Zurück in den Armen des italienischen Milliardärs - Dani Collins - E-Book

Zurück in den Armen des italienischen Milliardärs E-Book

Dani Collins

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Beschreibung

Seit Monaten gilt Giovanni Catalano als vermisst. Verzweifelt muss Freja akzeptieren, dass sie ihren Ehemann nie wiedersehen wird – da taucht er unerwartet auf! Der Software-Tycoon hat seinen Tod nur vorgetäuscht, um eine Intrige zu vereiteln. Freja erlebt ein Wechselbad der Gefühle: Neben Wut und Enttäuschung spürt sie dasselbe sinnliche Verlangen wie früher. In Giovannis luxuriösem Penthouse über den Dächern von Rom flammt die alte Leidenschaft zwischen ihnen wieder auf. Doch er hat sie hintergangen! Wie soll Freja ihm noch einmal vertrauen?

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Seitenzahl: 205

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IMPRESSUM

JULIA erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2020 by Dani Collins Originaltitel: „Confessions of an Italian Marriage“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA, Band 2501 7/2021 Übersetzung: Anja Görgens

Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 7/2021 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733718862

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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PROLOG

Niemandes Zorn kann größer sein als der einer Frau, deren Mann ihr seinen eigenen Tod vortäuscht.

Freja Catalano lächelte so entrückt, wie es von einer glücklichen Braut erwartet wurde, und knipste ein Selfie. Umgeben von Spiegeln stand sie auf einem kleinen Podest in dem privaten Anproberaum der exklusivsten Brautmodenboutique Mailands.

„Ich kann Sie auch gerne fotografieren“, bot Teresina an. Die Designerin zupfte die fast zwei Meter lange Schleppe zurecht. Jeder Zentimeter des Kleides war handbestickt mit weißen Blumen und Ranken, kleinen Perlen und Pailletten.

Während Freja unterschiedliche Filter für das Foto ausprobierte, überlief sie auf einmal ein Prickeln. Sie hatte das Gefühl, beobachtet zu werden. Sie hob den Kopf und blickte in den Verkaufsbereich des Geschäfts, sah aber niemanden. Nur die Stimme einer unzufriedenen Kundin war zu hören, die sich über die Qualität des neu eingetroffenen Organzas beschwerte.

„Danke, nicht nötig“, antwortete Freja abwesend, während sie sich einen Text für ihre Bildauswahl ausdachte, um sie online zu stellen. Doch das ungute Gefühl blieb.

#LetzteAnprobe #GroßerTag #NurNochEinMonat #KannsKaumAbwarten

Teresina steckte das perlenbesetzte Taillenband ab. „Ist das Bild für Ihre Mutter?“, fragte sie mit Stecknadeln im Mund.

„Nein, für die sozialen Medien. Meine Mutter ist schon lange tot.“ Freja fügte noch ein paar Hashtags über Hochzeitsstress, große Liebe und Winterhochzeiten in New York hinzu.

„Das tut mir leid. Ich dachte, sie lebt in Schweden und kommt zur Hochzeit.“

„Meine Eltern leben beide nicht mehr.“ Und die Hochzeit, bei der sie ihren Vater und ihre Mutter so gerne dabeigehabt hätte, hatte bereits vor Monaten stattgefunden. Damals hatte Freja ein schlichtes elfenbeinfarbenes Etuikleid getragen und einen Strauß aus im Park geklauten Tulpen in den Händen gehalten. Es war perfekt gewesen.

Zumindest hatte sie das zu dem Zeitpunkt gedacht.

Viereinhalb Monate war diese Hochzeit jetzt her, und nur drei Wochen später war ihr erster Ehemann „gestorben“. Seither wurde Freja in den Medien als eine wahre Grabräuberin dargestellt, die ihren Mann nur des Geldes wegen geheiratet hatte.

