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Es ist wahrlich kein Geheimnis, dass der FCA seit jeher die Treue seiner Fans gerne auf die Probe stellt. Immer in dem festen Wissen, dass die Jagd nun mal schöner ist als der Fang, hat der Augsburger Klub nämlich satte hundert Jahre verstreichen lassen, bis das Licht der Bundesliga-Sonne endlich über der Stadt am Lech aufging. So viel Leidensfähigkeit ist selten und das zu allem Übel auch noch im übermächtigen Schatten der Dusel-Bayern, die gnadenlos alles an sich reißen, was im Freistaat eine Fahne tragen kann. Die Augsburger Väter und Söhne - nicht zu vergessen die Mütter und Töchter - haben also reichlich Herzblut, Tränen und unterklassiges Bier vergossen und fahren nun endlich die Ernte ganzer Generationen ein. Das Schöne daran: Wir haben den Boden, auf dem wir bleiben, quasi selbst verlegt, und die langen, langen Jahre des ausbleibenden Erfolgs haben die Fans zusammengeschweißt wie seinerzeit der Wein die Römer und das Geld die Fugger. Die vielen denkwürdigen Episoden mit allerlei schillernden Protagonisten - von Helmut Haller bis Ernst Middendorp - sind hierbei keine aufpolierten Marketinganekdoten, sondern tatsächlich noch mündliche Überlieferung. EINIGE GRÜNDEWeil man sich in Augsburg drei Vereinsfarben leistet. Weil der FCA das erste Derby in der Allianz Arena gewann. Weil Nottingham Forest über den Umweg Augsburg den Landesmeisterpokal gewann. Weil es beim FCA schon in den 1950ern wild zuging. Weil man sich in den Jahren 2000-2002 fühlte wie Tom Sawyer und Huckleberry Finn. Weil selbst Telefonterror einen echten FCA-Fan nicht erschüttern kann. Weil der FCA kein Maskottchen hat. Weil sich der FCA für 20 Jungfrauen freikaufen kann. Weil einer der größten Handballer aus Augsburg kommt. Weil sogar Jimmy Hartwig als Trainer ran durfte. Weil beim FCA die Spieler mit weißen Tigern posieren. Weil das Ausbüxen eines Glücksschweines den Aufstieg in die 2. Bundesliga verhinderte. Weil wir 31 Jahre auf das Tor des Monats warten mussten. Weil der FCA einmal Deutscher Meister war. Weil wir sogar bei der WM 1954 dabei waren. Weil Augsburg einen Feiertag mehr hat als Restdeutschland. Weil die SGL Arena die deutsche Anfield Road ist. Weil beim FCA sogar Kevin Kurányi beim Probetraining durchfiel. Weil Waldi Hartmann in Augsburg eine Kneipe hatte. Weil der FCA auf der ewigen Bundesligatabelle immer höher klettert.
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Seitenzahl: 307
Walter Sianos, Markus Krapf, Andreas Schäfer, Tilmann Horch, Florian Eisele
•Weil man sich in den Jahren 2000 bis 2002 fühlte wie Tom Sawyer und Huckleberry Finn 17
•Weil eine Fahne gegen Nazis den Vater des Erfolgs nach Augsburg brachte 20
•Weil das Sommermärchen mit dem FCA-Märchen zusammenfiel 22
•Weil beim FCA das Stadionheft schon lange und noch immer von Fans gemacht wird 24
•Weil es auch in der Bayernliga manchmal etwas länger dauern kann 26
•Weil sich der FC Augsburg auch im Stadion des Lokalrivalen Schwaben Augsburg zumindest bei Heimspielen keine Blöße gibt 30
•Weil ein Sprachcomputer der beste Deutschlehrer ist 32
•Weil die FCA-Keimzelle sogar dafür sorgt, dass eine ehemalige Hinrichtungsstätte für etwas gut ist 35
•Weil die FCA-Fans einen Feiertag mehr haben 37
•Weil Augsburg die älteste Bundesligastadt ist 40
•Weil in Augsburg die besten Jugendturniere stattfanden 42
•Weil der FCA Rekordmeister ist 45
•Weil wir 1954 Weltmeister wurden 49
•Weil Nottingham Forest 1979 über den Umweg Augsburg den Landesmeisterpokal gewann 51
•Weil der FCA einmal deutscher Meister war 55
