Zwei Wochen in Toronto - Amelia Doyle - E-Book

Zwei Wochen in Toronto E-Book

Amelia Doyle

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Beschreibung

Ciara Walsh graut es bei dem Gedanken in wenigen Tagen allein in ein Flugzeug von Dublin nach Toronto steigen zu müssen, um der Hochzeit ihrer Schwester Gabriella beizuwohnen. Auch ihr Zahnarzt Ethan O'Leary könnte sich Besseres vorstellen, als sich ins Auto zu setzten und nach Galway zu fahren, um die Verlobung seines Bruders mit seiner Ex-Freundin und die Rubinhochzeit seiner Eltern zu feiern. Als sich die beiden Singles mit demselben Dilemma konfrontiert sehen, stellen sie schnell fest, dass es nur einen einzigen Ausweg gibt, um sich nicht die Blöße zu geben: Sie mimen ein Paar. Können sie sich vor dem Familientreffen gut genug kennenlernen, damit das Spiel nicht auffliegt?

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AmeliaDoyle

ZweiWocheninToronto

Roman

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

AmeliaDoyle,geboreneCohen,isteineirisch-österreichische Autorin und Politologin mit Wohnsitz in Irland. Sie ist praktizierende Jüdin (liberal) und lebt gemeinsam mit Ihrem Ehemann James und den Hunden Angus und Barnaby in einem wunderschönen Vorort Dublins.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

BRINKLEY

 

Zwei Wochen in Toronto

© 2023 Amelia Doyle

E-Book © 2023 BRINKLEY Verlag

Ohne schriftliche Genehmigung des Herausgebers darf kein Teil dieser Publikation in irgendeiner Form vervielfältigt, übertragen oder gespeichert werden.

SowohldieimBuchvorkommendenPersonenalsauchdieHandlungen sind vom Autor frei erfunden. Namen und Ähnlichkeiten mit Personen oder tatsächlichen Handlungen sind zufällig und nicht gewollt.

Satz: Constanze Kramer, coverboutique.de Lektorat/Korrektorat: Manuela Tengler

©Umschlaggestaltung: Steph Buncher www.stephbuncherdesign.co.uk

Gedrucktundgebundenvon:SKALAPRINT

ISBN978-3-903392-09-0

 

www.brinkley-verlag.at

 

 

 

 

 

 

 

AmeliaDoyle

ZweiWocheninToronto

Roman

 

 

 

 

Donnerstag,der15.Dezember

 

 

 

 

 

 

 

 

Ciara Walsh blickte auf ihre Armbanduhr und stellte erschrockenfest,dassesbereitssechsUhrabendswar. SiehattekeinefünfMinutenZeit,umdiePhysiotherapie-Praxis,diesiegemeinsammiteinerihrerbesten Freundinnen,ihrerMitbewohnerinKate,vornicht einmalneunMonateninPortobelloeröffnethatte,zu verlassen,umrechtzeitigzuihremZahnarzttermin um halb sieben in Dublin 2 zu erscheinen.

Als Ciara heute Morgen um neun Uhr aus demHaus gegangen war, hatte sie nicht ahnen können, dass sich nahezu alle ihrer Patienten aufgrund des schlechtenWettersverspätenwürden.Dublinver-sank seit letzter Nacht im Chaos. Kaum hatte sie die Praxis verlassen, peitschte ihr bereits der Regen ins Gesicht. Ausgerechnet diese Woche hatte Kate sich Donnerstag und Freitag freigenommen, um ihre Familie in Cork spontan zu besuchen. Wäre sie in der Stadt, hätte Ciara sich ihr Auto ausgeliehen, um zu ihrem Termin zu fahren. Der einzige Grund, warum siesichbisherkeineszugelegthatte,war,dassesreine Geldverschwendung wäre. Sie lebte und arbeitete so zentral, dass es sich nicht auszahlen würde, ein Auto überhaupt zu starten. An die utopischen Preise für Autoversicherungen wollte sie gar nicht erst denken.

Während Ciara durch die Straßen Dublins hetzte, ärgertesiesichdarüber,dasssiesichnachalldenJahren,diesiebereitsinderStadtlebte,nochimmerkein Fahrrad zugelegt hatte. Dabei hatte sie es sich schon mehrfachvorgenommen.Vorallem,wennsiewie heute spät dran war. Obwohl zahllose Taxen an ihr vorbeifuhren,schienenallebesetztoderaufdemWeg zu einem Kunden zu sein. Sie versuchte mehrfach einesanzuhalten,jedochvergeblich.Einesfuhrsogar so schnell durch eine Pfütze, dass das Wasser ihr bis insGesichtspritzte.Ciarahofftedas,sollteesAbsicht gewesensein,derFahrernochamselbenAbendbarfuß auf ein Legosteinchen treten würde. Sie konnte sich nur nicht entscheiden, ob ihr ein winzig kleines Steinchen oder ein etwas größeres lieber wäre.

Ein weiterer Blick auf die Uhr verriet Ciara, dass sieschonvielzuvielZeitvergeudethatte.Siemusste wohloderübelindensaurenApfelbeißen,wennsie es versuchen wollte, doch noch rechtzeitig zu ihrem TermininderZahnarztpraxisinderNähederNational Gallery of Ireland zu erscheinen.