Teresina allerdings störte sich nicht im Geringsten an Frejas Ruf. Seit Freja gesagt hatte: „Jeder weiß, dass Paris Mailand nicht das Wasser reichen kann“, gehörte ihr Teresinas unerschütterliche Loyalität. Dass Freja zudem das gesamte Vermögen ihres Mannes geerbt hatte, schadete natürlich auch nicht.

Was Freja allerdings verschwiegen hatte, war, dass sie nur nach Italien gekommen war, weil sie überzeugt war, dass Giovanni sich in seinem Heimatland aufhielt.

Ich gebe dein Geld für eine Hochzeit aus. Wie gefällt dir das? Doch statt diese Worte einzutippen, verlinkte sie Teresina und deren Boutique.

„Sieht Ihr Verlobter die Bilder denn auch?“, fragte Teresina besorgt. „Es bringt Unglück, wenn er das Kleid vor der Hochzeit sieht.“

„Stimmt.“ Freja verlinkte auch Nels und drückte auf Teilen.

Nels hatte gerade sein Jurastudium beendet, steckte bis zum Hals in Schulden und hielt seine Homosexualität vor seiner Familie geheim. Er würde Giovannis Platz als Frejas Ehemann einnehmen; und im Gegenzug hatte Freja versprochen, seiner unheilbar kranken Großmutter vorzuspielen, Nels und sie seien das perfekte Paar.

„Sagen Sie ihm, dass er nicht nachsehen soll“, schlug Teresina vor und überprüfte das versteckte Band, das die schulterfreien Ärmel hielt. Das Mieder war sowohl vorne als auch am Rücken tief ausgeschnitten. Die venezianische Spitze schmiegte sich eng an Frejas Brüste und bedeckte ihre Arme in kunstvoll fließenden Ranken von den Schultern zu den Handgelenken. „In diesem Kleid wird Ihnen kein Mann der Welt widerstehen können.“

Freja lächelte gezwungen und behielt für sich, dass der einzige Mann, der ihr etwas bedeutet hatte, ihr sehr wohl hatte widerstehen können.

Sie ignorierte die verzweifelte Stimme in ihrem Kopf, die fragte: Was, wenn er wirklich tot ist?

Doch das war er nicht. Zwar war sie ganz krank vor Sorge, weil er noch immer verschollen war, aber es gab genug Gründe anzunehmen, dass er noch immer am Leben war. Na schön, vielleicht eher ein paar wenige Zufälle und nur ein einziges Beweisstück, das nicht ausreichte, irgendetwas zu belegen. Es hatte nicht einmal Einbruchspuren gegeben. Als sie Nels vor ein paar Monaten ihre Vermutung anvertraut hatte, ihr Mann sei noch am Leben, hatte er sie voller Mitleid angesehen und gesagt, sie sei noch in der Phase ihrer Trauer, wo sie alles leugnete.

Vielleicht hatte er ja recht. Sie hatte gekämpft, um Giovanni seine wahren Gefühle ihr gegenüber zu entlocken, bis hin zu ihrem allerletzten Streit.

Liebst du mich? Willst du überhaupt mit mir verheiratet sein?

Du benimmst dich wie eine eifersüchtige Furie. Warte im Hotelzimmer auf mich. Ich komme nach dem Treffen sofort zu dir.

Er war nicht gekommen. Und egal, ob er nun tot war oder nicht, er hatte ihr sein gesamtes Vermögen hinterlassen. Allerdings war sie viel zu unerfahren, um damit umgehen zu können. Nels hatte an der Uni im selben Wohnheim gewohnt wie sie und aus Freundschaft ihren Buchvertrag und später ihren Ehevertrag geprüft. Als sie ihn nach dem angeblichen Tod ihres Mannes um Hilfe bei den zahllosen juristischen Dokumenten gebeten hatte, war Nels entsetzt gewesen über die dreiste Habgier, die einige von Giovannis führenden Mitarbeitern an den Tag legten.

