18 Tage - Michael Reisinger - E-Book

18 Tage E-Book

Michael Reisinger

0,0

Beschreibung

Lando, ein Student, der mit Leidenschaft mit seinem Metalldetektor nach verschollenen metallisches Gegenständen sucht, findet bei einem seiner Streifzüge eine altertümliche Axt. Nachdem er das Metall berührt hatte, wacht er am nächsten tag auf und nichts ist mehr so, wie es vorher war. Lando befindet sich inmitten einer unbekannten Landschaft und Kultur wieder. Und nicht nur das: Es scheint so, als wäre er im 5. Jahrhundert a.D. gelandet und hat sich selbst auch verändert. Nachdem er merkt, dass es kein Traum ist, begegnet er dem Volk der Tenkterer, die in ihm ihre alte prophezeite Legende sehen und dort trifft er auf Herausforderungen und begegnet auch der Liebe zu einer Frau, die geschworen hat, nie wieder einen Mann in ihr Leben zu lassen. Immer wieder scheinen die magischen Runen auf seiner Axt seinen Weg zu bestimmen, bis es zu einem alles entscheidenden Kampf kommt.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 243

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



WIDMUNG

Ich widme diesen Roman meinen beiden Hunden Gypsi und Maja, die, während ich schreibe, meist mir zu Füßen liegen.

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Transport

Tenedo

Eingewöhnungszeit

Constantia

Dunkle Wolken

Die Festung

Das Ende Roms

Die Schlinge zieht sich zu

Der Krieg beginnt

Das Finale

Wunden lecken

Zukunft

Prolog

Gegen Ende des fünften Jahrhunderts tobte ein fürchterlicher Sturm über das Land der Tenkterer, einem kleinen Stamm der Germanen.

Dort, in einer einfachen Hütte, saßen vier Gestalten um die Feuerstelle herum, alle in Felle gehüllt. Angst war auf den Gesichtern, vor allem der der beiden Kinder unter ihnen, zu lesen. Trotz der Tatsache, dass die Hütte nur sehr schwach durch das Feuer beleuchtet war, sorgten die Flammen dafür, dass sonderbare Schatten über die Gesichter einer alten Frau, einer jungen Kriegerin sowie den beiden Kindern, einem Jungen und einem Mädchen, Zwillingen von gerade einmal sieben Jahren, huschten. Die Kriegerin stand von ihrer grob behauenen Sitzbank auf und warf noch zwei Holzscheite in das Feuer. Danach setzte sie sich wieder zwischen ihre beiden Kinder und zog das Fell über sich und die Kinder. In diesem Moment blies ein Windzug durch die Hütte und fachte das Feuer kurz stark an und dadurch auch das Schattenspiel.

»Großmutter, ich habe Angst. Erzähle uns doch bitte eine Geschichte?«, bat das kleine Mädchen und Hildegard, eine junge Kriegerin um die dreißig, bestätigte den Wunsch, indem sie hinzufügte:

»Ja, bitte erzähle uns eine Geschichte, damit uns das vom Sturm ablenkt.«

Die Angesprochene rutschte auf ihrem Schemel in eine angenehmere Position, zog ihr Fell über die Schultern, nickte und begann:

»Was ich euch gleich erzählen werde, ist keine Geschichte, sondern die große Legende unseres Volkes. Hildegard, du könntest bereits davon gehört haben, aber für euch Kinder ist sie sicher neu.«

Die alte Frau sah in drei erwartungsvoll dreinblickende Gesichter und so begann sie zu erzählen:

»Vor langer Zeit war unser Stamm in arger Bedrängnis, aber unsere Götter waren uns wohlgesonnen und schickten einen großen Krieger, der das Volk beschützte, damals gegen die Römer.«

»Natürlich muss es wieder einmal ein Mann sein!«, warf Hildegard voller Verachtung ein.«

»Mein Kind, auch wenn du schlechte Erfahrungen mit einem Mann hattest, der dich als halbes Kind vergewaltigte, so hat er dir doch deine beiden großartigen Kinder zum Geschenk gemacht. Und nicht alle Männer sind schlecht und grob. Mein verstorbener Mann zum Beispiel war meine große Liebe und ich habe viele Schlachten mit ihm Seite an Seite gekämpft und er hat mir dich, Walda, geschenkt. Leider haben die Götter ihn kurz nach deiner Geburt bereits zu sich geholt, aber er war ein sehr guter Mann. Kinder, dadurch wisst ihr jetzt auch, dass ich selbst nicht immer nur eine alte Frau war, sondern wie eure Mutter eine Kriegerin. Ich war es auch, die eurer Mutter viele ihrer Fähigkeiten beigebracht hat. So, aber jetzt zurück zu der Legende.