In der Hektik, als sie die Praxis verlassen wollte, hatte sie ihr Smartphone auf ihrem Schreibtisch liegen lassen und konnte der Rezeption nicht Bescheid geben, dass sie sich eventuell ein paar Minuten verspätenwürde.Frohdarüber,dasssieihreLaufschuhe anhatte, joggte sie los.

UmdemTouristenstromimZentrumzuentgehen, liefCiaraüberdieHeytesbury StreetindieCamden Row, die wiederum in die Montagu Street mündete,umvondortübereinkleinesStückderHarcourtStreet durcheinenunscheinbarenSeiteneinganginden St. Stephen’s Green Park zu gelangen. Erleichtert, dass derParknahezuleerwar,durchquertesieihnschneller als erwartet.

In der Merrion Street Upper wäre sie beinahe über die Leine eines kleinen Jack Russel Terriers gestolpert, der von seiner Hundehalterin rechtzeitig weggezogenwerdenkonnte.VölligaußerAtemblieb Ciara um kurz nach halb sieben vor der gläsernenPraxistür stehen. Bevor sie hineinging, vergewisserte sie sich, dass sie auf ihrem spontanen Stadtlaufnichts verloren hatte. Ciara hatte das Gefühl, einen Marathon gelaufen zu sein und wollte sich nur noch hinsetzen.

»Ciara!Wasistmitdirpassiert?Dusiehstschrecklich aus! So gehe ich nachher sicher nicht mit dir Essen. Wir müssen definitiv noch einmal zu dir nach Hause!«Charlotte,dieRezeptionistinderPraxis Murphy&O’Leary,dieüberdieJahrehinwegzueiner ihre besten und engsten Freundinnen in Irland geworden war, sah sie besorgt an.

»So würde ich mit mir auch nirgendwo hingehen wollen, Charlotte.« Ciara fiel das Atmen noch immer schwer. »Mein letzter Patient hat sich verspätet und ich wollte ihn mit seiner Verletzung nicht nach Hause schicken. Ich habe mich überhaupt erst daran erinnert, dass ich heute einen Termin bei euch habe undwirdanachzumAbendessenverabredetsind,als ersichvonmirverabschiedetundmirvonseinen eigenen Plänen für den Abend erzählt hat«, stöhne Ciara als sie die Tür hinter sich zumachte. »MeineTaxi-Apphatauchnichtfunktioniert!Inmeiner Hektik habe ich mein Smartphone in der Praxis liegen lassen, anstatt es mitzunehmen. Deswegen habe ich dich auch nicht anrufen oder dir eine Nachricht schreibenkönnen.Ichwarnaivgenugzuglauben, dass ich auf dem Weg hierher in ein Taxi springen könnte, aber das kannst du bei dem Wetter ohnehin vergessen«, seufzte Ciara. »Busse fahren im Moment auchkaumwelcheunddie,dieichgesehenhabe,waren vollgestopft. Sie sind nicht einmal mehr an den Haltestellenstehengeblieben,wennniemandaussteigen wollte. Kate hat sich heute und morgen freigenommen. Sie ist spontan nach Cork gefahren, um ihre Familie zu überraschen. Ihre Tante hat heute Geburtstag«, fügte sie hinzu. »Es tut mir wahnsinnig leid, dass ich zu spät gekommen bin. Wäre ich nicht ständigstehengeblieben,umnacheinemTaxizusuchen, wäre ich schneller gewesen! Wie du an mir sehen kannst, bin ich her gejoggt! Das mache ich nie wieder.SobaldichausmeinemUrlaubzurückkomme, kaufeichmireinFahrrad.«DankendnahmCiaradas Glas Wasser entgegen, das Charlotte ihr reichte.

 

»Du hast dich kaum verspätet, Ciara. Beruhig dich! EthanistohnehinnochmiteinemPatientenbeschäftigt. Am besten, du gehst dich erst einmal frisch machen. So kannst du nicht unter Menschen treten.«CharlottedeuteteinRichtungdesWartebereichs,wo sich die Toiletten befanden.

FreundlichgrüßteCiaradiebeidenFrauen,an denensievorbeiging,dielustlosaufihrenSmartphonesspieltenundsiekeinesBlickeswürdigten. Verübeln konnte sie es ihnen nicht. Sie selbst wäre jetzt auch lieber woanders und konnte sich Besseres vorstellen,alsihrenAbendbeimZahnarztzuverbringen.

 

Ein Blick in den Spiegel verriet Ciara, dass sie nicht nur klitschnass und völlig verschwitzt war, sondern obendrein aussah, als ob sie in einer Höhle hausen würde. Ihre zerzausten schwarzen Haare ließen sich kaum bändigen. Am liebsten hätte sie sich die Haare abgeschnitten. Zu retten war von ihrer Frisur ohnehinnichtsmehr.AuchCharlottesKamm,densieihr hineinreichte, half nicht viel. Haarbänder trugen beideFrauenkeinebeisich,umeinigermaßenvorzeigbar auszusehen, und ihre Haarklammer hatte Ciara auch nicht dabei – die lag neben ihrem Smartphone auf dem Schreibtisch.

