Garten betreten.
Nach dem Erklimmen einer Bergspitze den Blick über die endlose Landschaft streifen lassen.
Beim Anblick des blauen, klaren Meeres einfach langsamer werden und innehalten.
Heutzutage fragen sich viele Menschen, wie sie leben sollen – das Fundament ihres Daseins ist verlorengegangen. Gerade deswegen scheint es gut, das Ungewöhnliche zu suchen, um dem erschöpften Geist ein Reset zu ermöglichen.
Entfernt man sich aus dem hektischen Alltag und erlebt einen Moment lang etwas Ungewöhnliches, erfrischt und beruhigt das. Das Herz wird leichter, und aus der Tiefe des Körpers sprudelt neue Energie hervor. In diesem Moment sind die Sorgen und der Stress des Alltags ausgelöscht, man fühlt, dass man lebt.
Und doch gibt es da ein Aber.
Wenn man ein Reset probiert hat, bemerkt man, dass sich das Ungewöhnliche im Alltäglichen eben nicht finden lässt. Und seine Auswirkungen nur flüchtig sind. Nahezu unmittelbar nach der Rückkehr in den Alltag wird der Geist wieder unruhig, und das Gefühl des Stresses nimmt erneut zu. Etwas Abenteuerliches oder Ungewöhnliches muss wieder her, um die Welt und den Alltag ertragbar zu machen – kennst du diesen Kreislauf?
Egal, wie schwer die Welt zu ertragen ist, sie lässt sich nicht einfach ändern. Das ist Tatsache. Aber wenn sich die Welt nun nicht immer so verhält, wie man es möchte, ist es dann nicht besser, sich selbst zu verändern und zu versuchen, glücklich und zufrieden zu leben, egal, in welchen Umständen man sich befindet?
Ich glaube, dass es Methoden gibt, sorgenfrei und erfüllt zu leben, ohne ständig etwas Ungewöhnliches erleben zu müssen – einfach, indem man das tägliche Leben ein wenig verändert. Den Alltag umzustellen klingt zunächst schwierig, ist aber ganz einfach – es bedeutet nur, seine Gewohnheiten etwas zu modifizieren und den Blickwinkel zu ändern. Und das ist das Thema dieses Buchs: das Leben nach dem Zen-Prinzip.
Man muss nicht an spirituelle Orte mit vielen Tempeln fahren, nicht Berge besteigen und auch nicht lange Auszeiten am Meer buchen; es braucht wirklich nicht viel, um die innere Ruhe und Energie zu finden.
Und diese Methoden möchte ich in diesem Buch vorstellen.
»Zen« ist die grundlegende Lehre für das Leben der Menschen in unserer Welt. Anders gesagt, es ist eine Übung, eine Denkweise, und sie gibt Hinweise, wie der Mensch glücklich leben kann. Eine Schatzkammer für tiefe, aber leichte Lebensweisheiten.
Die Lehre, die symbolisch für Zen steht, besteht aus den Leitsätzen:
»Verlass dich nicht auf Wort und Schrift«
»Mache Erfahrungen außerhalb der Lehre«
»Spüre direkt in deinem Herz«
»Erfahre dich selbst, und werde zum Buddha«
Es geht also darum, nicht vermittelt über Schriften und Worte, sondern unmittelbar im Hier und Jetzt das eigene Dasein zu erfahren. Sich nicht von den Wertvorstellungen anderer beeinflussen zu lassen, unwichtige Dinge ausblenden zu können, Überflüssiges abzuwerfen und möglichst einfach zu leben – das ist der »Zen-Style«.
Gerade weil es so schwer ist, in dieser Welt gut zu leben, helfen die Gedanken des Zen weiter. Sobald man sich die einfachen Gewohnheiten angeeignet hat, verschwindet ein Großteil der Sorgen.
Und die einfachen Übungen helfen, das Leben leichter zu machen.
Heute zieht Zen viel Aufmerksamkeit auf sich, nicht nur in Japan, sondern auch außerhalb der Landesgrenzen.
Ich selbst bin einerseits ein Hauptpriester eines Zen-Tempels, arbeite aber auch als Garten-Designer, nicht nur von Tempelgärten, sondern auch von Hotelgärten oder Gartenanlagen von Botschaften im Ausland und ähnlichen Projekten. Zen-Gärten sind nicht nur Japanern ein Begriff, sondern ein Phänomen, das auch die Herzen der Menschen im Ausland berührt. Anstatt über das Konzept von Zen nachzugrübeln, genügt es schon, vor so einem Garten innezuhalten, um das Gefühl zu erhalten, dass man gereinigt wird.
Es stimmt tatsächlich, dass man in einem Zen-Garten mehr über den wahren Sinn des Zen erfahren kann, als durch all die zahllosen Bücher, die Zen-Konzepte erklären wollen. Deswegen ist dieses Buch hier ganz auf Praxis ausgelegt. Ich möchte, dass man Zen nicht nur über den Kopf versteht, sondern erlebt. Die Lektüre wird dadurch zu einer Art Training.
Behalte das Buch in deiner Nähe, und wenn du dich unsicher oder unwohl fühlst, blick hinein.
Die Antworten, die du suchst, sind da.
Gasshō
Shunmyo Masuno
Gewohnheiten ein bisschen verändern
Beobachte dich selbst
Hast du in deinem täglichen Leben Zeit dafür, einmal an gar nichts zu denken? Oder geht es dir wie den meisten Menschen, die sagen, dass sie für so etwas zu viel zu tun haben?