Dieser besagte Krieger also kam zu uns in Zeiten größter Not und half uns gegen die Römer und verhinderte, dass unser Volk besiegt und versklavt werden konnte. Mit sich führte er ein zweischneidiges Kriegsbeil mit einem Schwert.«

Jetzt warf Hildegard wieder ein: »Was jetzt? Ein Kriegsbeil oder ein Schwert oder beides?«

»Ich weiß nicht, aber ich kann euch nur sagen, wie der Wortlaut der Legende lautet.

Mit dieser Waffe also ausgerüstet und mit einer göttlichen Macht versehen, führte er unsere Krieger zum Sieg und bewahrte dadurch die Freiheit unseres Volkes. Doch irgendwann verschwand der Krieger wieder und mit ihm war auch die Waffe verschwunden. Doch die Legende besagt, dass irgendwann in der größten Not wieder ein Krieger von weit her aus Raum und Zeit kommen wird, um erneut unser Volk vor dem Untergang zu bewahren. Dieser Krieger wird wieder, wie damals auch, die göttliche Macht besitzen, um dies alles zu vollbringen. Also besonders du, Walda, sei nicht so feindselig jedem Mann gegenüber, denn sonst verpasst du die schönsten Momente im Leben, die du nur mit einem dich liebenden Mann erleben kannst. Und vielleicht ist es sogar der fremde sagenhafte Krieger.«

Nach dieser Bemerkung lachten die Alte wie auch Walda und nach kurzer Zeit sagte dann die Alte wieder: »So Kinder, jetzt ist es aber auch Zeit fürs Bett und der Sturm draußen hat ebenfalls nachgelassen.«

Die beiden Kinder standen daraufhin auf und wandten sich einer kleinen Leiter in einer Ecke der Hütte zu, die zu einer Empore führte, auf der sich das Strohlager der Kinder befand. Der Junge nahm das Fell mit, mit dem sie sich gerade bedeckt hatten, und folgte seiner Schwester. Die Alte und Hildegard begaben sich auf ihr Strohlager direkt unter dieser Empore und deckten sich mit einem anderen Fell zu.

Hildegard lag noch etwas wach und lauschte dem Donner. Sie bemerkte aber an diesem und an den Blitzen, die die Hütte durch eine kleine Luke und etlichen Ritzen hell erleuchteten, dass sich das Unwetter langsam verzog. Noch in Gedanken an die Tatsache, dass es immer nur Männer waren, die für ihre großen Taten gerühmt wurden, schlief auch sie bald danach ein.

Transport

Lando Bremer war ein 23-jähriger Student des Bauingenieurwesens an der Hochschule in Landshut. Er war groß und stark. Es war geplant, dass er nach seinem Studium in den elterlichen Betrieb einsteigen sollte. Sein Leben war dadurch schon komplett verplant. Diese Tatsache beschäftigte Lando sehr oft und dieser Umstand gefiel ihm gar nicht. Oft dachte er noch bei sich: Wenn mir meine Eltern jetzt auch noch eine Frau aussuchen könnten, dann wären die sicher glücklich, ich aber bestimmt nicht. Aber ich habe noch eineinhalb Jahre Studium vor mir und das Thema an sich gefällt mir auch gut. Also abwarten, vielleicht kommt ja alles ganz anders.

In seiner Freizeit spielte er Fußball und war auch oft im Kraftraum der Hochschule anzutreffen. Daneben war er aber auch ein begeisterter Detektorgänger und immer auf der Suche nach verschollenen Dingen aus vergangenen Zeiten. So hatte er bereits mehrere Münzen aus der Römerzeit sowie einige Nägel gefunden, mit denen wohl Schuhe von Legionären genagelt gewesen waren. Besonders stolz allerdings war er auf eine römische Speerspitze und ein Pioniermesser nebst Halterung aus dem Zweiten Weltkrieg.

Daher war es nichts Besonderes, als er an einem Freitag, im Juni 2021 direkt nach der letzten Vorlesung loszog, um in einem Wald nahe Memmingen mit seinem Detektor fündig zu werden. Er hatte die lange Fahrt dorthin in seinem alten Golf auf sich genommen, weil er in einem Dokument, welches er in einer Bibliothek entdeckt hatte, einen Hinweis gefunden hatte, dass genau dort einmal eine größere Schlacht zwischen Germanen und Römern stattgefunden haben sollte. An solchen Orten rechnete er sich gute Chancen aus, fündig zu werden.

