Zur Kritik der politischen Ökonomie - Karl Marx - E-Book

Zur Kritik der politischen Ökonomie E-Book

Karl Marx

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Beschreibung

Mit der Schrift Zur Kritik der politischen Ökonomie hat Karl Marx im Jahr 1859 erstmals eine ausgearbeitete Form seiner Theorie der kapitalistischen Produktionsweise veröffentlicht, die er und Engels in den 3 Bänden Das Kapital, erschienen 1867, 1885 und 1894, später ausführlich darstellten. Im Mittelpunkt stehen der Wert der Waren in seiner doppelten Darstellungsform von Gebrauchswert und Tauschwert, die konkrete und die abstrakte Arbeit, die Arbeitszeit als quantitatives Maß der Arbeit, das Geld, die Zirkulation, Akkumulation, Produktions- und Handelskrisen. (aus wikipedia.de)

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Zur Kritik der Politischen Ökonomie

Karl Marx

Inhalt:

Karl Marx – Biografie und Bibliografie

Zur Kritik der Politischen Ökonomie

Vorwort

Erstes Buch: Vom Kapital

I. Das Kapital im allgemeinen

1. Die Ware

A. Historisches zur Analyse der Ware

II.. Das Geld oder die einfache Zirkulation

1. Maß der Werte

B. Theorien von der Maßeinheit des Geldes

2. Zirkulationsmittel

3. Geld

4. Die edeln Metalle

C. Theorien über Zirkulationsmittel und Geld

Fußnoten

Zur Kritik der politischen Ökonomie, Karl Marx

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

Karl Marx – Biografie und Bibliografie

Geboren am 5. Mai 1818 in Trier, studierte Jurisprudenz, Nationalökonomie, Philosophie, promovierte 1841 in Berlin, begründete 1843 mit A. Rüge in Paris die »Deutsch-französischen Jahrbücher«, ging nach Belgien, wo er ausgewiesen wurde, dann wieder nach Frankreich, wo ihm dasselbe widerfuhr, lebte dann in London, gestorben 14. März 1883 daselbst.

M., der Begründer des »wissenschaftlichen« Sozialismus (gegenüber den »ideologischen« Utopien älterer Lehren) ist von Hegels Begriff des dialektischen Prozesses, von L. Feuerbachs Radikalismus und Positivismus, sowie von französischen Denkern beeinflußt. Der Hegelsche Gedanke, daß alles Sein ein »Prozeß« ist, eine dialektische Selbstbewegung, ist ihm sympathisch. Nur hat Hegel die Dinge auf den Kopf gestellt, indem er alles aus Ideen ableitet. Die richtige Methode ist, die naturnotwendige, gesetzliche Entwicklung der Dinge und Verhältnisse selbst zu untersuchen und den realen treibenden Kräften der historisch-sozialen Entwicklung, die in den Köpfen der Handelnden zu Motiven werden, nachzugehen. Wenn diese »materialistische« Geschichtsauffassung, die gleich zur »ökonomischen« wird, alle Geschichte, alles Geistesleben, alle Kultur aus dem Wirken natürlicher Mächte ableitet, so darf nicht vergessen werden, daß M. zu diesen Mächten auch die menschlichen Kräfte und Strebungen rechnet, welche innerhalb des Ablaufes der Ereignisse auch eine dynamisch-aktive Rolle spielen, so wenig sie imstande sind, den (aus der Natur dieser und anderer Kräfte notwendig resultierenden) Lauf der Dinge abzuändern. Zwar nicht der Wille, aber alle Willkür ist hier ausgeschaltet.

Ohne ihren Willen gehen die Menschen soziale Verhältnisse ein, welche zugleich ökonomische Verhältnisse sind, indem die Gesellschaft eine ökonomische Struktur besitzt, in die wir hineingeboren werden. Die technisch bedingten Produktionsverhältnisse bilden nun die »reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt, und welcher bestimmte gesellschaftliche Bewusstseinsformen entsprechen«. »Die Produktionsweise des materiellen Lebens bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozeß überhaupt. Es ist nicht das Bewusstsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewusstsein bestimmt.« »Mit der Erwerbung neuer Produktionskräfte verändern die Menschen ihre Produktionsweise, und mit der Veränderung der Produktionsweise, der Art. ihren Lebensunterhalt zu gewinnen, verändern sie alle ihre gesellschaftlichen Verhältnisse.« Die ökonomischen Faktoren sind also die letzten und eigentlich wirksamen Agentien der Geschichte, die anderen, »ideologischen« Gebilde (Religion usw.), wirken auch mit, ja sie wirken sogar auf die wirtschaftlichen Verhältnisse zurück, aber sie wirken nicht primär, sondern nur als Reflexe, Abhängige des Ökonomischen und des von diesem bedingten Sozialen (z. B, der Klassenverhältnisse). Die Entwicklung der Gesellschaft vollzieht sich nun so, daß der ökonomische Untergrund, der sich verändert hat, mit dein überlebten juristischen und ideologischen Oberbau in Widerspruch gerät, der zu einer sozialen Veränderung führt, wobei es zu Klassenkämpfen kommt. Der Widerspruch zwischen der sozialisierten, kollektiven Produktionsweise des Großbetriebes und der individualistischen, »anarchischen« Rechts- und Eigentumsordnung, die das Kapital in den Händen weniger Kapitalsmagnaten anhäuft und immer mehr Proletarier schafft, dieser Widerspruch sprengt endlich die kapitalistische Hülle, welche die Produktion fesselt. Die »Expropriateure«, die –»Ausbeuter« des »Mehrwertes« (= unbezahlte Arbeitszeit), den die Arbeiter schaffen, werden jetzt selbst expropriiert, das Eigentum an Produktionsmitteln wird kollektiv, die Gesellschaft wird sozialistisch, der nur dem Klasseninteresse dienende Staat hört auf und es herrscht jetzt die Vereinigung produktiver Menschen. Diese Gesellschaftsordnung kommt »von selbst«, d.h. infolge der historisch-sozialen Triebkräfte; sie kommt, wenn die Verhältnisse es fordern, höchstens können wir die Entwicklung beschleunigen.

Den Marxismus vertreten (außer M.s Mitarbeiter Fr. Engels) Kautsky, Bebel, F. Mehring, Bernstein (Revisionist), Cunow, C. Schmidt, M. Adler, O. Bauer, Woltmann (zum Teil), Lafargue (Schwiegersohn M.s), Labriola, Plechanow, Loria, Kelle-Krausz u. a.

