Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer - Jules Verne - kostenlos E-Book

Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer E-Book

Jules Verne.

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Beschreibung

Jules Verne bei Null Papier Komplett neu überarbeitet; reichhaltig illustriert und kommentiert Professor Arronax und sein Diener Conseil machen sich auf die Suche nach einem mysteriösen Seeungeheuer, das für zahlreiche Schiffswracks verantwortlich sein soll. Es stellt sich heraus, dass das Seeungeheuer die "Nautilus" ist, das U-Boot des geheimnisvollen Kapitäns Nemo. Dieser entpuppt sich als ebenso hochintelligente wie zwielichtige Gestalt, deren wahre Motivation sich erst Stück für Stück herausschält. Der Professor und sein Diener sollen die Nautilus niemals wieder verlassen, um die Geheimnisse Nemos nicht an die Welt zu verraten. Kann ihnen dennoch die Flucht gelingen? Wohl kein anderes Buch von Verne hat seine Position als wichtigster Schriftsteller einer neuen Zeit und eines neuen Genres, das der Abenteuerliteratur, mehr begründet als "20.000 Meilen unter dem Meer". Erstmalig in der Literatur trafen bei Verne penibel recherchierte Wissenschaftlichkeit und eine spannende und vielschichtige Handlung aufeinander. Neben "Reise um die Erde in 80 Tagen" ist die Vernes erfolgreichstes Buch. Mindestens ebenso spektakulär und erfolgreich wie das Buch war der von den Disney-Studios produzierte Film mit James Mason und Kirk Douglas in den Hauptrollen. Mit ausführlichen Fußnoten zu wissenschaftlichen Zusammenhängen und zeitgenössischen Geschehnissen und Personen. Wie immer mit den wundervollen Zeichnungen der französischen Originalausgabe. Null Papier Verlag

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Seitenzahl: 610

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Jules Verne

Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer

Illustrierte Fassung

Jules Verne

Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer

Illustrierte Fassung

(Vingt mille lieues sous les mers)Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2024Klosterstr. 34 · D-40211 Düsseldorf · [email protected]: Alphonse de Neuville, Édouard RiouÜbersetzung und Fußnoten: Jürgen Schulze EV: A. Hartleben, Wien Pest Leipzig, 1874 3. Auflage, ISBN 978-3-962814-19-9

null-papier.de/neu

Inhaltsverzeichnis

Ju­les Ver­ne – Le­ben und Werk

Ju­les Ver­ne bei Null Pa­pier

Ers­ter Band

Ers­tes Ka­pi­tel – Eine schwei­fen­de Klip­pe

Zwei­tes Ka­pi­tel – Für und Wi­der

Drit­tes Ka­pi­tel – Wie es mei­nem Herrn be­liebt

Vier­tes Ka­pi­tel – Ned Land

Fünf­tes Ka­pi­tel – Auf gut Glück!

Sechs­tes Ka­pi­tel – Mit vol­lem Dampf

Sie­ben­tes Ka­pi­tel – Ein Wal­fisch un­be­kann­ter Art

Ach­tes Ka­pi­tel – Mo­bi­lis in Mo­bi­le

Neun­tes Ka­pi­tel – Ned Lands Zorn

Zehn­tes Ka­pi­tel – Der Mann des Mee­res

Elf­tes Ka­pi­tel – Die Nau­ti­lus

Zwölf­tes Ka­pi­tel – Al­les durch Elek­tri­zi­tät

Drei­zehn­tes Ka­pi­tel – Ei­ni­ge Zah­len

Vier­zehn­tes Ka­pi­tel – Der schwar­ze Strom

Fünf­zehn­tes Ka­pi­tel – Eine brief­li­che Ein­la­dung

Sech­zehn­tes Ka­pi­tel – Spa­zier­gang im Frei­en

Sieb­zehn­tes Ka­pi­tel – Ein un­ter­see­i­scher Wald

Acht­zehn­tes Ka­pi­tel – Vier­tau­send Mei­len un­term Stil­len Ozean

Neun­zehn­tes Ka­pi­tel – Va­ni­ko­ro

Zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Die Tor­res-Stra­ße

Ein­und­zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Ei­ni­ge Tage auf dem Lan­de

Zwei­und­zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Des Ka­pi­tän Nemo Blitz­strahl

Drei­und­zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Fie­ber­träu­me

Vier­und­zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Das Koral­len­reich

Zwei­ter Band

Ers­tes Ka­pi­tel – Der In­di­sche Ozean

Zwei­tes Ka­pi­tel – Ein neu­er Vor­schlag des Ka­pi­täns Nemo

Drit­tes Ka­pi­tel – Eine Per­le von zehn Mil­lio­nen

Vier­tes Ka­pi­tel – Das Rote Meer

Fünf­tes Ka­pi­tel – Der Ara­bi­sche Tun­nel

Sechs­tes Ka­pi­tel – Der grie­chi­sche Archi­pel

Sie­ben­tes Ka­pi­tel – Das Mit­tel­län­di­sche Meer in vier­und­zwan­zig Stun­den

Ach­tes Ka­pi­tel – Die Bai von Vigo

Neun­tes Ka­pi­tel – Ein ver­schwun­de­ner Kon­ti­nent

Zehn­tes Ka­pi­tel – Un­ter­see­i­sche Koh­len­mi­nen

Elf­tes Ka­pi­tel – Das Tang-Meer

Zwölf­tes Ka­pi­tel – Pott­fi­sche und Wal­fi­sche

Drei­zehn­tes Ka­pi­tel – Die Eis­de­cke

Vier­zehn­tes Ka­pi­tel – Der Süd­pol

Fünf­zehn­tes Ka­pi­tel – Un­fall oder Zwi­schen­fall

Sech­zehn­tes Ka­pi­tel – Luft­man­gel

Sieb­zehn­tes Ka­pi­tel – Vom Kap Horn nach dem Ama­zo­nen­strom

Acht­zehn­tes Ka­pi­tel – Rie­sen­po­ly­pen

Neun­zehn­tes Ka­pi­tel – Der Golf­strom

Zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Un­ter 47° 24′ Brei­te und 17° 28′ Län­ge

Ein­und­zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Eine He­ka­tom­be

Zwei­und­zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Letz­te Wor­te des Ka­pi­tän Nemo

Drei­und­zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Schluss

Ein Nach­wort

Dan­ke

Dan­ke, dass Sie die­ses E-Book aus mei­nem Ver­lag er­wor­ben ha­ben.

Ju­les Ver­ne ge­hört zu den Au­to­ren, die je­der schon ein­mal ge­le­sen hat. Eine Be­haup­tung, die man nicht über vie­le Schrift­stel­ler auf­stel­len kann. Die Ge­schich­ten von Ver­ne sind un­ter­hal­tend, lehr­reich und im­mer sehr at­mo­sphä­risch.

In un­re­gel­mä­ßi­ger Fol­ge wird mein Ver­lag die Wer­ke von Ver­ne ver­öf­fent­li­chen – die be­kann­ten wie die un­be­kann­ten. Im­mer in der über­ar­bei­te­ten Er­st­über­set­zung, um den (sprach­li­chen) Ch­ar­me der Zeit bei­zu­be­hal­ten.

Kor­ri­giert und kom­men­tiert wer­den Orts- und Per­so­nen­na­men oder of­fen­sicht­lich falsche An­ga­ben. Sie fin­den die Er­läu­te­run­gen in Fuß­no­ten.

Ich habe es mir auch nicht neh­men las­sen, die ur­sprüng­li­chen Na­men zu ver­wen­den: Aus dem Jo­hann wird so wie­der der ur­sprüng­li­che Jean, aus Lud­wig wie­der Louis und aus Ma­ri­an­ne wie­der Ma­rie. Ich den­ke, das tut den Ge­schich­ten nur gut.

Soll­ten Sie Hil­fe be­nö­ti­gen oder eine Fra­ge ha­ben, schrei­ben Sie mir.

Ihr Jür­gen Schul­ze null-pa­pier.de/kon­takt

Ju­les Ver­ne bei Null Pa­pier

Rei­se um die Erde in 80 Ta­gen

Mi­cha­el Strogoff - Der Ku­ri­er des Za­ren

Zwan­zig­tau­send Mei­len un­ter dem Meer

Eine Idee des Dok­tor Ox

Eine Über­win­te­rung im Eis

Schwarz-In­di­en – Oder: Die Stadt un­ter der Erde

Fünf Wo­chen im Bal­lon

Ro­bur der Ero­be­rer

Der Herr der Welt

Von der Erde zum Mond

und wei­te­re …

Ju­les Ver­ne – Le­ben und Werk

Bei­na­he wäre Klein-Ju­les als Schiffs­jun­ge nach In­di­en ge­fah­ren, hät­te eine Lauf­bahn als See­mann ein­ge­schla­gen und spä­ter un­ter­halt­sa­mes See­manns­garn ge­spon­nen, das ver­mut­lich nie die Drucker­pres­se er­reicht hät­te.

Ju­les Ver­ne

Ver­liebt in die aben­teu­er­li­che Li­te­ra­tur

Glück­li­cher­wei­se für uns Le­ser hin­dert man ihn dar­an: Der Elf­jäh­ri­ge wird von Bord ge­holt und ver­lebt wei­ter­hin eine be­hü­te­te Kind­heit vor bür­ger­li­chem Hin­ter­grund. Ge­bo­ren am 8. Fe­bru­ar 1828 in Nan­tes, wächst Ju­les-Ga­bri­el Ver­ne in gut si­tu­ier­ten Ver­hält­nis­sen auf. Als äl­tes­ter von fünf Spröss­lin­gen soll er die vä­ter­li­che An­walt­spra­xis über­neh­men, wes­halb er ab 1846 in Pa­ris Jura stu­diert.

Viel span­nen­der fin­det er schon zu die­ser Zeit al­ler­dings die Li­te­ra­tur. Ver­ne freun­det sich so­wohl mit Alex­and­re Du­mas als auch mit sei­nem gleich­na­mi­gen Sohn an. Ge­mein­sam mit Va­ter Du­mas ver­fasst er Opern­li­bret­ti und ers­te dra­ma­ti­sche Wer­ke. Nach dem Ab­schluss sei­nes Stu­di­ums be­schließt er, nicht nach Nan­tes zu­rück­zu­keh­ren, son­dern sich völ­lig der Dra­ma­tik zu wid­men.

Zwar schreibt er nicht ganz er­folg­los – drei sei­ner Er­zäh­lun­gen er­schei­nen in ei­ner li­te­ra­ri­schen Zeit­schrift. Doch zum Le­ben reicht es nicht, wes­halb der jun­ge Au­tor 1852 den Pos­ten ei­nes In­ten­danz-Se­kre­tärs am Théâtre ly­ri­que an­nimmt. Im­mer­hin wird die­se Ar­beit zu­ver­läs­sig ver­gü­tet und Ver­ne darf sich als Dra­ma­ti­ker be­tä­ti­gen. In sei­ner Frei­zeit ver­fasst er wei­ter­hin Er­zäh­lun­gen, wo­bei ihn aben­teu­er­li­che Rei­sen am meis­ten in­ter­es­sie­ren.

Als er 1857 eine Wit­we hei­ra­tet, die zwei Töch­ter in die Ehe mit­bringt, muss sich der Li­te­rat nach ei­ner bes­ser be­zahl­ten Ein­kom­mens­quel­le um­se­hen. Wäh­rend der nächs­ten zwei Jah­re schlägt er sich als Bör­sen­mak­ler durch, wo­bei er ge­nug Zeit fin­det, län­ge­re Schiffs­rei­sen zu un­ter­neh­men, be­vor 1861 sein Sohn Mi­chel ge­bo­ren wird.

Ver­liebt ins li­te­ra­ri­sche Aben­teu­er

Letzt­lich ist es ei­ner be­son­de­ren Be­geg­nung im Jahr 1862 ge­schul­det, dass al­les, was der Au­tor bis­her »geis­tig an­ge­sam­melt« hat, in sei­nen künf­ti­gen Ro­ma­nen kul­mi­nie­ren darf: Der Ju­gend­buch-Ver­le­ger Pier­re-Ju­les Het­zel ver­öf­fent­licht Ver­nes uto­pi­schen Rei­se­ro­man »Fünf Wo­chen im Bal­lon«. Die­ses von ihm oh­ne­hin be­vor­zug­te Su­jet wird den Schrift­stel­ler nie wie­der los­las­sen – die aben­teu­er­li­chen Rei­sen, auf wel­cher Rou­te auch im­mer sie ab­sol­viert wer­den. Het­zel ver­legt Ver­nes noch heu­te be­lieb­tes­te Schrif­ten: 1864 »Rei­se zum Mit­tel­punkt der Erde«, im fol­gen­den Jahr »Von der Erde zum Mond«, 1869 »Rei­se um den Mond« und »Zwan­zig­tau­send Mei­len un­ter dem Meer«. Mit »Rei­se um die Erde in 80 Ta­gen« er­scheint 1872 Ju­les Ver­nes er­folg­reichs­ter Ro­man über­haupt.

Die Zu­sam­men­ar­beit mit Het­zel, der gleich­zei­tig als sein Men­tor fun­giert, sorgt in den spä­ten 1860er Jah­ren da­für, dass der höchst pro­duk­ti­ve Schrift­stel­ler sei­ner Fa­mi­lie ei­ni­gen Wohl­stand bie­ten und sich selbst »ju­gend­traum­haf­te« Rei­se­wün­sche er­fül­len kann. Sein Ver­le­ger stellt ihn nam­haf­ten Wis­sen­schaft­lern vor – in Kom­bi­na­ti­on mit den er­wähn­ten Rei­sen ent­steht auf die­se Wei­se ein un­ge­heu­rer Fun­dus der In­spi­ra­ti­on: Ju­les Ver­nes Zet­tel­kas­ten ent­hält an­geb­lich 25.000 No­ti­zen!

Zwar ist er seit »Rei­se um den Mond« glei­cher­ma­ßen wohl­ha­bend und ge­ach­tet; er en­ga­giert sich seit den spä­ten 1880er Jah­ren so­gar als Stadt­rat in Amiens, wo­hin er 1871 mit sei­ner Fa­mi­lie über­ge­sie­delt war. Der »Rit­ter­schlag« aber bleibt aus: In der Aca­dé­mie françai­se möch­te man den Ju­gend­buch­au­tor nicht ha­ben, er gilt als nicht se­ri­ös ge­nug.