Ausgerüstet mit seinem kleinen Zelt, Schlafsack und etwas zu essen und zu trinken, in einem Rucksack verstaut, stieg er aus seinem Auto, als er den angesteuerten Wald erreicht hatte, warf sich seinen Rucksack über die Schulter, schnappte sich seinen Detektor, prüfte noch den Ladestand der Batterie und stapfte gutgelaunt los, in den Wald hinein. Wegen seines guten Orientierungssinns machte er sich keinerlei Sorgen, dass er sich verlaufen könnte. So drang er tiefer in den Wald ein.

Nach etwa einer halben Stunde Fußweg kam er in einen Teil des Waldes, dessen Bäume etwas älter zu sein schienen, und als er wenig später eine uralt wirkende Eiche entdeckte, schaltete er seinen Detektor an und begann mit halbkreisförmigen Bewegungen den Boden vor sich abzusuchen.

Die nächsten zweieinhalb Stunden passierte nichts, als plötzlich der Detektor einen schrillen Ton abgab. Nachdem Lando die Stelle genau lokalisiert hatte, zog er seinen kleinen Handspaten aus dem Rucksack und begann zu graben. Nach einiger Anstrengung fand er dann schließlich das Ding, welches den Ton im Detektor verursacht hatte. Es war ein Stück Metall, wohl ein Teil einer Flakmunition. Etwas enttäuscht steckte er seinen Spaten wieder weg, trank einen Schluck aus seiner am Gürtel hängenden Feldflasche und suchte weiter.

Nach weiteren Stunden des vergeblichen Suchens merkte Lando, dass sein Arm, mit dem er den Detektor schwang, müde wurde. Zudem bemerkte er, dass sich der Tag langsam dem Ende neigte. Daher wollte er nun Ausschau nach einem Platz halten, an dem er sein Nachtlager aufschlagen konnte.

Bald entdeckte er einen kleinen Bach und unweit davon einen Eichenhain. Selten hatte er so viele Eichen an einem Platz zusammenstehen gesehen. Alle waren alt und boten zudem etwas Schutz gegen einen möglichen Wind.

Dort inmitten dieser Baumriesen schlug Lando nun sein Zelt auf, entrollte seinen Schlafsack und suchte etwas trockenes Holz zusammen für ein kleines Feuer. Zwar wusste er genau, dass das Kampieren im Wald und noch dazu mit offenem Feuer verboten war, aber wo kein Kläger da kein Richter und dort an diesem Platz war er weit weg von der modernen Welt. Zudem plätscherte der Bach unweit von seinem Platz, was ihm zusätzlich Sicherheit gab, sein Feuer notfalls auch mit Wasser löschen zu können.

Später, als alles vorbereitet war und er sein Feuer entzündet hatte, lehnte er sich an einen der Bäume, spießte ein Würstchen auf einen Spieß, den er gerade aus einer Weide beim Bach geschnitzt hatte, und hielt es in die Flammen. Lando genoss es sehr, in freier Natur zu übernachten, denn hier konnte er wieder den Kopf freibekommen, um später erneut über seinen Büchern zu brüten. Partys und Kneipenbesuche mochte er nicht sonderlich und besuchte solche Lokalitäten nur ab und an, um seine Freundschaften zu pflegen.

So in Gedanken versunken, hatte er fast sein Würstchen vergessen und lediglich ein verbrannter Geruch erinnerte ihn daran, dass es höchste Zeit war, es aus dem Feuer zu nehmen.

Nachdem er es zusammen mit einem Stück Brot gegessen hatte, blieb er noch lange an den Baum gelehnt sitzen und sah zum Himmel. Einige wenige Mücken, die ihn umkreisten, störten ihn kaum und so träumte er vor sich hin. Plötzlich kam ihm die Idee, seinen Detektor für den nächsten Tag zu checken und so legte er einige weitere Stücke Holz auf das Feuer, um etwas mehr Licht zu haben. Als diese aufloderten, nahm er sein Gerät, schaltete es ein und sah auf das kleine Display mit der Batterieanzeige. Alles war so, wie es sein sollte, und gerade als er es wieder ausschalten wollte und deshalb etwas schräg hielt, ertönte ein schriller Ton. Sein Detektor hatte etwas gefunden. Landos Herz schlug höher und er dachte bei sich: Das kann doch nicht wahr sein, gerade hier bei meinem Lagerplatz schlägt das Ding endlich an. Hoffentlich ist es nicht wieder etwas wertloses Metall.