Freja war eine junge Frau Anfang zwanzig mit hellblondem Haar und blauen Augen. Sie hatte keinerlei Ausbildung, abgesehen von ihrem Abschluss in kreativem Schreiben. Sie hatte keine Ahnung davon, wie man ein multinationales Unternehmen führte, war aber klug genug, zu wissen, dass ihr plötzlicher Reichtum Neider auf den Plan brachte.

Jemand anderes hätte vielleicht mehr Stärke bewiesen und es diesen Machos gezeigt, die sie übers Ohr hauen wollten. Vielleicht hätte auch Freja das getan, wenn sie vor Trauer nicht völlig am Boden zerstört gewesen wäre. Jedes Meeting war von Aasgeiern bevölkert gewesen, die sich an sie heranmachten und sich bei ihr einzuschmeicheln versuchten, um so an Giovannis Geld zu kommen. Es war einfach nur anstrengend. Sie hatte nicht die Kraft, das alles über sich ergehen zu lassen für ein Vermögen, das sie weder wollte noch brauchte.

Während des Studiums hatte sie Nels einmal schüchtern gefragt, ob er mit ihr ausgehen würde. Er hatte so unbedrohlich gewirkt. Damals hatte er ihr sein Geheimnis anvertraut. Im Nebenfach hatte er Wirtschaftsethik studiert und sehnte sich danach, auf den allerhöchsten Ebenen etwas verändern zu können. Wenn sie ihn heiratete, könnte sie sich die Aasgeier vom Hals halten, und so hatten sie ihren Pakt geschlossen.

War es Bigamie, wenn ihr erster Mann irgendwo noch am Leben war und ihre zweite Ehe nur auf dem Papier bestand? Das hatte sie auch Nels gefragt, doch der hatte sie nur einmal mehr mitleidig angesehen und gesagt: „Ich muss wissen, dass du vollkommen zurechnungsfähig bist, sonst werde ich das hier nicht durchziehen.“

Der Einzige, der beweisen konnte, dass die Heirat ungültig wäre, war Giovanni. Wenn er bis zur letzten Minute warten wollte, um einzuschreiten: bitte schön! Aber darauf verlassen würde sie sich nicht. Freja war intelligent genug, zu begreifen, dass ihr Ehemann nicht mehr mit ihr zusammen sein wollte, nachdem er sogar eine Explosion inszeniert hatte, um ihr zu entkommen.

Nein, sie akzeptierte, dass ihre stürmische Romanze für ihn nur ein Strohfeuer gewesen war. Und dass Freja jetzt so unglücklich war, war ihre eigene Schuld. Sie hatte gewusst, dass es die ewige Liebe nicht gab, und sich trotzdem Hals über Kopf in Giovanni verliebt. Und darum war ihr Herz in tausend kleine Stücke zersprungen.

„Bellissima.“ Teresina war mit dem Kleid fertig und küsste ihre Fingerspitzen. „Sollen wir den Schleier anprobieren?“

Ein leises Klingeln von der Eingangstür her ließ die Stimmen im Verkaufsraum verstummen. In Frejas Kopf schrillten die Alarmglocken.

Eine tiefe Stimme fragte nach der Geschäftsführerin.

Frejas Nackenhärchen stellten sich auf. Die Stimme kam ihr nicht bekannt vor, doch seit Giovannis „Tod“ war sie vorsichtig. Zwar war die Explosion als Unfall eingestuft worden, doch sie war sich sicher, dass es ein gezielter Anschlag auf Giovanni gewesen war. Und das bedeutete, dass auch sie in Gefahr war.

Vielleicht war sie paranoid. Wahrscheinlich war es nur ein Vertreter. Es gab absolut keinen Grund anzunehmen, der Mann wäre wegen ihr hier.

Doch als die Verkäuferin sagte: „Ich sehe eben nach, ob sie Zeit hat“, stand Freja der kalte Schweiß auf der Stirn.

Teresina lächelte entschuldigend und ging in Richtung Verkaufsraum.

Freja zwang sich, unbekümmert zurückzulächeln, während das Adrenalin durch ihre Adern jagte und ihr der Atem stockte.