Als sie in das gläserne Wartezimmer ging, um sich zu den anderen Patientinnen zu setzen, kam sie sich inihrendunklenJeansundihremlangärmeligen Baumwolloberteil mit dem Logo ihrer Physiotherapie-Praxis fehl am Platz vor. Wenn sie ehrlich war, kamsiesichdortimmereinwenigunwohlvor.Nicht nurheute.Egal,zuwelcherUhrzeitsiediePraxisbesuchte,hattesiedasGefühl,dassdieanderenPatienten gerade aus einem Katalog gestiegen waren. Vor allem die Weiblichen.

»GutenAbend!«GregoryMurphykaminden RaumundlächeltediewartendenPatientinnenfreundlich an. »Aoife? Kommst du?«

DieFrau,dienebenCiarasaß,ließsichnichtzweimal bitten, während die andere Patientin dem Zahnarzt so lange nachsah, bis sie ihn nicht mehr sehen konnte.WasCiaraandiesemVerhaltenbesondersärgerte,war,dasssieihnsooffensichtlichvergegenständlichte,ohneauchnurrotzuwerden.Diesesschamlose VerhaltenstörteCiaraungemein.Esmissfielihrnicht nur im Wartezimmer ihres Zahnarztes, denn es passierte auch in ihrer Praxis. Sowohl sie als auch Kate hatten bereits Patienten rausschmeißen müssen, die letztendlichversuchthatten,siesexuellzubelästigen.

Was Ciara hier jedoch so faszinierte, war, dass sowohlGregalsauchEthaneinemagnetischeAnziehungskraftaufsämtlicheFrauenhatten,dieihren Weg in die Zahnarztpraxis fanden. Sie musste zugeben,dassbeidewahnsinniggutaussahenundfreundlich waren, doch das allein sollte nicht der Grundsein, warum man zu seinem Zahnarzt ging. Außerdemwaresfürsieeigenartig,jemandenanzuschmachten,dereinemfünfMinutenspätereine Wurzelbehandlung vorschlug.

CiaraverdrehtejedesMaldieAugen,wennsie neben jemandem saß, der einen der beiden ZahnärztemitseinenBlickenregelrechtauszog.SounverständlichdiesesVerhaltenfürsieauchwar,amüsierte es sie immer wieder aufs Neue, es zu beobachten, da weder Greg noch Ethan es zu merken schienen. Zumindest ließen sie sich nichts anmerken. Manchmal hatte Ciara das Verlangen, sich zu einer der Frauen rüber zu beugen und ihren Traum zerplatzen zu lassen, indem sie ihnen sagte, dass die beiden ein Paar waren.Soweitwolltesieletztendlichdanndochnicht gehen, nur um deren Reaktion zu sehen. Charlotte war diejenige, die ihr immer wieder bei einem Glas Wein erzählte, wie dreist manche Patienten und vor allemeinigederPatientinnenwaren.Gregwarschon mehrfach von einer seiner Patientinnen in ihr Cottage nach Connemara eingeladen worden.

Ciara war die letzte Person auf Erden, die wissen wollte, wie ihr Zahnarzt außerhalb der Praxis aussah. Sie hatte schon immer Angst vor Zahnärzten gehabt. Sie wusste selbst nicht so genau, woran es lag. Als ihr erster Zahnarzt in Dublin der Stadt den Rückengekehrthatte,uminseinerHeimatstadt WaterfordeineeigenePraxiszueröffnen,hatteKate ihr damals Greg empfohlen. Da er jedoch keine Kapazität mehr hatte, hatte er sie an seine Schwester Deirdre verwiesen, die gemeinsam mit ihm und deren Cousin Ethan die Praxis vor fast zehn Jahrengegründet hatte. Seitdem Deirdre vor drei Jahren,als sie mit ihrem ersten Sohn schwanger war, in Elternzeit gegangen war, wurde Ciara Ethans Patientin. Sie konnte sich noch gut an ihr erstes Aufeinandertreffen erinnern. Charlotte hatte damals frei und Ciara Zahnschmerzen. Sie war viel zu nervös Deirdre zu sehen, dass sie nicht realisiert hatte, dass der damalige Rezeptionist ihr mitgeteilt hatte, dass sie nichtverfügbarwar,EthansiejedochandiesemTag untersuchen würde. So panisch, wie sie damals war, würde es sie nicht wundern, wenn sie ihn ein paar Mal Deirdre genannt hatte.

»Ciara? Bist du bereit?« Ethan schenkte ihr eineinladendesLächeln.EswarihreinRätsel,wieer zu dieser Uhrzeit noch so freundlich sein konnte.Ciara nickte und sprang auf, ohne es sich nehmenzu lassen, der Frau neben ihr zuzuzwinkern, die ihn sooffensichtlichanstarrte,dassmansichfremdschämenmusste.BeiGregwareszuvorgenauso gewesen.CiaraselbsthattezuBeginnProbleme, die beiden Cousins auseinanderzuhalten mit ihren rotblonden Haaren und den blauen Augen. Deirdre hatteihrvorEwigkeitenerzählt,dassEthanihr und ihrem Bruder wesentlich ähnlicher sah als seinemeigenen.Anscheinendkamensieallenachihrer Großmutter mütterlicherseits. Ethans Bruder Brian war hingegen laut Deirdre das Ebenbild seines Vaters.

»Es tut mir leid, dass du so lange hast warten müssen, Ciara.« Ethan räusperte sich und deuteteihr es sich auf dem blauen Zahnarztsessel bequem zu machen.