SCHRIFTEN: Die heilige Familie (mit F. Engels), 1845 (gegen Bruno Bauer). – Misère de la philosophie, 1847; deutsch 1855, 3. A. 1895. – Manifest der kommunistischen Partei, 1847. – Zur Kritik der politischen Ökonomie, 1859: 2. A. 1907. – Das Kapital, I. Bd., 1867, 4. A. 1892; II. Bd, 1885, 2. A. 1893; III. Bd., 1894; 3 Bde., 2. – 5. A., 1903 f. – Theorie über den Mehrwert, 1905. – F. Mehring, Aus dem literarischen Nachlaß von K. M., F. Engels und F. Lassalle, 1902. – Vgl. P. BARTH, Die Geschichtsphilosophie Hegels und der Hegelianer bis auf Marx und Hartmann, 1890. – KAUTSKY, K. M.s ökonomische Lehren, 1887. – L. WERYHO, M. als Philosoph, 1894. – PLECHANOW, Beitrage zur Geschichte des Materialismus, 1896. – A. v. WENCKSTERN, M., 1896. – L. WOLTMANN, Der historische Materialismus, 1899. – MASARYK, Die philosophischen und soziologischen Grundlagen des Marxismus, 1899. – OTTOMAR LORENZ, Die materialistische Geschichtsauffassung, 1897. – WEISENGRÜN, Das Ende des Marxismus, 2. A. 1900. – MAX ADLER, M. als Denker, 1908. – HAMMACHER, Das philosophisch-ökonomische System des Marxismus, 1909. – CHARASOFF, Das System des Marxismus, 1910. – GOLDSCHEID (s. d.). – VORLÄNDER, Kant u. Marx, 1911.

Zur Kritik der Politischen Ökonomie

Vorwort

Ich betrachte das System der bürgerlichen Ökonomie in dieser Reihenfolge: Kapital, Grundeigentum, Lohnarbeit; Staat, auswärtiger Handel, Weltmarkt. Unter den drei ersten Rubriken untersuche ich die ökonomischen Lebensbedingungen der drei großen Klassen, worin die moderne bürgerliche Gesellschaft zerfällt; der Zusammenhang der drei andern Rubriken springt in die Augen. Die erste Abteilung des ersten Buchs, das vom Kapital handelt, besteht aus folgenden Kapiteln: 1. die Ware; 2. das Geld oder die einfache Zirkulation; 3. das Kapital im allgemeinen. Die zwei ersten Kapitel bilden den Inhalt des vorliegenden Heftes. Das Gesamtmaterial liegt vor mir in Form von Monographien, die in weit auseinanderliegenden Perioden zu eigner Selbstverständigung, nicht für den Druck niedergeschrieben wurden, und deren zusammenhängende Verarbeitung nach dem angegebenen Plan von äußern Umständen abhängen wird.

Eine allgemeine Einleitung, die ich hingeworfen hatte, unterdrücke ich, weil mir bei näherem Nachdenken jede Vorwegnahme erst zu beweisender Resultate störend scheint, und der Leser, der mir überhaupt folgen will, sich entschließen muß, von dem einzelnen zum allgemeinen aufzusteigen. Einige Andeutungen über den Gang meiner eignen politisch-ökonomischen Studien mögen dagegen hier am Platz scheinen.

Mein Fachstudium war das der Jurisprudenz, die ich jedoch nur als untergeordnete Disziplin neben Philosophie und Geschichte betrieb. Im Jahr 1842/43, als Redakteur der »Rheinischen Zeitung«, kam ich zuerst in die Verlegenheit, über sogenannte materielle Interessen mitsprechen zu müssen. Die Verhandlungen des Rheinischen Landtags über Holzdiebstahl und Parzellierung des Grundeigentums, die amtliche Polemik, die Herr von Schaper, damals Oberpräsident der Rheinprovinz, mit der »Rheinischen Zeitung« über die Zustände der Moselbauern eröffnete, Debatten endlich über Freihandel und Schutzzoll, gaben die ersten Anlässe zu meiner Beschäftigung mit ökonomischen Fragen. Andererseits hatte zu jener Zeit, wo der gute Wille »weiterzugehen« Sachkenntnis vielfach aufwog, ein schwach philosophisch gefärbtes Echo des französischen Sozialismus und Kommunismus sich in der »Rheinischen Zeitung« hörbar gemacht. Ich erklärte mich gegen diese Stümperei, gestand aber zugleich in einer Kontroverse mit der »Allgemeinen Augsburger Zeitung« rund heraus, daß meine bisherigen Studien mir nicht erlaubten, irgendein Urteil über den Inhalt der französischen Richtungen selbst zu wagen. Ich ergriff vielmehr begierig die Illusion der Geranten der »Rheinischen Zeitung«, die durch schwächere Haltung des Blattes das über es gefällte Todesurteil rückgängig machen zu können glaubten, um mich von der öffentlichen Bühne in die Studierstube zurückzuziehn.