Lando stand auf und suchte nun richtig. Immer wieder ertönte das Signal und kurz darauf hatte er den genauen Standort gefunden. Direkt zwischen zwei großen Wurzeln des Baumes, an dem er sich gerade noch angelehnt hatte. Nun holte er seinen Spaten und fing an zu graben. Es dauerte sehr lange und immer wieder überprüfte er mit seinem Gerät, ob der Ton noch da war, aber dieses Geräusch wurde immer lauter.

»So tief kann es wohl kein wertloses Metallteil mehr sein, aber was ist es dann?«

Lando grub nun immer tiefer und nachdem er viele kleinere Wurzeln mühevoll entfernt und fast einen halben Meter tief gegraben hatte, stieß er mit seinem Spaten plötzlich auf etwas Metallisches. Der Klang war auch ohne Detektor klar und eindeutig. Lando kniete sich vor sein gegrabenes Loch. Sein Herz klopfte wie wild aufgrund des zu erwartenden Fundes und dann griff er in das neu entstandene Loch hinein. Nachdem er etwas ertastet hatte, untersuchte er es durch Abtasten näher und erspürte plötzlich einen länglichen Gegenstand, der wohl in ein Tuch oder etwas Ähnliches gewickelt war. Dann versuchte er, diesen Gegenstand herauszuziehen, und zog deshalb an. Nach einigen Versuchen lockerte sich dieser Gegenstand endlich etwas. Trotzdem dauerte es noch einige Minuten, bis er dieses Teil freibekam und er es aus dem Loch ziehen konnte. Schnell checkte er noch mit dem Detektor das Loch, aber das Gerät blieb nun stumm und Lando schaltete es nun aus. Sofort legte er noch etwas Holz auf das Feuer, ging zum Bach, um sich, so verschwitzt und schmutzig, wie er war, etwas zu waschen. Zurück bei seinem Zelt setzte er sich wieder auf seinen Platz an dem Baum und legte seinen Fund quer über seine Beine. Das Ding beziehungsweise der grobe Stoff, der seinen Fund noch verhüllte, war mit einem dünnen Seil gesichert. Diese Schnur schien ebenfalls sehr alt zu sein, soweit er es in der Dunkelheit und im Schein des Feuers erkennen konnte. Es riss bereits nach einem leichten Ziehen. Jetzt konnte er den Stoff abwickeln und nachdem er mehrere Lagen dieses Stoffes abgewickelt hatte, kam etwas Glänzendes zum Vorschein. Im ersten Augenblick meinte er, einen Schmetterling zu erkennen, aber dann erkannte er das, was es wirklich war: eine zweischneidige Streitaxt mit einem langen dicken Holzstiel. Landos Herz schlug ihm bis zum Hals vor Aufregung. Das war mal ein Fund und die Waffe, die es ja war, schien in bestem Zustand zu sein. Lando zog den Stoff ganz beiseite und hob die Waffe ins Mondlicht, um vielleicht noch mehr sehen zu können. Er hatte lediglich das Gefühl, dass sonderbare Schriftzeichen auf dem Metall und dem Axtstiel eingraviert waren, konnte diese aber nicht genau erkennen. Um es genauer zu begreifen, fuhr er mit seinen Fingern erst über den hölzernen Stiel und danach über das Metall.

In dem Moment, als er das Metall berührte, durchfuhr ihn so etwas wie ein elektrischer Stromstoß. Lando verspürte ebenso Schmerz wie Energie, die durch ihn hindurchströmte. Etwas in ihm wollte loslassen, aber etwas anderes hielt das Metall nun fest im Griff. So verließen ihn seine Sinne.

Als Lando erwachte, war es bereits taghell. Er war halbsitzend, halb liegend an einem kleinen Baum erwacht. Schnell erkannte er, dass es nicht sein Lagerplatz war, denn seine Sachen und sein Zelt waren weg. Und schlimmer noch: Er war komplett nackt.

Man soll halt doch nicht allein in den Wald gehen, auch als Mann nicht, dachte er noch bei sich. Doch dann merkte er, dass sein Fund von gestern neben ihm lag. Also, überfallen wurde ich anscheinend nicht, denn sonst würde dieses Teil ja wohl auch fehlen.