Den Ze­nit sei­nes Schaf­fens hat der Li­te­rat be­reits über­schrit­ten, als er 1888 blei­ben­de Ver­let­zun­gen durch den Schuss­waf­fen-An­griff ei­nes geis­tes­ge­stör­ten Ver­wand­ten da­von­trägt. Den­noch ar­bei­tet der Au­tor un­un­ter­bro­chen wei­ter. Als Ju­les Ver­ne im März 1905 stirbt, hin­ter­lässt er ein ge­wal­ti­ges Ge­samt­werk: 54 zu Leb­zei­ten er­schie­ne­ne Ro­ma­ne, wei­te­re elf Ma­nu­skrip­te be­ar­bei­tet sein Sohn Mi­chel nach dem Tod des Va­ters. Er­gänzt wird Ver­nes Œu­vre durch Er­zäh­lun­gen, Büh­nen­stücke und geo­gra­fi­sche Ver­öf­fent­li­chun­gen.

Ge­liebt und miss­ach­tet

Je­nes zwie­späl­ti­ge Ver­hält­nis, das sich be­reits in der Ab­leh­nung der Aka­de­mie­mit­glie­der äu­ßert, kenn­zeich­net die aka­de­mi­sche Re­zep­ti­on bis heu­te: Ju­les Ver­ne ist eben »nur ein Ju­gend­buch­au­tor«. We­ni­ger be­fan­ge­ne Re­zi­pi­en­ten frei­lich schrei­ben ihm eine ganz an­de­re Be­deu­tung zu, die dem Vi­sio­när und lei­den­schaft­li­chen Er­zäh­ler bes­ser ge­recht wird.

Wenn­gleich der al­tern­de Li­te­rat zum Ende sei­nes Schaf­fens durch­aus nicht mehr in gläu­bi­ger Tech­nik­be­geis­te­rung auf­geht, blei­ben uns doch ge­nau jene Wer­ke in lie­be­vol­ler Erin­ne­rung, in de­nen tech­ni­sche und mensch­li­che Groß­ta­ten die Hand­lung be­stim­men: »Rei­se um die Erde in 80 Ta­gen« oder »Zwan­zig­tau­send Mei­len un­ter dem Meer« bei­spiels­wei­se. Wer als Kind von Nemo und sei­ner Nau­ti­lus liest, wird un­wei­ger­lich ge­fan­gen von die­sem tech­ni­schen Wun­der­werk und des­sen Ka­pi­tän. Ver­nes Ro­ma­ne ge­hö­ren zu je­nen Ju­gend­bü­chern, die man als Er­wach­se­ner ger­ne noch­mals zur Hand nimmt – und man staunt er­neut, er­in­nert sich, lässt sich wie­der­um ein­fan­gen und fragt sich, warum man ei­gent­lich so sel­ten Ver­ne liest…

So wie der Au­tor sich selbst durch Rei­sen und Wis­sen­schaft in­spi­rie­ren lässt, die­nen sei­ne Wer­ke seit je­her der In­spi­ra­ti­on sei­ner Le­ser­schaft. Wie prä­sent die­ser ex­zel­len­te Un­ter­hal­ter in den Köp­fen sei­ner Le­ser bleibt, be­le­gen Be­nen­nun­gen in See- und Raum­fahrt: Das ers­te Atom-U-Boot der Ge­schich­te ist die ame­ri­ka­ni­sche USS Nau­ti­lus. Ein Raum­trans­por­ter der Eu­ro­päi­schen Raum­fahr­t­agen­tur heißt »Ju­les Ver­ne«, ein As­te­ro­id und ein Mond­kra­ter tra­gen eben­falls den Na­men des Schrift­stel­lers. Die »Ju­les Ver­ne Tro­phy« wird seit 1990 für die schnells­te Wel­t­um­se­ge­lung ver­lie­hen, was dem be­geis­ter­ten Jacht­be­sit­zer Ver­ne ge­wiss ge­fal­len hät­te.

Der kom­mer­zi­el­le Li­te­ra­tur­be­trieb so­wie die Film­wirt­schaft be­trach­ten den fran­zö­si­schen Va­ter der Science-Fic­ti­on-Li­te­ra­tur eben­falls mit Wohl­wol­len: Un­zäh­li­ge Neu­auf­la­gen der Ro­man­klas­si­ker, Hör­bü­cher und Ver­fil­mun­gen der ra­san­ten, stets mit­rei­ßen­den Hand­lun­gen spre­chen Bän­de. Mitt­ler­wei­le gel­ten die äl­tes­ten Ver­fil­mun­gen selbst als kul­tu­rel­le Mei­len­stei­ne, die kei­nes­wegs nur ein jun­ges Pub­li­kum er­freu­en.

Ju­les Ver­nes Be­deu­tung für die Li­te­ra­tur

Der Ein­fluss Ver­nes auf nach­fol­gen­de Science-Fic­ti­on-Au­to­ren ist gar nicht hoch ge­nug ein­zu­schät­zen: Aus heu­ti­ger Sicht ist er ei­ner der Vor­rei­ter der uto­pi­schen Li­te­ra­tur Eu­ro­pas, der noch vor H. G. Wells (»Krieg der Wel­ten«) und Kurd Laß­witz (»Auf zwei Pla­ne­ten«) das neue Gen­re be­grün­det. Sein­er­zeit gibt es die­sen Be­griff noch nicht, wes­halb Het­zel die Ro­ma­ne sei­nes Er­folgs­schrift­stel­lers als »Au­ßer­ge­wöhn­li­che Rei­sen« ver­mark­tet

Der Fran­zo­se sieht, an­ders als Wells und ähn­lich wie Laß­witz, im tech­ni­schen Fort­schritt das künf­ti­ge Wohl der Mensch­heit be­grün­det. Trotz­dem ist Ju­les Ver­ne vor al­lem Er­zäh­ler: Er will we­der war­nen wie Wells noch be­leh­ren wie Laß­witz, son­dern in ers­ter Li­nie un­ter­hal­ten. Im Ver­gleich zum sprö­den Rea­lis­mus ei­nes Wells wir­ken sei­ne Ro­ma­ne für mo­der­ne Le­ser aus­ufernd, viel­leicht so­gar ge­schwät­zig. Den­noch sind sie leich­ter zu­gäng­lich als das sti­lis­tisch ähn­li­che Schaf­fen des Deut­schen Laß­witz, weil sie Uto­pie und Tech­nik­be­geis­te­rung nicht zum Zweck ih­res In­halts ma­chen, son­dern le­dig­lich zu des­sen Trä­ger: Schließ­lich ist es ein­fach auf­re­gend, in ei­nem Bal­lon eine Welt­rei­se an­zu­tre­ten oder Ka­pi­tän Nemo in sein ge­hei­mes Reich zu fol­gen.

Jules Verne bei Null Papier

Die E-Book-Rei­he für Ver­ne-Fans, die Wert auf Qua­li­tät und De­tail­treue le­gen.

null-pa­pier.de/ver­ne

Il­lus­triert

Mit zahl­rei­chen Schwarz-Weiß- und Farb­zeich­nun­gen der ers­ten Ver­öf­fent­li­chun­gen.

Ü­ber­ar­bei­tet

Alle E-Books sind mit meh­re­ren Über­set­zun­gen »quer­ge­le­sen«, und un­ver­ständ­li­che Pas­sa­gen neu über­setzt.

Kom­men­tiert

Alle Tex­te sind mit zahl­rei­chen und aus­führ­li­chen Fuß­no­ten kom­men­tiert; un­ter an­de­rem auch zu feh­ler­haf­ten An­nah­men Ver­nes über geo­gra­fi­sche, his­to­ri­sche oder tech­ni­sche Da­ten.

null-pa­pier.de/ver­ne

»Die Ver­ne-Ebooks von Null Pa­pier un­ter­schei­den sich wohl­tu­end von der Mas­se un­korr­ri­gier­ter An­ge­bo­te, die sonst so das Netz über­flu­ten. Di­gi­tal ist mir eine sol­che Qua­li­tät im De­tail noch nicht un­ter­ge­kom­men.« (Y. W. , Le­se­rin)

null-pa­pier.de/ver­ne

Erster Band

Erstes Kapitel – Eine schweifende Klippe

Ein selt­sa­mes Er­eig­nis, ein un­er­klär­tes, und eine un­er­klär­ba­re Na­tur­er­schei­nung, die sich im Jah­re 1866 be­gab, ist ohne Zwei­fel noch un­ver­ges­sen. Nicht al­lein die Be­völ­ke­rung der Ha­fen­städ­te war durch Gerüch­te be­un­ru­higt, im Bin­nen­lan­de der öf­fent­li­che Geist auf­ge­regt, be­son­ders die See­leu­te ge­rie­ten in Be­we­gung. Die Kauf­leu­te und Ree­der, Schiffs­her­ren, Pa­tro­ne und Ka­pi­tä­ne in Eu­ro­pa und Ame­ri­ka, Of­fi­zie­re der Kriegs­ma­ri­ne al­ler Län­der, und dann die Staats­re­gie­run­gen der bei­den Welt­tei­le wid­me­ten der Sa­che im ho­hen Gra­de ihr In­ter­es­se.

Die Tat­sa­che ist, dass seit ei­ni­ger Zeit man­che Schif­fe auf ho­her See ei­nem »enor­men Ge­gen­stand« be­geg­ne­ten, lang, spin­del­för­mig, mit­un­ter phos­pho­res­zie­rend, un­end­lich grö­ßer und ra­scher als ein Wal­fisch.

Die An­ga­ben über die­se Er­schei­nung, wie sie in den Schiffs­bü­chern ver­zeich­net wur­den, be­tra­fen mit ziem­li­cher Ge­nau­ig­keit die Struk­tur des frag­li­chen Ge­gen­stan­des oder Ge­schöp­fes, die un­er­hör­te Schnel­lig­keit und er­staun­li­che Kraft sei­ner Be­we­gun­gen, die be­son­de­ren Le­bens­äu­ße­run­gen, wel­che ihm ei­gen­tüm­lich schie­nen. War es ein Tier von der Wal­fisch­gat­tung, so über­traf es an Um­fang weit alle von der Wis­sen­schaft bis­her ver­zeich­ne­ten. Cu­vier, Lacépè­de, Du­me­ril, Qua­tre­fa­ges1 – hät­ten si­cher die Exis­tenz ei­nes sol­chen Un­ge­heu­ers nicht gel­ten las­sen – so­fern sie es nicht selbst ge­se­hen, d.h. mit ei­ge­nen kun­di­gen Au­gen ge­se­hen.

Las­sen wir die ängst­li­chen Schät­zun­gen, wel­che die­sem Ge­gen­stand zwei­hun­dert Fuß bei­ma­ßen, bei­sei­te, ver­wer­fen die über­trie­be­nen An­ga­ben von der Brei­te ei­ner Mei­le und der Län­ge drei­er – und hal­ten uns an das Durch­schnitt­li­che der wie­der­holt ge­mach­ten Beo­b­ach­tun­gen, so könn­te man doch be­haup­ten, dass die­ses phä­no­me­na­le We­sen – so­fern es exis­tier­te – alle von den Ich­thyo­lo­gen2 bis­her an­ge­nom­me­nen Di­men­sio­nen bei Wei­tem über­traf.

Aber es exis­tier­te; die Tat­sa­che an sich war nicht in Ab­re­de zu stel­len, und bei der Nei­gung, wo­mit sich die Men­schen dem Wun­der­ba­ren zu­wen­den, be­greift man leicht die Be­we­gung, wel­che die­se über­na­tür­li­che Er­schei­nung in der gan­zen Welt her­vor­brach­te. Sie ins Reich der Fa­beln zu ver­wei­sen, ging schon nicht mehr an.

In der Tat be­geg­ne­te am 20. Juli 1866 das Dampf­boot Go­ver­nor Higg­in­son, der Cal­cut­ta and Bur­nach Steam Na­vi­ga­ti­on Com­pa­ny ge­hö­rig, die­ser schwim­men­den Mas­se fünf Mei­len öst­lich von den Küs­ten Aus­tra­li­ens. Der Ka­pi­tän Ba­ker glaub­te an­fangs auf eine un­be­kann­te Klip­pe zu tref­fen; er war auch be­reits im Be­griff, die Lage der­sel­ben ge­nau zu be­stim­men, als von dem un­er­klär­li­chen Ge­gen­stand aus zwei Was­ser­strah­len hun­dert­und­fünf­zig Fuß hoch zi­schend in die Luft em­por­schos­sen. Dem­nach, so­fern nicht auf die­ser Klip­pe in­ter­mit­tie­ren­de Quel­len ei­nes Gey­sir sich be­fan­den, hat­te es die Go­ver­nor Higg­in­son mit nichts an­de­rem zu tun, als ei­nem bis­her un­be­kann­ten See­s­äu­ge­tier, wel­ches durch sei­ne Luft­lö­cher Was­ser­strah­len mit Luft und Dunst ge­mischt, aus­stieß.

Die glei­che Tat­sa­che wur­de am 23. Juli des­sel­ben Jah­res in den Ge­wäs­sern des Stil­len Ozeans, von der Chri­sto­bal Co­lon der West In­dia and Pa­ci­fic Steam Na­vi­ga­ti­on Com­pa­ny be­ob­ach­tet. Dem­nach war die­ses au­ßer­or­dent­li­che See­tier im­stan­de, mit er­staun­li­cher Schnel­lig­keit sei­ne Stel­lung zu wech­seln, da es von Go­ver­nor Higg­in­son und Chri­sto­bal Co­lon nach Ver­lauf von drei Ta­gen an zwei Punk­ten be­ob­ach­tet wur­de, wel­che der Kar­te nach über sie­ben­hun­dert See­mei­len von­ein­an­der ent­fernt sind.