Die erste Arbeit, unternommen zur Lösung der Zweifel, die mich bestürmten, war eine kritische Revision der Hegelschen Rechtsphilosophie, eine Arbeit, wovon die Einleitung in den 1844 in Paris herausgegebenen »Deutsch-Französischen Jahrbüchern« erschien. Meine Untersuchung mündete in dem Ergebnis, daß Rechtsverhältnisse wie Staatsformen weder aus sich selbst zu begreifen sind noch aus der sogenannten allgemeinen Entwicklung des menschlichen Geistes, sondern vielmehr in den materiellen Lebensverhältnissen wurzeln, deren Gesamtheit Hegel, nach dem Vorgang der Engländer und Franzosen des 18. Jahrhunderts, unter dem Namen »bürgerliche Gesellschaft« zusammenfaßt, daß aber die Anatomie der bürgerlichen Gesellschaft in der politischen Ökonomie zu suchen sei. Die Erforschung der letztern, die ich in Paris begann, setzte ich fort zu Brüssel, wohin ich infolge eines Ausweisungsbefehls des Herrn Guizot übergewandert war. Das allgemeine Resultat, das sich mir ergab und, einmal gewonnen, meinen Studien zum Leitfaden diente, kann kurz so formuliert werden: In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen. Die Gesamtheit dieser Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt, und welcher bestimmte gesellschaftliche Bewußtseinsformen entsprechen. Die Produktionsweise des materiellen Lebens bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozeß überhaupt. Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt. Auf einer gewissen Stufe ihrer Entwicklung geraten die materiellen Produktivkräfte der Gesellschaft in Widerspruch mit den vorhandenen Produktionsverhältnissen oder, was nur ein juristischer Ausdruck dafür ist, mit den Eigentumsverhältnissen, innerhalb deren sie sich bisher bewegt hatten. Aus Entwicklungsformen der Produktivkräfte schlagen diese Verhältnisse in Fesseln derselben um. Es tritt dann eine Epoche sozialer Revolution ein. Mit der Veränderung der ökonomischen Grundlage wälzt sich der ganze ungeheure Überbau langsamer oder rascher um. In der Betrachtung solcher Umwälzungen muß man stets unterscheiden zwischen der materiellen, naturwissenschaftlich treu zu konstatierenden Umwälzung in den ökonomischen Produktionsbedingungen und den juristischen, politischen, religiösen, künstlerischen oder philosophischen, kurz, ideologischen Formen, worin sich die Menschen dieses Konflikts bewußt werden und ihn ausfechten. Sowenig man das, was ein Individuum ist, nach dem beurteilt, was es sich selbst dünkt, ebensowenig kann man eine solche Umwälzungsepoche aus ihrem Bewußtsein beurteilen, sondern muß vielmehr dies Bewußtsein aus den Widersprüchen des materiellen Lebens, aus dem vorhandenen Konflikt zwischen gesellschaftlichen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen erklären. Eine Gesellschaftsformation geht nie unter, bevor alle Produktivkräfte entwickelt sind, für die sie weit genug ist, und neue höhere Produktionsverhältnisse treten nie an die Stelle, bevor die materiellen Existenzbedingungen derselben im Schoß der alten Gesellschaft selbst ausgebrütet worden sind. Daher stellt sich die Menschheit immer nur Aufgaben, die sie lösen kann, denn genauer betrachtet wird sich stets finden, daß die Aufgabe selbst nur entspringt, wo die materiellen Bedingungen ihrer Lösung schon vorhanden oder wenigstens im Prozeß ihres Werdens begriffen sind. In großen Umrissen können asiatische, antike, feudale und modern bürgerliche Produktionsweisen als progressive Epochen der ökonomischen Gesellschaftsformation bezeichnet werden. Die bürgerlichen Produktionsverhältnisse sind die letzte antagonistische Form des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, antagonistisch nicht im Sinn von individuellem Antagonismus, sondern eines aus den gesellschaftlichen Lebensbedingungen der Individuen hervorwachsenden Antagonismus, aber die im Schoß der bürgerlichen Gesellschaft sich entwickelnden Produktivkräfte schaffen zugleich die materiellen Bedingungen zur Lösung dieses Antagonismus. Mit dieser Gesellschaftsformation schließt daher die Vorgeschichte der menschlichen Gesellschaft ab.

Friedrich Engels, mit dem ich seit dem Erscheinen seiner genialen Skizze zur Kritik der ökonomischen Kategorien (in den »Deutsch-Französischen Jahrbüchern«) einen steten schriftlichen Ideenaustausch unterhielt, war auf anderm Wege (vergleiche seine »Lage der arbeitenden Klasse in England«) mit mir zu demselben Resultat gelangt, und als er sich im Frühling 1845 ebenfalls in Brüssel niederließ, beschlossen wir, den Gegensatz unsrer Ansicht gegen die ideologische der deutschen Philosophie gemeinschaftlich auszuarbeiten, in der Tat mit unserm ehemaligen philosophischen Gewissen abzurechnen. Der Vorsatz ward ausgeführt in der Form einer Kritik der nachhegelschen Philosophie. Das Manuskript, zwei starke Oktavbände, war längst an seinem Verlagsort in Westphalen angelangt, als wir die Nachricht erhielten, daß veränderte Umstände den Druck nicht erlaubten. Wir überließen das Manuskript der nagenden Kritik der Mäuse um so williger, als wir unsern Hauptzweck erreicht hatten – Selbstverständigung. Von den zerstreuten Arbeiten, worin wir damals nach der einen oder andern Seite hin unsre Ansichten dem Publikum vorlegten, erwähne ich nur das von Engels und mir gemeinschaftlich verfaßte »Manifest der Kommunistischen Partei« und einen von mir veröffentlichten »Discours sur le libre échange«. Die entscheidenden Punkte unsrer Ansicht wurden zuerst wissenschaftlich, wenn auch nur polemisch, angedeutet in meiner 1847 herausgegebenen und gegen Proudhon gerichteten Schrift »Misère de la philosophie etc.« Eine deutsch geschriebene Abhandlung über die »Lohnarbeit«, worin ich meine über diesen Gegenstand im Brüsseler Deutschen Arbeiterverein gehaltenen Vorträge zusammenflocht, wurde im Druck unterbrochen durch die Februarrevolution und meine infolge derselben stattfindende gewaltsame Entfernung aus Belgien.

Die Herausgabe der »Neuen Rheinischen Zeitung« 1848 und 1849 und die später erfolgten Ereignisse unterbrachen meine ökonomischen Studien, die erst im Jahr 1850 in London wiederaufgenommen werden konnten. Das ungeheure Material für Geschichte der politischen Ökonomie, das im British Museum aufgehäuft ist, der günstige Standpunkt, den London für die Beobachtung der bürgerlichen Gesellschaft gewährt, endlich das neue Entwicklungsstadium, worin letztere mit der Entdeckung des kalifornischen und australischen Goldes einzutreten schien, bestimmten mich, ganz von vorn wieder anzufangen und mich durch das neue Material kritisch durchzuarbeiten. Diese Studien führten teils von selbst in scheinbar ganz abliegende Disziplinen, in denen ich kürzer oder länger verweilen mußte. Namentlich aber wurde die mir zu Gebot stehende Zeit geschmälert durch die gebieterische Notwendigkeit einer Erwerbstätigkeit. Meine nun achtjährige Mitarbeit an der ersten englisch-amerikanischen Zeitung, der »New-York Tribune«, machte, da ich mit eigentlicher Zeitungskorrespondenz mich nur ausnahmsweise befasse, eine außerordentliche Zersplitterung der Studien nötig. Indes bildeten Artikel über auffallende ökonomische Ereignisse in England und auf dem Kontinent einen so bedeutenden Teil meiner Beiträge, daß ich genötigt ward, mich mit praktischen Details vertraut zu machen, die außerhalb des Bereichs der eigentlichen Wissenschaft der politischen Ökonomie liegen.