Lando sah sich weiter um und als er ein paar Schritte weg von dem Platz gegangen war, an dem er aufgewacht war, bemerkte er, dass mehrere ganz kleine Eichen, Jährlinge wie er vermutete, genauso angeordnet dastanden wie die Rieseneichen, unter denen er sein Lager aufgeschlagen hatte.

»Das kann nicht sein! Dann wäre ich ja jetzt in der absoluten Jugend der Bäume. Das gibt es nicht. Ich muss mich irgendwo anders befinden und die Anordnung der kleinen Bäumchen ist nur reiner Zufall.«

Auf alle seine Fragen hatte Lando im Augenblick keine Antworten und plötzlich fiel ihm wieder der Bach ein. Ja, wo ist der denn? Wenn ich den finde, dann folge ich ihm einfach und finde so mein Lager wieder, ganz einfach.

Lando wandte sich also nach links und kam schnell zu einem Bach. Nein, ein Bach war das nicht, sondern eher ein Fluss, wenn auch ein etwas kleinerer. Schnell kniete er sich hin, um etwas zu trinken und sich zu erfrischen, denn das Wasser war glasklar. Doch als er sich nun erstmals im Wasser des langsam dahinfließenden Flusses sah, erschrak er.

Bah, was ist das denn? Das bin doch nicht ich! Oder doch?

Lando bemerkte aber schnell, dass er es doch war. Er erkannte sich an einer kleinen Narbe an seiner Stirn, die er sich als kleiner Junge bei einem Sturz mit einem Tretroller zugezogen hatte. Und da war noch sein Tattoo an seiner rechten Schulter. Es war nicht sonderlich groß, aber so, wie es immer gewesen war. Aber der Rest von ihm hatte sich verändert. Seine Haare waren etwas länger und schienen auch etwas dunkler zu sein. Sein Gesicht war seines, nur etwas kantiger und markanter. Doch als er sich so betrachtete, erschrak er erneut. Seine Arme waren mit dicken Muskeln bepackt. Ebenso sein Oberkörper. Seine Beinmuskeln waren dick und schienen voll austrainiert zu sein wie auch seine Muskeln am Oberkörper. Dies konnte er nun fühlen.

Erschrocken betrachtete er das Bild, welches sich ihm bot. Aber nach kurzer Zeit lächelte er und dachte bei sich, während er aufstand und sich im Ganzen in einer ruhigen Pfütze am Fluss betrachtete: Ich wollte zwar nie ein solcher Muskelprotz werden, aber nun ist es halt so. Aber hallo, einen solchen Prügel als Schwanz habe ich mir schon immer gewünscht. Das alles kann eigentlich nur ein Traum sein, wenngleich ein schöner.

Um nicht einer optischen Täuschung zu unterliegen, griff er sich zwischen die Beine und sah nach unten und lächelte nochmals.

Also, das lass ich mir gefallen. So was hat nun nicht jeder. Zumindest in diesem Traum ist dieser Punkt wahr.

Lando trank nun etwas Wasser und tauchte seinen Kopf ganz in das kühle Nass, um vollends wach zu werden. Danach stand er wieder auf, schüttelte sich wie ein Hund und sah nochmals auf sein Spiegelbild im Wasser.

Gut, ich bin jetzt endgültig wach und sehe immer noch so aus. Was ist also geschehen und wo bin ich?

Als er so dastand, war er hin und hergerissen. Seine Veränderungen waren zwar überraschend, aber akzeptabel, aber allein die Tatsache, dass er verändert und nackt jetzt im Wald an einem Fluss stand, beschäftigte ihn. Da er aber im Augenblick keine Antworten auf seine Fragen hatte, war sein vordringlichstes Ziel, sein Lager zu finden, um sich wieder zu bekleiden.

Nach Stunden ergebnislosen Suchens war er nun wieder bei dem Fluss, den er in beide Richtungen abgesucht hatte.

Mist, mein Lager ist also nicht hier. Dann muss ich mir jetzt etwas zum Anziehen suchen und zudem ein neues Nachtlager, denn der Tag geht langsam zu Ende. Und essen sollte ich auch etwas. Und wo bin ich hier eigentlich? Wo ist mein Auto?«

Nach weiterem Überlegen entschied sich Lando, hier in der Nähe des Flusses zu bleiben. Vielleicht konnte er sich ja einen Fisch fangen. Dann hätte er zumindest etwas zu essen.