Sobald Teresina außer Sichtweite war, handelte Freja instinktiv. Sie raffte die Unmengen an Tüll und rannte so leise und schnell los, wie es ihre zwölf Zentimeter hohen Absätze zuließen. Vorbei an der Umkleide, in der ihre Handtasche und Kleidung lagen, vorbei an der Toilette, hinein in das Büro, in dem sie sich vorhin mit Teresina getroffen hatte und wo sich, wie sie wusste, ein Notausgang samt Alarmanlage befand.

Sie drückte die schwere Tür auf und floh in eine schmale Gasse. Im Geschäft ging ein schriller Alarm los, dessen durchdringender Lärm durch die zufallende Tür gedämpft wurde. Freja lief auf eine belebte Straße zu.

Zeugen! Sie brauchte Zeugen. Lieber ließ sie sich wegen des Diebstahls eines Hochzeitkleides verhaften, als dass sie sich dem stellte, was der Mann aus dem Laden für sie bereithielt. Sie würde Nels vom Polizeirevier aus anru…

Sie hörte, wie hinter ihr die Tür des Notausganges aufgerissen wurde. Jemand rief ihr etwas nach.

Vor ihr bremste abrupt ein schwarzer SUV auf dem Gehweg, wo die Gasse in die Straße mündete, und schnitt ihr so den Fluchtweg ab. Sie versuchte, sich an dem Wagen vorbeizudrücken, als die Hintertür aufgestoßen wurde.

„Steig ein“, befahl Giovanni.

Sein Anblick traf sie wie ein Schlag. Er hatte einen Bart, trug eine Sonnenbrille und hatte den Kapuzenpullover tief in die Stirn gezogen. Doch er war absolut unverkennbar: seine angespannte Miene und die Beine, die knapp oberhalb der Knie endeten, verrieten ihn.

Er lebte! Vor Erleichterung hätte sie weinen können.

Gleichzeitig packte sie unbändige Wut. Die Gewissheit, dass sie recht gehabt hatte, brachte ihr keinerlei Genugtuung, denn dass er sie wirklich verlassen hatte, zerriss ihr schier das Herz. Wäre er wirklich tot gewesen, wäre sie zwar verzweifelt gewesen, aber sie hätte es ihm nicht zum Vorwurf machen können.

Doch das hier? Giovanni hatte sie durch die Hölle gehen lassen, als sie noch davon überzeugt gewesen war, er sei tatsächlich gestorben. Seine Beerdigung war umso qualvoller gewesen, weil sie sich zu dem Zeitpunkt bereits sicher gewesen war, dass sein Tod nur inszeniert war. Und nur zwei Wochen später hatte sie einen weiteren furchtbaren Verlust erlitten, von dem sie sich nie wieder erholen würde.

Er hatte sie dazu gezwungen, das alles ganz alleine durchzustehen.

Seit diesem grauenhaften Tag hatte Freja jede Minute gehofft, er würde zurückkommen. Jetzt aber konnte sie ihm nur verbittert „Fahr zur Hölle“ entgegenfauchen.

„Was glaubst du, wo ich herkomme?“, knurrte er.

„Ich rufe die Polizei!“, rief Teresina vom Geschäft am anderen Ende der Gasse her. Zwei ihrer Angestellten filmten alles mit ihren Handys.

Ein Mann im Anzug kam auf Freja zu gerannt. Instinktiv trat sie näher an Giovanni heran. Ihr Herz hämmerte vor Angst.

Giovanni schlang einen Arm um sie. Er hielt sich mit einer Hand am Türrahmen fest, um sich Halt zu verschaffen, schaffte es aber mühelos, Freja zu sich in den Wagen zu ziehen.

Sie wehrte sich nicht.

Zusammen fielen sie auf den Rücksitz. Der Mann, der sie verfolgt hatte, erreichte die Autotür und griff nach Frejas Bein.

Sie schrie und trat mit dem spitzen Stiletto nach ihm.