»KeinProblem.Ichwarselbstetwasspätdran.« Ciara erzählte ihm vor lauter Nervosität ohne Punkt undKommavonihremTagundwaspassiertwar.Geduldighörteerihrzu,biserdasGefühlhatte,dasssie sichbeiihmwohlfühlteundersieuntersuchenkonnte.

»Du brauchst keine Angst haben. Es ist nur eine Routinekontrolle.« Ethan bückte sich vorsichtig hinunter, als ihm plötzlich ein Schmerz durch den TrapezmuskelschossundervorlauterSchmerzden Mundspiegel fallen ließ.

»SetzdichaufdeinenHocker,Ethan.«Ciarasprang sofortauf,umihmzuhelfen.OhnegroßumErlaubnis zubitten,fingsiean,ihnabzutasten.»Tutdasweh?«

»Aaaaaaah.« Ethan winselte vor Schmerzen.

Automatischfingsiean,denbeeinträchtigten Muskel zu massieren. »Versuch dich zu entspannen. IchhabedasProblemschongefunden.Auchwennes jetzt noch ein wenig weh tut, wird es gleich besser werden.Vertraumir.«Siekonntespüren,wiesich Ethan unter dem Druck ihrer Finger immer mehr entspannteundsichderMuskelwiederlockerte.

»VieleZahnärztefindenmitdemselbenProblemden WeginunserePraxis.IchzeigedireinpaarÜbungen, bevor ich gehe, die du allein machen kannst, sollte das Problem wiederkehren. Vielleicht wäre es gut, wenn du Kate nächste Woche einen Besuch in der Praxis abstatten würdest.«

»Eigentlichbistdugekommen,damitichdich untersuche und nicht, um mich zu massieren!«, lachte Ethan nervös.

»Nur kannst du nicht arbeiten, wenn du nicht einmal deine Utensilien halten kannst. Gott sei Dank habeichheutekeinenTerminzueinerWurzelbehandlung bei dir gehabt. An das Blutbad will ich gar nicht denken.« Ciara war hoch konzentriert bei der Sache.EinGrund,warumsievorJahrenzurücknach Irlandgekommenwar,wardasirischeGeplänkel,das sieinTorontovermissthatte.DieseArtvonNeckerei kannte man in Kanada nicht. Hier lief alles wesentlich lockerer als in Nordamerika. Als sie zum ersten Mal in die Zahnarztpraxis gekommen war, war sie überrascht, dass Deirdre sich bei ihr mit ihrem Vornamen vorgestellt hatte, genauso wie Ethan später. So etwas gab es in Nordamerika nicht.

 

Nach einer knapp zwanzigminütigen Massage waren Ethans Schmerzen wie weggeblasen. Ciara war zufrieden mit dem Ergebnis.

»Danke, Dr. Walsh! Ich hatte schon den ganzen Tag über Nackenprobleme!« Erleichtert, dass er seinenKopfundseineSchulterwiederbewegenkonnte, lächelte er seine Patientin an.

»ÜberhauptkeinProblem,Dr.O’Leary.«Ciara ging wieder zurück zu ihrem Sessel, während Ethan nacheinemneuenMundspiegelsuchte,umseine Untersuchungfortzusetzen.ZuseinergroßenZufriedenheit schien mit Ciaras Zähnen alles in Ordnung zu sein. Auch die Röntgenbilder, die er machte, gaben keinen Anlass zur Sorge.

»So, wie es aussieht, sehen wir uns erst in sechs Monatenwieder.«DieErleichterung,dieseWortezu hören, stand Ciara ins Gesicht geschrieben. Auch wenn sie die Zahnärzte der Praxis mochte, hatte sie nicht das Verlangen, sie öfters als einmal im Jahr zu sehen. Die einzige Person, die hier arbeitete und sie regelmäßig treffen wollte, war Charlotte, mit der sie wöchentlich zum Yoga ging.

 

Nach der Behandlung begleitete Ethan Ciara an die Rezeptionzurück,dieimMomentnichtbesetztwar, da Charlotte sich im Hinterzimmer befand, wo sie mit Greg den Schichtplan besprach.

»Ich habe noch einen Patienten, würde dich aber gerne als Dankeschön zum Abendessen einladen.« Nervös blickte Ethan zu Boden und strich sich durchs Haar, als Ciara sich von ihm verabschieden wollte.

»Dasmusstdunicht.Ichhelfedochgerne.AußerdemhabeichCharlotteversprochen,mitihrein neuesRestaurantinBallsbridgeauszuprobieren.« Sie wusste nicht, wie sie auf seine Einladung reagierensollte.Ethanwarzwarnett,abermitihrem Zahnarzt ausgehen wollte sie nicht unbedingt. Siehatte viel zu lange gebraucht, um sich überhaupt an ihn zu gewöhnen und ihm zu vertrauen. Da wollte sie es nicht riskieren, dass er irgendetwas zu ihr sagte oder etwas tat, was dazu führen könnte, dass sie sich einen neuen Zahnarzt suchen musste. So wiesie im Moment aussah, konnte sie sich ohnehin nirgends blicken lassen.

»Oh, ich habe ganz vergessen, dir zu sagen, dass John in der Stadt ist! Du kannst ruhig mit Ethan Essen gehen«, wandte Charlotte ein, die aus dem Hinterzimmer gekommen war und sich wieder auf ihren gewohnten Stuhl gesetzt hatte.