Diese Skizze über den Gang meiner Studien im Gebiet der politischen Ökonomie soll nur beweisen, daß meine Ansichten, wie man sie immer beurteilen mag und wie wenig sie mit den interessierten Vorurteilen der herrschenden Klassen übereinstimmen, das Ergebnis gewissenhafter und langjähriger Forschung sind. Bei dem Eingang in die Wissenschaft aber, wie beim Eingang in die Hölle, muß die Forderung gestellt werden:

Qui si convien lasciare ogni sospetto

Erstes Buch: Vom Kapital

I. Das Kapital im allgemeinen

1. Die Ware

Auf den ersten Blick erscheint der bürgerliche Reichtum als eine ungeheure Warensammlung, die einzelne Ware als sein elementarisches Dasein. Jede Ware aber stellt sich dar unter dem doppelten Gesichtspunkt von Gebrauchswert und Tauschwert.1

Die Ware ist zunächst, in der Sprachweise der englischen Ökonomen, »irgendein Ding, notwendig, nützlich, oder angenehm für das Leben«, Gegenstand menschlicher Bedürfnisse, Lebensmittel im weitesten Sinne des Wortes. Dieses Dasein der Ware als Gebrauchswert und ihre natürliche handgreifliche Existenz fallen zusammen. Weizen z.B. ist ein besonderer Gebrauchswert im Unterschied von den Gebrauchswerten Baumwolle, Glas, Papier usw. Der Gebrauchswert hat nur Wert für den Gebrauch und verwirklicht sich nur im Prozeß der Konsumtion. Derselbe Gebrauchswert kann verschieden vernutzt werden. Die Summe seiner möglichen Nutzanwendungen jedoch ist zusammengefaßt in seinem Dasein als Ding mit bestimmten Eigenschaften. Er ist ferner nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ bestimmt. Ihrer natürlichen Eigentümlichkeit gemäß besitzen verschiedene Gebrauchswerte verschiedene Maße, z.B. Scheffel Weizen, Buch Papier, Elle Leinwand usw.

Welches immer die gesellschaftliche Form des Reichtums sei, Gebrauchswerte bilden stets seinen gegen diese Form zunächst gleichgültigen Inhalt. Man schmeckt dem Weizen nicht an, wer ihn gebaut hat, russischer Leibeigner, französischer Parzellenbauer oder englischer Kapitalist. Obgleich Gegenstand gesellschaftlicher Bedürfnisse, und daher in gesellschaftlichem Zusammenhang, drückt der Gebrauchswert jedoch kein gesellschaftliches Produktionsverhältnis aus. Diese Ware als Gebrauchswert ist z.B. ein Diamant. Am Diamant ist nicht wahrzunehmen, daß er Ware ist. Wo er als Gebrauchswert dient, ästhetisch oder mechanisch, am Busen der Lorette oder in der Hand des Glasschleifers, ist er Diamant und nicht Ware. Gebrauchswert zu sein scheint notwendige Voraussetzung für die Ware, aber Ware zu sein gleichgültige Bestimmung für den Gebrauchswert. Der Gebrauchswert in dieser Gleichgültigkeit gegen die ökonomische Formbestimmung, d.h. der Gebrauchswert als Gebrauchswert, liegt jenseits des Betrachtungskreises der politischen Ökonomie.2 In ihren Kreis fällt er nur, wo er selbst Formbestimmung. Unmittelbar ist er die stoffliche Basis, woran sich ein bestimmtes ökonomisches Verhältnis darstellt, der Tauschwert.

Tauschwert erscheint zunächst als quantitatives Verhältnis, worin Gebrauchswerte gegeneinander austauschbar. In solchem Verhältnis bilden sie dieselbe Tauschgröße. So mögen 1 Band Properz und 8 Unzen Schnupftabak derselbe Tauschwert sein, trotz der disparaten Gebrauchswerte von Tabak und Elegie. Als Tauschwert ist ein Gebrauchswert grade so viel wert wie der andere, wenn nur in richtiger Portion vorhanden. Der Tauschwert eines Palastes kann in bestimmter Anzahl von Stiefelwichsbüchsen ausgedrückt werden. Londoner Stiefelwichsfabrikanten haben umgekehrt den Tauschwert ihrer multiplizierten Büchsen in Palästen ausgedrückt. Ganz gleichgültig also gegen ihre natürliche Existenzweise, und ohne Rücksicht auf die spezifische Natur des Bedürfnisses, wofür sie Gebrauchswerte, decken sich Waren in bestimmten Quantitäten, ersetzen einander im Austausch, gelten als Äquivalente, und stellen so trotz ihres buntscheckigen Scheins dieselbe Einheit dar.

Die Gebrauchswerte sind unmittelbar Lebensmittel. Umgekehrt aber sind diese Lebensmittel selbst Produkte des gesellschaftlichen Lebens, Resultat verausgabter menschlicher Lebenskraft, vergegenständlichte Arbeit. Als Materiatur der gesellschaftlichen Arbeit sind alle Waren Kristallisationen derselben Einheit. Der bestimmte Charakter dieser Einheit, d.h. der Arbeit, die sich im Tauschwert darstellt, ist nun zu betrachten.

Eine Unze Gold, 1 Tonne Eisen, 1 Quarter Weizen und 20 Ellen Seide seien gleich große Tauschwerte. Als solche Äquivalente, worin der qualitative Unterschied ihrer Gebrauchswerte ausgelöscht ist, stellen sie gleiches Volumen derselben Arbeit dar. Die Arbeit, die sich gleichmäßig in ihnen vergegenständlicht, muß selbst gleichförmige, unterschiedslose, einfache Arbeit sein, der es ebenso gleichgültig, ob sie in Gold, Eisen, Weizen, Seide erscheint, wie es dem Sauerstoff ist, ob er vorkommt im Rost des Eisens, der Atmosphäre, dem Saft der Traube oder dem Blut des Menschen. Aber Gold graben, Eisen aus dem Bergwerk fördern, Weizen bauen und Seide weben sind qualitativ voneinander verschiedene Arbeitsarten. In der Tat, was sachlich als Verschiedenheit der Gebrauchswerte, erscheint prozessierend als Verschiedenheit der die Gebrauchswerte hervorbringenden Tätigkeit. Als gleichgültig gegen den besondern Stoff der Gebrauchswerte ist die Tauschwert setzende Arbeit daher gleichgültig gegen die besondere Form der Arbeit selbst. Die verschiedenen Gebrauchswerte sind ferner Produkte der Tätigkeit verschiedener Individuen, also Resultat individuell verschiedener Arbeiten. Als Tauschwerte stellen sie aber gleiche, unterschiedslose Arbeit dar, d.h. Arbeit, worin die Individualität der Arbeitenden ausgelöscht ist. Tauschwert setzende Arbeit ist daher abstrakt allgemeine Arbeit.