Vier­zehn Tage spä­ter als zwei­tau­send Mei­len von da die Hel­ve­tia, von der Com­pa­ny Na­tio­na­le, und die Schan­non, von der Roy­al-Mail, in dem zwi­schen den Ve­rei­nig­ten Staa­ten und Eu­ro­pa ge­le­ge­nen Teil des At­lan­ti­schen Mee­res in ent­ge­gen­ge­setz­ter Rich­tung fuh­ren, si­gna­li­sier­ten sie sich das Un­ge­heu­er un­term 42° 15′ nördl. Brei­te und 60° 35′ westl. Län­ge vom Me­ri­di­an zu Green­wich aus. Bei die­ser gleich­zei­ti­gen Beo­b­ach­tung glaub­te man die Län­ge des Tie­res zum Min­des­ten auf etwa drei­hun­dert­fünf­zig engl. Fuß (ca. 106 Me­ter) an­schla­gen zu kön­nen. Die größ­ten Wal­fi­sche aber, wie sie in der Ge­gend der Aleu­ten vor­kom­men, ha­ben die Län­ge von hun­dert­und­fünf­zig Me­ter nie­mals über­schrit­ten.

Als die­se Nach­rich­ten Schlag auf Schlag ein­tra­fen, mach­ten neue an Bord der Pe­rei­ra ge­mach­te Beo­b­ach­tun­gen, ein Zu­sam­men­sto­ßen der Ät­na mit dem Un­ge­heu­er, ein von den Of­fi­zie­ren der fran­zö­si­schen Fre­gat­te La Nor­man­die vor­ge­nom­me­nes Pro­to­koll, eine sehr erns­te, vom Ge­ne­ral­stab des Com­mo­do­re Fitz-Ja­mes an Bord der Lord Cly­de ge­mach­te Auf­nah­me – auf die öf­fent­li­che Mei­nung den tiefs­ten Ein­druck. In den Län­dern leich­ten Hu­mors scherz­te man über das Phä­no­men, aber die erns­ten und prak­ti­schen Län­der, Eng­land, Ame­ri­ka, Deutsch­land, be­fass­ten sich leb­haft da­mit.

Über­all in den großen Ver­kehrs­mit­tel­punk­ten kam das Un­ge­heu­er in Schwung; man be­sang es in den Cafés, man ver­spot­te­te es in den Jour­na­len, man spiel­te es in den Thea­tern. Die En­ten be­ka­men eine hüb­sche Ge­le­gen­heit, Eier in al­len Far­ben zu le­gen. Die Jour­na­le ga­ben in Ab­bil­dun­gen alle rie­sen­mä­ßi­gen Fan­ta­sie­bil­der zum Bes­ten, vom wei­ßen Wal­fisch, dem er­schreck­li­chen »Moby-Dick« der Hy­per­bo­rä­er­län­der,3 bis zum maß­lo­sen Kra­ken, der mit sei­nen Fühl­hör­nern ein Fahr­zeug von fünf­hun­dert Ton­nen um­wi­ckeln und in den Ab­grund des Ozeans hin­ab­zie­hen kann. Man zi­tier­te so­gar Stel­len aus dem Al­ter­tum, die An­sich­ten des Ari­sto­te­les und Pli­ni­us, wel­che für die Exis­tenz sol­cher Un­ge­heu­er spra­chen, so­dann die nor­we­gi­schen Be­rich­te des Bi­schofs Pon­top­pi­dan4 die Er­zäh­lun­gen Paul Heg­ge­des, und end­lich die Be­rich­te Har­ring­tons, des­sen Ehr­lich­keit nicht an­zu­fech­ten ist, wenn er be­haup­tet, er habe an Bord der Ca­stil­lan im Jah­re 1857 die­se enor­me Schlan­ge ge­se­hen. –

Da­rauf be­gann eine un­end­li­che Po­le­mik der Gläu­bi­gen und Ungläu­bi­gen in den ge­lehr­ten Ge­sell­schaf­ten und den wis­sen­schaft­li­chen Jour­na­len. Die »Fra­ge des Un­ge­heu­ers« er­hitz­te alle Ge­mü­ter. Die Jour­na­lis­ten, wel­che wett­ei­fernd mit den Schön­geis­tern die Wis­sen­schaft ver­tra­ten, ver­gos­sen, ver­brauch­ten in die­sem merk­wür­di­gen Feld­zug ton­nen­wei­se Tin­te; man­che so­gar et­li­che Trop­fen Blut, denn von der See­schlan­ge gin­gen sie zu be­lei­di­gen­den Per­sön­lich­kei­ten über.

Sechs Mo­na­te lang wur­de der Krieg mit ab­wech­seln­dem Er­folg ge­führt. Auf die gründ­li­chen Ar­ti­kel des Geo­gra­fi­schen In­sti­tuts in Bra­si­li­en, der Kö­nig­li­chen Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten zu Ber­lin, der Bri­ti­schen Ge­sell­schaft, der S­mit­h­son­schen An­stal­t5 zu Wa­shing­ton, auf die Er­ör­te­run­gen des In­di­an Archi­pe­la­go, des Cos­mos des Abbé Moi­gno, der Pe­ter­mann­schen Mit­tei­lun­gen, auf die wis­sen­schaft­li­che Chro­nik der großen Jour­na­le ent­geg­ne­te die klei­ne Pres­se mit un­er­schöpf­li­cher Lau­ne. Die geist­rei­chen Schrift­stel­ler par­odier­ten ein von den Geg­nern des Un­ge­heu­ers zi­tier­tes Wort Linnés, in­dem sie be­haup­te­ten, »die Na­tur schaf­fe kei­ne Dumm­köp­fe«, und be­schwo­ren ihre Zeit­ge­nos­sen, nicht die Na­tur Lü­gen zu stra­fen, in­dem sie die Exis­tenz des Kra­ken, der See­schlan­gen, des »Moby-Dick« und an­de­re Hirn­ge­spins­te irr­sin­ni­ger See­leu­te gel­ten lie­ßen. End­lich ver­setz­te, in ei­nem Ar­ti­kel ei­nes sehr ge­fürch­te­ten sa­ti­ri­schen Jour­nals, der be­lieb­tes­te sei­ner Re­dak­teu­re, bei ei­nem Über­blick über das Gan­ze, dem Un­ge­heu­er einen letz­ten Streich, und er­leg­te es in­mit­ten all­ge­mei­nen hal­len­den Ge­läch­ters. Der Geist sieg­te über die Wis­sen­schaft.

Wäh­rend der ers­ten Mo­na­te des Jah­res 1867 hielt man die Fra­ge für be­sei­tigt, und es schi­en nicht, als sol­le die­sel­be wie­der auf­tau­chen, als neue Tat­sa­chen zur Kennt­nis des Pub­li­kums ka­men. Es han­del­te sich da­bei nicht mehr um die Lö­sung ei­nes wis­sen­schaft­li­chen Pro­blems, als die Ver­mei­dung ei­ner wirk­li­chen, erns­ten Ge­fahr. Die Fra­ge nahm eine an­de­re Ge­stalt an. Das Un­ge­heu­er wur­de wie­der In­sel­chen, Fel­sen, Klip­pe, aber eine be­weg­li­che, un­be­stimm­ba­re und un­fass­ba­re.

Am 5. März 1867 stieß die Mora­vian von der Mon­tre­al Ozean Com­pa­ny, un­ter 27° 30′ Brei­te und 72° 15′ Län­ge, bei Nacht wi­der einen Fel­sen, der in je­ner Ge­gend von kei­ner Kar­te ver­zeich­net war. Nur durch die aus­ge­zeich­ne­te Be­schaf­fen­heit ih­res Rump­fes und ihre Schnel­lig­keit bei vier­hun­dert Pfer­de­kraft ent­ging sie der Ge­fahr, mit ih­ren zwei­hun­dert­sie­ben­und­drei­ßig Pas­sa­gie­ren un­ter­zu­ge­hen.

Der Vor­fall er­eig­ne­te sich mor­gens früh, als schon der Tag grau­te. Man un­ter­such­te das Meer ge­nau, sah aber nichts, als ein star­kes Kiel­was­ser, wel­ches auf drei Ka­bel­län­gen das Ge­wäs­ser brach. Ob die Mora­vian wi­der einen Fel­sen ge­sto­ßen, konn­te man nicht wis­sen; aber als man sie im Aus­bes­se­rungs­bas­sin un­ter­such­te, fand sich, dass ein Teil ih­res Kiels zer­bro­chen war.

Die­se so be­deu­ten­de Tat­sa­che wäre viel­leicht ver­ges­sen wor­den, hät­te sie sich nicht drei Wo­chen spä­ter un­ter glei­chen Be­din­gun­gen wie­der­holt. Nur dass dies­mal durch die Na­tio­na­li­tät des be­trof­fe­nen Schif­fes und den Ruf der Ge­sell­schaft, wel­cher es ge­hör­te, das Er­eig­nis das größ­te Auf­se­hen be­kam.

Die Scotia von den Ingenieuren besichtigt.

Der be­rühm­te eng­li­sche Ree­der Cu­nard6 ist welt­be­kannt. Der­sel­be grün­de­te im Jah­re 1840 einen Post­cours zwi­schen Li­ver­pool und Ha­li­fax mit drei höl­zer­nen Schif­fen von vier­hun­dert Pfer­de­kraft und 1162 Ton­nen Ge­halt. Die­ses Ma­te­ri­al ver­grö­ßer­te sich mit den wach­sen­den Ge­schäf­ten nach und nach be­deu­tend; be­son­ders im Jah­re 1853 mit ei­ner Rei­he von Schif­fen ers­ten Ran­ges, Ara­bia, Per­sia, China, S­co­tia etc. etc.; und im Jah­re 1867 be­saß sie zwölf Fahr­zeu­ge, wor­un­ter vier Schrau­ben­damp­fer. Die Un­ter­neh­mung ward mit größ­ter Ge­schick­lich­keit ge­lei­tet, und ihre Ge­schäf­te wa­ren vom bes­ten Er­folg ge­krönt. Seit sechs­und­zwan­zig Jah­ren, da die Schif­fe der Ge­sell­schaft Cu­nard das At­lan­ti­sche Meer be­fuh­ren, ist von zwei­tau­send Fahr­ten nicht eine ein­zi­ge miss­glückt, nie kam eine Ver­spä­tung vor, nie ist ein Brief, ein Mensch oder ein Schiff ab­han­den ge­kom­men oder zu Grun­de ge­gan­gen. Da­rum er­reg­te auch der Un­fall, wel­cher ei­nem sei­ner bes­ten Schif­fe wi­der­fuhr, so großes Auf­se­hen.

Am 13. April 1867 fuhr die S­co­tia un­ter 15° 12′ Län­ge und 45° 37′ Brei­te, bei ru­hi­gem Meer und güns­ti­gem Wind mit ei­ner Schnel­lig­keit von drei­zehn Kno­ten und voll­kom­men re­gel­mä­ßi­ger Rad­be­we­gung. Am Abend, als eben die Pas­sa­gie­re im großen Sa­lon ihr Ve­s­per nah­men, ver­spür­te man einen we­nig merk­ba­ren Stoß. Der­sel­be kam eher von ei­nem schnei­den­den In­stru­ment her, als von ei­nem boh­ren­den oder sto­ßen­den, und schi­en so leicht, dass kein Mensch an Bord da­durch be­un­ru­higt wur­de, bis die Leu­te des Schiffs­rau­mes aufs Ver­deck stürz­ten mit dem Ge­schrei: »Wir ge­hen un­ter!«

Au­gen­blick­lich ge­rie­ten die Pas­sa­gie­re in großen Schre­cken; aber der Ka­pi­tän An­der­son war im­stan­de sie un­ver­züg­lich zu be­ru­hi­gen. In der Tat konn­te die Ge­fahr nicht be­deu­tend wer­den, da die S­co­tia durch was­ser­dich­te Ver­schlä­ge in sie­ben Ab­tei­lun­gen ge­teilt war, so­dass sie leicht ei­nem Ein­drin­gen des Was­sers ge­wach­sen war. Der Ka­pi­tän be­gab sich so­fort in den Schiffs­raum und er­kann­te, dass das Was­ser in das fünf­te Ge­fach7 durch ein be­trächt­li­ches Leck ein­drang. Die­ses Fach­werk war zum Glück nicht das­je­ni­ge, wel­ches die Kes­sel ent­hielt, sonst wä­ren die Feu­er mit ei­nem Male aus­ge­löscht wor­den.

Der Ka­pi­tän ließ so­gleich hal­ten, ein Ma­tro­se tauch­te un­ter, um den Scha­den zu un­ter­su­chen, und es fand sich ein zwei Me­ter brei­tes Loch im Kiel. So konn­te es nur mit hal­ber Schnel­lig­keit wei­ter fah­ren, und kam um drei Tage ver­spä­tet in Li­ver­pool an.

Bei der Aus­bes­se­rung fand sich ein re­gel­mä­ßi­ger Riss in Form ei­nes gleich­schen­ke­li­gen Drei­ecks. Der Bruch des Ei­sen­blechs zeig­te, dass das durch­boh­ren­de Werk­zeug aus­neh­mend hart ge­we­sen sein muss­te; auch muss­te es, nach­dem es mit enor­mer Ge­walt ein­ge­drun­gen, sich durch ei­ge­ne Be­we­gung, in un­er­klär­ba­rer Wei­se wie­der her­aus­ge­zo­gen ha­ben.

Die­se Tat­sa­che setz­te die öf­fent­li­che Mei­nung in lei­den­schaft­li­che Be­we­gung. Von nun an wur­den Un­fäl­le zur See, von wel­chen man nicht eine be­stimm­te Ur­sa­che wuss­te, auf Rech­nung des Un­ge­heu­ers ge­setzt, und das fan­tas­ti­sche Tier muss­te alle sol­che Schiff­brü­che sich zu­schrei­ben las­sen.

Da nun, mit Recht oder Un­recht, die Be­schul­di­gung sich er­hob, dass der Ver­kehr in ge­fähr­li­cher­wei­se ge­stört sei, so ver­lang­te das Pub­li­kum aufs Ent­schie­dens­te, dass die Mee­re end­lich um je­den Preis von dem fürch­ter­li­chen Un­ge­tüm be­freit wür­den.