Er wich ihr aus und warf die Schleppe ins Auto. Dann schlug er die Tür zu und sprang nach vorne auf den Beifahrersitz.

„Fahr los!“, rief Giovanni dem Fahrer zu.

1. KAPITEL

Sechs Monate zuvor

„Sind das die mit den Pilzen?“, fragte eine Frau Freja, die ein Tablett mit Kanapees vor sich her trug.

Sie blieb vor einer Sitzgruppe stehen, auf der einige Gäste darauf warteten, in den Ballsaal eingelassen zu werden. Die Frauen trugen teure Abendkleider, die Männer Smokings. Einer von ihnen saß im Rollstuhl.

„Oh du meine Güte!“

Fast hätte sie das Tablett fallen lassen, doch der Mann im Rollstuhl fing es mühelos auf.

Giovanni Catalano. Sie hatte ihn sofort erkannt, denn sie hatte ihn im Lauf der Jahre im Auge behalten. Sein Vater war italienischer Botschafter gewesen, seine Mutter eine berühmte Erbin. Bei dem Unfall, der Giovanni beide Beine gekostet hatte, waren sowohl seine Eltern als auch sein älterer Bruder ums Leben gekommen. Später hatte er an den Paralympischen Spielen teilgenommen, bevor er mit der Entwicklung von Software-Apps ein Vermögen angehäuft hatte – als hätte er nicht schon genug Geld geerbt. Bereits mit zweiunddreißig Jahren hatte er es zum Milliardär gebracht.

Erwartungsgemäß umgab ihn eine Aura von Autorität und Selbstbewusstsein, doch womit Freja nicht gerechnet hatte, war seine schiere körperliche Anziehungskraft.

Giovanni sah beinahe lachhaft gut aus. Auch ohne den maßgeschneiderten Smoking wäre er unglaublich attraktiv gewesen, doch das plissierte Hemd und die weiße Fliege betonten seine gebräunte Haut noch zusätzlich. Das Jackett saß wie angegossen an seinen breiten Schultern, und die Hose, die ein paar Zentimeter unterhalb der Stelle endete, ab der seine Beine amputiert waren, war fein gesäumt.

Die markanten Gesichtszüge, der sinnliche Mund und der verführerische Blick – Freja fand Giovanni einfach unwiderstehlich. Und obwohl die Farbe seiner Augen im gedämpften Licht des Foyers nicht zu erkennen war, wusste sie, dass sie gewittergrau waren.

Es dauerte, bis sie sich wieder fasste. Er nahm den Blick nicht von ihr, während er den anderen Gästen Kanapees anbot.

Freja nahm kaum noch etwas von ihrer Umgebung wahr, sie hatte nur Augen für ihn. Ihr Herz raste wie wild. Unsicherheit und Verlegenheit überkamen sie, während gleichzeitig eine bisher unbekannte Erregung sie durchflutete.

Sie versuchte ihre Gefühle abzutun als die Erinnerung an eine lange zurückliegende kindliche Schwärmerei, die noch nicht einmal Giovanni selbst gegolten hatte.

Doch das hier war mehr als das. Viel intensiver, körperlicher. Erregender.

Er gab ihr das Tablett zurück und hob die Augenbrauen. „Kennen wir uns?“

„Nein!“ Vor Nervosität verschluckte sie sich beinahe. „Also, ich habe Ihren … Ich habe Sie mit jemandem verwechselt.“ Das stimmte zwar nicht, aber vor lauter Fremden wollte sie nicht über ihre kurze Bekanntschaft mit Giovannis Bruder reden.

„Wir sind uns noch nie begegnet“, versicherte sie ihm hastig, doch anscheinend hatte er ihr Unbehagen bemerkt, denn er kniff die Augen zusammen. Sie verspürte ein Flattern in der Magengrube. „Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.“

Mit weichen Knien ging sie davon. Nachdem sie neue Kanapees geholt hatte, musste sie ihre ganze Willenskraft aufbringen, um sich nicht nach ihm umzudrehen.