Doch wie mache ich Feuer?

Auf diese Frage hatte er keine Antwort. Schnell spitzte er einen Weidenstock mithilfe seiner doppelseitigen Axt an und kniete sich an den Rand des Flusses an eine Stelle, an der er meinte, vorher einen Fisch gesehen zu haben. Und richtig, dort stand eine große Forelle im Wasser. Lando hatte zwar noch nie mit einem Spieß Fische gefangen, aber er versuchte es trotzdem und es gelang auf Anhieb. Als er seinen Spieß wieder aus dem Wasser zog, zappelte die Forelle daran.

Super gut, geschafft. Das ging schnell, aber woher kann ich das eigentlich? War wahrscheinlich nur Glück. Aber egal, nun habe ich zumindest schon einmal etwas zu essen. So, aber nun brauche ich noch ein Feuer und etwas zum Anziehen.«

Als er sich weiter umblickte, fiel ihm ein sonderbar aussehender Stein auf, der am Bachrand lag.

Kann dies wirklich wahr sein und es ist ein Feuerstein? Nein, kann nicht sein, denn die gibt es hier doch nicht.«

Dennoch bückte er sich und hob den Stein auf. Lando hatte einmal einen Kurs belegt „Petrologie: die Lehre von den Steinen“, denn damals hatte er sich gedacht, dass es nicht schaden könne, auch hiervon etwas Ahnung zu haben. Einmal für seinen Beruf als Bauingenieur und zum anderen falls er einmal auf seinen Detektorstreifzügen etwas finden sollte. So betrachtete er den Stein genauer und kramte in seinem Gedächtnis.

Tatsächlich, dies ist ein Feuerstein, wenn mich nicht alle Sinne verlassen haben. Also sollte ich es doch einmal damit versuchen.«

Lando suchte sich eine geeignete Stelle, sammelte etwas trockenes Reisig und auch einige größere Stücke, die er mühelos zurechtbrechen konnte.

Großartig, meine neuen Muskeln sehen nicht nur so aus, die haben wirklich auch Kraft.

Anschließend machte er aus dürrem Gras ein kleines Häufchen und klemmte seine Axt zwischen seine Beine, sodass das Metall über dem Gras schwebte. Nun schlug er seitlich mit dem Feuerstein auf seine Axtschneide und siehe da, bald erkannte er einige kleinere Feuerblitze. Es dauerte zwar noch etwas, aber dann plötzlich entzündete sich das Gras und eine dünne kleine Rauchsäule war zu erkennen. Schnell legte er den Stein beiseite und blies vorsichtig, bis das Gras an einer Stelle leicht glühte und plötzlich tatsächlich Feuer fing. Freudig ob dieses Erfolges legte er zuerst loses Reisig über seine Miniflamme und nachdem dieses ebenfalls Feuer gefangen hatte und schnell ein richtiges kleines Feuer brannte, dann auch noch die etwas größeren Holzstücke. Nun dauerte es nicht mehr lange und er hatte ein richtiges Feuer. Fast schon euphorisiert, sammelte er schnell noch mehr Holz, schabte die Schuppen seines Fisches mithilfe seiner Axt ab, steckte diesen danach an seinen Spieß und hielt so sein Abendessen über das nun prasselnde Feuer.

Großartig, das wäre jetzt geschafft. Ich habe gleich etwas zu essen, habe ein Feuer für die Nacht und Wasser bekomme ich aus dem Fluss. Jetzt fehlt mir nur noch etwas zum Anziehen. Am Ende werde ich noch wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses angezeigt. Das wäre oberpeinlich.

Lando lächelte bei diesen Gedanken, aber schnell waren diese wieder verschwunden und er ließ sich alsbald seinen Fisch schmecken. Der war tatsächlich köstlich und weckte wieder seine Lebensgeister. Er beschloss, diese Nacht hier zu verbringen und morgen weiter sein Lager oder etwas zum Anziehen zu suchen. Er bemerkte auch, dass es ihm überhaupt nichts ausgemacht hatte, den ganzen Tag barfuß zu laufen. Dies wunderte ihn doch sehr, da er in dieser Beziehung immer etwas empfindlich gewesen war. So hockte er nahe seines Feuers und grübelte, was ihm an diesem Tag und in der letzten Nacht alles widerfahren war.

Kann es sein, dass ich das alles wirklich nur träume? Wo bin ich denn hier und wie kann das eigentlich gehen mit meiner Verwandlung? Wo geht es zu meinem Auto, denn ich muss in zwei Tagen wieder in eine Vorlesung und am Mittwoch ist Fußballtraining.