Na­men be­kann­ter, fran­zö­si­scher Na­tur­for­scher, die wirk­lich ge­lebt und im 18. Und 19. Jahr­hun­dert ge­wirkt ha­ben  <<<

Fisch­kun­de  <<<

Hy­per­bo­rea ist ein sa­gen­haf­tes, von den an­ti­ken grie­chi­schen Geo­gra­fen weit im Nor­den lo­ka­li­sier­tes Land.  <<<

Erik Lud­vigsen Pon­top­pi­dan, 3. Sep­tem­ber 1698; † 20. De­zem­ber 1764 in Ko­pen­ha­gen) war ein dä­ni­scher Theo­lo­ge, Pre­di­ger, His­to­ri­ker und Au­tor.  <<<

Smit­h­so­ni­an In­sti­tu­ti­on  <<<

Die Cu­nard Line ist eine bri­ti­sche Ree­de­rei mit Sitz in Southamp­ton und San­ta Cla­ri­ta, Ka­li­for­ni­en. Ge­grün­det 1838, be­trieb die Ree­de­rei einen Li­ni­en­dienst nach Bo­ston und Ha­li­fax, 1851 wur­de New York City End­ha­fen. Heu­te kon­zen­triert sich die Ge­sell­schaft auf das Kreuz­fahrt­ge­schäft mit ih­ren drei Schif­fen: Queen Mary 2, Queen Eli­z­abeth und Queen Vic­to­ria.  <<<

ei­gent­lich Teil ei­ner Wand ei­nes Fach­werk­hau­ses  <<<

Zweites Kapitel – Für und Wider

Zur Zeit, als die­se Er­eig­nis­se vor­fie­len, kam ich von ei­ner wis­sen­schaft­li­chen Un­ter­su­chungs­rei­se, wel­cher die fran­zö­si­sche Re­gie­rung mich, als Pro­fes­sor der Na­tur­ge­schich­te, bei­ge­sellt hat­te, aus Ne­bras­ka in den Ve­rei­nig­ten Staa­ten zu­rück. Ge­gen Ende März kam ich nach sechs­mo­nat­li­chem Auf­ent­halt in Ne­bras­ka, mit kost­ba­ren Samm­lun­gen zu New York an und mei­ne Abrei­se nach Frank­reich war auf An­fang Mai fest­ge­setzt. Ich be­schäf­tig­te mich eben da­mit, in­zwi­schen mei­ne mi­ne­ra­lo­gi­schen, bo­ta­ni­schen und zoo­lo­gi­schen Schät­ze zu ord­nen, als der Un­fall der S­co­tia sich be­gab.

Ich war über die Ta­ges­fra­ge voll­stän­dig in Kennt­nis ge­setzt. Ich hat­te alle ame­ri­ka­ni­schen und eu­ro­päi­schen Jour­na­le ge­le­sen und aber­mals ge­le­sen, und war da­durch nicht wei­ter ge­kom­men. Das Ge­heim­nis­vol­le mach­te mir zu schaf­fen. Bei der Un­mög­lich­keit, mir eine Mei­nung zu bil­den, schwank­te ich von ei­nem Ex­trem zum an­de­ren. Dass et­was dar­an war, konn­te nicht mehr zwei­fel­haft sein, und die Ungläu­bi­gen wa­ren ein­ge­la­den, ih­ren Fin­ger auf die Wun­de der S­co­tia zu le­gen.

Bei mei­ner An­kunft zu New York war die Fra­ge bren­nend. Die Hy­po­the­se ei­ner schwim­men­den In­sel, ei­ner un­er­reich­ba­ren Klip­pe, wel­che von ei­ni­gen ur­teil­s­un­fä­hi­gen Köp­fen auf­ge­bracht wor­den, war be­reits auf­ge­ge­ben. Und in der Tat, so­fern nicht solch eine Klip­pe eine Ma­schi­ne im Leib hat­te, wie konn­te sie so rei­ßend schnell die Stel­le wech­seln.

Eben­so wur­de der Ge­dan­ke an einen her­um­schwim­men­den Schiffs­rumpf auf­ge­ge­ben, gleich­falls we­gen der Schnel­lig­keit, wo­mit der Ge­gen­stand sei­nen Platz wech­sel­te.

Es blie­ben also noch zwei mög­li­che Lö­sun­gen der Fra­ge, wel­che bei­de An­hän­ger fan­den: Die einen hiel­ten den Ge­gen­stand für ein Un­ge­heu­er von ko­los­sa­ler Kraft; die an­de­ren für ein un­ter­see­i­sches Fahr­zeug von au­ßer­or­dent­li­cher Be­weg­kraft.

Die­se letz­te An­nah­me, ob­wohl statt­haft, konn­te doch nach den in bei­den Welt­tei­len an­ge­stell­ten Un­ter­su­chun­gen nicht fest­ge­hal­ten wer­den. Dass ein ein­zel­ner Pri­vat­mann eine sol­che Ma­schi­ne zur Ver­fü­gung habe, war un­wahr­schein­lich. Wie hät­te de­ren Ver­fer­ti­gung ge­heim blei­ben kön­nen?

Nur eine Re­gie­rung konn­te im Be­sitz ei­ner sol­chen Zer­stö­rungs­ma­schi­ne sein, und in die­ser un­heil­vol­len Zeit, wo der Mensch sich’s an­ge­le­gen sein lässt, die Macht der Kriegs­waf­fen zu ver­stär­ken, war es mög­lich, dass ein Staat ohne Wis­sen des an­de­ren mit ei­ner sol­chen fürch­ter­li­chen Ma­schi­ne einen Ver­such mach­te. Auf die Chas­se­pots1 folg­ten die Tor­pe­dos, auf die Tor­pe­dos die un­ter­see­i­schen Sturm­bö­cke, her­nach – die Re­ak­ti­on.

Aber die­se Idee ei­ner Kriegs­ma­schi­ne muss­te ge­gen­über den Er­klä­run­gen der Re­gie­run­gen fal­len­ge­las­sen wer­den. Da es sich hier um ein all­ge­mei­nes öf­fent­li­ches In­ter­es­se han­del­te, da der über­see­i­sche Ver­kehr dar­un­ter litt, so ließ sich die Ehr­lich­keit der Re­gie­run­gen nicht in Zwei­fel zie­hen. Zu­dem konn­te man nicht an­neh­men, dass der Bau ei­nes sol­chen un­ter­see­i­schen Fahr­zeugs dem Pub­li­kum ver­bor­gen ge­blie­ben wäre. Un­ter sol­chen Um­stän­den das Ge­heim­nis zu be­wah­ren, ist schon für einen Pri­vat­mann schwer, und für einen Staat, des­sen Hand­lun­gen von den ri­va­li­sie­ren­den Mäch­ten un­abläs­sig über­wacht wer­den, vollends un­mög­lich.

Also wur­de nach den in Eng­land, Frank­reich, Russ­land, Preu­ßen, Spa­ni­en, Ita­li­en, Ame­ri­ka, selbst in der Tür­kei an­ge­stell­ten Nach­for­schun­gen die Hy­po­the­se ei­nes un­ter­see­i­schen Mo­ni­tors de­fi­ni­tiv auf­ge­ge­ben.

Es be­kam also die Idee ei­nes »Un­ge­heu­ers« die Ober­hand, trotz den un­abläs­si­gen Spä­ßen, wo­mit die klei­ne Pres­se sie ver­folg­te; und auf die­sem Wege ließ sich die Fan­ta­sie bald zu den lä­cher­lichs­ten Träu­men ei­ner fan­tas­ti­schen Ich­thyo­lo­gie ver­lei­ten.

Bei mei­ner An­kunft zu New York er­wie­sen mir man­che Män­ner die Ehre, mich über die frag­li­che Er­schei­nung um mei­ne An­sicht zu er­su­chen. Ich hat­te in Frank­reich einen zwei­bän­di­gen Quar­tan­ten un­ter dem Ti­tel: »Die Ge­heim­nis­se der großen un­ter­see­i­schen Tie­fe«, er­schei­nen las­sen. Die­ses be­son­ders von der ge­lehr­ten Welt gut auf­ge­nom­me­ne Buch mach­te aus mir einen Spe­zia­lis­ten in die­sem noch ziem­lich un­kla­ren Teil der Na­tur­wis­sen­schaft. Es wur­de mein Gut­ach­ten be­gehrt. So lan­ge ich die Wirk­lich­keit des Tat­säch­li­chen in Ab­re­de stel­len konn­te, ver­hielt ich mich durch­aus ver­nei­nend. Aber bald muss­te ich, aufs Äu­ßers­te ge­drängt, mich ka­te­go­risch er­klä­ren. Und so­gar wur­de der »eh­ren­wer­te Pier­re Ar­ron­ax, Pro­fes­sor am Mu­se­um zu Pa­ris«, vom New York He­rald öf­fent­lich auf­ge­for­dert, ir­gend­ei­ne An­sicht über die Sa­che zu for­mu­lie­ren.

Ich mach­te mich dar­an. Ich sprach, weil ich nicht mehr schwei­gen konn­te. Ich er­ör­ter­te die Fra­ge von al­len Sei­ten, po­li­tisch und wis­sen­schaft­lich, und gebe hier den Aus­zug ei­nes sehr um­fang­rei­chen Ar­ti­kels, den ich un­ter dem 30. April ver­öf­fent­lich­te.

»Also«, sag­te ich, »nach­dem ich der Rei­he nach die ver­schie­de­nen Hy­po­the­sen ei­ner Prü­fung un­ter­zo­gen, muss man jede an­de­re An­nah­me ver­wer­fen und not­wen­dig die Exis­tenz ei­nes See­tie­res von au­ßer­or­dent­li­cher Kraft gel­ten las­sen.

Die großen Tie­fen des Ozeans sind uns völ­lig un­be­kannt; die Son­de hat sie nicht er­rei­chen kön­nen. Was geht in die­sen ent­le­ge­nen Tie­fen vor? Was für Ge­schöp­fe le­ben zwölf- bis fünf­zehn­tau­send Mei­len un­ter der Mee­res­ober­flä­che, oder kön­nen da le­ben? Wie sind die­se Tie­re or­ga­ni­siert? Dar­über kann man kaum eine Ver­mu­tung auf­stel­len.

Je­doch kann die Lö­sung des mir vor­ge­leg­ten Pro­blems die Form ei­nes Di­lem­mas an­neh­men.

Ent­we­der wir ken­nen alle ver­schie­de­nen Gat­tun­gen von Ge­schöp­fen, wel­che un­sern Pla­ne­ten be­völ­kern, oder wir ken­nen sie nicht.

Wenn wir sie nicht alle ken­nen, wenn die Na­tur in der Ich­thyo­lo­gie noch Din­ge ent­hält, wel­che für uns Ge­heim­nis­se sind, so darf man wohl die Exis­tenz von Fi­schen oder See­s­äu­ge­tie­ren, neu­en Ar­ten oder selbst Gat­tun­gen, von ei­ner ih­nen ei­gen­tüm­li­chen Or­ga­ni­sa­ti­on an­neh­men, wel­che die von der Son­de un­er­reich­ba­ren Schich­ten be­woh­nen, und durch ir­gend ein Er­eig­nis, eine Gril­le, Lau­ne, wenn man will, in lan­gen Zwi­schen­räu­men zu dem Ni­veau der Ober­flä­che des Ozeans her­auf­ge­führt wer­den.

Ken­nen wir da­ge­gen alle le­ben­den Gat­tun­gen, so muss man not­wen­dig das frag­li­che Tier un­ter den be­reits auf­ge­nom­me­nen See­ge­schöp­fen su­chen, und in die­sem Fall wäre ich ge­neigt, die Exis­tenz ei­nes Rie­sen-Nar­wals an­zu­neh­men.

Der ge­mei­ne Nar­wal, oder das See-Ein­horn, er­reicht oft eine Län­ge von sech­zig Fuß. Neh­men wir die­se Di­men­si­on fünf­fach, selbst zehn­fach, ge­ben wir die­sem Tier eine sei­ner Grö­ße ent­spre­chen­de Kraft, ver­stär­ken wir sei­ne An­griffs­waf­fen, so ha­ben wir das vor­aus­ge­setz­te Un­ge­heu­er, wel­ches im­stan­de wäre, die S­co­tia an­zu­boh­ren und den Rumpf ei­nes Dampf­boo­tes an­zu­tas­ten.

In der Tat hat der Nar­wal zur Waf­fe eine Art De­gen von El­fen­bein, eine Hel­le­bar­de, wie ei­ni­ge Na­tur­for­scher sich aus­drücken. Es ist ein Haupt­zahn von der Här­te des Stahl­es. Man hat sol­che Zäh­ne in den Kör­pern von Wal­fi­schen ge­bohrt ge­fun­den, wel­che der Nar­wal be­stän­dig mit Er­folg an­greift. An­de­re sind mit Mühe aus Schiffs­kie­len ge­zo­gen wor­den, wel­che sie durch und durch ge­bohrt hat­ten. Das Mu­se­um der Na­tur­ge­schich­te zu Pa­ris be­sitzt ein sol­ches Horn, das zwei Me­ter fünf­und­zwan­zig Zen­ti­me­ter lang und an sei­ner Ba­sis achtund­vier­zig Zen­ti­men­ter stark ist!

Nun! Neh­men wir die­se Waf­fe zehn­mal so stark an, das Tier zehn­mal kräf­ti­ger, las­sen wir es mit ei­ner Schnel­lig­keit von zwan­zig Mei­len in der Stun­de hin­schie­ßen, mul­ti­pli­zie­ren wir sei­ne Mas­se mit sei­ner Ge­schwin­dig­keit, so ha­ben wir einen Stoß, der eine Ka­ta­stro­phe, wie die ge­dach­te, her­vor­brin­gen kann.

Dem­nach, bis auf wei­te­re In­for­ma­ti­on, möch­te ich mei­ne Ver­mu­tung auf ein See-Ein­horn von ko­los­sa­len Di­men­sio­nen rich­ten, wel­ches nicht so­wohl mit ei­ner Hel­le­bar­de, als mit ei­nem wirk­li­chen Sporn be­waff­net ist, wie ihn die Pan­zer­fre­gat­ten ha­ben, de­nen es etwa an Um­fang und Be­we­gungs­kraft gleich käme.

So wür­de das un­er­klär­li­che Phä­no­men sei­ne Er­klä­rung fin­den – so­fern nicht etwa nichts dar­an ist, trotz dem, was man ge­se­hen und ver­mu­tet hat – was auch mög­lich ist!«

Die­se letz­te­ren Wor­te wa­ren mei­ner­seits eine Feig­heit; ich woll­te bis auf einen ge­wis­sen Grad mei­ne Pro­fes­so­ren­wür­de wah­ren, und nicht den Ame­ri­ka­nern zum La­chen preis­ge­ben, denn die la­chen tüch­tig, wenn sie la­chen. Ich woll­te nur eine Hin­ter­tü­re of­fen hal­ten. Im Grun­de ließ ich die Exis­tenz des »Un­ge­heu­ers« gel­ten.