•Weil der erste Mittelfinger des deutschen Fußballs in Augsburg zu sehen war 58
•Weil der FCA beim inoffiziellen Zuschauerrekord im zweitklassigen deutschen Fußball dabei war 61
•Weil der FCA auch den offiziellen Zuschauerrekord im zweitklassigen Fußball hält 63
•Weil der FCA jahrzehntelang Rekordpokalsieger war 66
•Weil der FCA mal ein Wiesel als Maskottchen hatte 69
•Und vor allem, weil der FCA kein Wiesel mehr als Maskottchen hat 70
•Weil man Jahre auf ein Tor des Monats warten musste 72
•Weil der FC Augsburg nicht mehr auf fremden Plätzen Aufstiege feiern muss 74
•Weil der FCA sich auf geschichts- trächtige Einwechslungen versteht 76
•Weil der FCA sich bei den wichtigen Spielen jetzt nicht so geschickt anstellt 78
•Weil beim FCA das Stadion um den Fanblock herum gebaut wurde 86
•Weil der FCA gleich im ersten Bundesligajahr für einen Rekord sorgte 88
•Weil der FC Augsburg das erste Derby in der Allianz Arena gewann 89
•Weil sich die Anfield Road der Bundesliga in Augsburg befindet 92
•Weil wir immer noch eine Thekenmannschaft sind 95
•Weil man sich drei Vereinsfarben leistet 98
•Weil man beim FCA auch Ski fahren kann – und vieles andere machen konnte 100
•Weil auch Bauschutt den FCA nicht aufhalten kann 103
•Weil Fußball und Pop beim FCA Hand in Hand gehen 106
•Weil es ein Radiosender schaffte, dass die Augsburger eine Halbzeit lang das falsche Team anfeuerten und dann nach Hause gingen 110
•Weil es in Augsburg das »Augsburg Calling« gibt und das schenkt Leben 113
•Weil der FC Augsburg schon wegen seines Wappens unsterblich ist 115
•Weil der FCA beim ersten Derby in der Allianz Arena beinahe in 60er-Trikots hätte antreten müssen 118
•Weil der FC Augsburg und seine Fans nicht auf Bier angewiesen sind 120
•Weil der FC Augsburg auch in einem Biathlon- Ort sein Trainingslager aufschlagen kann 123
•Weil der FCA seit über 15 Jahren mit nur einer einzigen Zunge spricht 125
•Weil man in Augsburg manchmal auch die Gäste beschenkt 127
•Weil man manchmal auf Umwegen FCA-Fan wird 129
•Weil selbst Telefonterror vor dem Derby einen echten FCAler nicht erschüttern kann 132
•Weil der Storch in Augsburg eine arme Sau ist 134
•Weil der FCA viele verlorene Söhne hat 137
•Weil es beim FCA schon in den 50er-Jahren wild zuging 146
•Weil Augsburg mit Helmut Haller einen Jahrhundertfußballer hervorgebracht hat 148
•Weil der FC Augsburg die Heimat des »blonden Engels« ist 153
•Weil beim FCA auch ein Club-Idol Torschützenkönig werden kann 159
•Weil man mit einem weißen 911er Mäuse fängt 161
•Weil der FC Augsburg einen echten Fernsehstar in seinen Reihen hatte 164
•Weil man sogar als Viertligakicker in die Weltauswahl berufen wird 166
•Weil man in Augsburg nicht nachtragend ist und das Herz auf der Zunge trägt 168
•Weil Mikheil Sajaia an guten Tagen selbst an Gott vorbeikam 171
•Weil Big Ben eine Zeit lang für den FCA tickte 174
•Weil beim FCA die Spieler mit weißen Tigern posieren 177
•Weil eine Pups-Affäre zwischen Spielern erst bei anderen Vereinen ausbricht 179
•Weil der härteste Hund des FCA auch mal heult wie ein Schlosshund 182
•Weil Erol Aktas beim FC Augsburg in die Geschichte eingegangen ist 186
•Weil der FC Augsburg »Thurk, Thurk, Thurk« hatte 188
•Weil 98 Prozent der Spieler äußerst nette Gesprächspartner sind 191
•Weil man beim FCA auch eine Karriere als Schauspieler und Eiskunstläufer starten kann 194
•Weil Sascha Mölders beim FCA spielt 198
•Weil Daniel Baier eigentlich zur WM in Brasilien hätte fahren müssen 201
•Weil der FCA nach 597 Länderspielen wieder einen Nationalspieler hat 204
•Weil ehemalige FCA-Trainer ziemlich erfolgreich arbeiten 209
•Weil man Max Merkel nach sechs Monaten wieder nach Bussibussi-Town geschickt hat 212