Doch er kam zu keinen neuen Erkenntnissen, sodass sein Plan für den nächsten Tag feststand. Er wollte sein Lager suchen und wenn er es nicht finden konnte, dann zurück zu seinem Auto gehen. Wenn er einmal dort wäre, dann würde sich sicher ein Weg finden, das Auto zu öffnen und nach Hause zu fahren. Zuhause würde sich sicher dann alles aufklären lassen. Zum einen das mit seiner Verwandlung und zum anderen wo er gewesen war und wo seine Sachen abgeblieben waren.

Inzwischen war die Sonne untergegangen und der Tag neigte sich im Dämmerlicht wieder seinem Ende entgegen. Lando versuchte am Himmel Lichter von Flugzeugen oder Satelliten auszumachen, aber ohne Erfolg.

Plötzlich allerdings nahm er ein leises Geräusch wahr und spähte angestrengt in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Nach einiger Zeit nahm er einen Schatten wahr, der sich aus dem dichteren Teil des Waldes hin zum Fluss bewegte. Es war ein Tier, so viel war schnell klar, doch was für ein Tier war das wohl? Doch dann erkannte Lando es und sein Herz schlug wild. Es war ein Bär und ein großer noch dazu. Der stieg gerade ins Wasser, um zu saufen, als auch er Lando witterte. Dies war klar an den Bewegungen des Riesenbären zu sehen, der seine Nase langsam in Landos Richtung drehte. Und dann hatte der Bär Lando gesehen. Lando war sofort klar, dass Weglaufen zwecklos war, da der Bär viel zu nah war. Also nahm er die Axt fest in beide Hände und machte sich für einen Kampf bereit. Eigentlich wusste er, dass er diese Auseinandersetzung normalerweise nicht gewinnen konnte, aber er hatte keine andere Wahl.

Er wunderte sich, dass er ganz ruhig bleiben konnte, nahm das Kriegsbeil hinten am Stiel und hob es über seinen Kopf. Der Bär grunzte, stieg aus dem Wasser und trabte los.

Nachdem dieser bereits auf etwa zehn Meter heran war, warf Lando seine Axt. Diese drehte sich einmal der Länge nach in der Luft. Nach seinem Wurf hechtete Lando sofort zur Seite, dem ersten Angriff des Bären ausweichend, aber er hörte nur noch ein Grunzen und danach nichts mehr.

Der Bär lag mit gespaltenem Schädel lediglich drei bis vier Meter von ihm weg im Gras. Ein Bein zuckte noch, aber dieser Koloss war eigentlich schon tot.

Wie habe ich das denn hinbekommen? Ist schon komisch, was mir alles gelingt, ohne jemals dafür trainiert zu haben. Oder war das wieder nur Glück? Wenn ja, dann habe ich derzeit sehr oft Glück. Glücklicherweise«, dachte Lando bei sich, stand auf und ging die paar Schritte auf den Kadaver des Bären zu.

Er fasste seine Waffe, setzte seinen Fuß auf den Nacken des toten Bären und zog. Seine Armmuskeln traten hervor und Lando musste all seine Kraft aufbringen, bis die Axt endlich nachgab und er sie aus dem Schädel des Bären ziehen konnte.

Dann stand Lando neben dem toten Bären und ein Gefühl des Triumphes überkam ihn. Seine ungeahnten Fähigkeiten, oder sein Glück oder was immer es war, hatten ihn gerettet und ihm die Möglichkeit verschafft, neben Fisch auch Fleisch essen zu können sowie sich auch mit einem Bärenfell einzukleiden, wenn es ihm gelang, das Fell abzuziehen und zu gerben. Damit hatte er erst mal alles, was er brauchte.

Bären gibt es doch in den Wäldern in Süddeutschland schon seit Langem nicht mehr. Wie kommt der denn hierher? Es ist schon alles sehr komisch. Erst meine Verwandlung, dann der Feuerstein und vorher noch der Fischfang und jetzt der Bär. Eigentlich würde ich gerne heimfahren und in meinem eigenen Bett wieder so aufwachen wie jede Nacht zuvor. Dann könnte ich über all das hier sicher lachen. Es ist zwar toll, was ich alles kann, aber nun ist es genug damit. Der Traum ist schön, aber er soll auch nicht zu einem Alptraum werden.