Mein Ar­ti­kel wur­de warm be­spro­chen und fand großen Bei­fall, ge­wann sich eine An­zahl An­hän­ger. Die Lö­sung, wel­che er vor­schlug, ließ üb­ri­gens der Fan­ta­sie frei­en Spiel­raum. Der mensch­li­che Geist hat Ge­fal­len an sol­chen groß­ar­ti­gen Be­grif­fen über­na­tür­li­cher We­sen.

Das Meer ist ge­ra­de das bes­te Ele­ment, der ein­zi­ge Ort, wo sol­che Rie­sen – ne­ben wel­chen die Ele­fan­ten und Rhi­no­ze­ros­se nur Zwer­ge sind – ent­ste­hen und sich ent­wi­ckeln kön­nen! Die Mas­sen des Ozeans ent­hal­ten die größ­ten Gat­tun­gen be­kann­ter See­s­äu­ge­tie­re, und viel­leicht ber­gen sie in ih­ren Tie­fen noch man­che Mol­lus­ken2 und Scha­len­tie­re von er­schreck­li­chem Aus­se­hen. Vor­mals, in der Ur­zeit, wa­ren die Land­tie­re, Vier­füß­ler, Rep­ti­li­en und Vö­gel nach rie­sen­mä­ßi­gem Maß­stab ge­formt. Wa­rum soll­te nicht das Meer, wel­ches sich un­ver­än­der­lich gleich bleibt, in sei­nen un­be­kann­ten Tie­fen noch sol­che Pro­be­stücke ei­nes an­de­ren Zeit­al­ters auf­be­wahrt ha­ben? Wa­rum soll­te es nicht in sei­nem Scho­ße die letz­ten Ar­ten die­ser Rie­sen­gat­tun­gen ber­gen?

Die Fregatte Abraham Lincoln

Doch wen­den mir uns aus dem Rei­che der Fan­ta­sie zur schreck­li­chen Wirk­lich­keit. Die öf­fent­li­che Mei­nung sprach sich da­mals in Be­zie­hung auf das Phä­no­men ohne Wi­der­spruch für die Exis­tenz ei­nes wun­der­haf­ten Rie­sen­tie­res aus.

Aber wenn die einen nur eine wis­sen­schaft­li­che Auf­ga­be dar­in er­kann­ten, hat­ten die an­de­ren, mehr po­si­ti­ve Geis­ter, zu­mal in Ame­ri­ka und Eng­land, im Sinn, das Meer von dem furcht­ba­ren Un­ge­heu­er zu säu­bern, um den über­see­i­schen Ver­kehr zu si­chern. Die in­dus­tri­el­len und Han­dels­blät­ter be­han­del­ten die Fra­ge haupt­säch­lich von die­sem Ge­sichts­punkt aus; alle den As­se­ku­ranz-Ge­sell­schaf­ten er­ge­be­nen Blät­ter wa­ren dar­über ein­stim­mig.

Nach­dem die öf­fent­li­che Mei­nung sich aus­ge­spro­chen, er­klär­ten sich die Ve­rei­nig­ten Staa­ten zu­erst. Man traf zu New York Vor­keh­run­gen für eine Ex­pe­di­ti­on zur Ver­fol­gung des Nar­wal. Eine schnell se­geln­de Fre­gat­te, A­bra­ham Lin­coln, wur­de in Stand ge­setzt, un­ver­züg­lich in See zu ste­chen. Dem Kom­man­dan­ten Far­ra­gut wur­den die Ar­se­na­le ge­öff­net, und er be­trieb eif­rigst die Aus­rüs­tung der­sel­ben.

Nun aber, wie das meis­tens ge­schieht, ge­ra­de von dem Mo­ment an, da man ent­schlos­sen war, das Un­ge­heu­er zu ver­fol­gen, ward es nicht mehr sicht­bar. Zwei Mo­na­te lang hör­te man nicht mehr da­von re­den. Es schi­en, als habe das Ein­horn Kun­de von ei­nem ge­gen das­sel­be ge­schmie­de­ten Kom­plott be­kom­men. Man hat­te zu viel da­von ge­spro­chen, selbst ver­mit­telst des Ka­bels! Auch scherz­te man, der schlaue Fuchs habe ei­ni­ge Te­le­gram­me auf­ge­fan­gen, und ma­che sich nun ih­ren In­halt zu Nutz.

Als da­her die Fre­gat­te für eine wei­te Fahrt ge­rüs­tet und mit fürch­ter­li­chen Ma­schi­nen ver­se­hen war, wuss­te man nicht, wo­hin die Fahrt zu rich­ten sei. End­lich ver­lau­te­te, ein Damp­fer von der Li­nie S. Fran­cis­co in Ka­li­for­ni­en nach Schang­hai habe das Tier drei Wo­chen zu­vor in den nörd­li­chen Ge­wäs­sern des Stil­len Ozeans ge­se­hen.

Es ent­stand die äu­ßers­te Auf­re­gung. Man ließ dem Kom­man­dan­ten Far­ra­gut kaum vier­und­zwan­zig Stun­den Frist. Sei­ne Vor­rä­te wa­ren ein­ge­schifft, Koh­len in Über­fluss, kein Mann der Be­man­nung fehl­te an sei­nem Platz; man brauch­te nur zu hei­zen, aus­zu­lau­fen! Ei­nen hal­b­en Tag Zö­ge­rung hät­te man ihm nicht ver­zie­hen! Zu­dem war der Kom­man­dant selbst voll Ei­fer.

Drei Stun­den, be­vor die A­bra­ham Lin­coln von Broo­klyn ab­fuhr, er­hielt ich fol­gen­des Bil­let:

»Herrn Ar­ron­ax, Pro­fes­sor am Mu­se­um zu Pa­ris, 5 Ave­nue Ho­tel New York.

Mein Herr!

Wenn Sie sich der Ex­pe­di­ti­on der A­bra­ham Lin­coln an­schlie­ßen wol­len, wird die Re­gie­rung der Ver. Staa­ten er­freut sein, dass Frank­reich durch Sie bei die­ser Un­ter­neh­mung sich be­tei­li­ge. Der Kom­man­dant Far­ra­gut hält eine Ka­bi­ne zu Ih­rer Ver­fü­gung be­reit.

Er­ge­benst der Ih­ri­ge J. B. Hob­son, Se­kre­tär der Ma­ri­ne.«

Das Chas­se­pot­ge­wehr ist ein fran­zö­si­sches In­fan­te­rie­ge­wehr  <<<

Weich­tie­re  <<<

Drittes Kapitel – Wie es meinem Herrn beliebt

Drei Se­kun­den vor An­kunft des Brie­fes von J. B. Hob­son dach­te ich eben­so we­nig das Ein­horn zu ver­fol­gen, als die nord­west­li­che Durch­fahrt zu ver­su­chen. Drei Se­kun­den, nach­dem ich den Brief des eh­ren­wer­ten Se­kre­tärs der Ma­ri­ne ge­le­sen, be­griff ich end­lich, dass mein wah­rer Be­ruf, das ein­zi­ge Ziel mei­nes Le­bens dar­in be­ste­he, das be­un­ru­hi­gen­de Un­ge­heu­er zu ver­ja­gen und die Welt von dem­sel­ben zu be­frei­en.

Doch ich kam von ei­ner mü­he­vol­len Rei­se er­schöpft, nach Ruhe mich seh­nend. Ich trach­te­te nur da­nach, mei­ne Hei­mat wie­der­zu­se­hen, mei­ne Freun­de, mei­ne klei­ne Woh­nung im Jar­din des Plan­tes, mei­ne teu­ern und kost­ba­ren Samm­lun­gen! Aber nichts konn­te mich zu­rück­hal­ten. Ich ver­gaß al­les, Er­mü­dung, Freun­de, Samm­lun­gen, und nahm ohne wei­te­res Be­den­ken die Aner­bie­tung der ame­ri­ka­ni­schen Re­gie­rung an.

»Üb­ri­gens«, dach­te ich, »führt je­der Weg nach Eu­ro­pa zu­rück, und das Ein­horn wird wohl so lie­bens­wür­dig sein, mich nach den Küs­ten Frank­reichs hin zu zie­hen! Die­ses re­spek­ta­ble Tier wird sich in den Ge­wäs­sern Eu­ro­pas – zu mei­nem per­sön­li­chen Ver­gnü­gen – fan­gen las­sen – und ich will dem na­tur­his­to­ri­schen Mu­se­um nicht we­ni­ger als einen hal­b­en Me­ter von sei­ner el­fen­bei­ner­nen Hel­le­bar­de mit­brin­gen.«

Aber einst­wei­len muss­te ich den Nar­wal im Nor­den des Stil­len Ozeans auf­su­chen; was eben­so viel war, als für die Rück­kehr nach Frank­reich den Weg zu den An­ti­po­den1 ein­schla­gen.

»Con­seil!« rief ich un­ge­dul­dig.

Con­seil war mein Die­ner. Ein er­ge­be­ner Bur­sche, der mich auf al­len mei­nen Rei­sen be­glei­te­te; ein bra­ver Flam­län­der, den ich lieb hat­te, und der mir’s ver­galt; phleg­ma­tisch von Na­tur, re­gel­mä­ßig aus Grund­satz, dienst­be­flis­sen aus Ge­wohn­heit, ließ er sich durch die über­ra­schen­den Fäl­le im Le­ben we­nig ir­re­ma­chen; mit ge­wand­ten Hän­den zu je­dem Dienst ge­eig­net, war er nie­mals mit sei­nem Rat zu­dring­lich.

Durch sei­ne Berüh­run­gen mit den Ge­lehr­ten un­se­rer klei­nen Welt des Jar­din des Plan­tes hat­te Con­seil es dazu ge­bracht, dass er et­was wuss­te. Ich hat­te in ihm einen Spe­zia­lis­ten, der, sehr be­wan­dert in der na­tur­his­to­ri­schen Klas­si­fi­ka­ti­on, mit der Ge­wandt­heit ei­nes Seil­tän­zers die gan­ze Stu­fen­lei­ter der Verzwei­gun­gen, Grup­pen, Klas­sen, Un­ter­ab­tei­lun­gen, Ord­nun­gen, Fa­mi­li­en, Gat­tun­gen, Un­ter­gat­tun­gen, Ar­ten und Va­rie­tä­ten auf- und ab­lief. Aber hier war auch die Gren­ze sei­nes Wis­sens. Klas­si­fi­zie­ren war sein Le­bens­ele­ment, mehr aber ver­stand er auch nicht. In der Theo­rie der Klas­si­fi­ka­ti­on sehr be­wan­dert, we­nig in der Pra­xis, hät­te er, glaub’ ich, nicht einen Pott­fisch2 von ei­nem Wal­fisch un­ter­schei­den kön­nen! Und doch, was für ein wa­cke­rer, tüch­ti­ger Jun­ge!

Con­seil hat­te bis­her seit zehn Jah­ren mich über­all, wo­hin mich die Wis­sen­schaft zog, be­glei­tet. Nie hör­te man aus sei­nem Mund eine Be­mer­kung über die lan­ge Dau­er oder die Be­schwer­den ei­ner Rei­se. Kein Ein­wand, wenn er sei­nen Ran­zen zu schnal­len hat­te für eine Rei­se in je­des Land, so fern es auch sein moch­te, Chi­na oder Kon­go. Er ging hier­hin wie dort­hin, ohne wei­ter zu fra­gen. Üb­ri­gens von treff­li­cher Ge­sund­heit, die al­len Krank­hei­ten trotz­te, star­ken Mus­keln, aber ohne Ner­ven, nicht einen Schein von Ner­ven, – mo­ra­lisch, ver­steht sich.

Die­ser Jun­ge war drei­ßig Jahr alt, und sei­nes Herrn Al­ter ver­hielt sich zu die­sem, wie zwan­zig zu fünf­zehn.

Nur einen Feh­ler hat­te Con­seil. Ent­setz­lich förm­lich, sprach er mit mir nur in der drit­ten Per­son.

»Con­seil!« rief ich aber­mals, wäh­rend ich mit fie­ber­haf­ter Eile mei­ne Vor­be­rei­tun­gen zur Abrei­se be­gann.

Si­cher konn­te ich mich auf die­sen er­ge­be­nen Jun­gen ver­las­sen. In der Re­gel frag­te ich ihn nie, ob es ihm be­lie­be, oder nicht, mich auf mei­nen Rei­sen zu be­glei­ten; aber dies­mal han­del­te sich’s um eine Ex­pe­di­ti­on, die sich un­end­lich in die Län­ge zie­hen konn­te, eine ge­fahr­vol­le Un­ter­neh­mung zur Ver­fol­gung ei­nes Tie­res, das fä­hig war, eine Fre­gat­te wie eine Nuss­scha­le zu zer­trüm­mern! Da galt es zu über­le­gen, selbst für einen Men­schen, den nichts in der Welt in Ver­le­gen­heit brach­te! Was wür­de wohl Con­seil dazu sa­gen?

»Con­seil!« rief ich zum drit­ten Mal.

»Mein Herr ruft mir?« sprach er im Ein­tre­ten.

»Ja, mein Jun­ge. Ma­che Dich fer­tig, hil­f’ mir, mich fer­tig ma­chen. In zwei Stun­den rei­sen wir ab.«

»Wie es dem Herrn be­liebt«, er­wi­der­te Con­seil ru­hig.

»Kein Au­gen­blick ist zu ver­lie­ren. Pa­cke in mei­nen Kof­fer all’ mein Rei­se­ge­rä­te, Klei­der, Hem­den, St­rümp­fe, so vie­le Du nur kannst, und be­ei­le Dich!«

»Und des Herrn Samm­lun­gen?« be­merk­te Con­seil.