Wenn 1 Unze Gold, 1 Tonne Eisen, 1 Quarter Weizen und 20 Ellen Seide gleich große Tauschwerte oder Äquivalente sind, sind 1 Unze Gold, 1/2 Tonne Eisen, 3 Bushel Weizen und 5 Ellen Seide Tauschwerte von durchaus verschiedener Größe, und dieser quantitative Unterschied ist der einzige Unterschied, dessen sie als Tauschwerte überhaupt fähig sind. Als Tauschwerte von verschiedener Größe stellen sie ein Mehr oder Minder, größere oder kleinere Quanta jener einfachen, gleichförmigen, abstrakt allgemeinen Arbeit dar, die die Substanz des Tauschwerts bildet. Es fragt sich, wie diese Quanta messen? Oder es fragt sich vielmehr, welches das quantitative Dasein jener Arbeit selbst ist, da die Größenunterschiede der Waren als Tauschwerte nur Größenunterschiede der in ihnen vergegenständlichten Arbeit sind. Wie das quantitative Dasein der Bewegung die Zeit ist, so ist das quantitative Dasein der Arbeit die Arbeitszeit. Die Verschiedenheit ihrer eignen Dauer ist der einzige Unterschied, dessen sie fähig ist, ihre Qualität als gegeben vorausgesetzt. Als Arbeitszeit erhält sie ihren Maßstab an den natürlichen Zeitmaßen, Stunde, Tag, Woche usw. Arbeitszeit ist das lebendige Dasein der Arbeit, gleichgültig gegen ihre Form, ihren Inhalt, ihre Individualität; es ist ihr lebendiges Dasein als quantitatives, zugleich mit seinem immanenten Maße. Die in den Gebrauchswerten der Waren vergegenständlichte Arbeitszeit ist ebensowohl die Substanz, die sie zu Tauschwerten macht und daher zu Waren, wie sie ihre bestimmte Wertgröße mißt. Die korrelativen Quantitäten verschiedener Gebrauchswerte, in welchen dieselbe Arbeitszeit sich vergegenständlicht, sind Äquivalente, oder alle Gebrauchswerte sind Äquivalente in den Proportionen, worin sie dieselbe Arbeitszeit aufgearbeitet, vergegenständlicht enthalten. Als Tauschwert sind alle Waren nur bestimmte Maße festgeronnener Arbeitszeit.

Zum Verständnis der Bestimmung des Tauschwerts durch Arbeitszeit sind folgende Hauptgesichtspunkte festzuhalten: die Reduktion der Arbeit auf einfache, sozusagen qualitätslose Arbeit; die spezifische Art und Weise, worin die Tauschwert setzende, also Waren produzierende Arbeit gesellschaftliche Arbeit ist; endlich der Unterschied zwischen der Arbeit, sofern sie in Gebrauchswerten, und der Arbeit, sofern sie in Tauschwerten resultiert.

Um die Tauschwerte der Waren an der in ihnen enthaltenen Arbeitszeit zu messen, müssen die verschiedenen Arbeiten selbst reduziert sein auf unterschiedslose, gleichförmige, einfache Arbeit, kurz auf Arbeit, die qualitativ dieselbe ist und sich daher nur quantitativ unterscheidet.

Diese Reduktion erscheint als eine Abstraktion, aber es ist eine Abstraktion, die in dem gesellschaftlichen Produktionsprozeß täglich vollzogen wird. Die Auflösung aller Waren in Arbeitszeit ist keine größere Abstraktion, aber zugleich keine minder reelle, als die aller organischen Körper in Luft. Die Arbeit, die so gemessen ist durch die Zeit, erscheint in der Tat nicht als Arbeit verschiedener Subjekte, sondern die verschiedenen arbeitenden Individuen erscheinen vielmehr als bloße Organe der Arbeit. Oder die Arbeit, wie sie sich in Tauschwerten darstellt, könnte ausgedrückt werden als allgemein menschliche Arbeit. Diese Abstraktion der allgemein menschlichen Arbeit existiert in der Durchschnittsarbeit, die jedes Durchschnittsindividuum einer gegebenen Gesellschaft verrichten kann, eine bestimmte produktive Verausgabung von menschlichem Muskel, Nerv, Gehirn usw. Es ist einfache Arbeit3, wozu jedes Durchschnittsindividuum abgerichtet werden kann und die es in der einen oder andern Form verrichten muß. Der Charakter dieser Durchschnittsarbeit ist selbst verschieden in verschiedenen Ländern und verschiedenen Kulturepochen, erscheint aber als gegeben in einer vorhandenen Gesellschaft. Die einfache Arbeit bildet die bei weitem größte Masse aller Arbeit der bürgerlichen Gesellschaft, wie man sich aus jeder Statistik überzeugen kann. Ob A während 6 Stunden Eisen und während 6 Stunden Leinwand produziert, und B ebenfalls während 6 Stunden Eisen und während 6 Stunden Leinwand produziert, oder ob A während 12 Stunden Eisen und B während 12 Stunden Leinwand produziert, erscheint augenfällig als bloß verschiedene Anwendung derselben Arbeitszeit. Aber wie mit der komplizierten Arbeit, die sich über das Durchschnittsniveau erhebt als Arbeit von höherer Lebendigkeit, größerem spezifischen Gewicht? Diese Art Arbeit löst sich auf in zusammengesetzte einfache Arbeit, einfache Arbeit auf höherer Potenz, so daß z.B. ein komplizierter Arbeitstag gleich drei einfachen Arbeitstagen. Die Gesetze, die diese Reduktion regeln, gehören noch nicht hierher. Daß die Reduktion aber stattfindet, ist klar: denn als Tauschwert ist das Produkt der kompliziertesten Arbeit in bestimmter Proportion Äquivalent für das Produkt der einfachen Durchschnittsarbeit, also gleichgesetzt einem bestimmten Quantum dieser einfachen Arbeit.

Die Bestimmung des Tauschwerts durch die Arbeitszeit unterstellt ferner, daß in einer bestimmten Ware, einer Tonne Eisen z.B., gleich viel Arbeit vergegenständlicht ist, gleichgültig, ob sie Arbeit von A oder B, oder daß verschiedene Individuen gleich große Arbeitszeit zur Produktion desselben, qualitativ und quantitativ bestimmten Gebrauchswerts verwenden. In andern Worten, es ist unterstellt, daß die in einer Ware enthaltene Arbeitszeit die zu ihrer Produktion notwendige Arbeitszeit ist, d.h. die Arbeitszeit erheischt, um unter gegebenen allgemeinen Produktionsbedingungen ein neues Exemplar derselben Ware zu produzieren.