Zuerst steckte Lando seinen Kopf ins Wasser des Flusses, um die Anspannung zu vertreiben, die trotz all seiner Ruhe doch da war. Danach aß er seinen Fisch zu Ende, der nur noch lauwarm war, aber immer noch sehr gut schmeckte.

Von einer nahen Weide schnitt er sich einige dickere Äste, zwei davon wiesen eine Astgabel an ihrem einen Ende auf. Die beiden Stöcke mit den Astgabeln steckte er tief in den Boden neben seinem Feuer, legte einen stabilen Stecken quer darüber und erhielt so ein Gestell, auf dem er einiges an Bärenfleisch lagern wollte.

Dann war der Bär dran. Lando schnitt diesem den Bauch auf, entnahm dessen Innereien, trennte mühsam das Fell vom Rest des Körpers, schnitt längliche Fleischstücke heraus und legte diese sauber über sein eben erstelltes Gestell. Danach nahm er das Fell des Bären und wusch es im Fluss. So, jetzt musste er es nur noch gerben, aber dies musste bis morgen warten. Da es nun langsam wieder dunkel wurde, beendete er damit sein Tagewerk, spießte noch ein Stück Fleisch auf seinen Spieß, briet dieses über seinem Feuer und genoss das köstliche Mahl.

Vielleicht fehlen etwas Pfeffer und Salz, aber ansonsten köstlich, dachte er bei sich und saß gemütlich am Feuer im Schneidersitz. Eigentlich komisch, ich habe gar nicht über das nachgedacht, was ich gerade getan habe. Ich bin mir sicher, dass ich noch niemals zuvor einen Bären ausgenommen habe. Dennoch habe ich dies gerade getan und ich denke, ich habe alles einigermaßen richtig gemacht, dachte Lando so bei sich.

So verging die nächste Zeit, bis er wieder auf ein Geräusch aufmerksam wurde. Weiter hinten am Waldrand nahm er einen Schatten wahr, der sich langsam und vorsichtig näherte. Mit seiner Rechten tastete er nach seiner Axt und nahm diese fest in seine Hand. Doch wenig später konnte er das Tier, welches sich näherte, besser im Mondlicht sehen. Aber was war das? Erst dachte Lando, dass es sich um einen kleineren Bären handeln könnte, aber nein, das war es nicht. Ein Wolf? Nein, dazu passte die Kopfform nicht. Und dann erkannte er, was es sein konnte. Ein riesenhafter Hund, dessen Fell dem eines Bären ähnelte, näherte sich vorsichtig. Lando erinnerte sich, dass es sogenannte Bärenhunde gab, aber doch nicht in einem Wald im 21. Jahrhundert.

Ohne die Hand von seiner Axt zu nehmen, sprach Lando diesen Bärenhund an.

»Na, komm schon her zu mir ans Feuer. Du musst keine Angst haben. Du hast dich wohl verlaufen. Also komm schon her, ich tue dir nichts.«

Der Bärenhund kam tatsächlich näher und setzte sich etwa drei Meter entfernt ins Gras. Jetzt konnte Lando diesen besser im Schein des Feuers sehen und ihm fielen sofort die freundlich wirkenden Augen dieses Hundes auf. Ja, kein Zweifel, dies war ein Hund.

Lando nahm ein schönes Stück Bärenfleisch von seinem Gestell und warf es dem Hund zu. Dieser schnüffelte daran, sah nochmals auf Lando, der in diesem Moment demonstrativ in sein gebratenes Stück biss, und sagte danach halb kauend:

»Na, friss schon, schmeckt köstlich und ist ganz frisch.«

Und der Hund tat, wie Lando es gesagt hatte, er legte sich hin, packte das Stück Fleisch, hielt es mit einer Pfote fest und fraß mit deutlichem Schmatzen. Nachdem der Hund gefressen hatte, stand dieser auf, ging um Landos Lager herum zum Fluss und soff. Hinterher kam er wieder näher auf Lando zu. Dieser hatte den Hund nicht aus den Augen gelassen und da er sowieso ein Hundenarr war, streckte er diesem fremden Bärenhund seinen Handrücken hin, damit dieser ihn beschnuppern konnte. Der Hund näherte sich weiter und beschnupperte tatsächlich Landos Hand. Erstaunlicherweise leckte er einmal kurz an Lando und legte sich danach neben ihn mit einem leisen Stöhnen ins Gras. Nun konnte Lando seinen neuen Bekannten streicheln und dieser ließ es geschehen.