So verging fast eine Stunde, bis die meisten Anwesenden in den Ballsaal eingelassen worden waren und ihre Plätze eingenommen hatten.

Dabei ließ sie Giovanni Catalano die ganze Zeit nicht aus den Augen.

War es nur Einbildung, oder folgte auch er jeder ihrer Bewegungen? Obwohl ihre Blicke sich nie kreuzten, hatte Freja das Gefühl, beobachtet zu werden.

Als alle Gäste im Ballsaal waren, war auch er verschwunden. Noch immer ganz durcheinander begann Freja im Foyer aufzuräumen. Doch plötzlich war es wieder da, dieses Gefühl, dass jemand sie beobachtete. Ruckartig drehte sie sich um.

Sie hatte gar nicht gehört, wie er sich ihr genähert hatte, doch da war er. Giovanni Catalano. Sie war wie elektrisiert.

„Kommen Sie.“ Er machte kehrt und fuhr einen Korridor entlang.

Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie warf einen Blick in den Ballsaal, wo die Gäste auf mehreren großen Bildschirmen einer Präsentation folgten. Ihre Kollegen würden sie bald zum Servieren brauchen, aber für ein paar Minuten konnte sie sich davonstehlen. Ihr Puls ging immer schneller, während sie Giovanni folgte.

Er hielt vor einer Tür, die in einen verwaisten Garderobenraum führte. Die Fensterläden waren geschlossen.

Giovanni fuhr hinein, drehte sich zu ihr um und bedeutete ihr, ihm zu folgen und die Tür hinter sich zu schließen.

„Sind Sie sich sicher, dass wir uns noch nicht begegnet sind?“, fragte er fordernd.

„Ja. Aber ich weiß, wer Sie sind.“ Freja wünschte, sie hätte das Tablett mitgenommen, damit sie es wie einen schützenden Schild vor sich halten konnte. Sie fühlte sich zwar nicht bedroht, aber auch nicht hundertprozentig sicher. Etwas an ihm kam ihr auf eine Art, die sie nicht wirklich benennen konnte, gefährlich vor. Sicher wollte er ihr nichts tun, aber in der Lage dazu wäre er allemal, so muskulös, wie er war.

Aus unerklärlichen Gründen bekam sie in seiner Gegenwart kaum Luft. Sie fühlte sich völlig überfordert, was ganz und gar untypisch für sie war.

Und dennoch ließ sie sich jetzt kraftlos auf einen Stuhl sinken, der unter einer Kleiderstange stand. Allein Giovannis machtvolle Ausstrahlung führte dazu, dass sie sich ganz schwach fühlte.

Jetzt befanden sie sich auf Augenhöhe.

„Warum haben Sie den ganzen Leuten da draußen das Gefühl gegeben, wir hätten etwas miteinander?“, fragte er unverblümt.

„Das habe ich nicht!“ Sie drückte den Rücken durch. „Niemand hat das gedacht. Wieso auch?“

„Oh doch. Und sie glauben nicht nur, wir hätten Sex gehabt, sondern auch, dass ich auf kleine Mädchen stehe.“ Er musterte sie von Kopf bis Fuß. „Wie alt sind Sie? Zwanzig?“

„Dreiundzwanzig.“ Außerdem hielt Freja sich reif für ihr Alter. Zumindest kannte sie genug Gleichaltrige, die weniger fest im Leben standen. In Giovannis Gegenwart allerdings fühlte sie sich wie ein Teenager.

„Es tut mir leid, dass ich so reagiert habe.“ Sie bemühte sich, ruhig und entschlossen zu klingen. „Das war nicht meine Absicht.“

„Warum haben Sie es dann getan?“ Er wirkte ebenso unwiderstehlich wie unheilvoll. „Mit wem haben Sie mich verwechselt?“

„Mit niemandem. Ich habe sofort gewusst, dass Sie sein …“ Du lieber Himmel – spielte sie gerade wirklich mit ihren Haaren im Nacken, dort, wo die Haut vor Erregtheit so kribbelte? Wie eine flirtende Halbwüchsige! Sie faltete die Hände im Schoß. „Als Kind habe ich Ihren Bruder gekannt.“

Er hob den Kopf und spannte sich an, als bereite er sich auf einen Kampf vor. Die Hände hatte er zu Fäusten geballt.