Irritiert blickte Ciara ihre Freundin an, die ihr Grinsen hinter ihrem Computerbildschirm versteckte. »John ist in der Stadt? Seit wann?« Ciara zog erstaunt die Augenbrauen hoch, was von Ethan nicht unbemerkt blieb.

»IchmachdirgleichdieRechnungfertig«,antwortete eine unbekümmerte Charlotte, ohne die Fragen zu beantworten.

»Nein!Dasbrauchstduheutenicht.«EthanstoppteseineRezeptionistinmiteinerHandbewegung. »DieBehandlunggehtheuteaufmich.«

»Das ist wirklich nicht nötig.« Ciara warf ihrem Zahnarzt einen überraschten Blick zu.

»WennduschonnichtmitmirEssengehenmöchtest, ist es das Mindeste, was ich für dich tun kann, nachdemdumichvonmeinenSchmerzenerlösthast.«

Ethans Lächeln war so aufrichtig und einladend, dasssienichtmehrwusste,wassiesagenundobsie die Einladung nicht doch annehmen sollte.

»CiarasVersicherungübernimmteineBehandlung pro Jahr«, flötete Charlotte. »Du kannst also nicht andersalssiezumAbendessenauszuführen,Ethan.« SiezwinkerteihrerFreundinvielsagendzu,wasdazu führte, dass Ciara leicht errötete.

»Duhastesgehört,Ciara!Wasmeinstdu?«Ethans lachende Augen erinnerten Ciara an einen kleinen Jungen, der es kaum erwarten konnte, mit seinen Freunden spielen zu gehen.

»Also gut. Wann und wo sollen wir uns treffen?« Ciara wandte sich voll und ganz Ethan zu.

»Wie wäre es, wenn ich dich gegen halb neun von zuHauseabhole?«EthandeutetedemwartendenPatienten, der bereits im Aufstehen war, dass er gleich bei ihm sein würde.

»Gerne.«

»Gut.MeinnächsterPatientwirdschoneinwenig ungeduldig. Ich sollte langsam …«

»DuhastdochgarnichtmeineAdresse?«

»IchbindeinZahnarzt«,verschmitztgrinsteersie an. »Deine Handynummer habe ich auch.«

AmliebstenhättesichCiaradieHandvorsGesicht geschlagen.Siewolltenicht,dassersiefüreinedieser Patientinnen hielt, die in seiner Gegenwart nicht mehr klar denken konnten.

 

Als Ethan außer Hörweite war, lachte Charlotte laut los. »Ach, Ciara!«

»John ist also in der Stadt? Ist er nicht gestern erst zurücknachLondongeflogen?«Ciararissherausfordernd die Augen auf.

»Wennduwüsstest,wievielePatientenversuchen, Ethan außerhalb der Praxis zu treffen, würdest du dich mehr auf dein Date freuen.« Charlotte reichte ihrer Freundin das Kartenlesegerät.

»DasistkeinDate.AußerdemistermeinZahnarzt!«

»EristdeinaußerordentlichattraktiverZahnarzt.«

»Charlotte! Sei leise!Was, wenner dich hört?«

»Meinst du, Ethan hat noch nie in den Spiegel geschaut?« Charlotte amüsierte sich sichtlich über das VerhaltenihrerFreundinundkonntesicheinGrinsen nicht verkneifen.

»Du bist unmöglich!« Ciara nahm ihre Jacke vom Kleiderständer und zog sie sich über.

»Vergiss nicht, mich zur Hochzeit einzuladen.« CharlottegabihreinenKussaufdieWange,ehesiedie Türhinterihrschloss.»IchspielegerneTrauzeugin!«

 

»Habe ich etwas verpasst?« Greg stand grinsend hinter seiner Freundin.

»Ich habe mir gedacht, heute ein wenig Amor zu spielen und ein wenig nachzuhelfen«, erwiderte Charlotte, als sie sich zu ihm umdrehte.

»Dann hoffen wir mal, dass es diesmal funktioniert und nicht schief geht wie bei deinem Bruder John!«

»Erinnere mich nur nicht daran!« Charlotte hielt sich die Hände vors Gesicht. »Er will noch immer nicht zurück nach Dublin ziehen, weil er Angst davor hat, Maeve über den Weg zu laufen.«

»Wann hast du eigentlich vor allen von uns zu erzählen?«, fragte Greg.

»ZuWeihnachten.Ichmöchtedichbisdahinnoch einwenigfürmichalleinhaben,meinSchatz!«Charlotte lehnte sich gegen seine Brust und ließ sich umarmen.

 

WährendCiaraaufEthanwarteteundversuchte,sich für ein Outfit zu entscheiden, dachte sie immer wieder daran, wie eigenartig es war, sich mit ihm außerhalb der Zahnarztpraxis zu treffen. Sie konnte sich Ethan im realen Leben nicht vorstellen. Obwohl sie ihnbereitseinpaarJahrekannte,musstesiezugeben, dasssiekaumetwasüberihnwusste.Sieunterhielten sichzwarimmereinwenig,wennsiesichsahen,aber mehr als Small Talk war das nicht.