Die Bedingungen der Tauschwert setzenden Arbeit, wie sie sich aus der Analyse des Tauschwerts ergeben, sind gesellschaftliche Bestimmungen der Arbeit oder Bestimmungen gesellschaftlicher Arbeit, aber gesellschaftlich nicht schlechthin, sondern in besonderer Weise. Es ist eine spezifische Art der Gesellschaftlichkeit. Zunächst ist die unterschiedslose Einfachheit der Arbeit Gleichheit der Arbeiten verschiedener Individuen, wechselseitiges Beziehen ihrer Arbeiten aufeinander als gleicher, und zwar durch tatsächliche Reduktion aller Arbeiten auf gleichartige Arbeit. Die Arbeit jedes Individuums, soweit sie sich in Tauschwerten darstellt, besitzt diesen gesellschaftlichen Charakter der Gleichheit, und sie stellt sich nur im Tauschwert dar, soweit sie auf die Arbeit aller andern Individuen als gleiche bezogen ist.

Ferner erscheint im Tauschwert die Arbeitszeit des einzelnen Individuums unmittelbar als allgemeine Arbeitszeit und dieser allgemeine Charakter der vereinzelten Arbeit als gesellschaftlicher Charakter derselben. Die im Tauschwert dargestellte Arbeitszeit ist Arbeitszeit des einzelnen, aber des einzelnen ohne Unterschied vom andern einzelnen, aller einzelnen, sofern sie gleiche Arbeit vollbringen, daher die von dem einen zur Produktion einer bestimmten Ware erheischte Arbeitszeit die notwendige Arbeitszeit ist, die jeder andre zur Produktion derselben Ware verwenden würde. Sie ist die Arbeitszeit des einzelnen, seine Arbeitszeit, aber nur als allen gemeine Arbeitszeit, für die es daher gleichgültig, die Arbeitszeit wessen einzelnen sie ist. Als allgemeine Arbeitszeit stellt sie sich dar in einem allgemeinen Produkt, einem allgemeinen Äquivalent, einem bestimmten Quantum vergegenständlichter Arbeitszeit, das gleichgültig gegen die bestimmte Form des Gebrauchswerts, worin es unmittelbar als Produkt des einen erscheint, beliebig übersetzbar ist in jede andere Form von Gebrauchswert, worin es sich als Produkt jedes andern darstellt. Gesellschaftliche Größe ist es nur als solche allgemeine Größe. Die Arbeit des einzelnen, um in Tauschwert zu resultieren, muß resultieren in ein allgemeines Äquivalent, d.h. in Darstellung der Arbeitszeit des einzelnen als allgemeiner Arbeitszeit oder Darstellung der allgemeinen Arbeitszeit als der des einzelnen. Es ist, als ob die verschiedenen Individuen ihre Arbeitszeit zusammengeworfen und verschiedene Quanta der ihnen gemeinschaftlich zu Gebote stehenden Arbeitszeit in verschiedenen Gebrauchswerten dargestellt hätten. Die Arbeitszeit des einzelnen ist so in der Tat die Arbeitszeit, deren die Gesellschaft zur Darstellung eines bestimmten Gebrauchswertes, d.h. zur Befriedigung eines bestimmten Bedürfnisses bedarf. Aber es handelt sich hier nur um die spezifische Form, worin die Arbeit gesellschaftlichen Charakter erhält. Eine bestimmte Arbeitszeit des Spinners vergegenständlicht sich z.B. in 100 Pfund Leinengarn. 100 Ellen Leinwand, das Produkt des Webers, sollen gleiches Quantum Arbeitszeit darstellen. Sofern diese beiden Produkte gleich großes Quantum allgemeiner Arbeitszeit darstellen und daher Äquivalente für jeden Gebrauchswert, der gleich viel Arbeitszeit enthält, sind sie Äquivalente füreinander. Nur dadurch, daß die Arbeitszeit des Spinners und die Arbeitszeit des Webers als allgemeine Arbeitszeit, ihre Produkte daher als allgemeine Äquivalente sich darstellen, wird hier die Arbeit des Webers für den Spinner und die des Spinners für den Weber, die Arbeit des einen für die Arbeit des andern, d.h. das gesellschaftliche Dasein ihrer Arbeiten für beide. In der ländlich-patriarchalischen Industrie dagegen, wo Spinner und Weber unter demselben Dach hausten, der weibliche Teil der Familie spann, der männliche webte, sage zum Selbstbedarf der Familie, waren Garn und Leinwand gesellschaftliche Produkte, Spinnen und Weben gesellschaftliche Arbeiten innerhalb der Grenzen der Familie. Ihr gesellschaftlicher Charakter bestand aber nicht darin, daß Garn als allgemeines Äquivalent gegen Leinwand als allgemeines Äquivalent oder beide sich gegeneinander austauschten als gleich gültige und gleich geltende Ausdrücke derselben allgemeinen Arbeitszeit. Der Familienzusammenhang vielmehr mit seiner naturwüchsigen Teilung der Arbeit drückte dem Produkt der Arbeit seinen eigentümlichen gesellschaftlichen Stempel auf. Oder nehmen wir die Naturaldienste und Naturallieferungen des Mittelalters. Die bestimmten Arbeiten der einzelnen in ihrer Naturalform, die Besonderheit, nicht die Allgemeinheit der Arbeit bildet hier das gesellschaftliche Band. Oder nehmen wir endlich die gemeinschaftliche Arbeit in ihrer naturwüchsigen Form, wie wir sie an der Schwelle der Geschichte aller Kulturvölker finden.4 Hier ist der gesellschaftliche Charakter der Arbeit offenbar nicht dadurch vermittelt, daß die Arbeit des einzelnen die

abstrakte Form der Allgemeinheit, oder sein Produkt die Form eines allgemeinen Äquivalents annimmt. Es ist das der Produktion vorausgesetzte Gemeinwesen, das die Arbeit des einzelnen verhindert. Privatarbeit und sein Produkt Privatprodukt zu sein, die einzelne Arbeit vielmehr unmittelbar als Funktion eines Gliedes des Gesellschaftsorganismus erscheinen läßt. Die Arbeit, die sich im Tauschwert darstellt, ist vorausgesetzt als Arbeit des vereinzelten Einzelnen. Gesellschaftlich wird sie dadurch, daß sie die Form ihres unmittelbaren Gegenteils, die Form der abstrakten Allgemeinheit annimmt.