Freja konnte seine Reaktion nachvollziehen. Ihr ging es oft genauso, wenn Leute sie auf ihren Vater ansprachen. Auch wenn man schon Jahre mit der Trauer lebte, konnte sie einem noch immer den Boden unter den Füßen wegreißen, vor allem, wenn man unerwartet mit ihr konfrontiert wurde.

„Er hat einen starken Eindruck bei mir hinterlassen“, sagte sie sanft. „Er war mein Fechtlehrer, als ich noch ein Kind war.“

„Sie waren in Sizilien?“ Wieder bedachte er sie mit einem skeptischen Blick.

„Mit meinem Vater. Er hat mich oft zu irgendwelchen Kursen angemeldet, wenn er gearbeitet hat. Stefano hat zusammen mit einer jungen Frau unterrichtet, Paloma, glaube ich.“

Als sie den Namen seines Bruders erwähnte, zuckte Giovanni leicht zusammen. „Sie müssen noch sehr jung gewesen sein. Sieben?“, rechnete er aus.

„Er hat gesagt, ich hätte Talent.“ Die Erinnerung an ihre kindliche Schwärmerei für einen jungen Mann, den sie zu ihrem persönlichen Helden erkoren hatte, brachte sie zum Lächeln. „Ich wollte an den Olympischen Spielen teilnehmen, genau wie er.“

Seine Mundwinkel zuckten. „Und, haben Sie es geschafft?“

„Nein.“ Genau genommen hatte sie ziemlich wenig erreicht; sie war noch nicht einmal eine vollwertige US-Bürgerin. Vielleicht würde sie irgendwann einmal als Lehrerin arbeiten. Im besten Fall konnte sie sich als Schriftstellerin bezeichnen, doch ihr Buch war noch gar nicht veröffentlicht worden, und ohne den Ruhm ihres Vaters hätte sich auch nie jemand dafür interessiert.

„Nein, diesen Traum musste ich leider ebenso begraben wie den, eines Tages Ihren Bruder zu heiraten.“

Sie wusste nicht, ob sein schnaubendes Lachen ein Zeichen echter Erheiterung war oder aber der Empörung darüber, dass sie wirklich so anmaßend gewesen war.

„Während des Unterrichts hat er immer mit Paloma geflirtet“, fuhr sie fort. „Er war so umwerfend und hat immer so viele Komplimente gemacht – der Inbegriff eines Traummannes für mich. Alle anderen Männer habe ich später immer mit ihm verglichen. Keiner hatte mehr eine Chance.“ Wehmütig seufzte Freja. „Ich war vollkommen erschüttert, als ich gehört habe, dass er gestorben ist.“

Giovanni schien sie mit seinem Blick durchbohren zu wollen, doch Freja wusste, dass sie es ewig bereuen würde, wenn sie ihm jetzt, da sie die Gelegenheit dazu hatte, nicht ihr Mitgefühl aussprach.

„Er hat damals immer voller Zuneigung von Ihnen gesprochen. Nach dem Unfall musste ich viel an Sie denken. Den Bruder und die Eltern zu verlieren muss schrecklich sein. Ich habe mir selbst immer einen Bruder oder eine Schwester gewünscht.“ Sie zuckte mit den Schultern, irritiert über ihre eigene Offenheit. „Ich habe Sie über die Jahre immer wieder gegoogelt. Das klingt jetzt, als hätte ich Sie gestalkt, aber ich habe nur die Nachrichten über Sie gelesen, wie Ihre Teilnahme bei den Paralympics oder etwas über Ihre Apps. Deshalb habe ich Sie auch sofort erkannt und mich so komisch verhalten. Es tut mir leid, dass ich Sie in Verlegenheit gebracht habe.“

Verlegenheit? Giovanni schnaubte. Er hatte gedacht, seine Tarnung wäre aufgeflogen!