Als sie sich die Haare föhnte, erinnerte sie sichdaran,dassDeirdreihrvoreinergefühltenEwigkeit erzählt hatte, dass seine Eltern ihn in ein irischsprachiges Jungeninternat geschickt hatten, auf das auch ihr Bruder ging und sie froh darüber war, in Galway zur Schule gegangen zu sein. An mehr konnte siesichbeibestemWillennichterinnern.Charlotte hatte ihr über die Jahre hinweg auch kaum etwasPersönlichesüberEthanerzählt.Erwardefinitiv nicht ihr Gesprächsthema Nummer eins, wenn sie sich trafen.

Es dauerte nicht lange, bis sich Ciara für ein burgunderfarbenesWollkleidmiteinemschwarzenGürtelundpassendenWinterstiefelnentschieden hatte.Dasienichtwusste,woEthanmitihrhingehen wollte, dachte sie, dass ihre Wahl eine sichere Kombinationwar.Bequemundelegantzugleich. Als sie sich schminkte, musste sie unwillkürlich an denKommentarihrerMutterGiuliadenken.Sie hatteihrinderVergangenheitmehrfachgesagt, dass sie mit ihren wasserblauen Augen gewisse Farbtöneeinfachnichttragenkonnte.Burgunderwar einer davon. Ciara versuchte ihre Mutter aus demKopf zu bekommen. Sie hatte nicht das Verlangen, auch noch an Giulia San Felice zu denken, bevor sie das Haus verließ. Diesen zusätzlichen Stress brauchte sie an diesem Abend wirklich nicht. Der Gedanke, dass sie ihn mit ihrem Zahnarzt verbringen würde, reichte ihr völlig.

Kaum hatte sich Ciara ihren flüssigen Lieblingslippenstiftaufgetragen,läuteteeszuihrerÜberraschung an der Haustür. Sie vermutete, dass es ihr Nachbar war, dem die Milch ausgegangen war und der noch einmal spontan Besuch bekommen hatte.

»Deine Nachbarin ist mir unten entgegengekommen und hat mich hereingelassen.« Ethan stand mit einem breiten Lächeln vor der Tür und überreichte ihr einen roten Weihnachtsstern.

»Das wäre nicht nötig gewesen.« Ciara bedankte sich bei ihm für das schöne Geschenk.

»Jetzt, wo ich die Mesusa an deinem Türpfosten sehe, hätte ich doch den Blumenstrauß nehmen sollen.« Ethan strich sich beschämt durchs Haar.

»Das meinte ich nicht.« Ciara griff nach seinem Arm und lächelte. »Ich freue mich sehr über diese kleine Aufmerksamkeit, vielen Dank.«

»Das freut mich.« Erleichtert trat er einen Schritt zur Seite, damit sie die Tür schließen konnte.

»Woherwusstestdu,dassdaseineMesusaist?«Ciara waresnichtgewohnt,dassihreFreundeoderBekanntenerkannten,wassichaufihremTürpfostenbefand.

»Einige meiner Freunde wohnen in der Nähe der orthodoxenSynagogeundhabenjüdischeNachbarn.« Ethan ging vor ihr die Treppe hinunter und hielt ihr galant die Eingangstür auf, damit sie vorausgehen konnte.

»Willst du mir verraten, wo es hingeht?« Ciara folgte ihm gespannt zu seinem Auto, das er auf der anderen Straßenseite geparkt hatte. Sie hätte nie gedacht, dass er einen mattgrauen Range Rover fahren würde.Hättesieratenmüssen,hättesiesich,vonseinem Praxislogo ausgehend, eher ein kleineres blaues oder schwarzes Auto vorgestellt.

»Ich wollte eigentlich mit dir nach Howth fahren und dich in mein Lieblingsrestaurant am Pier einladen, aber ein Freund hat mich vorhin angerufen und mich gebeten, ihm heute Abend bei etwas zu helfen. ErhateinenGastropubinGreystones.DasEssenist dortwirklichsehrgut.SeinKochhatfüreinpaarder bestenLokalederInselgearbeitet.Ichhoffe,esmacht dir nichts aus?«

Ethan machte an diesem Abend einen leicht nervösenEindruckaufCiara.Eswarihrbereitszuvorin derPraxisaufgefallen,alsernebenihranderRezeption stand.

»Überhauptnicht!«SiestieglächelndinsAuto.

Es dauerte nicht lange, bis er auf die N11 auffuhr und sie sich auf den Weg in Richtung Greystonesbefanden. Ciara und Ethan unterhielten sich die gesamteFahrtüberdieGegend,indersielebteundwie glücklichsiewar,voreinpaarJahrennachIrlandgezogenzuseinundsozentralzuwohnen.Siewar überrascht,wievertrauterihrvorkam,obwohlsieihn kaum kannte.

 

»Dabistdujaendlich!«NiallTalbotsahaus,alsober am liebsten über die Theke springen wollte, als er Ciara und Ethan zur Tür reinkommen sah.

»Darf ich dir Ciara vorstellen, Niall?« Ethan deutete auf seine Begleitung. »Ciara, Niall. Wir habenwährend der Uni gemeinsam Rugby gespielt.«

Sie konnte sich Ethan bei bestem Willen nicht auf einem Rugbyfeld vorstellen. Plötzlich erinnerte sie sich an etwas, das ihr Vater immer gesagt hatte und musste lächeln. Laut ihm war Rugby ein Sport für Hooligans,dervonGentlemengespieltwirdund FußballeinSportfürGentlemen,dervonHooligans gespielt wurde. Wenn sie sich recht erinnerte, hatte ihr Bruder ihr, als sie jünger waren, erklärt, dass Oscar Wilde etwas Ähnliches gesagt hatte. Nur warenin seiner Version die Hooligans Barbaren. Ciara versuchte bei dem Gedanken keinen Lachanfall zu bekommen.