Es charakterisiert endlich die Tauschwert setzende Arbeit, daß die gesellschaftliche Beziehung der Personen sich gleichsam verkehrt darstellt, nämlich als gesellschaftliches Verhältnis der Sachen. Nur insofern der eine Gebrauchswert sich auf den andern als Tauschwert bezieht, ist die Arbeit der verschiedenen Personen aufeinander als gleiche und allgemeine bezogen. Wenn es daher richtig ist zu sagen, daß der Tauschwert ein Verhältnis zwischen Personen5 ist, so muß aber hinzugesetzt werden: unter dinglicher Hülle verstecktes Verhältnis. Wie ein Pfund Eisen und ein Pfund Gold trotz ihrer verschiedenen physischen und chemischen Eigenschaften dasselbe Quantum Schwere darstellen, so zwei Gebrauchswerte von Waren, worin dieselbe Arbeitszeit enthalten ist, denselben Tauschwert. Der Tauschwert erscheint so als gesellschaftliche Naturbestimmtheit der Gebrauchswerte, als eine Bestimmtheit, die ihnen als Dingen zukommt, und infolge deren sie sich im Austauschprozeß ebenso in bestimmten quantitativen Verhältnissen ersetzen, Äquivalente bilden, wie einfache chemische Stoffe in bestimmten quantitativen Verhältnissen sich verbinden, chemische Äquivalente bilden. Es ist nur die Gewohnheit des täglichen Lebens, die es als trivial, als selbstverständlich erscheinen läßt, daß ein gesellschaftliches Produktionsverhältnis die Form eines Gegenstandes annimmt, so daß das Verhältnis der Personen in ihrer Arbeit sich vielmehr als ein Verhältnis darstellt, worin Dinge sich zu einander und zu den Personen verhalten. In der Ware ist diese Mystifikation noch sehr einfach. Es schwebt allen mehr oder minder vor, daß das Verhältnis der Waren als Tauschwerte vielmehr Verhältnis der Personen zu ihrer wechselseitigen produktiven Tätigkeit ist. In höheren Produktionsverhältnissen verschwindet dieser Schein der Einfachheit. Alle Illusionen des Monetarsystems stammen daher, daß dem Geld nicht angesehen wird, daß es ein gesellschaftliches Produktionsverhältnis darstellt, aber in der Form eines Naturdings von bestimmten Eigenschaften. Bei den modernen Ökonomen, die auf die Illusionen des Monetarsystems herabgrinsen, verrät sich dieselbe Illusion, sobald sie höhere ökonomische Kategorien handhaben, z.B. das Kapital. Sie bricht hervor in dem Geständnis naiver Verwunderung, wenn bald als gesellschaftliches Verhältnis erscheint, was sie eben plump als Ding festzuhalten meinten, und dann wieder als Ding sie neckt, was sie kaum als gesellschaftliches Verhältnis fixiert hatten.

Indem der Tauschwert der Waren in der Tat nichts ist als Beziehung der Arbeiten der einzelnen aufeinander als gleiche und allgemeine, nichts als gegenständlicher Ausdruck einer spezifisch gesellschaftlichen Form der Arbeit, ist es Tautologie, zu sagen, daß die Arbeit einzige Quelle des Tauschwerts sei und daher des Reichtums, soweit er aus Tauschwerten besteht. Es ist dieselbe Tautologie, daß der Naturstoff als solcher keinen Tauschwert6, weil keine Arbeit und der Tauschwert als solcher keinen Naturstoff enthält. Wenn aber William Petty »die Arbeit den Vater und die Erde die Mutter des Reichtums« nennt, oder Bischof Berkeley fragt, »ob die vier Elemente und des Menschen Arbeit darin nicht die wahre Quelle des Reichtums seien«7, oder wenn der Amerikaner Th. Cooper populär klarmacht: »Nimm von einem Laib Brot die darauf verwandte Arbeit weg, die Arbeit von Bäcker, Müller, Pächter usw., und was bleibt übrig? Ein paar Graskörner, wildwachsend und unnütz für jeden menschlichen Gebrauch«8, so handelt es sich in allen diesen Anschauungen nicht von der abstrakten Arbeit, wie sie Quelle des Tauschwerts ist, sondern von der konkreten Arbeit als einer Quelle stofflichen Reichtums, kurz von der Arbeit, sofern sie Gebrauchswerte hervorbringt. Indem der Gebrauchswert der Ware vorausgesetzt ist, ist die besondere Nützlichkeit, die bestimmte Zweckmäßigkeit der in ihr aufgezehrten Arbeit vorausgesetzt, damit aber vom Standpunkt der Ware aus zugleich alle Rücksicht auf die Arbeit als nützliche Arbeit erschöpft. Am Brot als Gebrauchswert interessieren uns seine Eigenschaften als Nahrungsmittel, keineswegs die Arbeiten von Pächter, Müller, Bäcker usw. Wenn durch irgendeine Erfindung 19/20 dieser Arbeiten wegfielen, würde das Laib denselben Dienst leisten wie zuvor. Wenn es fertig vom Himmel fiele, würde es kein Atom seines Gebrauchswerts verlieren. Während sich die Tauschwert setzende Arbeit in der Gleichheit der Waren als allgemeiner Äquivalente verwirklicht, verwirklicht sich die Arbeit als zweckmäßige produktive Tätigkeit in der unendlichen Mannigfaltigkeit ihrer Gebrauchswerte. Während die Tauschwert setzende Arbeit abstrakt allgemeine und gleiche Arbeit, ist die Gebrauchswert setzende Arbeit konkrete und besondere Arbeit, die sich der Form und dem Stoff nach in unendlich verschiedene Arbeitsweisen zerspaltet.