Vielleicht war sie das ja auch. Freja – warum hatte sie ihm nur ihren Vornamen genannt? – versetzte ihn in höchste Alarmbereitschaft. Dabei meldete sich nicht nur sein Selbsterhaltungstrieb, sondern besonders seine Libido, auch wenn er das nach besten Kräften zu ignorieren versuchte.

Allerdings war sie viel zu schön, um sie einfach so abblitzen zu lassen, selbst in dieser schlichten Cateringuniform. Die schwarze Weste betonte ihre schmale Taille und die Rundungen ihrer Hüfte und Brüste. Er hatte eine Stunde Zeit gehabt, sie während der Arbeit zu beobachten. Sie war nicht besonders groß und bewegte sich leichtfüßig und anmutig wie eine Tänzerin. Sie trug kein Make-up, und ihre makellose Haut hatte einen gesunden, natürlichen Schimmer. Ihre Augenbrauen und Wimpern waren kaum zu sehen, denn sie hatten denselben hellgoldenen Blondton wie ihr Haar, das zu einem einfachen Pferdeschwanz zusammengebunden war. Ihre Augen waren strahlend blau wie Kornblumen und die Lippen zartrosa wie Blütenblätter.

Doch er ließ sich von ihrer vermeintlichen Unschuld nicht täuschen. Beunruhigend selbstbewusst hielt sie seinem Blick stand – ein stummer Austausch, der mit sexueller Spannung geladen war.

Sei bloß vorsichtig! ermahnte er sich, doch es war bereits zu spät.

„Essen Sie morgen mit mir zu Abend.“

Sie blinzelte. Ihre Überraschung über seine Einladung schien echt, was seinem Verdacht widersprach, dass sie seine Aufmerksamkeit nur erregt hatte, um an ihn heranzukommen.

Obwohl ihr Zögern vermutlich gespielt war, enttäuschte es ihn auf unerwartete Weise. „Wollen Sie nicht?“

„Doch, schon, wenn ich meine Schicht tauschen kann.“ Sie lächelte ihn an und musterte ihn ebenso wie er sie. Wer war diese Frau? Er musste unbedingt mehr über sie herausfinden.

Natürlich würde er sie nicht hinter seine Fassade schauen lassen, aber er wollte wissen, was sich hinter ihrer verbarg. Er fragte sie nach ihrer Telefonnummer, und sie gab sie ihm.

„Ich sollte wieder an die Arbeit.“ Sie warf einen Blick zur Tür, blieb aber sitzen. Sie sah ihn an, als warte sie auf etwas.

Ach, zur Hölle! Er trug zwar eine Fassade, dahinter war aber auch er nur ein Mann. Mit einer kleinen Bewegung seines Rollstuhls könnte er ihr nahe genug sein, um sie zu berühren, doch noch besaß er genug Selbstbeherrschung, egal wie sehr er ihre Haut spüren wollte. Obwohl …

„Ich bin nicht mein Bruder.“

„Das weiß ich.“ Sie runzelte die Stirn. „Das war die Schwärmerei eines kleinen Mädchens, nicht …“

Er versuchte zu verbergen, wie sehr ihre Art ihn verwirrte.

„… nicht das hier, was auch immer das zwischen uns ist.“ Ihr Blick suchte den seinen.

Genau. Was war das zwischen ihnen? Das wollte auch Giovanni wissen. Er näherte sich ihr, legte eine Hand auf die Kante ihres Stuhles und beugte sich vor. Als er dabei ihren Oberschenkel streifte, spürte er ein beinahe elektrisches Kribbeln. Er wartete kurz, ob sie vor ihm zurückweichen würde, und als sie es nicht tat, küsste er sie.