»Es freut mich, dich kennenzulernen.« Niall gab ihrschnelleinenKusslinksundrechtsaufdieWange, wieesinIrlandunterFreundenüblichwar,eheersie zuihremTischimoberenStockwerkdesGastropubs brachte,vondemmandenbestenBlickaufdieBühnehatte.CiaragefieldasLokal.Dasromantische Dekor erinnerte sie an die 1920er Jahre und hatte es ihr besonders angetan.

»Machtesdiretwasaus,infünfMinutenanzufangen und ein Set zu spielen?«

IrritiertblickteCiaravonNiallzuEthan,dergerade dabei war, ihr aus dem Wintermantel zu helfen.

»Kein Problem. Lass mich nur kurz etwas bestellen, dann komme ich runter.«

»Du bist meine Rettung. Ihr seid natürlich eingeladen.« Niall klopfte Ethan auf die Schulter und eilte zurück zur Treppe.

»Jetztmusstduirgendwanndochnocheinmalmit mirzuAbendessengehen!«,meinteEthanscherzend, als er sich ihr gegenüber hinsetzte und seinen Stuhl zurechtrückte. Dankend nahm er dem Kellner die Weinkarte aus der Hand.

»Oder das Schicksal will nicht, dass du mich einlädst!«, konterte sie geschickt.

»Das hat wehgetan, Ciara!«, neckte Ethan seine Abendbegleitung und griff sich aufs Herz.

»Warum hast du mir auf der Fahrt nicht erzählt, dass du Teil des Abendprogramms sein wirst?«, erkundigtesiesichinteressiertbeiihm,währendsievon derSpeisekartehochsah.CiarahättesichheuteMorgennichterträumt,dasssiedenAbendausgerechnet mit ihrem Zahnarzt in einem Gastropub in Greystones verbringen würde und schon gar nicht, dass sie darauf warten würde, dass er ihr und den anderen Besuchern etwas vorsingen würde.

»Um ehrlich zu sein, habe ich bis zur letzten Sekundegehofft,dassKevindochnochauftauchen würdeundichbeidirbleibenkann«,räusperteersich. »Ersagtspaßeshalbergerneabundtauchtdanndoch nochauf,umdenAbendzuretten.«Ethanverdrehte nurdieAugenunderklärteCiara,dassNiallundKevin diese eigenartige Freundschaft hatten, in der sie sich gern gegenseitig Streiche spielten. »Ich bin froh, dass Greg nicht so anstrengend ist wie Kevin. Stell dir vor, du müsstest mit so jemandem ein Unternehmen führen!«

»Kevin ist Miteigentümer des Pubs?« Ciara schüttelteunverständlichdenKopf.»Fürsoetwashätteich keineGeduld.DerStresswäremirzugroß.Ichhabe mitKategroßesGlück,dasswirunssogutverstehen. Wir arbeiten nicht nur miteinander, sondern leben auch zusammen. Ich weiß nicht, ob ich es jemals erwähnt habe?«

»Ethan,kommstdu?«,riefNiallvonhalberTreppe zuihnenhinüberunddeuteteEthanzuihmhinunterzukommen.

»Ich bin gleich wieder da, Ciara. Es tut mir leid,dich hier allein sitzen zu lassen.«

ErmachteeinenresigniertenEindruckaufsie. »Gehnur,ichfreuemichschonaufdeinenAuftritt.« Sie freute sich wirklich darauf zu hören, was Ethan singen würde. Sie war gespannt zu sehen, wie gut er war. Erst Rugby, jetzt Musik. Ciara wurde langsam neugierig,wergenausichhinterdemZahnarztEthan O’Leary verbarg. Es kam ihr noch immer ein wenig eigenartig vor, ihn außerhalb der Praxis zu sehen.

VomoberenStockwerkausbeobachtetesie,wie Ethan sich auf dem Hocker vor dem unscheinbaren MikrofonimFensterniederließundesaufseineGröße einstellte. »Guten Abend! Ein paar von euch kennen michbereitsvomletztenMal.«Ethanlächeltefreundlich in die Runde. »Ich weiß, dass ihr eigentlich hier seid, um Kevin zu sehen. Ich bin eigentlich hier, um mit der wundervollen Ciara zu Abend zu essen. Sagt HallozuCiara!«ErgrinsteinihreRichtungundwinkteihrzu,waseinenregelrechtenChorderBegrüßung auslöste.Ciaramussteschmunzeln,alssiesah,wieNiallihmeineGitarrereichte.Gitarrespielteeralsoauch.

»Habt ihr einen bestimmten Wunsch?«, wollte EthanvonseinemPublikumwissen.»Wirklich?Mal sehen, ob ich mich an den Text erinnern kann.«

ErspieltedenRefrain,eheerzusingenbegann: »HereIam,thisisme…«

 

»Warumhastdumirnichterzählt,dassdusogutsingenkannst?«CiarawarvonEthansverborgenemTalent fasziniert.