Von der Arbeit, soweit sie Gebrauchswerte hervorbringt, ist es falsch zu sagen, daß sie einzige Quelle des von ihr hervorgebrachten, nämlich des stofflichen Reichtums sei. Da sie die Tätigkeit ist, das Stoffliche für diesen oder jenen Zweck anzueignen, bedarf sie des Stoffes als Voraussetzung. In verschiedenen Gebrauchswerten ist die Proportion zwischen Arbeit und Naturstoff sehr verschieden, aber stets enthält der Gebrauchswert ein natürliches Substrat. Als zweckmäßige Tätigkeit zur Aneignung des Natürlichen in einer oder der anderen Form ist die Arbeit Naturbedingung der menschlichen Existenz, eine von allen sozialen Formen unabhängige Bedingung des Stoffwechsels zwischen Mensch und Natur. Tauschwert setzende Arbeit ist dagegen eine spezifisch gesellschaftliche Form der Arbeit. Schneiderarbeit z.B. in ihrer stofflichen Bestimmtheit als besondere produktive Tätigkeit, produziert den Rock, aber nicht den Tauschwert des Rocks. Letztem produziert sie nicht als Schneiderarbeit, sondern als abstrakt allgemeine Arbeit, und diese gehört einem Gesellschaftszusammenhang, den der Schneider nicht eingefädelt hat. So produzierten in der antiken häuslichen Industrie Weiber den Rock, ohne den Tauschwert des Rockes zu produzieren. Arbeit als eine Quelle von stofflichem Reichtum war dem Gesetzgeber Moses sowohl bekannt wie dem Zollbeamten Adam Smith.9

Betrachten wir nun einige nähere Bestimmungen, die sich aus der Zurückführung des Tauschwerts auf Arbeitszeit ergeben.

Als Gebrauchswert wirkt die Ware ursachlich. Weizen z.B. wirkt als Nahrungsmittel. Eine Maschine ersetzt Arbeit in bestimmten Verhältnissen. Diese Wirkung der Ware, wodurch sie allein Gebrauchswert, Gegenstand der Konsumtion ist, kann ihr Dienst genannt werden, der Dienst, den sie als Gebrauchswert leistet. Als Tauschwert aber wird die Ware immer nur unter dem Gesichtspunkt des Resultats betrachtet. Es handelt sich nicht um den Dienst, den sie leistet, sondern um den Dienst10, der ihr selbst geleistet worden ist in ihrer Produktion. So ist also der Tauschwert einer Maschine z.B. bestimmt nicht durch das Quantum Arbeitszeit, das von ihr ersetzt wird, sondern das Quantum Arbeitszeit, das in ihr selbst aufgearbeitet und daher erheischt ist, eine neue Maschine derselben Art zu produzieren.

Bliebe daher das zur Produktion von Waren erheischte Arbeitsquantum konstant, so wäre ihr Tauschwert unveränderlich. Aber die Leichtigkeit und Schwierigkeit der Produktion wechseln beständig. Wächst die Produktivkraft der Arbeit, so produziert sie denselben Gebrauchswert in kürzerer Zeit. Fällt die Produktivkraft der Arbeit, so wird mehr Zeit erheischt zur Produktion desselben Gebrauchswerts. Die Größe der in einer Ware enthaltenen Arbeitszeit, also ihr Tauschwert, ist daher ein wechselnder, steigt oder fällt in umgekehrtem Verhältnis zum Steigen oder Fallen der Produktivkraft der Arbeit. Die Produktivkraft der Arbeit, die in der Manufakturindustrie in vorausbestimmtem Grade angewandt wird, ist in der Agrikultur und der extraktiven Industrie zugleich bedingt durch unkontrollierbare Naturverhältnisse. Dieselbe Arbeit wird eine größere oder mindere Ausbeute verschiedener Metalle ergeben, je nach dem relativ seltenern und häufigeren Vorkommen dieser Metalle in der Erdrinde. Dieselbe Arbeit mag sich mit Gunst der Jahreszeit in 2 Bushel Weizen, mit Ungunst derselben vielleicht nur in 1 Bushel Weizen vergegenständlichen. Seltenheit oder Überfluß als Naturverhältnisse scheinen hier den Tauschwert der Waren zu bestimmen, weil sie die an Naturverhältnisse gebundene Produktivkraft besonderer realen Arbeit bestimmen.

Verschiedene Gebrauchswerte enthalten in ungleichen Volumen dieselbe Arbeitszeit oder denselben Tauschwert. In je kleinerem Volumen ihres Gebrauchswerts, verglichen mit den andern Gebrauchswerten, eine Ware, ein bestimmtes Quantum Arbeitszeit enthält, um so größer ist ihr spezifischer Tauschwert. Finden wir, daß in verschiedenen, weit auseinanderliegenden Kulturepochen gewisse Gebrauchswerte unter sich eine Reihe von spezifischen Tauschwerten bilden, die, wenn nicht exakt dasselbe Zahlenverhältnis, doch das allgemeine Verhältnis der Über-und Unterordnung gegeneinander bewahren, wie z.B. Gold, Silber, Kupfer, Eisen, oder Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, so folgt daraus nur, daß die fortschreitende Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte gleichmäßig oder annähernd gleichmäßig auf die Arbeitszeit einwirkt, die zur Produktion jener verschiedenen Waren erfordert ist.

Der Tauschwert einer Ware kommt nicht in ihrem eignen Gebrauchswert zur Erscheinung. Als Vergegenständlichung der allgemeinen gesellschaftlichen Arbeitszeit jedoch ist der Gebrauchswert einer Ware in Verhältnisse gesetzt zu den Gebrauchswerten anderer Waren. Der Tauschwert der einen Ware manifestiert sich so in den Gebrauchswerten der anderen Waren. Äquivalent ist in der Tat der Tauschwert einer Ware ausgedrückt im Gebrauchswert einer andern Ware. Sage ich z.B. eine Elle Leinwand ist wert zwei Pfund Kaffee, so ist der Tauschwert der Leinwand in dem Gebrauchswert Kaffee, und zwar in einem bestimmten Quantum dieses Gebrauchswerts ausgedrückt. Diese Proportion gegeben, kann ich den Wert jedes Quantums Leinwand in Kaffee ausdrücken. Es ist klar, daß der Tauschwert einer Ware, z.B. der Leinwand, nicht erschöpft ist in der Proportion, worin eine andere besondre Ware, z.B. Kaffee, ihr Äquivalent bildet. Das Quantum allgemeiner Arbeitszeit, dessen Darstellung die Elle Leinwand ist, ist gleichzeitig in unendlich verschiedenen Volumen von Gebrauchswerten aller andern Waren realisiert. In der Proportion, worin der Gebrauchswert jeder andern Ware gleich große Arbeitszeit darstellt, bildet er ein Äquivalent für die Elle Leinwand. Der Tauschwert dieser einzelnen Ware drückt sich daher nur erschöpfend aus in den unendlich vielen Gleichungen, worin die Gebrauchswerte aller andern Waren ihr Äquivalent bilden. Nur in der Summe dieser Gleichungen oder in der Gesamtheit der verschiedenen Proportionen, worin eine Ware mit jeder andern Ware austauschbar ist, ist sie erschöpfend ausgedrückt als allgemeines Äquivalent. Z.B. die Reihe der Gleichungen

kann dargestellt werden als