•Weil sogar Jimmy Hartwig als Trainer ran durfte 215
•Weil ein General den Taktstock schwang 217
•Weil der FCA es schaffte, dass Ernst Middendorp seinen Führerschein behielt 219
•Weil Gino Lettieri ein gutes HB-Männchen abgeben würde 221
•Weil ein Vertipper mal den neuen FCA-Trainer verriet 223
•Weil Thomas Tuchel der Tierpark-Toni war 226
•Weil der FC Augsburg einen echten Pädagogen auf der Bank hat 229
•Weil der FCA einmal dafür sorgte, dass in der Stadt die Lichter ausgingen 232
•Weil der erste Flashmob im Fanbus stattfand 233
•Weil das Ausbüxen eines Glücksschweins den Aufstieg des FCA in die zweite Liga verhinderte 235
•Weil Unterhaching den FCA nicht mehr leiden kann 237
•Weil Kevin Kurányi leider nicht genug Talent für den FC Augsburg hatte 239
•Weil Uruguays Superstar Diego Forlán beinahe mal beim FCA gelandet wäre 241
•Weil der DFB den FC Augsburg lange nicht als solchen auf der Uhr hatte 243
•Weil der FCA dank Marco Kurz in Pfullendorf in den blauen Stutzen und Hosen des Gegners antreten musste 247
•Weil der FC Augsburg die libysche Revolution vorwegnahm 248
•Weil der FCA eine Rückkehr in den Profifußball ohne Kriegsbemalung und Weibergekreische schaffte 251
•Weil einmal die halbe Führungsriege des FCA nach einem Auswärtsspiel im Elversberg wegen Körperverletzung angezeigt wurde 253
•Weil ein Fanclub seit seinem Machtkampf mit dem Ausrüster tausend Schals im Keller lagert 255
•Weil der FC Augsburg auch in Köln für »Hätz und Jeföhl« sorgt 258
•Weil in Augsburg selbst hartgesottene VfB-Fans das Lager wechseln 261
•Weil die Arena in Augsburg bei Google Maps für Abwechslung sorgt 263
•Weil sich der FCA für 20 Jungfrauen freikaufen kann 265
•Weil es beim FCA auf der Haupttribüne bei Unzufriedenheit eine präsidiale Geld-zurück-Garantie gibt 268
•Weil FCA-Präsident Walther Seinsch eine ganze Region zum Fußball gebracht hat 271
•Weil der Präsident direkt vom Himmel fiel 274
•Weil der FC Augsburg von einem Weltmeister gemanagt wird 278
•Weil der FCA über eine Führungsriege verfügt, die zu großen Teilen aus der Fangemeinde stammt 280
•Weil der FCA fünf Jahre ein reales Managerspiel war 282
•Weil der FC Augsburg wirklich eine Nummernrevue ist 286
•Weil bei der Mutter der Kompanie selbst gestandene Profis strammstehen 288
•Weil der FCA einen Haus- und Hofitaliener im Team hat 291
•Weil der »Herr der Banden« ein waschechter Augsburger ist 293
•Weil einer der größten deutschen Handballer aus Augsburg kommt 296
•Weil nur der FCA gegen die Über-Bayern gewinnen kann 299
•Weil der Sieg über den großen FC Bayern aus allen Perspektiven einfach nur geil war 302
•Weil der Sieg über die Bayern etwas vom »A-Team« hatte 306
•Weil selbst Saloniki nach dem Sieg gegen den FC Bayern kopfstand! 309
•Weil in der Statistik gegen die Bayern nie wieder zwei Nullen stehen 313
•Weil man mit dem FCA immer noch das erste Mal erleben kann 315
•Weil der FC Augsburg einen Spannungsbogen aus den 80er-Jahren hat 317
•Weil der FC Augsburg etwas für wahre Feinschmecker ist 320
•Weil es für den FC Augsburg nur nach oben gehen kann 322
WIR SIND DER ZWÖLFTE MANN,
FUSSBALL IST UNSERE LIEBE!
Vorwort
Auf der Suche nach dem 112. Grund, diesen Verein zu lieben, gibt es für mich nicht mehr zu tun, als den schlanken Nahverkehrszügen vor meinem Fenster nachzusehen. Denn die Sportskameraden hier – von denen ich übrigens die meisten schon in tiefster Verzweiflung auf den Knien sah – haben ja schon alles gesagt, beschrieben, beklagt und bejubelt.
Also was tun, zur Hölle? Bleibt mir als letzte Chance nur noch, auf die geistige Hand Gottes zu warten.