»Es hat sich nie die Gelegenheit ergeben. Für gewöhnlich hast du so zu viel Angst vor mir, wenn wir uns sehen, dass ich dir nicht allzu viel Persönliches erzählen kann.«

EthansspitzbübischesGrinsenzauberteCiaraein schüchternesLächelnaufdieLippen.Sieerrötete leicht und war erleichtert, den Kellner zu sehen, der ihnen ihre Wildpilz-Tagliatelle brachte, für die sie sich bei ihm bedankten.

»Habe ich das richtig gehört? Du hast Angst vor ihm und gehst dennoch mit ihm aus?« Niall setzte sich mit einem Pint Guinness zwischen die beiden auf einen freien Stuhl.

»Das ist kein Date, Niall. Ich wollte Ciara als kleines Dankeschön zum Abendessen einladen.« Ethan erzählte seinem überraschten Freund, was sich vor wenigen Stunden ereignet hatte.

DerverzognurdasGesicht,alservondenSchmerzenhörte.ErselbsthattejahrelangunterRückenschmerzen gelitten, während er Rugby spielte, und ging seither selbst regelmäßig zum Physiotherapeuten.»DannwerdeicheuchbeieuremNicht-Date nichtweiterstören.GenießteuerAbendessen!«Niall zwinkerte Ethan vielsagend zu und ging wieder hinunter.ErhattevomoberenStockwerkausKevinerspäht, der seinen Mantel aufhing, sich die Gitarreschnappte und zu spielen begann.

 

NeugierigblickteCiaraüberdasgläserneGeländerhinunter.KevinzogsiemitseinemGitarrenspielinseinen Bann. Sie hatte selten einen so guten Gitarristen spielen hören. Ethan folgte ihrem Blick. Er kannte Kevin seit einigen Jahren und verstand nicht, warum NiallnichtschonlängsteinernstesWortmitihmgesprochen hatte. Es war diesen Monat nicht das erste Mal,dasserfürihnhatteeinspringenmüssen.Kevin hattediesesgewisseEtwas,dassdafürsorgte,dassihm jederallesdurchgehenließ,egalwasertat.Erbrauchte seine Gegenüber nur anzulächeln und mit seinen großenbraunenRehaugenanzusehen,undschon konnte er mit ihm machen, was er wollte. Ethan war durchausbewusst,warumerdiesesVerhaltennichttolerierte.Eserinnerteihnvielzusehranseineneigenen Bruder Brian, der auch gern seinen Charme spielen ließ.AndiebevorstehendenFesttage,dieerinseinem ElternhausinderNähevonGalwayverbringenwürde, wollteEthanandiesemAbendnichtdenkenundversuchte sie zu verdrängen.

»Ethan?«Ciarablickteihnfragendan.

»Entschuldige, ich war in Gedanken.« Ethan räusperte sich und wandte sich wieder seiner Abendbegleitung zu.

»HatdichKevininseinenBanngezogen?«,scherzte Ciara, die sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte.

»Definitiv nicht. Ich bin der Einzige, der dagegen immun zu sein scheint. Das nächste Mal gehen wir woanders hin.«

Sein Zwinkern löste ein Kribbeln in Ciaras Bauch aus,dassieamliebstenverdrängenwürdeundaufdie schöneAtmosphäredesGastropubsschob.»Das nächsteMal?«HerausforderndzogsiedieAugenbrauen hoch und sah ihn an.

»Ich meinte es ernst, als ich vorhin gesagt habe,dasswirnocheinmalmiteinanderausgehenmüssen.

 

Wie kann ich mich richtig bei dir bedanken, wenn Niall uns zum Essen einlädt?«

»Stimmt eigentlich auch wieder. Wo du recht hast, hast du recht.« Ciara lachte auf. Sie war überrascht, wie einfach es war, sich mit Ethan zu unterhalten. Seitdem er sich wieder zu ihr gesetzt hatte, dachte sie nicht mehr allzu oft daran, dass er eigentlich einer der Menschen war, den sie am wenigsten in der Welt sehen wollte. Das eine Mal im Jahr reichte ihr. Natürlich half es ihr immens, dass er ihr nun in dunkelbraunen Chinos und einem cremefarbenen Pullover gegenübersaß und nicht in dem sterilen Kasack als Zahnarzt. Ihr wurde erst jetzt bewusst, dass sie ihn wirklich nie außerhalb seiner Praxis gesehen hatte.

»Was hast du an Weihnachten vor?« Ciara bedankte sich bei ihrem Kellner und gab ihm die Nachspeisenkarte zurück, als sie merkte, dass Ethan einen Moment lang zögerte. »Habe ich etwas Falsches gesagt?«

»Nein, nein. Es ist nur … Ich verbringe die Weihnachtsfeiertage für gewöhnlich in meinem Elternhaus in der Nähe von Galway«, unbewusst griff sich Ethan mehrfach auf den Nacken, was vonCiaranicht unbemerkt blieb. »Dieses Jahr ist alles etwas komplizierter.«

»Hast du wieder Schmerzen?« Ciara sah ihn fragend an.

»Wie bitte?«

»Du greifst dir schon die ganze Zeit auf den Nacken.«

»Nein. Es ist einfach nur alles ein wenig kompliziert«, seufzend griff er nach seinem Wasserglas.

»Möchtestdudarüberreden?

---ENDE DER LESEPROBE---