»Man wird sich spä­ter da­mit be­fas­sen.«

»Wie? Die Archio­the­ri­um, Hy­ra­co­the­ri­um, Oreo­don, die Che­ro­po­ta­mus und an­de­re Ge­rip­pe mei­nes Herrn?«

»Man wird sie im Ho­tel auf­he­ben.«

»Und der le­ben­di­ge Ba­b­i­rus­sa3 mei­nes Herrn?«

»Man wird ihn in mei­ner Ab­we­sen­heit füt­tern. Üb­ri­gens wer­de ich Auf­trag ge­ben, un­se­re Me­na­ge­rie nach Frank­reich zu be­för­dern.«

»Wir keh­ren also nicht zu­rück nach Pa­ris?« frag­te Con­seil.

»Ja… Ge­wiss…«, er­wi­der­te ich aus­wei­chend, »aber auf ei­nem Um­weg.«

»Wie es mei­nem Herrn be­liebt.«

»O! es macht we­nig aus! Ein nicht ganz di­rek­ter Weg, das ist al­les. Wir fah­ren mit der A­bra­ham Lin­coln.«

»Wie es mei­nem Herrn be­liebt«, ver­setz­te Con­seil ru­hig.

»Du weißt, lie­ber Freund, es han­delt sich um das Un­ge­heu­er… den fa­mo­sen Nar­wal… Wir wer­den die Mee­re von dem­sel­ben be­frei­en!… Der Ver­fas­ser ei­nes Wer­kes in zwei Quart­bän­den über die ›Ge­heim­nis­se der großen un­ter­see­i­schen Tie­fen‹ kann nicht um­hin, mit dem Kom­man­dan­ten Far­ra­gut in See zu ste­chen. Ein eh­ren­vol­ler, aber auch ge­fahr­vol­ler Auf­trag! Man weiß nicht, wo­hin man sich wen­den soll! Die­se Tie­re kön­nen sehr schlim­me Lau­ne ha­ben! Aber trotz­dem ge­hen wir! Un­ser Kom­man­dant hat den Kopf auf der rech­ten Stel­le…«

»Was mein Herr tut, das tue ich auch«, er­wi­der­te Con­seil.

»Wie es meinem Herrn gefällt.«

»Und merk’ Dir wohl! – denn ich will Dir’s nicht ver­heh­len – ’s ist eine Rei­se, von der nicht je­der wie­der heim­kommt!«

»Wie es mei­nem Herrn ge­fällt.«

Nach ei­ner Vier­tel­stun­de wa­ren un­se­re Kof­fer fer­tig. Con­seil hat­te es in ei­nem Griff ge­macht, und ich war si­cher, dass nichts man­gel­te, denn der Jun­ge ver­stand die Hem­den und Klei­der eben­so gut zu ord­nen, wie die Vö­gel und Säu­ge­tie­re. Wir be­ga­ben uns ins Erd­ge­schoss, wo ich in dem ge­räu­mi­gen, stets um­la­ger­ten Comp­toir4 mei­ne Rech­nung be­rich­tig­te, den Auf­trag er­teil­te, mei­ne Kis­ten mit aus­ge­balg­ten Tie­ren und ge­trock­ne­ten Pflan­zen nach Pa­ris zu schi­cken, und dem Ba­b­i­rus­sa einen hin­läng­li­chen Kre­dit er­öff­ne­te. Da­rauf stieg ich in Con­seils Beglei­tung in einen Wa­gen, der uns um zwan­zig Fran­cs durch Broad­way, Fourth Ave­nue, Bo­we­ry-Street und Ka­trin-Street zum vierund­drei­ßigs­ten Pier5 fuhr, wo ein Fahr­zeug uns samt Wa­gen und Pfer­den auf­nahm und nach Broo­klyn brach­te, dem großen Quar­tier von New York am lin­ken Ufer des öst­li­chen Flus­ses, wo wir in ei­ni­gen Mi­nu­ten an dem Quai an­lang­ten, bei wel­chem die A­bra­ham Lin­coln aus ih­ren zwei Rauch­fän­gen schwar­ze Säu­len em­por­wir­bel­te.

Un­ser Ge­päck wur­de un­ver­züg­lich aufs Ver­deck der Fre­gat­te ge­bracht, ich eil­te an Bord und frag­te nach dem Kom­man­dan­ten Far­ra­gut. Ein Ma­tro­se führ­te mich aufs Vor­der­ver­deck, zu ei­nem Of­fi­zier von statt­li­chem Aus­se­hen, der mir die Hand reich­te.

»Herr Pier­re Ar­ron­ax?« sprach er.

»Der bin ich. Der Kom­man­dant Far­ra­gut?«

»In ei­ge­ner Per­son. Sei­en Sie will­kom­men, Herr Pro­fes­sor. Ihre Ka­bi­ne war­tet schon auf Sie.«

Ich grüß­te, ließ den Kom­man­dan­ten bei sei­ner Be­schäf­ti­gung und folg­te ei­nem Beglei­ter in die für mich be­stimm­te Ka­bi­ne.

Die A­bra­ham Lin­coln war für ihre neue Be­stim­mung treff­lich aus­ge­wählt und ein­ge­rich­tet. Es war eine schnell se­geln­de Fre­gat­te mit ei­nem Hei­zungs­ap­pa­rat, wel­cher die Dampf­kraft bis auf sie­ben At­mo­sphä­ren zu stei­gern ge­stat­te­te. Da­durch be­kam sie eine mitt­le­re Ge­schwin­dig­keit von acht­zehn und drei­zehn­tel Mei­len die Stun­de; doch war die­se be­trächt­li­che Schnel­lig­keit nicht aus­rei­chend für einen Kampf mit dem Rie­sen­tier.

Die in­ne­ren Ein­rich­tun­gen der Fre­gat­te ent­spra­chen ih­ren nau­ti­schen Vor­zü­gen. Ich war mit mei­ner Ka­bi­ne sehr zu­frie­den; sie lag am hin­tern Schiffs­teil und stieß an das Of­fi­ziers­zim­mer.

»Wir sind hier wohl auf­ge­ho­ben«, sag­te ich zu Con­seil.

»So gut, mit Er­laub­nis mei­nes Herrn, als der Ein­sied­ler Bern­hard in der Mu­schel­scha­le.«

Ich über­ließ es Con­seil, un­se­re Kof­fer ge­hö­rig zu ord­nen, und be­gab mich wie­der aufs Ver­deck, um den Vor­be­rei­tun­gen zur Ab­fahrt zu­zu­se­hen.

In die­sem Au­gen­blick ließ der Kom­man­dant Far­ra­gut die letz­ten Taue lö­sen, wel­che die A­bra­ham Lin­coln an das Quai fes­sel­ten. Also eine Vier­tel­stun­de Ver­spä­tung, und die Fre­gat­te fuhr ohne mich ab, so­dass ich die­se au­ßer­or­dent­li­che, über­na­tür­li­che, un­wahr­schein­li­che Ex­pe­di­ti­on ver­fehl­te, de­ren wahr­heits­ge­treue Er­zäh­lung doch viel­leicht auf man­che Ungläu­bi­ge sto­ßen wird.

Aber der Kom­man­dant Far­ra­gut woll­te nicht einen Tag ver­lie­ren, nicht eine Stun­de, um in das Meer zu kom­men, wo das Tier ver­spürt wor­den war. Er ließ sei­nen In­ge­nieur kom­men.

»Ha­ben wir ge­hö­rig Dampf?« frag­te er ihn.

»Ja, mein Herr«, er­wi­der­te der In­ge­nieur.

»Go ahead«, rief der Kom­man­dant Far­ra­gut. Auf die­sen Be­fehl, wel­cher ver­mit­telst ei­nes Ap­pa­ra­tes mit ver­dich­te­ter Luft zur Ma­schi­ne be­för­dert wur­de, setz­ten die Ma­schi­nen­leu­te das Rad in Be­we­gung. Der Dampf zisch­te, in­dem er in die Be­häl­ter drang. Die lan­gen ho­ri­zon­ta­len Stem­pel dröhn­ten und trie­ben die Stan­gen der Wel­le.

Mit zu­neh­men­der Schnel­lig­keit wur­den die Wel­len von der Schrau­be ge­schla­gen und die A­bra­ham Lin­coln be­weg­te sich ma­je­stä­tisch in­mit­ten von hun­dert Fähr­ten und Ten­ders6 voll Zuschau­er, die ihr das Ge­lei­te ga­ben.

Die Quais zu Broo­klyn und der gan­ze Teil von New York, wel­cher ans öst­li­che Ufer stößt, wa­ren mit Neu­gie­ri­gen be­deckt. Drei Hur­ras nach­ein­an­der hör­te man aus der Brust von ei­ner hal­b­en Mil­li­on er­schal­len. Tau­sen­de von Ta­schen­tü­chern über der dich­ten Volks­mas­se ge­schwenkt, be­grüß­ten die A­bra­ham Lin­coln, bis sie in die Ge­wäs­ser des Hud­son, an der Spit­ze der lan­gen Halb­in­sel, wel­che New York bil­det, ge­lang­te.

Ehrenbegleitung der Fregatte Abraham Lincoln

Da­rauf fuhr die Fre­gat­te in der Rich­tung von New Jer­sey an dem wun­der­schö­nen rech­ten, ganz mit Land­häu­sern be­deck­ten Ufer des Flus­ses zwi­schen den Forts durch, wel­che sie mit ih­ren größ­ten Ka­no­nen be­grüß­ten.

Die A­bra­ham Lin­coln er­wi­der­te den Gruß durch drei­ma­li­ges Auf­zie­hen der ame­ri­ka­ni­schen Flag­ge mit ih­ren 39 an der Spit­ze des Hin­ter­mas­tes glän­zen­den Ster­nen; hier­auf än­der­te sie ih­ren Lauf, um das mit Ba­ken ver­se­he­ne Fahr­was­ser in der In­nern durch die Spit­ze San­dy Hook7 ge­bil­de­ten Bai zu ge­win­nen, und fuhr längs die­ser san­di­gen Erd­zun­ge, wo Tau­sen­de von Zuschau­ern sie noch­mals be­grüß­ten.

Das Ge­lei­te der Boo­te und Ten­ders ver­ließ die Fre­gat­te erst auf der Höhe des Leucht-Boo­tes, des­sen zwei Feu­er die Ein­fahrt in das See­gatt8 von New York be­zeich­nen.

Schlag drei stieg der Lot­se in sein Boot und fuhr zu der klei­nen Go­elet­te,9 die ihn un­term Wind er­war­te­te. Die Feu­er wur­den ge­schürt, die Schrau­be schlug ra­scher die Wel­len; die Fre­gat­te strich längs der gel­ben nied­ri­gen Küs­te von Long Is­land, und um acht Uhr abends, nach­dem sie die Feu­er von Fire Is­land nord­west­lich aus dem Ge­sicht ver­lo­ren, lief sie mit vol­ler Dampf­kraft in die dunklen Was­ser des At­lan­ti­schen Ozeans.

Be­woh­ner bzw. Welt­ge­gen­den, die auf der an­de­ren Sei­te der Erde sind  <<<

Pott­fisch (der), ge­mei­ne Pott­wal oder Ka­sche­lot ge­hört zu den im Was­ser le­ben­den, wal­fischar­ti­gen Säug­tie­ren und steht dem Wal­fi­sche an Grö­ße we­nig nach, da er mit­un­ter ge­gen 60 Fuß lang wird und im Um­fan­ge 20 Fuß hält. Er zeich­net sich be­son­ders durch einen au­ßer­or­dent­lich großen Kopf aus, wel­cher fast die Hälf­te des gan­zen Tie­res aus­macht und lebt vor­zugs­wei­se in den nörd­li­chen Mee­ren. Als Raub­fisch ver­folgt er be­son­ders See­hun­de, mit ei­gen­tüm­li­cher Wut aber die Hai­fi­sche, wel­che mit­un­ter von ihm so ge­ängs­tigt wer­den sol­len, dass sie ab­sicht­lich ins seich­te Was­ser flie­hen und an der Küs­te stran­den. Wird der Pott­wal an­ge­grif­fen, so ver­tei­digt er sich nicht, gleich dem Wal­fi­sche, mit dem Schwan­ze, son­dern legt sich auf den Rücken und beißt um sich, denn er hat we­nigs­tens im Un­ter­kie­fer ge­ra­de ke­gel­för­mi­ge Zäh­ne. Die Bar­ten des Wal­fi­sches feh­len ihm, in den wei­ten Höh­lun­gen sei­nes Kop­fes aber fin­det sich eine be­son­de­re Fettart, Wal­rat (»sper­ma ceti«) ge­nannt, wel­ches eine milch­wei­ße, flüs­si­ge, an der Luft gleich Wachs und Talg er­star­ren­de Mas­se ist, die von dem dar­in ent­hal­te­nen ölein­ar­ti­gen Stof­fe, dem so­ge­nann­ten Wal­rat­öl und an­de­ren Un­rei­nig­kei­ten ge­schie­den, Ce­tin heißt. Man ver­wen­de­te den Wal­rat sonst als Heil­mit­tel, legt ihm aber den frü­hern Wert jetzt nicht mehr bei und ver­fer­tigt haupt­säch­lich Lich­te von be­son­de­rer Güte und die klei­nen nürn­ber­ger Nacht­lich­te dar­aus. Quel­le: Brock­haus Bil­der-Con­ver­sa­ti­ons-Le­xi­kon, Band 3. Leip­zig 1839, S. 551. Aber: Wie Pott­wa­le ihre Beu­te ge­nau fan­gen, ist nach wie vor nicht be­kannt. Al­ler­dings schei­nen ihre Zäh­ne und Kie­fer bei der Jagd kei­ne große Rol­le zu spie­len, denn es wur­den schon gut ge­nähr­te Pott­wa­le ge­fun­den, de­ren Kie­fer völ­lig de­for­miert und zum Fest­hal­ten von Beu­te­tie­ren nicht ge­eig­net wa­ren. Der rie­si­ge Kopf ei­nes Pott­wals wird zu sehr großen Tei­len vom so­ge­nann­ten Sper­ma­ce­ti­or­gan aus­ge­füllt. Dies ist voll­stän­dig mit Wal­rat (auch Sper­ma­ce­ti ge­nannt) ge­füllt und kann al­lein ein Ge­wicht von zwei Ton­nen ha­ben. Die tem­pe­ra­tu­r­ab­hän­gi­ge, ei­gen­ar­ti­ge Kon­sis­tenz des Wal­rats gab An­lass zur Ver­wechs­lung mit Sper­ma. Die Funk­ti­on ist bis heu­te nicht ge­klärt. (Wi­ki­pe­dia)  <<<

Säu­ge­tier­gat­tung aus der Fa­mi­lie der Schwei­ne  <<<

Kon­tor, Nie­der­las­sung ei­nes Han­dels­un­ter­neh­mens  <<<

Ein be­son­de­res Quai für je­des Fahr­zeug.  <<<

Klei­ne Dampf­boo­te zur Be­die­nung der großen Stea­mer.  <<<

10 km lan­ge Land­zun­ge vor New Jer­sey und Zu­gang zum At­lan­tik.  <<<

Ein ist eine Strö­mungs­rin­ne, die durch die stän­dig hin und her strö­men­den Was­ser­mas­sen, etwa der Ge­zei­ten, ero­diert.  <<<

Scho­ner, Schiff mit zwei Mas­ten  <<<

Viertes Kapitel – Ned Land

Der Kom­man­dant Far­ra­gut war ein tüch­ti­ger See­mann, sei­ner Fre­gat­te wür­dig. Er fühl­te sich eins mit sei­nem Schiff; war die See­le des­sel­ben. Über das Seeun­ge­heu­er heg­te er nicht den min­des­ten Zwei­fel, und er ge­stat­te­te gar nicht, dass an Bord sei­nes Schif­fes über die Exis­tenz des Tie­res dis­pu­tiert wur­de. Er glaub­te dar­an, wie man­che gute Frau­en an Le­via­than – nicht aus Ver­nunft­grün­den, son­dern als an einen Glau­bens­ar­ti­kel. Das Un­ge­heu­er exis­tier­te, und er hat­te ge­schwo­ren, die Mee­re von dem­sel­ben zu be­frei­en. Ent­we­der der Kom­man­dant Far­ra­gut wür­de den Nar­wal tö­ten, oder der Nar­wal den Kom­man­dan­ten. Ein Drit­tes gab’s nicht.