Die Erwähnung, dass es für eine so kleine Stadt – die es in über 2.000 Jahren auch nicht schaffte, sich den schillernden Ruf eines Dorfs wie St. Pauli zu erarbeiten – natürlich ein historischer Hammer ist, nicht nur einmal in die höchste Liga aufgestiegen zu sein, sondern sich dort inzwischen drei Jahre gehalten und nach oben gekämpft zu haben, ist ja auch nicht mehr als eine Schwalbe, die nichts eingebracht hat.
Das eigentliche Problem ist nicht mein Kopf, dem nichts Wahnsinniges einfallen will, sondern mein Doktor. Er hat mir nach drei Entziehungskuren und vier Ehefrauen geraten, mir ein anderes Hobby zu suchen. Ich hatte bei unzähligen verregneten Viert- und Drittligaspielen Verstand und Gesundheit im alten Stadion gelassen. Seit das große und langjährige Ziel Bundesliga tatsächlich und unglaublicherweise erreicht ist, war ich jedoch nur noch selten bei meiner Mannschaft in der neuen Arena. Ich weiß schon, das ist grotesk, bescheuert, und für einen ehrbaren Mann kein Grund, stolz darauf zu sein.
Ehe hier Leute, die im Stadion einen schlechten Schiri mit »schwule Sau« anbrüllen, den ersten Stein auf mich zu werfen wagen, möchte ich an einen für alle Lebenslagen guten Rat von Trainer Stefan Krämer erinnern: »Im Fußball ist es extrem wichtig, das zu machen, von dem man überzeugt ist – unabhängig davon, was andere von einem erwarten.«1 Was in einer Zeit, in der ich die meisten Fußballmoderatoren wegen Körperverletzung verklagen möchte, natürlich untergeht.
Als ich mir für diesen Text nichts mehr erhoffte, außer Gequengel und müdes Schlaumeiern, passierte es dann doch noch. Während ich aus diesem Vorwort ein wenigstens sehenswertes Eigentor zu machen versuchte, kam die Hand Gottes, um mir beizustehen. Mit einer Nachrichtenmeldung, die in den letzten Sekunden der Verlängerung absolut alles klarmacht.
Die Fachjury des Fachmagazins 11Freunde wählte im Juli-Heft 2014 erstens Stefan Reuter zum Bundesliga-Manager des Jahres. »Das ist keiner, der sich verdünnisiert, wenn es drauf ankommt«, schrieb DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig in seiner Laudatio.2 Und wählte zweitens und vor allem Markus Weinzierl zum Bundesliga-Trainer des Jahres. »Ein sympathischer Mensch, kompletter Trainer und tiefenentspannter Fußballexperte, selbst unter Stress«, schrieb Energie-Cottbus-Trainer Stefan Krämer in seiner Laudatio.3
Die Jury war nicht aus in jeder Hinsicht ultradünnen Promi-Gestalten zusammengesetzt, und das 11Freunde-Magazin ist bekanntlich keine verhooliganisierte Bild – deshalb kann man diese Auszeichnungen wohl zurecht als 112. und 113. Grund betrachten.
Ich schätze, das ist Rekord. Und wer mehr Gründe braucht, um diesen Verein zu lieben, sollte sich mal mit seinem Doktor unterhalten. Oder endlich – das ist nun meine ganz persönliche Nummer 114, die ich diesem Buch verdanke – den Doktor wechseln.
Franz Dobler
Der Schriftsteller Franz Dobler ist seit Langem Fan des FC Augsburg. Nebenher findet er aber auch noch Zeit für das Verfassen von Romanen, Erzählungen und Sachbüchern. Außerdem ist er als Journalist und DJ tätig. (www.franzdobler.de)
2. KAPITEL
8. GRUND
Weil die FCA-Keimzelle sogar dafür sorgt, dass eine ehemalige Hinrichtungsstätte für etwas gut ist
Im Galgental wird noch heute gekickt. Hier, einige Schritte westlich der Wertach und entlang der Bahnlinie, die vom Hauptbahnhof in den Stadtteil Oberhausen führt, hat der Post SV seine Heimat. Und auch die Fußballerinnen und Fußballer des TSV Pfersee sind gleich um die Ecke zu Hause. Galgental, so heißt die Gegend, weil auf dem Areal, ein gutes Stück außerhalb der Stadtmauern gelegen, im Mittelalter tatsächliche oder vermutete Verbrecher hingerichtet wurden. Vor gut 100 Jahren wurde das Gelände von den Kickern des Männerturnvereins Augsburg genutzt, um ihre Spiele gegen Wacker Monarchia München oder den 1. FC Nürnberg auszurichten. Auch die Balltreter des TV Augsburg spielten hier.