Die Arbeit, die Zeit, das Leben drängt. In was für hektischen Zeiten wir leben! Jeden Tag hat man alle Hände voll damit zu tun, die Dinge, die unmittelbar erledigt werden müssen, überhaupt zu bewältigen. Häuft sich diese Art von Tagen, verliert man, Schritt für Schritt und ganz unbemerkt, sein wahres Selbst und das wahre Glück aus den Augen.
Probiere einmal, dir Zeit zu nehmen, gar nichts zu tun – wenn es dir nur zehn Minuten am Tag gelingt, genügt das schon. Lass dich nicht von deiner Umgebung ablenken, sei ganz leer.
Sicherlich wird dir dabei vieles durch den Kopf gehen, aber versuch, diese Dinge immer wieder aus deinem Bewusstsein zu drängen. Sei ganz im Jetzt. Und erst dann, auf diese Weise von nichts abgelenkt, kommt das reine, unverfälschte Selbst zum Vorschein.
Sich immer wieder Zeit zu nehmen, während der man an nichts zu denken versucht – das ist der erste Schritt zu einem Leben nach dem Zen-Prinzip.
Das Rezept gegen unruhige Herzen
Wenn man zeitlich keinen Freiraum hat, wirkt sich das auch auf das eigene Gefühl aus. Ganz automatisch sagen wir: »Ich hab keine Zeit; zu viel zu tun.« Und indem wir das denken, fühlen wir uns noch gehetzter.
Aber haben wir wirklich so viel zu tun? Treiben wir uns nicht nur selbst an?
Das japanische Wort für »viel zu tun haben« besteht aus den Zeichen »Herz« und »verlieren«. Es bedeutet also nicht, dass man zu wenig Zeit hat, sondern dass man seinem Herzen zu wenig Raum gibt.
Versuch, gerade wenn du viel zu tun hast, 15 Minuten früher aufzustehen als sonst. Dehne deine Muskeln und atme ruhig aus dem tanden – das ist der Bereich unter dem Bauchnabel. Wenn die Atmung ruhig und bewusst ist, werden auch deine Gefühle ganz von alleine geordnet. Und während du in Ruhe eine Tasse Tee oder Kaffee genießt, betrachte den Himmel aus dem Fenster. Vielleicht hörst du kleine Vögel zwitschern.
Es mag eigenartig klingen, aber allein dadurch schaffst du Raum für deine Gefühle und dein Herz. Die 15 Minuten befreien einen wie magisch von dem Gefühl, zu viel zu tun zu haben.
Hier liegt das Geheimnis des langen Lebens von Mönchen
Man sagt, buddhistische Mönche, die Zen praktizieren, haben ein langes Leben. Natürlich spielen die Essgewohnheiten und die Atemmethoden dabei eine Rolle, aber ich glaube, wichtiger als alles andere ist die geregelte Lebensweise, die sich positiv auf Geist und Körper auswirkt.
Ich stehe jeden Morgen um fünf Uhr auf und atme als Erstes tief die morgendliche Luft ein. Wenn ich in meiner Tempel-Wohnung die Fensterläden öffne, spüre ich mit meinem Körper sofort den Wechsel der Jahreszeiten.
Ab halb sieben rezitiere ich die morgendlichen Sutren und esse mein Frühstück. Dann beginne ich die Arbeiten, die an diesem Tag anstehen.
Das wiederholt sich ganz genauso jeden Tag, und doch gleicht kein Tag dem anderen. Der Geschmack der Morgenluft, der Moment des Sonnenaufgangs, der Wind, der über die Wange streicht, die Farben der Bäume und die des Himmels, all das verändert sich ständig. Und der Morgen ist die Zeit, zu der man diese Veränderungen intensiv fühlen kann.
Um diese Wandlungen der Natur noch stärker zu spüren, praktizieren Mönche noch vor Sonnenaufgang Sitzmeditation. Mit der Kyoten-Zazen, der ersten morgendlichen Sitzmeditation, atmen wir die gute Morgenluft ein und kräftigen Körper und Geist.
Verschönere dein Leben
Es heißt seit jeher, dass man den Zustand eines Haushalts daran ablesen kann, wie sein Eingangsbereich aussieht. Sind die Schuhe ordentlich aufgereiht, oder liegen sie unordentlich aufeinander? – Allein daran erkennt man, so heißt es, den Geisteszustand der Menschen, die darin wohnen.
Im Zen gibt es einen Merksatz, der lautet: »Betrachte das, was sich unter deinen Füßen befindet.« Es heißt einerseits wörtlich, dass man gut aufpassen soll, was sich vor einem befindet – übertragen bedeutet es aber auch, dass diejenigen, die nicht aufpassen, was bei ihren Füßen passiert, keinen Überblick behalten, also nicht wissen, wohin ihr restliches Leben sie führt. Vielleicht hört es sich übertrieben an, aber eine Kleinigkeit kann tatsächlich einen großen Einfluss darauf haben, wie man sein Leben gestaltet.
Reih deine Schuhe ordentlich auf, nachdem du sie zu Hause ausgezogen hast oder woanders ausziehen musst. Das ist schon alles. Es dauert nur drei Sekunden. Doch wenn du dir diese Gewohnheit aneignest, wird deine ganze Lebensart auf wundersame Weise klarer definiert. Indem man die Schuhe ordnet, bereitet man sich auf seinen nächsten Schritt vor.
Wie du dein »Herz reinigen« kannst
Wenn wir unzufrieden sind, denken wir meist, dass uns etwas fehlt. Oft geht es dabei um materielle Dinge. Doch um eine gegenwärtige Situation zu ändern, sollten wir uns erst einer Sache entledigen, ehe wir uns etwas Neues holen. Mach dich frei von Vorurteilen und schlechten Angewohnheiten, reduziere deine Besitztümer.