Die Of­fi­zie­re an Bord teil­ten die An­sicht ih­res Chefs. Man muss­te sie re­den hö­ren, dis­pu­tie­ren, dis­ku­tie­ren, die ver­schie­de­nen mög­li­chen Fäl­le bei ei­nem Zu­sam­men­tref­fen in Be­rech­nung zie­hen, das wei­te Meer be­ob­ach­ten. Man­cher, der sonst einen sol­chen Dienst ver­wünscht hät­te, über­nahm frei­wil­lig eine Wa­che auf dem Mast­ge­bälk. So lan­ge die Son­ne am Him­mel stand, wa­ren die Mas­ten voll Ma­tro­sen, de­nen auf dem Ver­deck die Fuß­soh­len brann­ten und die sich nicht an ih­rem Plat­ze hal­ten konn­ten! Und doch be­fand sich die A­bra­ham Lin­coln noch nicht in den ver­däch­ti­gen Ge­wäs­sern des Stil­len Mee­res.

Die Mann­schaft war eif­rigst ge­spannt, mit dem Ein­horn zu­sam­men­zu­tref­fen, die Har­pu­ne zu wer­fen, es an Bord zu zie­hen und es zu zer­hau­en. Sie be­ob­ach­te­te mit sorg­lichs­ter Acht­sam­keit die Mee­res­flä­che. Üb­ri­gens sprach der Kom­man­dant Far­ra­gut von ei­ner Sum­me von zwei­tau­send Dol­lars, die er aus­setz­te – Schiffs­jun­ge, Ma­tro­se oder Of­fi­zier – der das Tier si­gna­li­sier­te. Da kann man sich den­ken, wie an Bord der A­bra­ham Lin­coln sich die Au­gen ab­müh­ten!

Ich mei­nes­teils blieb hin­ter den an­de­ren nicht zu­rück, und über­ließ nie­mand mei­nen Teil an der täg­li­chen Beo­b­ach­tung. Die Fre­gat­te hät­te hun­dert­fach Grund ge­habt, den Na­men Ar­gus zu füh­ren. Nur der ein­zi­ge Con­seil stand mit sei­ner Gleich­gül­tig­keit im Wi­der­spruch mit uns in Hin­sicht der Fra­ge, wel­che uns in Be­we­gung setz­te, und stimm­te nicht in den all­ge­mei­nen En­thu­si­as­mus ein.

Ich habe ge­sagt, der Kom­man­dant Far­ra­gut habe sein Schiff wohl mit Werk­zeu­gen und Vor­keh­run­gen ver­se­hen, um das Rie­sen­tier zu fi­schen. Wir wa­ren im Be­sitz al­ler be­kann­ten Ma­schi­nen, von der mit der Hand ge­wor­fe­nen Har­pu­ne bis auf die ex­plo­die­ren­den Ku­geln der Ge­schüt­ze.

Ned Land

Auf dem Vor­ders­te­ven war eine ver­voll­komm­ne­te Ka­no­ne, Hin­ter­la­der, von sehr star­ker Mün­dung und sehr en­ger See­le,1 de­ren Mo­dell auf der nächs­ten Wel­taus­stel­lung fi­gu­rie­ren soll­te. Die­ses vor­treff­li­che In­stru­ment ame­ri­ka­ni­schen Ur­sprungs schleu­der­te leicht ein ko­ni­sches Pro­jek­til von vier Ki­lo­gramm auf eine durch­schnitt­li­che Ent­fer­nung von sech­zehn Ki­lo­me­ter.

Es fehl­te also der A­bra­ham Lin­coln nicht an Mord­mit­teln. Aber sie be­saß noch mehr, den Har­pu­nier­kö­nig Ned Lan­d.

Ned Land war ein Ka­na­di­er von sel­te­nem Hand­ge­schick, der sei­nes­glei­chen in dem ge­fähr­li­chen Hand­werk nicht hat­te. Er be­saß Ge­wandt­heit und Kalt­blü­tig­keit, Kühn­heit und List in be­son­ders ho­hem Grad, und ein Wal­fisch muss­te schon recht tückisch, ein Pott­fisch be­son­ders lis­tig sein, um sei­ner Har­pu­ne zu ent­rin­nen.

Ned Land war etwa vier­zig Jahr alt, hoch­ge­wach­sen – über sechs eng­li­sche Fuß – kräf­tig ge­baut, von erns­ter Mie­ne, we­nig mit­teil­sam, manch­mal hef­tig und sehr zor­nig, wenn man ihn reiz­te. Sei­ne Per­son er­reg­te Auf­merk­sam­keit, zu­mal die Macht sei­nes Blickes, der sei­ne Züge be­son­ders be­leb­te.

Der Kom­man­dant Far­ra­gut hat­te wohl sehr wei­se ge­tan, die­sen Mann für sein Schiff zu ge­win­nen. Er al­lein wog mit Auge und Arm die gan­ze Mann­schaft auf. Ich könn­te ihn am bes­ten mit ei­nem star­ken Te­le­skop ver­glei­chen, das zu­gleich als Ka­no­ne stets schuss­fer­tig wäre.

Ka­na­di­er sind Fran­zo­sen, und so we­nig mit­teil­sam Ned Land war, hat­te er doch, er­ken­ne ich an, eine ge­wis­se An­häng­lich­keit an mich. Ohne Zwei­fel zog ihn mei­ne Na­tio­na­li­tät an. Ich gab ihm eine Ge­le­gen­heit sich zu un­ter­re­den, und er mir eine sol­che, die alte Spra­che des Ra­be­lais2 zu hö­ren, die in ei­ni­gen Ge­gen­den Ka­na­das noch in Ge­brauch ist. Die Fa­mi­lie des Har­pu­niers stamm­te aus Que­bec, und bil­de­te schon zu der Zeit, als die­se Stadt den Fran­zo­sen ge­hör­te, einen küh­nen Fi­scher­stamm.

All­mäh­lich be­kam Ned Lust zu plau­dern, und ich hör­te ihn gern von sei­nen Aben­teu­ern in den Po­lar­mee­ren er­zäh­len. Er sprach mit viel na­tür­li­cher Poe­sie von sei­nem Fisch­fang und sei­nen Kämp­fen da­bei. Sein Vor­trag hat­te echt epi­sche Form, und ich glaub­te manch­mal einen ka­na­di­schen Ho­mer zu hö­ren, der die Ilia­de der Hy­per­bo­re­er­lan­de sang.

Ich schil­de­re eben die­sen küh­nen Ge­sel­len so, wie ich ihn ge­gen­wär­tig ken­ne. Wir sind alte Freun­de ge­wor­den, ge­ei­nigt durch die un­er­schüt­ter­li­che Sym­pa­thie, wel­che in den ent­setz­lichs­ten Le­bens­la­gen ent­steht und an­ein­an­der fes­selt! Wa­cke­rer Ned! Ich möch­te noch hun­dert Jah­re le­ben, um mich noch recht lan­ge Dei­ner zu er­in­nern!

Und jetzt, was war denn Ned Lands Mei­nung in der Fra­ge des Seeun­ge­heu­ers? Ich muss ge­ste­hen, dass er an das Ein­horn we­nig glaub­te, und dass er al­lein an Bord die all­ge­mei­ne An­sicht nicht teil­te. Er mied selbst von dem Ge­gen­stand zu spre­chen, so­dass ich ihm ein­mal glaub­te, dar­in zu Lei­be ge­hen zu müs­sen.

An ei­nem pracht­vol­len Abend des 30. Juli, d.h. drei Wo­chen nach un­se­rer Ab­fahrt, be­fand sich die Fre­gat­te auf der Höhe des Kap Blan­co, drei­ßig Mei­len un­term Wind an der pa­ta­go­ni­schen Küs­te. Wir wa­ren über den Wen­de­kreis des Stein­bocks hin­aus, und die Ma­gel­la­ni­sche Enge3 war kei­ne sie­ben­hun­dert Mei­len mehr süd­lich. Vor Ablauf von acht Ta­gen konn­te die A­bra­ham Lin­coln die Wo­gen des Stil­len Mee­res durch­se­geln.

Wir sa­ßen, Ned Land und ich, auf dem Hin­ter­ver­deck und plau­der­ten über dies und je­nes, in­dem wir auf das ge­heim­nis­vol­le Meer hin­schau­ten, des­sen Tie­fen bis jetzt den Bli­cken der Men­schen un­zu­gäng­lich ge­we­sen sind. Ich führ­te ganz na­tür­lich das Ge­spräch auf das Rie­sen-Ein­horn, und prüf­te die ver­schie­de­nen Aus­sich­ten un­se­rer Un­ter­neh­mung auf Ge­lin­gen oder Miss­lin­gen. Her­nach, als Ned mich re­den ließ, ohne dar­auf zu ant­wor­ten, setz­te ich ihm di­rek­ter zu.

»Wie ist es, Ned«, frag­te ich, »wie ist nur mög­lich, dass Sie von der Exis­tenz des Tie­res, wel­ches wir ver­fol­gen, nicht über­zeugt sind? Ha­ben Sie denn be­son­de­re Grün­de, sich so un­gläu­big zu zei­gen?«

Pierre Arronax

Der Har­pu­nier sah mich erst eine Wei­le an, be­vor er mir ant­wor­te­te, schlug sich dann mit ei­ner ihm ei­gen­tüm­li­chen Hand­be­we­gung auf sei­ne große Stirn, schloss die Au­gen, als wol­le er sich sam­meln, und sag­te end­lich:

»Vi­el­leicht wohl, Herr Ar­ron­ax.«

»Doch, Ned, Sie, ein Wal­fisch­fän­ger von Pro­fes­si­on, der mit den großen See­s­äu­ge­tie­ren ver­traut ist, des­sen Ein­bil­dungs­kraft leicht die Hy­po­the­se von enor­men See­tie­ren gel­ten las­sen kann, Sie soll­ten der Letz­te sein, der in sol­che Din­ge Zwei­fel setzt!«

»Da­rin ge­ra­de ir­ren Sie, Herr Pro­fes­sor«, er­wi­der­te Ned. »Mag die Men­ge an au­ßer­or­dent­li­che Ko­me­ten glau­ben, wel­che den Raum durch­lau­fen, oder an das Da­sein ur­welt­li­cher Un­ge­heu­er, wel­che im In­nern des Erd­balls hau­sen, das geht noch an, aber we­der der Astro­nom noch der Geo­lo­ge las­sen sol­che Hirn­ge­spins­te gel­ten. Eben­so der Wal­fisch­fän­ger. Ich habe man­che See­tie­re ver­folgt, vie­le har­pu­niert, eine Men­ge er­legt, aber so stark und wohl be­waff­net sie auch wa­ren, we­der mit den Schwän­zen, noch mit den Zäh­nen hät­ten sie den Ei­sen­plat­ten ei­nes Damp­fers et­was an­ha­ben kön­nen.«

»Doch, Ned, führt man Schif­fe an, wel­che der Nar­wal mit sei­nem Zahn durch und durch ge­bohrt hat.«

»Höl­zer­ne, wohl mög­lich«, er­wi­der­te der Ka­na­di­er; »und dazu hab’ ich sol­che nie ge­se­hen. Also, bis mir der Be­weis vom Ge­gen­teil er­bracht wird, leug­ne ich, dass Wal­fi­sche, Pott­fi­sche oder Ein­hör­ner solch eine Wir­kung her­vor­brin­gen kön­nen.«

»Hö­ren Sie mich an, Ned…«

»Nein, Herr Pro­fes­sor, nein. Al­les sonst, was Sie wol­len, nur dies nicht. Ein Rie­sen­po­lyp viel­leicht…?«

»Noch we­ni­ger, Ned. Der Po­lyp ist nur eine Mol­lus­ke, von we­nig fes­tem Fleisch, wie schon die­ser Name an­deu­tet. Wäre ein Po­lyp – der nicht zu den Wir­bel­tie­ren ge­hört – auch fünf­hun­dert Fuß lang, so ist er doch durch­aus un­ge­fähr­lich für sol­che Schif­fe, wie die S­co­tia oder A­bra­ham Lin­coln. Es müs­sen also die Hel­den­ta­ten der Kra­ken und an­de­ren Un­ge­heu­er der Art ins Reich der Fa­beln ver­wie­sen wer­den.«

»Also, Herr Na­tur­for­scher«, fuhr Ned Land mit et­was schel­mi­schem Ton fort, »Sie be­har­ren bei der An­nah­me, dass ein enor­mes See­s­äu­ge­tier vor­han­den sei…?«

»Ja, Ned, ich wie­der­ho­le es mit ei­ner Über­zeu­gung, wel­che sich auf die Lo­gik der Tat­sa­chen stützt. Ich glau­be an die Exis­tenz ei­nes stark or­ga­ni­sier­ten See­s­äu­ge­tiers aus der Klas­se der Wir­bel­tie­re, wie der Wal­fisch, Pott­fisch und Del­fin, wel­ches mit ei­ner hör­ner­nen Waf­fe von äu­ßers­ter Stär­ke ver­se­hen ist.«

»Hm!« sag­te der Har­pu­nier, und schüt­tel­te den Kopf, als ein Mann, der sich nicht über­zeu­gen las­sen will.