Fußball, das war damals bei Weitem noch nicht der Sport, der die Massen begeistern konnte. Wenn einmal 100 Leute an den Spielfeldrändern standen, dann wurde schon von einem Rekord gesprochen. Unter den Zuschauern befanden sich auch eine ganze Reihe Jugendlicher und junger Männer aus dem damals noch selbstständigen Markt Oberhausen. Im Laufe des Jahres 1907 entstand die Idee, einen eigenen Verein ins Leben zu rufen.
Knapp 30 Fußballfreunde waren es schließlich, die sich am 8. August 1907 zusammenfanden, um den Fußballclub Alemania zu gründen. Der 8. August, das ist in Augsburg ein ganz besonderes Datum. Seit 1650 wird an diesem Tag das Hohe Friedensfest in der Stadt gefeiert (siehe 18. Grund). Als FCA-Anhänger kann man am 8. August natürlich in Versuchung kommen, nicht nur den dann doch wichtigeren Frieden, sondern auch ein wenig den Anfang der Geschichte seines Lieblingsvereins zu feiern.
Für alle, die der Weg der Alemania zum FC Augsburg interessiert, hier die Kurzfassung: Die Fußballenthusiasten trainierten und spielten anfänglich auf dem Exerzierplatz, der allerdings bald von der Militärbehörde gesperrt wurde. Ohne Feld kein Fußball, also schloss man sich im Mai 1909 als Spielvereinigung dem TV Oberhausen an. Etwa zehn Jahre später gab es die nächste Veränderung. Nach dem Ersten Weltkrieg kam im Sommer 1919 der Ligabetrieb wieder ins Rollen. Der TV Oberhausen – der eigenständige Markt war 1911 in die Stadt Augsburg eingegliedert worden – hatte sich mittlerweile in Turn- und Sportverein Augsburg 1871 umbenannt, die Fußballer firmierten als »Ballspiel-Club im Turn- und Sportverein«. Am 30. August 1921 lösten sich die Fußballer vom Dachverein und übten ihren Sport fast ein halbes Jahrhundert als Ballspiel-Club Augsburg aus. Bald wurde der BCA einer der beiden großen Fußballvereine der Stadt. Der andere war der TSV Schwaben, mit dessen Lizenzspielerabteilung der BCA 1969 fusionierte – die Geburtsstunde des heutigen FC Augsburg. Mit der Fusion wurde der Plan verfolgt, mit geballten Kräften alsbald ganz oben im deutschen Fußball, in der Bundesliga, mitzumischen. Es sollte 42 Jahre dauern, bis der Plan aufging. (as)
9. GRUND
Weil die FCA-Fans einen Feiertag mehr haben
Jeder Augsburger würde seine Heimatstadt völlig zu Recht als einzigartig bezeichnen. Das liegt nicht nur am ganz besonderen Charme der schwäbischen Metropole und ihrer Einwohner, sondern auch an einem in Deutschland völlig einzigartigen Feiertag: dem Hohen Friedensfest.
Seit dem Jahr 1650 gedenken die Augsburger Protestanten am 8. August des Endes ihrer konfessionellen Unterdrückung während des Dreißigjährigen Krieges. 300 Jahre später wurde das Friedensfest offiziell zum einzigen staatlich geschützten städtischen Feiertag, an dem sich seit 1984 auch der katholische Teil Augsburgs beteiligt – das führt angenehmerweise dazu, dass Augsburg die Stadt mit den meisten Feiertagen in Deutschland ist. Mittlerweile wird am 8. August auch an den Augsburger Religionsfrieden von 1555 erinnert, der die konfessionelle Parität in der freien Reichsstadt bestätigte und festschrieb.
Nun gehören die Animositäten zwischen katholischen und protestantischen Fuggerstädtern längst der Vergangenheit an – und selbst an die letzte Spaltung Augsburgs in FCA- und Schwabenfans können sich nur noch die älteren Semester vage erinnern. Mittlerweile steht die ganze Stadt hinter den Rot-Grün-Weißen und ist dem Club in herzlicher Zuneigung verbunden. Diese Liebe zum FCA steht übrigens ganz in der »friedlichen« Tradition Augsburgs, denn die Fans gehören zu den mit Abstand gastfreundlichsten und tolerantesten Anhängern des gesamten deutschen Fußballs. Von den Münchner Löwen einmal abgesehen, pflegen die FCA-Fans zu allen Gegnern ein herzliches Verhältnis, was von der jeweils anderen Seite durchaus geschätzt und anerkannt wird. Für die Augsburger sind alle Auftritte ihres Teams ein ganz eigener Feiertag – leider aber fast nie an »ihrem« 8. August.