»Be­mer­ken Sie, mein wa­cke­rer Ka­na­di­er«, fuhr ich fort, »dass, wenn ein sol­ches Tier exis­tiert, wenn es die Tie­fen des Ozeans be­wohnt, wenn es in den Was­ser­schich­ten ver­kehrt, wel­che ei­ni­ge Mei­len un­ter der Ober­flä­che sind, – es not­wen­dig einen Or­ga­nis­mus ha­ben muss, des­sen Fes­tig­keit über alle Ver­glei­chung geht.«

»Und wes­halb die­ser star­ke Or­ga­nis­mus?« frag­te Ned.

»Weil eine un­be­re­chen­ba­re Kraft nö­tig ist, um sich in den tie­fen Schich­ten auf­zu­hal­ten und dem Druck der­sel­ben zu wi­der­ste­hen.«

»Wirk­lich?« sag­te Ned, und sah mich blin­zelnd an.

»Wirk­lich, und ei­ni­ge Zah­len wer­den es leicht be­wei­sen.«

»O! Zah­len!« ver­setz­te Ned. »Mit Zah­len lässt sich al­les ma­chen!«

»In Ge­schäf­ten, Ned, aber nicht in der Ma­the­ma­tik. Hö­ren Sie nur. Neh­men wir an, dass der Druck ei­ner At­mo­sphä­re dem Druck ei­ner Was­ser­säu­le von zwei­und­drei­ßig Fuß Höhe gleich ist. In Wirk­lich­keit wür­de die Was­ser­säu­le nicht so hoch sein, weil das Meer­was­ser dich­ter ist als das süße. Nun, Ned, wenn Sie un­ter­tau­chen, muss Ihr Kör­per, so­viel mal er zwei­und­drei­ßig Fuß Was­ser über sich hat, eben­so viel mal einen Druck gleich dem der At­mo­sphä­re aus­hal­ten, näm­lich ein Ki­lo­gramm auf je­den Qua­drat­zen­ti­me­ter sei­ner Ober­flä­che. Daraus folgt, dass bei drei­hun­dert­und­zwan­zig Fuß Tie­fe die­ser Druck gleich zehn At­mo­sphä­ren gleich­kommt, und hun­dert At­mo­sphä­ren bei drei­tau­send­zwei­hun­dert Fuß Tie­fe, tau­send At­mo­sphä­ren bei zwei­und­drei­ßig­tau­send Fuß. Dies will eben­so viel hei­ßen, als dass, wenn Sie bis in eine sol­che Tie­fe ge­lan­gen kön­nen, je­der Qua­drat­zen­ti­me­ter der Ober­flä­che Ihres Kör­pers einen Druck von tau­send Ki­lo­gramm zu er­lei­den ha­ben wür­de. Nun, wis­sen Sie, wa­cke­rer Ned, wie viel Qua­drat­zen­ti­me­ter Ober­flä­che Ihr Kör­per hat?«

»Ich habe kei­ne Ah­nung da­von, Herr Ar­ron­ax.«

»Un­ge­fähr sieb­zehn­tau­send.«

»So vie­le?«

»Und da in Wirk­lich­keit der at­mo­sphä­ri­sche Druck et­was mehr als ein Ki­lo­gramm auf den Qua­drat­zen­ti­me­ter be­trägt, so ha­ben Ihre 17.000 Qua­drat­zen­ti­me­ter in die­sem Au­gen­blick einen Druck von 17.568 Ki­lo­gramm aus­zu­hal­ten.«

»Ohne dass ich’s mer­ke?«

»Ohne es wahr­zu­neh­men. Und dass Sie nicht von ei­nem sol­chen Druck zer­quetscht wer­den, kommt da­her, dass die Luft im In­nern Ihres Kör­pers einen glei­chen Druck aus­übt. Es ent­steht dar­aus ein voll­stän­di­ges Gleich­ge­wicht des in­ne­ren und äu­ße­ren Druckes, wel­che sich ein­an­der auf­he­ben, so­dass Sie es leicht aus­hal­ten. Im Was­ser aber ist’s an­ders.«

»Ja, ich be­grei­fe«, er­wi­der­te Ned, der auf­merk­sa­mer ge­wor­den war, »weil das Was­ser mich um­gibt, nicht eben­so mich durch­dringt.«

»Rich­tig, Ned. Also bei 32 Fuß un­ter der Mee­res­ober­flä­che hät­ten Sie einen Druck von 17.568 Ki­lo­gramm aus­zu­hal­ten; bei 320 Fuß die­sen Druck zehn­fach, näm­lich 175.680 Ki­lo­gramm; bei 3.200 Fuß hun­dert­fach, näm­lich 1.756.800 Ki­lo­gramm; bei 32.000 Fuß end­lich den tau­send­fa­chen Druck, näm­lich von 17.568.000 Ki­lo­gramm; d.h. Sie wür­den platt ge­drückt, wie un­ter den Plat­ten ei­ner hy­drau­li­schen Pres­se!«

»Teu­fel!« sag­te Ned.

»Nun denn, mein wer­ter Har­pu­nier, wenn Wir­bel­tie­re, die ei­ni­ge hun­dert Me­ter lang und ver­hält­nis­mä­ßig dick sind, sich in sol­chen Tie­fen auf­hal­ten kön­nen, und ihre Ober­flä­che Mil­lio­nen Zen­ti­me­ter be­trägt, so ist der Druck, wel­chen sie aus­hal­ten kön­nen, auf Mil­li­ar­den Ki­lo­gramm an­zu­schla­gen. Nun rech­nen Sie, wie groß muss die Wi­der­stands­kraft ih­res Kno­chen­bau­es und die Stär­ke ih­res Or­ga­nis­mus sein, um sol­chem Druck Wi­der­stand zu leis­ten!«

»Sie müs­sen wohl«, ver­setz­te Ned Land, »mit acht Zoll dickem Ei­sen­blech be­schla­gen sein, wie die Pan­zer­fre­gat­ten.«

»So ist’s, Ned, und nun den­ken Sie, was eine sol­che mit der Schnel­lig­keit ei­nes Eil­zugs wi­der einen Schiffs­rumpf an­stür­zen­de Mas­se für Zer­stö­rung an­rich­ten kann.«

»Ja… wirk­lich… viel­leicht«, er­wi­der­te der Ka­na­di­er, der durch die­se Zif­fern zwar wan­kend ge­wor­den, doch sich noch nicht er­ge­ben woll­te.

»Nun, hab’ ich Sie über­zeugt?«

»Sie ha­ben, Herr Na­tur­for­scher, mich da­von über­zeugt, dass, wenn auf dem Grund des Mee­res sol­che Tie­re exis­tie­ren, sie not­wen­dig so stark sein müs­sen, wie Sie sag­ten.«

»Aber wenn sie nicht exis­tie­ren, starr­köp­fi­ger Har­pu­nier, wie er­klä­ren Sie dann den Un­fall, wel­cher die S­co­tia traf?«

»Vi­el­leicht…«, sag­te Ned stot­ternd.

»Nun, nun!«

»Weil… es nicht wahr ist!« er­wi­der­te der Ka­na­di­er, in­dem er, ohne es zu wis­sen, die Ant­wort, wel­che ein­mal der be­rühm­te Ara­go4 gab, wie­der­hol­te.

Aber die­se Ant­wort be­wies doch nur die Hart­nä­ckig­keit des Har­pu­niers. Da­mals dräng­te ich ihn nicht wei­ter. Der Un­fall der S­co­tia war nicht zu leug­nen. Das Loch war so stark, dass man es stop­fen muss­te, und ich glau­be nicht, dass das Vor­han­den­sein ei­nes Lo­ches ent­schie­de­ner be­wie­sen wer­den kann. Die­ses Loch aber ist nicht von selbst ent­stan­den, und da es nicht von Fel­sen oder Ma­schi­nen un­term Meer her­vor­ge­bracht wor­den ist, so ist es not­wen­dig dem durch­boh­ren­den Werk­zeug ei­nes Tie­res zu­zu­schrei­ben.

Die Boote in Umgebung der Fregatte

Mei­ner An­sicht nach, und aus al­len vor­hin an­ge­führ­ten Grün­den, ge­hör­te nun die­ses Tier der Ab­tei­lung der Wir­bel­tie­re an, zur Klas­se der Säu­ge­tie­re, Grup­pe der fisch­för­mi­gen, und end­lich zur Ord­nung der wal­fischar­ti­gen. Zu wel­cher Fa­mi­lie es zu rech­nen, Wal­fisch, Pott­fisch oder Del­fin, zu wel­cher Gat­tung und Art, wäre eine spä­ter zu be­leuch­ten­de Fra­ge. Um die­se zu lö­sen, müss­te man das un­be­kann­te Un­ge­heu­er erst zer­le­gen; um es zu zer­le­gen, es fan­gen; um es zu fan­gen, die Har­pu­ne wer­fen; zum Har­pu­nie­ren müss­te man es se­hen – was der Mann­schaft zu­fie­le; da­für aber müss­te man ihm be­geg­nen, was eine Sa­che des Zu­fal­les ist.

die Boh­rung des Laufs ei­ner Schuss­waf­fe  <<<

nach François Ra­be­lais, fran­zö­si­scher Schrift­stel­ler der Re­naissance (1494–1553)  <<<

Die Ma­gel­lan­stra­ße ist eine Meeren­ge mit zahl­rei­chen In­seln und Sei­ten­ar­men zwi­schen dem süd­ame­ri­ka­ni­schen Fest­land und süd­li­chen In­seln, vor­nehm­lich der In­sel Feu­er­land. Sie ver­bin­det nörd­lich Süd­ame­ri­kas Süd­spit­ze den At­lan­ti­schen mit dem Pa­zi­fi­schen Ozean.  <<<

Jac­ques Éti­enne Vic­tor Ara­go, fran­zö­si­scher Schrift­stel­ler (1790–1854)  <<<

Fünftes Kapitel – Auf gut Glück!

Die Fahrt der A­bra­ham Lin­coln wur­de eine Zeit lang von kei­nem Zwi­schen­fall be­trof­fen. Doch konn­te man bei ei­ner Ge­le­gen­heit, wel­che die merk­wür­di­ge Ge­schick­lich­keit Ned Lands kund gab, er­ken­nen, wel­ches Ver­trau­en man auf ihn set­zen konn­te.

Auf der ho­hen See bei den Fal­kland In­seln be­geg­ne­te die Fre­gat­te am 30. Juni ame­ri­ka­ni­schen Wal­fisch­fän­gern, wel­che kei­ne Kun­de vom Nar­wal ge­ben konn­ten. Als aber ei­ner der­sel­ben, Ka­pi­tan der Mon­ro­e, er­fuhr, dass Ned Land sich an Bord der A­bra­ham Lin­coln be­fand, so er­bat er sich des­sen Bei­stand, um auf einen Wal­fisch, der in Sicht war, Jagd zu ma­chen. Der Kom­man­dant Far­ra­gut, dem es er­wünscht war, Ned Land sein Werk ver­rich­ten zu se­hen, gab ihm die Er­laub­nis, sich an Bord der Mon­ro­e zu be­ge­ben. Und un­ser Ka­na­di­er war so glück­lich, dass er an­statt ei­nes Wal­fischs mit ei­nem Dop­pel­wurf de­ren zwei har­pu­nier­te, in­dem er den einen ins Herz traf, des an­de­ren nach ei­ni­gen Mi­nu­ten Meis­ter ward!

Un­strei­tig, wenn das Un­ge­heu­er je­mals mit Ned Lands Har­pu­ne zu schaf­fen be­kommt, gehe ich kei­ne Wet­te zu sei­nen Guns­ten ein.

Die Fre­gat­te fuhr längs der Süd-Ost­küs­te von Ame­ri­ka mit er­staun­li­cher Schnel­lig­keit. Am 3. Juli wa­ren wir am Ein­gang der Ma­gel­la­ni­schen Enge, auf der Höhe des Cap de las Vir­gi­nes.1 Aber der Kom­man­dant Far­ra­gut woll­te die­se ge­wun­de­ne Stra­ße nicht ein­schla­gen, und be­schloss, um das Kap Horn zu fah­ren. Und in der Tat war es auch nicht wahr­schein­lich, dass man in die­ser Enge auf den Nar­wal sto­ßen wer­de.

Am 6. Juli, um drei Uhr abends fuhr die A­bra­ham Lin­coln, fünf­zehn Mei­len süd­li­cher, um das In­sel­chen, den ver­lo­re­nen Fel­sen am äu­ßers­ten Ende des ame­ri­ka­ni­schen Kon­tin­ents, wel­chem hol­län­di­sche Ma­tro­sen den Na­men ih­rer Ge­burts­stadt Horn ge­ge­ben hat­ten. Nun fuhr man in nord­west­li­cher Rich­tung, und die Fre­gat­te lief end­lich in das Stil­le Meer ein. –

»Jetzt Ach­tung! Au­gen auf!« rie­fen wie­der­holt die Ma­tro­sen der A­bra­ham Lin­coln.

Und sie öff­ne­ten sie über die Ma­ßen weit. Au­gen und Fern­roh­re, zwar durch die Per­spek­ti­ve der zwei­tau­send Dol­lars et­was ge­blen­det, blie­ben nicht einen Au­gen­blick un­tä­tig. Tag und Nacht be­ob­ach­te­te man die Was­ser­flä­che, und die Nacht­sich­ti­gen hat­ten mehr Aus­sicht das Spiel zu ge­win­nen.